Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Juni 2016 - 1 Sa 189/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0606.1SA189.15.0A
bei uns veröffentlicht am06.06.2016

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 82/12 KH - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufung noch über Ansprüche auf Sonderprämien, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld sowie um den Ersatz materieller und immaterieller Schäden aufgrund Mobbings.

2

Zwischen den Parteien ist ein weiteres Verfahren (Az. 1 Sa 190/15) anhängig, in dem der Kläger unter anderem die Beklagte auf Schmerzensgeld wegen der auch hier gegenständlichen Mobbingvorwürfe in Anspruch nimmt.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR; das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Betriebe der Metall- und Elektroindustrie in Rheinland und Rheinhessen geltenden Tarifverträgen (im Folgenden: „TV Metall- und Elektroindustrie“).

4

Kraft Bescheides vom 08.03.2013 wurde für den Kläger rückwirkend zum 26.02.2012 ein GdB von 50 anerkannt.

5

Die Beklagte ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten wurde ein Betriebsrat gebildet. Unter dem 20.12.1995 schlossen die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung „Ruhegeldordnung für die Mitarbeiter der C.-Lagertechnik C. GmbH mit Dienstbeginn vor dem 01.01.1995“ (im Folgenden: „Ruhegeldordnung“). § 8 der Ruhegeldordnung lautet auszugsweise wie folgt:

6

„Invalidenrente erhält nach Ausscheiden aus der Firma der Mitarbeiter, der erwerbsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 44 SGB VI) ist (vgl. Anlage zur Ruhegeldordnung).“

7

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift der Ruhegeldordnung (Blatt 2997 ff. der Akten) Bezug genommen.

8

In der IT-Abteilung der Beklagten werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Beklagten, Herrn R. S., besetzt.

9

Zusätzlich beauftragte die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach die U. Informationssysteme GmbH (im Folgenden: „U. GmbH“) mit Sitz in B. K. mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben.

10

Unter dem 15.10.2009 (Blatt 124 der Akten) sowie unter dem 02.11.2009 (Blatt 125 der Akten) erteilte die Beklagte dem Kläger jeweils Ermahnungen wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen. Die Ermahnung vom 02.11.2009 war Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012, durch welches die Beklagte verurteilt wurde, die Ermahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Wegen der Gründe wird auf das Urteil Bezug genommen (Blatt 636 der Akten).

11

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten (§ 94 Abs. 1 SGB IX) bei der Beklagten gewählt. In der Folge machte der Kläger in dieser Funktion mehrere Beschlussverfahren gegen die Beklagte anhängig.

12

Am 08.06.2010 forderte Herr S. den Kläger auf, über das Firmennetzwerk auf den Laptop des Geschäftsführers der österreichischen Tochtergesellschaft der Beklagten, Herrn A. B., zuzugreifen und Dateien des Laufwerks „D“ zu kopieren. Zuvor war das mit Herrn B. bestehende Vertragsverhältnis durch die Beklagte gekündigt worden. Der Kläger leistete der Arbeitsanweisung nicht unmittelbar, sondern erst nach Rücksprache mit dem vormaligen Leiter der IT-Abteilung, Herrn L., folge. Anschließend händigte Herr B. den Laptop an die Beklagte aus. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Äußerungen Herr S. dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit der Anweisung tätigte und ob auch private Dateien von dem Laptop des Herrn B. kopiert wurden.

13

Unter dem 30.09.2010 wurde dem Kläger anlässlich des Ausscheidens von Herrn L. ein Zwischenzeugnis erteilt, welches durch Herrn S. sowie Herrn L. unterzeichnet war; wegen des Inhalts wird auf das mit der Berufungsschrift zu den Akten gereichte Dokument Bezug genommen (Blatt 3623 der Akten). Nachdem sich der Kläger gegen dessen Inhalt gewandt hatte, wurde ihm unter dem gleichen Datum ein nur durch Herrn L. unterzeichnetes Zwischenzeugnis ausgestellt (Blatt 3624 der Akten).

14

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

15

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der Beklagten das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der U. GmbH beschäftigten Herrn J. C. weitergeleitet.

16

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

17

Unter dem 20.05.2011 erteilte die Beklagte den Kläger eine Abmahnung, deren Gegenstand die Weigerung des Klägers war, eine Dienstreise nach Österreich anzutreten (Blatt 109 der Akten). Mit Teilurteil vom 02.02.2012 (Blatt 358 der Akten), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde die Beklagten verurteilt, diese Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

18

Im Mai 2011 beauftragte die Beklagte die U. GmbH mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Herrn S. zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die U. GmbH einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist Herr J. C. angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der Beklagten eingesetzten E-Mail-Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

19

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei eine besondere Häufung dieser Meldung.“

20

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User ...“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

21

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User ... hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User ... nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. S. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

22

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 879 ff. der Akten) Bezug genommen.

23

Unter dem 25.05.2011 fertigte die U. GmbH einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist Herr J. C. bezeichnet. Neben diesem hat auch Herr K. L., ein weiterer Mitarbeiter der U. GmbH, den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

24

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

25

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

26

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 895 ff. der Akten) Bezug genommen.

27

Unter dem 25.05.2011 beantragte die Beklagte bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

28

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die Beklagte gesperrt. Nach entsprechender Aufforderung gab der Kläger das bis dato durch ihn genutzte Blackberry an die Beklagte heraus.

29

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch zur beabsichtigten Kündigung.

30

Daraufhin leitete die Beklagte bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf das Postfach des Herrn S. ein (AZ: 6 BV 12/11); dort legte sie unter anderem beide Untersuchungsberichte vor.

31

Am 31.05.2011 erstattete die Beklagte Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 01.06.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen die Herren S., C. und L.. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach 1044 Js 10782/11) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Bl. 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und St. (Gutachten vom 23.05.2014 = Bl. 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

32

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf das Postfach des Herrn S.. Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der Beklagten, gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der Beklagten gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte. In diesem Zusammenhang äußerte Herr S., er glaube bezüglich der Veränderung der Berechtigungseinstellungen nicht an einen „unbekannten Dritten“.

33

In dem Gutachten vom 22.11.2011 kam der beauftragte Gutachter U. M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

34

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde rechtskräftig.

35

Am 14.07.2011 fand bei der Beklagten eine Führungskräfteversammlung statt, deren Gegenstand unter anderem die Themen Industriespionage und Datendiebstahl waren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und mit welchem Inhalt sich der damalige Geschäftsführer der Beklagten zur Person des Klägers äußerte.

36

Ebenfalls am 14.07.2011 ersuchte die Beklagte den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die Beklagte leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die Beklagte den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe (vergleiche Blatt 1017 der Akten) und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte (vergleiche Blatt 1018 der Akten).

37

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde am 23.04.2012 rechtskräftig.

38

Im Rahmen der Beschlussverfahren äußerte Herr S. im Gerichtstermin am 15.09.2011, ein Administrator lasse sich immer „ein Hintertürchen“ offen.

39

Der Kläger leitete bezüglich beider Beschlussverfahren sowie des Inhalts der Untersuchungsberichte Strafverfahren gegen Herrn S., Herrn C. sowie gegen Herrn L. ein. In diesem Zusammenhang wurde Beweis erhoben durch die Beauftragung der sachverständigen Gutachter Herrn U. M., Gutachten vom 04.02.2013 sowie ergänzendes Gutachten vom 23.06.2013, sowie durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. St. vom 23.05.2014 (Blatt 2872 ff. der Akten).

40

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte leistete für den Zeitraum 18.01.2012 bis 25.01.2012 keine Entgeltfortzahlung. Auf die entsprechende Rückfrage des Klägers wurde diesem mit Emailschreiben vom 29.03.2012 mitgeteilt, Hintergrund der unterbliebenen Zahlung sei, dass seitens des Klägers zunächst eine formlose und erst später eine kassenärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt worden sei. Eine solche rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde aus sozialrechtlichen Gründen maximal für 2 Tage rückwirkend anerkannt. Dies erkläre die Differenz für den relevanten Zeitraum.

41

Unter dem 24.01.2011 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, deren Datum richtigerweise 24.01.2012 lauten müsste. Gegenstand der Abmahnung war eine Äußerung des Klägers im Rahmen eines Gerichtstermins. Mit Teilurteil vom 05.07.2012 (Blatt 636 der Akten) wurde die Beklagte verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

42

Am Morgen des 16.03.2012 benachrichtigte der Kläger Herrn S. darüber, dass er aufgrund eines Notfalls an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Er sei aber unter der in der E-Mail angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Um 13:30 Uhr forderte Herr S. den Kläger per E-Mail auf, unverzüglich zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Unter dem 22.03.2012 erteilte die Beklagte dem Kläger eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung (Blatt 1133 der Akten).

43

Am 16.04.2012 forderte die Beklagte den Kläger dazu auf, den Erhalt einer Einladung zu einem Personalgespräch am 17. bzw. 18.04.2012 zu quittieren. Dies verweigerte der Kläger. Die Beklagte erteilte ihm unter dem 20.04.2012 eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

44

Im Personalgespräch am 18.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte dazu auf, es ihm zu gestatten, eine Stellungnahme bezüglich des Ausgangs der Beschlussverfahren betriebsöffentlich aushängen zu dürfen. Diesem Verlangen kam die Beklagte nicht nach. In diesem Personalgespräch wurde der Kläger weiter darüber informiert, dass es bei der Beklagten zu einer Umorganisation der IT-Abteilung kommen würde.

45

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der Beklagten wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt. Der ihm zugewiesene Arbeitsplatz befand sich in einem Großraumbüro, in welchem der zu diesem Zeitpunkt noch bei der U. GmbH beschäftigte Herr C. ebenfalls einen Arbeitsplatz hatte. Am gleichen Tage wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, an den Standort der Beklagten nach L. zu fahren. Darüber hinaus erhielt der Kläger weitere Arbeitsaufgaben.

46

Der durch den Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung genutzte E-Mail Account „[email protected]“ wurde durch die Beklagte gesperrt; zuvor hatte der Kläger über diesen Account wiederholt sogenannte „SBV-Infos“ versandt, in denen er unter anderem über den Stand der zwischen den Parteien bzw. der Beklagten und der Schwerbehindertenvertretung anhängigen Beschlussverfahren berichtet hatte.

47

Am 24.04.2012 weigerte sich der Kläger an einem Personalgespräch teilzunehmen, weil die Beklagte sich weigerte, seiner Bitte nachzukommen, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen zu dürfen.

48

Am 25.04.2012 wurde der Kläger, nachdem er an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen wurde, per Lautsprecherdurchsage ausgerufen. Mit E-Mail vom gleichen Tage rügte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die unterbliebene Teilnahme des Klägers am Personalgespräch vom 24.04.2012.

49

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und Herrn S., Herrn C. sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass Herr C. ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der Beklagten vorzunehmen.

50

Ab dem 27.04.2012 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig.

51

Unter dem 08.05.2012 beantragte die Beklagte die Prüfung der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers bei dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

52

Im Juli 2012 schlossen die Beklagte und der zuvor bei der U. GmbH beschäftigte Herr C. einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

53

Der Beklagten wurde ein unter dem 14.10.2013 erstellter Wiedereingliederungsplan übermittelt (Blatt 3701 der Akten). Dieser sah vor, dass eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers beginnend ab dem 04.11.2013 und endend mit Ablauf des 31.01.2014 erfolgen sollte. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit heißt es in dem Schreiben:

54

„Nicht mit Herrn J. C. in einem Büro und die Herren C. und S. dürfen nicht weisungsbefugt sein, ab 10.00 tgl.“

55

Dem Wiedereingliederungsplan stimmte die Beklagte mit der Maßgabe zu, dass die vorgenannten Angaben zu der Art der Tätigkeit mit Ausnahme des täglichen Arbeitsbeginns nicht akzeptiert würden.

56

Am 04.11.2013 begann die Wiedereingliederung des Klägers. Sein Arbeitsplatz befand sich im selben Büro wie der des Herrn C.. Die Beklagte brach die Wiedereingliederung am 13.11.2013 mit der Begründung ab, deren Fortsetzung sei ihr nicht zumutbar.

57

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 15.12.2014 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und den Parteien insofern eine Annahmefrist bis zum 15.01.2015 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 19.12.2014 hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm gemäß § 8 der Ruhegeldordnung der Beklagten seit dem 01.05.2014 ein Ruhegeld in Höhe von 343,09 EUR brutto monatlich als Betriebsrente zustehe. Mit Schriftsatz vom 21.01.2015 hat der Kläger den Vergleichsvorschlag abgelehnt und zugleich Schriftsatznachlass bezüglich eines im Strafverfahren gegen die Beschuldigten S., C. und L. in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten beantragt.

58

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 05.02.2015 -Az: 5 Ca 82/12- Bezug genommen (Blatt 3185 ff. der Akten).

59

Durch dieses, dem Kläger am 30.03.2015, der Beklagten am 25.03.2015 zugestellte Urteil, wurde die Klage, soweit für die Berufung relevant, hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz der Fahrt- und Heilbehandlungskosten sowie der infolge des Kranken-bzw. Arbeitslosengelds bestehenden Entgeltdifferenz, des Anspruchs auf Urlaubsgeld für das Jahr 2012 sowie der Sonderprämie für die Jahre 2012 und 2013 abgewiesen. Ebenfalls abgewiesen wurde der auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, zukünftige materielle und immaterielle Schäden aufgrund der im Antrag angeführter Erkrankungen zu ersetzen, gerichtete Feststellungsantrag des Klägers..

60

Zur Begründung – und soweit für die Berufung von Relevanz – hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

61

Die Klage sei in den durch die Berufung angegriffenen Teilen unbegründet. Der Anspruch auf Urlaubsgeld für das Kalenderjahr 2012 unterliege der tarifvertraglichen Ausschlussfrist gemäß § 28 TV Metall- und Elektroindustrie und sei mangels fristwahrender Geltendmachung verfallen.

62

Ebenso wenig bestehe ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Sonderprämie für die Jahre 2012 und 2013. Dem stehe entgegen, dass der Kläger ab dem 27.04.2012 arbeitsunfähig erkrankt sei und er das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen nicht dargelegt habe.

63

Das Arbeitsgericht hat die auf Ersatz der Entgeltdifferenz bzw. der Heilbehandlungskosten gerichteten Anträge sowie den Feststellungsantrag gerichtet auf Ersatz künftig entstehender materieller und immaterieller Schäden ebenso als unbegründet angesehen. Die Beklagte müsse sich zwar ein etwaiges Verschulden Herrn S. als Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Insgesamt seien der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzungen aber nicht gegeben; gleiches gelte für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Im Einzelnen hat das Arbeitsgericht dies wie folgt begründet, wobei auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils ergänzend Bezug genommen wird:

64

Die Ermahnungen vom 02.09.2011 und vom 02.11.2009 seien vom Rügerecht der Beklagten gedeckte Maßnahmen; insofern seien Schikanehandlungen auch deshalb nicht gegeben, weil beiden Ermahnungen ein sachlicher Anlass zugrunde gelegen hätte. Zudem sei die Ermahnung vom 02.11.2009 bereits Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012.

