Tenor

1. Der Antrag auf Beiladung der C. GmbH & Co. KG wird abgelehnt.

2. Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 9. Juli 2015 – 7 B 1707/15 – geändert:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Genehmigung des Antragsgegners vom 15. April 2015 wird wieder hergestellt, soweit sie die Windenergieanlagen 1 bis 8 betrifft. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen jeweils 4/11 der Gerichtskosten des Verfahrens und der außergerichtlichen Kosten des Antrag-stellers. Der Antragsteller trägt 3/11 der Kosten des Gerichtsverfahrens sowie je 3/22 der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen. Die übrigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten sind nicht erstattungsfähig.

3. Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehbarkeit der der Beigeladenen vom Antragsgegner erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 15. April 2015 für die Errichtung von 11 Windenergieanlagen (nachfolgend: WEA) vom Typ VESTAS V112 mit einer Nabenhöhe von 140 m und einem Rotordurchmesser von 122 m, Gesamthöhe 197,3 m über Geländeoberkante (Windpark D.) (WEA 1 bis 8, 14, 15 und 19). Der Antrag der Beigeladenen auf Genehmigung der WEA 9, 12, 13 und 16 wurde in diesem Bescheid abgelehnt. In Ziff. 4 des Bescheides ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.

2

Die Standorte der Windenergieanlagen liegen außerhalb der im Regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als Eignungsgebiete für Windenergieanlagen festgelegten Konzentrationszonen. Auf den Antrag der Beigeladenen führte das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung M-V ein Zielabweichungsverfahren für das „kommunale Windparkprojekt“ mit 19 WEA durch. Mit Bescheid aus Dezember 2014 ließ das Ministerium die Zielabweichung für die von der Beigeladenen ursprünglich zur Genehmigung beantragten 15 WEA zu (Bd II, Bl. 276 d. GA; vgl. Karte Anlage 1, Bd II Bl. 274 d. GA.).

3

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, das in den eingeholten Gutachten als Immissionsort 1 (IO 01) bezeichnet wird. Das Grundstück liegt ca. 1.005 m von der nächstgelegenen WEA 7 und ca. 1.038 m von der WEA 3 entfernt; die Abstände zu den weiteren WEA sind größer (vgl. Karte Anlage 2, Bd. II Bl. 275 d. GA.). Zwischen den WEA und dem Grundstück des Antragstellers befinden sich ein Schweinemastbetrieb und eine Biogasanlage, die im Hinblick auf Lärmbelästigungen als Vorbelastung bewertet werden.

4

Am 20. April 2015 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid ein.

5

Am 23. April 2015 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

6

Mit Beschluss vom 24. April 2015 hat das Verwaltungsgericht die Firma C. zum Verfahren beigeladen.

7

Mit Schreiben vom 29. April 2015, eingegangen bei dem Antragsgegner am 30. April 2015 teilte die bisherige Genehmigungsinhaberin, die Firma B. GmbH mit, dass sämtliche Rechte und Pflichten aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf die C. GmbH & Co. KG übergegangen seien. Es werde insoweit ein Bauherrenwechsel gemäß § 58 Abs. 2 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern angezeigt.

8

Mit Beschluss vom 9. Juli 2015 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Genehmigung wieder hergestellt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei zulässig, da der Antragsteller als räumlicher Nachbar zum beantragten Windpark auch in seinen Belangen bezüglich Lärm- und Schattenwurfminimierung betroffen sei und die Einhaltung der nach § 4 Abs. 3 UmwRG vorgegebenen Verfahrensweise (UVP-Prüfung) auf gerichtlichem Weg erzwingen könne.

9

Der Antrag sei begründet, da das vom Antragsgegner in der Bekanntmachung vom 7. Januar 2015 dokumentierte Prüfergebnis nicht den Anforderungen an eine Vorprüfung nach dem UVPG genüge. Die Prüfung werde den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäben für die Umweltverträglichkeitsvorprüfung gemäß § 3c Satz 1 UVPG im Hinblick auf den Artenschutz nicht ansatzweise gerecht. Der bekannte Standort des dort seit mehreren Jahren festgestellten Bruthabitats des Rotmilans inmitten des Vorhabengebiets werde ausgeblendet. Der Antragsgegner habe den in der Rechtsprechung als maßgeblich angesehenen 1.000 m-Ausschlussabstand übersehen. Zwar habe der Antragsgegner mit der hier streitigen Genehmigung vom 15. April 2015 zugleich vier Standorte für WEA wegen Belangen des Artenschutzes, nämlich der Unterschreitung des 1.000-Abstands zu einem bekannten Rotmilanbrutplatz abgelehnt; zugleich führe er aber ergänzend aus, dass auch noch im Falle eines geringfügigen Überschreitens dieses 1000-m-Radius um einen Brutplatz dieser naturschutzfachlichen Einschätzung zu folgen sei. Bereits die Ablehnung von mehr als einem Viertel des beantragten Anlagenvolumens des (nach UVP-Gesichtspunkten) einheitlich zu beurteilenden Windparks aus Artenschutzgründen, namentlich zum Schutz des Rotmilans, einerseits und das kurz zuvor verlautbarte Fehlen der Notwendigkeit einer UVP-Vollprüfung andererseits stelle ein widersprüchliches Verhalten dar, welches die Unsicherheiten der Behörde bezüglich der naturschutzfachlichen Einschätzung in dieser Frage aufzeige. Bestünden aber Unsicherheiten bezüglich der Frage, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vorliegen, wäre der Eintritt in eine UVP-Vollprüfung zwingend geboten gewesen.

10

Allerdings ließe sich hiergegen einwenden, dass mit einem Ausschluss der Anlagen, die den Verstoß gegen das Tötungsverbot bedingen, die Notwendigkeit einer intensiveren Auseinandersetzung in der Vorprüfung entfiele und der Fehler der Vorprüfung keinen kausalen Verfahrensfehler mehr bildet. Die Notwendigkeit einer auch im Hinblick auf diese Problematik durchzuführenden und entsprechend begründeten Vorprüfung unter naturschutzfachlicher Bewertung der bei der Behörde vorhandenen Kenntnisse bleibe aber auch dann bestehen, wenn man wegen des zeitlichen Ablaufs und der von Behörde insoweit reklamierten Erkenntnisfortschritte bezüglich der vier abgelehnten Anlagen keine naturschutzfachliche Auseinandersetzung im Rahmen der Vorprüfung verlangen wollte. Denn auch im Hinblick auf die Lage eines Teils der Anlagen jedenfalls an der unmittelbaren Grenze zum 1.000-Ausschlussbereich zu einem bekannten Rotmilanbrutplatz seien nach der eindeutigen Vorgabe des UVPG umfangreiche Betrachtungen erforderlich gewesen. Da hier der Horststandort zentral innerhalb des Vorhabengebiets liege und auch nach Wegfall der Anlagenstandorte WEA 9, WEA 12, WEA 13 und WEA 16, die unstreitig in einem Nahbereich von teilweise deutlich unter 1000 m zum Brutplatz des Rotmilans gelegen hätten, hier immer noch auch die mit dem streitgegenständlichen Bescheid genehmigten Anlagen WEA 8, WEA 15 und WEA 19 in einer Entfernung - gemessen vom Mastfußzentrum - von allenfalls knapp über 1.000 m zum Horst genehmigt worden seien, könne der Umstand der Lage des Horstes nicht mit einem Hinweis auf die Anpassung der Planung an artspezifische Flugkorridore und vorgesehene CEF-Maßnahmen des Beigeladenen im Rahmen der Vorprüfung abgetan werden, ohne dass eigene Erwägungen überhaupt erkennbar wurden.

11

Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich der Abstand zwischen Horst und den Anlagen 8, 15 und 19 noch einmal auf dann deutlich unter 1000 m reduziere, wenn man den Flügelradius der Anlagen, der naturgemäß für avifaunistische Betrachtungen maßgeblich sein dürfte, als Ausgangspunkt der Betrachtung nehme.

12

Werde aber der einzuhaltende 1.000-m-Abstand bei diesen Anlagen unterschritten, könne der Ausschluss erheblicher Beeinträchtigungen durch solche Anlagen - wenn überhaupt - nur durch eine eigenständige naturschutzfachliche Bewertung erfolgen, was auch der Antragsgegner selbst wohl so sehe, denn nach seinen eigenen Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid werde auch von ihm für den Fall eines nur geringfügigen Überschreitens des 1.000-m-Radius um einen Brutplatz, noch die naturschutzfachliche Einschätzung vertreten, dass damit (grundsätzlich) gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot verstoßen werde.

13

Auf die Frage, ob die elf genehmigten um den Horst angesiedelten Anlagenstandorte nicht bereits wegen der damit verbundenen "Einkreisung" als greifbare Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer besonderen Prüfung unter Zugrundelegung des 6.000-m-Prüfbereichs nach den Kriterien der Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten anzusehen seien, was ebenfalls eine vertiefte naturschutzfachliche Auseinandersetzung der Behörde erfordern würde, komme es hiernach nicht mehr an.

14

Eine vollständige Bezugnahme auf die Erkenntnisse des Zielabweichungsverfahrens verbiete sich hier schon deshalb, weil im Raumordnungsverfahren nicht der UVP-Prüfungsmaßstab für Anlagen nach Anlage 1 UVP-Gesetz gelte.

15

Nach Auffassung des Gerichts dürfte es nicht auf die unterschiedlichen Standpunkte in Literatur und Rechtsprechung zur Frage, ob nämlich der Antragsteller als Privater auch Fehler in einer - jedenfalls pro forma - durchgeführten Vorprüfung bzw. im Screeningverfahren erfolgreich monieren könne, ankommen.

16

Selbst wenn man die UVP-Vorprüfung trotz des Ausfalls im avifaunistischen Teil noch als verwendbar ansehen würde, stehe dieses einem Erfolg des Antrags nicht entgegen. Nach Auffassung des Gerichts sei dann in unionsrechtskonformer Auslegung des § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG auch für Nachbarn (im Sinne einer betroffenen Öffentlichkeit) von UVP-pflichtigen Vorhaben auch die schon dargestellte Fehlerhaftigkeit von durchgeführten (und nicht nur von gänzlich unterlassenen) Verfahren für mit Klage und Eilverfahren angreifbar.

17

Nach Zustellung des Beschlusses am 10. Juli 2015 haben der Antragsgegner am 23. Juli 2015 und die Beigeladene am 15. Juli 2015 Beschwerde eingelegt und diese jeweils am 10. August 2015 begründet.

18

Mit Schreiben vom 21. Juli 2015 hat die Beigeladene ihre Genehmigungsanträge für die WEA 9, 12, 13 und 16 gegenüber dem Antragsgegner zurückgenommen (Bl. 632 d. GA.). Diese WEA hatten einen 1.000 m-Abstand zum Rotmilan-Horst nicht eingehalten. Ihre Genehmigung war durch den seitens des Antragstellers angefochtenen Bescheid abgelehnt worden.

19

Die Beigeladene hat am 20. November 2015 und 16. März 2016 beim Antragsgegner die Nachholung der UVP-Vorprüfung beantragt und hierzu jeweils ergänzte UVP-Vorprüfungsunterlagen mit weiteren Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen bezogen auf den Rotmilan-Horst (Bd. V Bl. 804 d. GA.; BA K u.a. Anlage 6, Bl. 1250) vorgelegt, gleichermaßen neue auf nur noch 11 WEA bezogene Lärm- und Schattengutachten. Der Antragsgegner hat daraufhin eine (erneute) UVP-Vorprüfung durchgeführt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine UVP-Vollprüfung nicht erforderlich sei (Vermerk v. 7. Juni 2016, Bd. VII Bl. 1083 d. GA.). In der Checkliste für die UVP-Vorprüfung heißt es zu möglichen Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen für Mensch(en):

20

„ – Belästigungen würden aus dem periodischen Schattenwurf (Punkt 1.4.1)

21

resultieren.

22

– Belästigungen können in Abhängigkeit von den meterologischen Verhältnissen von dem Betriebsgeräusch der Anlagen ausgehen. Der Vorhabenträger sieht als Vermeidungs- bzw. Minderungsmaßnahme den Schall-optimierten Betrieb von 3 WEA vor (WEA 2: Mode 2, WEA 3 und WEA 7 jeweils Mode 3), wodurch der Schallimmissionsrichtwert an allen relevanten Immissionsorten eingehalten wird.“

23

Für beide Belästigungen hat der Antragsgegner die Spalte „Prüfung der Erheblichkeit erforderlich“ mit „Ja“ angekreuzt (Bd. VII Bl. 1087 d. GA.). In der weiteren Einschätzung der Erheblichkeit hat er zu der möglichen Auswirkung „Schatten“ ausgeführt (Bl. 1094):

24

„Eine Schwere der Auswirkungen ist nicht gegeben, da durch die vorgesehene Vermeidungsmaßnahme (das Abschaltregime) die Beschattungsdauer auf ein Maß reduziert wird, welches dem Vorsorgegrundsatz Rechnung trägt.“

25

Zum „Schall“ heißt es dort (Bl. 1095):

26

„Ohne Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen käme es an einigen Immissionsorten zur geringfügigen Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte. Durch vorgesehene nächtliche Betriebsbeschränkung der WEA 2, 3 und 7 entspricht das Vorhaben den Maßgaben der TA Lärm, eine zu berücksichtigende Schwere und Auswirkung wird daher nicht gesehen.“

27

Ergänzend wird erklärt, dass die Immissionsrichtwerte auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung der Schweinemast- und Biogasanlage eingehalten würden. Partielle erhebliche Auswirkungen seien in Bezug auf Bodendenkmäler, Landschaftsbild, Schallemission, periodischen Schattenwurf und aufgeführte Vogelarten zu konstatieren. Unter Berücksichtigung der Kriterien des Punktes 3 der Anlage 2 zum UVPG komme man zur Einschätzung, dass hinsichtlich der nachteiligen Auswirkungen genannter Aspekte keine Erheblichkeit festgestellt werden könne. Eine UVP sei somit nicht erforderlich (BA K).

28

Nach einem Vermerk des Antragsgegners zur nachgeholten UVP-Vorprüfung vom 7. Juni 2016 hat er auf das Erfordernis zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hin das Vorhaben überprüft und stellt als Ergebnis fest, er gelange unter Berücksichtigung der Kriterien des Punktes 3 der Anlage 2 zum UVPG zu der Einschätzung, dass hinsichtlich der nachteiligen Auswirkungen genannter Aspekte keine Erheblichkeit festgestellt werden könne. Eine UVP sei somit nicht erforderlich.

29

Bereits mit Änderungsbescheid vom 28. April 2016 hat der Antragsgegner den Genehmigungsbescheid vom 15. April 2015 dahingehend geändert, dass er die Nebenbestimmungen widerrufen und (dafür) Auflagen festgesetzt hat (Bd VII Bl. 1239 d. GA [in der Akte ist nur der Entwurf vorhanden]).

30

Der Bauherrenwechsel auf die C. GmbH & Co. KG vom 29. April 2015 wurde den Verfahrensbeteiligten und dem Gericht mit Schriftsatz der Beigeladenen vom 14. Februar 2016 und des Antragsgegners vom 15. Februar 2016 mitgeteilt. In jenem Schriftsatz hat die C. GmbH & Co. KG ihre Beiladung beantragt.

31

Zum 1. August 2016 hat das LUNG M-V eine Artenschutzrechtliche Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen (AAB-WEA) Teil: Vögel erstellt (Bd. VII Bl. 1252 d. GA.), die das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V den unteren Naturschutzbehörden zur Anwendung empfiehlt. Als Abstand zu einem Rotmilan-Horst wird darin ein „Tabubereich“ von 1 km genannt (Bd. VII Bl. 1249 d. GA). Im weiteren Aktionsraum (1 -2 km) um die Fortpflanzungsstätte bestehe noch ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko, dieses könne aber durch Lenkungsmaßnahmen vermieden werden.

32

Die Beigeladene beantragt wörtlich, der Antragsgegner sinngemäß:

33

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts C-Stadt vom 9. Juli 2015 wird geändert. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. April wieder herzustellen, wird abgelehnt.

34

Der Antragsteller beantragt,

35

die Beschwerden zurückzuweisen

36

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, insbesondere auf die darin befindlichen Gutachten und fachbehördlichen Stellungnahmen.

II.

37

1. Der Antrag der C. GmbH & Co. KG auf Beiladung wird abgelehnt.

38

Notwendig im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO ist die Beiladung eines Dritten dann, wenn dieser an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies setzt voraus, dass die begehrte Sachentscheidung nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte des Dritten eingegriffen wird, d.h. seine Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, geändert oder aufgehoben werden. Unter den hier gegebenen Umständen müssen die Rechte der C. GmbH & Co. KG nicht durch deren Beiladung zur Geltung gebracht werden. Durch den Bauherrenwechsel von der bisher beigeladenen Firma B. GmbH auf die C. GmbH & Co. KG ist keine Änderung der Prozessrechtslage eingetreten, die die Beiladung (auch) dieses Unternehmens geböte. Denn dessen Rechte sind weiter von der bisherigen Beigeladenen im Wege der Prozeßstandschaft geltend zu machen.

39

Der Bauherrenwechsel beurteilt sich allerdings nicht nach § 58 Abs. 2 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern unmittelbar. Indes kann eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung isoliert übertragen werden. Dies kommt dann in Betracht, wenn die Rechtsstellung als Genehmigungsinhaber vom früheren Inhaber – wie hier – rechtsgeschäftlich übertragen worden ist (vgl. VGH München, B. v. 15.02.2006 - 22 CS 06.166 - NVwZ 2006, 1201; Maslaton/Zschiegner Immissionsschutz 2007 S.122 f.; s. auch BVerwG, U. v. 30.06.2004 - 4 C 9/03 - BVerwGE 121, 182).

40

Die Übertragung der Rechte an der angefochtenen Genehmigung, die prozessual als Einzelrechtsnachfolge zu bewerten ist, hat gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO keinen Einfluss auf den Prozess, der mit der Beigeladenen fortgesetzt wird. § 265 ZPO ist nicht nur auf die zwischen den Prozessparteien - dem Kläger und dem Beklagten - streitbefangene Sache anwendbar, so dass die Einbeziehung Beigeladener als Dritter nicht ausgeschlossen ist. Die in § 173 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordnete entsprechende Anwendung des § 265 ZPO muss den im Verhältnis zum Zivilprozess bestehenden Besonderheiten des Verwaltungsprozessrechts Rechnung tragen. Der Beteiligtenbegriff des § 63 VwGO schließt auch den Beigeladenen ein, dessen prozessuale Rechtsstellung dann, wenn die Beiladung wegen einer unmittelbaren Betroffenheit in eigenen Rechten nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig ist, derjenigen der Hauptbeteiligten weitgehend angenähert ist (§ 66 Satz 2 VwGO). Der Zweck des § 265 ZPO, das Prozessrechtsverhältnis vor materiell-rechtlichen Änderungen abzuschirmen und den Prozess unabhängig davon mit demjenigen zu Ende zu führen, mit dem er begonnen wurde, erfordert in der Situation des Verwaltungsprozessrechts die Anwendung auch auf den notwendig Beigeladenen, der im materiellen Sinne der Streitgegner des Klägers bzw. Antragstellers ist. Daher können und müssen die mit dem Bauherrenwechsel von der Beigeladenen auf Kommunale Windpark Westmecklenburg GmbH & Co. KG übertragenen Rechte aus der von dem Antragsteller angefochtenen Genehmigung von der Beigeladenen als nunmehr fremde Rechte im eigenen Namen gegen die Angriffe der Antragstellerseite verteidigt werden (vgl. BVerwG, B. v. 07.02.2011 - 6 C 11/10 - NVwZ-RR 2011, 382).

41

2. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer fristgemäß darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

42

Die von der Beigeladenen und dem Antragsgegner als Beschwerdeführer späterhin eingeführten neuen Tatsachen, namentlich der Antrag auf Durchführung einer (neuen) Umweltverträglichkeitsvorprüfung und deren Ergebnis, sind nicht zu berücksichtigen. Dagegen könnte zwar die Prozessökonomie streiten, denn andernfalls wären die Beschwerdeführer auf ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO zu verweisen (so wohl Finkenburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017 Rn. 1157; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar 4. Aufl. 2014 § 146 Rn. 81 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar 23. Aufl. 2017 § 146 Rn. 42). Der Senat sieht aber keine Möglichkeit, über den Wortlaut des § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO hinwegzugehen, wonach innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses die Beschwerdegründe vorzutragen sind (vgl. OVG B-Stadt-Brandenburg, B. v. 30.05.2016 - OVG 2 S 8.16 - juris: a.A. für „offensichtliche“ neue Tatsachen VGH Mannheim, B. v. 08.07.2008 - 11 S 1041/08 – juris). Nur soweit sich die Beschwerde auf innerhalb der Begründungsfrist dargelegte neue und demgemäß bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch nicht berücksichtigte Gründe stützt, ist die veränderte Sachlage für die Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen, selbst wenn diese Veränderung durch den Beschwerdeführer selbst herbeigeführt wurde (OVG Greifswald, B. v. 31.03.2017 - 1 M 493/16 - laris mv). Soweit für die Gegenauffassung angeführt wird, die Berücksichtigung des neuen Vorbringens sei nach dem Grundsatz der Waffengleichheit, im Übrigen wegen des Grundsatzes der Amtsermittlung geboten, da der Vortrag des Beschwerdegegners normativ keinen thematischen oder zeitlichen Beschränkungen unterliege, greift dies nicht (VGH Mannheim a.a.O.). Soweit neuer Vortrag des Beschwerdegegners zu berücksichtigen ist, sind selbstverständlich die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die nun von dem Antragsgegner und der Beigeladenen vorgetragenen Gesichtspunkte zu würdigen. Im Übrigen ist gerade in einem Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO die Waffengleichheit gewährleistet. Der Hinweis auf Prozessökonomie ist ein rechtspolitischer, den der Gesetzgeber in diesem Punkt nicht bzw. anders sieht.

43

Danach ist der Vortrag der Beschwerdeführer zu dem Antrag auf Nachholung der UVP-Vorprüfung und dessen Ergebnis nicht zu berücksichtigen. Demgegenüber ist zur Frage der Antragsbefugnis seitens der Beigeladenen und des Antragsgegners fristgerecht vorgetragen, ebenso zu dem Umstand, dass der Genehmigungsantrag der Beigeladenen reduziert worden war und zur Frage, ob die Mängel, die das Verwaltungsgericht der bisherigen umweltrechtlichen Beurteilung beigemessen hat, begründet sind.

44

3. Gegenstand des Verfahrens und des Anknüpfungspunkts der Umweltverträglichkeit(vor)prüfung ist die angefochtene Genehmigung. Die Teilrücknahme des Genehmigungsantrags ist unerheblich.

45

a) Mit Bescheid vom 15. April 2015 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die Genehmigung für 11 Windenergieanlagen. Die WEA 9, 12, 13 und 16 sind nicht Gegenstand des Verfahrens, da sie nicht durch den vom dem Antragsteller als Nachbarn angefochtenen Bescheid genehmigt worden sind. Darauf, dass die Beigeladene ihren Genehmigungsantrag auf diese Anlagen nicht mehr erstreckt, kommt es für die Bestimmung des Streitgegenstands dieses Verfahrens nicht an.

46

b) Der Antragsteller ist der Auffassung, dass für die Beurteilung des Verwaltungsverfahrens einschließlich der Umweltverträglichkeits(vor)prüfung die Teilrücknahme des Genehmigungsantrags unerheblich sei. Die Beigeladene könne sich namentlich nicht einer einmal gegebenen Umweltverträglichkeits(vor)prüfungspflicht durch Umstellung des Antrags entziehen. Dies trifft nicht zu.

47

Grundsätzlich können Anträge bis zum Erlass des Verwaltungsakts d. h. bis zur Herausgabe des Verwaltungsaktes ohne weiteres geändert werden. Etwas anderes gilt nur, wenn Rechtsvorschriften ausnahmsweise anderes bestimmen oder aus der Natur der Sache dies zwingend folgt (Kopp/Ramsauer, VwVfG 18. Aufl. 2017 § 22 Rn. 80). Gleiches gilt für die Frage, ob eine Antragsrücknahme nach Erlass des Verwaltungsakts zulässig ist. Auch hier entscheidet zunächst das anzuwendende Fachrecht. Sofern sich aus dem Fachrecht keine Regelung herleiten lässt, kann ein Antrag zurückgenommen werden, soweit oder solange er noch keine irreversiblen Wirkungen entfaltet, d. h. bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung. Dies gilt selbst dann, wenn in der Zwischenzeit gegen den ergangenen Verwaltungsakt Rechtsbehelfe eingelegt worden sind (Kopp/Ramsauer a. a. O. § 22 Rn. 85 mit weiteren Nachweisen).

48

Sowohl die Antragstellung als auch die Antragsrücknahme sind verfahrensgestaltende Handlungen, die grundsätzlich der Dispositionsbefugnis des Antragstellers unterstehen. Die Rücknahme des Genehmigungsantrages bedarf weder der Zustimmung der Genehmigungsbehörde noch eines anfechtungsberechtigten Dritten. Ein derartiges Erfordernis ist im Gesetz nirgends vorgesehen. § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestimmt zwar, dass die Klage nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung ohne Einwilligung des Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses, wenn er am Verfahren teilgenommen hat, nicht wirksam zurückgenommen werden kann. Diese Regelung gilt weder für das Verwaltungsverfahren noch das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. VGH München, U. v. 10.09.1991 - 19 BZ 90.30695 – NVwZ-RR 1992, 328).

49

Auch aus dem Fachrecht, hier dem Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung, ergibt sich keine solche Begrenzung. Selbst wenn für das ursprünglich geplante Vorhaben eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ist dieser Fehler nach Rücknahme von Genehmigungsanträgen unschädlich, selbst soweit damit die Schwelle zur Pflicht zur allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls ganz oder teilweise unterschritten ist. Es liegt auch bei einem Antrag, der eine Windfarm betrifft, eine Teilbarkeit des Vorhabens in dem Sinn vor, dass bereits der Antragsgegner die WEA 1 bis 8, 14, 15 und 19 einerseits und die WEA 9, 12, 13 und 16 andererseits unterschiedlich entscheiden durfte und dass jedenfalls mit dem Eintritt der Bestandskraft des Ablehnungsbescheids und der Rücknahme des Antrags auf Genehmigung dies auch Folgen für die Erforderlichkeit einer Vorprüfung des Einzelfalls hat. Dass für den Bauherrn insofern günstigere Umstände erst während des Drittanfechtungsklageverfahrens eingetreten sind (Klagerücknahme, Antragsrücknahme bezüglich weiterer WEA), hindert die Berücksichtigungsfähigkeit solcher günstigerer Umstände schon im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Zum selben Ergebnis führt auch die Überlegung, dass im Fall der Rücknahme des vollständigen Genehmigungsantrags und eines sogleich neu gestellten, diesmal aber nur auf die WEA 1 bis 8, 14, 15 und 19 bezogenen Genehmigungsantrages, dieser Antrag nicht zu einer Annahme der ursprünglich möglichweise gegebenen Windfarm führen würde (vgl. VGH München, B. v. 12.09.2016 - 22 ZB 16.785 - ZUR 2017, 106).

50

c) Ob sich der nunmehr zu beurteilende Antrag auf Genehmigung mehrerer WEA als gerichtet auf eine Sammelgenehmigung mehrerer einzelner WEA oder als Genehmigung eines Windparks und damit als einer Anlage darstellt, richtet sich nach objektiven Gegebenheiten. Ein Windpark wird aus WEA gebildet, deren Einwirkungsbereiche sich überschneiden oder wenigstens berühren. Sie bilden unabhängig von der Identität der Genehmigungsinhaber bzw. Antragsteller eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV und der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG a.F. (BVerwG, U. v. 30.06.2004 - 4 C 9.03 - BVerwGE 121, 182). § 2 Abs. 5 S. 1 UVPG bestimmt nunmehr, dass Windfarm im Sinne dieses Gesetzes drei oder mehr Windkraftanlagen sind, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird nach Satz 2 insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden; dies ist hier nicht der Fall. Von einem Überschneiden der Einwirkungsbereiche ist auszugehen, wenn die Anlagen in einem Abstand von weniger als dem Zehnfachen des Rotordurchmessers aufgestellt werden sollen (vgl. OVG B-Stadt-Brandenburg, B. v. 09.09.2005 - OVG 11 S 14.05 – zit. nach juris; OVG Münster, B. v. 30.03.2017 - 8 A 2915/15 - NWVBl 2017, 395). Dies ist sowohl hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens als auch hinsichtlich der Durchführung der Prüfung nach den §§ 3a ff. UVPG a.F. bzw. § 5 UVPG zu berücksichtigen.

51

Aus § 67 Abs. 9 S. 2 BImSchG folgt entgegen der Ansicht des Antragsgegners (dieser zitiert Abs. 8) nichts anderes. Danach gelten nach diesem Gesetz erteilte Genehmigungen für Windfarmen als Genehmigungen für die einzelnen Windkraftanlagen. Diese Regelung ist Teil der Übergangsvorschrift und besagt nichts über die Behandlung von Windfarmen nach dem seit dem 01.07.2005 geltenden Recht. Die Bestimmung sollte in erster Linie eine Reaktion des Gesetzgebers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2004 – 4 C 9.03 – (BVerwGE 121, 182 = NVwZ 2004, 1235) zum Begriff der Windfarm i. S. der seinerzeitigen Fassung der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV sein und Rechtsunsicherheiten hinsichtlich bestehender Anlagen beseitigen, die aufgrund einer Baugenehmigung in einer Windfarm betrieben werden. Der Gesetzgeber wollte den mit Blick auf die Genehmigung von Windkraftanlagen bei Anwendung des bisher maßgeblichen Begriffs der Windfarm entstandenen Abgrenzungsproblemen entgehen und mit der Übergangsregelungen in § 67 Abs. 9 BImSchG "Reibungsverluste" vermeiden (VG Aachen, B. v. 11.01.2010 - 6 L 319/09; Führ in GK-BImSchG § 67 Rn. 117).

52

Der Rotordurchmesser der hier betroffenen Anlagen beträgt 112 m, das 10-fache mithin 1120 m. Danach bilden die WEA 1 bis 8 eine Windfarm und damit eine Anlage. Eine Einzelbetrachtung etwa der Anlagen WEA 3, 4 und 7 in Hinblick auf die Antragsbefugnis scheidet somit entgegen der Auffassung des Antragsgegners aus. Nach 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG ist für WEA 1 bis 8 eine Screening (Vorprüfung) zur UVP durchzuführen. Das gilt auch gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 UmwRG und dem Sinn und Zweck der zugrunde liegenden unionsrechtlichen Vorschriften, so dass insoweit Fehler der UVP bzw. UVP-Vorprüfung in Bezug auf die Ermittlung der Auswirkungen einer Windfarm als eine Gesamtheit gemäß § 2 Abs. 2, Nr. 1.6 der Anlage 1 UVPG auf jedwedes Schutzgut im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG relevant sein können, unabhängig davon, ob der Antragsteller davon selbst betroffen ist (OVG Münster, B. v. 29.06.2017 - 8 B 187/17 - ZNER 2017, 301, zit. nach juris).

53

Die Anlagen 14 und 15 stehen untereinander in einem Abstand von weniger als 1120 m, aber weiter als 1120 m von den WEA 1 bis 8 entfernt. Die Anlage WEA 19 steht isoliert. Die WEA 14, 15 und 19 sind somit jeweils als Einzelanlagen zu behandeln.

54

4. Der Antragsteller ist nur teilweise antragsbefugt.

55

a) Die Antragsbefugnis kann sich nicht unabhängig von einer Betroffenheit i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO ergeben unter Berufung darauf, es lägen Fehler nach § 4 UmwRG vor. Vielmehr besteht ein Aufhebungsanspruch nach § 4 UmwRG bei Verletztenklagen nur, wenn die Kläger eine Klage- bzw. Antragsbefugnis geltend machen können (vgl. BVerwG, U. v. 20.12.2011 - 9 A 30/10 - NVwZ 2012, 573 - juris Rn. 20 ff.; zur europarechtlichen Zulässigkeit einer solchen Beschränkung des Rechtsschutzes für natürliche Personen vgl. EuGH, Urteil vom 15.12.2015 - C-137/14 - juris Rn. 33; zusammenfassend OVG B-Stadt-Brandenburg, U. v. 20.01.2016 - OVG 6 A 2.14 - LKV 2016, 180; nunmehr auch OVG Münster, B. v. 20.02.2018 - 8 B 840/17; B. v. 30.01.2018 - 8 B 1060/17).

56

b) Der Antragsteller muss danach geltend machen können, durch die streitige Genehmigungsverfügung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Hieran würde es nur fehlen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Antragstellers verletzt sein könnten (BVerwG, U. v. 11.01.1994 - 1 A 72/89 - BVerwGE 95, 25).

57

aa) Der Antragsteller könnte aus einer Verletzung des § 44 BNatSchG keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 UmwRG herleiten, da jene Norm keinen nachbarschützenden Charakter hat (OVG Münster, U. v. 18.05.2017 – 8 A 870/15 – juris Rn. 42).

58

bb) Die rechtliche Betroffenheit folgt aus den Schallimmissionen.

59

Nachbarschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist durch ein qualifiziertes Betroffensein kennzeichnet, das sich deutlich abhebt von den Auswirkungen, die den Einzelnen als Teil der Allgemeinheit treffen können. Sie setzt ein besonderes Verhältnis zur Anlage im Sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung des Bürgers zum Genehmigungsgegenstand voraus. Eine solche Beziehung kann zwar vermittelt werden durch Rechte an einer Sache oder einer Sachgesamtheit (beispielsweise an einem Grundstück oder an einem Gewerbebetrieb), die derart im Einwirkungsbereich der Anlage belegen sind, dass sie durch diese in einer von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG missbilligten Weise betroffen sein können. Die Nutzung des Eigentümers durch die Anlage muss in einer von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG missbilligten Weise betroffen sein können. Erforderlich ist deshalb für eine entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO zu bejahende Antragsbefugnis, dass nicht nur die Möglichkeit einer „irgendwie“ nachteiligen Betroffenheit dieser Grundstücksnutzung besteht, sondern die Möglichkeit einer nachteiligen qualifizierten Betroffenheit, deren rechtliche Einordnung als schädliche Umwelteinwirkung, sonstige Gefahr, erheblicher Nachteil oder erhebliche Belästigung nach dem Umständen des Einzelfalls nicht schlechthin ausgeschlossen werden kann. Die Darlegung einer solchen Möglichkeit setzt unter anderem voraus, dass auf der Grundlage von Maßstäben argumentiert wird, die sich zur Beurteilung der Schutzwürdigkeit der betroffenen Grundstücksnutzung objektiv eignen (OVG Lüneburg, B. v. 03.11.2016 - 12 ME 131/16 – juris unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 22.10.1982 - BVerwG 7 C 50.78 - DVBl. 1983, 183).

60

Das bedeutet hier, dass eine Antragsbefugnis gegeben ist, wenn anhand der Maßstäbe der TA Lärm nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die für den Antragsteller maßgebenden Lärm-Grenzwerte überschreitet. Auszugehen ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen vom "Anlagenbezug" des Bundesimmissionsschutzgesetzes, und den daran ausgerichteten, nach Anlagenarten differenzierenden Verordnungen und Regelwerken. Anlagen im Sinne des Gesetzes sind nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG Betriebsstätten und sonstige Einrichtungen. Als eine einzige Anlage gelten nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV auch mehrere Anlagen derselben Art, die in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen (gemeinsame Anlage) (BVerwG, U. v. 16.05.2001 - 7 C 16/00 - NVwZ 2001, 1167). Anders als der Antragsgegner meint, ist daher nicht von einer Bündelung von Einzelgenehmigungen auszugehen und sind diese isoliert zu betrachten, sondern sind die Anlagen WEA 1 bis 8 als eine Windfarm und damit als e i n e Anlage zu berücksichtigen.

61

Einwirkungsbereich einer Anlage sind nach Ziff. 2.2. der TA Lärm die Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche a) einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt, oder b) Geräuschspitzen verursachen, die den für deren Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwert erreichen. Legt man - wie hier geschehen - für das Grundstück des Antragstellers, das als Immissionsort IO 01 bezeichnet wird, einen Immissionsrichtwert gemäß Nr. 6.1 Buchst. c) der TA Lärm von nachts 40 dB(A) fest, so liegen im Einwirkungsbereich der betreffenden Anlagen die Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel von mindestens 30 dB(A) verursachen (Nr. 2.2 Buchst. a) der TA Lärm) (vgl. VGH München, B. v. 20.12.2016 – 22 AS 16.2421 – NuR 2017, 276). Etwas anders folgt entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht aus dem Gerichtsbescheid des VG Minden vom 11.03.2016 - 11 K 1963/15 – s. juris-Rn. 76 ff. (vgl. auch dazu Helm, jurisPR-UmwR 6/2016 Anm. 4 unter B.II.).

62

Das Gutachten der E. vom 4. August 2014 geht von einer näheren Umgebung des IO 01 als Allgemeines Wohngebiet aus mit Richtwerten von 55/40 dB(A). Die Vorbelastung durch die Schweinemastanlage und die Biogasanlage wird nachts mit 35, 2 dB(A) ermittelt, die Zusatzbelastung durch die WEA mit 38,9 dB(A) und die daraus resultierende Gesamtbelastung mit 40,4 dB(A). Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte für den Nachtzeitraum durch den Betrieb einzelner WEA in einem schallreduzierten Modus entgegengewirkt werde. Mit diesem Ergebnis liegt der Antragsteller im Einwirkungsbereich der genehmigten Anlagen, da an dem IO 01 die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der nicht 10 dB(A) oder mehr unter dem für diesen Immissionsort maßgebenden Immissionsrichtwert liegt. Allerdings geht dieses Gutachten von den ursprünglich zur Genehmigung gestellten 15 Anlagen aus. Angesichts der Lage der Windfarm aus den WEA 1-8 kann aber im Hinblick auf das Grundstück des Antragstellers im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht davon ausgegangen werden, dass die Nachtwerte der Zusatzbelastung durch die Anlagen unter 30 dB(A) liegen könnten. Gleiches gilt für Schallimmissionsprognose vom 27. Juli 2015. Sie geht von einer Vorbelastung von 35,2 dB(A), einer Zusatzbelastung von 38,8 dB(A) durch die WEA 1 bis 8, 14, 15 und 19 von einer Gesamtbelastung von 40,3 dB(A) nachts aus. Zusammenfassend wird ausgeführt, an allen Immissionsorten würden die Immissionsrichtwerte für den Nachtzeitraum unterschritten oder wie an den Immissionsorten IO01 bis IO07, IO17 und IO20 erreicht, aber nicht überschritten. Grundsätzlich seien, unter den Voraussetzungen des bestimmungsgemäßen Betriebs der WEA mit der ermittelten schalloptimierten Betriebsweise im Nachtzeitraum und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Immissionsorte im Einwirkungsbereich der geplanten WEA die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit erfüllt.

63

Die Antragsbefugnis ergibt sich auch aus der Stellungnahme der F. vom 17.7.2017 (Blatt 1336). In ihr werden nämlich Immissionswerte nachts am Standort IO 01 von 40 dB(A) ermittelt. Ob damit die maßgebenden Grenzwerte bei Erteilung der Genehmigung überschritten werden, ist für die Entscheidung über die Antragsbefugnis nach den oben dargelegten Grundsätzen unerheblich.

64

Demgegenüber ist die Antragsbefugnis hinsichtlich der getrennt zu beurteilenden Genehmigung für die Anlagen WEA 14, 15 und 19 zu verneinen. Hier ist es offensichtlich ausgeschlossen, dass der Antragsteller in eigenen Rechten verletzt sein kann. Die Anlagen sind mindestens 3.000 m von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt. Selbst wenn der Betrieb der WEA 1 bis 8 hinweggedacht wird, kann angesichts der Vorbelastung am IO01 nicht davon ausgegangen werden, dass der Wert von 30 dB(A) deutlich überschritten würde. Auch der Schattenwurf der 3.000 m entfernten Anlagen kann den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 15.03.2004 – 1 ME 45/04 - BRS 67 Nr. 104 für eine Entfernung von 725 m).

65

5. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet und die Beschwerde daher zurückzuweisen.

66

In Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - namentlich wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. Es kann dahinstehen, ob erst ernstliche Zweifel in dem Sinne, dass bei summarischer Prüfung ein Übergewicht der für oder gegen den Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache sprechenden Gründe feststellen lässt (vgl. zu alten Fassung des § 4 a Abs. 3 UmwRG BVerwG, B. v. 16.09.2014 - 7 VR 1/14 - NVwZ 2015, 82). Solche Zweifel sind nämlich begründet.

67

6. Die ursprüngliche UVP-Vorprüfung genügte nicht den gesetzlichen Anforderungen. Dies hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Einschätzung.

68

Maßgebend sind gem. § 74 Abs. 1 des Gesetzes über die UmweltverträglichkeitsprüfungUVPG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. September 2017 (BGBl. I S. 3370) geändert worden ist, für Vorhaben, für die das Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c oder nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 in der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, die Vorschriften des Teils 2 Abschnitt 1 über die Vorprüfung des Einzelfalls in der bis dahin geltenden Fassung (§§ 3a bis 4 UVPG a.F.). Nach § 3 a Satz 1 UVPG a.F. ist dann, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

69

a) Die Systematik des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes sieht in der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 UVPG eine Abstufung der UVP-Pflichtigkeit von Vorhaben vor. Nach Nr. 1.6.2 ist für ein Vorhaben mit einem Umfang von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG durchzuführen. Das korrespondiert mit dem Anhang 1 zur 4. BImSchV, nach deren Nr. 1.6.2 Anlagen mit weniger als 20 Windkraftanlagen dem vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG (ohne Öffentlichkeitsbeteiligung) unterliegen.

70

Nach § 5 Abs. 3 S. 2 UVPG ist dann, wenn die Feststellung auf einer Vorprüfung beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Regelung entspricht dem hier anzuwenden § 3 a S. 4 UVPG a.F.

71

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist für ein Vorhaben, für das in der Anlage 1 eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, dann eine Umweltverträglichkeits(voll)prüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Zu den Kriterien der Anlage 2 zählen in 1.4 als Merkmale des Vorhabens auch Belästigungen, wobei nach Nr. 3.1 auch dem Ausmaß der Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung Rechnung zu tragen ist.

72

Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt (BVerwG, U. v. 18.12.2014 – 4 C 36/13 –, BVerwGE 151, 138-155, Rn. 32, juris Rn. 27ff; vgl. auch VGH Mannheim., B. v. 06.07.2015 - 8 S 534/15 - juris):

73

„Nach § 3a Satz 4 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. (...) Nach § 3c Satz 3 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34, vom 16. Oktober 2008C 5.07 -132, 123 Rn. 32 und vom 17. Dezember 2013- 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht. Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.). Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - UPR 2014, 444 Rn. 16). Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29).“

74

b) Die Beschwerden bemängeln, dass das Verwaltungsgericht nicht die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung im Zielabweichungsverfahren hinreichend berücksichtigt habe.

75

Das Gericht hat zur Frage des Verhältnisses einer UVP im Raumordnungsverfahren zum nachfolgenden Zulassungsverfahren ausgeführt (OVG Greifswald, B. v. 14.12.2015 - 5 M 303/15 - NordÖR 2016, 154):

76

„Ein den Anforderungen des § 16 Abs. 1 UVPG genügendes Raumordnungsverfahren ersetzt nicht die UVP in einem anschließenden Zulassungsverfahren. Im Raumordnungsverfahren erfolgt eine Überprüfung und Bewertung des Vorhabens im Hinblick auf die in § 2 Abs. 1 UVPG angeführten Umweltfaktoren unter überörtlich-raumbedeutsamen Gesichtspunkten und aus einem überfachlichen Blickwinkel. Demgemäß schreibt § 16 Abs. 1 UVPG vor, dass die UVP sich nach dem Planungsstand des jeweiligen Vorhabens richtet. Im Raumordnungsverfahren wird nach § 15 Abs. 1 ROG die Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen geprüft. Hierbei sind die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planung oder Maßnahme unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen; insbesondere werden die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen geprüft. Das Verfahren dient der Beurteilung eines Vorhabens dahin, ob es unter Gesichtspunkten der Raumordnung mit anderen Planungen und Maßnahmen abgestimmt ist und ob es mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmt. § 16 Abs. 2 UVPG fordert, dass das Ergebnis dieser („raumordnerischen“) UVP in einem anschließenden (fachplanerischen) Zulassungsverfahren zu berücksichtigen ist. Dies ist bei dieser Fassung der Vorschrift vorausgesetzt. Diese Berücksichtigung einer in einem vorangegangenen Raumordnungsverfahren vorgenommenen (einfachen) UVP macht jedoch die Durchführung einer (ergänzenden) UVP in einem Zulassungsverfahren selbst nicht entbehrlich (vgl. zum Ganzen VGH Kassel, Beschl. v. 12.07.2001 – 2 Q 777/01 –, DVBl 2001, 1863 unter Hinweis auf BTag-Drs. 11/3919, S. 29 ff.; Stellungnahme des Bundesrates BT-Drs. 11/3919 , S. 43 f.; Erbguth/Schink, UVPG-Kommentar, 1992, § 16 Rn. 4 f.).

77

§ 16 Abs. 2 UVPG bezweckt eine Entlastung des nachfolgenden Zulassungsverfahrens für Vorhaben, für die bereits nach Maßgabe von § 16 Abs. 1 UVPG im Raumordnungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist (Entlastungsfunktion durch Abschichtung, vgl. Kment, Das Raumordnungsverfahren – Befristung und Fristverlängerung, NVwZ 2010, 542, 543). Im nachfolgenden Zulassungsverfahren kann die Prüfung der Umweltverträglichkeit gemäß § 16 Abs. 2 UVPG auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens „beschränkt“ werden. Es soll damit in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren von einer UVP nur "insoweit" abgesehen werden, als es um die raumordnerische Prüfung nach § 16 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 UVP geht bzw. gegangen ist. Diese Möglichkeit dient u.a. der Verfahrensökonomie und erlaubt zunächst die Beschränkung der Prüfung insgesamt auf die zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens. Ebenso können aber auch die einzelnen Verfahrensschritte der UVP entsprechend begrenzt werden, folglich auch die Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 UVPG (vgl. Wagner, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 16 Rn. 97). Der Vorhabenträger kann seine nach § 6 vorzulegenden Unterlagen auf die zusätzlichen, im vorausgegangenen Verfahren noch nicht geprüften Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränken (vgl. Wagner, a.a.O.; vgl. zu den Steuerungsmöglichkeiten des Vorhabenträgers insoweit Steinberg, Die gestufte Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren, NuR 1992, 164, 166).

78

Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens als ein dem Zulassungsverfahren vorgelagertes, nicht fachliches Verfahren ist demgegenüber allerdings jedenfalls nur eine „reduzierte“ UVP im Sinne einer eingeschränkten Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens in dem Sinne gefordert, dass „zusätzliche und andere Umweltauswirkungen“ (§ 16 Abs. 2 UVPG), also Detailregelungen (erst) im Zulassungsverfahren zu ermitteln und zu beurteilen sind. Eine UVP kann daher im Planfeststellungs- als Zulassungsverfahren grundsätzlich nicht entbehrlich werden durch eine vorangegangene UVP im Raumordnungsverfahren (zu alledem VGH Kassel, B. v. 12.07.2001 - 2 Q 777/01 -, a.a.O.).

79

Daraus folgt sogleich und ohne Weiteres, dass im Falle einer Verfahrensentscheidung nach § 16 Abs. 2 UVPG in entsprechend begrenztem Umfang die Unterrichtungspflicht nach § 9 Abs. 1 a Nr. 5 UVPG besteht, aber – anders als der Antragsgegner augenscheinlich meint bzw. anders als im vorliegend zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahren – jedenfalls nicht auf diese begrenzte Unterrichtung der Öffentlichkeit vollständig verzichtet werden darf (vgl. Steinberg, Die gestufte Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren, NuR 1992, 164, 171). Der Antragsgegner durfte sich als Zulassungsbehörde in Absprache mit dem Vorhabenträger für ein Vorgehen nach § 16 Abs. 2 UVPG entscheiden, hätte aber eben diese Entscheidung entsprechend im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG durch entsprechende Angaben – begrenzt durch den Rahmen des § 16 Abs. 2 UVPG – nach § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG dokumentieren müssen (vgl. zu den Rechtsunsicherheiten, die sich – vorliegend bestätigt – durch die abgeschichtete Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben können, Beckmann, Der Rechtsschutz des Vorhabenträgers bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, NVwZ 1991, 427, 430 f.).“

80

Danach ist den Beschwerden einzuräumen, dass das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung im Zielabweichungsverfahren zu berücksichtigen ist.

81

c) Gleichwohl hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass in der Zusammenschau beider Prüfungsschritte nicht dargelegt ist, dass das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 aufgeführten Kriterien nicht erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären.

82

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass auch im Hinblick auf die Lage eines Teils der gegenüber dem Zielabweichungsverfahren verminderten Anzahl von Anlagen umfangreiche Betrachtungen erforderlich gewesen wären. Die mit dem angefochtenen Bescheid genehmigten Anlagen WEA 8, WEA 15 und WEA 19 lägen in einer Entfernung - gemessen vom Mastfußzentrum - von allenfalls knapp über 1.000 m zum Rotmilan-Horst, Daher könne der Umstand der Lage des Horstes nicht mit einem Hinweis auf die Anpassung der Planung an artspezifische Flugkorridore und vorgesehene CEF-Maßnahmen des Beigeladenen im Rahmen der Vorprüfung unberücksichtigt bleiben, ohne dass eigene Erwägungen überhaupt erkennbar wurden.