65

Wenn der Kläger die Auffassung vertritt, die Aufforderung zur Durchsuchung des Laptops des Geschäftsführers B. vom 08.06.2010 habe mobbingrelevantes Verhalten dargestellt, hat das Arbeitsgericht offengelassen, ob die entsprechende Weisung durch das Direktionsrechts der Beklagten gedeckt war. Das Gericht ist davon ausgegangen, dass diese jedenfalls nicht geeignet sei, eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu rechtfertigen, solange die Weisungserteilung – wie vorliegend – sachlich nachvollziehbar gewesen sei. Sofern der Kläger vorträgt, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen vorliege, sei dies nicht nachvollziehbar; der Kläger habe nicht dargelegt, dass tatsächlich private Daten des Herrn B. eingesehen bzw. kopiert worden seien. Unerheblich sei die durch den Kläger behauptete Verletzung von Mitbestimmungsrechten. Die seitens der Beklagten ausgesprochene Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei von deren Rügerecht umfasst und stelle in der Sache eine Abmahnung dar.

66

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien nicht als Mobbing zu werten. Das ursprüngliche Zwischenzeugnis sei nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, sodass dem Gericht schon keine Prüfung möglich sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Zeugnisses Herr S. Vorgesetzter des Klägers gewesen und daher auch zu Änderungen berechtigt gewesen. Schließlich sei das Zwischenzeugnis in der durch den Kläger erwünschten Form erteilt worden.

67

Soweit der Kläger geltend mache, die Beklagte habe ihn zu Unrecht verdächtigt, dem Betriebsrat eine Festplatte mit privaten Daten des Herrn S. vorgelegt zu haben, sei dies nicht ausreichend substantiiert dargelegt worden. Jedenfalls sei der entsprechende Verdacht auch nach dem klägerischen Vortrag nicht grundlos gewesen. Herr S. habe zudem unstreitig den Vorfall nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch anderen Arbeitnehmern gegenüber geäußert.

68

Das Arbeitsgericht hat in den seitens des Klägers benannten Vorfällen im Zusammenhang mit Änderungen der IT-Abteilung im Zeitraum April – Mai 2011 kein der Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Wenn der Kläger vortrage, er sei bei der Neuinstallation des Netzwerks nicht einbezogen worden und diesbezüglich sei keine Einweisung durch die Beklagte erfolgt, sei der Sachvortrag des Klägers hierzu nicht ausreichend substantiiert. Zudem sprächen die erheblichen Fehlzeiten im relevanten Zeitraum gegen die behauptete Ausgrenzung des Klägers. Die Weiterleitung des Master-Passworts an Herrn C. als Mitarbeiter eines externen Dienstleisters stelle eine zulässige unternehmerische Entscheidung der Beklagten dar und sei daher nicht zu beanstanden; gleiches gelte soweit der Kläger im Einzelfall (Besprechung am 15.04.2011) nicht an einer Problemlösung beteiligt- bzw. ein seinerseits unterbreiteter Vorschlag nicht umgesetzt (Besprechung am 13.05.2011) worden wäre. Sofern der Kläger einen systematischen Rückgang von Arbeitsaufgaben festgestellt habe, fehle jeder Hinweis darauf, dass dies auf ein der Beklagten vorwerfbares Verhalten rückführbar sei. Der Inhalt der seitens des Klägers behaupteten, durch die Beklagten bestrittenen Gespräche im April bzw. Mai 2011, in denen dieser angehalten worden sein soll, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu beenden, sei unklar geblieben. Auch diesbezüglich sei im Ergebnis ein schikanöses Vorgehen der Beklagten nicht feststellbar.

69

Das Arbeitsgericht hat die Abmahnung vom 20.05.2011 bezüglich der Weigerung des Klägers eine Dienstreise nach Österreich anzutreten, als sachlich begründet und mithin nicht mobbingrelevant eingestuft; die Weisung sei durch das Direktionsrecht gedeckt.

70

Für den durch die Beklagte gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage, als auch im Hinblick auf das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass aufgrund des bei der Beklagten vorherrschenden, subjektiven Eindrucks Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger gegeben waren. Im Ergebnis ist das Arbeitsgericht der Überzeugung, dass keiner der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt hätte. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 3224 ff. der Akten).

71

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

72

Soweit der Kläger vortrage, dass er im Rahmen der Führungskräfteversammlung vom14.07.2011 beschuldigt worden wäre, sich Zugang zu E-Mails des Herrn S. verschafft zu haben und SMS mitgelesen zu habe, habe auch nach dem Vortrag des Klägers der Geschäftsführer ihn nicht namentlich der Datenspionage bezichtigt. Die Äußerungen seien auch nach dem klägerischen Vortrag in allgemeiner Form gehalten gewesen und damit nicht geeignet, den Kläger zu belasten.

73

Das Arbeitsgericht hat offengelassen, ob die Wahrnehmung des Klägers, nach Durchführung der Führungskräfteversammlung durch verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten ausgegrenzt worden zu sein, objektiv begründet war. Jedenfalls fehle es insofern an Vortrag bezüglich eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten.

74

Das Arbeitsgericht hat in keinem der seitens des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 benannten Fälle ein der Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Auf die Entscheidungsgründe wird insofern Bezug genommen („Einschüchterungsversuche in der Zeit von Juni bis September 2011“, Blatt 3249-3253 der Akten).

75

Auch im Zusammenhang mit der Kürzung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012 seien der Beklagten vorwerfbare Pflichtverletzungen nicht feststellbar. Eine offensichtliche Verpflichtung der Beklagten zur Entgeltfortzahlung habe nicht bestanden, da es Anzeichen gegeben hätte, die gegen die Richtigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesprochen hätten.

76

Die Abmahnung vom 24.01.2012 (ausgesprochen unter dem 24.01.2011) enthalte keinen schikanösen Inhalt und spiegele die auch aufgrund der zahlreichen vom Kläger als Vertrauensperson der Schwerbehinderten eingeleiteten Beschlussverfahren gereizte Situation zwischen den Parteien wieder. Auch der Kläger habe den Konflikt gesucht, so dass es an einer eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

77

Dass die Beklagte gegen die abweisenden Beschlüsse in beiden auf Ersetzung der Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung gerichteten Beschlussverfahren Beschwerde eingelegt habe, sei nicht zu beanstanden; jede Partei einer rechtlichen Auseinandersetzung sei berechtigt, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.

78

Das Arbeitsgericht hat gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung bezüglich der Selbstbeurlaubung des Klägers und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnung vom 22.03.2012 ausgeführt; dass auch nach dem Vortrag des Klägers gemäß der behaupteten betrieblichen Übung ein Widerspruchsrecht seitens der Beklagten gegeben sei. Die Abmahnung sei jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, hiergegen gerichtlich vorzugehen, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe.

79

Auch in Bezug auf die Sperrung des E-Mail-Accounts des Klägers bzw. dem Entzug des durch ihn genutzten Blackberrys sei ein mobbingrelevantes Verhalten der Beklagten nicht gegeben; ein Anspruch des Klägers auf einen eigenen Account für die Kommunikation der Schwerbehindertenvertretung bestehe nicht. Der Kläger habe die Abschaltung des Accounts durch sein eigenes Kommunikationsverhalten ohne Bezug zu seiner Tätigkeit provoziert, indem er betriebsöffentlich Äußerungen, namentlich bezüglich anhängiger Strafverfahren und des Blackberry-Loggings, getätigt habe, die keinen Bezug zur besonderen Situation schwerbehinderter Menschen aufwiesen. Die Sperrung des persönlichen E-Mail Accounts sei zulässig, da sie während der Freistellung des Klägers erfolgt sei. Ein Anspruch auf die Bereitstellung des Blackberrys bestehe nicht, zudem sei der Entzug im Zusammenhang mit einer Konfliktsituation erfolgt, sodass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

80

Die im Zeitraum April 2012 durch die Beklagte getroffenen Maßnahmen seien zulässig und jedenfalls teilweise vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen den Parteien zu sehen. Für die Versetzung des Klägers in ein Büro mit Herrn C. hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Entscheidungsgründe (hier Blatt 3260 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

81

Weiterhin sei nicht feststellbar, dass die Beauftragung des MDK durch die Beklagte im Mai 2012 willkürlich erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Stellungnahme der Beklagten habe einen sachlichen Inhalt.

82

Die Festanstellung des Herrn C. im Juli 2012 stelle ebenso kein Mobbing dar. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei die Berechtigung der seitens des Klägers Herrn C. zur Last gelegten Vorwürfe nicht erwiesen gewesen. Zudem habe der Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen nicht der ihm obliegenden Fürsorgepflicht unterzuordnen.

83

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

84

Hinsichtlich der durch den Kläger erstinstanzlich behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt sei, dass die Beklagte für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich sei. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

85

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren - trotz entsprechendem Antrag des Klägers - nicht gemäß § 156 ZPO erneut eröffnet, nachdem Strafbefehle gegen die Herren C., S. und L. ergangen sind. Insofern ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Entscheidung der Staatsanwaltschaft keine Bindungswirkung zukomme. Die seitens des Klägers im Schriftsatz vom 20.01.2015 vorgebrachten Einwände gegen den Gutachter St. seien bei der Entscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Eine Prüfung der Systemkonfiguration bezüglich der Meldung ID 1016 sei nicht erfolgversprechend. Der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 erfolgte Sachvortrag des Klägers nebst entsprechendem Beweisantritt sei verspätet im Sinne des § 282 ZPO.

86

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.04.2015 gegen das genannte Urteil Berufung eingelegt und diese innerhalb der entsprechend durch Beschluss vom 26.05.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet.

87

Nach Maßgabe seines Berufungsbegründungsschriftsatzes sowie der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016 und 31.05.2016, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 3484 ff., 3721 ff., 3830 ff., 3995 der Akten), macht der Kläger zusammengefasst im Wesentlichen geltend:

88

Der Anspruch auf Urlaubsgeld für das Jahr 2012 sei entgegen dem erstinstanzlichen Urteil nicht gemäß § 28 TV Metall- und Elektroindustrie verfristet, da die fristwahrende Geltendmachung bereits mit dem erstmals mit Schriftsatz vom 21.11.2012 (Blatt 1536 der Akten) gestellten, allgemeinen Feststellungsantrag – gerichtet auf die Feststellung der Ersatzpflicht aus den dort benannten Erkrankungen entstehender Schäden – erfolgt sei.

89

Ungeachtet dessen, dass nach dem erstinstanzlichen Urteil die Voraussetzungen des Anspruchs auf Sonderprämie für die Jahre 2012 und 2013 nicht gegeben seien, sei dieser jedenfalls als Schadensersatzanspruch begründet, da die Beklagte die nach Auffassung des Arbeitsgerichts anspruchsausschließenden Erkrankungen schuldhaft herbeigeführt habe.

90

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht habe den seinerseits mit Schriftsatz vom 19.12.2014 geltend gemachten, jedenfalls seit dem 01.05.2014 bestehenden Anspruch auf Ruhegeld in Höhe von 343,09 EUR monatlich gemäß der bei der Beklagten bestehenden Ruhegeldordnung zu Unrecht unbeachtet gelassen. Der entsprechende Vortrag sei zwar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt, hätte aber berücksichtigt werden müssen, da er unstreitig geblieben sei; vorsorglich werde er als neuer Vortrag in das Berufungsverfahren eingeführt.

91

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil seien die auf Ersatz der Heilbehandlungs- und Fahrtkosten gerichteten Schadensersatzansprüche sowie der Feststellungsantrag begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die Beklagte gemobbt worden. Diese müsse sich das Verhalten der Herren S., C. und L. zurechnen lassen. Diese seien, was das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, als Erfüllungsgehilfen der Beklagten im Sinne des § 278 BGB anzusehen. Die durch diese verwirklichten Straftaten stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Begutachtung durch die U. GmbH, die dem Kläger gegenüber zudem nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verpflichtet sei. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 831 BGB vor.

92

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen trägt der Kläger in der Berufung stark zusammengefasst vor:

93

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hätte den Ermahnungen vom 15.10.2009 und vom 02.11.2009 kein sachlicher Anlass zugrunde gelegen; vielmehr sei ausschließlich seine Einschüchterung bezweckt worden. Herr S. habe mit der beiden Ermahnungen zu Grunde liegenden Anweisung bezweckt, ihn, den Kläger, aus IT-Themen herauszuhalten. Zudem habe die Beklagte ursprünglich eine Abmahnung ausgesprochen, die erst nach der seinerseits erfolgten Drohung mit anwaltlichen Schritten in eine Ermahnung umgewandelt worden sei.

94

Das Arbeitsgericht lasse zu Unrecht außer Acht, dass – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - ein Anlass für die „Ausspähaktion“ des Laptops des Herrn B. am 08.06.2010 nicht bestanden habe, zumal die Herausgabe unmittelbar bevorgestanden habe. Wenn im erstinstanzlichen Urteil die weitergehende Konkretisierung der auf dem Laptop befindlichen Daten gefordert werde, überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast; der Laptop werde privat genutzt, daher befänden sich auf diesem auch private Daten. Namentlich seien im Ordner „Eigene Dateien“ private Fotos gespeichert gewesen; auch diesen Ordner habe er, der Kläger, auf Anweisung des Herrn S. kopiert. Hinsichtlich der Äußerungen des Herrn S. im Zusammenhang mit dem Nachforschungsverlangen verkenne das Arbeitsgericht, dass es angesichts der ausdrücklichen Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht darauf ankomme, ob gegebenenfalls ein Rügerecht der Beklagten gegeben sei. Weiter lasse das Arbeitsgericht außer Acht, dass hinsichtlich des Vorgangs ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestehe.

95

Hinsichtlich der nachträglichen Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht überzeugend; wenn sich das erstinstanzliche Urteil insofern darauf stütze, die Änderungen seien nicht nachvollziehbar, könne dies im Berufungsverfahren nicht gelten, da nunmehr beide Versionen der Zwischenzeugnisse vorlägen. Für den relevanten Zeitraum sei ausschließlich der vormalige Leiter der IT-Abteilung L. Vorgesetzter des Klägers gewesen; dieser sei durch die nachträglich erfolgten Änderungen durch Herrn S. über den tatsächlichen Inhalt des Zwischenzeugnisses getäuscht worden. Sachliche Gründe für die Änderung des Zwischenzeugnisses hätten nicht bestanden, diese seien vielmehr nur Ausdruck einer Maßregelung im Hinblick auf den Vorfall vom 08.06.2010 gewesen.

96

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er in Bezug auf die Verdächtigung der Vorlage von privaten Unterlagen bezüglich Herrn S. an den Betriebsrat erstinstanzlich dargelegt habe, dass andere Arbeitnehmer insofern ebenfalls ein Motiv gehabt hätten. Die durch die Beklagte vorgenommene Befragung sei nur pro forma erfolgt. Entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts stünden die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren bezüglich des Blackberry-Loggings, da dieses erst danach eingeleitet worden sei.

97

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an Herrn C. als Mitarbeiter der U. GmbH sei einzig und allein dadurch begründet, dass die Beklagte ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die Beklagte habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben sein. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass Herr S. ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe. Der Inhalt des Gesprächs im Mai 2011 sei durch das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden. Dieser sei erstinstanzlich umfassend dargelegt worden und belege deutlich, dass namentlich Herr S. ihn, den Kläger, zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bewegen wollen.

98

In Bezug auf die Abmahnung vom 20.05.2011 trägt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, dass die Arbeitsanweisung darauf angelegt gewesen sei ihn zu überfordern; dies bleibe im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt. Herr S. habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um die Eilbedürftigkeit des Auftrages zu begründen. Ihm, dem Kläger, gegenüber sei daraufhin sofortiges Handeln abverlangt worden, obwohl der Beklagten kollidierende Termine seinerseits bekannt gewesen sein. Tatsächlich sei das der Weisung zu Grunde liegende Problem erst ein Jahr später behoben worden.

99

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der Beklagten nicht dargelegt worden sei. Insofern wird zunächst auf die Berufungsschrift (Blatt 3512 - 3569 der Akten) sowie auf den Vortrag im Schriftsatz des Klägers vom 24.04.2016 (Blatt 3830 – 3931 der Akten) Bezug genommen. Stark zusammengefasst macht der Kläger geltend:

100

Er bestreitet, dass ein Anfangsverdacht – wie durch das Arbeitsgericht angenommen – aufgrund vorangegangenen Verhaltens seinerseits bestand. Die Beklagte habe zu Unrecht an den durch die U. GmbH gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung im Beschluss- bzw. Strafverfahren, die der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrags macht: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass Herr S. wusste, dass die Meldung ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass Herr S. infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Merkmals ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung der Herrn C. und L. eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass Herr S. sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

101

Der Kläger behauptet, Herr S. habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Herr S. habe Kenntnis davon gehabt, dass die Herren C. und L. die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn die Herren C. und L. dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen. Herr L. sei insgesamt ebenso verantwortlich für den Inhalt des Untersuchungsbericht 2 wie Herr C..

102

Herr C. habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Merkmals ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich Herr C. im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Herrn S. mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und die Meldung ID 1016 daher nicht bei Zugriffen des Klägers auf den Terminplanungsassistent ausgelöst werde.

103

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Ebenfalls lasse das Gericht außer Acht, dass ausweislich beider Gutachten der Zugriff auf E-Mailkonten nur über eine sogenannte „DomainAdmin“ möglich sei; der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „FullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe (vgl. zu den Einzelheiten Bl. 3548-3560 der Akten).

104

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass Herr S. jedenfalls den Beweisbeschluss im Beschlussverfahren hätte verhindern müssen, da er infolge seiner „IT-Affinität“ habe erkennen müssen, dass die Beweiserhebung durch Beauftragung eines weiteren Gutachters nicht erforderlich gewesen sei. Herrn S. habe aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die Beklagte ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts der Meldung ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst. Für das Zustandekommen dieser Behauptung gebe es wiederum fünf Möglichkeiten, aus denen die Kenntnis des Herrn S. hinsichtlich des falschen Inhalts des Untersuchungsberichts folgen könne. Diese macht der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrages; auf den Vortrag in der Berufungsschrift (Blatt 3539-3543 der Akten) wird Bezug genommen.

105

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich der Meldung ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

106

Wenn das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntnis der Unterschiede zwischen beiden Versionen der Untersuchungsberichte darauf abgestellt hat, dass jedenfalls die Begutachtung durch das Unternehmen T. GmbH bei Einleitung des Beschlussverfahrens dazu führe, dass der Verdacht zulasten des Klägers seitens der Beklagten nicht leichtfertig geäußert wurde, führt der Kläger hierzu aus, die T. GmbH habe nie Bedenken bezüglich der Kündigung geäußert. Hiergegen spreche auch, dass die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung unmittelbar im Anschluss an das Vorliegen des Untersuchungsberichts 2 erfolgt sei und in der Folge ohne weitere Verzögerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sei.

107

Die Übersendung der Untersuchungsberichte sei zudem auch seitens des Arbeitsgerichts für unbeachtlich gehalten worden; hierfür spreche der Aussetzungsbeschluss. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass beide Untersuchungsberichte an die T. GmbH versendet worden sind, dass sie dort geprüft wurden und eine ausreichende Qualifikation hierzu bestand.

108

Weiter sei der Beklagten, namentlich Herrn S., anzulasten, trotz des klaren Ergebnisses des Gutachtens im Schriftsatz vom 08.09. bzw. 19.09.2011 die Aussagekraft der ID 1016 bestritten zu haben. Jedenfalls Herr C. hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe Herr C. im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Herrn S. habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur Herr C. bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch Herrn C. selbst geändert worden sei, hätte diesem die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

109

Wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass nicht nachweisbar sei, wer die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Manipulationen vorgenommen hat, lasse das Gericht außer Acht, dass die Sicherungsbänder auch nachträglich veränderbar seien und auch eine Wiederherstellung möglich sei.

110

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Kläger weiter vor, die Beklagte hätte die erfolgten Zugriffe durch den Einsatz einer Zusatzsoftware prüfen müssen.

111

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Firma U. GmbH – deren Verschulden der Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei - jedenfalls ein Überwachungsverschulden treffe; sie hätte prüfen müssen, inwiefern die Möglichkeit einer Veränderung des Aussagegehalts der Meldung die ID 1016 besteht und inwiefern der Einsatz einer Zusatzsoftware möglich gewesen wäre. Weiter sei davon auszugehen, dass seitens der U. GmbH Kenntnis davon gegeben sei, dass die Herren C., L. und S. in Bezug auf die Aussagen der Untersuchungsberichte wider besseren Wissens gehandelt hätten.

112

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der Beklagten in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

113

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die Beklagte eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführt, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, widerspricht dem der Kläger mit der Berufung. Die Beklagte habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Die Herren S. und L. hätten gewusst, dass allein die U. GmbH und Herr S. für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

114

Bezüglich der auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 getätigten Äußerungen bestreitet der Kläger die Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen. Der Kläger behauptet mit der Berufung, ein Teilnehmer der Führungskräfteversammlung habe ihm gegenüber geäußert, der damalige Geschäftsführer der Beklagten, Herr G., habe den Kläger benannt und hinsichtlich der Vorwürfe beschuldigt. Dies folge hinsichtlich des Blackberry-Loggings bereits daraus, dass er, der Kläger, im Rahmen der Veranstaltung als Blackberry-Administrator benannt worden sei. Dies sei unzutreffend, da er nie eine entsprechende Funktion innegehabt habe.

115

Der Kläger bestreitet den im Urteil zugrunde gelegten Gegenstand und Inhalt der Führungskräfteversammlung auch darüber hinaus in verschiedener Hinsicht mit Nichtwissen. Insofern wird auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 3579-3583 der Akten) Bezug genommen. Wenn das Arbeitsgericht feststellt, es sei nicht aufzuklären, ob die behaupteten Vorwürfe zulasten des Klägers objektiv zutreffend gewesen seien, sei dies unerheblich, da bei Verwirklichung einer üblen Nachrede die Beklagte als Äußernden die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wahrheit der aufgestellten Behauptung treffe.

116

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht verkenne den zeitlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausgrenzung und der Führungskräfteversammlung. Zuvor seien die ihm vorgeworfenen Vorfälle bei der Beklagten nicht bekannt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer ihm gegenüber Folge der auf der Führungskräfteversammlung gefallenen Äußerungen sei.

117

Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, im Zeitraum Juni bis September 2011 eingeschüchtert worden sei. Insofern wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag; auf den Inhalt der Berufungsschrift wird Bezug genommen (hier Blatt 3574-3576 der Akten).

118

Im Zusammenhang mit der im Januar 2012 unterbliebenen Entgeltfortzahlung lasse das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückdatiert worden sei, die während der Urlaubsabwesenheit des behandelnden Arztes ausgestellt worden sei. Dies sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte die vorangegangene Bescheinigung nicht akzeptiert habe, da diese durch einen Privatarzt ausgestellt worden sei. Die nachträglich gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführten Gründe seien konstruiert.

119

Entgegen der Feststellungen des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 24.01.2012 nicht sachlich gerechtfertigt. Die der Abmahnung zugrundeliegende Arbeitsanweisung sei darauf angelegt gewesen, ihn, den Kläger, zu überfordern. Herr S. habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Es sei sofortiges Handeln gefordert worden, obwohl seitens der Beklagten Kenntnis hinsichtlich kollidierender Fristen vorgelegen habe. Tatsächlich habe eine Eilbedürftigkeit nicht bestanden, das für die Arbeitsanweisung ausschlaggebende Problem sei erst über ein Jahr später behoben worden.

120

Ebenso sei das Urteil fehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht die seitens der Beklagten gegen die Beschlüsse in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden für nicht mobbingrelevant halte. Die Beklagte habe die falsche Behauptung bezüglich des Blackberry-Loggings zu Unrecht aufrechterhalten und das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, obwohl unstreitig gewesen sei, dass er, der Kläger, die gegenständlichen Manipulationen nicht vorgenommen habe.

121

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 22.03.2012 Schikane, da die Kernarbeitszeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz schon beendet war und er zudem suspendiert gewesen sei. Die bei der Beklagten herrschende betriebliche Übung hätte es zu dem erfordert, dass ihm der Widerspruch bezüglich des in Anspruch genommenen Urlaubs auch bei Inanspruchnahme zugegangen sei. Außerdem habe er der Beklagten seine private Nummer mitgeteilt, sodass diese ihn jederzeit habe erreichen können. Weiterhin habe Herr S. Rechtsrat eingeholt, bevor er die E-Mail mit der Aufforderung zur Aufnahme der Arbeit verfasst habe.

122

Wenn das Arbeitsgericht ausführt, dass der Entzug des Blackberrys und die Sperrung des dienstlichen E-Mail-Accounts durch die Beklagte nicht zu beanstanden seien, weil insofern kein Anspruch des Klägers bestehe, führt dieser hierzu aus, dass der Entzug des Blackberrys ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Daher sei es unerheblich, dass ein rechtlicher Anspruch nicht bestehe. Sein Kommunikationsverhalten sei keine Provokation gewesen, sondern habe seiner Rehabilitation in Folge der unberechtigten Vorwürfe der Beklagten gedient; dies sei auch in Wahrnehmung seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass, wie seitens des Arbeitsgerichts angenommen, der Rückgang der Kommunikation der Arbeitnehmer mit der Schwerbehindertenvertretung auf sein Kommunikationsverhalten zurückzuführen sei.

123

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Vorfälle bzw. die durch die Beklagte getroffenen Maßnahmen im April 2012 nicht zu beanstanden seien. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Kläger hierzu aus, dass Herr S. infolge der Umstrukturierung der IT-Abteilung dort keine Leitungsfunktion mehr innegehabt hätte und es daher nicht nachzuvollziehen sei, dass er ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungen erteilt hätte bzw. in Personalgesprächen anwesend gewesen sei. Hinsichtlich der wiederholt geäußerten Forderung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuzuziehen, beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Waffengleichheit. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass Herr C. ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungsbefugnis eingeräumt worden sei, da dieser nur als „Springer“ eingesetzt worden sei. Die räumliche Trennung des Klägers von Herrn C. hätte die Fürsorgepflicht der Beklagten geboten. Im Übrigen wird hinsichtlich des klägerischen Vortrags insoweit insbesondere auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 3591-3595 der Akten) Bezug genommen.

124

Das Arbeitsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Kläger bei Einschaltung des MDK im Mai 2012 durch die Beklagte nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sei. Zudem habe die Beklagte gegenüber dem MDK behauptet, er sei arbeitsscheu.

125

Auch die Festanstellung des Herrn C. im Juli 2012 habe das Arbeitsgericht falsch bewertet. Durch diese seien trotz laufendem Strafverfahren „Tatsachen geschaffen“ worden. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat keine Einwände gegen die Einstellung hatte und behauptet, dieser sei zuvor nicht angehört worden.

126

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die im Zusammenhang mit der im November 2012 erfolgten Wiedereingliederung stehenden Vorfälle nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte sei aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht und des Gesundheitszustands des Klägers verpflichtet gewesen, diesen in einem räumlich von Herrn C. getrennten Büro zu beschäftigen und dafür Sorge zu tragen, dass er keine Weisungen mehr durch die Herren C. und S. erhalte. Dies habe auch der Wiedereingliederungsplan vorgesehen, den die Beklagte abgelehnt- und damit die Wiedereingliederung des Klägers boykottiert habe.

127

Er, der Kläger, habe im Rahmen des BEM Gesprächs vom 25.09.2013 geäußert, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit Herrn C. in einem Büro arbeiten könne. Dies hätten die Herren S. und K. mit dem Hinweis auf hieraus resultierende Unruhe in der Belegschaft sowie ergänzend damit, dass ein Arbeitsplatz im Großraumbüro ausscheide, da dort nur junge Mitarbeiterinnen untergebracht seien, abgelehnt. Demgegenüber hätte der Vertreter des Integrationsamts, Herr H., geäußert, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes sorge offensichtlich für die größte Entspannung. Seitens des am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglieds Herrn E. sei geäußert worden, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes technisch unproblematisch umsetzbar und im Sinne der Gesundheitsförderung sei.

128

Mit der Berufung behauptet der Kläger weiter, am 05.11.2013 habe ihn Herr S. dazu aufgefordert eine Weltkarte, die die Sicht auf das Nachbarbüro versperrte, wieder an ihren ursprünglichen Platz zu hängen, nachdem er diese umgehängt hatte. Nachdem er, der Kläger, versehentlich eine Uhr aus einem Regal gestoßen habe, habe Herr S. Herr C. nach der Uhrzeit gefragt und danach, ob dieser bezeugen könne, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zerstören würde. Diese Frage habe Herr S. ihm, dem Kläger, gegenüber später noch mehrmals wiederholt. Weiter hätte Herr S. Herrn C. und Herrn K. gegenüber geäußert, dass er nicht wisse, was der Kläger sonst noch alles zerstören werde. Herr S. habe eine Fotografie von der zerbrochenen Uhr gefertigt.