83

Die weitere Reduzierung um die Anlagen WEA 9, 12, 13 und 16 ist erst nach Erstellung der Vorprüfung erfolgt und daher bei der Beurteilung der früheren Vorprüfung nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die Auflagen bezgl. der WEA 8, 9, 12 – 16 und 19 hinsichtlich des Unterbindens des Suchflugs im Nahbereich der WEA und der Abschaltzeiten des WEA 9, 13 und 16. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, sind nämlich für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich. Die UVP-Vorprüfung war am 07. Januar 2015 abgeschlossen. Die Reduzierung der Anzahl der Anlagen um die WEA 10, 1, 17 und 18 ist ebenso berücksichtigt wie die Verlegung der Standorte der WEA 9, 16 und 19. Das Beschwerdevorbringen vermag daher nicht die Bedenken des Verwaltungsgerichts dagegen in Frage zu stellen, dass die Anlagen WEA 8, 15 und 19 in einer Entfernung von knapp über 1.000 m von dem Rotmilan-Horst vorgesehen sind.

84

Dass in einem solchen Bereich nicht davon ausgegangen werden kann, eine Beeinträchtigung des Rotmilans sei offensichtlich ausgeschlossen, ist entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht zu beanstanden. Der artenschutzrechtlichen Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen des LUNG M-V mit Stand vom 01.08.2016 (https://www.lung.mv-regierung.de/dateien/aab_wea_voegel.pdf) lässt sich entnehmen, dass beim Bau von Windenergieanlagen im Umfeld von 1 km um Fortpflanzungsstätten des Rotmilan von einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen ist. Auch im weiteren Aktionsraum (1-2 km) um Fortpflanzungsstätten bestehe noch ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko. Dieses könne aber durch Lenkungsmaßnahmen vermieden werden, soweit nicht essenziell oder traditionell wichtige Nahrungshabitate betroffen seien, bei denen eine erfolgreiche Ablenkung nicht prognostiziert werden könne. Es ist gerichtsbekannt, dass die Immissionsschutzbehörden des Landes dieses Papier im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zu Grunde legen (OVG Greifswald, U. v. 15.11.2016 - 3 L 144/11). Nach den „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten“ (seinerzeit Stand April 2015) der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, dem sog. neuen Helgoländer Papier (www.vogelschutzwarten.de/downloads/lagvsw2015 _abstand.pdf), die das aus ornithologischer Sicht grundsätzlich gebotene Minimum zum Erhalt der biologischen Vielfalt enthalten, soll der fachlich empfohlene Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Brutplätzen bzw. Brutvorkommen der Rotmilane mindestens 1.500 m betragen; der Prüfbereich, innerhalb dessen zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate, Schlafplätze oder andere wichtige Habitate der Art vorhanden sind, die regelmäßig angeflogen werden, soll danach mindestens 4.000 m betragen (vgl. OVG Bautzen, B. v. 05.02.2018 - 4 B 127/17 – juris; vgl. auch OVG Münster, B. v. 30.03.2017 - 8 A 2915/15 – juris unter Bezugnahme „Abstandsempfehlungen der LAG-VSW in der Fassung vom 15. April 2015“; OVG des Saarlandes, B. v. 05.09.2017 - 2 A 316/16 - NuR 2017, 718, it. nach juris). Die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung besagt nicht anders. Der VGH Kassel (B. v. 28.01.2014 – 9 B 2184/13) verweist auf die Unterlage „Berücksichtigung der Naturschutzbelange bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen in Hessen“, wonach ein Prüfbereich von sogar 6.000 m um eine WEA besteht; 1.000 m beträgt der Mindestabstand. Nach alledem kann nicht nachvollziehbar offensichtlich ausgeschlossen werden, dass ein relevantes Tötungsrisiko für Rotmilane besteht, wenn der Abstand zwischen Horst und WEA allenfalls wenige 100m über dem Mindestabstand von 1.000 m liegt. Es bedarf vielmehr einer Einzelfalluntersuchung.

85

7. Selbst wenn die nachgeholte Umweltverträglichkeitsvorprüfung zu berücksichtigen wäre, würde sich an dem Ergebnis nichts ändern.

86

a) Grundsätzlich ist es zulässig, auch nach Ergehen der Zulassungsentscheidung eine UVP-Vorprüfung nachzuholen.

87

Zu der früheren Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG a.F., nach der § 45 Abs. 2 VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften unberührt blieben, und die Möglichkeit der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens zur Heilung eines Verfahrensfehlers unberührt blieb, hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Nachholung einer erforderlichen Vorprüfung in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 1, Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich ist, weil der mit diesem Verfahrenserfordernis verfolgte Zweck auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, d.h. ohne Aufhebung der Verwaltungsentscheidung erreicht werden kann (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352, juris Rn. 24).

88

Anlass zu einer anderen Bewertung besteht auch nicht deshalb, weil es sich bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine gebundene Entscheidung handelt. Eine Berücksichtigung des Ergebnisses der UVP gemäß § 12 UVPG ist nicht nur dahingehend möglich, dass eine solche Genehmigung gegebenenfalls zu versagen sein kann. Das Ergebnis kann sich vielmehr auch z.B. auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der Beifügung von Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auswirken. Auch das o. a. Urteil des BVerwG vom 20. August 2008 ist zu einem Fall einer gebundenen Entscheidung ergangen (vgl. OVG Greifswald, U. v. 05.04.2016 - 5 K 4/14).

89

d) Umweltauswirkungen auf die betroffene Bevölkerung – hier den Antragsteller – sind vorliegend nicht offensichtlich ausgeschlossen.

90

aa) Zwar werden nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Schallgutachten der E. zuletzt vom 29. Juli 2015 (bezogen auf nur noch 11 WEA) die Grenzen der TA Lärm eingehalten. Allerdings werden die rechnerisch ermittelten Grenzwerte am Grundstück des Klägers (Immissionsort: IO 01 des Gutachtens; Richtwert Tag/ Nacht 55/ 40 dB (A)) – unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch den Schweinemastbetrieb und die Biogasanlage – bei Betrieb nach Nennleistung der Anlagen nachts überschritten und erst durch eine technische Herunterregelung sowie zulässiger rechnerischer Abrundung punktgenau erreicht. Hierzu heißt es in dem genannten Gutachten (Bd. V Bl. 886 d. GA; S. 24 d. Gutachten v. 29.07.2015):

91

„eine durch die leistungsoptimierte Betriebsweise der WEA verursachende Überschreitung der Immissionsrichtwerte für den Nachtzeitraum wird durch den Betrieb einzelner WEA in einem schallreduzierten Modus entgegengewirkt. Hierfür wurden in einem Optimierungsprozess die Betriebsmodi für jede WEA im Windpark angepasst, sodass an den Immissionsorten keine unzulässigen Überschreitungen vorliegen.“

92

Damit ist – bereits unter Einrechnung von Vermeidungsmaßnahmen – der Betrieb „auf Kante genäht“ (betriebsoptimiert), zumal der tatsächlich gemessene Wert der Gesamtbelastung von 40,3 dB (A) noch rechnerisch auf den höchstzulässigen Grenzwert von 40 dB (A) abgerundet worden ist. Schon diese Kombination von Vorbelastung, betriebsoptimierten Modus bei drei WEA und rechnerischer Abrundung könnte schon für sich dafür sprechen, dass „im Zweifel“ eine Umweltverträglichkeitsvollprüfung durchzuführen wäre. Nach Ansicht des Senats besteht im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb eine solche UVP-Pflicht, weil Grundlage für die errechneten Nachtimmissionsrichtwerte für den schalloptimierten (reduzierten) Modus 3 ausweislich des Gutachtens nur Herstellerangaben sind (Bd. V Bl. 881 d. GA., S. 13 d. Gutachtens v. 29.07.2015), da für diesen Betriebsmodus noch keine Vermessungen nach den Vorgaben in der FGW TR1 vorliegen. Aufgrund der fehlenden offiziellen Messergebnisse hat der Gutachter einen Zuschlag von 2 dB auf den angegebenen Schallleistungspegel von 102,5 dB (A) vergeben (siehe auch Tabelle S. 14 d. Gutachtens). Eine Begründung für die Größe dieses Puffers (1,95%) wird weder im Gutachten angegeben, noch hat der Antragsgegner diesen hinterfragt. Zwar hat das OVG Münster es gebilligt, wenn ein Sicherheitszuschlag von 2 bis 2,5 db (A) auf den werkseitig angegebenen Schallleistungspegel gemacht wird (OVG Münster, Urt. v. 18.11.2002 – 7 A 2127/00 – juris, Rn. 63) und sich hierfür auf Bekundungen eines sachverständigen Zeugen und des Vorschlags des Arbeitskreises "Geräusche von Windenergieanlagen" des Länderausschusses für Immissionsschutz, 2001 gestützt. Allerdings betraf diese Berechnung den Betrieb bei Nennleistung der dortigen Anlage und nicht einen „passgenauen“ betriebsoptimierten Modus. Ob ein solcher Zuschlag für die Serienstreuung des Anlagenbaus für die Anlagen im vorliegenden Fall hinreichend ist, bedarf ggf. der Beweisaufnahme, die dem Hauptsacheverfahren überlassen bleibt.

93

Der Senat kann es im Eilverfahren danach offen lassen, ob es ausreichen kann, in einem Schallgutachten aus 2015 keine erneute Messung der Vorbelastung vorzunehmen, sondern Daten der Messung aus 2013, die für ein früheres Gutachten erstellt worden sind, nochmals – hier 1 ½ Jahre später – zu verwenden.

94

Beispielhaft verweist der Senat für den Verfahrensgang im vorliegenden Fall auf die Bewertung „Schall und Schattenwurf“ durch das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) M-V v. 13. März 2015 (Bl. 434 d. BA. B). Darin wird seitens des LUNG das Schallgutachten mit reduziertem Bereich als „angemessen“ bewertet und die Genehmigung sei für das Vorhaben aus Sicht des Schallschutzes nicht zu versagen. Allerdings enthält die Stellungnahme auch den ausdrücklichen Hinweis (Anlage 1, Bl.402 d. BA. B):

95

„Vorbelastung pauschal und nicht mit Windrichtungsverteilung der Wetterstation C-Stadt berechnet. Gutachter soll nochmal rechnen.“

96

Diese im Genehmigungsverfahren eingegangene Stellungnahme des LUNG vom 13. März 2015 an das StaLU ist erst nach der ersten Entscheidung des StALU über die Nichterforderlichkeit der UVP-Prüfung vom 7. Januar 2015 eingegangen. Ob die kritisierte Windrichtungsverteilung im neuen Prüfbericht vom 29. Juli 2015, nach dessen Berechnungen sich wohl auch später die Abschaltautomatik orientieren dürfte, berücksichtigt worden ist, ist dort nicht ausdrücklich erklärt worden und für den Senat nicht ohne Weiteres ersichtlich.

97

bb) Entsprechendes gilt für die möglichen erheblichen Umweltauswirkungen durch Lichteinwirkungen (Schattenwurf). Auch insoweit werden mit einer anlagengesteuerten Vermeidungsmaßnahme die Umweltauswirkungen auf die betroffene Bevölkerung ausgereizt. Solche Umweltauswirkungen sind deshalb nicht offensichtlich ausgeschlossen.

98

Das von der Beigeladenen eingereichte Schattenwurfgutachten kommt im Ergebnis zu einer Überschreitung der zulässigen astronomisch maximal möglichen Beschattung von 8 Stunden/ Jahr bzw. 30 Minuten je Tag. Die Einhaltung dieses Wertes soll durch geeignete Maßnahmen an den WEA gewährleistet werden (S. 23f des Gutachtens, BA. E Nr. 4):

99

„Dies können Abschaltautomatiken sein, in die der Schattenwurfkalender zur jeweiligen WEA in die Anlagensteuerung einprogrammiert werden kann. Diese Abschaltautomatik gewährleistet, dass an jedem Immissionsort die astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten pro Tag eingehalten werden.

100

Mit Ausrüstung eines optischen Moduls kann die Abschaltautomatik so modifiziert werden, dass die WEA nur dann abschaltet (...), wenn die Stärke des Sonnenlichts ausreicht, um eine Beschattung an den Immissionsorten zu erzeugen. Dann jedoch wird die tatsächliche Beschattung auf 8 Stunden pro Jahr und 30 Minuten pro Tag begrenzt.“

101

Zwar kann wohl grundsätzlich der Verschattung durch mehrere WEA auf einen Immissionsort (beim Grundstück des Klägers z. B. möglicherweise WEA Nr. 2, 3 und 7) technisch so entgegengewirkt werden, dass die Verschattung von den jeweiligen WEA addiert wird; jedenfalls kann das in den Antragsunterlagen genannte optionale Schattenwurfmodul bis zu 50 WEA erfassen (Bl. 1247 d. BA. I). Allerdings wird die konkrete Funktionsweise der (optionalen!) Abschaltautomatik – mit der allein die Grenzwerte am Standort des Antragstellers eingehalten werden können – im Vorprüfungsverfahren nicht hinreichend geklärt. Der Gutachter der Antragstellerin hat in seiner ergänzenden Stellungnahme mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 (Bd. V Bl. 899 f. d. GA.) hierzu ausgeführt:

102

„Die Funktionsweise der anlagenspezifischen Abschaltautomatik ist beim Hersteller des geplanten Windenergieanlagentyps zu erfragen.“

103

Auf diesen (pauschalen) Hinweis kann eine behördliche Entscheidung gegen die Durchführung einer UVP(voll)prüfung nicht gestützt werden. Der neue Prüfbericht des Gutachters zum Schattenwurf vom 31. Juli 2015 gibt hierzu nichts her.

104

Auch hinsichtlich des Schattenwurfs hatte das LUNG mit der oben bereits erwähnten Stellungnahme vom 13. März 2015 Kritik angemerkt. So entspreche das Schattenwurfgutachten zwar den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlegen (WEA-Schattenwurf-Hinweise des LAI (Mai 2002). Der Gutachter habe aber darauf hingewiesen, dass lediglich die dem geplanten Windpark am nächsten gelegenen Immissionsorte prognostisch betrachtet wurden.

105

„Dies ist nach Ansicht des LUNG unzulässig. Das Gutachten muss deshalb vor Erteilung der Genehmigung zwingend vervollständigt werden.

106

Die Aufnahme von Nebenbestimmungen wird empfohlen. „

107

Das LUNG hat sodann eine eigene Berechnung des Schattenwurfs am Standort des Antragstellers vorgenommen (Anlage 8, Bl. 429 d. BA. B) mit dem Ergebnis:

108

58,17 Std./Jahr 0:40 Std/Tag insgesamt durch fünf WEA (Nr. 3 – 7).

109

Nach der Reduzierung des Vorhabens von 15 auf 11 WEA hat das von der Antragstellerin eingereichte neue Gutachten der Deutschen Windguard vom 31. Juli 2015

110

57,45 Std/ Jahr; 00.40 Std/ Tag

111

berechnet.

112

cc) Dass erhebliche Umwelteinwirkungen nicht ausgeschlossen werden können, ergibt sich auch daraus, dass erst nach Erlass der angefochtenen Genehmigung und erst im Rahmen der nachgeholten Umweltverträglichkeitsvorprüfung das Vorhaben durch Vermeidung – und Verminderungsmaßnahmen und Modifizierung von Abschaltvorgaben wesentlich verändert worden ist. So hat die Beigeladene am 30. Juli 2015 eine Erklärung zur Übernahme der im AFB vorgesehenen Abschaltzeiten der WEA 14 und 15 während der Grünlandmaat und der Erntezeit abgegeben. Des Weiteren wurde erst am 28. Oktober 2015 eine entsprechende Erklärung für die Anlagen wie WEA 8 und 19 sowie für eine pauschale Abschaltung der Anlagen 7 und 14 zum Fledermausschutz abgegeben. Jedenfalls dann, wenn eine UVP-Vorprüfung nachgeholt wird, können solche Anpassungen an das Ergebnis der offenbar endgültigen Prüfung der Umweltverträglichkeit der zur Genehmigung gestellten Anlagen in einem Rahmen der Vorprüfung nicht mehr vorgenommen werden. Schließlich spricht der (beabsichtigte) Änderungsbescheid vom 28. April 2016, durch den der Genehmigungsbescheid vom 15. April 2015 dahingehend verändert werden sollte, dass die Nebenbestimmungen widerrufen und (dafür) Auflagen festgesetzt wurden, dafür, dass erhebliche Umwelteinwirkungen nicht ausgeschlossen werden können.

113

Würden diese wesentlichen Änderungen des Vorhabens bei einer unterbliebenen oder fehlerhaft durchgeführten Vorprüfung berücksichtigt werden, würde sie sich am Genehmigungsinhalt orientieren mit der Folge, dass die an sich mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung vermieden wird. Deswegen folgt der Senat jedenfalls bei vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage der Ansicht, dass wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen, die dem Vorhaben nachträglich beigefügt werden (sollen), ein wesentliches Indiz dafür sind, dass von dem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen, jedenfalls diese nicht nach Maßgabe eines nachvollziehbaren Ergebnisses der Vorprüfung ausgeschlossen werden können (vgl. Pauli/Hagemann UPR 2018, 8,16).

114

Mit dem oben angeführten Maßstab, dass erhebliche Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen sein müssen, ist es nicht vereinbar, dass eine UVP(voll)prüfung dadurch umgangen werden kann, dass ein Antrag aufgrund von Anforderungen der Genehmigungsbehörde oder der beteiligten Fachbehörden mehrfach so lange nachgebessert wird, bis alle maßgeblichen Grenzwerte erfüllt sind, nach denen solche Umweltauswirkungen ausgeschlossen wären. Zwar liegt der Ansatzpunkt hierfür schon im System der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wonach bereits auf der Ebene der UVP-Vorprüfung ausführliche Fachgutachten über die Zulässigkeit des Vorhabens antragstellerseitig eingereicht werden, die nachweisen sollen, dass das Vorhaben zulassungsfähig ist. Wird die Zulassungsfähigkeit (wegen Einhaltung der Grenzwerte) bejaht, können keine erheblichen Umweltauswirkungen hervorgerufen werden, mit der Folge, dass es einer UVP(voll)prüfung nicht bedarf. Faktisch bedeutet diese Praxis, dass nur für solche vorprüfungspflichtigen Vorhaben eine UVP-Pflicht bestünde, die nach den Maßstäben des Genehmigungsverfahrens gar nicht zulässig sind (so ausdrücklich Storm/ Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Losebl. Nr. 2050, Stand: Lief. 4/11; auch zum Folgenden). Die UVP wird in der Sache quasi auf die Ebene der Vorprüfung verlagert, denn die zum Nachweis der Genehmigungsfähigkeit notwendigen Unterlagen haben den gleichen Tiefgang wie Untersuchungen zur UVP. Der Verzicht auf die UVP führt allerdings dazu, dass die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden muss.

115

Nach Ansicht des Senats ist deshalb eine UVP(voll)prüfung jedenfalls dann durchzuführen, wenn die Genehmigungsbehörde kein überschlägiges Prüfungsverfahren mehr durchführt, sondern noch im Rahmen des UVP-Vorprüfungsverfahrens umfangreiche Antragsänderungen anregt und der Antragsteller – wie vorliegend – mehrfach ergänzend Stellung zu Stellungnahmen der Fachbehörden gibt. Das wird dem Maßstab einer Vorprüfung nicht gerecht.

116

dd) Diese Fehler begründen einen Aufhebungsanspruch. Nach § 4 Abs.1 S. 2 UmwRG steht eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 S. 2 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b gleich. Danach kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 2b verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des UVPG erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist.

117

e) Es wird vertreten, in die ggf. erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls seien auch artenschutzfachliche Belange des § 44 Abs. 1 BNatSchG mit einzubeziehen. Daraus wird gefolgert, für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage in dieser Weise abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, böten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. Daraus könnten Windenergieanlagen einander räumlich so zugeordnet sein, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut "Tiere" im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG mehrfach überschneiden mit der Folge, dass sie als Windfarm zu werten sind, obwohl ihre Abstände mehr als den 10-fachen Rotordurchmesser betragen (so OVG Münster, U. v. 18.05.2017 - 8 A 870/15). Es ist indes nicht geklärt, ob und ggf. inwieweit auch nach der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geänderten Rechtslage Belange des Artenschutzes bei der standortbezogenen Vorprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz zu berücksichtigen sind. Deswegen hat das BVerwG die Revision gegen das genannte Urteil des OVG Münster zugelassen (BVerwG, B. v. 23.01.2018 - 7 B 11/17, 7 B 11/17 (7 C 5/18) – juris). Der Senat folgt im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung der (bislang) herrschenden Auffassung, wonach in eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls artenschutzfachliche Belange des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht mit einzubeziehen sind.

118

§ 3 c Satz UVPG a.F. bezieht sich nur auf die Schutzkriterien der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum UVPG. Die in Nummer 2 der Anlage 3 zum UVPG noch genannten Nutzungs- und Qualitätskriterien der Nummern 2.1 und 2.2 sind daher im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung zu betrachten (vgl. VGH Kassel, B. v. 24.08.2016 - 9 B 974/16 -, NuR 2016, 775; OVG Magdeburg, U. v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 81; VGH München, B. v. 04. 07.2016 - 22 CS 16.1078 - NuR 2017, 131; VGH Mannheim, B. v. 08.03.2011 - 10 S 161/09 - NVwZ-RR 2011, 355; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand: September 2016, § 3c UVPG Rn. 33 und 35). Eine Öffnung des Schutzkriterienkatalogs würde die Grenzen zwischen der allgemeinen Vorprüfung und der standortbezogenen Vorprüfung verwischen (Helm, jurisPR-UmwR 10/2016 Anm. 4).

119

Ob erhebliche Umweltauswirkungen auf den Artenschutz offensichtlich ausgeschlossen sind, brauchte der Senat daher nicht zu prüfen.

120

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.

121

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG und § 53 Abs. 2 GKG.

122

Hinweis:

123

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

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Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 12 UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben noch im Zulassungsverfahren ist


(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht beste

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 9 UVP-Pflicht bei Änderungsvorhaben


(1) Wird ein Vorhaben geändert, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn 1. allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 63


Beteiligte am Verfahren sind 1. der Kläger,2. der Beklagte,3. der Beigeladene (§ 65),4. der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 67 Übergangsvorschrift


(1) Eine Genehmigung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 oder § 25 Absatz 1 der Gewerbeordnung erteilt worden ist, gilt als Genehmigung nach diesem Gesetz fort. (2) Eine genehmigungsbedürftige Anlage, die bei Inkrafttreten der Ve

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 3 Grundsätze für Umweltprüfungen


Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und wer

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 7 Vorprüfung bei Neuvorhaben


(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung un

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 16 UVP-Bericht


(1) Der Vorhabenträger hat der zuständigen Behörde einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der zumindest folgende Angaben enthält:1.eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zu

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 5 Feststellung der UVP-Pflicht


(1) Die zuständige Behörde stellt auf der Grundlage geeigneter Angaben des Vorhabenträgers sowie eigener Informationen unverzüglich fest, dass nach den §§ 6 bis 14b für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (U

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 4 Umweltverträglichkeitsprüfung


Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die Zulassungsentscheidungen dienen.

Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 15 Raumordnungsverfahren


(1) Die für Raumordnung zuständige Landesbehörde prüft nach Maßgabe der folgenden Absätze in einem besonderen Verfahren die Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 1 der Raumordnungsverordnung (Raumordnungsverfahren

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 74 Übergangsvorschrift


(1) Für Vorhaben, für die das Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c oder nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 in der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, sind die Vorschri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 66


Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vor

Referenzen - Urteile

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 27. Juni 2018 - 3 M 286/15 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 27. Juni 2018 - 3 M 286/15 zitiert 13 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2016 - 22 AS 16.2421

bei uns veröffentlicht am 20.12.2016

Tenor I. Die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Landratsamtes Bayreuth vom 22. April 2015 wird angeordnet. II. Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die K

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2016 - 22 ZB 16.785

bei uns veröffentlicht am 12.09.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2016 - 22 CS 16.1078

bei uns veröffentlicht am 04.07.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert wird für das B

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 22. Dez. 2017 - 8 B 187/17

bei uns veröffentlicht am 22.12.2017

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Gründe I. 1 Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 8

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 31. März 2017 - 1 M 493/16

bei uns veröffentlicht am 31.03.2017

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. Oktober 2016 – 5 B 1513/16 HGW – wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung teilweise geändert und wie folgt neu gefasst: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstell

Verwaltungsgericht Minden Gerichtsbescheid, 11. März 2016 - 11 K 1963/15

bei uns veröffentlicht am 11.03.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15

bei uns veröffentlicht am 06.07.2015

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlich

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. März 2015 - 2 L 184/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen. 2 Der Standort der Anlage (Gemarkung A

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 18. Dez. 2014 - 4 C 36/13

bei uns veröffentlicht am 18.12.2014

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder e

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Sept. 2014 - 7 VR 1/14

bei uns veröffentlicht am 16.09.2014

Gründe I. 1 Der Antragsteller, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gege

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. Nov. 2011 - 6 C 11/10

bei uns veröffentlicht am 23.11.2011

Tatbestand 1 Die Klägerin, ein Unternehmen der Telekommunikation, wendet sich gegen einen Bescheid, durch den die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (jet

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. März 2011 - 10 S 161/09

bei uns veröffentlicht am 08.03.2011

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17. Dezember 2008 – 2 K 1066/08 – werden zurückgewiesen.Die Antragsteller Ziffer 1 und 2 als Gesamtschuldner sowie die Antragsteller Ziffer 3 und 4 als

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Juli 2008 - 11 S 1041/08

bei uns veröffentlicht am 08.07.2008

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. März 2008 - 6 K 522/08 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstell

Referenzen

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene (§ 65),
4.
der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch macht.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Unternehmen der Telekommunikation, wendet sich gegen einen Bescheid, durch den die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (jetzt Bundesnetzagentur) monatliche Überlassungsentgelte der beigeladenen Deutsche Telekom AG für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung genehmigt hat.

2

Die Klägerin betreibt öffentliche Telekommunikationsnetze und erbringt Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit. Sie schloss 1998 mit der Beigeladenen einen Vertrag über den Zugang zu deren Teilnehmeranschlussleitung; diese verbindet den Hauptverteiler des Netzbetreibers mit dem Leitungsabschluss in den Räumlichkeiten des Teilnehmers. Auf Antrag der Beigeladenen genehmigte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post mit Bescheid vom 30. März 2001 ab dem 1. April 2001 Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, und zwar unter anderem monatliche Überlassungsentgelte für 16 Zugangsvarianten, von denen zwei auf Glasfaserleitungen und die übrigen auf Kupferleitungen beruhen. Insoweit war die Genehmigung bis zum 31. März 2003 befristet.

3

Die Klägerin hat mit dem Antrag Klage erhoben, den Bescheid der Regulierungsbehörde aufzuheben: Es sei nicht nachgewiesen, dass der Beigeladenen tatsächlich Kosten in Höhe der genehmigten Entgelte entstünden. Dem Ansatz der Kapitalkosten liege ein unzutreffend ermittelter Investitionswert zugrunde. Die Regulierungsbehörde habe nicht den tatsächlichen Wert des Teilnehmeranschlussnetzes zugrunde gelegt. Sie habe ein analytisches Kostenmodell herangezogen, das ausschließlich von Wiederbeschaffungszeitwerten ausgehe. Im Rahmen einer kalkulatorischen Kostenermittlung dürften jedoch die tatsächlichen Abschreibungen nicht unberücksichtigt bleiben. Die in den alten Bundesländern bereits in den 1960er und 1970er Jahren verlegten Kupferkabelnetze seien im Wesentlichen abgeschrieben. Sie dürften nicht mehr als tatsächliche Kostenfaktoren angesetzt werden.

4

Die Beklagte hat den angegriffenen Bescheid verteidigt und unter anderem auf den Beurteilungsspielraum der Regulierungsbehörde verwiesen: Er erlaube es, statt auf der Grundlage vollständiger Kostennachweise auf der Grundlage eines analytischen Kostenmodells zu entscheiden. Das hier herangezogene Kostenmodell gehe zu Recht sowohl bei der Abschreibung als auch bei der Kapitalverzinsung von Wiederbeschaffungskosten in der Form aktueller Anschaffungspreise und nicht von den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten aus.

5

Die Beigeladene hat beantragt, die Klage abzuweisen: Die Klägerin werde durch den angegriffenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt. Die genehmigten Entgelte für die Überlassung der Teilnehmeranschlussleitung seien jedenfalls nicht zu hoch angesetzt.

6

Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union im Verfahren der Vorabentscheidung mehrere Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss - TAL-VO - vorgelegt, darunter die Frage, ob die Berechnungsgrundlage der Kosten, die bei der Festlegung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu berücksichtigen sind, der Wiederbeschaffungswert des Anlagevermögens nach Abzug der bis zum Bewertungszeitpunkt bereits erfolgten Abschreibungen oder ausschließlich der Wiederbeschaffungszeitwert ist, ausgedrückt durch aktuelle Tagespreise im Zeitpunkt der Bewertung. Diese Frage hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 24. April 2008 - Rs. C-55/06 - (Slg. 2008, I-2931) dahin beantwortet, dass die nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 bei der Ermittlung der Grundlage für die Berechnung der Kosten des gemeldeten Betreibers die tatsächlichen Kosten berücksichtigen müssen, d.h. die historischen Kosten des gemeldeten Betreibers sowie die voraussichtlichen Kosten, wobei Letztere gegebenenfalls aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon zu kalkulieren sind (Rn. 119 des Urteils).

7

Das Verwaltungsgericht hat sodann durch das angefochtene Urteil den Bescheid der Regulierungsbehörde aufgehoben: Die Regulierungsbehörde habe zur Berechnung der Kapitalkosten im Rahmen der monatlichen Überlassungsentgelte den Investitionswert in einer Art und Weise bestimmt, die dem Gebot nicht gerecht werde, die Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss an den Kosten zu orientieren. Zwar stehe der Regulierungsbehörde bei der Beurteilung der Kostenorientierung grundsätzlich ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Spielraum zu. Jedoch gelte etwas anderes für die Feststellung des Investitionswerts als Berechnungsgrundlage der Kosten. Insoweit sei es nach der eingeholten Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum einen unzulässig, den Investitionswert ausschließlich auf der Grundlage der Kosten zu bestimmen, die einem anderen Betreiber für die Errichtung einer vollständig neuen Ortsinfrastruktur zur Erbringung gleichwertiger Telekommunikationsdienste (aktuelle Kosten) entstünden. Zum anderen dürften auch nicht ausschließlich die dem Netzbetreiber tatsächlich entstandenen Kosten unter Berücksichtigung der bereits vorgenommenen Abschreibungen (historische Kosten) angesetzt werden. Vielmehr müsse die Regulierungsbehörde die tatsächlichen Kosten des Betreibers berücksichtigen. Diese setzten sich zusammen aus seinen historischen Kosten, was die Berücksichtigung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Bezugsgrundlage voraussetze, sowie den voraussichtlichen Kosten, welche gegebenenfalls aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon zu kalkulieren seien. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union seien diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen nicht etwa kombiniert auf dieselben Gegenstände und Leistungen anzuwenden. Vielmehr gelte die historische Betrachtungsweise für bereits tatsächlich entstandene Anschaffungs- und Herstellungskosten, während nur die davon zu unterscheidenden voraussichtlichen Kosten, wie diejenigen für die langfristige Entwicklung und Verbesserung der lokalen Infrastruktur, auf Wiederbeschaffungsbasis kalkuliert werden könnten. Die Regulierungsbehörde habe hingegen die Investitionswerte anhand von aktuellen Wiederbeschaffungspreisen, d.h. nach dem Tageswertprinzip, bestimmt und die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten, etwa für längst vorhandene Kabelkanäle, Kabel, Schächte und bereits durchgeführte Tiefbauarbeiten, vollkommen außer Acht gelassen.

8

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte aufgehoben hat.

9

Die Beklagte und die Beigeladene begehren mit ihren Revisionen, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte in dem Bescheid der Regulierungsbehörde richtet. Sie tragen im Wesentlichen übereinstimmend vor: Der Gerichtshof der Europäischen Union habe den Grundsatz der Kostenorientierung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 TAL-VO dahin ausgelegt, dass die Wahl der Berechnungsgrundlage im Ermessen der nationalen Regulierungsbehörde stehe. Diese habe die historischen Kosten des gemeldeten Betreibers sowie die voraussichtlichen Kosten, die aufgrund von Wiederbeschaffungswerten zu ermitteln seien, lediglich zu "berücksichtigen". Daraus resultiere zwar die Verpflichtung, die verschiedenen Bewertungsmaßstäbe in Erwägung zu ziehen. Indes sei die Behörde nicht gezwungen, sie zu kombinieren. Vielmehr bleibe ihr die Wahl, sich für einen dieser Maßstäbe zu entscheiden. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts würde dazu führen, dass das vorhandene Netz ausschließlich nach den historischen Kosten zu bewerten sei, was der Gerichtshof der Europäischen Union gerade ablehne.

10

Die Klägerin tritt den Revisionen entgegen: Zwischen den Kosten eines neuen Netzes, die der Gerichtshof der Europäischen Union als "aktuelle Kosten" bezeichne, und der Bewertung des vorhandenen Anlagevermögens anhand von Nettowiederbeschaffungskosten, d.h. unter Berücksichtigung der bereits vorgenommenen Abschreibungen, bestehe ein grundsätzlicher Unterschied. Die Berechnung des Investitionswerts anhand der aktuellen Kosten habe der Gerichtshof der Europäischen Union ebenso verworfen wie eine Bewertung anhand der historischen Kosten. Die vom ihm entwickelte mittlere Linie laufe auf die zwingende Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten hinaus. Danach seien für die Bewertung des Netzanlagevermögens nach seinem Wiederbeschaffungswert nicht die Kosten eines neu zu errichtenden Netzes maßgebend, sondern die Kosten für die Ersetzung dieses Wirtschaftsgutes durch ein Wirtschaftsgut gleicher Merkmale und gleichen Alters. Am Ende der angesetzten Nutzungszeit entspreche die Summe der Abschreibungen dem Wiederbeschaffungswert. Demzufolge sei die angefochtene Entgeltgenehmigung schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte ihr ausschließlich die aktuellen Kosten, die Bruttowiederbeschaffungskosten, zugrunde gelegt habe. Rechtswidrig sei sie ferner deshalb, weil die historischen Kosten gänzlich unberücksichtigt geblieben seien. Abgesehen davon habe die Beklagte eine fundierte Entscheidung über die Auswahl des Bewertungsmaßstabes überhaupt nicht getroffen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen sind unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO), erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

12

Die allein noch streitige Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die Regulierungsbehörde den Investitionswert ausschließlich anhand von aktuellen Wiederbeschaffungspreisen, also nach dem Tageswertprinzip, und nicht auch nach historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet hat. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts ist mit Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss - TAL-VO - (ABl Nr. L 336 vom 30. Dezember 2000 S. 4) nicht vereinbar. Allerdings durfte die Regulierungsbehörde den Investitionswert nicht ausschließlich anhand von aktuellen Wiederbeschaffungspreisen bewerten, ohne sich mit den Vor- und Nachteilen dieser und anderer ebenfalls in Betracht kommenden Berechnungsmethoden abwägend auseinanderzusetzen. Weil sie diese Abwägung unterlassen hat, ist die Entgeltgenehmigung rechtlich zu beanstanden und hat das Verwaltungsgericht sie im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

13

1. Rechtsgrundlage für die Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte ist § 39 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 und 3 des hier noch anzuwendenden Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 - TKG 1996 - (BGBl I S. 1120). Danach genehmigt die Regulierungsbehörde Entgelte auf der Grundlage der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996); die Genehmigung ist unter anderem zu versagen, wenn die Entgelte den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 nicht entsprechen oder mit dem Telekommunikationsgesetz oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen (§ 27 Abs. 3 TKG 1996).

14

a) Soweit die Regulierungsbehörde monatliche Überlassungsentgelte für diejenigen Zugangsvarianten genehmigt hat, die auf Kupferleitungen basieren, kommt Art. 3 Abs. 3 TAL-VO als andere Rechtsvorschrift im Sinne des § 27 Abs. 3 TKG 1996 in Betracht. Mit ihr steht die Genehmigung jedoch in Einklang. Nach Art. 3 Abs. 3 TAL-VO müssen sich - unbeschadet des hier nicht einschlägigen Art. 4 Abs. 4 TAL-VO - die von gemeldeten Betreibern in Rechnung gestellten Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss an den Kosten orientieren.

15

aa) Die Vorschrift ist anwendbar. Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, ist die Beigeladene im Hinblick auf ihre Marktmacht "gemeldeter Betreiber" (Art. 2 Buchst. a TAL-VO). Unter einem "Teilnehmeranschluss" im Sinne der Verordnung ist die Doppelader-Metallleitung zwischen dem Standort des Teilnehmers und dem Hauptverteiler zu verstehen (Art. 2 Buchst. c TAL-VO), was hier alle Zugangsvarianten mit Ausnahme derjenigen einschließt, die auf Glasfaserleitungen beruhen. Wie das Verwaltungsgericht ferner festgestellt hat, sind die Teilnehmeranschlüsse im Sinne von Art. 2 Buchst. f TAL-VO vollständig entbündelt, da sie die Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung ermöglichen.

16

bb) Danach unterliegt die Festlegung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss dem Gebot der Kostenorientierung. Welche Vorgaben Art. 3 Abs. 3 TAL-VO insoweit zu entnehmen sind, ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union verbindlich festgelegt, die das Verwaltungsgericht zur Auslegung dieser Vorschrift im Wege der Vorabentscheidung eingeholt hat (Urteil vom 24. April 2008 - Rs. C-55/06 - Slg. 2008, I-2931).

17

Als Kosten sind insbesondere die Zinsen für das eingesetzte Kapital und die Abschreibungen der Anlagegüter zu berücksichtigen, die zur Herstellung des Teilnehmeranschlusses verwendet wurden. Sowohl die Zinsen als auch die Abschreibungen beziehen sich auf die Investitionen für die Herstellung des Teilnehmeranschlusses. Die Zinsen sind gleichbedeutend mit Einkünften, die mit dem Kapital erzielt worden wären, wenn es nicht in den Teilnehmeranschluss investiert worden wäre. Die Abschreibungen erfassen die Minderung des tatsächlichen Wertes der Anlagegüter, die für die Errichtung des Ortsnetzes verwendet wurden (Rn. 70 ff. des Urteils).

18

Der Wert des Anlagevermögens (der Investitionen) als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen kann auf unterschiedliche Weise berechnet werden. Zugrunde gelegt werden können zum einen die Kosten, die der Netzbetreiber für die Herstellung und Anschaffung des vorhandenen Anlagevermögens seinerzeit aufgebracht hat, vermindert um die seither vorgenommenen Abschreibungen. Zugrunde gelegt werden können zum anderen die Kosten, die im jeweiligen Bewertungszeitpunkt nach aktuellen Tagespreisen für die Wiederbeschaffung des Anlagevermögens aufzuwenden sind (Wiederbeschaffungswert). Insoweit kann weiter danach unterschieden werden, ob von dem Wiederbeschaffungswert die Abschreibungen abgezogen werden, die auf das Anlagevermögen (im Bewertungszeitpunkt) bereits vorgenommen worden sind (Nettowiederbeschaffungswert), oder ob der Wiederbeschaffungswert ohne diesen Abzug angesetzt wird (Bruttowiederbeschaffungswert). Bei dem Wiederbeschaffungswert kann weiterhin danach unterschieden werden, ob er auf das tatsächlich vorhandene Netz oder auf ein Netz gleicher Funktion bezogen wird, wie es zum Bewertungszeitpunkt nach dem Stand der Technik effizient aufgebaut würde.

19

Nach der Feststellung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist keine dieser Berechnungsmethoden die angemessenste Methode, um im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung die Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu ermitteln. Vielmehr kann sich jede dieser Methoden nachteilig auf die Ziele auswirken, die mit der TAL-VO angestrebt werden, nämlich den Wettbewerb durch die Festlegung harmonisierter Bedingungen für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu intensivieren, um so die wettbewerbsorientierte Bereitstellung einer breiten Palette von Diensten im Bereich der elektronischen Kommunikation zu begünstigen (Rn. 109 des Urteils).

20

Wären ausschließlich die ursprünglichen Herstellungs- und Anschaffungskosten abzüglich inzwischen getätigter Abschreibungen anzusetzen, die der Gerichtshof der Europäischen Union als historische Kosten bezeichnet (Rn. 86 des Urteils), geriete dies in Konflikt mit dem Zweck des Art. 3 Abs. 3 TAL-VO, es dem Anbieter des Teilnehmeranschlusses zu ermöglichen, seine Kosten zu decken und zugleich einen angemessenen Gewinn zu erzielen, damit die langfristige Entwicklung und Verbesserung der Ortsanschlussinfrastruktur gesichert ist. Wären daher ausschließlich die historischen Kosten zugrunde zu legen, was, je nach Alter des Netzes, zur Berücksichtigung eines beinahe abgeschriebenen Netzes und damit zu einem sehr niedrigen Preis führen könnte, so würde der Netzbetreiber ungerechtfertigt benachteiligt. Zum einen wäre er verpflichtet, sein Netz seinen Wettbewerbern zu öffnen und den damit möglicherweise verbundenen Verlust eines Teils seiner Kundschaft hinzunehmen. Zum anderen könnte er mit der Vergütung, die er als Gegenleistung für die Bereitstellung eines entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss erhielte, keinen angemessenen Gewinn erzielen, obwohl er auch die langfristige Entwicklung und Verbesserung der lokalen Infrastruktur zu sichern hat (Rn. 103 ff. des Urteils).

21

Den historischen Kosten stellt der Gerichtshof der Europäischen Union die als aktuelle Kosten bezeichneten Kosten gegenüber, die einem anderen Betreiber für die Errichtung einer vollständig neuen Ortsanschlussinfrastruktur zur Erbringung gleichwertiger Telekommunikationsdienste entstehen würden (Rn. 86 des Urteils). Dabei handelt es sich der Sache nach um die Wiederbeschaffungskosten (Rn. 115 des Urteils). Diese aktuellen Kosten sind zugleich die Grundlage der voraussichtlichen Kosten, die der Gerichtshof der Europäischen Union im Weiteren erwähnt, ohne sie näher zu definieren. Sie können auf der Grundlage der Wiederbeschaffungskosten kalkuliert werden (Rn. 119 des Urteils). Der Gerichtshof der Europäischen Union gibt zwar zu erkennen, dass grundsätzlich ein auf die derzeitigen Kosten gestütztes, vorausschauendes Konzept angewandt werden sollte, da ein solches Konzept zu einem gerechten und dauerhaften Wettbewerb beitrage und für alternative Investitionsanreize sorge (Rn. 94 des Urteils). Würde das Anlagevermögen ausschließlich auf der Grundlage aktueller Kosten bewertet, sieht der Gerichtshof der Europäischen Union aber auch den Nachteil, dass der Netzbetreiber die Möglichkeit hätte, diejenigen Kosten zu wählen, die es ihm erlaubten, die Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss auf dem höchsten Niveau festzusetzen und die für die Begünstigten vorteilhaften Preisbildungselemente außer Acht zu lassen (Rn. 98 des Urteils).

22

Der Gerichtshof der Europäischen Union zieht aus diesem Vergleich der Berechnungsmethoden aber nicht den Schluss, sie oder eine von ihnen seien mit der TAL-VO oder anderen in die Betrachtung einbezogenen unionsrechtlichen Regelwerken nicht vereinbar. Er kommt nur umgekehrt zu dem Ergebnis, Art. 3 Abs. 3 TAL-VO gebe keine dieser Methoden als die allein zulässige vor, schließe aber die Anwendung aller anderen Methoden aus. In Ermangelung spezifischer unionsrechtlicher Vorschriften liegt es nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union vielmehr im Ermessen der nationalen Regulierungsbehörden, festzulegen, wie die Berechnungsgrundlage zu bestimmen ist, auf deren Grundlage die Abschreibungen zu berücksichtigen sind (Rn. 116 des Urteils). Der Grundsatz der Kostenorientierung in Art. 3 Abs. 3 TAL-VO erfordert danach die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten, d.h. der historischen Kosten des Netzbetreibers und der Kosten, die aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon kalkuliert werden (Rn. 115 und 119 des Urteils).

23

Dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union lässt sich nicht entnehmen, dass unter dem Wiederbeschaffungswert dabei nur der Wiederbeschaffungswert nach Abzug bereits getätigter Abschreibungen (also der Nettowiederbeschaffungswert) verstanden werden darf.

24

Der Gerichtshof der Europäischen Union stellt eingangs seiner Überlegungen den historischen Kosten die aktuellen Kosten gegenüber. Er definiert dabei ausschließlich die historischen Kosten unter Einbeziehung der bereits getätigten Abschreibungen, ordnet diese aber nicht auch den davon zu unterscheidenden aktuellen Kosten zu (Rn. 86 des Urteils). Dass in dem Urteil unter dem Wiederbeschaffungswert (zumindest auch) die Bruttowiederbeschaffungskosten verstanden werden, wird durch die Schlussanträge des Generalanwalts vom 18. Juli 2007 erhärtet, die dem Urteil zugrunde liegen. Darin werden die Zielsetzungen der vorgeschriebenen Kostenorientierung hervorgehoben, nämlich einerseits den Wettbewerb auf dem Teilnehmeranschlussmarkt zu fördern, ohne andererseits Investitionen des marktmächtigen Betreibers in die Infrastruktur zu verhindern. Vor dem Hintergrund dieser konfligierenden Zielsetzungen wird je nach der abschließenden Beurteilung der nationalen Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sowohl eine Berechnungsmethode, die auf den Bruttowiederbeschaffungskosten, als auch eine Berechnungsmethode, die auf den Nettowiederbeschaffungskosten beruht, als angemessen angesehen (Schlussanträge Rn. 50 ff.). Von einem entsprechenden Verständnis auch des Urteils auszugehen, liegt umso näher, als der Gerichtshof der Europäischen Union ebenfalls die beiden genannten, einander widerstreitenden Zielsetzungen, die er dem 6. und dem 11. Erwägungsgrund der TAL-VO entnimmt, ausdrücklich in den Blick genommen hat (Rn. 101 und 106 des Urteils).

25

Dass der Wiederbeschaffungswert des Teilnehmeranschlussnetzes ausschließlich über die Nettowiederbeschaffungskosten zu bestimmen ist, lässt sich nicht aus der Empfehlung der Kommission zur Zusammenschaltung in einem liberalisierten Telekommunikationsmarkt (Teil 2 - Getrennte Buchführung und Kostenrechnung) vom 8. April 1998 (98/322/EG, ABl Nr. L 141 vom 13. Mai 1998 S. 6) herleiten. Nach Nr. 4 dieser Empfehlung ist die Bewertung von Netzanlagevermögen nach seinem zukunftsrelevanten bzw. Wiederbeschaffungswert für einen effizienten Betreiber ein entscheidendes Element der auf Wiederbeschaffungskosten beruhenden Methodik der Kostenrechnung. Dazu sei der auf Abschreibungen entfallende Anteil der Betriebskosten auf der Grundlage des Wiederbeschaffungswerts für äquivalentes Anlagevermögen zu berechnen und demzufolge auch die Erfassung des eingesetzten Kapitals auf Wiederbeschaffungskostenbasis vorzunehmen. Die Empfehlung verweist sodann auf eine Anlage, die Orientierungshilfen zu zeitgemäßen Methoden der Bewertung von Anlagevermögen und der Kostenanpassung auf der Grundlage der Wiederbeschaffungskosten vermittele. In der Anlage werden die Nettowiederbeschaffungskosten definiert als die Kosten für das Ersetzen eines Wirtschaftsguts durch ein Wirtschaftsgut gleicher Merkmale und gleichen Alters, wobei in Anbetracht eines raschen technologischen Wandels gegebenenfalls der Wert eines modernen Äquivalenzguts zu berechnen sei.

26

Sollte diese Empfehlung, insbesondere mit ihrem Hinweis auf ein Wirtschaftsgut gleichen Alters, überhaupt so zu verstehen sein, dass der Wiederbeschaffungswert des Teilnehmeranschlussnetzes vorrangig über die Nettowiederbeschaffungskosten zu bestimmen ist, entfaltet sie jedenfalls keine bindende Wirkung. Als bloße Empfehlung ist sie bei der Auslegung der einschlägigen Normen des Unionsrechts lediglich zu berücksichtigen. Nur in diesem Sinne hat der Gerichtshof der Europäischen Union sie in seinem Urteil herangezogen (Rn. 94 des Urteils). Sie gehört mit ihren Hinweisen damit zu den Erwägungen, die die Regulierungsbehörde berücksichtigen muss, wenn sie den ihr sowohl in den Schlussanträgen des Generalanwalts als auch im Urteil zugebilligten Gestaltungsspielraum ausfüllt.

27

Art. 3 Abs. 3 TAL-VO ist in der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht so zu verstehen, dass der Wert des Anlagevermögens stets nur im Zusammenwirken einer Berechnung nach historischen Kosten und nach Wiederbeschaffungskosten zu bestimmen ist. Art. 3 Abs. 3 TAL-VO lässt es grundsätzlich zu, den Wert des Anlagevermögens ausschließlich nach einer dieser Methoden zu berechnen.

28

Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union von tatsächlichen Kosten spricht (Rn. 119 des Urteils), werden damit nicht die historischen Kosten und die voraussichtlichen Kosten (Wiederbeschaffungskosten) untrennbar in einem eigenständigen Kostenbegriff im Sinne eines gemischten Kostenansatzes vereinigt, der dann allein maßgeblich ist. Vielmehr ist der Begriff der tatsächlichen Kosten nur der Oberbegriff für die historischen und die voraussichtlichen Kosten, die je nach den Verhältnissen zu berücksichtigen sind und damit auch für sich allein berücksichtigt werden können.