129

Wenn das Arbeitsgericht auch in der Gesamtschau der Einzelhandlungen das Verhalten der Beklagten mangels übergreifender Systematik nicht als Mobbing eingestuft hat, trägt der Kläger vor, das insofern leitende Motiv sei seine Bekämpfung wegen der Tätigkeit als Schwerbehindertenvertreter gewesen. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die durch die IT-Abteilung wahrgenommenen Aufgaben an die U. GmbH fremd zu vergeben. Die Beklagte habe daher gezielt nach einem Kündigungsgrund gesucht. Er stünde im Abhängigkeitsverhältnis zu der Beklagten, die ihrerseits vier Anwaltskanzleien gegen ihn eingesetzt habe, wodurch der Grundsatz der Waffengleichheit nicht gewahrt wäre. Die Beklagte hätte gezielt an einer Geschichte gegen ihn, den Kläger, gesponnen, die unter anderem darin gipfelte, dass die Beklagte behauptet hätte, die Wiederherstellung der Sicherungsdateien sei nicht möglich. Zudem sei zu seinen Lasten gezielt Misstrauen gegenüber dem Alleingesellschafter der Beklagten gesät worden.

130

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den durch die Beklagte zu verantwortenden Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 3606 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die Beklagte zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten umkehre.

131

Der Kläger trägt weiter vor, er habe die mit der Klage geltend gemachten Entgeltdifferenzen jeweils fristwahrend innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellte Schreiben geltend gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 3494 – 3498 der Akten).

132

Hinsichtlich der Ablehnung der Wiederöffnung des Verfahrens durch das Arbeitsgericht trägt der Kläger vor, dass der entsprechende Vortrag gemäß § 296a ZPO in das hiesige Verfahren eingeführt werde und damit zu berücksichtigen sei. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen des § 282 ZPO nicht erfüllt. Jedenfalls in Folge des Aussetzungsbeschlusses hätte es eines Hinweises des Arbeitsgerichtes gemäß § 139 Absatz 2 ZPO bedurft. Die Voraussetzungen des § 156 ZPO lägen vor, da das Arbeitsgericht sich im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. St. eine amtliche Auskunft eingeholt hätte und damit gemäß § 358a ZPO eine außerhalb der mündlichen Verhandlung vorgenommene Beweisaufnahme erfolgt wäre.

133

Der Kläger beantragt,

134

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu erkennen:

135

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2012 493,73 EUR brutto abzüglich 198,60 EUR Nettokrankengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den monatlichen Differenzbetrag seit dem 01.05.2012 zu zahlen.

136

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate Mai 2012 bis Juni 2013 monatlich 3.862,16 EUR brutto abzüglich monatlich 1.986,00 EUR Nettokrankengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den monatlichen Differenzbetrag ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

137

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate Juli 2013 bis August 2013 monatlich 3.994,47 EUR brutto abzüglich monatlich 1.986,00 EUR Nettokrankengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den monatlichen Differenzbetrag jeweils ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

138

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2013 bis April 2014 monatlich 3.994,47 EUR brutto abzüglich monatlich 1.695,60 EUR Nettoarbeitslosengeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den monatlichen Differenzbetrag jeweils ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

139

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate Mai 2014 bis Juni 2014 monatlich 3.994,47 EUR brutto abzüglich monatlich 1.146,67 EUR Nettoerwerbsminderungsrente nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den monatlichen Differenzbetrag jeweils ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

140

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate Juli 2014 bis September 2014 monatlich 4.082,35 EUR brutto abzüglich monatlich 1.146,67 EUR Nettoerwerbsminderungsrente nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den monatlichen Differenzbetrag ab dem 1. Folgemonats zu zahlen.

141

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 210,48 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 38,20 EUR netto ab dem 11.06.2014, auf 76,40 EUR netto seit dem 09.07.2014 und auf 210,48 EUR netto seit dem 30.08.2014 zu zahlen (Fahrt- und Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 26.08.2014).

142

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 201,12 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2014 zu zahlen (Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 31.05.2014).

143

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 114,60 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 38,20 EUR netto seit dem 18.02.2014, auf 76,40 EUR netto seit dem 10.03.2014 und auf 114,60 EUR netto seit dem 31.03.2014 zu zahlen (Fahrtkosten aus dem Schriftsatz vom 31.05.2014) zu zahlen.

144

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.930,18 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2013 (Urlaubsgeld 2012 aus dem Schriftsatz vom 20.02.2014).

145

11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 268,16 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2014 zu zahlen (Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 28.02.2014).

146

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 152,80 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 38,20 EUR netto seit dem 19.12.2013, auf 76,40 EUR netto seit dem 06.01.2014, auf 114,60 EUR netto seit dem 20.01.2014 und auf 152,80 EUR netto seit dem 03.02.2014 zu zahlen (Fahrtkosten aus dem Schriftsatz vom 28.02.2014).

147

13. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 279,46 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.08.2013 zu zahlen (Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 06.08.2013).

148

14. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 152,80 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 38,20 EUR netto seit dem 08.05.2013, auf 76,40 EUR netto seit dem 27.05.2013, auf 114,60 EUR netto seit dem 18.06.2013 und auf 152,80 EUR netto seit dem 11.07.2013 zu zahlen (Fahrtkosten aus dem Schriftsatz vom 06.08.2013).

149

15. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.350,00 EUR brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 850,00 EUR seit dem 01.09.2012 und auf 2.350,00 EUR seit dem 01.04.2013 zu zahlen (Sonderprämie aus dem Schriftsatz vom 25.06.2013).

150

16. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 150,16 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.06.2013 zu zahlen (Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 25.06.2013).

151

17. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 76,40 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 38,20 EUR netto seit dem 02.03.2013 und auf 76,40 EUR netto seit dem 23.03.2013 zu zahlen (Fahrtkosten aus dem Schriftsatz vom 25.06.2013).

152

18. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 475,77 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Fahrt- und Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 14.01.2013).

153

19. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.517,35 EUR netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 858,26 EUR netto seit dem 22.08.2012 und auf 1.517,34 EUR netto seit Rechtshängigkeit zu zahlen (Fahrt- und Heilbehandlungskosten auf dem Schriftsatz vom 31.11.2012).

154

20. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem durch seine psychischen Erkrankungen vom 16.05.2011 bis 08.06.2011 (Reaktion auf eine schwere Belastung (F439)), vom 14.06.2011 bis 27.06.2011 (Reaktion auf eine schwere Belastung (F439)), vom 12.07.2011 bis 15.07.2011 (Somatoforme Störung (F459)), vom 05.08. bis 08.08.2011 (Neurasthemie (F480)), vom 24.10.2011 bis 28.10.2011 (Somatoforme Störung (F459)) und/oder eine depressive Episode (F329)), vom 16.11.2011 bis 25.11.2011 (Somatoforme Störung (F459) und/oder eine depressive Episode (F329)), vom 26.01.2012 bis 03.02.2012 (sonstige depressive Episoden (F328)) und seit dem 27.04.2012 (Somatoforme Störung (F459); Reaktion auf eine schwere Belastung (F339); rezidivierende depressive Störung, gegenwärtige mittelgradige Episode (F33.1); neurotische Störung (F48.9); nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose ( F32.9); depressive Episode ( F32.9); Reaktion auf eine schwere Belastung (F43.9); schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F32.2) und seit dem 10.05.2012 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtige mittelgradige Episode ( F331)) entstanden ist oder noch entstehen werden (allgemeiner Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz vom 21.11.2012).

155

21. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger für die Monate Juni 2015 bis September 2015 monatlich 4.221,15 EUR brutto abzüglich 1.146,67 EUR Nettoerwerbsminderungsrente nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den Differenzbetrag jeweils ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

156

22. Die Beklagte zu verurteilen an den Kläger für die Monate Oktober 2015 bis Januar 2016 monatlich 4.221,15 EUR brutto abzüglich 1.146.,67 EUR Nettoerwerbsminderungsrente nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag jeweils ab dem 1. des Folgemonats zu zahlen.

157

23. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 134,08 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.10.2013 zu zahlen (Fahrt- und Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 28.10.2013).

158

24. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 76,40 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 38,20 EUR netto seit dem 07.08.2013 und auf 76,40 EUR netto seit dem 06.09.2013 zu zahlen (Fahrt- und Heilbehandlungskosten aus dem Schriftsatz vom 28.10.2013).

159

Die Beklagte beantragt,

160

die Berufung zurückzuweisen.

161

Sie verteidigt das angefochtene Urteil -soweit es angefochten ist- nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 09.11.2015 und ihrer weiteren Schriftsätze vom 06.05.2016 und 02.06.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl, 3773 ff.; 3952 ff., 2965 ff., 4025 der Akten) als zutreffend und hält auch die im Berufungsverfahren klageerweiternd geltend gemachten Ansprüche für unbegründet . Sie macht -zusammengefasst- geltend:

162

In Bezug auf die Untersuchung des Laptops des Herrn B. habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte private Daten eingesehen oder kopiert habe, was tatsächlich auch nicht der Fall gewesen sei.

163

Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses stehenden Vorwürfe seien unerheblich, da das Zwischenzeugnis im Ergebnis wie vom Kläger gewünscht erteilt worden sei. Herr S. sei im Übrigen berechtigt, als Vorgesetzter des Klägers eine eigene Bewertung abzugeben.

164

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und dem in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren trägt die Beklagte ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag vor, ein Anfangsverdacht für die angestrengten Ermittlungen gegen den Kläger sei nicht erforderlich. Es hätte die begründete Sorge bestanden, dass der Kläger unberechtigt auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen habe. Die im Untersuchungsbericht 1 getätigten Aussagen belegten, dass die Ermittlungen keineswegs darauf abgezielt hätten, den Kläger auf Grundlage falscher Tatsachen der Datenspionage zu überführen. Wenn der Kläger in der Berufung wiederholt alternierend vortrage, belege dies, dass keine konkreten Anhaltspunkte hinsichtlich einer irgendwie gearteten Kenntnis der betroffenen Personen gegeben seien. Die Vorlage des Untersuchungsberichts an das als externen Datenschutzbeauftragten eingesetzte Unternehmen T. GmbH sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Eine Beauftragung bezüglich der Beurteilung arbeitsrechtlicher Fragen sei nicht erfolgt, sodass der entsprechende Vortrag des Klägers unbeachtlich sei. Der Kläger habe, nachdem die Beklagte entsprechend vorgetragen habe, Gelegenheit gehabt, sich bezüglich der Einschaltung des Unternehmens zu äußern, dies aber unterlassen. Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft.

165

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich benannt worden sei. Es sei unglaubhaft, wenn eine durch den Kläger nicht namentlich benannte Führungskraft nunmehr, 4 Jahre nach der Versammlung, behauptete, auf dieser sei der Name des Klägers gefallen. Zudem sei es nicht ehrenrührig, wenn der Kläger im Rahmen der Versammlung als Blackberry-Administrator bezeichnet worden sei.

166

Wenn der Kläger behauptet, das Urteil des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, weil die Kürzung der Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt sei, bestünden nach wie vor Bedenken an der Eignung des behandelnden Arztes sowie hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit.

167

Hinsichtlich der in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden habe sie sich lediglich zulässiger rechtlicher Mittel bedient. Seitens der Beklagten habe zu keinem Zeitpunkt ein Anlass bestanden, an dem Wahrheitsgehalt des Untersuchungsberichts und damit an der Grundlage der (ersten) außerordentlichen Kündigung zu zweifeln. Es sei zudem zu keinem Zeitpunkt unstreitig geworden, dass die festgestellte Veränderung der Zugriffsberechtigung sowie die Manipulation der Sicherungsbänder nicht durch den Kläger zu verantworten seien.

168

Eine betriebliche Übung, nach der Urlaub gewährt ist, sofern kein Widerspruch erklärt wurde; existiere nicht. Eine entsprechende Praxis sei auch fernliegend. Infolge der unberechtigten Selbstbeurlaubung des Klägers sei die Einleitung disziplinarischer Schritte auch möglich, da die Aufforderung der Beklagten gegenüber dem Kläger zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolglos geblieben sei.

169

Das Scheitern der Wiedereingliederung sei ihr nicht vorzuwerfen. Eine räumlich enge Zusammenarbeit von Konfliktparteien sei im Arbeitsverhältnis nicht immer zu vermeiden. Die ärztlichen Aussagen im Wiedereingliederungsplan seien unerheblich und weltfremd, da sie auf der subjektiven Vorstellung des Klägers von der Situation an seinem Arbeitsplatz beruhten.

170

Die Beklagte bestreitet die Kausalität der seitens des Klägers behaupteten Rechtsgutsverletzungen für die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese nicht auf andere Faktoren rückführbar seien. Die Kausalität der durch sie bestrittenen Mobbinghandlungen für die Erkrankungen des Klägers sei jedenfalls nicht belegt und ohnehin nur schwerlich nachzuweisen.

171

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

172

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

173

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist-und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

174

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Ebenso unbegründet sind die im Berufungsverfahren klageerweiternd eingeführten Ansprüche. Das Arbeitsgericht hat die Klage in dem angegriffenen Umfang zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien ist ergänzend auszuführen:

A.

175

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2012. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass ein entsprechender Anspruch durch den Kläger nicht fristwahrend innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht wurde. Nichts Anderes folgt aus dem mit der Berufung vorgebrachten Einwand, die Geltendmachung des Anspruchs sei bereits mit dem allgemeinen Feststellungsantrag vom 21.11.2012 erfolgt.

176

1. Durch den mit Schriftsatz vom 21.11.2012 anhängig gemachten Feststellungsantrag (Blatt 1536 der Akten) ist die Ausschlussfrist hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung des Urlaubsgeldes nicht gewahrt. Gegenstand dieses Antrags war die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger zukünftige, auf den im Antrag benannten Erkrankungen beruhende materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen.

177

a. § 28 TV Metall- und Elektroindustrie verlangt keine besondere Form der Geltendmachung. Denkbar ist damit auch die Geltendmachung durch einen Schriftsatz in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren, welches streitgegenständlich andere Ansprüche des Arbeitnehmers betrifft. Entsprechend dem Zweck tariflicher Ausschlussfristen, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen, ist aber grundsätzlich erforderlich, dass der Gläubiger seinen Anspruch nach Grund und Höhe so genau wie möglich bezeichnet (vgl. etwa BAG 22.04.2004 -8 AZR 652/02- , juris, Rz. 29). Nach der Rechtsprechung (etwa BAG 13.08.2009 -6AZR 330/08, juris, Rz. 43) kann die Erhebung einer Feststellungsklage für die Wahrung einer individualvertraglich oder tarifvertraglich festgeschriebenen Ausschlussfrist ausreichend sein, wenn sie geeignet ist, den gesamten Streitstoff abschließend zu klären, so dass der Arbeitgeber anhand einer solchen Klage hinreichend erkennen kann, dass der Arbeitnehmer auf seinem Leistungsanspruch beharrt.

178

b. Durch den gegenständlichen Feststellungsantrag ist eine die Ausschlussfrist wahrende Geltendmachung des Urlaubsgeldanspruchs nicht erfolgt.

179

Der Feststellungsantrag ist gerichtet auf die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger aus der behaupteten Gesundheitsverletzung folgende Schäden zu ersetzen. Der Anspruch auf Urlaubsgeld gemäß § 17 TV Metall- und Elektroindustrie hat keinerlei Beziehung zu der Erkrankung des Klägers bzw. zu einem entsprechenden Schadensersatzanspruch. Die begehrte Feststellung richtet sich nicht auf den Anspruchsgrund oder wenigstens Elemente des Anspruchs auf Urlaubsgeldzahlung. Die Beklagte konnte anhand des Feststellungsantrags nicht erkennen, dass der Kläger auf seinem Anspruch beharrt. Eine Parallele zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 9.03.2008, 5 AZR 429/07, BAGE 126, 198-205, Rn. 27; Urteil vom 19.05.2010, 5 AZR 253/09, Rn. 31, juris; Urteil vom 19.09.2012, 5 AZR 627/11, BAGE 143, 119-128, Rn. 21) zur Wahrung von Ansprüchen, die von der Rechtmäßigkeit der Kündigung abhängen durch eine entsprechende Kündigungsschutzklage verbietet sich, denn der Anspruch auf Urlaubsgeld steht aus den vorgenannten Gründen nicht in Abhängigkeit zu der behaupteten Gesundheitsverletzung wie etwa ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu einer Kündigung. Der gegenständliche Feststellungsantrag musste die Beklagte nicht zur Prüfung des grundsätzlich unabhängig von der Frage der Gesundheitsbeeinträchtigung bestehenden Anspruchs auf Urlaubsgeld, der unmittelbar aus § 17 TV Metall- und Elektroindustrie folgt, veranlassen.

180

2. Es bleibt mithin bei der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Urlaubsgeldes mit Schriftsatz vom 28.02.2014 erfolgte. Unstreitig waren zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als zwei Monate seit der maßgeblichen Abrechnungsperiode vergangen, sodass der Anspruch gemäß § 28 Nr. 2 i.V.m. § 28 Nr. 1 b) TV Metall- und Elektroindustrie ausgeschlossen ist.

B.

181

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 343,09 EUR monatlich gemäß der Ruhegeldordnung. Die Anspruchsvoraussetzungen sind in der Person des Klägers nicht erfüllt. Dieser ist nicht im Sinne der Ruhegeldordnung bei der Beklagten ausgeschieden. Sein Verständnis dahingehend, dass insofern auf die tatsächliche, nicht aber auf die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen wäre, ist der Ruhegeldordnung nicht, auch nicht im Wege der Auslegung, zu entnehmen.

182

1. Die Ruhegeldordnung definiert nicht eindeutig, wie das „Ausscheiden“ im Sinne des § 8 Ruhegeldordnung zu verstehen ist. Ob dieses Tatbestandsmerkmal, wie vom Kläger angenommen, bereits mit der tatsächlichen Beendigung erfüllt ist, ist mithin im Wege der Auslegung zu ermitteln. Da insofern der normative Teil der Betriebsvereinbarung. betroffen ist, gelten die auch für die Auslegung von Gesetzen und Tarifverträgen anzuwendenden Auslegungsregeln (ständige Rechtsprechung, vergleiche nur BAG, Urteil vom 30.11.2010, 3 AZR 475/09, juris m.w.N.).

183

2. Bereits der Wortlaut spricht dafür, das Ausscheiden im Sinne der Ruhegeldordnung mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet Ausscheiden die Aufgabe einer Tätigkeit bzw. das Verlassen einer Gemeinschaft bzw. Gruppe (vergleiche Duden 01, 26. Auflage 2013). Eine endgültige Aufgabe in diesem Sinne wird regelmäßig die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfordern, nicht aber lediglich die tatsächliche; dies allein schon deshalb, weil nur in ersterem Falle (rechts-)sicher feststellbar ist, dass die Tätigkeit beendet wurde.

184

3. Für dieses Verständnis spricht auch der anhand des Gesamtzusammenhangs der Regelung zu ermittelnde wirkliche Wille der Betriebsparteien bei Abschluss der Vereinbarung.

185

In der Ruhegeldordnung fehlt jede Regelung hinsichtlich des Anspruchs auf Invalidenrenten im Falle einer Rückkehr. Diese wäre denkbar und auch nicht unwahrscheinlich, wenn für ein Ausscheiden im Sinne des § 8 Abs. 1 Ruhegeldordnung bereits die tatsächliche (gegebenenfalls nur vorübergehende) Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausreichen würde. Vor allem aber spricht dafür, dass nach wirklichen Willen der Betriebsparteien nur die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem „Ausscheiden“ im Sinne der Ruhegeldordnung gemeint sein kann, da nur auf diesem Wege eine definitive Aussage getroffen werden kann, ab welchem Zeitpunkt die Anspruchsberechtigung des Arbeitnehmers bestehen soll. Würde man mit dem Kläger die tatsächliche Beendigung für maßgeblich halten, so hätte sich eine Regelung aufgedrängt, ab welcher Unterbrechungsdauer bzw. ab welcher Zeitperiode ab tatsächlichem Ausscheiden bei der Beklagten ein Anspruch auf Invalidenrente begründet sein soll.

C.

186

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf den Ersatz geltend gemachter Fahrt- und Heilbehandlungskosten bzw. auf die Erstattung von Entgeltdifferenzen hat. Ebenso ist der mit dem Antrag zu 20. geltend gemachte Feststellungsantrag unbegründet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist weder in einem der gegenständlichen Einzelfälle, noch in deren Gesamtschau eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder eine Verletzung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gegeben; ein Mobbing zulasten des Klägers liegt nicht vor. Ebenso wenig folgen die vorstehend benannten Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 831 BGB sind nicht gegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Bewertung.

187

1. Der Anspruch des Klägers besteht nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

188

c. Mobbing ist kein Rechtsbegriff und keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Unter diesen Oberbegriff zu subsumierende Verhaltensweisen können aber die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichten. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Mobbing dabei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, juris; BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

189

Dem Arbeitsgeber obliegt es aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sich selbst der Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers zu enthalten und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht genommen wird und, dass der Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird; dies beinhaltet, dass der Arbeitnehmer keinem Verhalten ausgesetzt wird, das die Verletzung seiner Würde bezweckt oder bewirkt und ein vom Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2012, 5 Sa 70/11, Rn. 46, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 28.10.2010,8 AZR 546/09, juris).

190

d. Nach allgemeinen Grundsätzen muss sich der Arbeitgeber auch bezüglich entsprechender Schutzpflichtverletzungen das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zurechnen lassen.

191

Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, wer mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung als Hilfsperson tätig wird. Der Erfüllungsgehilfe muss objektiv Aufgaben übernehmen, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegt. Er muss dabei im Pflichtenkreis des Schuldners handeln. Dies erfordert, dass er seitens des Schuldners mit Erfüllung einer konkreten Leistungshandlung bzw. Schutzpflicht beauftragt wurde; die Schaffung einer bloßen Voraussetzung für die Leistungserbringung reicht demgegenüber nicht aus. Die Handlung muss vielmehr in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Arbeitgeber dem Handelnden zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis hat (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, BAGE 124, 295-313, Rn. 79; BAG, LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2009, 9 Sa 1573/08, Rn. 32, juris; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2016, BGB, § 611, Rn. 1795). Ausgehend von diesen Kriterien ist im Arbeitsverhältnis im Verhältnis zum Arbeitnehmer regelmäßig der Vorgesetzte bzw. ein weisungsbefugter Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers anzusehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.; BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; Palandt/Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 278 BGB, Rn. 16).

192

e. Für durch ihre Geschäftsführer verwirklichte Haftungstatbestände haftet die Beklagte gemäß § 31 BGB umfassend (vergleiche BAG, Urteil vom 19.02.1998, 8 AZR 645/96, BAGE 88, 101-109, Rn. 35).

193

f. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteten Mobbings keine Besonderheiten (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 07.02.2012, 2 Sa 1411/10, Rn. 79, juris). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Lediglich für die Frage, ob - festgestellte - Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu einem Schaden geführt haben, regelmäßig in Gestalt einer Gesundheitsverletzung, und zu den damit verbundenen Entgelteinbußen kommt eine Beweiserleichterung in Betracht (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris). Dies setzt jedoch voraus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen feststeht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

194

g. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine von der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der keiner der hier gegenständlichen Vorfälle als Mobbing anzusehen ist, abweichende Bewertung.

195

Dies gilt zum einen, sofern der Kläger Konfliktsituationen zwischen den Parteien benennt (hierzu (1)). Ebenso wenig stellen die seitens des Klägers bezeichneten Weisungen bzw. sonstigen Maßnahmen der Beklagten anzulastende Vergehen dar (hierzu (2)). Auch soweit der Kläger sich darauf beruft, durch nach seiner Ansicht rechtsfehlerhafte Abmahnungen bzw. Ermahnungen gemobbt worden zu sein, ist ihm das Arbeitsgericht zurecht nicht gefolgt (hierzu (3)). Zu folgen ist dem Arbeitsgericht weiter darin, dass der Beklagten gezielte falsche Verdächtigungen und hierauf aufbauend zu Unrecht eingeleitete Gerichtsverfahren nicht angelastet werden können ((4), (5)). Schließlich hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass es vorliegend auch an einer übergeordneten Systematik fehlt und ein Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten auch nicht aus der Gesamtschau der einzelnen Vorfälle resultiert (hierzu (6)).

196

(1) Die gegenständlichen Konfliktsituationen sind nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu begründen.

197

Im Arbeitsleben auftretende Konflikte, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind regelmäßig sozial- und rechtsadäquat und daher nicht geeignet, die für ein Mobbing erforderliche Systematik sowie eine mobbingtypische Täter-Opfer-Konstellation zu begründen. Entsprechende alltägliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz sind gegenüber tatsächlichem Mobbingverhalten aufgrund der Art des Betriebes und des üblichen Umgangs der Arbeitnehmer untereinander sowie im Verhältnis zu den Vorgesetzten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise voneinander abzugrenzen (vergleiche nur Behnecke, NZA-RR 2003, 228; Stück, MDR 2013, 378)

198

(a) Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, die Ausgrenzung ab Mai 2011 stelle Mobbing dar, verkennt er die vorgenannten Maßstäbe. Auch zweitinstanzlich hat der Kläger nichts vorgetragen, aus dem diesbezüglich ein Verschulden der Beklagten folgen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass einer der hier benannten Arbeitnehmer Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, sind nicht ersichtlich.

199

Darüber hinaus sind keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte (zurechenbare) Kenntnis von der behaupteten Ausgrenzung gehabt hätte und es dennoch unterließ, dieser durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich anführt, die Ausgrenzung habe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führungskräfteversammlung gestanden, ist dies im Hinblick auf die behauptete Schutzpflichtverletzung unerheblich. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte entsprechende Vorgänge geduldet hätte. Damit ist auch eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Gestalt der Aufsichtspflichtverletzung nicht gegeben. Auch insofern hat der Kläger seinen Vortrag zweitinstanzlich nicht weiter substantiiert.

200

(b) Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die für den Zeitraum Juni bis September 2011 benannten Vorfälle als nicht über das im Arbeitsverhältnis übliche Maß hinausgehende Auseinandersetzungen eingeordnet. Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die hier gegenständlichen Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und den ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts lediglich noch Folgendes hinzuzufügen:

201

Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt. Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen. Sein pauschaler Vortrag im Hinblick auf eine durch die Beklagte geführte „Kampagne“ gegen ihn ist auch auf deren Bestreiten nicht weiter substantiiert worden. Im Übrigen sind die seitens des Klägers angeführten Äußerungen vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen. In derartigen Situationen ist es nicht unüblich, dass Konflikte auf einer emotionalen Ebene ausgetragen werden (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris).

202

(c) Der Kläger trägt für den Zeitraum April 2012 auch mit der Berufung vor, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem (Großraum-)Büro mit Herrn C. sei nicht nachvollziehbar. Ebenso habe es keinen Anlass dafür gegeben, Herrn S. auch nach Beendigung seiner Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers noch zu Personalgesprächen hinzuzuziehen. Auch die Weigerung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuziehen zu dürfen sowie die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsaufgaben in diesem Zeitraum stellten im Ergebnis eine schikanöse Behandlung dar. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu begründen.

203

i. In Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts ist es auch für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar, dass der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze bei der Beklagten ein schikanöser Charakter innewohnen würde. Dass die Beklagte ihre Arbeitnehmer im Großraumbüro beschäftigt, ist unstreitig. Es ist nicht der Beklagten anzulasten, wenn sich der Kläger schon aufgrund der räumlichen Nähe Herrn S. bzw. Herrn C. psychisch belastet fühlt. Die Beklagte hat die Zuweisung des Arbeitsplatzes auch im Rahmen des BEM-Gesprächs nach Vortrag des Klägers durch sachliche, jedenfalls nicht schikanöse Gründe erklärt. Die gewählte Zuweisung des Arbeitsplatzes des Klägers war ihr im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit unbenommen.

204

ii. Gleichsam ist es nicht ersichtlich, dass Herr S. nicht berechtigt sein sollte, an Personalgesprächen teilzunehmen. Jedenfalls ist seine Teilnahme nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf schon aufgrund seiner Anwesenheit zu begründen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Auswahl seiner Vorgesetzten. Es ist für die Beklagte nicht, auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht, geboten, ihr organisatorisches Konzept ausschließlich nach der Konfliktvermeidung auszurichten. Dafür, dass die Beklagte die Herren C. und S. zielgerichtet auf den Kläger „angesetzt“ hätte, ist nichts ersichtlich; der klägerische Vortrag beschränkt sich insofern auf Vermutungen.

205

iii. Auch die Art und Weise der Aufgabenzuweisung durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht dargetan, dass sie insofern das ihr zustehende Direktionsrechts überschritten hätte. Namentlich ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zuweisung der Durchführung der Inventur im IT-Bereich unbillig sein soll. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies – worauf die Beklagte zurecht hinweist – widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

206

Bereits im Ansatz nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, die Weigerung der Beklagten, ihm die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu den geführten Personalgesprächen zu ermöglichen, könnte ein Mobbing begründen. Die Voraussetzungen der insofern unter Umständen einschlägigen §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 oder 84 Absatz 1 BetrVG liegen nicht vor. Insbesondere ist das Personalgespräch keine Beschwerde im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG; dies hätte erfordert, dass der Kläger insofern selbst initiativ tätig geworden wäre und das Personalgesprächen nicht wie vorliegend durch die Beklagte veranlasst wurde. Ein allgemeiner Anspruch gerichtet auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch besteht entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Er kann sich insbesondere nicht auf die seinerseits zitierte Rechtsprechung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.04.2013, 2 Sa 490/12, juris) berufen, deren Gegenstand eine Betriebsratsanhörung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung war. Im Gegenteil ist in Literatur und höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass ein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Personalgesprächen außerhalb der vorgenannten Tatbestände nicht besteht (vergleiche Erfurter Kommentar/Kania, 15. Auflage 2015, § 82 BetrVG, Rn. 10; BAG, Urteil vom 16.11.2004, 1 ABR 53/03, Rn. 20, juris).