29

In der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind nach Art. 3 Abs. 3 TAL-VO die historischen Kosten sowie die voraussichtlichen Kosten zu berücksichtigen, die nach dem Brutto- oder Nettowiederbeschaffungswert zu kalkulieren sind (Rn. 115 des Urteils). Unmittelbar im Anschluss daran billigt der Gerichtshof der Europäischen Union der Regulierungsbehörde Ermessen bei der Festlegung zu, wie die Berechnungsgrundlage zu bestimmen ist (Rn. 116 des Urteils). Im Zusammenhang mit einem Ermessensspielraum kann "berücksichtigen" aber nur im Sinne von "in Erwägung ziehen" verstanden werden. Nach der bindenden Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union verpflichtet Art. 3 Abs. 3 TAL-VO die Regulierungsbehörde zu einem Regulierungskonzept, in dem sie die auf historische Kosten bzw. voraussichtliche Kosten gestützten Berechnungsmethoden in Erwägung zieht, d.h. einander gegenüberstellt und auf ihre jeweiligen Vorteile und Nachteile im Hinblick auf die widerstreitenden Zielsetzungen der TAL-VO überprüft, einerseits das Teilnehmeranschlussnetz möglichst rasch dem Wettbewerb zu öffnen und doch andererseits die langfristige Entwicklung und Verbesserung der lokalen Infrastruktur durch den marktmächtigen Betreiber zu sichern (Rn. 101 und 106 des Urteils). Zu welchem Ergebnis sie dabei kommt, unterliegt aber ihrer Entscheidungsprärogative. Dem Unionsrecht in der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind insbesondere keine bindenden Vorgaben dahin zu entnehmen, dass die Regulierungsbehörde beide Berechnungsmethoden zu kombinieren oder die historische Betrachtungsweise für bereits tatsächlich entstandene Anschaffungs- und Herstellungskosten, die voraussichtlichen Kosten dagegen für die langfristige Entwicklung und Verbesserung der Infrastruktur heranzuziehen hätte. Der Gerichtshof der Europäischen Union geht ausdrücklich davon aus, dass die voraussichtlichen Kosten gegebenenfalls aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon zu kalkulieren sind (Rn. 119 des Urteils). Wenn aber (auch) das gesamte Teilnehmeranschlussnetz zu Wiederbeschaffungswerten kalkuliert werden darf, kann die Regulierungsbehörde nicht gezwungen sein, stets Elemente beider Kostenberechnungsmethoden nebeneinander anzuwenden.

30

Darüber hinaus hat der Gerichtshof der Europäischen Union an anderer Stelle seines Urteils festgestellt, das Unionsrecht schließe es in Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung nicht aus, die Kosten auf der Grundlage eines analytischen Top-down- oder Bottom-up-Kostenmodells zu bestimmen (Rn. 134 des Urteils). Dabei geht der Gerichtshof der Europäischen Union davon aus, dass bei einem Bottom-up-Modell der Gegenwartswert der Investitionen zur Errichtung eines neuen Netzes zu berücksichtigen ist. Dieses Modell stützt sich mithin auf die Kosten, die einem Betreiber für den Erwerb und den Betrieb seines eigenen Netzes entstanden wären (Rn. 128 des Urteils). Dagegen stützt sich das Top-down-Modell auf die dem Netzbetreiber tatsächlich entstandenen Kosten. Kann die Regulierungsbehörde aber die Kosten auf der Grundlage eines analytischen Top-down- oder Bottom-up-Kostenmodells bestimmen, wäre es nicht stimmig, wenn sie bei der Bewertung der Investitionswerte sowohl historische Kosten als auch Wiederbeschaffungswerte rechnerisch ansetzen müsste. Denn dann hätte sie gerade keinen Spielraum bei der Auswahl der Kostenmodelle, weil sie ein Top-down-Modell zur Bestimmung des nach historischen Kosten zu bewertenden Anteils am Investitionswert einzusetzen und ein Bottom-up-Modell für die nach Wiederbeschaffungswerten zu bepreisenden Anlagegüter zu verwenden hätte.

31

Schließlich hat der Gerichtshof der Europäischen Union Art. 4 Abs. 1 und 2 TAL-VO dahin ausgelegt, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Prüfung der Preise, die von den gemeldeten Betreibern für die Bereitstellung eines entbündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen in Rechnung gestellt werden, anhand des in Art. 3 Abs. 3 TAL-VO verankerten Preisbildungsgrundsatzes über eine weitreichende Befugnis verfügen, die die Beurteilung der verschiedenen Aspekte dieser Preise umfasst. Diese weitreichende Befugnis bezieht der Gerichtshof der Europäischen Union auch auf die den gemeldeten Betreibern entstandenen Kosten und führt dafür neben den Zinsen für das eingesetzte Kapital und die Abschreibungen der Anlagegüter ausdrücklich die Berechnungsgrundlage dieser Kosten und die Kostenrechnungsmodelle an (Rn. 159 des Urteils). Mit dieser weitreichenden Befugnis ist nicht zu vereinbaren, den Entscheidungsspielraum bei der Wertermittlung der Anlagegüter so einzuengen, dass stets ein gemischter Ansatz von historischen Kosten und Wiederbeschaffungskosten herangezogen werden muss.

32

b) Soweit die Regulierungsbehörde monatliche Überlassungsentgelte für diejenigen Zugangsvarianten genehmigt hat, die auf Glasfaserleitungen basieren, hat das Verwaltungsgericht angenommen, die Entgelte entsprächen nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996. Das trifft indes ebenfalls nicht zu.

33

Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 dürfen Entgelte keine Aufschläge enthalten, die nur aufgrund der marktbeherrschenden Stellung eines Anbieters auf dem jeweiligen Markt durchsetzbar sind. Das bedeutet, dass die Entgelte - anders gewendet - an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) orientiert sein müssen.

34

§ 24 TKG 1996 stellt eine detaillierte Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung dar, der dem Art. 3 Satz 3 TAL-VO zugrunde liegt, wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts ebenfalls festgestellt hat (Rn. 145, 149 des Urteils). § 24 TKG ist daher unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass die Bestimmung der am besten geeigneten Kostenberechnungsmethode auch für Teilnehmeranschlussleitungen, die auf Glasfaser basieren, nach den dargelegten Maßgaben der Beurteilung der Regulierungsbehörde unterliegt. Die Genehmigung monatlicher Überlassungsentgelte für diese Teilnehmeranschlussleitungen hätte das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht schon deshalb beanstanden dürfen, weil das Anlagevermögen nicht auf der Grundlage eines gemischten Ansatzes von historischen Kosten und Wiederbeschaffungskosten bewertet worden ist.

35

2. Die Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte ist in allen Zugangsvarianten deshalb rechtswidrig, weil die Regulierungsbehörde den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum aus anderen Gründen fehlerhaft ausgefüllt hat.

36

a) Der Regulierungsbehörde kommt bezogen auf das Merkmal der Kostenorientierung in Art. 3 Abs. 3 TAL-VO ein Beurteilungsspielraum zu. Dasselbe gilt für das Erfordernis in § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996, Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu orientieren.

37

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes schließt durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume nicht grundsätzlich aus. Gerichtliche Kontrolle kann nicht weiter reichen als die materiellrechtliche Bindung der Instanz, deren Entscheidung überprüft werden soll. Sie endet deshalb dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert. Ob dies der Fall ist, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - NVwZ 2011, 1062 <1065>). Die hier inmitten stehende Entscheidungsprärogative der Regulierungsbehörde bei der Entgeltregulierung ist durch das Unionsrecht in der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union unmittelbar vorgegeben. Soweit er in seinem Urteil auf das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts von Ermessen spricht, das der Regulierungsbehörde durch Art. 3 Abs. 3 TAL-VO eingeräumt wird, handelt es sich nach deutscher Rechtsterminologie um einen Beurteilungsspielraum in Bezug auf das Merkmal der Kostenorientierung in Art. 3 Abs. 3 TAL-VO und korrespondierend damit in § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996, der nur eine Anwendung dieses unionsrechtlichen Grundsatzes darstellt.

38

b) Das hier anwendbare Unionsrecht macht keine Vorgaben für den Umfang der gerichtlichen Kontrolle des als "Ermessen der nationalen Regulierungsbehörden" deklarierten Entscheidungsspielraums. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union an anderer Stelle seines Urteils hervorgehoben hat, ist die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung (Rn. 163 ff. des Urteils). Die Kontrollmaßstäbe sind daher den Grundsätzen zu entnehmen, die das Bundesverwaltungsgericht zum deutschen Verwaltungsrecht entwickelt hat. Diese Maßstäbe unterscheiden - jedenfalls verbal, weniger in der Sache - danach, ob es sich um die Kontrolle eines Beurteilungsspielraums auf der Tatbestandsseite der Norm oder um die Kontrolle von (Regulierungs-)Ermessen auf der Rechtsfolgenseite handelt: Die Ausübung eines Beurteilungsspielraums wird herkömmlich darauf überprüft, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat (Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 ). Die Ausübung des Regulierungsermessens wird vom Gericht beanstandet, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist (Abwägungsfehleinschätzung) oder der Ausgleich zwischen ihnen zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität; grundlegend: Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 ). Bei dem hier in Rede stehenden "Ermessen" hinsichtlich der Kostenorientierung der Preise handelt es sich, wie schon erwähnt, im Sinne der deutschen Rechtsterminologie um einen Beurteilungsspielraum. Er weist allerdings im Hinblick auf die unionsrechtlich vorgegebene Abwägung widerstreitender Regulierungsziele eine besondere Nähe zum Regulierungsermessen auf. Bei einem derartigen Entscheidungsspielraum, der gewissermaßen auf der Nahtstelle zum Regulierungsermessen steht, ist die eigentliche Bewertung der Behörde jedenfalls auch darauf nachzuprüfen, ob sie im Hinblick auf die Kriterien, die in der Rechtsnorm ausdrücklich hervorgehoben oder doch in ihr angelegt sind, plausibel und erschöpfend argumentiert hat (Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 - juris Rn. 38).

39

c) Daran fehlt es hier. Die Regulierungsbehörde hat die beiden mit "historische Kosten" bzw. "voraussichtliche Kosten" bezeichneten Methoden weder abstrakt berücksichtigt noch in ihre Abwägung einfließen lassen; vielmehr haben die historischen Kosten bei ihrer Kostenberechnung ersichtlich überhaupt keine Rolle gespielt. Die Regulierungsbehörde hat ohne Weiteres auf das analytische Kostenmodell zurückgegriffen, das, wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, auf aktuellen Wiederbeschaffungspreisen beruht, und die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung allein aus diesem Blickwinkel beurteilt (Entgeltgenehmigung S. 36). Eine methodische Auseinandersetzung mit historischen Kosten im Sinne einer Bewertung der Vor- und Nachteile der einen und der anderen Berechnungsweise für die Erreichung der Regulierungsziele hat in dem angegriffenen Bescheid nicht erkennbar stattgefunden. Die Regulierungsbehörde hätte die konfligierenden Interessen abwägen und prüfen müssen, welcher Kostenmaßstab - erstens - den Nutzerinteressen, - zweitens - dem Ziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs sowie - drittens - dem Ziel, effiziente Infrastrukturinvestitionen und Innovationen sicherzustellen, jeweils am ehesten gerecht wird. Sodann hätte sie unter Bewertung der unterschiedlichen Belange im Einzelnen darlegen müssen, dass und warum ihrer Ansicht nach im Ergebnis Überwiegendes dafür spricht, den Investitionswert auf der Basis einer Bruttowiederbeschaffung zu Tagesneupreisen zu berechnen.

40

Unerheblich ist, ob derartige Überlegungen der angegriffenen Entgeltgenehmigung unausgesprochen zugrunde gelegen haben, wie die Beklagte geltend macht. Die effiziente gerichtliche Kontrolle eines Gestaltungsspielraums, der der Behörde eingeräumt ist, ist grundsätzlich auf diejenigen Erwägungen zu erstrecken und zu beschränken, die die Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung dargelegt hat. Bei der Entgeltgenehmigung hat es sich um eine Entscheidung der Beschlusskammer gehandelt (§ 73 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996). Das schließt es aus, eine unterbliebene oder defizitäre Abwägung als durch anderweitige Unterlagen geheilt oder ersetzt anzusehen.

41

Ebenso ist unerheblich, ob die Klägerin oder andere im Verwaltungsverfahren beigeladene Wettbewerber ihrerseits Einwände gegen das analytische Kostenmodell vorgebracht haben, das die Regulierungsbehörde zugrunde legen wollte. Die notwendige Abwägung und ihre Darstellung im Bescheid dienen der objektiven Feststellung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der erteilten Genehmigung vorliegen. Sie bezwecken jedenfalls nicht allein die Bescheidung erhobener Einwendungen, sondern sollen zumindest auch die nachgehende gerichtliche Kontrolle ermöglichen, die angesichts des ohnehin eingeräumten Beurteilungsspielraums sonst gänzlich um ihre Effizienz gebracht zu werden drohte.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. März 2008 - 6 K 522/08 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 12. Februar 2008 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
I.
Die 1987 geborene Antragstellerin ist Staatsangehörige der Russischen Förderation. Sie reiste erstmals am 17.10.2007 in das Bundesgebiet ein. Dabei war sie im Besitz eines Reisepasses der Russischen Föderation mit einem am 05.10.2007 vom deutschen Generalkonsulat in Nowosibirsk ausgestellten Schengen-Visum, gültig vom 15.10.2007 bis zum 13.11.2007 für eine einmalige Einreise und einen Aufenthalt bis zu 30 Tagen mit dem Vermerk "Besuchs-/Geschäftsvisum Erwerbstätigkeit nicht gestattet". Am 29.10.2007 schloss die Antragstellerin in Ærøskøbing/Dänemark vor dem Bürgermeister der Kommune Ærø die Ehe mit dem in Rastatt wohnhaften deutschen Staatsangehörigen ..... Zwei Tage später sprach sie mit ihrem Ehemann bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vor. Sie legte ihren Reisepass sowie einen Trauschein über die Eheschließung vor und meldete sich rückwirkend zum 17.10.2007 mit Wohnsitz bei ihrem Ehemann an. Der Sachbearbeiter der Behörde hielt in einem Aktenvermerk fest: Die Antragstellerin verfüge über keine Deutschkenntnisse; er habe sie darüber belehrt, dass sie mangels Rechtsanspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach Ablauf ihres Visums zur Ausreise verpflichtet sei. Mit Telefax vom 14.11.2007 beantragten die damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug. Am 12.02.2008 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab, setzte der Antragstellerin eine Ausreisefrist bis 06.03.2008 und drohte ihr für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung nach Russland an. Über den dagegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin wurde bislang nicht entschieden.
Am 27.02.2008 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen. Mit Beschluss vom 26.03.2008 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Mit ihrer Beschwerde legt die Antragstellerin dar: Sie habe nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 39 Nr. 3 oder Nr. 5 AufenthV Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Einhaltung der Visumpflicht. Sprachkenntnissen seien nach § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AufenthG i. V. m. § 44 Abs. 3 Nr. 1 und 2, § 44a Abs. 2 Nr. 2 AufenthG sowie § 4 Abs. 2 IntV nicht erforderlich, weil sie seit 2004 an einer Hochschule in Krasnojarsk studiere und ihre Ausbildung in Deutschland in gesicherter wirtschaftlicher Situation mit dem Abschlussziel Bürokauffrau fortsetzen werde. Ungeachtet dessen habe sie in einem Jugendintegrationskurs Ende Mai 2008 die Prüfung "Start Deutsch 1 / telc Deutsch A 1" bestanden. Die Voraussetzungen des Anspruchs seien nach der Einreise in den Schengen-Raum entstanden, was nach § 39 Nr. 3 AufenthV genüge. Die Einholung eines Visums sei zudem nach § 39 Nr. 5 AufenthV entbehrlich, weil wegen der Gefahr der Verschlimmerung einer depressiven Erkrankung im Falle der Abschiebung sowie ihrer krankheitsbedingten Angewiesenheit auf Betreuung und Fürsorge ihres Ehemannes ein Abschiebungsverbot und damit ein Duldungsanspruch bestehe. Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht ausgeübt. Wegen des Abschiebungsverbots sei ihr zumindest eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und legt ergänzend dar: Der nachträgliche Erwerb von Sprachkenntnissen ändere nichts an der Visumpflicht. Die Auffassung, dass mit "Einreise" in § 39 Nr. 3 AufenthV die Einreise in den Schengen-Raum gemeint sei, sei nach Systematik und Wortlaut der Vorschrift nicht zu rechtfertigen. Ein von Sprachkenntnissen und nationaler Visumpflicht unabhängiges Aufenthaltsrecht sei schließlich auch nicht daraus abzuleiten, dass der deutsche Ehemann zur Eheschließung in Dänemark sein Recht auf Freizügigkeit nach Art.18 Abs. 1 EG wahrgenommen habe.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
A.
Die zulässige (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerde ist begründet. Der auch hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis statthafte (1.) Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist, soweit die Prüfungsbefugnis des Senats reicht (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage begründet. Das Aufschubinteresse der Antragstellerin nach § 80 Abs. 1 VwGO hat deutlich größeres Gewicht als das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sowie der damit verbundenen Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 12 LVwVG (2.).
1. Gegen die Zulässigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehen im Ergebnis keine Bedenken. Allerdings setzt die Statthaftigkeit eines solchen Eilantrags nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG voraus, dass der ablehnte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis eine gesetzliche Erlaubnis- oder Duldungsfiktion nach § 81 Abs. 3 AufenthG oder die Fiktion des Fortbestands des bisherigen Aufenthaltstitels nach § 81 Abs. 4 AufenthG bewirkt hat (Senatsbeschluss vom 20.11.2007 - 11 S 2364/07 - InfAuslR 2008, 81 m. w. N.). Letzteres könnte hier insoweit zweifelhaft sein, als der frühere Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin erst am Tag nach Ablauf des Schengen-Visums und damit verspätet einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Denn da sich die Antragstellerin aufgrund eines Aufenthaltstitels - des Schengen-Visums (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) - rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, konnte ein von ihr gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis allenfalls eine Fortbestandsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG auslösen. Diese Vorschrift sieht jedoch - anders als § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in Fällen rechtmäßigen Aufenthalts ohne Aufenthaltstitel - nicht vor, dass auch die verspätete Antragstellung eine Duldungsfiktion oder vergleichbare Rechtswirkungen im Sinne eines vorläufigen verfahrenabhängigen Bleiberechts erzeugt. Ob § 81 Abs. 4 AufenthG gleichwohl auch bei verspäteter Antragstellung anwendbar ist, zumindest bei - wie hier - "geringfügiger" Verspätung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.03.2006 - 18 B 120/06 - InfAuslR 2006, 448), oder ob insoweit eine wertungswidersprüchliche planwidrige Regelungslücke vorliegt, die durch analoge Anwendung von § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG geschlossen werden muss (vgl. Hailbronner, AuslR, § 81 AufenthG - Stand August 2006 - Rn. 27 f. auch m. w. N. zum Streitstand), bedarf im vorliegenden Fall indes keiner Entscheidung. Denn die Antragstellerin dürfte schon vor Ablauf des Schengen-Visums die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug beantragt haben. Der Senat geht bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage anhand der Akten und des Vortrags der Beteiligten davon aus, dass die Antragstellerin bereits anlässlich ihrer Vorsprache auf der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin am 31.10.2007 mündlich - zumindest aber konkludent durch Vorlage des Reisepasses und des Trauscheins sowie die gleichzeitige Wohnsitzanmeldung bei ihrem Ehemann - einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem - bei der Vorsprache anwesenden - deutschen Ehemann gestellt hat. Dafür spricht nicht zuletzt der Umstand, dass der Sachbearbeiter der Antragsgegnerin anlässlich dieser Vorsprache die besondere Erteilungsvoraussetzung ausreichender Sprachkenntnisse (§ 28 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) und die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Einhaltung der Visumpflicht (§ 5 Abs. 2 AufenthG) geprüft hat (vgl. § 24 Abs. 1 LVwVfG), wozu ohne Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wohl keine Veranlassung bestanden hätte (§ 22 Satz 2 LVwVfG i. V. m. § 81 Abs. 1 AufenthG). Ob seine anschließende mündliche Belehrung über die Pflicht zur Ausreise nach Ablauf des Schengen-Visums als - konkludente - Ablehnung des Antrags zu verstehen war, kann dahinstehen. Denn diese Ablehnung wäre wegen Verstoßes gegen das Schriftformgebot nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nichtig (§ 44 Abs. 1 LVwVfG; vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG § 77 Rn. 36 m. w. N.) und damit unwirksam (§ 43 Abs. 3 LVwVfG), so dass dadurch auch die - bis zum Ablauf des Schengen-Visums aufschiebend bedingte - Fortbestandsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht hätte erlöschen können.
2. Das deutlich größere Gewicht des Aufschubinteresses der Antragstellerin folgt daraus, dass der Ausgang des Widerspruchsverfahrens in Bezug auf die Ablehnung des beantragten Aufenthaltstitels zum Ehegattennachzug - zumindest - offen erscheint und der Antragstellerin sowie ihrem Ehemann bei dieser Ausgangslage die mit einer sofortigen Vollziehung des Erlöschens der Fortbestandsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG und dem Sofortvollzug der Abschiebungsandrohung einhergehenden Nachteile für die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nicht zumutbar sind. Die Antragstellerin dürfte nunmehr alle besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären - ehelichen - Lebensgemeinschaft mit ihrem deutschen Ehemann nach § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5 AufenthG erfüllen und Anhaltspunkte dafür, dass eine allgemeine Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegt, sind jedenfalls derzeit nicht erkennbar (a)). Die weitere allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen nationalen Visum für längerfristige Aufenthalte (§ 5 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 4 AufenthG) dürfte nach § 39 Nr. 3 AufenthV unanwendbar sein, jedenfalls aber kann von ihr nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abgesehen werden, was die Behörde bislang noch nicht erwogen hat (b)).
Offen bleiben kann hiernach, ob die Antragstellerin nach der Rückkehr mit ihrem Ehemann aus Dänemark auch als Familienangehörige eines Unionsbürgers, der von seinem Recht auf Freizügigkeit nach Art. 18 Abs. 1 EG (i. V. m. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG) Gebrauch gemacht hat und in seinen Herkunftsmitgliedstaat zurückkehrt, ein - von der Einhaltung einer nationalen Aufenthaltsvisumpflicht unabhängiges (vgl. EuGH, Urt. v. 14.04.2005, Rs. C-157/03 - Kommission/Spanien - Slg. 2005 I-2911 = InfAuslR 2005, 229 Rn. 37 f.; Urt. v. 25.07.2002, Rs. C-459/99 - MRAX - Slg. 2002, I-6591 = InfAuslR 2002, 417 Rn. 56) und auch Sprachkenntnisse nicht voraussetzendes - Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EG ableiten kann, weil ein die Anwendung dieser Bestimmung eröffnender grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt und die Versagung eines Aufenthaltsrechts für sie „abschreckende Wirkung“ in Bezug auf die Wahrnehmung des Freizügigkeitsrechts ihres Ehemannes haben könnte (vgl. EuGH, Urt. v. 11.12.2007, Rs. C-291/05 - Eind - NVwZ 2008, 402 Rn. 37 ff.; Urt. v. 09.01.2007, Rs. C-1/05 - Yungying Jia - NVwZ 2007, 432; Urt. v. 23.09.2003, Rs. C-109/01 – Akrich – Slg. 2003 I-9607 = InfAuslR 2003, 409 Rn. 50 ff.; Urt. v. 07.07.1992, Rs. C-370/90 - Singh - Slg. 1992 I-4265 = NVwZ 1993, 261 Rn. 19 ff.). Unerheblich ist im übrigen entgegen der Beschwerdebegründung, ob der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden könnte, weil sie das bislang nicht beantragt hat (vgl. § 81 Abs. 1 AufenthG).
a) Die besonderen Erteilungsvoraussetzungen nach § 27 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5 AufenthG dürften - jetzt - alle erfüllt sein.
Die Antragstellerin ist Ehegattin eines Deutschen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet, ohne dass Zweifel am Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet begründet sind, und beide Ehegatten haben das 18. Lebensjahr vollendet. Auch die weitere Voraussetzung, dass die Antragstellerin sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann (§ 28 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG), ist nunmehr offensichtlich erfüllt, so dass dahinstehen kann, ob diese Voraussetzung - wie die Beschwerdebegründung meint - nach § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, § 44 Abs. 3 Nr. 1 und 2, § 44a Abs. 2 Nr. 2 AufenthG sowie § 4 Abs. 2 IntV unbeachtlich ist. Denn die Antragstellerin hat nach dem Zeugnis des Internationalen Bundes Jugendmigrationsdienst Karlsruhe vom 28.05.2008 in dem von ihr seit April 2008 besuchten Jugendintegrationskurs am 27.05.2008 die Deutschprüfung "A 1" nach den vom Goetheinstitut und der telc gGmbH entwickelten Prüfungsmaterialien "Start Deutsch 1 / telc Deutsch A 1" mit der Note "2,0 (gut)" bestanden. Mit diesem Zertifikat, das die Sprachkompetenz der ersten Stufe A 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens attestiert (vgl. http://www.goethe.de/z/50/ commeuro/303.htm und http://www.telc.net), hat die Antragstellerin ihre Befähigung, sich auf "einfache Art", mithin auf lediglich rudimentäre Weise (vgl. BR-Drs. 224/07 S. 299), in deutscher Sprache verständigen zu können, zweifelsfrei nachgewiesen.
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Der Senat darf den erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingetretenen Erwerb hinreichender deutscher Sprachkenntnisse als offensichtliche entscheidungserhebliche Tatsache berücksichtigen; § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO schließt das nicht aus. Zwar ist die Prüfungsbefugnis des Senats nach dieser Vorschrift auf die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe beschränkt. Neue Tatsachen, die erst nach Ablauf der Begründungsfrist eintreten, sind aber jedenfalls dann berücksichtigungsfähig, wenn sie - wie hier - offensichtlich sind (Bader in Bader u. a., VwGO, 4. Aufl., § 146 Rn. 36; ähnlich BayVGH, Beschl. v. 27.08.2002 - 8 CS 02.1514 - NVwZ 2003, 154 <155>; HessVGH, Beschl. v. 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 146 Rn. 43; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzer, VwGO, § 146 - Stand September 2004 - Rn. 15; noch weitergehend Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 146 Rn. 29; a. A. Redeker/von Oertzen, VwGO. 14. Aufl., § 146 Rn. 22, 25 und wohl auch Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 146 Rn. 114). Denn § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zwingt das Beschwerdegericht nicht zu einer prozessunwirtschaftlichen und dem Gebot effektiven - zeitnahen - Rechtsschutzes widersprechenden Bestätigung einer Eilentscheidung erster Instanz, wenn diese Entscheidung in einem weiteren Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO - gegebenenfalls auch von Amts wegen - wieder zu ändern wäre, was auf eine bloße Förmelei hinausliefe. Die strikte Bindung an die innerhalb der Monatsfrist vorgebrachten Gründe gilt in derartigen Fällen nach Sinn und Zweck des § 146 Abs. 4 VwGO nicht (vgl. - auch zu weiteren Ausnahmen - VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.01.2008 - 3 S 2016/07 - VBlBW 2008, 223; Beschl. v. 08.06.2006 - 11 S 2135/05 - NVwZ-RR 2006, 849; Beschl. v. 27.01.2006 - 6 S 1860/05 - VBlBW 2006, 323).
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Schließlich steht auch weder fest, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen wurde, der Antragstellerin die Einreise in das oder den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, noch sind konkrete Anhaltspunkte ersichtlich, welche die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde (§ 27 Abs. 1 a Nr. 1 und 2 AufenthG). Auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG sind nach Aktenlage wohl erfüllt, soweit von diesen nicht ohnehin nach § 28 Abs. 1 Satz 3 AufenthG abgewichen werden soll. Insbesondere ist derzeit weder hinreichend ersichtlich noch vorgetragen, dass ein Ausweisungsgrund vorliegt. Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin bereits 24 Tage nach Ausstellung des Schengen-Visums die Ehe mit Herrn .... geschlossen hat und sie sich anschließend rückwirkend auf den Tag ihrer Einreise in das Bundesgebiet am 17.10.2007 mit Wohnsitz bei Herrn .... angemeldet hat, könnte aber der - von der Antragsgegnerin bislang freilich nicht geäußerte - Verdacht naheliegen, dass die Antragstellerin bereits bei der Beantragung des Schengen-Visums zur Eheschließung mit Herrn .... und damit auch zu einem längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet entschlossen war, dies jedoch nicht offenbart, sondern über ihren Aufenthaltszweck in Deutschland falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung des Schengen-Visums gemacht hat. In diesem Falle käme ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in Betracht. Das lässt sich anhand der vorliegenden Ausländerakten jedoch nicht hinreichend sicher feststellen, weil weder der Visumantrag beigezogen noch Herr .... zu den Umständen der Eheschließung und dazu befragt wurde, seit wann er die Antragstellerin kennt. Das wird im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls nachzuholen sein.
12 
b) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin dürfte auch die Nichterfüllung der weiteren allgemeinen Erteilungsvoraussetzung einer Einreise mit dem erforderlichen nationalen Visum für einen längerfristigen Aufenthalt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis - zumindest nicht unüberwindbar - im Wege stehen.
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Für über drei Monate hinausgehende (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) längerfristige Aufenthalte ist allerdings - soweit nicht Europäisches Gemeinschaftsrecht entgegensteht, was wie dargelegt offen bleiben kann - ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird (§ 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) und gegebenenfalls einer Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde bedarf (§§ 31 ff. AufenthV). Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise für einen längerfristigen Aufenthalt setzt daher voraus, dass der Ausländer mit dem entsprechenden nationalen Visum eingereist ist und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG), wobei sich die Erforderlichkeit des Visums nach dem Aufenthaltszweck des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, nicht aber nach dem bei der Einreise beabsichtigten Aufenthaltszweck bestimmt (Senatsbeschluss vom 14.03.2006 - 11 S 1797/05 - VBlBW 2006, 357; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 30.03.2006 - 13 S 389/06 - InfAuslR 2006, 323 m. w. N.). Diese - auch mit dem Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG grundsätzlich vereinbare (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschluss vom 04.12.2007 - 2 BvR 2341/06 - juris m.w.N.) - nationale Visumpflicht gilt allerdings nicht, soweit der Ausländer die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i. V. m. §§ 39 ff. AufenthV nach der Einreise im Bundesgebiet einholen kann (Senatsbeschluss vom 05.03.2008 - 11 S 378/08 - juris). Außerdem kann von ihrer Erfüllung nach Ermessen abgesehen werden, wenn die - sonstigen - Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
14 
Gemessen daran spricht bereits viel dafür, dass die Antragstellerin nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i. V. m. § 39 AufenthV berechtigt sein könnte, die Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet einzuholen. Entgegen der Beschwerdebegründung liegt ein Fall des § 39 Nr. 5 AufenthV allerdings schon mangels "Eheschließung im Bundesgebiet" offensichtlich nicht vor. Die Antragstellerin dürfte indes wohl nach § 39 Nr. 3 AufenthV von der Visumpflicht befreit sein (aa)). Ungeachtet dessen kann aber nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG von der Einhaltung der Visumpflicht abgesehen werden (bb)).
15 
aa) Nach § 39 Nr. 3 AufenthV in der seit dem 29.08.2007 geltenden Fassung (siehe Art. 7 Abs. 4 Nr. 13 Buchstabe a) des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I S. 1970 <2051>) kann ein Ausländer über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle (z. B. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 und § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG) hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 aufgeführten Staates ist (sichtvermerksfreie Drittausländer, sog. Positivstaater) und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind.
16 
Die Vorschrift befreit nicht nur die für einen Kurzaufenthalt sichtvermerksfreien Drittausländer ("Positivstaater", vgl. § 15 AufenthV i. V. m. Art. 20 SDÜ) - zu denen die Antragstellerin nicht gehört -, sondern daneben alle Inhaber eines Schengen-Visums für kurzfristige Aufenthalte i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG von der nationalen Visumpflicht für längerfristige Aufenthalte nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Der Satzbau der Vorschrift ist insoweit freilich nicht eindeutig. Denn der Halbsatz "oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt" könnte sich, da er ohne neues Subjekt ("er") beginnt, auch auf die zu Beginn der Nr. 3 genannten sichtvermerksfreien Drittausländer beziehen. Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte der Norm sprechen indes für eine eigenständige Alternative. Die Vorschrift soll sowohl sichtvermerksfreien Drittausländern als auch jedem Inhaber eines Schengen-Visums im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels den Übergang vom Kurzaufenthalt zum Daueraufenthalt ohne vorherige Ausreise ermöglichen. Sie knüpft an entsprechende detaillierte Befreiungstatbestände in § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 DVAuslG an und vereinfacht diese im Sinne einer Deregulierung zu zwei Tatbestandsalternativen (vgl. BR-Drs. 731/04 S. 182 f.). Eine Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf sichtvermerksfreie Drittausländer liefe dieser Zielsetzung zuwider. Da die Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung, auf den insoweit ebenso wie bei § 39 Nr. 5 AufenthV (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.03.2008 - 11 S 378/08 - juris) abzustellen sein dürfte, im Besitz eines gültigen Schengen-Visums für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) war, ist § 39 Nr. 3 AufenthV anwendbar.
17 
Im Fall der Antragstellerin dürfte auch die Voraussetzung des § 39 Nr. 3 AufenthV erfüllt sein, dass "die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind". Dieses seit dem 29.08.2007 geltende eingrenzende Tatbestandsmerkmal - zuvor genügte die "Erfüllung" der Anspruchsvoraussetzungen ohne Begrenzung auf einen Zeitpunkt nach der Einreise - stellt nur auf das objektive Entstehen der Anspruchsvoraussetzungen nach der Einreise, nicht aber auch darauf ab, dass der Ausländer vor der Einreise keinen längerfristigen Aufenthalt beabsichtigt haben darf (a. A. Hailbronner, a. a. O. § 5 AufenthG - Stand Juni 2008 - Rn. 55). Mit der Neufassung soll "klargestellt werden, das die Vergünstigung nur dann gilt, wenn der Anspruch nach der Einreise entsteht und damit ein von vornherein beabsichtigter Wechsel des angegebenen Aufenthaltszwecks ausgeschlossen werden kann. Ansonsten kann über ein Schengen-Visum ein Daueraufenthaltsrecht trotz unrichtiger Angaben hinsichtlich des Aufenthaltszwecks erlangt werden" (BT-Drs. 16/5065 S. 476). Dabei hatte der Gesetzgeber Fälle im Blick, in denen ein Schengen-Visum zu touristischen Zwecken ohne Zustimmung der Ausländerbehörde erteilt wird, der Ausländer jedoch entgegen dem von ihm im Visumantrag angegeben Zweck von vornherein einen Daueraufenthalt beabsichtigt; beispielhaft wurde gerade auch auf Eheschließungen mit Deutschen in Dänemark verwiesen. Mit der Änderung sollte deshalb "klargestellt werden, dass die Vergünstigung nur dann gilt, wenn der Anspruch nach der Einreise entsteht und damit ein von vornherein beabsichtigter Wechsel des angegebenen Aufenthaltszwecks ausgeschlossen werden kann." Derartige subjektive (Missbrauchs-)Absichten als Ausschlussgrund haben im Wortlaut des neu gefassten § 39 Nr. 3 AufenthV, der allein auf das objektive Entstehen der Anspruchsvoraussetzungen abstellt, freilich keinerlei Ausdruck gefunden. Der Gesetzgeber unterstellt vielmehr vereinfachend, dass ein missbräuchlicher Zweckwechsel bei Entstehung der Anspruchsvoraussetzungen nach der Einreise auszuschließen sei. Darauf, ob der Ausländer, insbesondere entgegen seinen Angaben im Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums für einen kurzfristigen Aufenthalt, von vornherein einen längerfristigen Aufenthalt, etwa zum Zweck des ehelichen Zusammenlebens, beabsichtigt hat, kommt es nach dem eindeutigen und daher auch keiner teleologisch reduzierenden Auslegung zugänglichen Wortlaut des § 39 Nr. 3 AufenthV mithin nicht an. Falsche oder unvollständige Angaben im Visumverfahren können allenfalls zum Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG führen und damit über § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG den Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließen (siehe oben a) am Ende). Der Begriff "Einreise" dürfte sich insoweit freilich nicht - wie die Beschwerdebegründung annimmt - auf das gemeinsame Gebiet der Schengen-Staaten (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 AufenthV) beziehen (so aber Benassi, InfAuslR 2008, 127<129>; ausdrücklich offen gelassen im Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen v. 21.12.2007 - 18 B 1535/07 - InfAuslR 2008, 129 <131>). Dagegen sprechen der auf die Befreiung von der n a t i o n a l e n Visumpflicht (§ 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) beschränkte Sinn und Zweck bzw. der entsprechend begrenzte sachliche Anwendungsbereich des § 39 AufenthV und der Eingangswortlaut dieser Vorschrift, wonach der Ausländer den Aufenthaltstitel für einen längerfristigen Aufenthalt "im Bundesgebiet" einholen kann. Da § 39 Nr. 3 AufenthV eine Ausnahme von der nationalen Visumpflicht für einen längerfristigen Aufenthalt regelt, dürfte ein anderes Verständnis des Begriffs "Einreise" wohl auch gemeinschaftsrechtlich nicht geboten sein, zumal Visumpflichten für längerfristige Aufenthalte nicht Gegenstand der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 sind und Art. 18 Satz 1 SDÜ ausdrücklich bestimmt, dass Visa für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten Dauer nationale Visa sind, die von einem der Mitgliedstaaten gemäß seinen Rechtsvorschriften erteilt werden. Das bedarf hier aber keiner weiteren Vertiefung, weil die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ohnehin nach der letzten Einreise der Antragstellerin in das Bundesgebiet entstanden sein dürften.
18 
Maßgebend ist insoweit die Entstehung der Gesamtheit aller Anspruchsvoraussetzungen nach der Einreise in dem Sinne, dass der Anspruch nach der Einreise entsteht, nicht jede einzelne Anspruchsvoraussetzung. Das folgt sowohl aus den Gesetzesmaterialien (BR-Drs. 731/04 S. 182 f.; BT-Drs. 16/5065 S. 476) als auch aus der Anknüpfung an § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 DVAuslG. Käme es darauf an, dass jede Voraussetzung nach der Einreise entstanden sein muss, wären etwa in Fällen der Eheschließung im Bundesgebiet nur Ehen privilegiert, bei denen beide Ehegatten im Zeitpunkt der Einreise des ausländischen Ehegatten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, weil die einzelne Anspruchsvoraussetzung der Vollendung des 18. Lebensjahres beider Ehegatten (§ 28 Abs. 1 Satz 5, § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) nur in einem solchen Falle "nach der Einreise entstehen" könnte. Ein derart enges Verständnis der Norm widerspräche Sinn und Zweck der Privilegierung und wäre auch von der Neufassung der Vorschrift nicht intendiert. Denn mit dem Abstellen auf die Entstehung der Anspruchsvoraussetzungen nach der Einreise sollte lediglich klargestellt werden, dass die Vergünstigung nur gilt, wenn d e r A n s p r u c h nach der Einreise entsteht (BT-Drs. 16/5065, S. 476). Ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entsteht indes erst, wenn sämtliche dafür erforderlichen besonderen und allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, wobei im Rahmen des § 39 Nr. 3 AufenthV nur die Erfüllung der Visumpflicht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) ausgenommen ist. Anders als nach § 39 Nr. 5 AufenthV werden insoweit auch nicht nur einzelne Anspruchsfälle wie die Eheschließung im Bundesgebiet oder die Geburt eines Kindes während des Aufenthalts im Bundesgebiet, sondern alle Fälle privilegiert, in denen der Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entsteht. Auch enthält § 39 Nr. 3 AufenthV im Gegensatz zu den Vorgängerregelungen in § 9 Abs. 2 Nr. 2 und 3 DVAuslG keine Begrenzung mehr dergestalt, dass die Anspruchsvoraussetzungen während des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet bzw. der Geltungsdauer des Schengen-Visums entstanden sein müssen. Diese größere Reichweite entspricht dem Kompromisscharakter der Vorschrift, die einerseits Verfahrenserleichterungen für Ausländer und andererseits dem legitimen Interesse des Staates an der Zuwanderungskontrolle durch das Visumverfahren angemessen Rechnung tragen soll (BR-Drs. 731/04, a. a. O.).
19 
Gemessen daran, dürften die Voraussetzungen des Anspruchs der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb n a c h ihrer letzten Einreise in das Bundesgebiet entstanden sein, weil sie die erforderliche Fähigkeit, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können (§ 28 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG), erst im Mai 2008 im Bundesgebiet erworben hat. Auch dürfte sie wohl erst nach dieser Einreise die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderliche eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet aufgenommen haben. Die vor jener Einreise in Dänemark erfolgte Eheschließung ist zwar eine notwendige, für sich genommen jedoch nicht hinreichende Voraussetzung für den Familiennachzug. Denn für den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären - ehelichen - Gründen nach dem sechsten Abschnitt des Aufenthaltsgesetztes kommt es nicht auf das bloße formale Band der Ehe, sondern darauf an, ob tatsächlich eine familiäre - eheliche - Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet besteht (§ 27 Abs. 1 AufenthG).
20 
bb) Aber selbst wenn § 39 Nr. 3 AufenthV nicht anwendbar sein sollte, könnte von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) jedenfalls nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abgesehen werden, soweit die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung - wie oben dargelegt - erfüllt sind. Die Antragsgegnerin bzw. die Widerspruchsbehörde haben das danach eröffnete Ermessen bislang nicht ausgeübt. Dafür, dass dies zugunsten der Antragstellerin geschieht, könnte die Erlasslage sprechen. Denn nach der die Ausländerbehörden des Landes Baden-Württemberg bindenden Verwaltungsvorschrift in Abschnitt A Nr. 5.2.2 der "Zusammengefassten Vorgaben des Innenministeriums zur Anwendung aufenthalts- und asylrechtlicher Regelungen ab dem 1. Januar 2005" - Stand 10.03.2008 - "soll in Fällen, in denen die materielle Prüfung der Ausländerbehörde bereits zu Gunsten des Ausländers abgeschlossen ist, vermieden werden, dass das Visumverfahren lediglich als leere Förmlichkeit durchgeführt werden muss". Darauf liefe ein Nichtabsehen von der Visumpflicht im Falle der Antragstellerin wohl hinaus. Andererseits lässt § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG aber möglicherweise auch Raum für die Berücksichtigung anderer Gesichtpunkte, wie etwa der Frage, ob ein sogenannter Nachentschluss vorliegt (vgl. VGH Baden-Württ., Beschl. v. 30.03.2006 - 13 S 389/06 - InfAuslR 2006, 323). Ungeachtet dessen ist das Ermessen in jedem Falle unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und berührter Grundrechte, insbesondere des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG, auszuüben. Das wird im Widerspruchsverfahren nachzuholen sein.
B.
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. Oktober 2016 – 5 B 1513/16 HGW – wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 18. August 2016 wird hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 4 insgesamt und hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 7 insoweit wiederhergestellt, als dem Antragsteller eine Nutzung der Sperrfläche auch untersagt worden ist, soweit es sich nicht um eine intensive Landwirtschaftsnutzung handelt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des gesamten Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Vollziehbarkeit einer naturschutzrechtlichen Verfügung.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des von ihm landwirtschaftlich genutzten Grundstücks Gemarkung L..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Fläche von ca. 26 Hektar. Auf dem Grundstück befinden sich unter anderem zwei als Biotop geschützte Kleingewässer. In der Nähe der Fläche bestehen in einem EU-Vogelschutzgebiet zwei Horste von Weißstörchen und ein Schreiadlerhorst. Der Antragsteller stellte im Jahre 2015 fest, dass auf dem südlichen Teil des Flurstücks auf einer Fläche von ca. 14,5 Hektar der Boden umgebrochen und Entwässerungsanlagen errichtet worden waren. Bei einer Ortsbegehung am 16. September 2015 war das Kleingewässer mit einer Größe von ca. 4.000 Quadratmetern vollständig entwässert und das zweite Kleingewässer mit einer Größe von ca. 900 Quadratmetern im Wasserstand abgesenkt.

3

Am 14. Januar 2016 erließ der Antragsgegner gegen den Antragsteller eine naturschutzrechtliche Ordnungsverfügung. Das Verwaltungsgericht Greifswald stellte auf Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 23. Februar 2016 – 5 B 458/16 HGW – die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen diese Verfügung teilweise wieder her.

4

Im Sommer 2016 war die fragliche Fläche mit Getreide bestellt. Der Antragsgegner erließ am 18. August 2016 unter gleichzeitiger Aufhebung seines Bescheides vom 14. Januar 2016 eine weitere Ordnungsverfügung. Darin gab er dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung von Zwangsgeld auf, zwei näher bezeichnete Drainage-Schachtbauwerke durch Verfüllung mit Beton zu verschließen, den Anbau von ackerbaulichen Kulturen jeder Art sowie die Nutzung bzw. Bewirtschaftung einer näher bezeichneten Sperrfläche zu unterlassen. Zudem verfügte er ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung und unter Androhung eines Zwangsgeldes die Entfernung aller fünf neu gesetzten Drainage-Schachtbauwerke und Verfüllung der entstandenen Löcher. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2016 erklärte der Antragsteller nochmals die Aufhebung seines Bescheides vom 14. Januar 2016.

5

Am 2. September 2016 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Greifswald um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Antrag nachgesucht, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 18. August 2016 wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 25. Oktober 2016 – 5 B 1513/16 HGW – die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Anordnungen in den Ziffern 1, 4 und 7 des genannten Bescheides wiederhergestellt und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 1. November 2016 zugestellt. Mit einem an das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern adressierten Schreiben vom 4. November 2016 hat der Antragsgegner gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Das Schreiben ist per Telefax am selben Tag beim Verwaltungsgericht Greifswald eingegangen, das dieses an das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern weitergeleitetet hat, wo es am 9. November 2016 eingegangen ist. Bereits am 7. November 2016 war das Schreiben vom 4. November 2016 im Original beim Beschwerdegericht eingegangen. Am 11. November 2016 hat der Antragsgegner die Beschwerde begründet und dabei unter anderem auf eine mit Schreiben an den Antragsteller vom 10. November 2016 erfolgte Ergänzung seiner Verfügung vom 18. August 2016 Bezug genommen. Mit der Ergänzung war die Verfügung in räumlicher Beziehung durch Eintragungen in einer Karte näher konkretisiert worden. Der Antragsgegner begehrt mit seiner Beschwerde, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2016 aufzuheben, soweit darin die aufschiebende Wirkung wiederherstellt worden ist.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

7

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgemäß eingelegt (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründet (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) worden. Die Beschwerde konnte fristwahrend auch beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden (§ 147 Abs. 2 VwGO).

8

2. Die Beschwerde ist nur zum Teil begründet. In Beschwerdeverfahren ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Die Beschwerdebegründung gibt Anlass, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und den Antrag des Antragstellers zum Teil abzulehnen.

9

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ergeht auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind auf der einen Seite das private Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aussetzungsinteresse), und auf der anderen Seite das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Vollziehungsinteresse). Im Rahmen der Interessenabwägung ist der Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bzw. der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. In der Regel überwiegt das Vollziehungsinteresse, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt nach dem Prüfungsmaßstab des – summarischen – vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als rechtmäßig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Demgegenüber überwiegt grundsätzlich das private Aussetzungsinteresse, wenn sich der Verwaltungsakt nach diesem Maßstab als rechtswidrig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird, da an der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides regelmäßig kein schutzwürdiges öffentliches Interesse besteht. Lässt sich die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht in diesem Sinne klären bzw. ist der Ausgang der Hauptsache offen, bedarf es einer Abwägung der (sonstigen) wechselseitigen Interessen.

10

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Vollziehbarkeit der Anordnungen in Ziffer 1 (Verschluss zweier Drainage-Schachtbauwerke), Ziffer 4 (Untersagung des Anbaus ackerbaulicher Kulturen) und Ziffer 7 (Untersagung der Nutzung der Sperrfläche) der Verfügung des Antragsgegners vom 18. August 2016. Soweit das Verwaltungsgericht den einstweiligen Rechtsschutzantrag des Antragstellers im Übrigen abgelehnt hat, ist der Beschluss vom 25. Oktober 2016 rechtskräftig geworden. Soweit sich die Beschwerde auf während der Begründungsfrist eingetretene und demgemäß bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch nicht berücksichtigte Gründe (namentlich eine Konkretisierung des Regelungsinhalts in räumlicher Hinsicht) stützt, ist die veränderte Sachlage für die Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass diese Veränderung durch den Antragsgegner selbst herbeigeführt wurde. Die Ergebnisrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung kann auch mit einer Änderung entscheidungserheblicher Tatsachen jedenfalls innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist in Zweifel gezogen werden (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, § 146, Rn. 81 ff. und Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, § 146, Rn. 42, jeweils m.w.N. zum Streitstand).

11

a) Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller aufgegeben hat, zwei näher bezeichnete Drainage-Schachtbauwerke durch Verfüllung mit Beton zu verschließen, ist der Senat mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der Antragsgegner damit als zuständige Ordnungsbehörde eine naturschutzrechtliche Maßnahme zur Durchsetzung von gesetzlich geschützten Biotopen in Gestalt der auf dem Grundstück des Antragstellers vorhandenen Kleingewässer erlassen hat (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NatSchAG M-V). Durch die vom Antragsteller vorgenommene Drainage droht eine erhebliche Beeinträchtigung der Gewässer. Wenn der Antragsteller im Beschwerdeverfahren in nicht näher konkretisierter Weise vorträgt, er habe die Drainageanlage nicht errichtet, sondern nur eine defekte Drainageleitung repariert, spricht bei summarischer Prüfung der Sachlage schon das Vorhandensein der Feuchtbiotope gegen die Annahme, dass die entsprechenden Flächen schon vor der Baumaßnahme des Antragstellers trockengefallen waren.