207

(2) Dem Arbeitsgericht ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers darin zu folgen, dass die ihm gegenüber in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ausgesprochenen Weisungen ebenso wenig geeignet sind einen Mobbingvorwurf zu begründen, wie die sonstigen Maßnahmen im Zuge der Durchführung des Arbeitsverhältnisses.

208

Die rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts ist kein Mobbing, soweit sich aus ihr nicht eine eindeutig schikanöse Tendenz ergibt (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, 2 Sa 67/06, juris). Selbst fehlerhafte Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung und unbeherrschtes Verhalten eines Vorgesetzten stellen grundsätzlich kein Mobbing dar, da von Führungsfehlern nicht ohne weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber den Beschäftigten geschlossen werden kann (vergleiche Stück, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 15.03.2012,15 Sa 1424/11, juris; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03, juris).

209

Keine der gegenständlichen Maßnahmen stellt unter Zugrundelegung dessen ein mobbingrelevantes Verhalten dar.

210

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der am 08.06.2010 seitens der Beklagten erteilten Weisung, die Festplatte „D“ des Laptops des Geschäftsführers B. über das Firmennetzwerk einzusehen und Daten zu kopieren und die in diesem Zusammenhang nach Behauptung des Klägers getätigte Äußerung Herrn S., bei Nichtbefolgen der Anweisung müsse der Kläger mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen" rechnen.

211

i. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es einen entsprechenden Verstoß mangels Tatsachenvortrag als nicht erwiesen erachtete, verkennt er, dass er hinsichtlich des gegenständlichen Schadensersatzanspruchs umfassend darlegungs- und beweisbelastet ist (siehe oben). Dies beinhaltet (substantiierten) Vortrag zu der behaupteten Pflichtverletzung. Damit eine Anweisung geeignet ist, einen Mobbingvorwurf zu rechtfertigen, muss ihr nach vorstehender Definition eine schikanöse Tendenz dem die Weisung empfangenden Arbeitnehmer gegenüber innewohnen. Demgegenüber stellt eine gegebenenfalls materiell fehlerhafte Weisung nicht zwingend ein Mobbing gegenüber dem Arbeitnehmer dar.

212

ii. Die dem Kläger erteilte Weisung, den Inhalt der Festplatte des durch Herrn B. genutzten Laptops zu kopieren stellt selbst dann keine schikanöse Maßnahme dar, wenn man den klägerischen Vortrag, demzufolge sich in dem ebenfalls kopierten Ordner „Eigene Dateien“ private Fotografien Herrn B. befunden hätten, als zutreffend unterstellt.

213

Die seitens des Klägers angenommenen Verletzungen datenschutz- und strafrechtlicher Bestimmungen wirken im Verhältnis zwischen der Beklagten und Herrn B.. Wird durch die dem Kläger erteilte Weisung gegebenenfalls diesem gegenüber ein Rechtsverstoß verwirklicht, folgt hieraus nicht ohne Weiteres, dass damit zugleich eine Schikanehandlung dem Kläger gegenüber vorliegt. Insofern wäre von vorstehenden Grundsätzen ausgehend erforderlich, dass die Weisung zugleich (gegebenenfalls über die Rechtswidrigkeit im Übrigen hinaus) einen schwerwiegenden Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen würde (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, a.a.O., Rn. 23). Einen solchen Angriff beinhaltet die Anweisung zur Kopie von (privaten) Daten des Herrn B. im Verhältnis der Parteien gerade nicht. Sie bezog sich nicht primär und zielgerichtet auf die Kopie u.U. vorhandener privater Daten.

214

iii. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich behauptet, Herr S. habe ihm im Falle der Nichtbefolgung der Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, schließt sich die erkennende Kammer der Wertung des Arbeitsgerichts auch insofern ausdrücklich an; eine Äußerung entsprechenden Inhalts ist – jedenfalls in der behaupteten, sachlichen Formulierung – vom Rügerecht des Arbeitgebers gedeckt.

215

(b) Auch im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses liegt kein Mobbing vor. Gegen ein insofern relevantes Verhalten spricht bereits, dass der Kläger letztendlich ein Zwischenzeugnis gemäß seinen Vorstellungen erhalten hat. Ebenso wie dem Arbeitsgericht ist es auch der erkennenden Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Kläger zu dem Schluss kommt, der vormalige Leiter der IT-Abteilung Herr L. sei hinsichtlich des Inhaltes des durch Herrn S. erteilten Zwischenzeugnisses getäuscht worden.

216

(c) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass auch die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

217

Die Neuinstallation des Netzwerks und die damit einhergehenden Änderungen von Zuständigkeiten sind Gegenstand der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten und schon grundsätzlich nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fremdvergabe von Aufgaben an die U. GmbH in diesem Zusammenhang. Diese ist im Ausgangspunkt Gegenstand der unternehmerischen Freiheit der Beklagten und eine im Wirtschaftsleben gerade im IT-Bereich weit verbreitete Erscheinung. Insofern ist es auch unerheblich, wenn externe Berater aufgrund dieser unternehmerischen Vorgaben befähigt werden, verbindliche Vorgaben zu machen, die im Betrieb umzusetzen sind (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 33, juris).

218

Hinsichtlich der behaupteten Arbeitsreduzierung verkennt der Kläger die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren verfolgten Schadensersatzansprüche. Es ist an ihm darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die behauptete Reduzierung zum einen erfolgt ist und zum anderen hierin ein schikanöses Verhalten LAG. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Aufgrund der unstreitig gegebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers ab Mai 2011 ist es durchaus plausibel, dass der Kläger nicht in dem gewünschten Maß in die Erfüllung von Aufgaben in der IT-Abteilung eingebunden war. Ungeachtet dessen ist der behauptete Grad der Auslastung (auch vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeit) nicht so erheblich, dass unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags davon auszugehen wäre, dass ein unberechtigter Totalentzug der Beschäftigung, der gegebenenfalls geeignet wäre ein Mobbing zu rechtfertigen, vorliegen würde (vergleiche hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2006, 4 Sa 68/05 (2 Jahre Nichtbeschäftigung)).

219

(d) Keine schikanöse Tendenz beinhaltet auch die Reduzierung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012. Hiergegen spricht bereits, dass dem Kläger der Grund für die Reduzierung mit E-Mail vom 29.03.2012 mitgeteilt wurde. Gerade aufgrund der wiederholten Erkrankungen des Klägers ist es naheliegend, dass es anlässlich der zugrundeliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Differenzen zwischen den Parteien kam. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die erfolgte Kürzung der Entgeltfortzahlung nicht als mutwillige Maßnahme der Beklagten dar.

220

(e) Hinsichtlich der Sperrung der E-Mail Accounts und dem Entzug des Blackberrys hat das Arbeitsgericht zutreffend und durch die Berufung nicht angegriffen erkannt, dass ein entsprechender Anspruch des Klägers nicht besteht. Sofern dieser nunmehr meint, die Beklagte hätte sich auf einen - nicht näher definierten– sachlichen Grund für die Sperrung berufen müssen, verkennt er auch hier die Voraussetzungen für den gegenständlichen Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass auch insofern eine gezielte Schikanehandlungen nicht vorlag. Jedenfalls das Kommunikationsverhalten des Klägers in Gestalt der Veröffentlichung diverser sogenannter „SBV-Infos“ im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien, bot aus Sicht der Beklagten einen nachvollziehbaren Anlass für die hier in Rede stehenden Maßnahmen.

221

(f) Sofern der Kläger auch in der Berufung daran festhält, dass die Einschaltung des MDK als gesetzlich vorgesehene Maßnahme Mobbing darstellen würde, bleibt er weiterhin jeden substantiellen Vortrag schuldig. Dass die Beklagte im Zuge dessen den Kläger diffamierende Aussagen getätigt hätte, hat dieser nach wie vor nicht substantiiert dargelegt.

222

(g) Ebenso ist die Festanstellung des Herrn C. nicht zu beanstanden. Personalentscheidungen sind Gegenstand freier unternehmerischer Entscheidung. Auch in diesem Zusammenhang war die Beklagte durch möglicherweise bestehende innerbetriebliche Konflikte diesbezüglich nicht gebunden. Sie war ebenso nicht verpflichtet, den Ausgang des gegen Herrn C. anhängigen Strafverfahrens abzuwarten; zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

223

(h) Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass die Beklagt die Wiedereingliederung boykottiert habe, begründet auch dieser Vortrag keinen Mobbingvorwurf. Die in dem Wiedereingliederungsplan enthaltenen Angaben zur Art der Tätigkeit haben für die Beklagte keine verbindliche Wirkung. Bei Durchführung einer Wiedereingliederung im Sinne des § 28 SGB IX schulden beide Parteien des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zueinander die Hauptleistungspflichten nicht. Der Wiedereingliederungsplan betrifft vielmehr das Verhältnis des Klägers als Leistungsempfänger gegenüber dem sozialversicherungsrechtlich zuständigen Leistungserbringer (vergleiche BeckOK/Jabben, 40. Edition 2015, § 28 SGB IX, Rn. 6). Damit scheidet eine verbindliche Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch entsprechende Vorgaben aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Wiedereingliederungsplan festgelegten Maßgaben ausdrücklich zustimmt, damit diese das Vertragsverhältnis verbindlich ausgestalten. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten besteht indes nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist sie nicht gezwungen, ihre unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des zukünftigen Einsatzes des Klägers der Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte unterzuordnen.

224

(3) Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist keine der seitens der Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Ermahnungen geeignet, einen Mobbingvorwurf zu begründen.

225

(a) Bei Ausspruch einer rechtlich zulässigen Abmahnung begeht der Arbeitgeber keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis; damit liegt auch kein Mobbing vor. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstellt. Entscheidend ist, ob sich die Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstellte. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspricht; erforderlich ist auch in diesem Zusammenhang eine schikanöse Tendenz (vergleiche LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007, 11 Sa 302/07, juris). Weiter ist erforderlich, dass bei Ausspruch der Abmahnung eine Täter-Opfer-Konstellation gegeben ist; dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung seinerseits zur Zuspitzung des zugrundeliegenden Konflikts beigetragen hat (vergleiche hierzu LAG München, Urteil vom 21.07.2005, 3 Sa 13/05, Rn. 26, juris).

226

(b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Ermahnungen vom 15.10 und vom 02.11.2009 sowie die Abmahnung vom 20.05.2011 diesen Anforderungen mangels Vorliegen einer schikanösen Tendenz nicht gerecht werden. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers ist die Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen ein Anlass, der den Ausspruch einer Abmahnung bzw. - erst recht - einer Ermahnung rechtfertigen kann; ob diese letztendlich berechtigt erfolgte, ist wie dargelegt im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend.. Soweit der Kläger hinsichtlich der Motivation für die Erteilung der Arbeitsanweisung vorträgt, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert; es ist nicht dargetan, dass und in welcher Weise der Kläger durch die Arbeitsanweisungen eingeschüchtert oder überfordert wurde.

227

(c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Hinblick auf die Abmahnung vom 24.01.2012 eine Täter-Opfer-Konstellation nicht gegeben war. Wenn der Kläger insofern mit der Berufung einwendet, die Abmahnung sei wegen Verhaltensweisen erfolgt, die in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erfolgte, folgt hieraus nichts Anderes. Zu dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung befanden sich die Parteien in einem offenen, auch vor Gericht ausgetragenen Konflikt. In diesem Zusammenhang war auch die mit der Abmahnung - zu Unrecht, vergleiche das Teilurteil vom 05.07.2012 - sanktionierte Äußerung gefallen.

228

(d) Die hinsichtlich der Selbstbeurlaubung erteilte Abmahnung vom 22.03.2012 hat keinen Schikanecharakter. Der Kläger wendet gegen das erstinstanzliche Urteil in diesem Zusammenhang ein, der Widerspruch zur Urlaubsnahme hätte ihm auch zugehen müssen. Zudem sei seine telefonische Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen und die Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz sei erfolgt, als die Kernarbeitszeit schon beendet gewesen sei.

229

Auch wenn man eine betriebliche Übung dergestalt unterstellt, wie vom Kläger vorgetragen, wäre die ausgesprochene Abmahnung nicht mutwillig erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte der Urlaubsnahme im Ergebnis widersprochen. Dass für einen solchen Widerspruch ein besonderer Grund vorliegen müsste, hat auch der Kläger nicht behauptet. Ebenso wenig hat er behauptet, dass die Angabe einer Erreichbarkeit zur Herstellung einer Rufbereitschaft dem Widerspruch nach der seinerseits behaupteten betrieblichen Übung entgegenstünde. Die Beklagte hat der Urlaubsnahme um 13:30 Uhr ohne Begründung widersprochen. Es ist keineswegs zwingend davon auszugehen, dass dieser Widerspruch nicht unverzüglich erfolgt wäre. Unter Zugrundelegung der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, erfordert ein unverzüglicher Widerspruch ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern. Dies beinhaltet eine angemessene Überlegungsfrist. Soweit erforderlich, darf seitens des Erklärenden Rechtsrat eingeholt werden (vergleiche Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 121 BGB Rn. 3). Angesichts der angespannten Situation zwischen den Parteien sowie der - bei einer betrieblichen Übung wie durch den Kläger behauptet - zu klärenden Frage, ob ein Widerspruch erfolgen darf, ist es nicht auszuschließen, dass die Beklagte zur Prüfung durch ihre damaligen Prozessbevollmächtigten vor Abgabe einer Erklärung berechtigt war.

230

Letztendlich kann die Frage aber im hiesigen Zusammenhang offenbleiben. Jedenfalls erfolgte die Abmahnung angesichts der geschilderten rechtlichen Situation und angesichts dessen, dass die Beklagte hinsichtlich der Modalitäten der Urlaubsnahme in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht eine andere Auffassung vertritt als der Kläger, nicht offensichtlich rechtswidrig.

231

(4) Keines der beiden Zustimmungsersetzungsverfahren (6 BV 12/11 und 6 BV 20/11) wurde seitens der Beklagten mutwillig betrieben. Weder die Betreibung der Verfahren als solches, noch die im Zusammenhang erfolgten Ermittlungen stellen ein Mobbing durch die Beklagte dar. Auch insofern ist Maßstab nicht, ob der Antrag der Beklagten auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung letztendlich begründet war, sondern allein, ob die Beklagte aus ihrer Sicht bei Einleitung des Verfahrens davon ausgehen durfte, dass diese jedenfalls nicht mutwillig erfolgte.

232

(a) Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 12/11 nicht willkürlich erfolgte. Insofern ist auch im Berufungsverfahren nicht dargetan, dass der Vorwurf der Datenspionage, der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde LAG, seitens der Beklagten wider besseren Wissen erhoben wurde.

233

i. Der Beklagten ist ein Verschulden des Herrn S., nicht aber ein solches der U. GmbH bzw. der Herren C. und L., die zu diesem Zeitpunkt noch Arbeitnehmer der U GmbH waren, zuzurechnen. Nur Herr S. war zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens bzw. der Erstellung der Untersuchungsberichte Erfüllungsgehilfe der Beklagten im Sinne des § 278 BGB (vergleiche oben).