12

Es spricht entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch Überwiegendes für die Annahme, dass die Anordnung verhältnismäßig ist. Der Antragsgegner durfte ein Mittel wählen, mit dem der angestrebte Schutz des beeinträchtigten Rechtsgutes für den Zeitraum bis zur Bestandskraft der weiterhin (aber ohne Vollziehungsanordnung) verfügten Beseitigung der Schachtbauwerke sicher erreicht werden konnte. Da dieser Zeitraum das Widerspruchsverfahren und ein eventuelles Klageverfahren umfasst und nicht nur unerheblich ist, musste sich der Antragsgegner nicht darauf beschränken, die Schachtbauwerke als wasserbauliche Anlagen nur provisorisch verschließen zu lassen, zumal die Kosten einer Verfüllung mit Beton ausweislich der mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen nicht unverhältnismäßig hoch sind und ein provisorischer Verschluss wiederum einen erhöhten behördlichen Überwachungsaufwand bedeuten würde. Ein konkretes milderes Mittel, das in gleich sicherer Weise den Zweck erreicht, bietet auch der Antragsteller nicht an. Soweit er das Ziel der Anordnung schon durch eine nicht näher bezeichnete Kappung von Drainageleitungen als erreicht sieht, konnte der Senat dies nach dem Akteninhalt nicht nachvollziehen. Die fortdauernde Notwendigkeit der Maßnahme wird im Gegenteil durch die wasserwirtschaftliche Stellungnahme der Fachbehörde des Antragsgegners vom 19. September 2016 hinreichend untersetzt.

13

b) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts war nicht zu ändern, soweit dem Antragsteller mit dem angefochtenen Bescheid der Anbau ackerbaulicher Kulturen jeder Art untersagt worden ist. Insoweit bleibt es bei der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers.

14

Allerdings beruhen die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Antragstellers nicht auf dem Umstand, dass der Antragsgegner für eine Verfügung, mit der die Wiederherstellung von Dauergrünland angeordnet wird, sachlich nicht zuständig wäre. Der Antragsgegner stützt seinen Bescheid nicht auf die Verbotsnorm des § 2 DGErhG M-V, sondern auf § 44 BNatSchG. Der Senat hat bereits entschieden, dass die naturschutzrechtlichen Befugnisse der unteren Naturschutzbehörden nicht durch den Umstand eingeschränkt werden, dass § 4 Abs. 1 DGErhG M-V die Überwachung und Durchsetzung des Umwandlungsverbotes für Dauergrünland den Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt zuweist (vgl. zu einem Grünlandumbruch in einem Europäischen Vogelschutzgebiet: OVG M-V, Beschl. v. 09.07.2015 – 1 M 155/15 –, Seite 8 des Umdrucks).

15

Es sprechen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum jetzigen Zeitpunkt jedoch überwiegende Gründe gegen die Annahme des Antragsgegners, dass die Änderung der Bewirtschaftung der Fläche durch den Antragsteller gegen die Vorschriften des § 44 BNatSchG verstößt. Der Senat folgt insoweit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 23. Februar 2016 (– 5 B 458/16 HGW –, Seite 5 f. des Umdrucks). Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Es erscheint zweifelhaft, ob die Beseitigung von Nahrungsgrundlagen geschützter Arten, wie sie hier mit Blick auf Schreiadler und Weißstorch in Rede steht, als Störung im Sinne der Vorschrift angesehen werden kann. Denn dabei fehlt es an einer unmittelbaren Einwirkung auf das Tier selbst, die eine Reaktion im Verhalten hervorruft (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 – 9 A 5/08 –, juris Rn. 118). Nach jetziger Erkenntnis ist auch nicht ersichtlich, dass der Grünlandumbruch den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfüllt, wonach es verboten ist, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Begriff der Ruhestätte ist eng auszulegen und umfasst nicht den allgemeinen Lebensraum der geschützten Arten und sämtliche Lebensstätten, sondern nur einen abgrenzbaren und für die betroffene Art besonders wichtigen Fortpflanzungs- und Ruhebereich. Dieser muss einen nicht nur vorübergehenden, den artspezifischen Ansprüchen genügenden störungsfreien Aufenthalt ermöglichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.2016 – 9 A 9/15 –, juris Rn. 151). Es spricht daher vieles dafür, dass das in Rede stehende Nahrungshabitat keine Ruhestätte in diesem Sinne darstellt. Gleiches gilt für die Annahme einer Fortpflanzungsstätte. Der Schutz des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots wird nicht dem Lebensraum der geschützten Arten insgesamt, sondern nur selektiv den ausdrücklich bezeichneten Lebensstätten zuteil, die durch bestimmte Funktionen für die jeweilige Art geprägt sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 – 9 A 73/07 –, juris Rn. 90). Ob Nahrungsstätten durch die Vorschrift dann mittelbar geschützt sind, wenn der Fortpflanzungserfolg in unmittelbarem Zusammenhang zum Bestehen des Nahrungshabitats steht, etwa weil ohne dieses das Verhungern der Nachkommenschaft droht (vgl. Louis, NuR 2009, 91), muss hier nicht entschieden werden, da ein solcher Sachverhalt auch vom Antragsgegner nicht behauptet wird.

16

c) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs war schließlich teilweise wiederherzustellen, soweit der Antragsgegner dem Antragsteller jegliche Nutzung bzw. Bewirtschaftung der Sperrfläche untersagt hat, soweit es sich nicht um eine intensive Landwirtschaftsnutzung handelt.

17

Es bestehen jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung keine durchgreifenden Bedenken an der Bestimmtheit der angefochtenen Bescheide mehr. Ein Verwaltungsakt ist dann im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG M-V hinreichend bestimmt, wenn der Inhalt der getroffenen Regelung aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen für den Adressaten so vollständig, klar und eindeutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Im Einzelnen richtet sich der Maßstab für die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach dem jeweiligen Regelungsgehalt, den Besonderheiten des mit dem Verwaltungsakt anzuwendenden materiellen Rechts und den konkreten Umständen des Einzelfalls. Der Grundsatz der Bestimmtheit darf nicht dahin missverstanden werden, dass bei unvermeidlichen Vollzugsunsicherheiten der Verwaltungsakt nicht erlassen werden dürfte. Wie schon der Gesetzeswortlaut ergibt, kann es sich immer nur um eine „hinreichende“, das heißt den Umständen angemessene Bestimmtheit handeln (OVG M-V, Beschl. v. 24.01.2006 – 3 M 73/05 –, juris Rn. 8 f., m.w.N.). Es spricht vieles für die Annahme, dass die Bestimmtheit der naturschutzrechtlichen Anordnung 18. August 2016 in räumlicher Hinsicht durch die mit Schreiben des Antragsgegners vom 10. November 2016 erfolgte Ergänzung hinreichend konkretisiert worden ist. Die Verfügung nimmt für die räumliche Bestimmung der Sperrfläche auf eine Eintragung in einer zur Anlage des Bescheides gemachten Karte Bezug, in der diese Fläche zudem als Feuchtsenke beschrieben ist. Auch durch den Bezug auf die Situation in der Örtlichkeit, namentlich die Lage des Schachtbauwerkes kann der Antragsteller hinreichend genau erkennen, auf welche Fläche sich die angefochtene Verfügung bezieht. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Flächenbeschreibung mittels einer Karte schon wegen des Maßstabs gewissen Unschärfen unterliegt. Dies wird bei der Prüfung, ob der Antragsteller der Verfügung im ausreichenden Umfang nachgekommen ist, ggf. zu berücksichtigen sein.

18

Die Untersagungsverfügung war jedoch insoweit weiter außer Vollzug zu setzen, soweit dem Antragsteller damit auch Nutzungen verboten werden, die keine intensive Landwirtschaftsnutzung sind. Weiter reicht der Tatbestand des § 12 Abs. 1 Nr. 17 NatSchAG M-V nicht, auf den der Antragsgegner seine Verfügung stützt. Danach stellt nicht jede Verwendung von Ödland einen Eingriff in Natur und Landschaft dar.

19

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

20

Hinweis:

21

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 60.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich als Standortgemeinde gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für zwei Windkraftanlagen (WKA), sog. WKA 1 und 2, für die er das bauplanungsrechtliche Einvernehmen verweigert hat. Mit Antrag vom 2. September 2011 beantragte die Beigeladene eine solche Genehmigung für insgesamt fünf WKA derselben Bauart. Von diesen WKA genehmigte das Landratsamt Tirschenreuth mit Bescheid vom 18. November 2014 (geändert mit Bescheid vom 21.4.2015) indes nur zwei Anlagen (sog. WKA 1 und 2) unter Nebenbestimmungen; für die drei anderen (sog. WKA 3 bis 5) wurde die Genehmigung u. a. wegen Verstößen gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot versagt.

Gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der WKA 1 und 2 mit dem Bescheid vom 18. November 2014 (in Gestalt des Bescheids vom 21.4.2015) erhob der Kläger Anfechtungsklage, während die Beigeladene hinsichtlich der mit demselben Bescheid nicht genehmigten WKA 3 bis 5 Versagungsgegenklage erhob (RO 7 K 14.2114). In der mündlichen Verhandlung nahm die Beigeladene ihren Genehmigungsantrag hinsichtlich der WKA 3 bis 5 und diesbezüglich auch die Versagungsgegenklage zurück. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg stellte daraufhin bezüglich dieser drei WKA das Verfahren ein; die Anfechtungsklage des Klägers wies es mit dem vorliegend angegriffenen Urteil ab. Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen den allein geltend gemachten Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) nicht hervortreten.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 7 und 7a, m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Diese Voraussetzungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO sind hier nicht erfüllt.

1. Der Kläger will ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils daraus ableiten, dass - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - im Hinblick auf das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 3b UVPG) oder einer (allgemeinen bzw. standortbezogenen) Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3c Satz 1 bzw. Satz 2 UVPG) die beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen (WKA 1 und 2) als Einheit zusammen mit den schon vorhandenen WKA bei Ellenfeld sowie zwei schon genehmigten WKA des Windparks Laub betrachtet werden müssten, so dass die geplante Verwirklichung der streitgegenständlichen Anlagen den Tatbestand des § 3b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG (nachträglich kumulierende Vorhaben) erfülle (Schriftsatz vom 20.5.2016, Nr. 1 auf S. 3 ff.). Damit kann er nicht durchdringen, auch wenn zu seinen Gunsten unterstellt wird, dass sich die Standortgemeinde mit Erfolg auf UVP-Recht berufen könnte.

1.1. Das Verwaltungsgericht hat insoweit das geltende Recht zutreffend ausgelegt; danach gilt: Nach der Legaldefinition des § 3b Abs. 2 Sätze 1 und 2 UVPG sind zwei Gruppen von Maßnahmen, die in engem Zusammenhang stehen können (sog. kumulierende Vorhaben) zu unterscheiden; wann der erforderliche enge Zusammenhang gegeben ist, bestimmt sich sonach für technische oder sonstige Anlagen nach § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG und für andere - vorliegend nicht einschlägige - in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen nach § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG. Gemäß § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG erfordert demnach bei technischen Anlagen (zu denen WKA gehören) ein „enger Zusammenhang“, dass die Anlagen (erstens) auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und (zusätzlich zweitens) mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht es für nicht ganz zweifelsfrei, aber doch für möglich gehalten, dass das gesetzliche Tatbestandsmerkmal „auf demselben Betriebs- oder Baugelände“ im Hinblick auf die Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4/14 - juris Rn. 24) erfüllt sein könnte, weil vorliegend bei der immissionsschutzrechtlichen Prüfung Vorbelastungen (Lärm und Schattenwurf) in Ansatz gebracht worden seien, die von den schon vorhandenen bzw. bestandskräftig genehmigten WKA verursacht werden (vgl. Urteilsabdruck - UA - S. 8). Als nicht erfüllt angesehen hat es dagegen das weitere, zusätzlich zu erfüllende gesetzliche Tatbestandsmerkmal, dass die Anlagen „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind“. Das Verwaltungsgericht hat dies damit begründet, dass zur Erfüllung dieses Merkmals die Anlagen in einem räumlichbetrieblichen Zusammenhang bzw. einem funktionalen und wirtschaftlichen Bezug zueinander stehen müssten, der vorliegend aber nicht ersichtlich oder vorgetragen sei, z. B. dergestalt, dass die Anlagen technisch miteinander verknüpft oder wirtschaftlich in einer Weise verbunden seien, dass der von ihren Betreibern verfolgte ökonomische Zweck nur mit Rücksicht auf den Bestand und den Betrieb der jeweils anderen Anlagen sinnvoll verwirklicht werden könnte (UA, S. 8/9). Diese Rechtsansicht steht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts im Einklang (z. B. BayVGH, B. v. 26.7.2016 - 22 ZB 15.2326 - Rn. 16, und B. v. 16.12.2015 - 22 AS 15.40042 - Rn. 35; BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4/14 - BVerwGE 152, 219 juris Rn. 25; BVerwG, U. v. 17.12.2015 - 4 C 7.14 u. a. - UPR 2016, 220 Rn. 18).

1.2. Der Kläger hat in der Antragsbegründung nicht die tatsächlichen Gegebenheiten infrage gestellt, aufgrund derer das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass die streitgegenständlichen und die bereits vorhandenen bzw. bestandskräftig genehmigten WKA nicht mit „gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden“ sind. Er greift vielmehr die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an, wonach kumulierende Vorhaben in einem räumlichbetrieblichen Zusammenhang bzw. einem funktionalen und wirtschaftlichen Bezug zueinander stehen müssten. Er meint, bei Windparks dürften nicht dieselben „engen kleinräumigen Beziehungen als Bewertungsgrundlage eines kumulierenden Vorhabens“ angenommen werden, wie sie zum Beispiel bei Industrieunternehmen oder auch Anlagen der Landwirtschaft gegeben seien. Vielmehr stünden Windkraftanlagen schon dann „in kumulierender Beziehung“, wenn sie für einen neutralen Betrachter optisch zusammenwirken würden und als „kumulierende Vorhaben objektiv erkannt werden“ könnten (Schriftsatz vom 20.5.2016, S. 3 unten). Dies überzeugt nicht.

Der Kläger hält den vom Verwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs für die Bejahung eines „engen Zusammenhangs“ im Sinn des § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG angelegten Maßstab zwar für nicht sachgerecht, bleibt jedoch vage in Bezug darauf, welche Kriterien nach seiner Ansicht anstelle der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Kriterien gelten sollen (Schriftsatz vom 20.5.2016, S. 3 und 4: „für einen neutralen Betrachter optisch zusammenwirken“, „als kumulierendes Vorhaben objektiv erkannt werden können“, „wie ein unbefangener Betrachter die Anlagen insgesamt wahrnimmt“). Diesbezüglich kann eingewandt werden, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 4 C 4/14 -, a. a. O., Rn. 24) und des Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 16.12.2015 - 22 AS 15.40042 - juris, Rn. 34) gerade nicht auf optisch wahrnehmbare Umstände ankommt, die für oder gegen einen wenigstens in Ansätzen erkennbaren Bebauungszusammenhang mehrerer Vorhaben sprechen. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U. v. 12.1.2007 - 1 B 05.3387 u. a. - NVwZ 2007, 1213). Denn im genannten Urteil hatte der Verwaltungsgerichtshof darüber zu befinden, ob die im dortigen Fall zu genehmigenden drei WKA, die von ursprünglich sieben (dann zwischenzeitlich fünf) zusammen geplanten Anlagen „übrig geblieben“ waren, als Einzelanlagen zu betrachten seien oder aber eine „Windfarm“ im Sinn der Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV und Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG (jeweils in der bis zum 30.6.2005 geltenden Fassung) bildeten und deshalb nicht nur einer Baugenehmigung, sondern einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurften. Streitgegenständlich war im dortigen Fall somit die Frage, ob es sich bei den verbliebenen Anlagen um ein in der Anlage 1 zum UVPG aufgeführtes Vorhaben handelte mit der Folge, dass sich die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (bzw. einer Vorprüfung des Einzelfalls) aus § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG (bzw. aus § 3b Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 3c UVPG) ergab.

In Bezug auf das von der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, entwickelte Kriterium einer funktionalen und wirtschaftlichen Beziehung der einzelnen Anlagen untereinander behauptet der Kläger zwar, eine solche Einheit sei bei Windkraftanlagen technisch nicht möglich, und zwar wegen der aus „energietechnischen“ wie auch aus „sicherheitstechnischen“ Gründen gebotenen Mindestabstände; er meint weiter, die „direkte Verknüpfung als betriebliche Einheit“ sei bei Windparks grundsätzlich nicht üblich und nicht machbar und das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit sei bei Industrieanlagen oder auch bei Betrieben landwirtschaftlicher Produktion anwendbar, nicht jedoch bei Windfarmen oder Windparks (Schriftsatz vom 20.5.2016, S. 4). Der Kläger ist aber jeden Beleg für diese Behauptungen schuldig geblieben; er genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

2. Ohne Erfolg macht der Kläger die Fehlerhaftigkeit der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts geltend, wonach für das ursprünglich geplante, fünf WKA umfassende Vorhaben eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls zwar erforderlich gewesen, aber unterblieben oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, dieser Fehler aber nach Rücknahme der Genehmigungsanträge für drei der fünf Anlagen unschädlich sei, weil jetzt nur noch zwei Anlagen geplant seien und damit die Schwelle zur Pflicht zur allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3c Sätze 1 und 2 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.3 bzw. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG: 3 oder mehr Anlagen) unterschritten sei (UA, S. 9/10). Auch insofern unterstellt der Verwaltungsgerichtshof zugunsten des Klägers, dass er sich auf UVP-Recht mit Erfolg berufen könnte.

Diesbezüglich macht der Kläger geltend, dass ein fehlerhaftes Unterbleiben einer gebotenen Vorprüfung des Einzelfalls zur Aufhebung der Entscheidung führt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst b UmwRG). Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Verwaltungsgericht aber nicht verkannt. Es hat aber auf die jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlende Erforderlichkeit dieser Vorprüfung abgestellt. Es ist hier von der Teilbarkeit des Vorhabens in dem Sinn ausgegangen, dass bereits das Landratsamt über die WKA 1 und 2 einerseits und die WKA 3 bis 5 andererseits unterschiedlich entscheiden durfte, und dass jedenfalls mit dem Eintritt der Bestandskraft des Ablehnungsbescheids und der Rücknahme des Antrags auf Genehmigung dies auch Folgen für die Erforderlichkeit einer Vorprüfung des Einzelfalls hat. Vorliegend hat der Kläger diesen rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts in seiner Antragsbegründung nicht infrage gestellt. Aus einer derartigen Teilbarkeit ergibt sich vorliegend indes, dass der Anfechtungsantrag des Klägers von vornherein nicht die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit von fünf, sondern nur noch von zwei WKA betroffen hat. Die Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 5 ist jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ohne Belang; insofern liegt ein ablehnender Bescheid des Landratsamts vor, der durch die Rücknahme der Versagungsgegenklage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unanfechtbar geworden ist und zudem durch die Rücknahme des Antrags auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung seine Grundlage verloren hat. Der Wegfall eines abtrennbaren Teils des strittigen Vorhabens hat darüber hinaus auch Folgen für die verwaltungsverfahrensrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen, soweit diese von Rechts wegen von der Zahl der mit dem Vorhaben insgesamt geplanten WKA abhängen; dies bedeutet vorliegend, dass für das nur noch aus zwei WKA bestehende Vorhaben eine UVP-Pflichtigkeit nach § 3c Sätze 1 und 2 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.3 bzw. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG nicht (mehr) bestehen konnte.

Aus den Darlegungen des Klägers ergeben sich keine überzeugenden Gründe, die gegen diese rechtliche Erwägung sprechen; seine Hinweise auf die maßgeblichen Beurteilungszeitpunkte im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren, auf den Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, auf die Nachholbarkeit oder Nichtnachholbarkeit einer unterbliebenen oder fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung sowie auf die hierzu ergangene Rechtsprechung gehen am entscheidenden Punkt - nämlich der Frage der Teilbarkeit des Vorhabens - vorbei. Es ist nicht ersichtlich, weshalb für zwei verbliebene, gemeinsam zur Genehmigung gestellte WKA verwaltungsverfahrensrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen gelten sollten, die das Gesetz erst bei Vorhaben mit mindestens drei Anlagen vorschreibt. Dass für den Bauherrn insofern günstigere Umstände erst während des Drittanfechtungsklageverfahrens eingetreten sind (Klagerücknahme, Antragsrücknahme bezüglich weiterer WKA), hindert die Berücksichtigungsfähigkeit solcher günstigerer Umstände schon im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Zum selben Ergebnis führt auch die vom Verwaltungsgericht angestellte und vom Kläger nicht durchgreifend infrage gestellte Überlegung, dass im Fall der Rücknahme des vollständigen Genehmigungsantrags und eines sogleich neu gestellten, diesmal aber nur auf die WKA 1 und 2 bezogenen Genehmigungsantrags, dieser Antrag nicht zu einer UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens führen würde (UA, S. 10 oben: „dolo agit…“). Diese Ansicht kann nicht entgegen gehalten werden, sie missachte Belange des Umweltschutzes. Denn die Konsequenz eines gerichtlich zu berücksichtigenden Entfallens der UVP-Pflichtigkeit wäre nicht, dass die Genehmigungsbehörde die bei ihr vorhandenen, ggf. aus einer früheren - wenngleich fehlerhaft - durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung stammenden umweltschutzrechtlich relevanten Erkenntnisse außer Acht lassen dürfte. Die materiellrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen bleiben unberührt. Die Konsequenz ist vielmehr allein, dass das Unterbleiben oder die Fehlerhaftigkeit einer solchen nicht (mehr) erforderlichen Prüfung für sich genommen nicht mehr die Rechtsfolge nach § 4 Abs. 1 UmwRG (Aufhebung der Genehmigung) auslöst.

3. Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers auch nicht, soweit er geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die dem Vorhaben entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Belange des Artenschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB i. V. m. § 44 Abs. 1 BNatSchG verkannt (Schriftsatz vom 20.5.2016, Nr. 3 auf S. 7/8). Ein den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügender Vortrag hätte insoweit erfordert, dass sich der Kläger in Bezug auf die geltend gemachten entgegenstehenden Belange konkret und substantiell zu den WKA 1 und 2 äußert und darlegt, inwiefern diesen beiden Anlagen derartige Belange entgegen stehen; auf die WKA 3 bis 5 kommt es hingegen nicht an. Eine entsprechende, gerade auf die WKA 1 und 2 bezogene Darlegung war umso mehr erforderlich, als das Verwaltungsgericht seine Ausführungen ausdrücklich auf die WKA 1 und 2 bezogen, hingegen zu den WKA 3 bis 5 ausgeführt hat, die vom Beklagten geübte Kritik an der Wahl der Fixpunkte durch den Gutachter der Beigeladenen habe vor allem die Einsehbarkeit der WKA 3 und die Schlussfolgerungen zu den WKA 3 bis 5 betroffen (UA, S. 19 Mitte). Der Beklagte hat außerdem in der Antragserwiderung (Schriftsatz vom 23.6.2016) darauf hingewiesen, dass die angesprochenen Aspekte Biotopschutz und Kollisionsrisiko nur die WKA 3, 4 und 5 beträfen, wogegen für die WKA 1 und 2 aus Sicht der unteren Naturschutzbehörde kein Biotopverlust und kein Kollisionsrisiko bestünden. Dieser Antragserwiderung hat der Kläger danach nichts mehr entgegen gesetzt. Er beschränkt sich nach wie vor auf pauschale und außerdem nicht zwischen den WKA 1 und 2 einerseits und den - nicht streitgegenständlichen - WKA 3 bis 5 andererseits differenzierende Vorhalte: So habe das Verwaltungsgericht die gebotene Prüfung unterlassen, ob im Rahmen der naturschutzfachlichen Ermittlung der Beklagte die notwendigen Nachforschungen ausreichend vorgenommen habe. Es habe sich im Wesentlichen auf die unvollständigen Ermittlungen des Gutachters der Beigeladenen bezogen, aber übersehen, dass die untere Naturschutzbehörde „zu Anfang des Verfahrens darauf hingewiesen“ habe, dass der gesamte Bereich der beantragten WKA hinsichtlich der geschützten Arten Schwarzstorch und Rotmilan nicht geeignet sei; zudem lägen alle fünf WKA so nahe beieinander, dass es hinsichtlich der Raumnutzung durch Schwarzstorch und Rotmilan keine Unterschiede unter den WKA geben könne, vielmehr bei allen fünf WKA die gleiche Gefährdung vorliege, zumal für Schwarzstörche ein erweiterter Prüfbereich von 10.000 m und für Rotmilane ein solcher von 6.000 m (jetzt: beim Rotmilan 4.000 m nach dem bayer. Windenergie-Erlass - BayWEE - vom 19.7.2016, AllMBl. 2016, S. 1642) gelte.

Das Verwaltungsgericht hat dagegen auf drei Seiten (UA, S. 17 bis S. 20) ausführlich dargelegt, weshalb es die Einschätzung der Genehmigungsbehörde für nachvollziehbar hält, wonach artenschutzrechtliche Verstöße mit der Folge eines sich hieraus ergebenden entgegenstehenden Belangs im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB i. V. m. § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht zu erwarten sind. Es hat insbesondere auch ausgeführt, der Vertreter der unteren Naturschutzbehörde habe in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass die Untersuchungen nach den Vorgaben des Windkrafterlasses durchgeführt worden seien. Es sei für das Verwaltungsgericht nicht ersichtlich, weshalb hier aufgrund der örtlichen Verhältnisse höhere Anforderungen gestellt werden müssten (UA, S. 19 Mitte). Mit dieser gerichtlichen Aussage innerhalb der Entscheidungsgründe, die im Widerspruch zu der in der Antragsbegründung des Klägers enthaltenen Behauptung steht, es fehle „eine ausreichende Raumnutzungsanalyse nach den Grundsätzen des sogenannten Bayerischen Windkrafterlasses“ (jetzt: Windenergie-Erlass - BayWEE - vom 19.7.2016), setzt sich der Kläger - abgesehen von der erwähnten bloßen Behauptung - nicht auseinander. Er verfehlt damit die Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

4. Der Kläger vermag auch keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen, soweit er Fehler des Verwaltungsgerichts in Bezug auf den Belang des Landschaftsschutzes geltend macht (Schriftsatz vom 20.5.2016, Nr. 4 auf S. 8/9).

4.1. Mit seinen diesbezüglichen Einwänden bestreitet der Kläger die Tauglichkeit der vom Verwaltungsgericht verwendeten Argumente, er wertet den bei einem Augenschein erhobenen Befund bezüglich des Landschaftsbilds und dessen zu erwartende Beeinflussung durch die geplanten WKA anders als das Gericht, und er versucht eine fehlerhafte Würdigung durch das Gericht daraus abzuleiten, dass dieses noch vor wenigen Jahren bei insoweit gleicher Rechtslage das gesamte - heute noch unveränderte - Gebiet als landschaftlich schützenswert erachtet und deshalb entsprechende Verpflichtungsklagen auf Genehmigung von WKA abgewiesen habe. Alle vom Kläger insoweit erhobenen Rügen laufen im Kern darauf hinaus, dass er das - von ihm für falsch gehaltene - Ergebnis der richterlichen Überzeugungsbildung angreift.

Damit kann er keinen Erfolg haben. Der letztgenannte Einwand ist schon deshalb nicht stichhaltig, weil der vom Kläger aufgezeigte mögliche Widerspruch in der Beurteilung des Landschaftsschutzes auch dahingehend aufgelöst werden könnte, dass die vor einigen Jahren vorgenommenen gerichtlichen Beurteilungen rechtsfehlerhaft gewesen sein könnten, die streitgegenständliche Beurteilung dagegen zutreffend ist. Im Übrigen ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers Fehler des Verwaltungsgerichts bei seiner Überzeugungsbildung nicht. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 16.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.; BayVGH, B. v. 4.9.2001 - 15 ZB 00.1583, juris, Rn. 4; Höfling in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 108 Rn. 47 ff). Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, B. v. 14.1.2010 - 6 B 74/09 - Buchholz 402.41 Nr. 87; B. v. 8.2.2011 - 10 B 1/11 u. a. - NVwZ-RR 2011, 382; B. v. 31.10.2012 - 2 B 33/12 - NVwZ-RR 2013, 115, Rn. 12). Solche Fehler zeigt der Kläger in seiner Darlegung nicht auf; aus seinem Vortrag ergibt sich nicht, inwiefern die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sein sollen. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (BayVGH, B. v. 14.3.2013, a. a. O., m. w. N.).

4.2. Der Kläger wirft schließlich innerhalb der Geltendmachung ernstlicher Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Frage auf, „weshalb das Gericht erster Instanz hier ohne jedwede weitere Einholung von Gutachten zur Landschaftsästhetik/Landschaftsschutz derart entscheidet“. Damit beruft er sich wohl nicht unmittelbar auf den Berufungszulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, sondern auf den des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), hier in Gestalt eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Einwand des Klägers ist aber schon deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil er nach seinem Vortrag weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einen unbedingten Beweisantrag gestellt oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung (vorliegend durch das vom Kläger für erforderlich gehaltene Gutachten) hingewirkt hat noch mit seiner Antragsbegründung substantiiert ausgeführt hat, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Vornahme der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären, und weshalb sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2015 - 22 ZB 15.535 - GewArch 2015, 328; BVerwG, B. v. 22.11.2013 - 7 B 16/13 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko beteiligt (§ 154 Abs. 3 VwGO) sowie das Verfahren durch eigenen Sach- und Rechtsvortrag gefördert. Es entspricht deshalb der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gleichfalls dem Kläger aufzuerlegen.

Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG i. V. m. Nr. 19.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Die zuständige Behörde stellt auf der Grundlage geeigneter Angaben des Vorhabenträgers sowie eigener Informationen unverzüglich fest, dass nach den §§ 6 bis 14b für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) besteht oder nicht. Die Feststellung trifft die Behörde

1.
auf Antrag des Vorhabenträgers oder
2.
bei einem Antrag nach § 15 oder
3.
von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens, das der Zulassungsentscheidung dient.

(2) Sofern eine Vorprüfung vorgenommen worden ist, gibt die zuständige Behörde die Feststellung der Öffentlichkeit bekannt. Dabei gibt sie die wesentlichen Gründe für das Bestehen oder Nichtbestehen der UVP-Pflicht unter Hinweis auf die jeweils einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 an. Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, dass keine UVP-Pflicht besteht, geht sie auch darauf ein, welche Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder welche Vorkehrungen für diese Einschätzung maßgebend sind. Bei der Feststellung der UVP-Pflicht kann die Bekanntgabe mit der Bekanntmachung nach § 19 verbunden werden.

(3) Die Feststellung ist nicht selbständig anfechtbar. Beruht die Feststellung auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

(1) Eine Genehmigung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 oder § 25 Absatz 1 der Gewerbeordnung erteilt worden ist, gilt als Genehmigung nach diesem Gesetz fort.

(2) Eine genehmigungsbedürftige Anlage, die bei Inkrafttreten der Verordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 errichtet oder wesentlich geändert ist, oder mit deren Errichtung oder wesentlichen Änderung begonnen worden ist, muss innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung der zuständigen Behörde angezeigt werden, sofern die Anlage nicht nach § 16 Absatz 1 oder § 25 Absatz 1 der Gewerbeordnung genehmigungsbedürftig war oder nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung angezeigt worden ist. Der zuständigen Behörde sind innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige Unterlagen gemäß § 10 Absatz 1 über Art, Lage, Umfang und Betriebsweise der Anlage im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 vorzulegen.

(3) Die Anzeigepflicht nach Absatz 2 gilt nicht für ortsveränderliche Anlagen, die im vereinfachten Verfahren (§ 19) genehmigt werden können.

(4) Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu Ende zu führen.

(5) Soweit durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 734) neue Anforderungen festgelegt worden sind, sind diese Anforderungen von Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie erst ab dem 7. Januar 2014 zu erfüllen, wenn vor dem 7. Januar 2013

1.
die Anlage sich im Betrieb befand oder
2.
eine Genehmigung für die Anlage erteilt wurde oder vom Vorhabenträger ein vollständiger Genehmigungsantrag gestellt wurde.
Bestehende Anlagen nach Satz 1, die nicht von Anhang I der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 24 vom 29.1.2008, S. 8), die durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114) geändert worden ist, erfasst wurden, haben abweichend von Satz 1 die dort genannten Anforderungen ab dem 7. Juli 2015 zu erfüllen.

(6) Eine nach diesem Gesetz erteilte Genehmigung für eine Anlage zum Umgang mit

1.
gentechnisch veränderten Mikroorganismen,
2.
gentechnisch veränderten Zellkulturen, soweit sie nicht dazu bestimmt sind, zu Pflanzen regeneriert zu werden,
3.
Bestandteilen oder Stoffwechselprodukten von Mikroorganismen nach Nummer 1 oder Zellkulturen nach Nummer 2, soweit sie biologisch aktive, rekombinante Nukleinsäure enthalten,
ausgenommen Anlagen, die ausschließlich Forschungszwecken dienen, gilt auch nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes zur Regelung von Fragen der Gentechnik fort. Absatz 4 gilt entsprechend.

(7) Eine Planfeststellung oder Genehmigung nach dem Abfallgesetz gilt als Genehmigung nach diesem Gesetz fort. Eine Anlage, die nach dem Abfallgesetz angezeigt wurde, gilt als nach diesem Gesetz angezeigt. Abfallentsorgungsanlagen, die weder nach dem Abfallgesetz planfestgestellt oder genehmigt noch angezeigt worden sind, sind unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(8) Für die für das Jahr 1996 abzugebenden Emissionserklärungen ist § 27 in der am 14. Oktober 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(9) Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern, die bis zum 1. Juli 2005 erteilt worden sind, gelten als Genehmigungen nach diesem Gesetz. Nach diesem Gesetz erteilte Genehmigungen für Windfarmen gelten als Genehmigungen für die einzelnen Windkraftanlagen. Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 1. Juli 2005 rechtshängig geworden sind, werden nach den Vorschriften der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der bisherigen Fassung abgeschlossen; für die in diesem Zusammenhang erteilten Baugenehmigungen gilt Satz 1 entsprechend. Sofern ein Verfahren nach Satz 3 in eine Klage auf Erteilung einer Genehmigung nach diesem Gesetz geändert wird, gilt diese Änderung als sachdienlich.

(10) § 47 Absatz 5a gilt für die Verfahren zur Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach § 47, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind.

(11) (weggefallen)

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO.

2

Die Antragstellerin zu 2. ist alleinige Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in A-Stadt. Der sowohl nießbrauch- als auch lebenslang wohnberechtigte Antragsteller zu 1. bewohnt das Hinterliegergrundstück A-Straße. Die Rechte des Antragstellers zu 2. sind grundbuchrechtlich gesichert.

3

Die Beigeladenen erhielten von der Antragsgegnerin im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren mit Bescheid vom 31.08.2017 eine Baugenehmigung zum Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück A-Straße, welches unmittelbar an das Grundstück der Antragsteller grenzt und sich im unbeplanten Innenbereich befindet. Das genehmigte Vorhaben weist eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,18 und eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,22 auf.

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4

Die Antragsteller erhoben mit Schreiben vom 26.09.2017 Widerspruch gegen die Baugenehmigung und beantragten gleichzeitig die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

5

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Bescheid vom 28.09.2017 ab.

6

Die Antragsteller haben am 23.09.2017 um einstweiligen Rechtsschutz zunächst beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht nachgesucht, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 01.12.2017 (1 MR 8/17) an das erkennende Gericht verwiesen hat.

7

Die Antragsteller tragen zur Begründung im Wesentlichen vor, dass bei ihren eigenen Bauanträgen in der Vergangenheit die zwingende Vorgabe einer Grundflächenzahl (GRZ) von 0,20 gegeben habe. Diese sei bei dem genehmigten Vorhaben der Beigeladenen nicht eingehalten, sodass sowohl der Gleichbehandlungsgrundsatz als auch das Rücksichtnahmegebot verletzt sei.

8

Sie beantragen wörtlich,

9

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 28.09.2017 gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 31.08.2017 zugunsten der Antragsteller I. und L. anzuordnen.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

11

den Antrag abzulehnen.

12

Sie trägt im Wesentlichen vor, dass die Antragsteller nicht die Verletzung nachbarschützender Rechte geltend machen.

13

Die Beigeladenen schließen sich dem Vortrag der Antragsgegnerin an.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

15

Der Antrag war gemäß §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung begehren, gleichwohl diese in der Antragsschrift vom 10.11.2017 als Antragsteller bezeichnet sind.

16

Der nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig aber unbegründet.

17

Nach § 212 a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Genehmigung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Erhebt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung Widerspruch oder Anfechtungsklage, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 S. 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden.

18

Einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches hat der Antragsteller als Nachbar nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr kann dieser Antrag nur dann Erfolg haben, wenn die Genehmigung über die objektive Rechtswidrigkeit hinaus geschützte Nachbarrechte der Antragsteller verletzt. Dies ist nur dann der Fall, wenn durch die Baugenehmigung eine Rechtsnorm verletzt worden ist, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient und somit drittschützende Wirkung entfaltet. Die Vorschriften des öffentlichen Baurechts entfalten dann eine drittschützende Wirkung, wenn sie nicht nur im Interesse der Allgemeinheit erlassen worden sind, sondern auch der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen und deren Ausgleich untereinander dienen (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08. September 1992 – 1 M 45/92 –, Rn. 32, juris).

19

Bei der im Verfahren nach §§ 80 a Abs. 3 S. 2, 80 Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen, die ihnen erteilte Baugenehmigung auszunutzen, und dem Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, über-wiegt das Interesse der Beigeladenen. Bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich nicht mit hinreichender, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die angefochtene Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 31.08.2017 Nachbarrechte der Antragsteller verletzt.

20

Da es sich um eine im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 69 Abs. 1 LBO erteilte Baugenehmigung handelt, ist die Verletzung bauordnungsrechtlicher Vorschriften nicht Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Denn in einem solchen Verfahren wird außer bei Sonderbauten die Vereinbarkeit der Vorhaben mit den Vorschriften der Landesbauordnung und den Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung nicht geprüft; lediglich die §§ 65 Abs. 4, 68 und 70 LBO bleiben unberührt.

21

Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des insoweit allein maßgeblichen Bauplanungsrechts einschließlich des Rücksichtnahmegebots ist nicht gegeben.

22

Ob das Vorhaben der Beigeladenen sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, bedarf keiner eingehenden Überprüfung. Diese Vorschrift ist nämlich nicht stets und generell drittschützend (BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 –, Rn. 15, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Januar 2012 – 1 MB 33/11 –, Rn. 3, juris). Drittschutz kommt dieser Vorschrift nur dann zu, wenn das Gebot der Rücksichtnahme, das Bestandteil des Einfügungsgebots ist, verletzt wird. In der Regel ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen, wenn sich ein Vorhaben nach seiner Art oder seinem Maß seiner baulichen Nutzung, nach seiner Bauweise oder nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt (BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 – 4 B 128/98 –, Rn. 6, juris; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 8. November 2016 – 8 B 41/16 –).

23

Welche Anforderungen das Rücksichtnahmegebot begründet, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, desto weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu üben. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einer dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, BVerwGE 52, 122-131, Rn. 22). Eine gegen dieses Gebot der Rücksichtnahme verstoßende optisch bedrängende Wirkung wird in der Rechtsprechung angenommen, wenn dem Bauvorhaben wegen seiner Höhe und Breite gegenüber dem Nachbargrundstück eine „erdrückende“ Wirkung zukommt (BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, Rn. 38, juris). Diese Voraussetzungen werden insbesondere dann angenommen, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort das Gefühl des „Eingemauert Seins“ oder eine „gefängnishofähnliche Situation“ hervorruft (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 2 B 4/14 -).

24

Diese Voraussetzungen erfüllt das genehmigte Einfamilienhaus nicht. Konkrete Anhaltspunkte für eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens sind nicht ersichtlich und im Übrigen von den Antragstellern auch nicht dargelegt. Eine zu berücksichtigende Unzumutbarkeit des Bauvorhabens für die Antragsteller im Sinne eines Einmauerungseffektes liegt nicht vor. Das mit einer Firsthöhe von 7,76 m genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen ist nur unwesentlich höher als die Gebäude der Antragsteller mit Firsthöhen von jeweils 7,20 und 7,40 m. Zudem hält das westlich gelegene Bauvorhaben zur Grundstückgrenze der Antragsteller die Abstandsflächenvorgabe von 3,00 m ein. Es fehlen damit jegliche Ansatzpunkte für die Annahme einer „erdrückenden“ Wirkung im oben beschriebenen Sinne.

25

Das Vorhaben fügt sich auch in die nähere Umgebung ein, welche durch eine Einzelhausbebauung mit offener Bauweise aus geprägt ist und vom genehmigten Bauvorhaben aufgegriffen wird. Das Volumen des Vorhabens findet, soweit die Kammer dies anhand der vorliegenden Lagepläne und Luftaufnahmen beurteilen kann, in der näheren Umgebung Entsprechungen, wobei dort noch deutlich größere Gebäude vorzufinden sind. Die GRZ der umliegenden Gebäude variieren nach Angaben der Antragsgegnerin zwischen 0,18 und 0,235. Das streitgegenständliche Gebäude mit einer GRZ von 0,22 fügt sich in diesen Rahmen.

26

Eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens ergibt sich auch nicht aus dem – als wahr unterstellten - Vortrag der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite die in der Umgebungsbebauung seit Jahrzehnten exakt eingehaltene und von der Antragsgegnerin vorgeschriebene GRZ von 0,20. Aus der Überschreitung der GRZ ergibt sich vorliegend einerseits nicht zwingend die fehlende Einfügsamkeit des Vorhabens und anderseits entfaltet das Maß der baulichen Nutzung, wozu auch die Grundflächen- und Geschossflächenzahl gehören, keine drittschützende Wirkung. Bei diesen Kriterien handelt es sich um solche, die nur im überplanten Gebiet und auch nur dann bei Feststellung eines entsprechenden ausdrücklichen planerischen Willens der Gemeinde Drittschutz vermitteln können (BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 1995 – 4 B 215/95 –, Rn. 3, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 MB 38/12 –, Rn. 12, juris). Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist daher - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben sonst keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen auslöst (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 – 4 C 17/91 –, Rn. 19, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 MB 38/12 –, Rn. 32, juris). Ein darüber hinausgehender, von einer realen Beeinträchtigung unabhängiger Anspruch des Nachbarn auf Einhaltung der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung kann dagegen dem Bundesrecht nicht entnommen werden (BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1995 – 4 B 52/95 –, Rn. 4, juris). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Schutz des Nachbarn nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom Maß der Nutzung, wie dies von den Antragstellern u.a. hinsichtlich der überbauten Grundfläche gerügt wird, bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz. Anhaltspunkte für eine solche Sachlage lassen sich dem Vorbingen der Antragsteller nicht entnehmen. Das Vorhaben der Beigeladenen kann in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

27

Die Antragsteller können sich auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes mit der Begründung berufen, in der Vergangenheit habe es bei Bauanträgen eine zwingende Vorgabe der GRZ von 0,20 gegeben. Zum einen wird diese Behauptung von der Antragsgegnerin bestritten und zum anderen hat sich die Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung im unbeplanten Innenbereich stets an den Vorgaben des § 34 BauGB zu messen. Wie oben bereits aufgezeigt, kann ein Vorhaben auch dann genehmigungsfähig sein, wenn es zwar den Rahmen der Umgebungsbebauung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung überschreitet, sonst jedoch keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen auslöst. Dass es dabei zu Unterschieden in der Bauweise, der überbauten Fläche und der Geschosszahl einzelner Vorhaben kommen kann, liegt in der Natur der Sache.

28

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3, 159 S. 1 VwGO i.V.m § 100 Abs. 1 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Antrag gestellt haben.


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

I.

Die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Landratsamtes Bayreuth vom 22. April 2015 wird angeordnet.

II.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich in der Hauptsache gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb von sechs Windkraftanlagen.

Die Beigeladene erhielt mit Bescheid des Landratsamtes Bayreuth vom 3. November 2014 einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb von sechs Windkraftanlagen (sogenannter „Windpark V. II“) auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1034 und 1467 (sogenannte WKA 5), 1015 (KWA 6), 920 und 921 (WKA 7), 958 (KWA 8), 910 (WKA 9) und 785 (WKA 10) jeweils der Gemarkung B. Der Vorbescheid betraf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens, beschränkt auf die Fragen der Privilegierung (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) sowie der Vereinbarkeit mit der geltenden Regionalplanung.

Mit Bescheid des Landratsamtes vom 22. April 2015 wurde der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der sechs vorgenannten Windkraftanlagen des sogenannten „Windparks V. II“ mit jeweils einer Gesamthöhe von 199 Metern und einer Nennleistung von 2,4 MW erteilt. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, diese sechs Windkraftanlagen würden zusammen mit zwei weiteren geplanten Windkraftanlagen auf Grundstücken im Gebiet des Landkreises Kulmbach („ Windpark V. I“) eine Windfarm im Sinne des UVPG bilden. Die somit durchzuführende allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG in Verbindung mit den in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien habe ergeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des teilweise selbstgenutzten Wohnanwesens L. im Gebiet des Marktes T. Der Abstand zwischen diesem Anwesen und dem nächstgelegenen der streitgegenständlichen Windkraftanlagen-Standorte beträgt nach Angaben der Antragstellerin ca. 800 m.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth wies die Drittanfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Genehmigungsbescheid vom 22. April 2015 mit Urteil vom 29. Oktober 2015 ab.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung der Antragstellerin gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 15. Dezember 2016 zu (Az. 22 ZB 16.74).

Die Antragstellerin stellte am 2. Dezember 2016 einen Antrag gemäß § 80b Abs. 2 VwGO. Sie beantragt,

die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin vom 20. Mai 2015 gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamtes Bayreuth vom 22. April 2015 betreffend die Errichtung und den Betrieb von 6 Windkraftanlagen auf den Grundstücken der Gemarkung B., Gemeinde E., Landkreis Bayreuth, anzuordnen.

Nachdem kraft Gesetzes mit Ablauf des 11. Mai 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin geendet habe, habe die Beigeladene im Juli 2016 mit Erdbauarbeiten und Anfang November 2016 mit der Errichtung der strittigen Windkraftanlagen begonnen. Die Bauarbeiten würden derzeit zügig fortgesetzt. Der Antrag sei begründet, weil die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22. April 2015 rechtswidrig sei und gegen Vorschriften verstoße, die zumindest auch die Interessen der Antragstellerin schützen würden. Insoweit werde auf die Ausführungen der Antragstellerin im Rahmen des Hauptsacheverfahrens verwiesen. Zur Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes müsse die Schaffung vollendeter Tatsachen, die nur mit erheblichem Aufwand rückgängig gemacht werden könnten, vermieden werden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbedürfnis im Rahmen des jetzt gestellten Antrags gemäß § 80b Abs. 2 VwGO verwirkt habe. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22. April 2015 sei mittlerweile weitgehend vollzogen. Zur kompletten Fertigstellung der Windkraftanlagen im streitgegenständlichen, landkreisüberschreitenden Windpark fehle aktuell bei der Mehrzahl der genehmigten Windkraftanlagen nur noch die Montage von Gondel und Rotorblättern. Die Antragstellerin hätte von den im Juli 2016 begonnenen, umfangreichen Bauarbeiten (einschließlich des damit verbundenen Schwerlastverkehrs) auch tatsächlich Kenntnis haben müssen, da die Zufahrt zum Windpark über ihren Wohnort führe. Dennoch seien von ihr keine weiteren prozessualen Maßnahmen veranlasst worden. Das öffentliche Interesse an der Wahrung des Rechtsfriedens und die Annahme, dass sich die Beigeladene auf die Untätigkeit der Antragstellerin berufen und damit ein schutzwürdiges Vertrauen für diese Investition in Millionenhöhe habe begründen können, könne es hier rechtfertigen, den erst jetzt gestellten Antrag gemäß § 80b Abs. 2 VwGO als unzulässig anzusehen. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet.

Die Beigeladene beantragt gleichfalls,

den Antrag abzulehnen.

Es sei bereits von der Verwirkung des Antragsrechts nach § 80b Abs. 2 VwGO auszugehen. Der Gesetzgeber habe durch die Regelung des § 80b VwGO verhindern wollen, dass Rechtsmittelverfahren im Falle eines Unterliegens im erstinstanzlichen Verfahren bewusst verzögert würden, um die aufschiebende Wirkung hinauszuzögern. Die Antragstellerin habe spätestens seit dem 17. Juli 2016, dem Tag der Anfertigung der von ihr vorgelegten Lichtbilder, positive Kenntnis von den Bauarbeiten zur Errichtung der strittigen Windkraftanlagen gehabt. Nachdem die Antragstellerin seitdem fünf Monate in Kenntnis der Sachlage untätig geblieben sei, habe die Beigeladene davon ausgehen können, dass kein Gebrauch vom vorliegenden Rechtsbehelf gemacht werde. Zudem entstünden der Beigeladenen durch eine nunmehrige Unterbrechung der Bauarbeiten unzumutbare Nachteile im Sinne erheblicher Vermögensschäden sowie etwaiger Eigentumsbeeinträchtigungen an den unfertigen Windkraftanlagen. Die von der Antragstellerin behaupteten irreparablen Auswirkungen der durchgeführten Bauarbeiten seien nicht gegeben. Die Annahme einer drittschützenden Wirkung des Art. 82 Abs. 1 BayBO sei spätestens seit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Oktober 2016 (Az. 22 ZB 15.2662) als nicht mehr vertretbar anzusehen. Gleiches gelte für die Annahme der drittschützenden Wirkung des § 44 BNatSchG. Ein etwaiger Verfahrensfehler betreffend das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung könne gegebenenfalls jederzeit geheilt werden. Der weitere Vortrag im Sinne unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Schall, Schatten und Infraschall sei bereits als bloße Behauptung ohne jegliche Substanz zu betrachten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II. Der Antrag auf Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag gemäß § 80b Abs. 2 VwGO ist zulässig. Insbesondere entfällt die Antragsbefugnis der Antragstellerin nicht wegen einer Verwirkung des Antragsrechts.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B. v. 4.6.1991 - 6 ER 400/91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 298) können Verfahrensrechte verwirkt werden mit der Folge, dass sie nicht mehr ausgeübt werden dürfen, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als einen Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (ebenso OVG RP, B. v. 15.7.1993 - 1 B 11225/93 - NVwZ-RR 1994, 381/382). Es mag zwar sein, dass wegen der grundrechtlichen Verankerung des vorläufigen Rechtsschutzes eine Verwirkung des Antragsrechts in zweiseitigen Rechtsverhältnissen kaum in Betracht kommt (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 80 Rn. 130 m. w. N.). Bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung - wie hier - kann die Situation anders sein, weil sich hier die Rechtsschutzansprüche der Beteiligten grundsätzlich gleichrangig gegenüberstehen (Puttler, a. a. O.; Windthorst in Gärditz, VwGO, § 80a Rn. 44; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 80 Rn. 494). Jedenfalls sind die für eine Verwirkung geltenden Voraussetzungen hier nicht erfüllt.