234

ii. Eine Zurechnung etwaigen Verschuldens der U. GmbH bzw. deren Beschäftigter C. und L. kommt demgegenüber nicht in Betracht.

235

Es ist für die Zurechnung fremden Verschuldens gemäß § 278 BGB nicht ausreichend, dass der Vertragspartner bei Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe mit Rechtsgütern Dritter in Berührung kommen; vielmehr muss der Vertragspartner – wie oben dargelegt – im Pflichtenkreis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger tätig werden. Die Erstellung der Untersuchungsberichte ist keine Erfüllung bzw. Ausübung einer konkreten Leistungshandlung der Beklagten gegenüber dem Kläger. Sie zielte im Vorbereitungsstadium einer je nach Untersuchungsergebnis zu treffenden (einseitigen) Maßnahme lediglich auf die Sachverhaltsaufklärung. Die U. GmbH war in keiner Weise damit beauftragt, gegenüber dem Kläger in Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Beklagten aufzutreten; insbesondere hatte die Beklagte ihr das ihr dem Kläger gegenüber zustehende Weisungsrecht nicht übertragen.

236

Scheidet bereits die Zurechnung des Verschuldens der U. GmbH als Vertragspartnerin der Beklagten aus, gilt dies erst recht für deren Beschäftigte, namentlich für die Herren C. und L.. Diese mögen zwar als Erfüllungsgehilfen der U. GmbH in Betracht kommen, eine von dieser unabhängigen Zurechnung ihres Verschuldens gegenüber der Beklagten gemäß § 278 BGB scheidet indes aus.

237

iii. Wenn der Kläger mit der Berufung im Zusammenhang mit der Erstellung beider Untersuchungsberichte wiederholt auf die seinerseits behauptete Kenntnis der vorbenannten Arbeitnehmer der U. GmbH hinsichtlich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 abstellt, ist dies für ein Verschulden der Beklagten mithin nicht maßgeblich.

238

iv. Der mit der Berufung erfolgte Vortrag des Klägers, die Änderungen im Untersuchungsbericht 2 seien auf Drängen und in Kenntnis des Herrn S. erfolgt, ist unsubstantiiert. Es wäre an dem Kläger gewesen, zumindest im Ansatz eine Tatsachengrundlage für diese Behauptung vorzutragen. So ist nicht ersichtlich, wann Herr S. auf welche Weise entsprechend in Kenntnis gesetzt worden sein soll.

239

v. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte, bzw. der ihr zuzurechnende Herr S., bei Ausspruch der Kündigung auch nicht aufgrund eigener Erkenntnisse wusste, dass der Vorwurf der Datenspionage zulasten des Klägers nicht begründet war. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den entsprechenden Nachweis nicht geführt. Im Unterschied zu dem im Rahmen des (erfolglosen) Zustimmungsersetzungsverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstab (Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung) ist im hiesigen Verfahren wie dargestellt entscheidend, ob der dortige Antrag der Beklagten mutwillig erfolgte, für die beabsichtigte Kündigung mithin offensichtlich kein Grund vorlag. Hierfür ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nichts ersichtlich.

240

Aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen war davon auszugehen, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Herrn S. erfolgt sind. Dass der Untersuchungsbericht 1 noch eine andere Aussage enthielt, steht diesem Befund angesichts der im Untersuchungsbericht 2 enthaltenen Entwurfshistorie aus Sicht eines objektiven Lesers nicht entgegen. Der Untersuchungsbericht 2 war durch den Zusatz „Version 1.0“ gegenüber dem als „Version 0.1“ bezeichneten Untersuchungsbericht 1 in allgemein gebräuchlicher Form als finale Version gekennzeichnet. Der verbindliche Charakter des Untersuchungsberichts 2 wird dadurch gestützt, dass dieser - im Unterschied zum Untersuchungsbericht 1 - durch Herrn C. als verantwortlichen Autor und Herrn L. als verantwortlichen Prüfer auf dem Deckblatt unterzeichnet ist.

241

Der Kläger hat trotz seiner umfangreichen Erörterungen in diesem Zusammenhang auch mit der Berufung nicht darlegen können, aus welchem Grund die Beklagte davon ausgehen musste, dass das Ergebnis des dergestalt als verbindliche Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 keine verbindliche Aussage hinsichtlich dem dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde liegenden Vorwurf haben sollte. Insbesondere ist eine der Beklagten zuzurechnende Kenntnis von der seitens des Klägers behaupteten Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht durch die angebliche „IT-Affinität“ des Herrn S. erwiesen. Selbst wenn man diese „IT-Affinität“ als gegeben unterstellt, folgt hieraus nicht, dass die Beklagte das Zustimmungsersetzungsverfahren in Kenntnis (behaupteter) falscher Tatsachen betrieb. Aus einer entsprechenden „Affinität“ folgt nicht, dass Herr S. zwingend um die vermeintliche Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 wusste.

242

vi. Die Kammer schließt sich dem Arbeitsgericht weiterhin an, sofern dieses davon ausgegangen ist, dass die Kenntnis des Herrn S. bezüglich der Unrichtigkeit des Untersuchungsbericht nicht durch die Ausführungen des Sachverständigen M. in den im Rahmen des Strafverfahren erstellten Gutachten belegt ist. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Gericht habe insofern keine abweichende Bewertung treffen dürfen, ohne zuvor ein neues Gutachten einzuholen, schließt sich die Kammer dieser Rechtsauffassung nicht an.

243

Grundsätzlich unterliegen auch Sachverständigengutachten der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO. Ob die streitige Behauptung als bewiesen anzusehen ist, entscheidet nicht der Sachverständige, sondern der Richter. Reichen die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens nach der demgemäß gewonnenen Überzeugung des Gerichts zur Entscheidung der Sachfrage nicht aus, ist grundsätzlich zu Lasten der für die begutachtete Frage beweisbelasteten Partei zu entscheiden (vergleiche nur Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 402 Rn. 7a, § 412 Rn. 1).

244

Bei Vorliegen einander widersprechender Gutachten steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es ein weiteres Gutachten einholt oder ob es sich dem Gutachten anschließt, das es für überzeugend hält (vergleiche BAG, Urteil vom 11.06.1963, 2 AZR 418/62, juris; MüKoZPO/Zimmermann, 4. Auflage 2012, § 412 ZPO Rn. 3 m. w. N.). Wenn die Gutachten inhaltlich klar sind und jeweils für sich keine Zweifelsfragen offenlassen, ist es kein Ermessensfehler, sich mit der schriftlichen Begutachtung zu begnügen. Eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens (§ 412 ZPO) besteht nur ausnahmsweise, nämlich bei besonders schwierigen Fragen, bei groben Mängeln der vorhandenen Gutachten und dann, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt (vergleiche BGH, Urteil vom 04.03.1980, VI ZR 6/79, Rn. 7, juris)

245

Anderes gilt, wenn das Gutachten mangelhaft ist; in diesem Fall ist das Ermessen des Gerichts dahingehend reduziert, dass es ein weiteres Gutachten (teilweise sog. „Obergutachten“) einholen muss, sofern das Gericht nicht (nachweislich) selbst die erforderliche Sachkenntnis besitzt, um die gegenständliche Frage zu beantworten (BAG, Urteil vom 25.11.1964, 4 AZR 134/63, BAGE 16, 312, Rn. 13). Ein mangelhaftes Gutachten liegt vor, wenn das Gutachten unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, die Anschlusstatsachen nicht mehr zutreffen oder wenn dem Sachverständigen die erforderliche Sachkenntnis erkennbar fehlt (Zöller/Greger, a. a. O., § 412 Rn. 2).

246

Von diesen Grundsätzen ausgehend, folgt die Kammer dem Ergebnis des Arbeitsgerichts. Die Kenntnis des Herrn S. ist auch in Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen M. als nicht erwiesen anzusehen; weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer waren verpflichtet, zu dieser Frage ein (weiteres) Sachverständigengutachten einzuholen oder die Sachverständigen erneut anzuhören.

247

Das Arbeitsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass das Gutachten mangelhaft war. Damit war es nicht gemäß § 412 ZPO verpflichtet, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Das erstinstanzliche Urteil enthält keinerlei Feststellungen, aus denen sich folgern ließe, dass das Arbeitsgericht dem Sachverständigen M. die erforderliche Sachkenntnis abgesprochen hätte. Ebenso wenig ist dem Urteil zu entnehmen, dass das Gutachten in sich widersprüchlich wäre oder ein sonstiger die Mangelhaftigkeit im vorbenannten Sinne begründender Umstand gegeben wäre. Eine entsprechende Mangelhaftigkeit ist auch für die Kammer nicht ersichtlich.

248

Vielmehr ist das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei in freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) davon ausgegangen, dass die Kenntnis des Herrn S. bezüglich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht aus den Ausführungen des Sachverständigen M. folgt. Es hat sich insofern dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen Dr. St. angeschlossen, ausweislich dessen nicht sicher zu beurteilen ist, ob auf Seiten des Herrn S. entsprechende Kenntnis gegeben war. Dieser Bewertung schließt sich die Kammer an.

249

Das Arbeitsgericht hat damit entgegen der Ansicht des Klägers nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Gutachten der Sachverständigen M. und St. verwertet und ist insbesondere nicht ohne hinreichende Auseinandersetzung mit allen Gutachten oder ohne ausreichende Begründung dem Gutachten St. gefolgt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte, ggfs. in Zurechnung des Wissens des Herrn S. davon ausgehen musste, dass die dem Kläger im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Last gelegten Vorwürfe unzutreffend sind.

250

Der Kläger verkennt, dass das Arbeitsgericht entscheidend und aus Sicht der Berufungskammer zutreffend auch darauf abgestellt hat, dass im fraglichen Beschlussverfahren beide Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, wobei der Untersuchungsbericht 2 auf den Bericht 1 Bezug nimmt. Das Arbeitsgericht hat die Gutachten beider Gutachter in seine ausführlich begründeten Erwägungen einbezogen und sich nicht über die Aussagen eines Gutachters hinweggesetzt. Es hat vielmehr die Gutachten unter Berücksichtigung der weiteren Umstände eingehend und ausführlich gewürdigt. Soweit das Arbeitsgericht andererseits die Aussage des Gutachters M. im (ergänzenden) Gutachten vom 23.06.2013 (Bl. 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte):

251

„Hier wird kein besonderes Fachwissen benötigt um zu erkennen, dass dieser Bericht kein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Herr A. auf fremde E-Mails zugegriffen hat. Trotzdem wurde den Geschäftsführern zu arbeitsgerichtlichen Maßnahmen geraten….“

252

nicht dahingehend aufgegriffen hat, dass es von einer positiven Kenntnis des Herrn S. davon, dass der Kläger nicht auf das Postfach zugegriffen habe, ausging, ist dies auch in eigener Wertung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Schon nach dem Inhalt der gutachterlichen Äußerung ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt, da sie sich nur auf die Frage der Tauglichkeit als Beweismittel, nicht aber darauf bezieht, ob die Tatsache, deren Beweis der Bericht hat dienen sollen, vorlag oder nicht.

253

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass Herr S. –wenn auch fahrlässig- den Untersuchungsbericht 2 dahingehend verstanden hat, dass die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Einschränkungen der Verlässlichkeit nunmehr entfallen seien und er auf dieser Grundlage der Beklagten zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geraten hat. Jedenfalls war aus den Berichten nicht ersichtlich, dass der Kläger keinen Zugriff genommen hat.

254

Die Einleitung eines Kündigungsverfahrens auf einer solchen Grundlage stellt keine rechtswidrige Maßnahme dar, sondern ist ein sozial adäquates Verhalten. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen (S. 33 f. des Urteils). Im Hinblick auf den gegen eine (geplante) Kündigung gegebenen Rechtsschutz, der im Falle des Klägers im Rahmen des Beschlussverfahrens realisiert wurde, in welchem nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, war die Beklagte nicht gehalten, vor Einleitung des Verfahrens weitere Untersuchungen durch Sachverständige und/oder den Einsatz einer speziellen Überwachungssoftware zu veranlassen.

255

Eine der Beklagten zuzurechnende Kenntnis vermag der Kläger auch nicht mittels der mit der Berufung vorgebrachten Erklärungsvarianten hinsichtlich der im Rahmen des Beschluss- bzw. Strafverfahren erfolgten Vortrags der Beklagten zu begründen. Diese als Hilfsbegründung zwar zulässigen (vergleiche BeckOK ZPO/von Selle, 19. Edition 2015, § 138 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) Ausführungen ersetzen keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnis seitens der Beklagten bezüglich der Unwahrheit der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe.

256

Ein entsprechender Rückschluss folgt auch nicht aus den bei der Beklagten bestehenden Berechtigungsgruppen „FullAdmin“ bzw. „ReadAdmin“. Ob diese nachträglich eingerichtet wurden oder bereits im für beide Untersuchungsberichte relevanten Zeitraum existierten, lässt sich aufgrund der im Ortstermin vom 11.11.2011 festgestellten Manipulation der Sicherungsbänder schlechterdings nicht mehr feststellen. Dies geht infolge der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Klägers. Dass die Beklagte oder eine ihr zuzurechnende Person die Veränderung vorgenommen hätte, ist ebenso wenig dargetan. Soweit sich der Kläger zu einer möglichen Täterschaft des Herrn C. einlässt, ist dies unerheblich; ein entsprechendes Verschulden wäre der Beklagten mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 278 BGB nicht zurechenbar.

257

vii. Die Frage, ob die Beklagte vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens die T. GmbH hinsichtlich des Aussagegehalts des Untersuchungsberichts 2 konsultiert hat, kann ebenfalls dahinstehen. Zum einen ist nicht vorgetragen, dass die T. GmbH die Beklagte darüber informiert hätte, dass der Untersuchungsbericht 2 inhaltlich falsch wäre. Zum anderen wäre die Erteilung eines ergänzenden Prüfauftrags nur eine zusätzliche Maßnahme gewesen, zu der die Beklagte angesichts des Inhalts des Untersuchungsberichts 2 nicht verpflichtet war. Darüber hinaus bestand in Berücksichtigung des im hiesigen Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs (keine Mutwilligkeit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens) keine Obliegenheit, weitergehende Ermittlungen anzustellen.

258

viii. Aus dem gleichen Grund war die Beklagte nicht verpflichtet, zusätzlich zu der durch sie veranlassten Prüfung eine Software einzusetzen, um dem Tatvorwurf weiter nachzugehen.

259

(b) Auch das Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 betrieb die Beklagte nicht mutwillig. In diesen Verfahren wurde dem Kläger, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich vorgeworfen, noch Ausdrucke der Logging-Dateien vorzuhalten. Dass er das Blackberry-Logging tatsächlich aktiviert hätte, war nie Verfahrensgegenstand. Damit ist auch das Berufungsvorbringen des Klägers bezüglich der Zuständigkeit für die Betreuung des Blackberry Services unerheblich.