Es ist bereits nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin im vorgenannten Sinn über längere Zeit hinweg von der Möglichkeit dieser Antragstellung keinen Gebrauch gemacht hat. Diese Zeitspanne beginnt mit der Errichtung des mit der angefochtenen Genehmigung zugelassenen Vorhabens. Der Antragsgegner und die Beigeladene meinen, dass der insoweit maßgebliche Zeitraum mit der jedenfalls ab dem 17. Juli 2016 gegebenen Kenntnis der Antragstellerin vom Anfang der Bauarbeiten begonnen hat. Allerdings ist zweifelhaft, ob damals objektiv erkennbar war, dass die Beigeladene vor einer Entscheidung über den damals noch anhängigen Antrag auf Zulassung der Berufung mit der vom angefochtenen Genehmigungsbescheid erfassten Errichtung der strittigen Windkraftanlagen beginnen würde. Die am 17. Juli 2016 gefertigten Lichtbilder (Anlage Ast 1) vermitteln den Eindruck, dass vor diesem Zeitpunkt bestimmte vorbereitende Erdbauarbeiten durchgeführt wurden. Diese werden nicht unbedingt von der angefochtenen Genehmigung erfasst; die Erreichbarkeit der strittigen Windkraftanlagen in der Bauphase mit schweren Baufahrzeugen oder Schwertransportern ist keine in der Genehmigung zu behandelnde Frage der rechtlichen Zulässigkeit, sondern eine solche der tatsächlichen Realisierbarkeit (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 21.1.2013 - 22 CS 12.2297 - Rn. 36 m. w. N.). Es ergibt sich hier auch nicht aus sonstigen Anhaltspunkten, dass die Beigeladene mit der vom angefochtenen Genehmigungsbescheid erfassten Errichtung der strittigen Windkraftanlagen unmittelbar im Anschluss an die vorbereitenden Arbeiten begonnen hätte. Die Antragstellerin hatte wohl erst seit Anfang November 2016 gesicherte Kenntnis vom Beginn der Errichtung dieses Vorhabens. Der Zeitraum bis zur Antragstellung nach § 80b Abs. 2 VwGO am 2. Dezember 2016 könnte keinesfalls als ausreichend angesehen werden, um eine Verwirkung zu rechtfertigen.

Unabhängig hiervon fehlt es an dem besonderen Umstandsmoment, das der Eintritt der Verwirkung weiter voraussetzt. Ein solches Umstandsmoment läge zum Beispiel vor, wenn sich die Antragstellerin treuwidrig (§ 242 BGB) zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten in Widerspruch gesetzt hätte (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 11.2.1997 - 4 B 10/97 - NJW 1998, 329 m. w. N.). Davon kann hier nicht die Rede sein. Zwar hat die Beigeladene möglicherweise im Vertrauen darauf, dass die Antragstellerin keinen Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO stellen würde, mit der Errichtung der strittigen Windkraftanlagen begonnen. Dieses Vertrauen ist indes hier nicht schutzwürdig. Die Beigeladene musste zu diesem Zeitpunkt aufgrund des anhängigen Antrags auf Zulassung der Berufung davon ausgehen, dass sich die Antragstellerin weiterhin gegen dieses Vorhaben wenden und möglicherweise auch einen Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO stellen würde. Es war zudem auch naheliegend anzunehmen, dass die Antragstellerin im Hinblick auf eine anstehende Entscheidung über den Zulassungsantrag zunächst keine Veranlassung zur Stellung eines solchen Antrags gesehen hat. Darüber hinaus konnte die Beigeladene nicht davon ausgehen, dass ihr im Falle einer Berufungszulassung ein bestimmtes, gesichertes Zeitfenster für die Errichtung und den Betrieb der strittigen Anlagen zur Verfügung stehen würde. Es fehlte mithin eine hinreichende Grundlage, auf welche die Beigeladene ihr Vertrauen auf den Bestand und in die (andauernde) Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hätte stützen können.

Im Übrigen musste die Beigeladene gerade auch im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Anlagenerrichtung mit einer Antragstellung nach § 80b Abs. 2 VwGO rechnen. Dier Antragstellerin macht im Hauptsacheverfahren eine Beeinträchtigung in subjektiven Rechten geltend, die gegebenenfalls erst nach der baulichen Errichtung der strittigen Windkraftanlagen, teilweise erst nach deren Inbetriebnahme eintreten würde. Insoweit war es naheliegend, dass die Antragstellerin ein Bedürfnis für einen solchen Antrag erst gesehen hat, nachdem die Errichtungsphase begonnen hat.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B. v. 19.6.2007 - 4 VR 2/07 - BVerwGE 129, 58 Rn. 14) gelten für die Entscheidung über einen Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO die gleichen Grundsätze wie für eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO. Dass gegen die Abweisung der Anfechtungsklage die Berufung zugelassen wurde, genügt danach für die Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung nicht; es ist eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der zugelassenen Berufung vorzunehmen (vgl. Puttler a. a. O., § 80b Rn. 32 m. w. N.).

Hier ergibt eine Abwägung der Interessen der Beteiligten, dass das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der Fortgeltung der aufschiebenden Wirkung das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22. April 2015 überwiegt.

a) Die Erfolgsaussichten der Berufung erscheinen derzeit als offen.

Zwar spricht nach derzeitigem Kenntnisstand vieles dafür, dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22. April 2015 rechtswidrig sein dürfte, weil die durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Es ist jedoch weiterhin vor allem fraglich, ob der Antragstellerin eine Klagebefugnis zusteht (§ 42 Abs. 2 VwGO).

aa) Wie der Verwaltungsgerichtshof z. B. in seiner Entscheidung vom 16. September 2016 (22 ZB 16.304 - juris Rn. 18 m. w. N.) in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt hat, muss eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG auf der Grundlage geeigneter, ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden. Die Vorprüfung hat eine verfahrenslenkende Funktion und ist deshalb in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt mit der Folge, dass sich die gerichtliche Überprüfung der Vorprüfung nach § 3a Satz 4 UVPG auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich daher darauf, ob die Vorprüfung - im maßgeblichen Zeitpunkt - entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, insbesondere ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen zutreffend ausgelegt hat.

Die bisher durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ist nicht, wie nach § 3a Satz 1 UVPG vorgesehen, unverzüglich nach Beginn des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens durchgeführt worden (vgl. BayVGH, B. v. 4.7.2016 - 22 CS 16.1078 - Rn. 28), sondern erst kurz vor dem Erlass des Genehmigungsbescheids, nämlich am 3. März 2015; jedenfalls zeigt dies der im Genehmigungsbescheid vom 20. April 2015 wiedergegebene Aktenvermerk. Der Antragstellerin kann daher - anders als in dem im Beschluss vom 16. September 2016 - 22 ZB 16.304 - behandelten Sachverhalt - nicht angekreidet werden, sich mit ihrem Vorbringen auf einen unzutreffenden Zeitpunkt bezogen zu haben.

Die bisher durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dürfte dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügen. Aufgrund der Feststellung des Landratsamtes Bayreuth vom 3. März 2015 (inhaltlich wiedergegeben im Genehmigungsbescheid vom 22. April 2015) ist wohl nicht nachvollziehbar, inwieweit eine Prüfung der Umweltauswirkungen des Vorhabens erfolgt ist, warum das Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann und welche der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden artenschutzfachlichen Gutachten gegebenenfalls für die Vorprüfung herangezogen wurden. Es wird namentlich in Bezug auf den Artenschutz nur festgestellt, dass eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung für die Windfarm V. II im Landratsamt vorliege; eine nachvollziehbare Prüfung ist nicht dokumentiert (vgl. § 3c Satz 6 UVPG).

Zwar ist grundsätzlich zutreffend, dass eine fehlerhafte Vorprüfung durch Nachholung geheilt werden kann (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, § 4 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UmwRG i. V. m. § 45 Abs. 2 VwVfG), worauf die Beigeladene hinweist. Diese Heilung ist bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz möglich (BVerwG, U. v. 20.8.2008 - 4 C 11/07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 25). Allerdings ist im vorliegenden Fall nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht plausibel, dass das Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann; eher wird sich die Durchführung einer UVP als erforderlich erweisen.

Bereits aus dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 22. April 2015 ergibt sich insbesondere, dass aus Sicht des Antragsgegners die Errichtung und der Betrieb der strittigen Windkraftanlagen ohne die dort verfügten Abschaltzeiten (Nrn. 8.4, 8.5 und 8.6 des Tenors) mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für Exemplare des Baumfalken, des Wespenbussards und des Schwarzstorchs verbunden wäre. In diesem Bescheid wird weiter darauf hingewiesen (Nr. 8.8 des Tenors), dass bei den Greifvogelarten der Rohrweihe und des Rotmilans „eventuell auch in den nächsten Jahren“ mit einem „erhöhten Aufkommen“ gerechnet werden könne, was ebenfalls zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko führen könne. Ferner wurden bei Voruntersuchungen „Fledermausaktivitäten höherfliegender Arten“ festgestellt, weshalb die Beigeladene zur Durchführung eines Gondelmonitorings verpflichtet und weitere Auflagen zum Ausschluss eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos erlassen wurden (Nrn. 8.2 und 8.3 des Bescheidstenors).

Eine Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne von § 3c Satz 1 UVPG liegt, wie der Verwaltungsgerichthof in einerEntscheidung vom 10. Februar 2016 (22 ZB 15.2329 - Rn. 16) dargelegt hat, nicht erst dann vor, wenn diese Auswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, U. v. 17.12.2013 - 4 A 1/13 - NVwZ 2014, 669 Rn. 37), sondern schon dann, wenn im Zeitpunkt der Vorprüfung ein Einfluss auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG a. a. O. Rn. 38). Weil ein derartiger Einfluss strenggenommen fast nie ausgeschlossen werden kann, dies aber zu einer Verfehlung der verfahrenslenkenden Funktion der Vorprüfung des Einzelfalls führen würde, ist eine Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter den Aspekten des Ausmaßes, der Schwere und der Komplexität möglicher Auswirkungen nötig.

Angewandt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Bewertungen, die dem Genehmigungsbescheid vom 22. April 2015 zugrunde liegen, erhebliche Umweltauswirkungen betreffend die genannten Vogel- und Fledermausarten aller Voraussicht nach nicht auf plausible Weise zu verneinen sein dürften. Dem steht nicht entgegen, dass möglicherweise mithilfe von (vergleichsweise weitgehenden) Auflagen ein Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG abgewendet und damit die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens der Beigeladenen hergestellt werden kann. Führt die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls dazu, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Auffassung der Behörde wesentliche umweltbezogene Nebenbestimmungen im Sinne von § 12 Abs. 1 BImSchG beigefügt werden müssen, ist dies ein Indiz dafür, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (OVG NW, U. v. 25.2.2015 - 8 A 959/10 - Rn. 172). Im Übrigen bleibt unklar, inwieweit die Genehmigungsbehörde vom Eintritt eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos betreffend die Arten der Rohrweihe und des Rotmilans ausging, ohne insoweit Vorkehrungen festzulegen.

Es ist nicht unplausibel, dass sich die Notwendigkeit ergeben könnte, eine UVP durchzuführen, was im vorliegenden Fall nicht geschehen ist. Dies würde einen schweren verfahrensrechtlichen Mangel der angefochtenen Genehmigung darstellen.

bb) Aufgrund des derzeitigen Sachstands kommt möglicherweise in Betracht, dass die Antragstellerin gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b und Satz 2, Abs. 3 Satz 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verlangen kann. Allerdings ist noch zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Anspruch für Grundstückseigentümer in der Umgebung einer Windfarm bestehen kann und ob die entsprechenden Anforderungen hier erfüllt wären. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die zur Annahme der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) erforderliche Möglichkeit einer Verletzung in materiellen subjektiven Rechten (vgl. BayVGH, B. v. 16.9.2016 - 22 ZB 16.304 - Rn. 15). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 2.10.2013 - 9 A 23/12 - NVwZ 2014, 367 Rn. 21) stellt jedenfalls § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG keine „andere gesetzliche Bestimmung“ i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO dar, die Einzelnen eine von der möglichen eigenen Betroffenheit unabhängige Klagebefugnis verleiht, sondern betrifft ausschließlich die Begründetheitsprüfung.

Als hinreichend möglich könnte eine Verletzung subjektiver Rechte im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO zumindest anzusehen sein, soweit die Antragstellerin eine optisch bedrängende Wirkung der strittigen Windkraftanlagen und damit einen Verstoß gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme geltend macht. Die Abstände des Anwesens der Antragstellerin zu diesen Anlagen liegen zwar z.T. deutlich über dem Dreifachen der jeweiligen Gesamtanlagenhöhe und sprechen damit gegen eine solche Wirkung. Regelmäßig ist zwar nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 29.5.2009 - 22 B 08.1785 - BayVBl 2010, 114 Rn. 23; B. v. 1.12.2014 - 22 ZB 14.1594 - Rn. 15; B. v. 8.6.2015 - CS 15.686 u. a. - Rn. 28 m. w. N.) bei einem solchen Abstand von keiner optisch bedrängenden Wirkung einer Windkraftanlage auszugehen. Allerdings ist nach dieser Rechtsprechung die Frage, ob tatsächlich das Maß des dem Nachbarn Zumutbaren überschritten und das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Ein atypischer Fall, in dem trotz größerer Abstände zwischen dem Anwesen der Antragstellerin und den strittigen Windkraftanlagen eine bedrängende Wirkung zumindest möglich erscheinen könnte, ist hier wegen der größeren Anlagenzahl und behaupteter Besonderheiten der topographischen Verhältnisse jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.

Hiervon abgesehen ließe sich die Klagebefugnis der Antragstellerin allerdings wohl kaum begründen.

Hinsichtlich der Annahme schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG wegen unzumutbarer Lärmimmissionen erscheint problematisch, dass das Anwesen der Antragstellerin in Bezug auf die strittigen Windkraftanlagen wohl außerhalb des Einwirkungsbereichs nach der TA Lärm liegt. Legt man - wie hier geschehen - für das Grundstück der Antragstellerin, das im Gutachten zum Schall-immissionsschutz vom 13. August 2014 als Immissionsort IO 9.2 bezeichnet wird, einen Immissionsrichtwert gemäß Nr. 6.1 Buchst. c) der TA Lärm von nachts 45 dB(A) fest, so liegen im Einwirkungsbereich der betreffenden Anlagen die Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel von mindestens 35 dB(A) verursachen (Nr. 2.2 Buchst. a) der TA Lärm). Nach den Berechnungsergebnissen des vorgenannten Gutachtens (dort Anlage 2.3) liegen die Immissionsanteile der strittigen Windkraftanlagen (dort als WEA 5 bis WEA 10 bezeichnet) für den Immissionsort IO 9.2 in der Nachtzeit in einem Bereich von jeweils nur 25,2 dB(A) bis 34,4 dB(A).

Eine Klagebefugnis der Antragstellerin kann sich vorliegend wohl auch nicht aus Art. 82 Abs. 1 BayBO ergeben, ungeachtet der Frage, ob diese Vorschrift überhaupt drittschützenden Charakter besitzt. Das Verwaltungsgericht hat im Urteil vom 29. Oktober 2015 (UA S. 19) darauf hingewiesen, dass Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da das Landratsamt der Beigeladenen mit Bescheid vom 3. November 2014 einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid erteilt hat, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit u. a. hinsichtlich der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB betraf und noch vor Inkrafttreten der sogenannten 10-H-Regelung am 21. November 2014 ergangen ist. Der Vorbescheid hat hinsichtlich dieser Genehmigungsvoraussetzung Bindungswirkung für die nachfolgende immissionsschutzrechtliche Genehmigung entfaltet, ungeachtet der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Neufassung des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 23.08.2016 - 22 CS 16.1266 - juris Rn. 22 und 23; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 16 m. w. N.).

Auch kann sich eine mögliche Rechtsverletzung der Antragstellerin wohl nicht aus dem behaupteten Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ergeben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - Rn. 48) sind die artenschutzrechtlichen Vorschriften nicht drittschützend. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. September 2016 (22 ZB 16.304 - juris Rn. 20) näher ausgeführt hat, ergibt sich aus dem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Beschluss vom 19. August 2015 - 22 ZB 15.458 - Rn. 30 ff. keine gegenteilige Rechtsauffassung. In dieser Entscheidung wurde davon ausgegangen, dass der dortige Kläger bereits keinen objektiv-rechtlichen Verstoß gegen artenschutzrechtliche Vorschriften dargelegt hatte und es deshalb auf die weitere Frage einer subjektiven Rechtsverletzung nicht ankam.

Insgesamt könnte sich die Klagebefugnis der Antragstellerin aber noch hinreichend begründen lassen.

b) Nach derzeitigem Sach- und Streitstand überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse der Beigeladenen. Durch die vollständige Errichtung der strittigen Windkraftanlagen würden Tatsachen geschaffen, die nur unter großem Aufwand rückgängig gemacht werden können. Auch würde die Effektivität der möglicherweise noch durchzuführenden UVP beeinträchtigt, wenn das betreffende Vorhaben bereits vor deren ordnungsgemäßer Durchführung realisiert würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verfahrensfehler des Unterbleibens einer erforderlichen UVP gegebenenfalls nicht im Wege eines ergänzenden Verfahrens geheilt werden könnte (BVerwG, U. v. 20.8.2008 - 4 C 11/07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 26). Die wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen an der Vermeidung von Verzögerungen der Errichtung und an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der strittigen Windkraftanlagen müssen demgegenüber zurücktreten. Im Übrigen hatte hier auch die Genehmigungsbehörde davon abgesehen, den Sofortvollzug anzuordnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 1.5, 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis zu einer Gewässerbenutzung für den Betrieb des Steinkohle-Kraftwerks Moorburg in Hamburg an der Süderelbe.

2

Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens, in dem der Antragsteller sich mit Einwendungen u.a. gegen die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftwerks geplante Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung gewandt hatte, erteilte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 30. September 2008 neben der in Bestandskraft erwachsenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerks eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Wasserentnahme von maximal 64,4 cbm/s unter Beifügung von Beschränkungen und Nebenbestimmungen. Aufgrund eines mit der Beigeladenen geschlossenen Vergleichs ersetzte sie diese Erlaubnis mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch eine inhaltlich modifizierte Erlaubnis, ohne die grundsätzlich zulässige Entnahmemenge zu verändern. Diese Erlaubnis enthält zahlreiche Einschränkungen und Nebenbestimmungen; unter anderem wird die Höchstmenge der Wasserentnahme aus der Süderelbe insgesamt auf ein Drittel des jeweiligen Wasserzuflusses begrenzt, bei Unterschreitung eines Mindestsauerstoffgehalts von 6,0 mg/l als gleitendem 24-Stunden-Mittelwert ist die Einleitmenge gestuft zu vermindern. Als technische Maßnahmen zur Schadensminderung sind eine elektrische Fischscheuchanlage am Entnahmebauwerk und eine Fischaufstiegsanlage bei Geesthacht vorgesehen. Durch Änderungsbescheid vom 21. Januar 2011 ist der Beigeladenen erlaubt, zum Zweck der - alternativ zur Durchlaufkühlung möglichen - Kreislaufkühlung Wasser aus der Elbe zu entnehmen (maximale Entnahmemenge von 1 cbm/s).

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die wasserrechtliche Erlaubnis unter Abweisung der Klage des Antragstellers im Übrigen aufgehoben, soweit sie die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung betrifft: Habitatrechtliche Erwägungen rechtfertigten die Aufhebung der Erlaubnis zwar nicht. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Gewässerbenutzung führe zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen der unterhalb des Wehres von Geesthacht gelegenen Natura-2000-Gebiete, sei er mit seinem Vorbringen ausgeschlossen. Bezogen auf die oberhalb des Wehres gelegenen Schutzgebiete liege kein Verstoß gegen die maßgeblichen Schutzvorschriften vor, weil durch Bau und Betrieb der Fischaufstiegsanlage am Wehr erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzziele vermieden würden. Die Gewässerbenutzung für die Durchlaufkühlung verstoße aber gegen das Verschlechterungsverbot des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG, das keine bloße Zielbestimmung darstelle, sondern bei der Erlaubniserteilung als unmittelbar geltendes Recht zu beachten sei und jede substanzielle Verschlechterung der Qualität des betroffenen Gewässers über eine durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogene Relevanzschwelle hinaus verbiete. Diese Schwelle werde mit den nachteiligen Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt der Oberflächenwasserkörper Hafen und Elbe West überschritten, die von der erlaubten Kühlwassernutzung für die Durchlaufkühlung trotz der in der Erlaubnis vorgesehenen Einschränkungen der Gewässerbenutzung in Sauerstoffmangelsituationen zu erwarten seien. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot lägen mit Rücksicht auf die umweltschonendere technische Alternative der Kreislaufkühlung als Regelbetrieb nicht vor.

4

Nach Einlegung der Revisionen gegen dieses Urteil durch die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Frühjahr 2013 hat der Antragsteller am 21. März 2014 beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die wasserrechtliche Erlaubnis wiederherzustellen, soweit diese die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung betrifft. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der Eilantrag sei nunmehr geboten, da die Beigeladene die Aufnahme des Dauerbetriebs für den Herbst 2014 plane und eine Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot betreffenden Vorabentscheidungsverfahren zur Weservertiefung (Rs. C-461/13) als möglich erscheine. Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Suspensionsinteresse gegenüber dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen. Selbst unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof müsse die Klage Erfolg haben, weil die angefochtene Erlaubnis gegen das Habitat- und das besondere Artenschutzrecht verstoße. Aber auch eine von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung gehe zugunsten des Antragstellers aus. Nach Errichtung des Hybridkühlturms könne die Inbetriebnahme des Kraftwerks unter Einsatz der Kreislaufkühlung erfolgen. Das Interesse der Beigeladenen an der Nutzung der wirtschaftlich günstigeren Durchlaufkühlung habe geringeres Gewicht als das öffentliche Interesse am Schutz der Elbe, denn schon für die Dauer des Hauptsacheverfahrens drohten irreversible Verstöße gegen das Naturschutzrecht und das Wasserrecht.

5

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten dem Antragsbegehren entgegen und beantragen,

den Antrag abzulehnen.

II.

6

Der Antrag hat keinen Erfolg.

7

1. Der Antrag ist zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach Einlegung der Revisionen das Gericht der Hauptsache im Sinne von § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

8

Der Antragsteller ist befugt, gegen die nach § 8 WHG erteilte Erlaubnis Klage zu erheben, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Damit verbindet sich die Möglichkeit, gegenüber der gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ergangenen Anordnung der sofortigen Vollziehung einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

9

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

10

Der Prüfungsmaßstab für das Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes folgt aus § 4a Abs. 3 UmwRG. Danach ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Mit dieser Regelung knüpft § 4a Abs. 3 UmwRG an den allgemein für Anträge auf gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs geltenden Maßstäbe an. In Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - namentlich wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. Beschluss vom 22. März 2010 - BVerwG 7 VR 1.10 - juris Rn. 13).

11

§ 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab nur bezogen auf die gebotene Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs: Die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung setzt hiernach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung "ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen". An dem Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung, in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen ausweislich des Hinweises im Gesetzestext auf die Gesamtabwägung nichts (so bereits Beschluss vom 13. Juni 2013 - BVerwG 9 VR 3.13 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 90 = juris Rn. 4 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung, BTDrucks 17/10957 S. 18).

12

Hiernach muss der Antrag erfolglos bleiben, weil der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (a) und eine deshalb gebotene von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausgeht (b).

13

a) Bei summarischer Prüfung lässt sich kein Übergewicht der für oder gegen den Erfolg der Klage gegen die angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis sprechenden Gründe feststellen.

14

Offen ist zunächst, ob das Oberverwaltungsgericht das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) i) WRRL) zutreffend ausgelegt hat. Das Oberverwaltungsgericht versteht § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG als zwingendes, bei der Erlaubniserteilung unmittelbar zu beachtendes Recht und nicht bloß als umsetzungsbedürftige Zielvorgabe. Eine Verschlechterung des Gewässerzustands im Sinne der Vorschrift bejaht es überdies nicht erst bei einem Wechsel des Gewässers in eine schlechtere Zustandsklasse oder im Falle einer erheblichen Verschlechterung, sondern grundsätzlich bereits bei jeder substanziellen negativen Einwirkung auf das Gewässer oberhalb einer in der Vorschrift angelegten Relevanzschwelle. Der Senat neigt dieser Rechtsauffassung zu, hält sie aber nicht für eindeutig, wie dem Beschluss vom 11. Juli 2013 - BVerwG 7 A 20.11 - (DVBl 2013, 1450 Rn. 23 ff.) zu entnehmen ist, mit dem er in einem Verfahren über die geplante Weservertiefung den Europäischen Gerichtshof unter anderem zur Klärung des Bedeutungsgehalts des Verschlechterungsverbots in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) i) WRRL angerufen hat. Wie der Gerichtshof die Vorlagefragen, deren Klärung auch für die Auslegung des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG entscheidend ist (vgl. Beschluss vom 11. Juli 2013 a.a.O. Rn. 21), beantworten wird, ist offen. Dies wird dadurch unterstrichen, dass die im Vorabentscheidungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen der Europäischen Kommission und mehrerer Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen gelangen.

15

An der Einschätzung der Erfolgsaussichten unter wasserrechtlichem Blickwinkel ändert sich auch dann nichts, wenn die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Anwendung des Verschlechterungsverbots auf den Streitfall in die Beurteilung einbezogen werden. Es spricht wenig dafür, dass dem Oberverwaltungsgericht dabei - ausgehend von seiner Auslegung des Verschlechterungsverbots - Fehler unterlaufen sind. Namentlich dürfte sich die Bedeutung, die das Gericht einer nachteiligen Veränderung der Qualitätskomponente Sauerstoffgehalt für die Frage einer Verschlechterung des ökologischen Potenzials der in Rede stehenden Oberflächenwasserkörper beigemessen hat, schlüssig aus dem von ihm zugrunde gelegten weiten Verschlechterungsbegriff ergeben. Dass die Sachverhaltsfeststellung und Überzeugungsbildung, soweit sie die Anwendung des Verschlechterungsverbots betreffen, verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind, liegt zumindest bezogen auf den Oberflächenwasserkörper Hafen fern; insbesondere drängt es sich nicht auf, dass das Gericht mit seiner Annahme, dem Wärmelastplan für die Tideelbe sei ein Zielwert von 6 mg O2/l zu entnehmen (UA S. 92), gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen hat (vgl. S. 7 des Wärmelastplans).

16

Ob die wasserrechtliche Erlaubnis in habitatrechtlicher Hinsicht der Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten wird, ist ebenfalls offen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antragsteller mit seinen die Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten unterhalb des Wehres Geesthacht betreffenden Rügen für präkludiert gehalten, weil er hierzu im Verfahrensverlauf keine Einwendungen erhoben habe; eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzgebiete oberhalb des Wehres von Geesthacht hat es verneint, weil der Eintritt der befürchteten Beeinträchtigungen aquatischer Schutzziele durch die Bestimmungen der angefochtenen Erlaubnis über die Errichtung und den Betrieb einer Fischaufstiegsanlage wirksam verhindert werden könnten.

17

Was zunächst die Präklusion anbelangt, ist nicht verlässlich abzuschätzen, ob sich die Erwägungen der Vorinstanz im Hauptsacheverfahren als tragfähig erweisen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Unionsrechtskonformität der einschlägigen gesetzlichen Präklusionsregelungen zwar schon mehrfach geprüft und bejaht (vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13; Beschluss vom 17. Juni 2011 - BVerwG 7 B 79.10 - Buchholz 406.254 URG Nr. 3), die Europäische Kommission hält diese Regelungen hingegen für unionsrechtswidrig und hat deswegen beim Europäischen Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (Rs. C-137/14). Wie der Gerichtshof entscheiden wird, erscheint vor allem im Hinblick auf die von den Umweltverbänden zu beachtenden vergleichsweise kurzen Auslegungs- und Einwendungsfristen als offen.

18

Bezogen auf die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den aquatischen Erhaltungszielen der oberhalb des Wehres von Geesthacht gelegenen Natura-2000-Gebiete bestehen gleichfalls Unsicherheiten, die sich im Eilverfahren nicht auflösen lassen. Dies gilt zumindest für die Einstufung der an dem Wehr vorgesehenen - und mittlerweile errichteten - Fischaufstiegsanlage als Schadensminderungsmaßnahme, die die Gebietsverträglichkeit sichern soll. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bisher anerkannt, dass verbindlich geregelte Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen dann als Schadensminderungsmaßnahmen berücksichtigt werden können, wenn sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 53 f. = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 26). Für Ausgleichsmaßnahmen wird sich diese Feststellung allerdings nur ausnahmsweise treffen lassen, da derartige Maßnahmen in der Regel erst deutlich verzögert wirken und ihr Erfolg selten mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit vorhergesagt werden kann (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 94 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 30). Ob diese Rechtsprechung sich uneingeschränkt aufrechterhalten lässt, erscheint mit Rücksicht auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2014 - Rs. C-521/12 - als zweifelhaft. Der Gerichtshof hat darin ausgeführt, in der Verträglichkeitsprüfung seien solche in das Projekt aufgenommene Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen unmittelbar verursachte schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet verhindert oder verringert, nicht dagegen solche Maßnahmen, mit denen schädliche Auswirkungen auf das Gebiet nur ausgeglichen werden sollen. Er hat hierzu darauf hingewiesen, dass die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, sich im Allgemeinen nur schwer vorhersehen lassen und jedenfalls erst mit geraumer zeitlicher Verzögerung erkennbar sein werden; außerdem solle verhindert werden, dass die Behörde mit Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen entsprechen, das spezifische Verfahren des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL umgehe. Diese Vorgaben dürften nicht in jeder Hinsicht den bisher vom Bundesverwaltungsgericht angelegten Maßstäben entsprechen. Welche Konsequenzen sich daraus für den Streitfall ergeben, bedarf eingehender Prüfung, die im Eilverfahren nicht verlässlich zu leisten ist. Namentlich muss insoweit der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob die Fischtreppe als bloße Ausgleichsmaßnahme zu werten ist, weil sie nicht verhindert, dass ein Teil der Fische und des Fischlaichs im Zuge der Durchlaufkühlung zu Schaden kommt, oder ob es sich um eine Schadensminderungs- bzw. Schutzmaßnahme im eigentlichen Sinne handelt, weil die Stabilität der Fischpopulationen in den stromauf von Geesthacht gelegenen Schutzgebieten gesichert wird, indem anderen - zu den jeweiligen Populationen gehörenden - Fischen in größerer Anzahl der Aufstieg ermöglicht wird.

19

b) Sind demnach die Erfolgsaussichten der Klage offen, so überwiegt bei der im Übrigen gebotenen folgenorientierten Abwägung der wechselseitigen Interessen das Vollzugsinteresse der Beigeladenen gegenüber dem vom Antragsteller als Umweltschutzvereinigung vertretenen Interesse, die Schaffung vollendeter Tatsachen durch Inbetriebnahme des Kraftwerks mit der genehmigten Durchlaufkühlung vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern.

20

Das Kraftwerk der Beigeladenen ist baulich nach Maßgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30. September 2008 in der Fassung der zur nachträglichen Errichtung des Hybridkühlturms erteilten Änderungsgenehmigung vom 23. Dezember 2010 vollendet. Es befindet sich zurzeit in der Erprobungsphase, die die Aufnahme des Regelbetriebs vorbereitet. In diesem Stadium richtet sich das Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darauf, die Fortsetzung des Probebetriebs und die Aufnahme des Regelbetriebs mit der immissionsschutzrechtlich bestandskräftig genehmigten Durchlaufkühlung als Regelkühlung zu verhindern. Dieses Interesse hat nach den Umständen des Falles vergleichsweise geringes Gewicht.

21

Es ist nicht ersichtlich, dass die Einwirkungen durch den Kraftwerksbetrieb auf die betroffenen Schutzgüter so gravierend sein werden, dass bis zur Entscheidung über die Revisionen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gewichtige und irreversible Nachteile eintreten.

22

Das gilt zum einen in wasserrechtlicher Hinsicht. Negative Auswirkungen sind in Gestalt einer Verstärkung der in den Sommermonaten schon infolge anderer Ursachen zeitweise auftretenden Sauerstoffmangelsituationen in Betracht zu ziehen; die Entnahme von Kühlwasser aus der Süderelbe und dessen Wiedereinleitung in erwärmtem Zustand führt prinzipiell zu einer Verminderung des Sauerstoffgehalts, mag diese auch örtlich begrenzt sein. Solche Auswirkungen sind aber nur bezogen auf einen kurzen Zeitraum in die Abwägung einzustellen und werden zudem durch die in der wasserrechtlichen Erlaubnis vorgesehenen Betriebsbeschränkungen deutlich vermindert. Aufgrund von Reparaturarbeiten an den Dampferzeugern werden der erste Block des Kraftwerks voraussichtlich frühestens im Dezember 2014 und der zweite Block erst Ende des ersten Quartals 2015 in Betrieb gehen, was wiederum voraussetzt, dass keine weiteren Störungen im Rahmen des Probebetriebs auftreten. Erst dann ist mit einer kontinuierlichen Ausschöpfung der erlaubten Wasserentnahmemenge zu rechnen, während im Verlauf des Probebetriebs überwiegend nur reduzierte Mengen entnommen und - teilweise nicht einmal erwärmt - wieder eingeleitet werden. Sollte in der kritischen Zeit der Sommermonate 2015 das Kraftwerk seinen vollen Betrieb aufgenommen haben, werden die in der wasserrechtlichen Erlaubnis angeordneten Entnahme- bzw. Wiedereinleitungsbeschränkungen nach Maßgabe des Oberwasserzuflusses (Nr. 3.2), der Gewässertemperatur (Nr. 4.2) und des Sauerstoffgehalts (Nr. 4.3) greifen. Da bis zum Frühjahr 2016 mit einem Abschluss des im März 2013 anhängig gewordenen Revisionsverfahrens zu rechnen ist, sind Einwirkungen, die im Sommer 2016 zur Verschärfung des Sauerstoffmangels führen könnten, nicht zu berücksichtigen. Sollte das Hauptsacheverfahren mit der Revisionsentscheidung zulasten der Beigeladenen enden, hat dies nämlich die unmittelbare Einstellung einer Durchlaufkühlung und damit die Beendigung der vom Antragsteller befürchteten Gewässerbelastung zur Folge. Sollte es hingegen zu einer Zurückverweisung an die Vorinstanz kommen, so hat der Antragsteller die Möglichkeit, mit Rücksicht auf die dann erfolgte rechtliche Vorklärung erneut um vorläufigen Rechtsschutz durch das Oberverwaltungsgericht nachzusuchen.

23

In naturschutzrechtlicher Hinsicht gilt Ähnliches. Trotz der am Wasserentnahmebauwerk installierten Scheuchanlage muss zwar damit gerechnet werden, dass einzelne Exemplare geschützter Fischarten durch die Durchlaufkühlung zu Schaden kommen. Mit Blick auf den voraussichtlich kurzen Zeitraum des Regelbetriebs bis zu einer Revisionsentscheidung liegt es aber fern, dass die betroffenen Fischpopulationen in den Natura-2000-Gebieten, in denen sie Gegenstand von Erhaltungszielen sind, durch den Kraftwerksbetrieb destabilisiert werden. Dies trifft insbesondere für die stromauf von Geesthacht liegenden Gebiete zu, für die die am Wehr bei Geesthacht errichtete Fischaufstiegsanlage - unabhängig von der Frage ihrer Einordnung als Schadensminderungsmaßnahme - ihre Wirkung entfalten kann; dass die Aufstiegsanlage technisch ihre Funktion nicht erfüllt, hat der Antragsteller nicht substanziiert geltend gemacht.

24

Hiervon ausgehend ist das Interesse der Beigeladenen an der Inbetriebnahme des Kraftwerks mittels Durchlaufkühlung als Regelkühlung höher zu bewerten als das Suspensivinteresse des Antragstellers. Die Kreislaufkühlung verursacht wegen ihres verstärkten Energiebedarfs Mehrkosten, die jährlich im hohen einstelligen oder gar im zweistelligen Millionenbereich liegen dürften. Überdies schlägt ein Umweltaspekt zu Buche. Ungeachtet der Frage, ob die Annahme des Oberverwaltungsgerichts zutrifft, der Energiemehrbedarf für die Kreislaufkühlung könne mittel- bis langfristig in erheblichem Maße aus regenerativen Quellen gedeckt werden, hat der Antragsteller nicht substanziiert infrage gestellt, dass jedenfalls aktuell bis zur Entscheidung über die Revisionen der für die Kreislaufkühlung entstehende Mehrbedarf einen erhöhten Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid nach sich zieht. Dieser Nachteil stärkt ebenfalls das Interesse, die Kreislaufkühlung als Regelkühlung zu vermeiden. Außerdem verweist die Beigeladene schlüssig darauf, dass die Erfahrungsbasis für den Einsatz der Kreislaufkühlung mittels Hybridkühlturms bislang noch sehr schmal ist. Sie führt - vom Antragsteller unwidersprochen - hierzu an, dass bundesweit lediglich zwei Kraftwerke mit einem Hybridkühlturm betrieben werden und dass es insbesondere an betriebspraktischen Erfahrungen für den Betrieb eines Kohlekraftwerks in der Kombination von Durchlaufkühlung als Regelkühlung und Kreislaufkühlung in Ausnahmesituationen fehlt. Insoweit in Rechnung zu stellende Ausfallrisiken erhöhen sich umso mehr, wenn die wenig erprobte Kreislaufkühlung mittels Hybridkühlturms als Regelkühlung eingesetzt werden soll. Nicht von der Hand zu weisen ist ferner ein Interesse der Beigeladenen, die Inbetriebnahmephase des Kraftwerks auf der Grundlage der geplanten Kombinationskühlung zu Ende zu bringen. Wäre die Beigeladene gezwungen, diese Phase allein auf der Basis einer Kreislaufkühlung weiterzuführen, würde die Inbetriebsetzung anderer Gewerke des Kraftwerks erheblich behindert; sollte die Beigeladene schließlich im Hauptsacheverfahren obsiegen, müsste die unterbrochene Inbetriebnahme der Durchlaufkühlung wieder aufgenommen werden und die automatisierten Umschaltvorgänge zwischen Durchlauf- und Kreislaufkühlung müssten erprobt und optimiert werden, wofür das Kraftwerk tageweise vom Netz zu trennen wäre. All dies spricht angesichts des vergleichsweise geringen Suspensivinteresses des Antragstellers für die Beibehaltung der Vollzugsanordnung.

(1) Für Vorhaben, für die das Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c oder nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 in der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, sind die Vorschriften des Teils 2 Abschnitt 1 über die Vorprüfung des Einzelfalls in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(2) Verfahren nach § 4 sind nach der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, zu Ende zu führen, wenn vor diesem Zeitpunkt

1.
das Verfahren zur Unterrichtung über voraussichtlich beizubringende Unterlagen in der bis dahin geltenden Fassung des § 5 Absatz 1 eingeleitet wurde oder
2.
die Unterlagen nach § 6 in der bis dahin geltenden Fassung dieses Gesetzes vorgelegt wurden.

(3) Verfahren nach § 33 sind nach der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, zu Ende zu führen, wenn vor diesem Zeitpunkt der Untersuchungsrahmen nach § 14f Absatz 1 in der bis dahin geltenden Fassung dieses Gesetzes festgelegt wurde.

(4) Besteht nach den Absätzen 1 bis 2 eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und ist diese gemäß § 50 im Bebauungsplanverfahren nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchzuführen, gilt insoweit § 244 des Baugesetzbuchs.

(5) (weggefallen)

(6) Verfahren zur Errichtung und zum Betrieb sowie zur Änderung von Rohrleitungsanlagen nach Nummer 19.3 der Anlage 1, die vor dem 25. Juni 2002 eingeleitet worden sind, sind nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) zu Ende zu führen.

(6a) Eine Genehmigung für eine Rohrleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender Stoffe, die nach § 19a Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes in der am 28. Februar 2010 geltenden Fassung erteilt worden ist, gilt, soweit eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, als Planfeststellung nach § 65 Absatz 1, in den übrigen Fällen als Plangenehmigung nach § 65 Absatz 2 fort. Eine Rohrleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender Stoffe, die nach § 19e Absatz 2 Satz 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes in der am 28. Februar 2010 geltenden Fassung angezeigt worden ist oder keiner Anzeige bedurfte, bedarf keiner Planfeststellung oder Plangenehmigung; § 66 Absatz 2 und 6 gilt entsprechend.

(7) (weggefallen)

(8) Die Vorschriften des Teils 3 gelten für Pläne und Programme, deren erster förmlicher Vorbereitungsakt nach dem 29. Juni 2005 erfolgt. Verfahren zur Aufstellung oder Änderung von Plänen und Programmen, deren erster förmlicher Vorbereitungsakt nach dem 20. Juli 2004 erfolgt ist, sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen.

(9) Pläne und Programme, deren erster förmlicher Vorbereitungsakt vor dem 21. Juli 2004 erfolgt ist und die später als am 20. Juli 2006 angenommen oder in ein Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, unterliegen den Vorschriften des Teils 3. § 48 dieses Gesetzes sowie § 27 Absatz 1 und 3 des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt.

(10) Verfahren, für die nach § 49 Absatz 1 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist und die vor dem 1. März 2010 begonnen worden sind, sind nach diesem Gesetz in der ab dem 1. März 2010 geltenden Fassung zu Ende zu führen. Hat eine Öffentlichkeitsbeteiligung bereits stattgefunden, ist von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 in der vor dem 29. Juli 2017 geltenden Fassung abzusehen, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Hat eine Behördenbeteiligung bereits stattgefunden, bedarf es einer erneuten Beteiligung nach den §§ 7 und 8 in der vor dem 29. Juli 2017 geltenden Fassung nur, wenn neue Unterlagen zu erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens vorliegen.

(11) Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen und die vor dem 25. Juni 2005 begonnen worden sind, sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 15. Dezember 2006 geltenden Fassung zu Ende zu führen. Satz 1 findet keine Anwendung auf Verfahren, bei denen das Vorhaben vor dem 25. Juni 2005 bereits öffentlich bekannt gemacht worden ist.

(12) Für Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach Nummer 13.2.2 der Anlage 1 dienen, findet dieses Gesetz nur Anwendung, wenn das Verfahren nach dem 1. März 2010 eingeleitet worden ist. Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den Nummern 3.15, 13.1 bis 13.2.1.3, 13.3 bis 13.18 und 17 der Anlage 1 dienen und die vor dem 1. März 2010 eingeleitet worden sind, sind nach der bis zu diesem Tag geltenden Fassung des Gesetzes zu Ende zu führen.

(13) Für Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach Nummer 17.3 der Anlage 1 dienen, ist dieses Gesetz nur anzuwenden, wenn das Verfahren nach dem 1. August 2013 eingeleitet worden ist.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die Zulassungsentscheidungen dienen.

Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und werden nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.

(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.

(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.

(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.

(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

(1) Die zuständige Behörde stellt auf der Grundlage geeigneter Angaben des Vorhabenträgers sowie eigener Informationen unverzüglich fest, dass nach den §§ 6 bis 14b für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) besteht oder nicht. Die Feststellung trifft die Behörde

1.
auf Antrag des Vorhabenträgers oder
2.
bei einem Antrag nach § 15 oder
3.
von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens, das der Zulassungsentscheidung dient.

(2) Sofern eine Vorprüfung vorgenommen worden ist, gibt die zuständige Behörde die Feststellung der Öffentlichkeit bekannt. Dabei gibt sie die wesentlichen Gründe für das Bestehen oder Nichtbestehen der UVP-Pflicht unter Hinweis auf die jeweils einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 an. Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, dass keine UVP-Pflicht besteht, geht sie auch darauf ein, welche Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder welche Vorkehrungen für diese Einschätzung maßgebend sind. Bei der Feststellung der UVP-Pflicht kann die Bekanntgabe mit der Bekanntmachung nach § 19 verbunden werden.

(3) Die Feststellung ist nicht selbständig anfechtbar. Beruht die Feststellung auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

(1) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.

(2) Bei einem Neuvorhaben, das in Anlage 1 Spalte 2 mit dem Buchstaben „S“ gekennzeichnet ist, führt die zuständige Behörde eine standortbezogene Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde solche Umweltauswirkungen haben kann.

(3) Die Vorprüfung nach den Absätzen 1 und 2 entfällt, wenn der Vorhabenträger die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt und die zuständige Behörde das Entfallen der Vorprüfung als zweckmäßig erachtet. Für diese Neuvorhaben besteht die UVP-Pflicht. Die Entscheidung der zuständigen Behörde ist nicht anfechtbar.

(4) Zur Vorbereitung der Vorprüfung ist der Vorhabenträger verpflichtet, der zuständigen Behörde geeignete Angaben nach Anlage 2 zu den Merkmalen des Neuvorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Neuvorhabens zu übermitteln.

(5) Bei der Vorprüfung berücksichtigt die Behörde, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Liegen der Behörde Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen oder anderer rechtlich vorgeschriebener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vor, bezieht sie diese Ergebnisse in die Vorprüfung ein. Bei der allgemeinen Vorprüfung kann sie ergänzend berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die allgemeine Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.

(6) Die zuständige Behörde trifft die Feststellung zügig und spätestens sechs Wochen nach Erhalt der nach Absatz 4 erforderlichen Angaben. In Ausnahmefällen kann sie die Frist für die Feststellung um bis zu drei Wochen oder, wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeit der Prüfung erforderlich ist, um bis zu sechs Wochen verlängern.

(7) Die zuständige Behörde dokumentiert die Durchführung und das Ergebnis der allgemeinen und der standortbezogenen Vorprüfung.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich ist, sowie um die Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die Nutzung der - inzwischen fertig gestellten und in Betrieb genommenen - erweiterten Vorfeldfläche bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen.

2

Die Kläger sind Eigentümer selbst bewohnter Hausgrundstücke, die sich in etwa einem Kilometer Entfernung zum Flughafen A. befinden. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluglärmG.

3

Nach Durchführung eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei der Stadt A. zeigte die Beigeladene die geplante Vorfelderweiterung nach § 41 Abs. 1 LuftVZO luftverkehrsrechtlich an. Mit einem als Negativzeugnis bezeichneten Bescheid vom 26. April 2007 teilte das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden Ministerium) der Beigeladenen mit, die Prüfung ihrer Anzeige habe ergeben, dass eine Planfeststellung und eine Plangenehmigung nicht erforderlich seien, weil das Vorhaben eine unwesentliche Erweiterung der Flughafenanlage darstelle. Den Antrag der Kläger, für den Ausbau des Vorfeldes A auf dem Flughafen der Beigeladenen die Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung festzustellen und die im November 2007 aufgenommene Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A bis zum Abschluss des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen, lehnte das Ministerium mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 ab.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die Kläger die Aufhebung des Negativzeugnisses vom 26. April 2007 beantragt haben, und die Klage abgewiesen, soweit die Kläger beantragt haben, den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersagen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage gegen das Negativzeugnis sei zulässig. Bei dem Negativzeugnis handle es sich um einen für einen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt. Auch seien die Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Eine (mögliche) Verletzung subjektiver Rechte liege danach u.a. dann vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben sei. Materiell-rechtlicher Anknüpfungspunkt sei insofern die (drittschützende) Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 LuftVG. Der in der Norm verwendete Begriff "beeinträchtigt" sei - wie bisher - im Sinne von "beeinflusst" auszulegen. Eine solche Beeinflussung sei bereits dann gegeben, wenn Belange anderer in mehr als nur unerheblicher, also abwägungsrelevanter Weise berührt würden. Das sei hier der Fall. Als in der Nachbarschaft oder im Einwirkungsbereich des Flughafens wohnende Personen könnten die Kläger jeweils als eigenen Belang geltend machen, von den Lärmauswirkungen des Erweiterungsvorhabens betroffen zu sein. Darauf, dass nach der Schalluntersuchung die - unstreitig zu erwartende - Lärmsteigerung im Bereich des Abwägungsunerheblichen liegen möge, könne hier nicht entscheidend abgestellt werden, weil die Schalluntersuchung und das ergänzende Gutachten, das die Beigeladene während des Gerichtsverfahrens beigebracht habe, auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose beruhten. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es durch die verfahrensgegenständliche Erweiterungsmaßnahme zu abwägungserheblichen Erhöhungen der Lärmbelastung der Kläger komme. Die Klage sei auch begründet. Für die Erweiterung des Vorfelds A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung der Umweltverträglichkeit nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Diese sei - wegen der nicht plausiblen Bewertung der Lärmbelastung der Kläger - fehlerhaft. Hierauf könnten sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UmwRG berufen. Einer eigenen Rechtsverletzung bedürfe es insofern nicht. Die Klage auf Nutzungsuntersagung sei dagegen unzulässig. Den Klägern fehle insofern die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Diese ergebe sich weder aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch noch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG, weil eine (mögliche) Rechtsverletzung hier noch nicht einmal ansatzweise erkennbar sei. Auf das subjektive Recht der Kläger auf abwägende Berücksichtigung ihrer Belange könne nicht abgestellt werden, weil ihm mit der beantragten Nutzungsuntersagung nicht Rechnung getragen würde oder werden könnte. Eine abwägungsfehlerhafte Verkürzung von Lärmschutzbelangen führe in der Regel nicht zur Blockierung des Vorhabens, weil den Lärmschutzbelangen durch Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere in Gestalt von Lärmschutzauflagen, Rechnung getragen werden könne. Auch für eine Verletzung des Rechts der Kläger auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) fehle es an Anhaltspunkten. Schließlich ergebe sich auch aus europäischem Recht keine Klagebefugnis.

5

Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision haben die Beteiligten eingelegt, soweit sie jeweils unterlegen sind.

6

Beklagter und Beigeladene sind der Meinung, die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Sie tragen vor, bei dem Negativzeugnis handele es sich um keine Entscheidung, die von einem Dritten angefochten werden könne. Sie weise keinerlei planungsrechtlichen Gehalt auf. Es handele sich vielmehr um eine Verfügung des Aufsichtsrechts nach den §§ 41, 47 LuftVZO. Unabhängig davon seien die Kläger jedenfalls nicht klagebefugt. Einen Anspruch auf die Durchführung des richtigen Verfahrens, namentlich eines Planfeststellungsverfahrens, gebe es nicht. Auch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergäben sich keine einklagbaren Rechte Dritter. Schließlich lasse sich die Klagebefugnis auch nicht aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG herleiten; denn die Norm stelle auf eine Rechtsbeeinträchtigung und nicht auf eine bloße Rechtsbeeinflussung ab. Eine Beeinträchtigung von Rechten anderer sei aber nur dann gegeben, wenn ein direkter Zugriff auf fremde Rechte erfolge. Das sei hier nicht der Fall. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei zu respektieren. Eine Klagebefugnis aus anderen Gründen sei nicht erkennbar.

7

Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. So habe das Oberverwaltungsgericht bereits verkannt, dass hier kein Vorhaben i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG vorliege. Denn die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen am Flughafen seien von den bisher erteilten Genehmigungen gedeckt. Das folge (auch) aus § 71 Abs. 2 LuftVG. Die UVP-Vorprüfung weise zudem weder Ermittlungsfehler noch Ermittlungsdefizite auf. Unabhängig davon verstoße die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei nicht nachvollziehbar, gegen § 3a Satz 4 UVPG, weil das Gericht die Anforderungen an deren Überprüfung überspannt habe.

8

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Klage auf Nutzungsuntersagung abgewiesen. Es habe die Anforderungen an die Klagebefugnis verkannt. Diese folge auch insoweit aus dem klägerischen Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange. § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. dem allgemeinen (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch und § 29 Abs. 1 LuftVG seien zudem dahingehend auszulegen, dass eine Verletzung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der sog. UVP-Richtlinie zugleich eine die Klagebefugnis begründende Rechtsverletzung zumindest der - wie die Kläger - qualifiziert in ihren Rechten Betroffenen vermittele. Hieraus resultiere auch ein Anspruch auf Nutzungsuntersagung der Vorfelderweiterung zugunsten der Kläger.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen von Beklagtem und Beigeladener sind unbegründet (1.). Auf die Revision der Kläger war das angefochtene Urteil zu ändern und der Beklagte antragsgemäß zu verpflichten, die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme gegenüber der Beigeladenen zu untersagen (2.).

10

1. a) Die Klage gegen die Unterbleibensentscheidung ("Negativzeugnis") vom 26. April 2007 ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft (aa), und die Kläger besitzen die hierfür erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (bb).

11

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG - einen - auch für einen Dritten anfechtbaren - Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 <163> = juris Rn. 60; ferner Urteile vom 8. Oktober 1976 - 7 C 24.73 - Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 zum Personenbeförderungsrecht und vom 15. Januar 1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 = juris Rn. 21 zum Fernstraßenrecht). Hieran ist festzuhalten. So hat der 7. Senat die Verwaltungsakteigenschaft einer Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - wiederholt bejaht (BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 7 C 2.10 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 8 Rn. 21 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 9 Rn. 13). Für die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG kann nichts anderes gelten, zumal diese - anders als die Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG - zusätzlich eine entsprechende Ermessensausübung durch die Planfeststellungsbehörde erfordert. Hiervon geht offenbar auch das Ministerium aus, denn es hat seiner Unterbleibensentscheidung Nebenbestimmungen in Form von zwei Auflagen und einem Auflagenvorbehalt beigefügt, die auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 und 5 VwVfG NW gestützt wurden.

12

Der Regelungsgehalt einer Entscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG besteht dabei zum einen in der Feststellung, dass es sich um eine Änderung/Erweiterung eines Flughafens handelt (i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG), die jedoch i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3 LuftVG von unwesentlicher Bedeutung ist, zum anderen in dem auf pflichtgemäßer Ermessensausübung beruhenden Verzicht der Behörde auf die Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens sowie der hiermit verbundenen Freigabe der Maßnahme nach Luftverkehrsrecht. Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Vorhabenträger (Anzeigender i.S.v. § 41 Abs. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung - LuftVZO -) und besitzt damit Außenwirkung. Da nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, wirkt die Unterbleibensentscheidung auch gegenüber Dritten. Denn aufgrund dieser Entscheidung muss weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung und damit auch keine gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG umfassende Abwägung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erfolgen.

13

bb) Die Kläger sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Es erscheint zumindest möglich, dass sie durch die Unterbleibensentscheidung in ihren durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten Rechten verletzt werden.

14

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für seine Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist (stRspr; vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 14), und die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint. Eine Anfechtungsklage ist nur dann nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 - 11 C 17.93 - BVerwGE 95, 333 <334 f.>). Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 41).

15

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG a. F. drittschützend ist (BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 = juris Rn. 27). Auch in der jetzigen Fassung ist die Vorschrift drittschützend, weil - trotz der durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) erfolgten Änderung (Ersetzung des Begriffs "beeinflusst" durch den Begriff "beeinträchtigt") - sich die von § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geforderte "Berücksichtigung von Rechten Dritter" nicht auf den direkten Zugriff auf Rechte beschränkt, sondern - nach wie vor - im Sinne einer "Beeinflussung der Rechte Dritter" zu verstehen ist; die Norm erfasst damit auch Drittbelange, die in mehr als unerheblicher, mithin abwägungsrelevanter Weise (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ) berührt werden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 66.08 - juris Rn. 8 unter Verweis auf das Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - a.a.O. S. 164). Dies folgt aus einer an Wortlaut, Sinn und Zweck und der Systematik ausgerichteten Auslegung.

16

§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG formuliert in seinem 1. Halbsatz dahingehend, dass "Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden". Diese Formulierung lehnt sich wohl an § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 LuftVG an (dort heißt es "Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden"), so dass hieraus gefolgert werden könnte, dass mit den Formulierungen das Gleiche gemeint ist. Ein solches Verständnis ließe jedoch den jeweiligen Halbsatz 2 der Regelungen unberücksichtigt, der Rückschlüsse auf die Reichweite der "Rechte anderer" zulässt. Während § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG zum Inhalt hat, dass "die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben", heißt es in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG lediglich, dass "mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden". § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG rechtfertigt somit den Schluss, dass "Rechte anderer" i.S.d. Halbsatzes 1 nur solche sein können, auf die durch ein Vorhaben unmittelbar zugegriffen werden soll. Zu einem solchen Schluss zwingt § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG mit seiner offeneren Formulierung von den "entsprechenden Vereinbarungen" jedoch nicht. Vielmehr rechtfertigt er die Annahme, dass die in Halbsatz 1 angesprochenen Rechte anderer weiter zu fassen sind (mithin in Richtung auf die abwägungserheblichen Belange i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) als die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 genannten.

17

Auch die Systematik, die § 8 LuftVG zugrunde liegt, spricht für diese Auslegung. In § 8 LuftVG ist die Genehmigungsbedürftigkeit u.a. von Änderungen an bestehenden Flughäfen normiert. Die Vorschrift stellt dabei eine gewisse Rangfolge in Bezug auf die durchzuführenden Genehmigungsverfahren auf. Grundsätzlich ist für die Änderung von Flughäfen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. In bestimmten Fällen kann unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG von einer Planfeststellung abgesehen und nur eine Plangenehmigung erteilt werden. Im Sonderfall der unwesentlichen Änderung kann nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG auch eine Unterbleibensentscheidung ergehen, mit der Folge, dass dann weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich sind. Insbesondere der Vergleich zwischen den Regelungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 8 Abs. 3 Satz 2 LuftVG belegt, dass bei einer identischen Auslegung der Wörter "Rechte anderer nicht beeinträchtigt" die Voraussetzungen für eine Plangenehmigung oder eine Unterbleibensentscheidung weitgehend angeglichen würden. Die in § 8 Abs. 1 bis 3 LuftVG angelegte Stufenfolge würde hierdurch infrage gestellt. Wird dagegen die Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem über den direkten Zugriff auf Rechte anderer hinausgehenden Sinne verstanden, bleibt das Stufenverhältnis der einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen gewahrt. Es kommt hinzu, dass sowohl die Planfeststellung als auch die Plangenehmigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Ergebnis einer sämtliche durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange Rechnung tragenden Abwägung sein müssen; eine solche Abwägung ist im Rahmen einer Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG nicht vorgesehen. Der Stufenfolge des § 8 LuftVG liegt damit der Gedanke zugrunde, nur solche Vorhaben von einer Planfeststellung/Plangenehmigung auszunehmen, deren Zulassung gerade keiner planerischen Abwägungsentscheidung bedarf. Diese Systematik ist aber nur dann gewahrt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem weiten Sinne verstanden wird, weil andernfalls durch die Unterbleibensentscheidung abwägungserhebliche Belange Dritter im luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahren ausgeblendet werden könnten.

18

§ 8 Abs. 3 LuftVG dient ersichtlich der Verfahrensvereinfachung und der Verfahrensbeschleunigung für unwesentliche (= „einfache“) Änderungen/Erweiterungen eines Flughafens. Diese sollen in einem möglichst unkomplizierten Verfahren, insbesondere ohne eine sie rechtfertigende (umfassende) Abwägungsentscheidung, "zugelassen" und anschließend rasch verwirklicht werden können. Die Norm hat nicht den Zweck, die Genehmigungsbehörde von einer etwa erforderlichen Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange Dritter freizustellen oder solche Belange abzuschneiden. Wo solche (schutzwürdigen, nicht geringwertigen und nicht makelbehafteten) Belange berührt werden, ist die Unterbleibensentscheidung nach deren Sinn und Zweck nicht das richtige Instrument zur Vorhabenfreigabe. Es bedarf dann vielmehr einer Planfeststellung/Plangenehmigung. Der hinter § 8 Abs. 3 LuftVG stehende Zweck würde verfehlt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LuftVG auf die Fälle des direkten Zugriffs auf Rechte Dritter beschränkt würde.

19

Die Kläger haben hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine Verletzung ihrer durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten abwägungserheblichen Belange aufgrund der ungeklärten Lärmauswirkungen der umstrittenen Maßnahme zumindest möglich erscheint. Die klägerischen Grundstücke liegen etwas über einen Kilometer vom Flughafen A. entfernt. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - FlugLärmG -. Die Erweiterung des Vorfeldes A sowie die weiteren hiermit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgen in Richtung auf ihr Grundstück. Nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten der B. GmbH vom 23. Januar 2007 bedingt die Maßnahme eine Erhöhung der Lärmbelastung der Kläger, weil die Erweiterung zu einer Zunahme der Bewegungen auf dem Vorfeld A führt. Zwar kommt die B. GmbH zu dem Ergebnis, dass durch die Vorfelderweiterung lediglich mit einer Erhöhung des Lärmpegels um 0,5 dB(A) zu rechnen sei. Die Kläger haben diese Aussage sowie die Lärmbegutachtung aber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts substantiiert in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund lässt sich dem Lärmschutzinteresse der Kläger nicht von vornherein jegliche Relevanz absprechen. Ob diesem Gesichtspunkt im konkreten Fall die Bedeutung zukommt, die ihm die Kläger beimessen, ist der Prüfung im Rahmen der Begründetheit vorzubehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3 S. 25 = juris Rn. 20).

20

b) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht von der Begründetheit der Klage ausgegangen.

21

aa) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Negativzeugnis sei rechtswidrig, weil eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung bestehe und die angestellte UVP-Vorprüfung aufgrund von Ermittlungsdefiziten im Ergebnis nicht nachvollziehbar sei (UA S. 21), verstößt nicht gegen revisibles Recht.

22

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, für die Erweiterung des Vorfeldes A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG -, denn hierbei handele es sich um die Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens, die nicht von einer bestandskräftigen förmlichen Zulassungsentscheidung gedeckt sei (UA S. 22 f.). Das steht mit Bundesrecht im Einklang.

23

Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - auch - für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Frage, ob es sich um eine Änderung oder Erweiterung im Sinne der Vorschrift handelt, beurteilt sich dabei nach materiellem Recht, vorliegend mithin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Loseblatt Stand Oktober 2014, § 8 Rn. 18). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Änderung eines Flughafens vorliegt, wenn das Vorhaben vom Regelungsgehalt einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist; schon Zugelassenes bedarf nicht erneut einer Zulassung (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 31; Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 14 S. 9 f. = juris Rn. 16). Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist mithin der bisherige Gestattungszustand (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149,17 Rn. 14). Insoweit ist der Begriff der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LuftVG fachplanungsrechtlich determiniert (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 a.a.O. Rn. 31).

24

Das Oberverwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Urteil ausführlich mit der Genehmigungslage des Flughafens A. befasst (UA S. 23 bis 30) und ist in Auslegung der vorhandenen Genehmigungen zum Ergebnis gelangt, dass diese die Erweiterung des Vorfeldes A nicht abdecken. Der tatrichterlich ermittelte Inhalt der Genehmigungen ist als Tatsachenfeststellung i.S.d. § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindend (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>), weil weder der Beklagte noch die Beigeladene innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Verfahrensrüge erhoben haben, sondern sich darauf beschränken, der vorinstanzlichen Auslegung der Genehmigungen ihre eigene, davon abweichende Auslegung gegenüber zu stellen.

25

Ist danach von einer Änderung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auszugehen, so liegt damit auch eine Änderung i.S.v. § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG vor. Da gemäß § 3b Abs. 1 i.V.m. Nr. 14.12.1 der Anlage 1 UVPG (in der hier maßgeblichen Fassung zum 26. April 2007) der Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation mit einer Start- und Landebahngrundlänge von - wie hier - 1 500 m oder mehr UVP-pflichtig ist, folgt hieraus, dass die Vorfelderweiterung einer UVP-Vorprüfung bedurfte.

26

(2) Das Oberverwaltungsgericht hat ferner angenommen, dass die UVP-Vorprüfung durch den Beklagten nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG entspreche. Auch das lässt einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen.

27

Nach § 3a Satz 4 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

28

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG muss die zuständige Behörde einschätzen, ob das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 3 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34, vom 16. Oktober 2008‌ - 4 C 5.07 -‌ BVerwGE 132, 123 Rn. 32 und vom 17. Dezember 2013‌ - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht.

29

Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.).

30

Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - UPR 2014, 444 Rn. 16). Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29).

31

Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend beanstandet, dass die Lärmauswirkungen, die mit der Nutzung des erweiterten Vorfeldes A verbunden sind, nicht auf der Grundlage einer realistischen Verkehrsprognose ermittelt und beurteilt worden seien. Das gelte namentlich für den Bodenlärm und für die Schalluntersuchung. Das Gutachten zur Kapazitätsveränderung durch ein erweitertes Vorfeld A am Flughafen A. vom Dezember 2006 der C. GmbH (C.-Gutachten) habe insofern unzutreffend auf die Flugbewegungen eines typischen Tages des Jahres 2005 und der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 2005 abgestellt, anstatt von einem zu einem bestimmten Prognosezeitpunkt zu erwartenden Flugbewegungsaufkommen auszugehen. Das gelte auch für die hierauf aufbauende schalltechnische Untersuchung der B. GmbH vom Januar 2007 (UA S. 33 f.). Die Abschätzung des Bodenlärms sei daher aufgrund eines falschen Ansatzes oder Maßstabes unbrauchbar. Die Ergebnisrelevanz dieses Fehlers sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Gestalt von (erheblichem) Bodenlärm aus anderen Gründen offensichtlich nicht zu erwarten seien, denn solche Gründe seien nicht gegeben. Diese Ausführungen lassen einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sowohl das C.-Gutachten als auch die Lärmbegutachtung durch die B. GmbH nicht geeignet waren, die Unbeachtlichkeit der Lärmerhöhung durch die Erweiterungsmaßnahme in Richtung auf die klägerischen Wohngebäude zu belegen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Lärmberechnung auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen abzustellen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, vom 3. März 1999 - 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 und vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 354; Beschluss vom 7. Februar 2001 - 11 B 61.00 - ZLW 2001, 455). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) fehlt es vorliegend an einer dieser Anforderung entsprechenden in die Zukunft gerichteten Verkehrsprognose zum Zeitpunkt des Erlasses der Unterbleibensentscheidung. Damit ist das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, wonach es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, nicht plausibel begründet.

32

Dass das C.-Gutachten und das Gutachten der B. GmbH unzureichend waren, räumt letztlich auch der Beklagte ein. Er vertritt allerdings die Auffassung, die Mängel seien durch das auf Anforderung des Oberverwaltungsgerichts nachgereichte C.-Gutachten vom Juli 2012 geheilt worden. Eine solche Heilung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass auch das nachgereichte Gutachten fehlerhaft ist. Zudem habe der Beklagte seine Bodenlärmbeurteilung aus Anlass der C.-Darstellung nicht ergänzt. Damit sei keine Heilung der Fehler bei der Beurteilung des Bodenlärms eingetreten (UA S. 38). Hieran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da diese Feststellungen nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind.

33

bb) Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht schließlich entschieden, dass sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - auf die fehlerhafte UVP-Vorprüfung berufen könnten, ohne dass es darüber hinaus der Feststellung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedürfe.

34

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UVPG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung ist mithin eine fehlerhaft unterbliebene UVP oder UVP-Vorprüfung. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG sonst voraussetzt. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage, ist aber gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013‌ - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt das auch, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt.

35

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG auch Anwendung auf die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG. Denn nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UVPG sind Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, sind dabei vor allem solche, die ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG abschließen (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149, 17). Hierzu zählt auch die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG, weil sie ein Verwaltungsakt ist.

36

2. Die Revision der Kläger ist dagegen erfolgreich. Ihre Klage ist zulässig (a) und begründet (b). Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist insofern mit Bundesrecht nicht vereinbar.

37

a) Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A unzulässig sei, weil den Klägern die nach § 42 Abs. 2 VwGO hierfür erforderliche Klagebefugnis fehle, trifft nicht zu.

38

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint (vgl. oben). Da die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO nur begründet ist, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes gegeben ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C ‌77.84 -‌ BVerwGE 77, 317 = juris Rn. 13), erfordert dies das Bestehen eines Rechtssatzes, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115). Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1991 - 4 C 23.88 - Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 5; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 6 C 2.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 3 und vom 10. Oktober 2012 - 6 C 36.11 - BVerwGE 144, 284 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist es entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass die Kläger einen Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung oder wenigstens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung haben.

39

(1) Eine Rechtsgrundlage für das vom Beklagten verlangte aufsichtsbehördliche Einschreiten ist mit § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorhanden. Danach ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG um eine Norm, die sich auf das Gebot zur Gefahrenabwehr i.S.d. allgemeinen Polizeirechts beschränkt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 C 2.13 - juris Rn. 18). Schutzgut der Vorschrift ist, soweit es vorliegend darauf ankommt, die öffentliche Sicherheit. Sie umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die Unversehrtheit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie Bestand und Funktionieren der Einrichtungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für das Schutzgut führt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 a.a.O. Rn. 13). Hiervon ist etwa dann auszugehen, wenn ein Flughafen ohne die nach § 8 Abs. 1 und 2 LuftVG erforderliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung geändert wird und eine dies legitimierende Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG fehlt, z.B. weil diese auf den Rechtsbehelf eines Dritten hin aufgehoben worden ist. Ist eine solche Gefahr gegeben, dann kann die hierfür zuständige Behörde die erforderlichen Verfügungen erlassen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Bei einer formell illegalen Änderung eines Flughafens lässt sich auf diese Regelung u.a. die Befugnis stützen, die Nutzung der geänderten Anlagen zu untersagen und damit die Störung der Rechtsordnung zu unterbinden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2001 - 11 VR 16.00 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 18 = juris Rn. 11).

40

(2) § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG stellt das Einschreiten in das Ermessen der zuständigen Behörden. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Allein in den Fällen der sog. Ermessensreduzierung auf Null kann sich dieser Anspruch zu einem Rechtsanspruch verdichten. Nicht anders als in anderen Gebieten des öffentlichen Rechts, namentlich im öffentlichen Baurecht setzen sowohl der Anspruch auf Einschreiten als auch der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung voraus, dass der Dritte durch die formell illegale Anlage in seinen Rechten verletzt wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei geklärt, dass sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten lässt, die das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen (stRspr, vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 20. Oktober 1972 - 4 C 107.67 - BVerwGE 41, 58 <63> = juris Rn. 18). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122). Er wird für die Kläger durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG vermittelt. Es erscheint zumindest möglich, dass die Kläger durch die Weigerung des Beklagten, die Nutzung des erweiterten Vorfeldes A vorläufig zu unterbinden, in ihrem Recht auf Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt sind. Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, mit der beantragten Nutzungsuntersagung könne der Rechtsverletzung nicht begegnet werden, ist unzutreffend. Zwar führt eine abwägungsfehlerhafte Nichtberücksichtigung oder Zurücksetzung von Lärmschutzbelangen in der Regel dazu, dass der Betroffene im Wege der Verpflichtungsklage auf eine Vervollständigung der Lärmschutzkonzeption zu seinen Gunsten dringen muss (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290). Das bedeutet aber nicht, dass er das Vorhaben nicht, wie mit der Nutzungsuntersagung angestrebt, bis zur Fehlerbehebung blockieren könnte. Solange die Lärmschutzkonzeption defizitär ist, muss nämlich die beanstandete Nutzung einer Verkehrsfläche unterbleiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290 und vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 77).

41

b) Die Klage ist begründet. Der Senat kann die beantragte Verpflichtung des Beklagten selbst aussprechen, da die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für diese Beurteilung ausreichend sind und die Sache spruchreif ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

42

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 29 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG und § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG auf Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. gegenüber der Beigeladenen bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme. Der dem widersprechende Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2008 war daher aufzuheben.

43

aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG liegen vor, weil die Vorfelderweiterung formell illegal ist.

44

bb) Das dem Beklagten eröffnete Ermessen ist vorliegend zugunsten der Kläger dahingehend reduziert, dass der Beklagte gegen die nicht genehmigte Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreiten muss. Ein Nutzungsverbot ist zwingende Konsequenz daraus, dass die Unterbleibensentscheidung vom Oberverwaltungsgericht - zu Recht - aufgehoben wurde, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist, und die Kläger sich hierauf über § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG berufen können. Mit § 4 Abs. 3 UmwRG wollte der Gesetzgeber (vgl. BT-Drs. 16/2495 S.14) der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom ‌7. Januar 2004 ‌- C-201/02 - [ECLI:EU:C:2004:12], Wells - Rn. 54 ff.) Rechnung tragen, der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen könne. Der Europäische Gerichtshof betont überdies in ständiger Rechtsprechung, dass ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht in der Lage sein müsse, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (EuGH, Urteile vom 19. Juni 1990 - C-213/89 [ECLI:EU:C:1990:257], Factortame u.a. - Rn. 21, vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:EU:C:2007:163], Unibet - Rn. 67 und vom 15. Januar 2013 - C-416/10 [ECLI:EU:C:2013:8], Krizan u.a. - Rn. 107). Diese Ausführungen stehen zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit bestehen muss, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erreichen, mit der die Vollziehung einer Genehmigung bis zum Erlass der Endentscheidung (des Gerichts) vorübergehend ausgesetzt werden kann. Die Grundsätze müssen aber erst recht gelten, wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Inswerksetzung des Vorhabens durch Urteil aufgehoben wurde, weil die für das Vorhaben erforderliche UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und offen ist, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf und zugelassen werden kann. Es kommt ein weiteres hinzu: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten gemäß dem (jetzt) in Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union ‌- EUV -‌ enthaltenen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht zu beheben (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich u.a. - Rn. 36). Eine solche Verpflichtung obliegt jeder Behörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 64 m.w.N.). Begrenzt durch den Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, sind derartige Maßnahmen beispielsweise die Rücknahme oder die Aussetzung einer bereits erteilten Genehmigung zu dem Zweck, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 65).

45

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für Fälle wie den vorliegenden in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die das behördliche Ermessen in Bezug auf ein luftaufsichtsrechtliches Einschreiten dahingehend steuert, dass zugunsten der unter den Schutzbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG fallenden Nachbarschaft in der Regel eingeschritten werden muss. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Überlegung, dass ansonsten eine nicht zu rechtfertigende Rechtsschutzlücke entstünde. Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich. Die Kläger sind zwar mit ihrer Klage gegen die Unterbleibensentscheidung durchgedrungen, vor dem Oberverwaltungsgericht mit dem Begehren auf Nutzungsuntersagung jedoch gescheitert. Solange der Beklagte bei dieser Sachlage nicht aus eigenem Entschluss gegen die Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreitet, ändert sich faktisch für die Kläger nichts. Damit würde § 4 Abs. 3 UmwRG in der Sache leerlaufen. Das widerspricht nicht nur Unionsrecht (Effektivitätsgrundsatz), sondern auch Art. 19 Abs. 4 GG.

46

Es mag Fallgestaltungen geben, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Nutzungsuntersagung eines wegen Verstoßes gegen die UVP-Vorprüfungspflicht formell illegalen Vorhabens abzusehen ist. Das bedarf aber keiner Vertiefung, weil für einen solchen Fall hier keine Anhaltspunkte bestehen und von der Beigeladenen auch nicht geltend gemacht worden sind.

47

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO, bezüglich der Beigeladenen auch auf § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
10 
2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
11 
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
12 
2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
13 
2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
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Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
15 
Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
16 
2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
17 
Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
18 
Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
19 
Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
20 
2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
21 
Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
22 
Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
23 
Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
26 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
28 
2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
30 
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
37 
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Der Vorhabenträger hat der zuständigen Behörde einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der zumindest folgende Angaben enthält:

1.
eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zur Art, zum Umfang und zur Ausgestaltung, zur Größe und zu anderen wesentlichen Merkmalen des Vorhabens,
2.
eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens,
3.
eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll,
4.
eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll, sowie eine Beschreibung geplanter Ersatzmaßnahmen,
5.
eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens,
6.
eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen sowie
7.
eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung des UVP-Berichts.
Bei einem Vorhaben nach § 1 Absatz 1, das einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Projekten oder Plänen geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, muss der UVP-Bericht Angaben zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele dieses Gebiets enthalten.

(2) Der UVP-Bericht ist zu einem solchen Zeitpunkt vorzulegen, dass er mit den übrigen Unterlagen ausgelegt werden kann.

(3) Der UVP-Bericht muss auch die in Anlage 4 genannten weiteren Angaben enthalten, soweit diese Angaben für das Vorhaben von Bedeutung sind.

(4) Inhalt und Umfang des UVP-Berichts bestimmen sich nach den Rechtsvorschriften, die für die Zulassungsentscheidung maßgebend sind. In den Fällen des § 15 stützt der Vorhabenträger den UVP-Bericht zusätzlich auf den Untersuchungsrahmen.

(5) Der UVP-Bericht muss den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen. Er muss die Angaben enthalten, die der Vorhabenträger mit zumutbarem Aufwand ermitteln kann. Die Angaben müssen ausreichend sein, um

1.
der zuständigen Behörde eine begründete Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 25 Absatz 1 zu ermöglichen und
2.
Dritten die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können.

(6) Zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen hat der Vorhabenträger die vorhandenen Ergebnisse anderer rechtlich vorgeschriebener Prüfungen in den UVP-Bericht einzubeziehen.

(7) Der Vorhabenträger muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass der UVP-Bericht den Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 6 entspricht. Die zuständige Behörde hat Nachbesserungen innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen, soweit der Bericht den Anforderungen nicht entspricht.

(8) Sind kumulierende Vorhaben, für die jeweils eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Gegenstand paralleler oder verbundener Zulassungsverfahren, so können die Vorhabenträger einen gemeinsamen UVP-Bericht vorlegen. Legen sie getrennte UVP-Berichte vor, so sind darin auch jeweils die Umweltauswirkungen der anderen kumulierenden Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(9) Der Vorhabenträger hat den UVP-Bericht auch elektronisch vorzulegen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Der Vorhabenträger hat der zuständigen Behörde einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der zumindest folgende Angaben enthält:

1.
eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zur Art, zum Umfang und zur Ausgestaltung, zur Größe und zu anderen wesentlichen Merkmalen des Vorhabens,
2.
eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens,
3.
eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll,
4.
eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll, sowie eine Beschreibung geplanter Ersatzmaßnahmen,
5.
eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens,
6.
eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen sowie
7.
eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung des UVP-Berichts.
Bei einem Vorhaben nach § 1 Absatz 1, das einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Projekten oder Plänen geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, muss der UVP-Bericht Angaben zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele dieses Gebiets enthalten.

(2) Der UVP-Bericht ist zu einem solchen Zeitpunkt vorzulegen, dass er mit den übrigen Unterlagen ausgelegt werden kann.

(3) Der UVP-Bericht muss auch die in Anlage 4 genannten weiteren Angaben enthalten, soweit diese Angaben für das Vorhaben von Bedeutung sind.

(4) Inhalt und Umfang des UVP-Berichts bestimmen sich nach den Rechtsvorschriften, die für die Zulassungsentscheidung maßgebend sind. In den Fällen des § 15 stützt der Vorhabenträger den UVP-Bericht zusätzlich auf den Untersuchungsrahmen.

(5) Der UVP-Bericht muss den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen. Er muss die Angaben enthalten, die der Vorhabenträger mit zumutbarem Aufwand ermitteln kann. Die Angaben müssen ausreichend sein, um

1.
der zuständigen Behörde eine begründete Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 25 Absatz 1 zu ermöglichen und
2.
Dritten die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können.

(6) Zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen hat der Vorhabenträger die vorhandenen Ergebnisse anderer rechtlich vorgeschriebener Prüfungen in den UVP-Bericht einzubeziehen.

(7) Der Vorhabenträger muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass der UVP-Bericht den Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 6 entspricht. Die zuständige Behörde hat Nachbesserungen innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen, soweit der Bericht den Anforderungen nicht entspricht.

(8) Sind kumulierende Vorhaben, für die jeweils eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Gegenstand paralleler oder verbundener Zulassungsverfahren, so können die Vorhabenträger einen gemeinsamen UVP-Bericht vorlegen. Legen sie getrennte UVP-Berichte vor, so sind darin auch jeweils die Umweltauswirkungen der anderen kumulierenden Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(9) Der Vorhabenträger hat den UVP-Bericht auch elektronisch vorzulegen.

(1) Die für Raumordnung zuständige Landesbehörde prüft nach Maßgabe der folgenden Absätze in einem besonderen Verfahren die Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 1 der Raumordnungsverordnung (Raumordnungsverfahren). Hierbei sind die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planung oder Maßnahme unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen; insbesondere werden die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen geprüft. Gegenstand der Prüfung nach Satz 2 sollen auch ernsthaft in Betracht kommende Standort- oder Trassenalternativen sein.

(2) Der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme legt der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde die Verfahrensunterlagen vor, die notwendig sind, um eine Bewertung der raumbedeutsamen Auswirkungen des Vorhabens zu ermöglichen. Die Verfahrensunterlagen sollen in einem verkehrsüblichen elektronischen Format eingereicht werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Verteidigung entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm bestimmte Stelle, bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen des Zivilschutzes die zuständige Stelle über Art und Umfang der Angaben für die Planung oder Maßnahme.

(3) Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen und die Öffentlichkeit sind zu beteiligen. Die Verfahrensunterlagen sind für die Dauer von mindestens einem Monat im Internet zu veröffentlichen. Der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme hat Anspruch darauf, dass seine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden. Ort und Dauer der Veröffentlichung sind mindestens eine Woche vor Beginn der Veröffentlichung öffentlich bekannt zu machen; dabei ist unter Angabe einer angemessenen Frist, die zumindest der Veröffentlichungsfrist entspricht, darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen abgegeben werden können und bei der Abgabe elektronische Informationstechnologien genutzt werden sollen. In der Bekanntmachung nach Satz 4 ist darauf hinzuweisen, dass und wo die Veröffentlichung im Internet nach Satz 2 erfolgt. Als zusätzliches Informationsangebot nach Satz 2 sind zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch Versendung oder öffentlich zugängliche Lesegeräte, zur Verfügung zu stellen, soweit dies nach Feststellung der nach Absatz 2 Satz 1 zuständigen Behörde angemessen und zumutbar ist. Auf diese Zugangsmöglichkeiten ist in der Bekanntmachung nach Satz 4 hinzuweisen. § 9 Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, erfolgt die Beteiligung der betroffenen Nachbarstaaten im Raumordnungsverfahren nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 3 erfolgt die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die Öffentlichkeit einbezogen wird, im Einvernehmen mit den dort genannten Stellen.

(4) Das Raumordnungsverfahren ist nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen innerhalb einer Frist von sechs Monaten abzuschließen. Hält der Vorhabenträger nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens an der Realisierung der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 fest, soll er zeitnah die Durchführung des hierfür erforderlichen Zulassungsverfahrens oder, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist, des Verfahrens zur Bestimmung der Planung und Linienführung beantragen. Die nach Absatz 2 Satz 1 zuständige Behörde soll der Zulassungsbehörde die Verfahrensunterlagen, die Gegenstand des Raumordnungsverfahrens waren, unverzüglich nach der Antragstellung des Vorhabenträgers in einem verkehrsüblichen elektronischen Format übermitteln. Im Zulassungsverfahren soll die Prüfung auf Belange beschränkt werden, die nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahrens waren. Wird das Vorhaben abschnittsweise zugelassen, können das Raumordnungsverfahren sowie das Zulassungsverfahren oder, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist, das Verfahren zur Bestimmung der Planung und Linienführung insoweit aufeinander abgestimmt werden.

(5) Der Träger einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme kann die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens bei der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde beantragen. Stellt der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme keinen Antrag, zeigt er dies der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde unter Beifügung der für die Raumverträglichkeitsprüfung erforderlichen Unterlagen vor Einleitung eines Zulassungsverfahrens oder, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist, eines Verfahrens zur Bestimmung der Planung und Linienführung an. In diesem Fall soll die für Raumordnung zuständige Landesbehörde ein Raumordnungsverfahren einleiten, wenn sie befürchtet, dass die Planung oder Maßnahme im Hinblick auf die in Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz genannten Kriterien zu raumbedeutsamen Konflikten führen wird. Die für Raumordnung zuständige Landesbehörde teilt ihre Entscheidung dem Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme innerhalb von vier Wochen nach dessen Anzeige gemäß Satz 2 mit. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen des Bundes, von anderen öffentlichen Stellen, die im Auftrag des Bundes tätig sind, sowie von Personen des Privatrechts nach § 5 Absatz 1 trifft die für Raumordnung zuständige Landesbehörde die Entscheidung nach Satz 4 im Benehmen mit dieser Stelle oder Person.

(6) Für die Länder Berlin, Bremen und Hamburg gilt Absatz 1 Satz 1 nicht. Schaffen diese Länder allein oder gemeinsam mit anderen Ländern Rechtsgrundlagen für Raumordnungsverfahren, finden die Absätze 1 bis 5 Anwendung.

(7) Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens kann nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die nachfolgende Zulassungsentscheidung überprüft werden.

(1) Der Vorhabenträger hat der zuständigen Behörde einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der zumindest folgende Angaben enthält:

1.
eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zur Art, zum Umfang und zur Ausgestaltung, zur Größe und zu anderen wesentlichen Merkmalen des Vorhabens,
2.
eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens,
3.
eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll,
4.
eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll, sowie eine Beschreibung geplanter Ersatzmaßnahmen,
5.
eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens,
6.
eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen sowie
7.
eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung des UVP-Berichts.
Bei einem Vorhaben nach § 1 Absatz 1, das einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Projekten oder Plänen geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, muss der UVP-Bericht Angaben zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele dieses Gebiets enthalten.

(2) Der UVP-Bericht ist zu einem solchen Zeitpunkt vorzulegen, dass er mit den übrigen Unterlagen ausgelegt werden kann.

(3) Der UVP-Bericht muss auch die in Anlage 4 genannten weiteren Angaben enthalten, soweit diese Angaben für das Vorhaben von Bedeutung sind.

(4) Inhalt und Umfang des UVP-Berichts bestimmen sich nach den Rechtsvorschriften, die für die Zulassungsentscheidung maßgebend sind. In den Fällen des § 15 stützt der Vorhabenträger den UVP-Bericht zusätzlich auf den Untersuchungsrahmen.

(5) Der UVP-Bericht muss den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen. Er muss die Angaben enthalten, die der Vorhabenträger mit zumutbarem Aufwand ermitteln kann. Die Angaben müssen ausreichend sein, um

1.
der zuständigen Behörde eine begründete Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 25 Absatz 1 zu ermöglichen und
2.
Dritten die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können.

(6) Zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen hat der Vorhabenträger die vorhandenen Ergebnisse anderer rechtlich vorgeschriebener Prüfungen in den UVP-Bericht einzubeziehen.

(7) Der Vorhabenträger muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass der UVP-Bericht den Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 6 entspricht. Die zuständige Behörde hat Nachbesserungen innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen, soweit der Bericht den Anforderungen nicht entspricht.

(8) Sind kumulierende Vorhaben, für die jeweils eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Gegenstand paralleler oder verbundener Zulassungsverfahren, so können die Vorhabenträger einen gemeinsamen UVP-Bericht vorlegen. Legen sie getrennte UVP-Berichte vor, so sind darin auch jeweils die Umweltauswirkungen der anderen kumulierenden Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(9) Der Vorhabenträger hat den UVP-Bericht auch elektronisch vorzulegen.

(1) Wird ein Vorhaben geändert, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 durchgeführt. Wird ein Vorhaben der Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.8 geändert, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 nur durchgeführt, wenn allein durch die Änderung der jeweils für den Bau des entsprechenden Vorhabens in Anlage 1 enthaltene Prüfwert erreicht oder überschritten wird.

(2) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn das geänderte Vorhaben

1.
den Größen- oder Leistungswert für die unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erstmals erreicht oder überschreitet oder
2.
einen in Anlage 1 angegebenen Prüfwert für die Vorprüfung erstmals oder erneut erreicht oder überschreitet und eine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Städtebauprojekt oder eine Industriezone nach Anlage 1 Nummer 18.5, 18.7 und 18.8 geändert, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass allein durch die Änderung der Größen- oder Leistungswert nach Satz 1 Nummer 1 oder der Prüfwert nach Satz 1 Nummer 2 erreicht oder überschritten wird.

(3) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so wird für das Änderungsvorhaben eine Vorprüfung durchgeführt, wenn für das Vorhaben nach Anlage 1

1.
eine UVP-Pflicht besteht und dafür keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind oder
2.
eine Vorprüfung, aber keine Prüfwerte vorgeschrieben sind.
Die UVP-Pflicht besteht, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.

(4) Für die Vorprüfung bei Änderungsvorhaben gilt § 7 entsprechend.

(5) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Der Vorhabenträger hat der zuständigen Behörde einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der zumindest folgende Angaben enthält:

1.
eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zur Art, zum Umfang und zur Ausgestaltung, zur Größe und zu anderen wesentlichen Merkmalen des Vorhabens,
2.
eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens,
3.
eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll,
4.
eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll, sowie eine Beschreibung geplanter Ersatzmaßnahmen,
5.
eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens,
6.
eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen sowie
7.
eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung des UVP-Berichts.
Bei einem Vorhaben nach § 1 Absatz 1, das einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Projekten oder Plänen geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, muss der UVP-Bericht Angaben zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele dieses Gebiets enthalten.

(2) Der UVP-Bericht ist zu einem solchen Zeitpunkt vorzulegen, dass er mit den übrigen Unterlagen ausgelegt werden kann.

(3) Der UVP-Bericht muss auch die in Anlage 4 genannten weiteren Angaben enthalten, soweit diese Angaben für das Vorhaben von Bedeutung sind.

(4) Inhalt und Umfang des UVP-Berichts bestimmen sich nach den Rechtsvorschriften, die für die Zulassungsentscheidung maßgebend sind. In den Fällen des § 15 stützt der Vorhabenträger den UVP-Bericht zusätzlich auf den Untersuchungsrahmen.

(5) Der UVP-Bericht muss den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen. Er muss die Angaben enthalten, die der Vorhabenträger mit zumutbarem Aufwand ermitteln kann. Die Angaben müssen ausreichend sein, um

1.
der zuständigen Behörde eine begründete Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 25 Absatz 1 zu ermöglichen und
2.
Dritten die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können.

(6) Zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen hat der Vorhabenträger die vorhandenen Ergebnisse anderer rechtlich vorgeschriebener Prüfungen in den UVP-Bericht einzubeziehen.

(7) Der Vorhabenträger muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass der UVP-Bericht den Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 6 entspricht. Die zuständige Behörde hat Nachbesserungen innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen, soweit der Bericht den Anforderungen nicht entspricht.

(8) Sind kumulierende Vorhaben, für die jeweils eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Gegenstand paralleler oder verbundener Zulassungsverfahren, so können die Vorhabenträger einen gemeinsamen UVP-Bericht vorlegen. Legen sie getrennte UVP-Berichte vor, so sind darin auch jeweils die Umweltauswirkungen der anderen kumulierenden Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(9) Der Vorhabenträger hat den UVP-Bericht auch elektronisch vorzulegen.

(1) Wird ein Vorhaben geändert, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 durchgeführt. Wird ein Vorhaben der Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.8 geändert, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 nur durchgeführt, wenn allein durch die Änderung der jeweils für den Bau des entsprechenden Vorhabens in Anlage 1 enthaltene Prüfwert erreicht oder überschritten wird.

(2) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn das geänderte Vorhaben

1.
den Größen- oder Leistungswert für die unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erstmals erreicht oder überschreitet oder
2.
einen in Anlage 1 angegebenen Prüfwert für die Vorprüfung erstmals oder erneut erreicht oder überschreitet und eine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Städtebauprojekt oder eine Industriezone nach Anlage 1 Nummer 18.5, 18.7 und 18.8 geändert, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass allein durch die Änderung der Größen- oder Leistungswert nach Satz 1 Nummer 1 oder der Prüfwert nach Satz 1 Nummer 2 erreicht oder überschritten wird.

(3) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so wird für das Änderungsvorhaben eine Vorprüfung durchgeführt, wenn für das Vorhaben nach Anlage 1

1.
eine UVP-Pflicht besteht und dafür keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind oder
2.
eine Vorprüfung, aber keine Prüfwerte vorgeschrieben sind.
Die UVP-Pflicht besteht, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.

(4) Für die Vorprüfung bei Änderungsvorhaben gilt § 7 entsprechend.

(5) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Der Vorhabenträger hat der zuständigen Behörde einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der zumindest folgende Angaben enthält:

1.
eine Beschreibung des Vorhabens mit Angaben zum Standort, zur Art, zum Umfang und zur Ausgestaltung, zur Größe und zu anderen wesentlichen Merkmalen des Vorhabens,
2.
eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens,
3.
eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll,
4.
eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen, mit denen das Auftreten erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll, sowie eine Beschreibung geplanter Ersatzmaßnahmen,
5.
eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens,
6.
eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen sowie
7.
eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung des UVP-Berichts.
Bei einem Vorhaben nach § 1 Absatz 1, das einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Projekten oder Plänen geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, muss der UVP-Bericht Angaben zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele dieses Gebiets enthalten.

(2) Der UVP-Bericht ist zu einem solchen Zeitpunkt vorzulegen, dass er mit den übrigen Unterlagen ausgelegt werden kann.

(3) Der UVP-Bericht muss auch die in Anlage 4 genannten weiteren Angaben enthalten, soweit diese Angaben für das Vorhaben von Bedeutung sind.

(4) Inhalt und Umfang des UVP-Berichts bestimmen sich nach den Rechtsvorschriften, die für die Zulassungsentscheidung maßgebend sind. In den Fällen des § 15 stützt der Vorhabenträger den UVP-Bericht zusätzlich auf den Untersuchungsrahmen.

(5) Der UVP-Bericht muss den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen. Er muss die Angaben enthalten, die der Vorhabenträger mit zumutbarem Aufwand ermitteln kann. Die Angaben müssen ausreichend sein, um

1.
der zuständigen Behörde eine begründete Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 25 Absatz 1 zu ermöglichen und
2.
Dritten die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können.

(6) Zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen hat der Vorhabenträger die vorhandenen Ergebnisse anderer rechtlich vorgeschriebener Prüfungen in den UVP-Bericht einzubeziehen.

(7) Der Vorhabenträger muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass der UVP-Bericht den Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 6 entspricht. Die zuständige Behörde hat Nachbesserungen innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen, soweit der Bericht den Anforderungen nicht entspricht.

(8) Sind kumulierende Vorhaben, für die jeweils eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Gegenstand paralleler oder verbundener Zulassungsverfahren, so können die Vorhabenträger einen gemeinsamen UVP-Bericht vorlegen. Legen sie getrennte UVP-Berichte vor, so sind darin auch jeweils die Umweltauswirkungen der anderen kumulierenden Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(9) Der Vorhabenträger hat den UVP-Bericht auch elektronisch vorzulegen.

(1) Wird ein Vorhaben geändert, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 durchgeführt. Wird ein Vorhaben der Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.8 geändert, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 nur durchgeführt, wenn allein durch die Änderung der jeweils für den Bau des entsprechenden Vorhabens in Anlage 1 enthaltene Prüfwert erreicht oder überschritten wird.

(2) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn das geänderte Vorhaben

1.
den Größen- oder Leistungswert für die unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erstmals erreicht oder überschreitet oder
2.
einen in Anlage 1 angegebenen Prüfwert für die Vorprüfung erstmals oder erneut erreicht oder überschreitet und eine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Städtebauprojekt oder eine Industriezone nach Anlage 1 Nummer 18.5, 18.7 und 18.8 geändert, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass allein durch die Änderung der Größen- oder Leistungswert nach Satz 1 Nummer 1 oder der Prüfwert nach Satz 1 Nummer 2 erreicht oder überschritten wird.

(3) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so wird für das Änderungsvorhaben eine Vorprüfung durchgeführt, wenn für das Vorhaben nach Anlage 1

1.
eine UVP-Pflicht besteht und dafür keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind oder
2.
eine Vorprüfung, aber keine Prüfwerte vorgeschrieben sind.
Die UVP-Pflicht besteht, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.

(4) Für die Vorprüfung bei Änderungsvorhaben gilt § 7 entsprechend.

(5) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.

(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.

(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Bei der Festlegung der Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten. Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen.

(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.

(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.

(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.

(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.

(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Die zuständige Behörde stellt auf der Grundlage geeigneter Angaben des Vorhabenträgers sowie eigener Informationen unverzüglich fest, dass nach den §§ 6 bis 14b für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) besteht oder nicht. Die Feststellung trifft die Behörde

1.
auf Antrag des Vorhabenträgers oder
2.
bei einem Antrag nach § 15 oder
3.
von Amts wegen nach Beginn des Verfahrens, das der Zulassungsentscheidung dient.

(2) Sofern eine Vorprüfung vorgenommen worden ist, gibt die zuständige Behörde die Feststellung der Öffentlichkeit bekannt. Dabei gibt sie die wesentlichen Gründe für das Bestehen oder Nichtbestehen der UVP-Pflicht unter Hinweis auf die jeweils einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 an. Gelangt die Behörde zu dem Ergebnis, dass keine UVP-Pflicht besteht, geht sie auch darauf ein, welche Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder welche Vorkehrungen für diese Einschätzung maßgebend sind. Bei der Feststellung der UVP-Pflicht kann die Bekanntgabe mit der Bekanntmachung nach § 19 verbunden werden.

(3) Die Feststellung ist nicht selbständig anfechtbar. Beruht die Feststellung auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

3

Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

4

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

5

Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

11

Die Beigeladene hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

14

Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

15

Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

16

Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

17

Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

18

Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

19

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

21

Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

22

Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

23

Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

24

Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

25

Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

26

Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

27

Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

30

Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

31

Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

37

Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

38

Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

39

Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

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Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

99

d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin eines durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesicherten Wohnrechts in dem Gebäude H... Nr. 3 sowie in Teilen des Gebäudes H... Nr. 2. Nach den im Rahmen der vorliegenden Beschwerde nicht angegriffenen Angaben im Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. Mai 2016 bilden diese beiden Gebäude zusammen mit dem Anwesen H... 1 und einem alten, unbewohnten Bauernhaus den Weiler H...; er liegt - bezogen auf seinen nördlichen Ortsrand - etwa 300 m südlich der Autobahn BAB 3.

Durch Bescheid vom 3. April 2014, geändert und berichtigt durch Bescheid vom 11. April 2014, erteilte das Landratsamt Regensburg der O... GmbH die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windkraftanlagen an westlich bzw. südwestlich von H... liegenden Standorten.

Die gegen die vorgenannten Bescheide erhobene Anfechtungsklage eines Sohns der Antragstellerin wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 29. Januar 2015 (Az. RO 7 K 14.749), gegen das kein Rechtsmittel eingelegt wurde, als unbegründet ab.

Am 22. Januar 2016 erhob die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen die vorgenannten Bescheide, die mit Schriftsatz vom 29. Juni 2016 begründet wurde (Verfahren RO 7 K 16.123).

Am 5. Februar 2016 beantragte sie beim Verwaltungsgericht die Feststellung, dass diese Klage aufschiebende Wirkung entfalte. Die Beigeladene, die gegen Ende des Jahres 2015 dem Landratsamt angezeigt hatte, dass sie hinsichtlich des durch den Bescheid vom 3. April 2014 in der Gestalt des Bescheids vom 11. April 2014 genehmigten Vorhabens im Wege eines Betreiberwechsels an die Stelle der O... ... GmbH getreten sei, beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht für den Fall der Stattgabe dieses Antrags, die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung anzuordnen.

Durch Beschluss vom 12. Mai 2016 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Klage der Antragstellerin aufschiebende Wirkung entfalte (Nummer I des Beschlusstenors). Unter der Nummer II des Tenors ordnete es die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 3. April 2014 in der Gestalt des Bescheids vom 11. April 2014 an, da auf der Grundlage einer summarischen Prüfung davon auszugehen sei, dass die Klage der Antragstellerin erfolglos bleiben werde und ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung im Sinn von § 4a Abs. 3 UmwRG nicht bestünden.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt die Antragstellerin,

unter Abänderung des Beschlusses vom 12. Mai 2016 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Juni 2016 beantragte sie zusätzlich,

den Antragsgegner im Wege der Zwischenverfügung zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen eine bis zur Entscheidung in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren befristete Baueinstellungsverfügung zu erlassen.

Zur Begründung des letztgenannten Begehrens verwies sie darauf, dass die Verwirklichung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens weit fortgeschritten sei; demnächst müsse mit der Errichtung der oberen Turmelemente gerechnet werden.

II.Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet ausschließlich der unter der Nummer II des Tenors des Beschlusses vom 12. Mai 2016 enthaltene Ausspruch. Denn in Abschnitt I der Beschwerdebegründungsschrift vom 13. Juni 2016 haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin klargestellt, dass diese Entscheidung nur insoweit angegriffen wird, als das Verwaltungsgericht die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung angeordnet hat.

Über dieses Rechtsmittel konnte ohne Anhörung der übrigen Beteiligten entschieden werden, da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung des fristgerechten Beschwerdevorbringens beschränkt ist und sich aus ihm nicht ergibt, dass der Ausspruch unter der Nummer II des Tenors des angefochtenen Beschlusses der Aufhebung oder Abänderung bedarf.

1. Eine dahingehende Notwendigkeit folgt nicht aus dem Vorbringen der Antragstellerin, das Landratsamt hätte anstelle der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung (§ 3c Satz 2 UVPG) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles (§ 3c Satz 1 UVPG) vornehmen müssen.

Die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen bedarf nach der Nummer 1.6.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nur einer standortbezogenen Vorprüfung. Die aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit, gemäß der Nummer 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, begründete die Antragstellerin im ersten Rechtszug damit, dass sich das verfahrensgegenständliche Vorhaben im Sinn von § 3b Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG als Änderung oder Erweiterung der Windfarm darstelle, die aus der Windkraftanlage P. und zwei nördlich von „...“ (gemeint erkennbar: ...) vorhandenen Windkraftanlagen bestehe. Diese drei Anlagen bildeten mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben deshalb eine einheitliche Windfarm, weil sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden würden. Letzteres ergebe sich daraus, dass in einem Umkreis von jeweils 6 km um diese Anlagen sowohl Exemplare des Rotmilans als auch des Uhus vorkämen. Gleiches würde gelten, sollte nach den „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten hinsichtlich des Rotmilans auf ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius von 4 km und hinsichtlich des Uhus auf ein solches von 3 km abzustellen sein. Unabhängig hiervon würden sich die akustischen Auswirkungen der Windkraftanlage P. mit denjenigen der verfahrensgegenständlichen Anlagen kumulieren.

Das Verwaltungsgericht vertrat demgegenüber unter Hinweis auf die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2015 (22 CS 15.2247 - juris), vom 16. Dezember 2015 (22 AS 15.40042 - juris), vom 10. Februar 2016 (22 ZB 15.2329 - juris) und vom 17. Februar 2016 (22 CS 15.2562 - juris) den Rechtsstandpunkt, die Konstellation, dass zu bestehenden Windkraftanlagen weitere hinzuträten, stelle einen Fall nachträglicher Kumulation im Sinn von § 3b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG dar. Jedenfalls die nördlich von ... befindlichen Anlagen würden nicht den nach § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG erforderlichen engen Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben aufweisen, da sie hiervon sowohl deutlich weiter als das Zehnfache des Rotordurchmessers der Windkraftanlagen der Beigeladenen als auch mehr als das Zehnfache der Höhe dieser Anlagen entfernt seien, und das Vorliegen einer Windfarm nicht von einer Überschneidung artenschutzrechtlicher Prüfbereiche abhängig gemacht werden dürfe. Nicht erfüllt seien ferner hinsichtlich aller von der Antragstellerin angeführten Bestandsanlagen die in § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG aufgestellten Erfordernisse der Lage auf demselben Betriebs- oder Baugelände und ihrer Verbindung miteinander durch gemeinsame betriebliche oder bauliche Einrichtungen.

Die Beschwerdebegründung tritt diesem Rechtsstandpunkt mit dem Vorbringen entgegen, den Beschlüssen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom „12. Oktober 2015“ (richtig: 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - juris) und vom 10. Februar 2016 (22 ZB 15.2329 - juris) lasse sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände der Senat vom Vorliegen mehrerer (kumulierender) Vorhaben, nicht aber von der Erweiterung eines bestehenden Vorhabens ausgegangen sei. Er habe sich insofern jedoch ersichtlich auf die Ausführungen in der Randnummer 15 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219) bezogen, wonach sich die Frage, ob ein bestehendes Vorhaben geändert oder erweitert werde, nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG, sondern nach dem materiellen Recht beurteile. Diese Rechtsprechung sei abzulehnen und im Übrigen auf Windkraftanlagen nicht übertragbar. Soweit das Bundesverwaltungsgericht für den Fall der nachträglichen Kumulation von Anlagen eine Gesamtanalogie zu § 3b Abs. 3 Satz 2 UVPG vornehme, stelle diese Bestimmung eine Auffangvorschrift für die Konstellation dar, dass die Neuerrichtung von Anlagen nicht unter den in § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG verwendeten Begriff der „Erweiterung“ gefasst werden könne.

Mit diesem Vorbringen verfolgt die Antragstellerin nach dem Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs das Ziel, aufzuzeigen, dass der von ihr für geboten erachteten Zusammenfassung der verfahrensgegenständlichen Anlagen mit den insgesamt drei bestehenden Windrädern bei P. bzw. ... die in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219 Rn. 22 bis 26) und vom 17. Dezember 2015 (4 C 7.14 u. a. - UPR 2016, 220 Rn. 18 ff.) herausgestellten Erfordernisse des räumlichbetrieblichen Zusammenhangs sowie des funktionalen und wirtschaftlichen Bezugs aufeinander nicht entgegenstünden. Den in der Beschwerdebegründung insoweit vorgetragenen Gesichtspunkten kann jedoch nicht gefolgt werden.

1.1 In nicht überzeugender Weise wendet sich die Antragstellerin zunächst dagegen, dass das Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18. Juni 2015 (a. a. O. Rn. 15) in Anknüpfung an sein Urteil vom 18. Dezember 2014 (4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 23) den Rechtsstandpunkt eingenommen hat, die Frage, ob ein bestehendes Vorhaben geändert oder erweitert werde, beurteile sich nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG, sondern nach dem materiellen Recht. Denn der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 2 UVPG beschränkt sich darauf, den Begriff des „Vorhabens“ zu definieren. Aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a bis c UVPG ergibt sich lediglich, dass die dort aufgeführten Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen dem Vorhabensbegriff unterfallen; unter welchen Voraussetzungen von einer „Änderung“ oder „Erweiterung“ als solcher gesprochen werden kann, legt diese Norm jedoch nicht fest. Desgleichen setzt die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 S. 1; „UVP-Richtlinie“) den Bedeutungsgehalt dieser beiden Begriffe voraus (vgl. den Anhang I Nr. 24 und den Anhang II Nr. 13.a dieser Richtlinie), ohne ihre Merkmale selbst zu bestimmen. Das zutreffende Verständnis der in § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG enthaltenen Tatbestandsmerkmale der „Änderung“ bzw. der „Erweiterung“ eines Vorhabens ist deshalb unter Heranziehung der anerkannten Regeln der juristischen Methodenlehre zu gewinnen. Das Beschwerdevorbringen zeigt weder schlüssig auf, dass der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (a. a. O. Rn. 15) zu diesem Zweck vorgenommene Rückgriff auf die sich aus dem deutschen Recht ergebenden Kriterien für das Vorliegen einer „Änderung“ bzw. „Erweiterung“ von Anlagen methodisch fehlerhaft ist, noch behauptet die Antragstellerin darin, dieses Vorgehen bzw. das hierbei gefundene Ergebnis seien mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar.

Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz liegt die „Änderung“ einer Anlage dann vor, wenn von ihrer gestatteten (d. h. genehmigten oder - soweit zur Legalisierung ausreichend - angezeigten) Beschaffenheit in qualitativer („Änderung im engeren Sinn“) oder quantitativer Hinsicht („Erweiterung“) abgewichen wird (Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 15 Rn. 8 und § 16 Rn. 6 m. w. N.). Da die Änderung stets die gestattete Anlage (oder einen Teil von ihr) betreffen muss (BVerwG, B.v. 9.4.2008 - 7 B 2/08 - NVwZ 2008, 789), ist von Bedeutung, was alles der vorhandenen Anlage zuzurechnen ist. Dies beantwortet sich namentlich anhand der in § 1 Abs. 2 und 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) getroffenen Regelungen (BVerwG, B.v. 9.4.2008 a. a. O. S. 789). Die Neuerrichtung eines Objekts, das - wie bei einem Windrad der Fall - bereits für sich genommen eine Anlage im Sinn von § 3 Abs. 5 BImSchG darstellt, ohne betriebsnotwendiger Teil einer anderen Anlage im Sinn von § 1 Abs. 2 Nr. 1 der 4. BImSchV oder „Nebeneinrichtung“ im Sinn von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV zu sein, ist deshalb grundsätzlich als eigenständiges Vorhaben anzusehen. Anders verhält es sich dann, wenn eine „gemeinsame Anlage“ im Sinn von § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV vorliegt, d. h. das neu hinzukommende Objekt und „der Bestand“ auf demselben Betriebsgelände liegen, sie mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und sie einem vergleichbaren Zweck dienen (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 der 4. BImSchV); unter diesen Voraussetzungen stellt das neu hinzukommende Objekt eine Erweiterung des vorhandenen Bestands dar (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand April 2011, § 16 BImSchG Rn. 34).

Die Beschwerdebegründung behauptet nicht, das Vorhaben der Beigeladenen erfülle in Bezug auf die bei P. und bei ... vorhandenen Windkraftanlagen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 oder 3 der 4. BImSchV. Damit ist - was auch von der Sache her außer Zweifel steht - davon auszugehen, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Anlagen um ein Neuvorhaben handelt, bei dem eine „Zusammenrechnung“ mit den vorgenannten Bestandsanlagen nur bei Erfüllung der in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219) und vom 17. Dezember 2015 (4 C 7.14 u. a. - UPR 2016, 220) aufgestellten Kriterien, nicht aber nach § 3b Abs. 3 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG in Betracht kommt. Den Versuch, darzutun, dass zwischen den bei P. bzw. ... befindlichen Bestandsanlagen und dem Vorhaben der Beigeladenen der erforderliche räumlichbetriebliche Zusammenhang besteht und all diese Windräder untereinander einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug aufweisen, unternimmt die Beschwerdebegründung indes nicht.

Scheidet ein Rückgriff auf § 3b Abs. 3 UVPG aber bereits aus den dargestellten Gründen aus, kommt es auf den Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219 Rn. 15) die Bejahung einer Änderung oder Erweiterung im immissionsschutzrechtlichen Sinn unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV davon abhängig gemacht hat, dass hinsichtlich des hinzukommenden Vorhabens und der Bestandsanlage(n) Betreiberidentität besteht, nicht entscheidungserheblich an. Einer Auseinandersetzung mit den in der Beschwerdebegründung gegen diesen Rechtsstandpunkt vorgebrachten Angriffen bedarf es deshalb nicht.

1.2 Die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen auch insofern nicht, als die Antragstellerin die Unanwendbarkeit der Erfordernisse, von deren Erfüllung das Bundesverwaltungsgericht u. a. im Urteil vom 18. Juni 2015 (a. a. O. Rn. 22 ff.) das Vorliegen eines nachträglich kumulierenden Vorhabens abhängig gemacht hat, auf Windkraftanlagen daraus herzuleiten versucht, dass eine Windfarm stets durch eine Mehrzahl von Anlagen gekennzeichnet sei. Denn der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, warum die von der Antragstellerin behauptete - etwaige - Besonderheit von Windfarmen zur Folge haben soll, dass für sie die Erwägungen keine Geltung beanspruchen können, im Hinblick auf die das Bundesverwaltungsgericht eine Überschneidung der umweltbezogenen Auswirkungen mehrerer Anlagen für die Bejahung eines „nachträglich kumulierenden Vorhabens“ nicht hat genügen lassen, es vielmehr Vorhaben, die „beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden“, nicht bereits wegen ihrer sich überlagernden Umweltauswirkungen den Kumulationsregelungen des § 3b Abs. 2 und 3 (jeweils in Verbindung mit § 3c Satz 5) UVPG unterstellt hat (BVerwG, U.v. 18.6.2015 - 4 C 4.15 - BVerwGE 152, 219 Rn. 25; U.v. 17.12.2015 - 4 C 7.14 u. a. - UPR 2016, 220 Rn. 18).

2. Vermochte die Antragstellerin aber den rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern, wonach es nicht bereits dann geboten ist, die drei verfahrensgegenständlichen Anlagen mit den in der Nähe von P. und ... befindlichen Windrädern zu einem kumulierenden Vorhaben zusammenzufassen, wenn sich die um die einzelnen Standorte zu ziehenden avifaunistischen Prüfbereiche überschneiden sollten, so erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen in Abschnitt II.3 des Schriftsatzes vom 13. Juni 2016, im dem aufzuzeigen versucht wird, dass es zumindest zu einer Berührung dieser Bereiche kommt.

3. Aus der Beschwerdebegründung folgt ferner nicht, dass die im vorliegenden Fall nach alledem ausreichende standortbezogene Vorprüfung nicht in rechtskonformer Weise durchgeführt wurde.

3.1 Die Antragstellerin macht insoweit zunächst geltend, aus einem u. a. im ihrem Auftrag am 4. August 2015 erstellten avifaunistischen „Kurzbericht“, den sie der Beschwerdebegründung beigefügt hat, gehe hervor, dass die verfahrensgegenständlichen Anlagen gravierende nachteilige Auswirkungen auf im Umgriff des Vorhabens lebende Vögel nach sich ziehen würden. Denn der Verfasser des Kurzberichts habe in einem Radius von 1 km um die Standorte dieser Windkraftanlagen zahlreiche Habitate windenergiesensibler Vogelarten festgestellt sowie sichere Brutnachweise des Baumfalken und des Wespenbussards führen können.

Durch dieses Vorbringen wird weder aufgezeigt, dass die standortbezogene Vorprüfung nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt wurde, noch ergibt sich hieraus, dass der vom Landratsamt als Ergebnis der Vorprüfung eingenommene Standpunkt, es bedürfe im gegebenen Fall keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, nicht nachvollziehbar ist. Nur bei Erfüllung einer dieser beiden Voraussetzungen aber könnte gemäß § 3a Satz 4 UVPG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 UmwRG davon ausgegangen werden, dass der Bescheid vom 3. April 2014 in der Gestalt des Bescheids vom 11. April 2014 wegen fehlerhafter Durchführung der Umweltverträglichkeitsvorprüfung oder wegen Überschreitung des der zuständigen Behörde nach § 3c Satz 1 und 2 UVPG zustehenden Einschätzungsspielraums als Ergebnis des anhängigen Klageverfahrens u. U. aufzuheben wäre.

Nach § 3a Satz 1 UVPG hatte das Landratsamt unverzüglich nach Beginn des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens „auf der Grundlage geeigneter Angaben“ festzustellen, ob vorliegend gemäß § 3c Satz 2 UVPG eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand. Diese Entscheidung war nach § 3c Satz 1 UVPG „aufgrund überschlägiger Prüfung“ zu treffen; bei der standortbezogenen Vorprüfung gilt dem Wortlaut des § 3c Satz 2 UVPG zufolge der gleiche Maßstab. Aus dem Erfordernis einer nur überschlägigen Prüfung und der Verpflichtung zu ihrer unverzüglichen Vornahme folgt, dass es insoweit nur einer summarischen, noch nicht in die Einzelheiten gehenden Untersuchung bedarf (BVerwG, U.v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - Rn. 18; Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2002, § 3a UVPG Rn. 10).

Ihre Auffassung, auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung könne vorliegend verzichtet werden, hat eine für Fachfragen des Naturschutzes zuständige Amtsträgerin des Landratsamts in einem am 7. März 2013 erstellten Vermerk festgehalten. Sie hat zur Begründung ausgeführt, unter Berücksichtigung der Kriterien der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung seien erhebliche nachteilige Umwelteinwirkungen auszuschließen. Soweit avifaunistische Fragestellungen inmitten standen, konnte sie hierbei auf ein vom 18. Dezember 2012 stammendes, 85 Seiten umfassendes Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung zurückgreifen. Diese Ausarbeitung hat das Landratsamt keineswegs unkritisch übernommen; im Vermerk vom 7. März 2013 wurde vielmehr festgehalten, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung bedürfe u. a. hinsichtlich des Uhus und des Baumfalken aus im Einzelnen dargestellten Gründen der Ergänzung.

Die inmitten stehenden Defizite wurden durch den auf Verlangen des Landratsamts am 3. Juli 2013 erstellten Nachtrag zum Gutachten vom 18. Dezember 2012 ausgeräumt. Darin wurde ausgeführt, Baumfalken hätten weder bei den im Jahr 2012 durchgeführten Untersuchungen noch bei den im Jahr 2013 vorgenommenen Raumnutzungskontrollen nachgewiesen werden können. Auch ein Horststandort des Uhus in einem Umgriff von 1 km um die verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen sei auszuschließen. Innerhalb eines Gebiets mit einem Radius von 6 km seien zwar zwei Revierzentren dieser Vogelart bekannt; aufgrund der von dort aus bis zu den Standorten der geplanten Anlagen bestehenden Entfernungen und wegen des für den Uhu im Umfeld dieses Vorhabens ungünstigen bis pessimalen Nahrungsangebots bei gleichzeitiger Existenz optimaler Nahrungshabitate im Tal der Schwarzen Laaber sei das Restrisiko, dass Vögel dieser Spezies mit den verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen kollidieren könnten, als nicht signifikant anzusehen.

Die mit der Angelegenheit vorbefasste, für Fachfragen des Naturschutzes zuständige Amtsträgerin des Landratsamts merkte zu den Ausführungen im Nachtragsgutachten vom 3. Juli 2013 in einem Vermerk vom 23. Juli 2013 an: „Mit den Ausführungen zum Baumfalke[n] sowie Uhu besteht Einverständnis.“ Ihre im Vermerk vom 7. März 2013 festgehaltene Auffassung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei unter naturschutzfachlichem Blickwinkel vorliegend entbehrlich, hat damit nachträglich eine Bestätigung erfahren.

Der Kurzbericht vom 4. August 2015 und die an ihn anknüpfenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung wären nur dann geeignet, die Unvereinbarkeit der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung mit den gesetzlichen Erfordernissen darzutun, wenn sich aus dem Beschwerdevorbringen ergäbe, dass die vom Privatgutachter der Antragstellerin mitgeteilten Sachverhalte spätestens in dem insofern maßgeblichen Zeitpunkt zum einen bereits tatsächlich vorlagen und sie zum anderen dem Landratsamt bis dahin entweder bekannt waren oder sie ihm bei pflichtgemäßem Vorgehen (unter Berücksichtigung allerdings des nur überschlägigen Charakters einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung) hätten bekannt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 - NuR 2012, 403/405 Rn. 29). Diese Erfordernisse folgen aus dem Umstand, dass § 3a Satz 1 UVPG die Behörde dazu anhält, die Weichenstellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, im Frühstadium des Verwaltungsverfahrens zu treffen. Von den „geeigneten Angaben“, auf deren Grundlage der gleichen Vorschrift zufolge diese Entscheidung zu fällen ist, kann deshalb grundsätzlich nur verlangt werden, dass sie die in diesem Zeitraum bestehenden Verhältnisse (einschließlich allenfalls solcher Veränderungen, hinsichtlich derer sich bereits konkret abzeichnet, dass sie innerhalb überschaubarer Zukunft eintreten werden) zutreffend wiedergeben. Findet eine während der Umweltverträglichkeitsvorprüfung objektiv bereits bestehende Gegebenheit in ihnen keinen Niederschlag, so folgt hieraus die Fehlerhaftigkeit dieses Verfahrensabschnitts nur, wenn die behördliche Sachverhaltsaufklärung nicht einmal dem Gebot der „überschlägigen Prüfung“ (§ 3c Satz 1 und 2 UVPG) genügte.

Mangels einschlägigen Beschwerdevorbringens kann aus Anlass des vorliegenden Falles unerörtert bleiben, ob als maßgeblich dafür, bis wann ein potentiell entscheidungserheblicher Sachverhalt vorgelegen haben und der Behörde bekannt gewesen sein muss, der Zeitpunkt anzusehen ist, in dem die Entscheidung, dass es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, getroffen bzw. gemäß § 3a Satz 2 Halbs. 2 UVPG bekanntgegeben wird, oder ob es genügt, wenn die tatsächlichen Umstände, aus denen die fehlende Gesetzeskonformität der Umweltverträglichkeitsvorprüfung folgen soll, erst bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens, in dem über die Zulassung des Vorhabens befunden wird (hier: bei Erlass des Bescheids vom 3.4.2014), sowohl objektiv vorlagen als auch der Behörde bekannt waren bzw. ihr bis dahin nicht hätten unbekannt bleiben dürfen (vgl. zur Befugnis der Behörde, bei nachträglicher Erlangung von Informationen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung geboten erscheinen lassen, ihre frühere gegenläufige Entscheidung zu revidieren, Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2002, § 3a UVPG Rn. 21; Dienes in Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3a Rn. 16 f.).

Dass die vom Privatgutachter der Antragstellerin am 26. Juli 2015 und am 2. August 2015 behauptetermaßen wahrgenommenen Sachverhalte bereits im Jahr 2013 (oder - falls dies nach dem Vorgesagten ausreichen sollte - im ersten Quartal 2014) vorlagen, ergibt sich weder aus dem Kurzbericht vom 4. August 2015 noch aus den Ausführungen in der Beschwerdebegründung.

Mit einer gewissen Häufigkeit zu verzeichnende Flugbewegungen von Vögeln kollisionsgefährdeter Arten innerhalb der Gefährdungsbereiche der verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen hat der Privatgutachter der Antragstellerin nur in Ansehung von Wespenbussarden festgestellt. Der Schluss, dass diese Gegebenheit bei den in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführten avifaunistischen Erhebungen aufgrund einer Vorgehensweise übersehen wurde, die nicht einmal den an die Vorbereitung einer überschlägigen Prüfung (§ 3c Satz 1 und 2 UVPG) zu stellenden Anforderungen genügt, wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn sich aus der Beschwerdebegründung oder dem Kurzgutachten vom 4. August 2015 ergäbe, dass sich in den vom Privatgutachter der Antragstellerin insoweit getätigten Wahrnehmungen nicht eine neue, erst im Jahr 2015 eingetretene Entwicklung widerspiegelt, sondern dass ähnliche Feststellungen schon in früheren Jahren selbst bei einer nur überschlägigen Prüfung hätten getroffen werden müssen. Dies könnte allenfalls dann zu bejahen sein, wenn z. B. aufgezeigt worden wäre, dass sich die Umgebung des Vorhabens aufgrund bestimmter naturräumlicher Gegebenheiten (z. B. wegen besonders attraktiver Nahrungsquellen) als Lebensraum für Wespenbussarde in nahezu idealtypischer Weise anbietet. Dies ist indes nicht geschehen.

3.2 Die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auch nicht durch das Vorbringen aufgezeigt, das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung sei aufgrund der Gesichtspunkte nicht nachvollziehbar, die in Abschnitt III der Beschwerdebegründung und in dem dort in Bezug genommenen Abschnitt 2.b.bb des von den Bevollmächtigten der Antragstellerin im ersten Rechtszug am 18. April 2016 eingereichten Schriftsatzes angesprochen wurden. Dort wurde der Sache nach geltend gemacht, die Entbehrlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte nicht allein daraus hergeleitet werden dürfen, dass das verfahrensgegenständliche Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf förmlich ausgewiesene Gebiete (oder Einzelobjekte) im Sinn der Nummern 2.3.1 bis 2.3.11 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung hervorrufen werde. Im Rahmen der Vorprüfung hätte vielmehr auch ermittelt werden müssen, ob ein nicht förmlich unter Schutz gestelltes ökologisch sensitives Gebiet bzw. ein sensitiver Lebensraum vorliege. Zu derartigen Lebensräumen gehörten ausweislich des Anhangs III Nr. 2.c.iii der UVP-Richtlinie auch Waldgebiete. Der Standort zweier der drei verfahrensgegenständlichen Anlagen befinde sich im Wald; der dritte grenze unmittelbar an ein Waldgebiet an.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 3c Satz 2 UVPG lediglich der Frage nachzugehen ist, ob durch das Vorhaben die in der Nr. 2.3 der Anlage 2 aufgeführten Gesichtspunkte erheblich tangiert werden können (BayVGH, B.v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 41 und B.v. 16.12.2015 - 22 AS 15.40042 - Rn. 38). Selbst wenn man dieser Rechtsauffassung nicht folgen würde, würde sich hier im Ergebnis nichts ändern. Denn keineswegs jedes Waldgebiet stellt einen Lebensraum dar, der unter ökologischem Blickwinkel ähnlich sensitiv ist wie die in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.9 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten, ausdrücklich unter Schutz gesetzten Gebiete und Einzelobjekte.

Gegenteiliges folgt weder aus den auf den Seiten 8 f. des Schriftsatzes vom 18. April 2016 aufgeführten Belegstellen noch aus dem Gebot, das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unionsrechtskonform auszulegen.

Insbesondere hält das von der Antragstellerin in Bezug genommen Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. März 2015 (2 L 184/10 - juris Rn. 81) im unmittelbaren Anschluss an die Aussage, eine standortbezogene Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei u. U. auch bei Vorhaben erforderlich, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf ähnlich sensitive Lebensräume wie die in der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung bezeichneten Schutzgebiete haben könnten, ausdrücklich fest: „… erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen“. Die allgemeine Umweltrelevanz eines Vorhabens reicht demgegenüber nicht aus, um die Notwendigkeit einer standortbezogenen Umweltverträglichkeitsvorprüfung darzutun (Dienes in Hoppe/Beckmann, a. a. O., § 3c Rn. 13). Die Antragstellerin hätte deshalb, um die Verfahrensfehlerhaftigkeit der durchgeführten Umweltverträglichkeitsvorprüfung bzw. die mangelnde inhaltliche Nachvollziehbarkeit des hierbei gefundenen Ergebnisses aufzuzeigen, nicht davon absehen dürfen, konkret darzulegen, dass den in der Umgebung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens befindlichen Wäldern trotz ihrer offenbar unterbliebenen förmlichen Unterschutzstellung zum einen eine ökologische Bedeutung zukommt, die derjenigen der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.9 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Gebiete bzw. Einzelobjekte gleichkommt.

Auch aus dem Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung folgt entgegen der auf Seite 19 des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 18. April 2016 anklingenden Behauptung nicht, dass bereits die Lage einer Windfarm in einem beliebigen Waldgebiet oder in der Nähe hierzu eine standortbezogene Umweltverträglichkeitsvorprüfung erfordert. Denn gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b der UVP-Richtlinie sind die Mitgliedstaaten befugt, ihre Entscheidung, ob ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss, das dem Anhang II zu dieser Richtlinie unterfällt (dies ist bei Windfarmen nach der Nummer 3.i dieses Anhangs der Fall), von der Erfüllung bestimmter Kriterien abhängig zu machen. Nach Art. 4 Abs. 3 der UVP-Richtlinie sind bei dieser Entscheidung die Auswahlkriterien des Anhangs III zur gleichen Richtlinie zu „berücksichtigen“. In Ermangelung substantiierter gegenläufiger Argumente in der Beschwerdebegründung und in dem darin in Bezug genommenen Abschnitt 2.b.bb des Schriftsatzes vom 18. April 2016 sieht es der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar an, wenn der deutsche Gesetzgeber nur für Vorhaben, die mit erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf förmlich unter Schutz gestellte Gebiete oder Einzelobjekte einhergehen können, ausdrücklich eine Umweltverträglichkeitsprüfung anordnet.

4. Eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens schließlich auch insoweit nicht veranlasst, als die Antragstellerin eine unzulässig hohe Geräusch (gesamt) belastung ihres Wohnanwesens geltend macht.

4.1 Die Behauptung, „es bleibe insoweit dabei“, dass bei hoch liegenden Schallquellen wie den hier verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen die Bodendämpfung nicht zutreffend bewertet worden sei, da sie gleich null gesetzt werden müsse, kann nicht zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt werden, da insofern kein den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügendes Beschwerdevorbringen inmitten steht. Mit dem bereits im ersten Rechtszug vorgebrachten Einwand, das im Verwaltungsverfahren vorgelegte Schallgutachten sei deswegen mängelbehaftet, weil die Besonderheiten der Schallausbreitung bei hoch liegenden Geräuschquellen nicht (genügend) berücksichtigt worden seien, hat sich das Verwaltungsgericht eingehend befasst (vgl. die Ausführungen auf Seite 20 bis zum Ende des ersten vollständigen Absatzes auf Seite 21 des angefochtenen Beschlusses). Dem sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Gebot, dass sich die Beschwerdebegründung mit der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandersetzen muss, ist nur Genüge getan, wenn mit nachvollziehbaren Argumenten dargetan wird, aufgrund welcher tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Bestand haben kann (vgl. zu den insoweit zu erfüllenden Anforderungen Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 76 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Das Vorbringen in der Beschwerdebegründung, alle Vorhabensträger würden, wenn ein Einwand der vorerwähnten Art erhoben werde, in Rechtsbehelfsverfahren Gutachten nachreichen, in denen die Bodendämpfung gleich null gesetzt werde, zeigt die lärmphysikalische oder rechtliche Gebotenheit einer derartigen Schallausbreitungsberechnung ebenso wenig auf wie der (zutreffende) Hinweis darauf, dass auch im vorliegenden Fall eine derartige alternative Berechnung vorgelegt wurde. Dies besagt nur, dass Vorhabensträger dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln versuchen, dass die einzuhaltenden Immissionswerte auch dann nicht überschritten werden, falls von einer fehlenden Bodendämpfung auszugehen sein sollte. Dies wird regelmäßig als Ausdruck des Bemühens verstanden werden müssen, höchstvorsorglich den Nachweis zu führen, dass der Rechtsbehelf eines Dritten selbst dann keinen Erfolg haben kann, wenn der Auffassung zu folgen sein sollte, bei hoch über der Geländeoberfläche liegenden Geräuschquellen dürfe der Schallausbreitungsberechnung entgegen der Vorgabe in der Nummer A.2.3.4 TA Lärm nicht die DIN ISO 9613-2 zugrunde gelegt werden. Das Eingeständnis, diese These sei richtig, kann in einem prozessualen Verhalten, mit dem lediglich die Entscheidungsunerheblichkeit der inmitten stehenden Behauptung im konkreten Fall aufgezeigt werden soll, regelmäßig nicht erblickt werden.

4.2 Die in der Beschwerdebegründung aufgestellte Behauptung, am Wohnhaus der Antragstellerin auftretende Reflexionswirkungen, die zu einer Geräuschmehrbelastung von bis zu 3 dB(A) führen könnten, seien noch nicht ermittelt worden, erfordert ebenfalls keine Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Denn bei diesem Vorbringen handelt es sich um eine unsubstantiiert in den Raum gestellte, durch nichts belegte Spekulation, die als solche nicht geeignet ist, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Sinn von § 4a Abs. 3 UmwRG aufzuzeigen. Die in der Klagebegründung vom 29. Juni 2016 aufgestellte Behauptung, es komme aufgrund der „verwinkelten und teils vorgelagerten Gebäudestrukturen“ zu Reflexionen, die eine Pegelerhöhung von mindestens 3 dB(A) nach sich zögen, kann schon deshalb nicht zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt werden, da dieser Vortrag - seine ausreichende Substantiiertheit dahingestellt - erst nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) erfolgt ist.

4.3 Die Ausführungen im Schriftsatz vom 13. Juni 2016, die sich mit der Geräuschbelastung befassen, der sich die Antragstellerin seitens der BAB 3 im Zusammenwirken mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben ausgesetzt sehe, rechtfertigen gleichfalls keine (teilweise) Stattgabe der Beschwerde.

Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass nach der Nummer 2.4 Abs. 1 und 3 TA Lärm in die Ermittlung und Bewertung sowohl der Vor- als auch der Gesamtbelastung nur die Geräusche einzugehen haben, die von den der TA Lärm unterfallenden Anlagen hervorgerufen werden, dass dieser Grundsatz jedoch dann einer Durchbrechung bedarf, wenn die aus anderen Schallquellen (z. B. von Verkehrsvorgängen) herrührende Vorbelastung derart hoch ist, dass die behördliche Zulassung einer (weiteren) lärmemittierenden Anlage eine Geräuschgesamtbelastung nach sich zöge, die mit dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG resultierenden Schutzauftrag für die menschliche Gesundheit und das Eigentum nicht vereinbar wäre (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 21.3.1996 - 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1/9 f.; B.v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 - BRS 76 [2010] Nr. 19 m. w. N.; BayVGH, U.v. 11.3.2004 - 22 B 02.1653 - NVwZ-RR 2005, 797/799). Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen einer derartigen Fallgestaltung hier deshalb verneint, weil eine von der T... GmbH am 11. Juli 2013 zwischen ca. 8.30 Uhr und 12.00 Uhr am Wohnhaus H... 1 vorgenommene Schallmessung einen (nach Darstellung der T... GmbH nahezu ausschließlich auf die von der BAB 3 stammenden Verkehrsgeräusche zurückzuführenden) Mittelungspegel von 51 dB(A) ergeben habe; dieser Wert sei von einem äquivalenten Dauerschallpegel von ca. 70 bis 75 dB(A), ab dem nach der Rechtsprechung von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen sei, weit entfernt.

Die Beschwerdebegründung tritt dem mit der Behauptung entgegen, eine derart kurze Schallmessung sei unzureichend; erforderlich gewesen wäre eine Ermittlung der Vorbelastung nach dem Berechnungsverfahren der Verkehrslärmschutzverordnung. Nur dann, wenn sich hierbei die Unbedenklichkeit der Geräuschvorbelastung ergeben hätte, hätte von einer Sonderfallprüfung im Sinn der Nummer 3.2.2 TA Lärm abgesehen werden dürfen.

Diese Argumentation lässt außer Betracht, dass die sich aus Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ergebende Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, einen konkreten Anlass zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen voraussetzt (BVerwG, U.v. 20.3.1990 - 9 C 12.89 - NVwZ 1990, 1066/1068; Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 24 Rn. 25; Schenk in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 24 Rn. 26). Das Unterbleiben von Maßnahmen zur Feststellung der von der BAB 3 ausgehenden, auf von der Antragstellerin bewohnte Gebäude einwirkenden Geräusche, die über die am 11. Juli 2013 vorgenommene Messung hinausgehen, könnte deshalb allenfalls dann als rechtswidrig angesehen werden, wenn hinreichender Grund zu der Annahme bestanden hätte, dass diese Geräusche entweder bereits für sich genommen oder aber im Zusammenwirken mit den Schallimmissionen des verfahrensgegenständlichen Vorhabens und der Windkraftanlage P. die vom Verwaltungsgericht zutreffend umschriebene Grenze erreichen oder überschreiten, von der an anderer als anlagenbezogener Lärm bei der Ermittlung und Bewertung der Geräuschvor- und der Geräuschgesamtbelastung nicht unberücksichtigt bleiben darf. Hierfür besteht angesichts eines gemessenen, straßenverkehrsbedingten Mittelungspegels von 51 dB(A) nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit. Denn der Abstand dieses Werts zu einem äquivalenten Dauerschallpegel von ca. 70 bis 75 dB(A) ist derart groß, dass entgegen dem Beschwerdevorbringen eine gesundheitsgefährdende oder eine Nutzung privaten Wohneigentums aus sonstigen Gründen nicht mehr ermöglichende Geräuschgesamtbelastung auch zur Nachtzeit selbst unter Mitberücksichtigung der sich aus dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben ergebenden Zusatzbelastung sicher ausgeschlossen werden kann. Desgleichen wurden in der Beschwerdebegründung keine Tatsachen vorgetragen, die die Behauptung stützen könnten, die Verkehrsbelastung der BAB 3 habe im fraglichen Abschnitt seit dem 11. Juli 2013 - einem in die Hauptreisezeit fallenden Donnerstag, der für das Verkehrsaufkommen auf dieser Autobahn deshalb als durchaus repräsentativ angesehen werden muss - derart eklatant zugenommen, dass nunmehr mit dem Erreichen eines äquivalenten Dauerschallpegels von etwa 70 dB(A) zu rechnen ist. Auf den Umstand, dass der beschließende Senat in dem in der Beschwerdebegründung selbst angeführten Urteil vom 11. März 2004 (22 B 02.1653 - NVwZ-RR 2005, 797/799) selbst einen verkehrsbedingten Summenpegel von 66,3 dB(A) nicht als Hinderungsgrund für die Zulassung einer die akustische Gesamtbelastung maßvoll weiter erhöhenden schallemittierenden Anlage angesehen hat, ist in diesem Zusammenhang nachrichtlich zu verweisen.

Als unbehelflich erweist sich schließlich auch die in Abschnitt IV der Beschwerdebegründung aufgestellte Behauptung, Gesundheitsgefahren und eine Vereitelung der Nutzungsmöglichkeiten der Wohnrechts der Antragstellerin seien deshalb zu besorgen, weil die Geräusche der verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen gerade in den Zeitabschnitten „wirksam“ werden würden, in denen es bisher - wie z. B. in verkehrsschwachen Zeiten der Fall - zu „Geräuschlücken“ gekommen sei. Denn es besteht kein Rechtssatz, kraft dessen Bewohner eines Dorfgebiets, die sich einem verkehrsbedingten Mittelungspegel von etwa 51 dB(A) ausgesetzt sehen, das Unterbleiben der Errichtung und des Betriebs von Anlagen verlangen können, deren Geräusche praktisch allenfalls während verkehrsschwacher Zeiten akustisch wahrnehmbar sind, da der von ihnen hervorgerufene Schall ansonsten in dem - seinerseits nicht unzumutbaren - Verkehrslärm weitgehend untergeht (vgl. zu letzterem die auf Seite 22 f. des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen, in der Beschwerdebegründung hinsichtlich ihrer Richtigkeit nicht in Zweifel gezogenen Bekundungen eines Umweltingenieurs des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung, die das Verwaltungsgericht am 29.1.2015 im Klageverfahren RO 7 K 14.749 eines Sohnes der Antragstellerin durchgeführt hat).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

6. Der Streitwert war in pflichtgemäßer Ausübung des durch § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG eröffneten Ermessens in Höhe der Hälfte des vom Verwaltungsgericht angenommenen Betrages festzusetzen, da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die vom Verwaltungsgericht angeordnete sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung war, während im ersten Rechtszug als weiterer Streitgegenstand das Verlangen der Antragstellerin hinzukam, die aufschiebende Wirkung der von ihr erhobenen Klage festzustellen.

7. Der Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung ist mit der Zurückweisung der Beschwerde gegenstandslos geworden.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17. Dezember 2008 – 2 K 1066/08 – werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller Ziffer 1 und 2 als Gesamtschuldner sowie die Antragsteller Ziffer 3 und 4 als Gesamtschuldner tragen je die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerden der Antragsteller haben keinen Erfolg.
Der Zulässigkeit der Beschwerden und der zu Grunde liegenden Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO steht nicht entgegen, dass die Beigeladene von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung u.a. durch Errichtung von baulichen Anlagen zwischenzeitlich Gebrauch gemacht hat. Das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller im vorliegenden Verfahren besteht insoweit jedenfalls im Hinblick auf die betriebliche Nutzung des Genehmigungsgegenstandes fort.
Die Beschwerden sind jedoch nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Allerdings sind nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eintretende jedenfalls offensichtliche entscheidungserhebliche Tatsachen, Rechtsänderungen sowie neue, bislang unverschuldet nicht unterbreitete präsente Beweismittel und der diesbezügliche Vortrag der Beteiligten grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Dies gebietet, da der Vortrag des Beschwerdegegners normativ keinen thematischen oder zeitlichen Beschränkungen unterliegt, zugunsten des Beschwerdeführers bereits der Grundsatz der Waffengleichheit, im Übrigen die Amtsermittlungspflicht. Zugleich sprechen prozessökonomische Gründe dafür, da ansonsten ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartendes Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO provoziert würde (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 30.11.2010 - 5 S 933/10 -, juris, und vom 08.07.2008 - 11 S 1041/08 -, VBlBW 2009, 109, jeweils m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 RdNr. 43; Eyermann/Happ, VwGO, 13. Aufl., 146 RdNrn 26 ff.). Hiervon ausgehend hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung einschließlich der nach dem Vorstehenden zulässigerweise nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgetragenen Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses der Antragsteller ausfällt, vom Vollzug bzw. der Ausnutzung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung des Antragsgegners vom 29.04.2008 in der Fassung der Änderungsverfügungen vom 21.02.2011 und vom 02.03.2011 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben.
Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere wie hier bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen Genehmigungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dem Genehmigungsempfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die Frage der sofortigen Verwirklichung des Genehmigungstatbestandes geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Genehmigungsbescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 – 1 BvR 2466/08 -, NVwZ 2009, 240 m.w.N.; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, Seite 1003 ff.).
Der Senat teilt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und unbeschadet der im Erörterungstermin des Senats vom 03.05.2010 angestellten übergreifenden Erwägungen im Wesentlichen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene Genehmigung keinen durchgreifenden, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren begründenden rechtlichen Bedenken begegnen dürfte (I). Vor diesem Hintergrund sowie der im Widerspruchsverfahren zu erwartenden weiteren Überprüfung der Immissionssituation und nötigenfalls entsprechender Reaktion seitens des Antragsgegners vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die gebotene Interessenabwägung gleichwohl eine Suspendierung der Änderungsgenehmigung rechtfertigen könnte, zumal deren Realisierung im Kern keine Verschlechterung, sondern eher eine Verbesserung der Immissionssituation für die Antragsteller mit sich bringen dürfte und zu einem erheblichen Teil der Umsetzung von nachträglichen Anordnungen dient (II). Dies schließt andererseits nicht aus, dass der Antragsgegner gehalten sein kann, den Betrieb der Beigeladenen fortlaufend einer noch engmaschigeren immissionsschutzrechtlichen Kontrolle zu unterziehen sowie nachträgliche Anordnungen zu erlassen und durchzusetzen, um die Konfliktlage von benachbarter Wohn- und betrieblicher Grundstücksnutzung möglichst abzumildern (III).
I.
Rechte der Antragsteller werden entgegen der Auffassung der Antragsteller durch die Praktizierung des vereinfachten Verfahrens nach § 19 BImSchG nicht verletzt (1). Der angefochtene Genehmigungsbescheid dürfte auch die materiell-rechtlichen Anforderungen drittschützender Vorschriften, auf die sich die Antragsteller berufen können, wahren, insbesondere die des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und nachbarschützender baurechtlicher Bestimmungen (2).
1. Mit ihrer Rüge einer verfahrensrechtlich unzulässigen Anwendung des § 19 BImSchG dringen die Antragsteller nicht durch. Entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts, die nach seiner rechtlichen Beurteilung aber auch nicht entscheidungserheblich war, dürfte allein eine falsche Verfahrenswahl grundsätzlich keinen Drittschutz vermitteln (a). Davon abgesehen spricht auch Vieles dafür, dass die Durchführung des vereinfachten Verfahrens rechtlich nicht zu beanstanden ist (b).
a) Ein Drittbetroffener kann die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens nach § 19 BImSchG statt des förmlichen Verfahrens nach § 10 BImSchG nach in der Rechtsprechung ganz herrschender Auffassung grundsätzlich nicht als Verletzung eigener Rechte geltend machen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 07.10.2009 – 1 A 10872/07 -, juris, insoweit bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 29.12.2010 - 7 B 6.10 -, juris; vom 29.10.2008 – 1 A 11330/07 -, DVBl 2009, 390 mit eingehender Begründung und zahlreichen Nachweisen, insbesondere auch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, sowie zur teilweise anderen Auffassung in der Literatur; a.A. etwa Jarass, BImSchG, 8. Aufl., § 19 RdNr. 22, § 10 RdNrn. 133, 136 m.w.N. zum Streitstand). Entscheidend für den Erfolg einer Anfechtungsklage ist danach, ob eigene materielle Rechte des Drittbetroffenen verletzt sind.
10 
Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend machen, Drittschutz müsse der Verfahrenswahl hier deshalb zukommen, weil sie sich auf die materiell-rechtliche Position der Antragsteller insofern ausgewirkt haben könne, als mit der angefochtenen Änderungsgenehmigung „zugleich den Nachbarn gegenüber die Änderungsgenehmigung von 1993 legalisiert werden soll“, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Eine „Legalisierung“ benötigt die genannte frühere Änderungsgenehmigung vom 26.02.1993 nicht. Diese ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen (s.u. 2.a) ergibt, den Antragstellern gegenüber bestandskräftig geworden.
11 
b) Unabhängig von der Frage der Rügbarkeit einer falschen Verfahrenswahl dürfte der von den Antragstellern geltend gemachte Verfahrensfehler aber auch nicht vorliegen. Denn der Antragsgegner dürfte das Genehmigungsverfahren zu Recht als vereinfachtes Verfahren nach Maßgabe des § 19 BImSchG durchgeführt haben. Die von den Antragstellern vorgetragenen Einwände gegen diese vom Verwaltungsgericht vertretene und detailliert begründete Auffassung erweisen sich als nicht stichhaltig.
12 
aa) Einschlägig ist insoweit § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 4. BImSchV i.V.m. Nr. 3.7 Spalte 2 des Anhangs. In der zuletzt genannten Vorschrift wird für die Zuordnung zu Spalte 2 allein darauf abgestellt, ob eine Eisen-, Temper- oder Stahlgießerei eine Produktionsleistung von 2 t bis weniger als 20 t Gussteile je Tag aufweist. Bei der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 4. BImSchV gebotenen Berücksichtigung des rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfangs spricht beim derzeitigen Erkenntnisstand alles dafür, dass der Betrieb der Beigeladenen die genannte Mengenobergrenze von 20 t Gussteile je Tag deutlich unterschreitet. Dies hat der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung überzeugend dargelegt. Er hat insbesondere zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Zuordnung zur Spalte 1 oder zur Spalte 2 nach der hier anzuwendenden Fassung der Nr. 3.7 des Anhangs zur 4. BImSchV allein die Menge an produzierten Gussteilen ausschlaggebend ist.
13 
Die von den Antragstellern demgegenüber postulierte Aufspaltung der zu diesem Produktionsergebnis führenden einzelnen Arbeitsvorgänge im Betrieb der Beigeladenen ist verfehlt. Ihr könnte nur dann näher getreten werden, wenn und soweit im Anhang zur 4. BImSchV bestimmte Arbeitsschritte eigens genannt und einer je gesonderten Regelung in Spalte 1 unterworfen wären (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2010 - 7 B 4.10 -, juris). Hierfür ist nichts ersichtlich. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang mit Blick auf die ursprünglich genehmigte, nach der Änderungsverfügung vom 02.03.2011 hingegen stillzulegende Anlage zum Auftragen von Beschichtungsstoffen auf die Gussteile vor einer Spritzwand mit Filter (Nr. 1.1.3 der angefochtenen Genehmigung) auf Nr. 3.9 bzw. Nr. 3.10 des Anhangs zur 4. BImSchV verweisen, liegen deren Voraussetzungen weder qualitativ noch quantitativ vor. Weder handelt es sich bei dem fraglichen Arbeitsvorgang um das Aufbringen von metallischen Schutzschichten auf Metalloberflächen mit Hilfe von schmelzflüssigen Bädern im Sinne der Nr. 3.9 4. BImSchV noch um eine Oberflächenbehandlung von Metallen oder Kunststoffen durch ein elektrolytisches oder chemisches Verfahren mit einem Volumen der Wirkbäder von 30 qm³ oder mehr im Sinne der Nr. 3.10 des Anhangs 4. BImSchV. Sowohl der Beschichtungsvorgang als auch die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang des Weiteren angesprochene Altsandregenerierung sind Verfahrensschritte bzw. Nebeneinrichtungen (vgl. § 1 Abs. 2 4. BImSchV) zum Gießereibetrieb der Beigeladenen, die diesem dienend zu- bzw. untergeordnet und de lege lata keiner gesonderten verfahrensrechtlichen Behandlung zugänglich und bedürftig sind. Der von den Antragstellern in diesem Zusammenhang angeführte Begriff der „Gesamtanlage“, die gewissermaßen subsidiär von der Spalte 1 erfasst sein soll, geht an dem in Nr. 3.7 des Anhangs 4. BImSchV normierten eindeutigen rechtlichen Anknüpfungspunkt der Produktionsleistung vorbei, die ihrerseits einen entsprechenden Produktionsprozess mit ineinandergreifenden einzelnen Arbeitsschritten voraussetzt, wie sie für eine Gießerei typisch sind (vgl. dazu etwa Wikipedia, Stichwort „Gießen (Verfahren)“; allgemein zu Begriff und rechtlicher Zuordnung von „Kernbestand“ und „Nebeneinrichtungen“ einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Gesamtanlage vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2010, a.a.O.).
14 
Soweit die Antragsteller geltend machen, im Rahmen der Änderungsgenehmigung vom 26.02.1993 sei für die dort bezeichneten Anlagenteile von der Einschlägigkeit der Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV ausgegangen worden, ist dies zwar richtig. Dies hing aber, worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat, mit der anderslautenden damaligen Fassung von Nr. 3.7 Spalte 2 4. BImSchV zusammen, die auf eine Leistung von weniger als 80 t Gussteile je Monat abstellte. Da die genehmigte monatliche Produktionsleistung mit 150 t über dieser Mengenschwelle lag, war die Anlage seinerzeit in der Tat der Spalte 1 zuzuordnen. Nach der seit 03.08.2001 (vgl. Gesetz vom 27.07.2001, BGBl. I S. 1950) geltenden Fassung der Nr. 3.7 des Anhangs 4. BImSchV hat es hingegen sein Bewenden mit dem genannten Grenzwert von 20 t Gussteile je Tag.
15 
Die Unterschreitung dieses Grenzwerts bestreitet die Beschwerde zu Unrecht. Zum einen hat sich rechtlich nichts an der in der Änderungsgenehmigung vom 26.02.1993 erfolgten Festlegung des zulässigen Produktionsumfangs geändert, nach welcher die monatliche Produktionsleistung auf 150 t beschränkt ist. Der Antragsgegner hat insoweit auch plausibel auf Überprüfungen der zum Einschmelzen eingekauften Rohwarenmengen im Jahre 2008 verwiesen, die keinen Anhalt für eine Überschreitung der zugelassenen Produktionsleistung ergeben hätten. Der Antragsgegner hat des Weiteren nachvollziehbar anhand der zugelassenen Arbeitszeiten berechnet, dass die Produktion von 150 t pro Monat weit unter der bei voller Ausschöpfung der in Nr. 3.7 des Anhangs 4. BImSchV bestimmten Mengenschwelle liegt. Bei Hochrechnung von täglicher Arbeitszeit und 20 t täglicher Produktionsleistung ergäben sich nämlich 440 t monatlich.
16 
Für den Senat gibt es auch keinen greifbaren Anhaltspunkt für die These der Antragsteller, dass in tatsächlicher Hinsicht durch den gleichzeitigen Einsatz der beiden Schmelztiegelöfen eine höhere Produktionsleistung als 20 t je Tag erzielbar wäre bzw. erzielt würde. Das technische Konzept des Betriebs der beiden Tiegelöfen ist nach dem Vortrag der Beigeladenen wie auch nach den diesbezüglichen Feststellungen des Antragsgegners dadurch gekennzeichnet, dass die Tiegelöfen zwar jeweils ein Fassungsvermögen von 1450 kg aufweisen, jedoch nicht gleichzeitig betrieben werden können, weil sie elektrisch gegeneinander verriegelt sind. Dies haben die Antragsteller auch mit der Beschwerde nicht substantiiert in Zweifel zu ziehen vermocht. Gegenüber der technischen Erläuterung in der Antragserwiderung, dass die Verriegelung so eingerichtet sei, dass in einem elektrischen Schaltschrank die Stromversorgung immer nur auf einen Tiegel geleitet werden könne, und gegenüber dem Hinweis der Beigeladenen, dass die installierte elektrische Leistung für einen gleichzeitigen Betrieb beider Öfen keinesfalls ausreiche, haben die Antragsteller lediglich gegenteilige Vermutungen in den Raum gestellt sowie den Hinweis, dass es keine rechtliche und tatsächliche Absicherung gegen eine Produktionserhöhung unter gleichzeitigem Einsatz beider Tiegelöfen gebe. Dem ist entgegenzuhalten, dass in dem von den Antragstellern selbst angeführten, eine entsprechende Auflage zur Genehmigung vom 26.02.1993 konkretisierenden Schreiben des Antragsgegners vom 16.03.1995 bestimmt ist, dass die „Schmelzwirkung immer nur auf einen Ofen gehen darf“. Sodann gibt es auch keinen Anhalt für eine zwischenzeitliche Veränderung der beschriebenen Verriegelungstechnik. Eine solche ist auch nicht etwa, wie von den Antragstellern geargwöhnt, im Zuge des Austauschs der Schmelzanlage im April 2009 erfolgt. Dies hat der Antragsgegner bei einer Betriebsbesichtigung am 21.04.2009 festgestellt (vgl. Vermerk vom 31.10.2009, Verwaltungsakte S. 731).
17 
bb) Die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 19 Abs. 1 BImSchG ist entgegen dem Vorbringen der Beschwerde auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil es sich im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c 4. BImSchV um eine zur Genehmigung gestellte Anlage handeln würde, die ungeachtet der Nennung in Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte. Dies ist mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen, das zutreffend auf § 3 c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 3.7.3 der Anlage 1 zum UVPG abgestellt hat, d. h. darauf, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur dann durchzuführen ist, wenn auf der Grundlage einer standortbezogenen Vorprüfung nach der Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Soweit die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang ihre nach den obigen Ausführungen rechtlich nicht tragfähige Argumentation fortführt, es handle sich bei der mit der Änderungsgenehmigung zugelassenen Verlagerung der Sandregenerierungsanlage und der Anlage zur Beschichtung der Gussteile um eigenständig zu beurteilende Anlagen, gilt das hierzu oben Dargelegte entsprechend. Dies hat zur Folge, dass gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 2 UVPG im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung allein zu prüfen war, ob entsprechend den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Soweit die Beschwerde eine Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit den Kriterien in Anlage 2 Nrn. 3.3 bis 3.5 zum UVPG vermisst, verkennt sie, dass das Verwaltungsgericht zutreffend bereits auf der logisch vorrangigen Prüfungsstufe nach Nr. 2 der Anlage 2 die - ernstlich allein in Betracht kommende - in Nr. 2.3.8 der Anlage 2 alter Fassung bzw. Nr. 2.3.10 der Anlage 2 neuer Fassung genannte Konstellation verneint hat, dass es sich um ein Gebiet mit hoher Bevölkerungsdichte handelt. Es hat daraus ohne Rechtsfehler den Schluss gezogen, dass das Vorhaben der Beigeladenen keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung begründet hat und dass die Darlegungen des Antragsgegners im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen. Hiernach kann auf sich beruhen, ob, wie die Beigeladene vorträgt, in Bezug auf die von den Antragstellern geltend gemachte Kobaltbelastung eine Überprüfung durchgeführt worden ist, die über das bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung Gebotene sogar hinausgegangen ist.
18 
2. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Unrecht wendet sich die Beschwerde gegen die Würdigung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene Änderungsgenehmigung auch sonst nicht gegen Rechtsnormen verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind.
19 
Nach zutreffender abstrakter Kennzeichnung des Prüfungsgegenstandes - des Änderungsvorhabens einschließlich seiner Auswirkungen auf die vorhandenen Anlagenteile und Verfahrensschritte (vgl. die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss zitierten Nachweise u.a. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts) – dürfte das Verwaltungsgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen Verstöße der angefochtenen Änderungsgenehmigung gegen Schutzpflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ebenso zu Recht verneint haben (a) wie eine Verletzung anderer in § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Bezug genommener öffentlich-rechtlicher Vorschriften, soweit diese Drittschutz vermitteln (b).
20 
a) Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden, die Schutzpflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG konkretisierenden Regelwerke insbesondere der TA Luft (vom 24.07.2002, GMBl. S. 511, dazu nachstehend aa) und der TA Lärm (vom 26.08.1998, GMBl. S. 530, dazu nachstehend bb) sind voraussichtlich eingehalten.
21 
aa) Die Bestimmung von Immissions-Kenngrößen dürfte nach dem maßgeblichen Erkenntnistand dieser Beschwerdeentscheidung gemäß Nr. 4.6.1.1 TA Luft ohne Rechtsfehler unterblieben sein, weil die für gefasste Quellen in Tabelle 7 zu Nr. 4.6.1.1 TA Luft und für diffuse Emissionen in Nr. 4.6.1.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b i.V.m. Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschritten werden dürften. Emissionen aus diffusen Quellen sind, wie in der im Genehmigungsverfahren eingeholten Fachstellungnahme des TÜV Süd Industrie Service GmbH vom 05.09.2007 auch geschehen, gemäß Nr. 4.6.1.1 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b gesondert zu beurteilen und nicht den Emissionen aus gefassten Quellen zuzuschlagen. Zutreffend weisen die Antragsteller allerdings darauf hin, dass der in jener Fachstellungnahme zugrunde gelegte, auf Grund früherer Messungen an den bisherigen Quellen prognostizierte Gesamtabluft-Volumenstrom in Höhe von 65.000 cbm/h bei einer Messung an den mittlerweile installierten Quellen im Juli 2010 deutlich überschritten wurde; bei dieser Messung ist ein Gesamtabluft-Volumenstrom von 82.316 cbm/h festgestellt worden. Dabei handelt es sich durchaus um eine neue Tatsache bzw. ein neues, ohne Verschulden der Antragsteller erst jetzt zur Verfügung stehendes präsentes Beweismittel, d. h. um einen Umstand, dessen Einbeziehung in die rechtliche Würdigung nach dem oben dazu Ausgeführten (S. 3) nicht schon im Ansatz durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO präkludiert ist. Eine andere Frage ist, ob im Hinblick auf die Eigengesetzlichkeit von Emissionsprognosen, die typischerweise vor Errichtung einer Anlage erstellt werden, nur in eingeschränktem Umfang eine Richtigkeitskontrolle statthaft ist, nämlich auf die methodische Fehlerfreiheit der Prognose, so dass eine Falsifizierung einer methodisch einwandfreien Prognose durch spätere Messungen im laufenden Betrieb ausscheidet (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.1991 - 7 B 102/90 -, NVwZ-RR 1991, 236; BayVGH, Beschluss vom 25.10.2010 - 22 ZB 10.1622 -, juris).
22 
Dies kann hier aber auf sich beruhen. Auch wenn zugunsten der Antragsteller von einer methodischen Angreifbarkeit der früheren Prognose - etwa wegen der von ihnen geltend gemachten Nichtberücksichtigung von Staubemissionen der neuen Beschichtungsanlage oder von vornherein zu niedriger Ansetzung des Volumenstroms der Quelle 3 (Putzerei) - ausgegangen wird, und von der Relevanz des neuen Messwerts für die Emissionsprognose, führt dies nicht dazu, dass nunmehr eine Überschreitung der Bagatellmassenströme nach Tabelle 7 zu Nr. 4.6.1.1 TA Luft angenommen werden müsste. Denn nicht nur der genannte neue Messwert, der nach dem Vortrag des Antragsgegners den Maximalwert bei einer Schwankungsbreite nach unten von 30.000 cbm/h darstellt, sondern auch die mit den Verfügungen des Antragsgegners vom 21.02.2011 und 02.03.2011 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgten Modifizierungen der angefochtenen Genehmigung, bezüglich derer die Beigeladene nach dem Vortrag des Antragsgegners auch Rechtsmittelverzicht erklärt hat, sind insoweit zu berücksichtigen. Dass der Antragsgegner die Dispositionsbefugnis über den angefochtenen Verwaltungsakt auch im laufenden gerichtlichen Verfahren behält und Modifizierungen jedenfalls ebenso rechtlich beachtlich sind wie sonstige (offensichtliche) Tatsachen- oder Rechtsänderungen, bedarf keiner weiteren Erläuterung, mag es für die Antragsteller auch unbefriedigend erscheinen, dass der Antragsgegner erst auf Vorhalt der Auswirkungen des gemessenen höheren Gesamtabluft-Volumenstroms die Modifizierungen vorgenommen hat.
23 
Dies hat in Bezug auf den für Staub-Emissionen geltenden Bagatellmassenstrom-Grenzwert von 1 kg/h nach der mit der Änderungsverfügung vom 21.02.2011 bestimmten Herabsetzung des Konzentrations-Grenzwerts (von 15 mg/cbm auf 9 mg/cbm) zur Folge, dass der anzunehmende Staub-Massenstrom nicht, wie von den Antragstellern im Schriftsatz vom 10.02.2011 bei Ansetzung des früheren Konzentrations-Grenzwerts von 15 mg/cbm errechnet, 1,234 kg/h, sondern nur 0,741 kg/h beträgt. Damit wird der Bagatellmassenstrom-Grenzwert von 1 kg/h deutlich unterschritten, auch wenn ein bei der Messung im Juli 2010 festgestellter Gesamtabluft-Volumenstrom von 82.316 cbm/h zugrunde gelegt wird. Dieser Gesamtabluft-Volumenstrom ist mit der weiteren Änderungsverfügung des Antragsgegners vom 02.03.2011 überdies - durch Reduzierung des zulässigen Volumenstroms der Quelle 3 (Putzerei) auf 20.000 cbm/h und Außerbetriebsetzung der Quelle 4 (Beschichtungsanlage) auf insgesamt 45.485 cbm/h begrenzt worden, so dass der Bagatellmassenstrom für Staub-Emissionen um so eher eingehalten werden kann. Aber auch für die übrigen von den Antragstellern problematisierten Parameter der Bagatellmassenströme nach Tabelle 7 zu Nr. 4.6.1.1 TA Luft führt diese Begrenzung des Gesamtabluft-Volumenstroms nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners zur rechnerischen Einhaltung der in der Tabelle 7 festgelegten Grenzwerte.
24 
Der insoweit von den Antragstellern geäußerten Kritik, mit dieser Begrenzung entstehe ein Missverhältnis zwischen der bei normalem Betrieb anzunehmenden Absaugmenge an den Betriebseinrichtungen und der gedrosselten Kapazität der Reinigungsanlage, wird im Widerspruchsverfahren nachzugehen sein. Entsprechendes gilt für die Befürchtung einer Zunahme diffuser Emissionen, auch im Zusammenhang mit der Stilllegung der Beschichtungsanlage. Die diesbezüglichen Einwendungen sind im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht weiter zu klären, sondern an Hand einer von der Beigeladenen beizubringenden näheren Erläuterung der mit den Änderungsverfügungen vom 21.02. und 02.03.2011 kompatiblen Abluftkonzeption vom Antragsgegner zu prüfen. Diese Verweisung in das Widerspruchsverfahren hält der Senat auch deshalb für vertretbar, weil selbst eine Überschreitung der Bagatellmassenströme lediglich die verfahrensrechtliche Konsequenz einer Bestimmung von Immissions-Kenngrößen zeitigt. Sie ist nicht schon mit einer materiellen Verletzung der Immissionswerte gleich zu setzen, sondern erzwingt nur die Durchführung des standardisierten Verfahrens zum Abgleich von Kenngrößen und Immissionswerten, mag dem Ausmaß einer - hier nach den obigen Ausführungen bei summarischer Prüfung fehlender - Überschreitung von Bagatellmassenströmen auch eine gewisse indizielle Bedeutung zukommen.
25 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller war eine Bestimmung der Immissions-Kenngrößen auch nicht wegen einer besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände erforderlich (Nr. 4.6.1.1 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz TA Luft). Ob dieser die Maßgeblichkeit der Bagatellmassenströme einschränkende Vorbehalt überhaupt für die hier zur Debatte stehende wesentliche Änderung einer Anlage gilt, ist mit Blick auf Nr. 4.6.1.1 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz TA Luft mit dem Verwaltungsgericht als keineswegs zweifelsfrei zu betrachten. Davon abgesehen vermag der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht dem Heranrücken der Quelle 1 an die Wohnhäuser der Antragsteller auf einen abstandsflächenrechtlich weiterhin zulässigen Abstand keine die Erforderlichkeit einer Bestimmung der Immissions-Kenngrößen auslösende Bedeutung beizumessen. Insoweit ist nicht nur die Immissionsbelastungen tendenziell verringernde Erhöhung der Quelle 1 auf die - der Beigeladenen schon früher aufgegebene - Höhe zu berücksichtigen, sondern als besonderer örtlicher Umstand ergänzend auch die in der Fachstellungnahme festgehaltene Hauptwindrichtung; danach herrschen, abgesehen von einem „Nebenmaximum“ aus nördlicher bis nordnordöstlicher Richtung, südliche bis südsüdwestliche Windrichtungen vor, welche sich relativierend auf die Belastungssituation der südlich der Anlage befindlichen Wohnbevölkerung auswirken.
26 
Auf die von den Beteiligten auch im Beschwerdeverfahren kontrovers diskutierte Problematik der Bestandskraft der früher erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen (vom 10.12.1980 und vom 26.02.1993) kommt es im Zusammenhang mit den ermittelten und bewerteten Bagatellmassenströmen nicht an. Denn insoweit sind nicht lediglich die Zusatzbelastung durch die Realisierung der angefochtenen Änderungsgenehmigung vom 29.04.2008 berücksichtigt worden, sondern die Emissionen des gesamten Betriebs, d. h. unter Einbeziehung auch der schon früher genehmigten Anlagenteile und Verfahrensschritte.
27 
Entsprechendes gilt für die von den Antragstellern als unzureichend berücksichtigt - weil nicht zum Gegenstand einer Sonderfall-Prüfung nach Nr. 4.8 TA Luft gemacht - gerügte Kobaltbelastung. Insoweit dürfte es an „hinreichenden Anhaltspunkten“ im Sinne der Nr. 4.8 dafür fehlen, dass insoweit schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können. Der Senat verkennt nicht, dass die nach dem Vortrag der Antragsteller festgestellten Kobaltwerte im Blut bei ihnen verständliche gesundheitliche Besorgnisse ausgelöst haben. Dies hilft indes nicht darüber hinweg, dass nach den Stellungnahmen des Landesgesundheitsamtes vom 06.06.2007 und vom 30.07.2007 eine kausale Beziehung zu Emissionen aus dem Betrieb der Beigeladenen fern liegt. Denn die den Stellungnahmen zugrunde liegenden Untersuchungen der Landesanstalt für Umweltschutz zum Staubniederschlag aus der Luft und Analysen von Bodenproben haben keinen hinreichenden Anhalt für Emissionen von Kobalt durch den Betrieb der Beigeladenen geliefert. Im Grunde bestätigen dies die Antragsteller, wenn sie in der Beschwerdebegründung vortragen, bislang stehe weder fest, was genau die Kobaltbelastung verursacht habe bzw. wodurch Kobalt freigesetzt werde, noch seien die gesundheitlichen Folgen einer Kobaltbelastung wissenschaftlich erforscht. Aus der von den Antragstellern noch vorgelegten Studie zur erhöhten Sterblichkeit bei Mitarbeitern von Eisengießereien findet sich im Übrigen, worauf die Beigeladene zutreffend hingewiesen hat, kein Anhalt für Kobaltemissionen aus Eisengießereien und einen entsprechenden Wirkungspfad. Hiernach dürfte es in Bezug auf die geltend gemachte Kobaltbelastung schon an einer hinreichenden tatsächlichen Basis für die von Nr. 4.8 TA Luft bezweckte Prüfung fehlen, welche nach Nr. 4.8 Abs. 2 Buchst. a der Feststellung dient, zu welchen Einwirkungen die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen im Beurteilungsgebiet führen. Ergänzend bemerkt der Senat, dass die durchgeführten Untersuchungen des Landesgesundheitsamts und der Landesanstalt für Umweltschutz der Sache nach einer Sonderfall-Prüfung nahe kommen dürften.
28 
Nicht zu folgen vermag der Senat der in diesem Zusammenhang von den Antragstellern vertretene These, das von ihnen geltend gemachte Fehlen der Bestandskraft der früheren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen aus den Jahren 1980 und 1993 führe zu einer „Umkehrung der Beweislast“ in Bezug auf die Unschädlichkeit der betrieblichen Emissionen. Bereits die Prämisse der Antragsteller dürfte nicht zutreffen, dass die genannten älteren Genehmigungen ihnen gegenüber nicht in Bestandskraft erwachsen seien. Denn die Antragsteller haben nach Aktenlage jedenfalls nicht fristgerecht Widerspruch gegen jene ältere Genehmigungen erhoben, obwohl deren Existenz, wie das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner sowie die Beigeladene zutreffend dargelegt haben, den Antragstellern jedenfalls im Jahre 2002 konkret bekannt geworden ist. Dem Antragsteller Ziffer 2 ist die Genehmigung vom 26.02.1993 nach Aktenlage sogar mit Übergabeeinschreiben im Januar 2002 ausdrücklich bekanntgegeben worden, so dass ihm gegenüber im Falle zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 70 Abs. 1 VwGO eine Monatsfrist, ansonsten gemäß §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist für eine Widerspruchseinlegung in Lauf gesetzt wurde. Im Übrigen hätten die Antragsteller, deren Grundstückserwerb nicht ohne Kenntnis des laufenden Betriebs der Beigeladenen vorstellbar ist - nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners sind die Antragsteller Ziffer 1 und 2 seit 23.12.1986 und die Antragsteller Ziffer 3 und 4 seit 21.01.1999 Eigentümer der betreffenden Grundstücke - bereits damals vom Vorliegen einer den Betrieb gestattenden Genehmigung ausgehen und sich nach deren Inhalt erkundigen können, wenn sie gegen den Betrieb hätten vorgehen wollen. Jedenfalls aber nach konkreter Kenntniserlangung von der Existenz der früheren Genehmigungen z.B. durch die Übersendung des Besprechungsvermerks vom 11.10.2002 und der nachtäglichen Anordnung vom 16.10.2002 hätten sie im Sinne einer Anstoßfunktion hinreichend Anlass gehabt, sich über den exakten Inhalt der Genehmigungen zu informieren, und Gelegenheit, dagegen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Nach Treu und Glauben war dies in Anlehnung an § 58 Abs. 2 VwGO innerhalb eines Jahres ab Kenntniserlangung vom Inhalt der Genehmigung bzw. ab dem Zeitpunkt, ab dem die Antragsteller sich diese Kenntnis hätten verschaffen können, zu erwarten, eine wesentliche spätere Widerspruchseinlegung hingegen prozessual verwirkt (vgl. außer der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung Kopp/Schenke, a.a.O., § 70 RdNr. 6h; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vor § 124 RdNr. 60, jeweils m.w.N.).
29 
Dem Akteninhalt ist keine hinreichend klare Äußerung der Antragsteller zu entnehmen, welche mit der prozessrechtlich zu fordernden Klarheit - unbeschadet der nicht auf die Verwendung des Begriffs „Widerspruch“ beschränkten Wortwahl - als Widerspruchseinlegung zu werten wäre. Die Antragsteller haben sich darauf beschränkt, die Befolgung von Nebenbestimmungen zu den früheren Genehmigungen bzw. von nachträglichen Anordnungen des Antragsgegners gegenüber der Beigeladenen einzufordern. Dies spricht dafür, dass die fraglichen Genehmigungen als rechtlich existent vorausgesetzt wurden. Dem entsprechen auch Ausführungen in der Beschwerdebegründung, die Antragsteller wollten sich gar nicht gegen die Genehmigung von 1993 wenden und den Rückbau des damals genehmigten Vorhabens verlangen bzw. die Rücknahme der genehmigten Nutzung; es gehe ihnen lediglich darum zu verhindern, dass die seinerzeit erteilte Genehmigung nunmehr die Grundlage für eine erneute Erweiterung bilden und darauf dann der Bestandsschutz gegründet werden solle. Schließlich führt auch der Hinweis darauf, dass sich die Antragsteller bereits vor und nach 1993 häufig beim Antragsgegner über Immissionen aus dem Betrieb der Beigeladenen beschwert hätten, insoweit nicht zu ihren Gunsten weiter. Diese Beschwerden waren vom Antragsgegner nicht ohne Weiteres als Widersprüche zu werten, sondern wie geschehen als Aufforderungen zu Überprüfungen des Betriebsablaufs und ggf. zum Erlass nachträglicher Anordnungen.
30 
Fehlt es mithin an einer rechtzeitigen Anfechtung der früheren Genehmigungen, so kann auch keine Rede davon sein, dass die nunmehr in Streit stehende Änderungsgenehmigung vom 29.04.2008 eine „Legalisierung“ der alten Genehmigungen bewirken solle bzw. könne. Einer solchen als konstitutiv gedachten nachträglichen rechtlichen Unterfütterung bedürfen nach dem Vorstehenden jene alten Genehmigungen zu ihrer Wirksamkeit und Bestandskraft nicht. Prüfungsgegenstand bleibt daher allein die Änderungsgenehmigung vom 29.04.2008 als solche (in der Fassung der Änderungsverfügungen vom 21.02. und 02.03.2011).
31 
bb) Die Antragsteller dringen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens im Ergebnis auch nicht mit ihren Angriffen gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene Vereinbarkeit der angefochtenen Änderungsgenehmigung mit der TA Lärm durch. Ob der Betrieb der Beigeladenen den - gemäß Nr. 6 TA Lärm als Vorfrage für die Einschätzung der zumutbaren Geräuschimmissionsbelastung bedeutsamen - Gebietscharakter mitprägt oder aber, wie die Antragsteller meinen, als Fremdkörper außer Betracht zu lassen ist, wird nötigenfalls erst in einem Hauptsacheverfahren abschließend zu beurteilen sein (zu den Abgrenzungskriterien vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 -, BVerwGE 84, 322; Beschluss vom 23.12.1998 - 4 B 29.98 -, NuR 1999, 275; Urteil vom 07.12.2006 - 4 C 11.05 -, BVerwGE 127, 231; Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 RdNr. 32 m.w.N.). Eine von den Antragstellern insoweit angeregte förmliche Beweisaufnahme insbesondere durch Augenscheinseinnahme ist im vorliegenden Verfahren untunlich und ggf. einem Hauptsacheverfahren vorzubehalten, zumal sich durchaus aussagekräftige Lagepläne und Angaben zur Art der Grundstücksnutzungen im fraglichen Bereich bei den Akten befinden (vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 RdNr. 125; Dawin in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 86 Fn. 246). Nach Aktenlage spricht nach Auffassung des Senats einiges dafür, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Antragsgegner herangezogenen Gesichtspunkte – (bisherige) Gebäudegröße, Immissionen auf die nähere Umgebung, historischer Bestand des (wohl 1932 oder 1933 gegründeten, seit 1980 immissionsschutzrechtlich genehmigten) Betriebs, landwirtschaftlich genutzte Gebäude und im weiteren Umfeld befindliche weitere Gewerbebetriebe sowie Festhalle, Feuerwehrgerätehaus und Gaststätte mit Kegelbahn - die Umgebung des Betriebs der Beigeladenen nicht als insgesamt homogen strukturiert erscheinen lassen, etwa als (faktisches) allgemeines Wohngebiet. Je inhomogener aber ein Gebiet strukturiert ist und je länger ein durch entsprechende Genehmigungen oder zumindest langjährige Duldung gedecktes Nebeneinander von an sich konfliktträchtigen Nutzungen - im Sinne eines historisch gewachsenen Ensembles - besteht, umso weniger werden einzelne Nutzungen, etwa die am stärksten störende oder aber auch eine besonders störungsempfindliche Nutzung, in dem betreffenden Bereich als Fremdkörper bei der Qualifizierung des Gebietscharakters außer Betracht gelassen werden können. Die Unbeachtlichkeit von sogenannten Fremdkörpern ist als Ausnahme grundsätzlich auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen ein bestimmtes Vorhaben in besonders krassem Widerspruch zu der sonstigen, im Wesentlichen homogenen Bebauung steht und außerdem dieses Vorhaben keine größeren städtebaulichen Auswirkungen auf seine Umgebung hat. Soweit das nicht der Fall ist, müssen auch Vorhaben berücksichtigt werden, die städtebaulich unerwünscht sind, weil sie von der sonstigen Bebauung abweichen und städtebauliche Spannungen hervorrufen (vgl. Brügelmann/Dürr, a.a.O., m.w.N. zur Rechtsprechung). Es ist dann Sache des Trägers der Bauleitplanung, eine Entflechtung der kollidierenden Nutzungen ins Auge zu fassen, zum Beispiel durch eine entsprechende Überplanung des betreffenden Gebiets und/oder Schaffung von Anreizen und Beratung zur Verlagerung der immissionsträchtigen Nutzungen in ein weniger störungsempfindliches Umfeld. Im vorliegenden Fall ist insbesondere auch die Ausstrahlungswirkung der betrieblichen Emissionen zu bedenken, die über die Auswirkungen des reinen Baubestands auf die nähere Umgebung hinausgeht (vgl. dazu auch die Anlehnung an das Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.6.2.5 TA Luft 2002 bzw. Nr. 2.6.2.2 TA Luft 1986 in der Rechtsprechung zur räumlichen Abgrenzung der Klagebefugnis gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen, z.B. BayVGH, Urteil vom 30.11.1988 – 20 A 86.40030 u.a. -, BayVBl 1989, 530).
32 
Die zivilrechtliche Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Ortsüblichkeit der Emissionen, auf die die Antragsteller unter Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts Offenburg vom 13.07.2010 abheben, ist auf die öffentlich-rechtliche Beurteilung des Gebietscharakters nicht ohne Weiteres übertragbar. Die an das Immissionsniveau in der fraglichen Umgebung anknüpfende Frage der Ortsüblichkeit ist eine andere Fragestellung als die nach der bauplanungsrechtlich prägenden Wirkung einer mit Emissionen verbundenen Grundstücksnutzung. Jedenfalls vermag der Senat nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erkennen, dass der Betrieb der Beigeladenen als Fremdkörper bei der Beurteilung des Gebietscharakters im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB auszuklammern wäre und dass die Eigenart der näheren Umgebung darüber hinaus einem der Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung - wie von den Antragstellern geltend gemacht einem allgemeinen Wohngebiet - entsprechen würde mit der Folge, dass daraus in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB ein Gebietserhaltungsanspruch gegenüber der Beigeladenen abgeleitet werden könnte. Im übrigen könnte selbst bei Ausklammerung des Betriebs der Beigeladenen als Fremdkörper angesichts der vorhandenen sonstigen Grundstücksnutzungen in Betracht zu ziehen sein, dass es sich um ein diffus geprägtes, nicht in den Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB fallendes Gebiet handelt.
33 
Ist hiernach im vorliegenden Verfahren eher von einer Gemengelage zwischen industrieller Nutzung und Wohnnutzung sowie sonstiger gewerblicher und landwirtschaftlicher Nutzung auszugehen, so dürfte die auf einem Immissionsrichtwert von 60 db(A) basierende Beurteilung des Vorhabens nach der TA Lärm in dem TÜV-Gutachten vom 12.06.2007 keinen durchgreifenden Bedenken begegnen (zur bei Gemengelagen gebotenen Bildung eines Zwischenwerts vgl. Nr. 6.7 TA Lärm; BVerwG, Beschluss vom 12.09.2007 - 7 B 24.07 -, juris; Beschluss vom 28.09.1993 - 4 B 151.93 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119). Dieser Wert stellt einen angemessenen Zwischenwert zwischen dem für allgemeine Wohngebiete (gemäß Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d TA Lärm: 55 db(A)) und für Industriegebiete (gemäß Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. a TA Lärm: 70 db(A) geltenden (Tages-)Immissionsrichtwert dar, der sich an dem für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete geltenden Wert orientiert (Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm). Er wäre im übrigen wohl auch bei Ausklammerung des Betriebs der Beigeladenen und Annahme eines auch ohne diesen diffus - mit Anteilen aus Wohnnutzung, landwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung - geprägten Gebietscharakters naheliegend.
34 
Dem insoweit zunächst auch von den Antragstellern nicht in Zweifel gezogenen TÜV-Gutachten ist zu entnehmen, dass der Beurteilungspegel von 60 db(A) und der nach Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm maximal zulässige, 30 db(A) höhere Spitzenpegel für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen an allen 12 berechneten Immissionsorten unterschritten wird. Außer bei einem der 12 Immissionsorte - bei diesem handelt es sich mit 58 db(A) allerdings um das Grundstück der Antragsteller Ziffer 1 und 2 - wird sogar der für allgemeine Wohngebiete maßgebliche Beurteilungspegel von 55 db(A) eingehalten und bei allen 12 Immissionsorten der entsprechend zulässige Spitzenpegel von 85 db(A). Soweit neuere Erkenntnisse in Gestalt von Messergebnissen höhere, Grenzwerte überschreitende Lärmpegel ergeben, wird der Antragsgegner dem, wie nach seinem Schriftsatz vom 02.03.2011 teilweise bereits geschehen, mit entsprechenden Auflagen zu begegnen haben.
35 
Der ergänzenden Anforderung in Nr. 6.7 TA Lärm dürfte das genehmigte Vorhaben im Ansatz entsprechen. Nach dieser Vorschrift ist, wenn ein Gebiet mit erhöhter Schutzwürdigkeit nur in einer Richtung zur Anlage liegt, dem durch die Anordnung der Anlage auf dem Betriebsgrundstück und die Nutzung von Abschirmungsmöglichkeiten Rechnung zu tragen. Die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang vorgebrachte Kritik an der Annahme des Verwaltungsgerichts, das TÜV-Gutachten belege schlüssig, dass die Änderungsgenehmigung jedenfalls keine Verschlechterung der Lärmsituation für die Antragsteller mit sich bringe, erscheint schwerlich berechtigt. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben insoweit plausibel insbesondere auf eine Verlagerung von lärm- und erschütterungsintensiven Arbeitsvorgängen in die neue, bessere Dämmwerte aufweisende Halle 3 hingewiesen. Freilich dürfte das Verbesserungspotential, etwa in Bezug auf weitere Abschirmungsmöglichkeiten, wie sie auch in der Erörterungsverhandlung des Senats erwogen wurden, noch nicht erschöpft sein. Es wird Aufgabe des Antragsgegners im Widerspruchsverfahren sein, solche weiteren Möglichkeiten und ggf. den Erlass sachdienlicher nachträglicher Anordnungen zu prüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung und gegebenenfalls Berücksichtigung der von den Antragstellern in der Erörterungsverhandlung geltend gemachten akustischen Reflektionswirkungen der Südwand der Halle 3 auf die Grundstücke der Antragsteller.
36 
cc) Die Antragsteller beanstanden zu Unrecht, dass das Verwaltungsgericht den Verzicht des Antragsgegners auf eine gutachtliche Beurteilung von - dem Änderungsvorhaben zuzurechnenden - Geruchsimmissionen, etwa nach der Geruchsimmissions-Richtlinie des Länderausschusses Immissionsschutz – GIRL (abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52), gebilligt hat. Für eine solche Gutachtenerhebung bestand nach Aktenlage kein hinreichender Anlass. Ein solcher ist von den Antragstellern auch im Beschwerdeverfahren nicht dargetan worden. Zum einen haben Antragsgegner und Beigeladene unwidersprochen vorgetragen, dass stichprobenartige Überprüfungen seitens des Gewerbeaufsichtsamtes in der Vergangenheit keine betriebsbedingten Geruchsbeeinträchtigungen ergeben hätten. Zwar mag dies nicht ausschließen, dass gelegentlich doch Geruchsbelästigungen auftreten. Das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung, die von den Antragstellern gerügten Geruchsimmissionen würden durch die genehmigte Betriebsänderung jedenfalls nicht verstärkt bzw. verschlimmert, aber plausibel mit den entsprechend zu erwartenden betrieblichen Veränderungen begründet. Dem sind die Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten.
37 
b) Das Verwaltungsgericht dürfte entgegen dem Beschwerdevorbringen auch zu Recht angenommen haben, dass die angefochtene Änderungsgenehmigung nicht zum Nachteil der Antragsteller gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verstößt, insbesondere nicht gegen die nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts.
38 
aa) In bauplanungsrechtlicher Hinsicht scheitert der mit der Beschwerde geltend gemachte Gebietserhaltungsanspruch aus § 34 Abs. 2 BauGB mit überwiegender Wahrscheinlichkeit daran, dass die nähere Umgebung nicht einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete entspricht, insbesondere nicht einem allgemeinen Wohngebiet. Hierzu wird auf die obigen einschlägigen Ausführungen verwiesen.
39 
Soweit die Antragsteller in Bezug auf die Anwendung des § 34 Abs. 3a BauGB die Annahme des Verwaltungsgerichts rügen, der Antragsteller habe das in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausgeübt, dringen sie damit nicht durch. Zwar ist ihnen zuzugestehen, dass sich in der Begründung der angefochtenen Änderungsgenehmigung keine expliziten Ausführungen zur Ermessensbetätigung finden. Insoweit ist jedoch mit Blick auf die Normstruktur zu beachten, dass der Ausgleich der verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen bereits im Rahmen der Prüfung der städtebaulichen Vertretbarkeit und der Berücksichtigung nachbarlicher Interessen zu erfolgen hat und deshalb für eine darüber hinausgehende Ermessensentscheidung nur noch ein sehr eingeschränkter Bereich verbleibt. Wenn eine Befreiung städtebaulich vertretbar ist und nachbarliche Interessen nicht entgegenstehen, kann es bei der Ermessensbetätigung im Grunde nur noch um den Umfang der Abweichung von den Anforderungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gehen (vgl. Brügelmann/Dürr, BauGB, § 34 RdNr. 107 l). Immerhin hat der Antragsgegner in der Begründung des angefochtenen Bescheids (S. 20) die Erwägung einer Reduktion der Erschütterungs- und Geräuschimmissionen angestellt, die gewiss primär auf die genannten Tatbestandsvoraussetzungen zu beziehen ist, nach dem Gesagten jedoch auch in den Bereich der Ermessensbetätigung hineinreicht. Im Übrigen könnte ein Ermessensausfall noch im Widerspruchsverfahren durch die Widerspruchsbehörde beseitigt werden.
40 
Einen von den Antragstellern im Gegensatz zum Verwaltungsgericht angenommenen Verstoß gegen das in § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 BauGB inkorporierte Rücksichtnahmegebot vermag der Senat nicht zu erkennen. Hinsichtlich der im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. den technischen Regelwerken geprüften Immissionen gilt das hierzu oben bereits Ausgeführte mit der Maßgabe, dass die Einhaltung der in der TA Luft und der TA Lärm geregelten Grenzwerte insoweit auch die Wahrung des Rücksichtnahmegebots indiziert; denn das Bebauungsrecht vermittelt gegenüber schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz als § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 -, DVBl. 1993, 111). Für eine Ausnahmekonstellation, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen könnte, ist hier nichts ersichtlich. Der Hinweis der Antragsteller, der in der TA Luft festgelegte Grenzwert für Staubimmissionen entspreche nicht dem Stand der Technik, ist zum einen unsubstantiiert geblieben. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang auch die mit der Verfügung des Antragsgegners vom 21.02.2011 erfolgte Reduzierung des von der Beigeladenen einzuhaltenden Staubkonzentrations-Grenzwerts auf 9 mg/cbm zu berücksichtigen.
41 
Soweit die Antragsteller einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot mit Blick auf die bauliche Erweiterung des Betriebs durch die neue Halle 3 rügen, weil dieses Gebäude eine erdrückende, abriegelnde Wirkung entfalte, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller beträgt der geringste Abstand der Halle 3 zum Grundstück der Antragsteller 41 m, zum Gebäude 45 m; die Höhe der Halle 3 beträgt nach den genehmigten Plänen weniger als 11 m. Dies sind räumliche Dimensionen, die keineswegs mit den Konstellationen vergleichbar sind, in denen die Rechtsprechung trotz der - hier evidenten - Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften ausnahmsweise eine für die Nachbarschaft erdrückende oder einmauernde Wirkung von Bauvorhaben angenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat insoweit auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Halle 3 zu einem großen Teil bereits bestehende Gebäudeteile integriert und miteinander verbindet.
42 
Ohne Erfolg macht die Beschwerde weiter geltend, das Verwaltungsgericht habe eine im Sinne des Rücksichtnahmegebots unzulässige erdrückende Wirkung des nächstgelegenen Kamins (Quelle 1) verkannt. Zwar trifft es auch in diesem Zusammenhang zu, dass die unstreitig gegebene Wahrung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nur im Regelfall eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausschließt. Für die Annahme einer Ausnahmekonstellation fehlen nach Aktenlage aber auch hier hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte. Der von den Antragstellern gezogene Vergleich zu Windkraftanlagen ist wegen der bedeutsamen tatsächlichen Unterschiede zwischen diesen und einem Kamin unergiebig, damit auch die von den Antragstellern herangezogene, unter dem Blickwinkel des Rücksichtnahmegebots zu Windkraftanlagen ergangene Rechtsprechung. Die störende Wirkung von Windkraftanlagen basiert, worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat, vor allem auf der durch die Rotoren erzeugten Breitenwirkung sowie dem durch die Rotorbewegungen herbeigeführten optischen Unruhefaktor. Bei den Maßen des Kamins (ca. 21,20 m Höhe, 1 m Durchmesser) liegt auch nach Auffassung des Senats die Annahme einer erdrückenden Wirkung eher fern.
43 
Die bauplanungsrechtliche Anmerkung der Antragsteller, die grenzständige Halle 1 verstoße gegen § 34 Abs. 1 BauGB, weil sie die in der näheren Umgebung vorherrschende offene Bauweise missachte, bedarf keiner näheren Erörterung. § 34 BauGB vermittelt insoweit keinen Nachbarschutz.
44 
bb) Die bauordnungsrechtlich orientierte Kritik der Antragsteller am angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts erweist sich nicht als stichhaltig. Ein im vorliegenden Genehmigungsverfahren relevanter Verstoß gegen die Abstandsflächenflächenvorschrift des § 5 LBO liegt nicht vor. Die Abstandsflächenproblematik wird durch die von der Beigeladenen beantragte Änderung der Betriebsabläufe insbesondere für die Halle 1 nicht neu aufgeworfen. Denn die Umstrukturierung des Betriebsablaufs in Halle 1 führt, wie der Antragsgegner zu Recht darlegt, nicht zu einer Verschlechterung der Immissionssituation für die Nachbarschaft, sondern es wird mit dem Modelllager künftig eine deutlich emissionsärmere Nutzung angesiedelt. Nur nachteiligere Auswirkungen auf die Nachbargrundstücke können aber dazu führen, dass die Abstandsflächenfrage bei unverändertem Baubestand neu zu stellen und zu beantworten ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.09.1998 - 8 S 2137/98 -, VBlBW 1999, 26).
II.
45 
Nach allem spricht die obige rechtliche Beurteilung (I) für die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids. Besondere Umstände, die gleichwohl, etwa wegen bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung durch die Realisierung der Genehmigung eintretender gravierender (unzumutbarer bzw. irreparabler) Nachteile, eine Suspendierung des Genehmigungsbescheids nahe legten, vermag der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht nicht zu erkennen. Auch nach der Einschätzung des Senats führt die Ausnutzung der Genehmigung insgesamt jedenfalls nicht zu einer Verschlechterung der Immissionssituation für die Antragsteller, sondern eher zu einer Verbesserung, z.B. durch die Verlagerung emissionsträchtiger Arbeitsvorgänge in die weiter von den Grundstücken der Antragsteller entfernte neue Halle 3. Die diesbezüglichen überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Seiten 3 f., 13 des Beschlussabdrucks) haben die Antragsteller nicht durchschlagend zu erschüttern vermocht. Die zuletzt geäußerte Besorgnis der Antragsteller, infolge der mit der Änderungsverfügung vom 02.03.2011 angeordneten Stilllegung der Beschichtungsanlage sei zu erwarten, dass die Gussteile wieder wie früher ohne Emissionserfassung beschichtet würden, wird der Antragsgegner im Widerspruchsverfahren aufzugreifen haben.
46 
Selbst wenn die Beurteilung der Erfolgsaussichten im Widerspruchsverfahren bzw. einem etwaigen anschließenden Hauptsacheverfahren als offen anzusehen wären, würde eine Interessenabwägung im engeren Sinne wohl dazu führen, die sofortige Vollziehbarkeit der Änderungsgenehmigung einstweilen bestehen zu lassen. Das verständliche Schutzanliegen der Antragsteller erfährt insofern eine gewisse Relativierung, als es sich um eine historisch gewachsene Gemengelage handelt und die Antragsteller sich in Bezug auf Luft- und Lärmbelastung in eine durch den bestehenden Betrieb vorbelastete Situation hineinbegeben haben dürften. Die Folgen einer die Änderungsgenehmigung suspendierenden Entscheidung wären für die Beigeladene, wie sie in der Erörterungsverhandlung sinngemäß geltend gemacht hat, voraussichtlich schwerwiegend, nachdem sie in (rechtmäßiger) Ausnutzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Änderungsgenehmigung die entsprechenden baulichen Maßnahmen getätigt hat und deren Nutzung kaum ohne Gefährdung des Betriebs suspendiert werden könnten. Dies ändert nichts daran, dass die Beigeladene im Falle einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Änderungsgenehmigung die Folgen zu tragen hätte, wozu ggf. auch die Erfüllung der dem Antragsgegner gegenüber eingegangenen Rückbauverpflichtung gehört.
III.
47 
Ungeachtet dessen hat der Senat erwogen, die zu Gunsten der Beigeladenen wirkende Antragsablehnung zugleich mit Auflagen gegenüber der Beigeladenen zu versehen, wie sie etwa Gegenstand des im Anschluss an den Erörterungstermin unterbreiteten Vergleichsvorschlags nach § 106 VwGO gewesen sind. Der Senat hat hiervon aus Rechtsgründen abgesehen, da nach herrschender Auffassung Auflagen nach § 80 Abs. 5 S. 4 VwGO nur gegenüber den Hauptbeteiligten zulässig und im Übrigen nicht selbständig vollstreckbar sind, sondern bei Nichtbefolgung nur Anlass für eine Abänderungsentscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO geben können (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 RdNrn. 169, 207; Eyermann/Schmidt, a.a.O., § 80 RdNrn. 88 ff., jeweils m.w.N.). Er hält es jedoch für geboten, dass der Antragsgegner im Widerspruchsverfahren die im Erörterungstermin angeschnittenen Fragen aufgreift, insbesondere die letztlich von der Beigeladenen nicht in Abrede gestellten, infolge Undichtigkeiten in Dach und Wänden aus der Halle 1 unkontrolliert - soweit nicht von den Quellen 1 und 2 erfasst - entweichenden Emissionen. Denn unbeschadet der obigen summarischen bauplanungsrechtlichen Einschätzung als Gemengelage steht außer Frage, dass die hier vorgefundene bodenrechtliche Konstellation permanentes Konfliktpotential enthält, das nur durch Ausschöpfung des rechtlichen Instrumentariums zur Minderung der wechselseitigen Beeinträchtigungen in akzeptablen Grenzen gehalten werden kann. Zur Ausschöpfung dieses Instrumentariums einschließlich der zwangsweisen Durchsetzung z.B. von nachträglichen Auflagen nach § 17 BImSchG und Maßnahmen nach §§ 26 ff. BImSchG besteht gegenüber der Beigeladenen Anlass, die es in der Vergangenheit mehrfach an Kooperationsbereitschaft und an Information der zuständigen Behörde wie auch der Antragsteller über betriebliche Änderungen oder Störfälle hat fehlen lassen. Dass die Antragsteller und die Beigeladene selbst im Sinne des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses und des Rücksichtnahmegebots das ihrerseits Mögliche und Erforderliche zu einer erträglichen Gestaltung der Gemengelage beitragen, solange die bauplanungsrechtliche Konstellation fortbesteht und keine Verlagerung des Betriebs in ein geeigneteres Umfeld gelingt, liegt nach Auffassung des Senats in ihrem ureigensten Interesse.
IV.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 159 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO. Für eine Kostenbeteiligung des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen sieht der Senat keine hinreichende rechtliche Grundlage. Mit den Änderungsverfügungen vom 21.02. und 02.03.2011 hat der Antragsgegner von seiner Dispositionsbefugnis Gebrauch gemacht, die angegriffene Änderungsgenehmigung in im Laufe des Verfahrens als rechtlich problematisch erkannten Punkten zu ändern statt sehenden Auges eine Suspendierung der Genehmigung und den Prozessverlust in Kauf zu nehmen. Dies kann angesichts der verfassungsrechtlichen Bindung auch der Verwaltungsbehörden an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG), die sie in jeder Lage des Verfahrens zu beachten haben, nicht beanstandet oder gar als schuldhafte Kostenverursachung etwa im Sinne des § 155 Abs. 4 VwGO gewertet werden. Es hätte den Antragstellern freigestanden, auf die Änderungsverfügungen hin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Im Falle der dann zu erwartenden entsprechenden Erledigungserklärungen der anderen Beteiligten wäre eine Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung desbisherigen Streitstands zu treffen gewesen, die auch eine Anknüpfung an die Herbeiführung der Erledigung in der Sphäre des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen erlaubt hätte. Da die Antragsteller jedoch ungeachtet der Änderungsverfügungen den Rechtsstreit - mit prozeduraler wie inhaltlicher Kritik an diesen Verfügungen - fortgeführt haben, muss es sein Bewenden mit der Anwendung der oben genannten Kostenvorschriften haben.
49 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren stützt sich auf § 63 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 2.2.2, 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467).
50 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.