260

(c) Die Beklagte hat die Zustimmungsersetzungsverfahren nach Vorlage der Gutachten weiterbetrieben bzw. insofern Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Damit hat sie sich zulässiger rechtlicher Mittel bedient, ohne dass eine schikanöse Tendenz erkennbar wäre.

261

(5) Sofern sich der Kläger auf angebliche, falsche Verdächtigungen und die in diesem Zusammenhang stehenden Vorwürfe beruft, sind die Voraussetzungen eines Mobbingtatbestandes nicht dargetan.

262

Im Rahmen der Prüfung des vertraglichen Anspruchs sind Wertungen strafrechtlicher Bestimmungen nicht zwingend übertragbar (anders als im Rahmen der Prüfung eines deliktischen Anspruchs). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Zusammenhang, ob die getätigte Äußerung eine Anfeindung- und damit kein sozial-und rechtsadäquates Verhalten mehr darstellt (vergleiche LAG Nürnberg, Urteil vom 05.09.2006, 6 SA 537/04, juris; BAG, Urteil vom 08.05.2000 14, 2 AZR 249/13, Rn. 20, juris). Namentlich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass für eine Verletzung vertraglicher Pflichten eine wissentliche Falschbehauptung erforderlich ist; dies ungeachtet dessen, dass im Rahmen des § 186 StGB der Vorsatz des Täters sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung beziehen muss, da es sich insofern nach herrschender Meinung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (vergleiche Schönke/Schröder/Lencker/Eisele, 29. Auflage 2014, § 186 StGB, Rn. 10).

263

(a) In Anwendung dieser Kriterien ist die aufgrund des Vorwurfs der Datenspionage aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsberichts 2 gestellte Strafanzeige durch die Beklagte gegen den Kläger kein Mobbing. Wie vorstehend dargelegt steht jedenfalls nicht fest, dass seitens der Beklagten Kenntnis hinsichtlich der Unwahrheit des zugrundeliegenden Vorwurfs gegeben war.

264

(b) Soweit der Kläger mit der Berufung in Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, man habe ihn der Vorlage einer Festplatte mit privaten Daten des Herrn S. an den Betriebsrat verdächtigt, ist eine Substantiierung auch weiterhin nicht erfolgt. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Verdacht jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet ausgesprochen wurde und eine entsprechende Äußerung nicht mutwillig erfolgte, weil neben dem Kläger auch andere Personen angesprochen wurden. Der Vortrag des Klägers, diese Befragung sei nur „pro forma“ erfolgt, ist nicht ausreichend substantiiert.

265

(c) Gleiches gilt sofern der Kläger nunmehr vorträgt, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich im Zusammenhang mit „den Vorwürfen“ benannt worden.

266

Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, welche Aussage der damalige Geschäftsführer im Rahmen der Führungskräfteversammlung über ihn unter namentlicher Nennung getätigt haben soll. Der seitens des Klägers angebotene Beweis ist damit als unzulässiger Ausforschungsbeweis unbeachtlich. Die Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Aussage ist mangels hinreichender Anhaltspunkte hinsichtlich des Gehalts der aufgestellten Behauptung durch das Gericht nicht zu beurteilen (vergleiche zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2009, II ZR 77/08, juris). Denn es ist nicht ersichtlich, für welche Vorfälle der Kläger als Täter benannt worden sein soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, da auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls zwei Vorwürfe im Raum standen, namentlich der Vorwurf der Datenspionage sowie der der Aktivierung des Blackberry-Loggings.

267

Die Umkehr der Beweislast gemäß § 186 StGB greift mangels substantiiertem Vortrag nicht ein, ohne dass entschieden werden müsste, ob sie im Rahmen vertraglicher Ansprüche überhaupt anwendbar ist (vergleiche hierzu oben). Denn der Kläger hat im Hinblick auf die Tatsachenbehauptung, deren Erweislichkeit die Beklagte gegebenenfalls zu belegen hätte, nicht hinreichend konkret vorgetragen.

268

(6) Auch auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung des behaupteten Verhaltens der Beklagten ergibt sich keine andere Beurteilung.

269

(a) Insofern ist es erforderlich, dass den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

270

Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung anführt, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Schwerbehindertenvertreter „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an substantiiertem Vortrag.

271

(b) Dabei hat die erkennende Kammer sich dem Umstand nicht verschlossen, dass zwischen beiden Parteien bereits seit längerem ein fortgesetzter Konflikt besteht; gerade solche Konflikte sind indes nicht ausreichend, um von einem zu missbilligenden Gesamtzusammenhang auszugehen. Auch länger anhaltenden, von beiden Seiten geführten Konflikten ist es inhärent, dass eine Täter-Opfer-Konstellation gerade nicht gegeben ist.

272

(c) Eine solche konnte auch im Übrigen nicht festgestellt werden. Sofern der Kläger behauptet, die Beklagte habe gezielt nach Kündigungsgründen gesucht, ist dies in der Sache auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nur dann mobbingrelevant, wenn dem schikanöse Tendenzen zu Grunde liegen. Dies ließ sich allerdings auch in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielmehr waren die durch die Beklagte betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren nicht mutwillig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem man Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, änderte, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht ersichtlich. Zudem ergibt sich auch aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass die Löschung der Sicherungsbänder durch die Beklagte selbst oder auf deren Veranlassung erfolgt wäre. Der Kläger hat vorgetragen, dass Herr C. die Löschung vorgenommen habe bzw. dass diese ihm jedenfalls hätte auffallen müssen. Ein Verschulden des Herrn C. ist der Beklagten indes wie oben dargelegt nicht zuzurechnen. Dass die Beklagte Herrn C. diesbezüglich beauftragt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt.

273

2. Auch aufgrund deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen sind die auf Schadensersatz gerichteten Ansprüche des Klägers nicht begründet.

274

a. Ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund eines etwaigen Überwachungsverschulden scheidet aus; Mobbing liegt nicht vor.

275

b. Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund der seitens des damaligen Geschäftsführers im Rahmen der Führungskräfteversammlung getätigten Äußerungen aus.

276

Auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 186 StGB ist der Kläger grundsätzlich für die Darlegung und den Beweis der haftungsbegründenden Umstände verantwortlich (vergleiche Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 81).

277

Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass § 186 StGB dahingehend in das Deliktsrecht zu transformieren ist, dass die Beklagte die Beweislast trifft, dass eine Tatsachenbehauptung bei Erfüllung des Tatbestands der üblen Nachrede im Übrigen zutreffend ist (vergleiche Münchener Kommentar/Wagner, 6. Auflage 2013, § 823 BGB, Rn. 438). Dies entbindet den Kläger indes nicht davon, darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 StGB im Übrigen erfüllt sind. Insbesondere hat der Kläger darzulegen, welche Tatsachen bzw. konkret: welche Vorwürfe der Geschäftsführer zu seinen Lasten geäußert haben soll. Dem wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Insofern hat der Kläger hinsichtlich der seinerseits behaupteten Äußerungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; sein Beweisangebot ist im Ergebnis ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (vergleiche hierzu oben).

278

c. Ein Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 831 BGB ist ebenso nicht gegeben.

279

§ 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigenständiger Haftungstatbestand (Palandt/Sprau, a.a.O., § 831 BGB, Rn. 1). Demgemäß haftet derjenige, der einen anderen zur Verrichtung bestellt für durch diesen in Ausübung der Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügte Schäden.

280

Hier kann offenbleiben, ob die Herren S., C. und L. bzw. U. GmbH die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen im Sinne der Vorschrift erfüllen, was jedenfalls hinsichtlich der U. GmbH fraglich sein dürfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Vorgenannten bei Verrichtung einer Tätigkeit einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllt haben.

281

d. Der Anspruch scheitert im Ergebnis jedenfalls an einer substantiierten Darlegung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der – unterstellten – deliktsrechtlich relevanten Rechtsgutsverletzung und den als Schaden geltend gemachten Positionen.

282

(1) Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung, die eine Vermutungswirkung für diese Voraussetzung bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung annimmt, greift nicht ein. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine schadensersatzbegründende (Neben-)Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutverletzung geben ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

283

Wie festgestellt sind die gegenständlichen Vorfälle weder für sich genommen, noch in der Gesamtschau als Mobbing anzusehen. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes. Dass daneben eine weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung – das Auftreten der seitens des Klägers angeführten Erkrankungen im Zusammenhang mit den von ihm als Mobbing wahrgenommenen Geschehnissen – gegeben sein mag, ist unerheblich.

284

(2) Damit ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vor. § 249 BGB, Rn. 24; BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris).

285

Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

286

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

287

Vor dem Hintergrund, dass ein systematischer Zusammenhang der Einzelhandlungen vorliegend gerade nicht gegeben ist, müsste der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für die Erkrankungen waren.

288

Wenn er zum einen vorträgt, die Erkrankungen seien auf Mobbing seitens der Beklagten rückführbar, so ist dies bereits deshalb unbeachtlich, weil ein solches gerade nicht vorliegt.

289

Wenn er darüber hinaus „vorsorglich hilfsweise“ geltend macht (vgl. Blatt 3608 der Akten), jede einzelne Handlung der Beklagten, der Herren C., L. und S. sowie der Firma U. GmbH habe „die Erkrankungen“ verursacht, so bleibt sein Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch die Vorbenannten (mit-)verursacht wurden. Insofern fehlt jeder Vortrag bezüglich eines Ursachenzusammenhangs hinsichtlich der (unterstellt) verwirklichten Handlungen und den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüchen.

D.

290

Der Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie für das Jahr 2013 ist aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Ein haftungsbegründendes Verschulden der Beklagten für die Erkrankung des Klägers ist nicht erwiesen. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.

III.

291

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


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Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 31 Haftung des Vereins für Organe


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 83 Verfahren


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. (1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens


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Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 81 Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers


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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 82 Anhörungs- und Erörterungsrecht des Arbeitnehmers


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Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 28 Ausführung von Leistungen


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 358a Beweisbeschluss und Beweisaufnahme vor mündlicher Verhandlung


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bei uns veröffentlicht am 16.02.2018

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 15.12.2016, Az.: 7 Ca 1105/15, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatb

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Aug. 2016 - 5 Sa 61/16

bei uns veröffentlicht am 18.08.2016

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. Dezember 2015, Az. 2 Ca 2094/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streit

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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz- Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015 - 5 Ca 904/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufung über die gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger Schmerzensgeld wegen Mobbing zu zahlen. Hinsichtlich des ursprünglich als Beklagten zu 4) beklagten Herrn J.C. (im Folgenden: ehemaliger Beklagte zu 4)), über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurde das Verfahren abgetrennt.

2

Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ist ein weiteres, im Wesentlichen ebenfalls auf Schadensersatzforderungen wegen Mobbing gestütztes Verfahren anhängig (AZ: 1 Sa 189/15), in welchem der Kläger unter anderem den Ersatz von Heilbehandlungskosten und Entgeltausfall geltend macht.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der Beklagten zu 1) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR; das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für die Betriebe der Metall-und Elektroindustrie in Rheinland und Rheinhessen geltenden Tarifverträgen.

4

Kraft Bescheides vom 08.03.2013 wurde für den Kläger rückwirkend zum 26.02.2012 ein GdB von 50 anerkannt. Seit dem 27.04.2012 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) hat deswegen bei dem zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers gestellt.

5

Die Beklagte zu 1) ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten zu 1) wurde ein Betriebsrat gebildet.

6

In der IT-Abteilung der Beklagten zu 1) werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Beklagten zu 1), den Beklagten zu 3), besetzt.

7

Zusätzlich beauftragte die Beklagte zu 1) in der Vergangenheit mehrfach die Beklagte zu 2) mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der ehemalige Beklagte zu 4) war bis Juli 2012 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Der Beklagte zu 4) war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der Beklagten zu 2).

8

Unter dem 15.10.2009 (Blatt 124 der Akten) sowie unter dem 02.11.2009 (Blatt 125 der Akten) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger jeweils Ermahnungen wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen. Die Ermahnung vom 02.11.2009 war Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Bl. 636 ff. d.A.) durch welches die Beklagte zu 1) verurteilt wurde, die Ermahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

9

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Beklagten zu 1) gewählt. In der Folge machte der Kläger in dieser Funktion mehrere Beschlussverfahren gegen die Beklagte zu 1) anhängig.

10

Am 08.06.2010 forderte der Beklagte zu 3) den Kläger auf, über das Firmennetzwerk auf den Laptop des Geschäftsführers der österreichischen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), Herrn A. B., zuzugreifen und Dateien des Laufwerks „D“ zu kopieren. Zuvor war das mit Herrn B. bestehende Vertragsverhältnis durch die Beklagte zu 1) gekündigt worden. Der Kläger leistete der Arbeitsanweisung nicht unmittelbar, sondern erst nach Rücksprache mit dem vormaligen Leiter der IT-Abteilung, Herrn X., folge. Anschließend händigte Herr B. den Laptop an die Beklagte zu 1) aus. Zwischen den Parteien ist streitig, welche Äußerungen der Beklagte zu 3) dem Kläger gegenüber im Zusammenhang mit der Anweisung tätigte und ob auch private Dateien von dem Laptop des Herrn B. kopiert wurden.

11

Unter dem 30.09.2010 wurde dem Kläger anlässlich des Ausscheidens von Herrn X. ein Zwischenzeugnis erteilt, welches durch den Beklagten zu 3) sowie Herrn X. unterzeichnet war. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 3623 der Akten Bezug genommen. Nachdem sich der Kläger gegen dessen Inhalt gewandt hatte, wurde ihm unter dem gleichen Datum ein nur durch Herrn X. unterzeichnetes Zwischenzeugnis ausgestellt (Blatt 2418 der Akten).

12

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

13

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der Beklagten zu 1) das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten zu 2) beschäftigten ehemaligen Beklagten zu 4) weitergeleitet.

14

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

15

Unter dem 20.05.2011 erteilte die Beklagte zu 1) den Kläger eine Abmahnung, deren Gegenstand die Weigerung des Klägers war, eine Dienstreise nach Österreich anzutreten (Blatt 109 der Akten). Mit Teilurteil vom 02.02.2012 im Verfahren 1 Sa 189/15 (dort Blatt 358 ff. d.A.), auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wurde die Beklagte zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

16

Im Mai 2011 beauftragte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die Beklagte zu 2) einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der Beklagten zu 1) eingesetzten E-Mail-Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

17

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

18

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User ...000“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

19

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User ...000 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User ...000 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. G. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

20

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

21

Unter dem 25.05.2011 fertigte die Beklagte zu 2) einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der ehemalige Beklagte zu 4) bezeichnet. Neben diesem hat auch der Beklagte zu 4) den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

22

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

23

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

24

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

25

Unter dem 25.05.2011 beantragte die Beklagte zu 1) bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

26

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „[email protected]“ durch die Beklagte zu 1) gesperrt. Nach entsprechender Aufforderung gab der Kläger das bis dato durch ihn genutzte Blackberry an die Beklagte zu 1) heraus.

27

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch zur beabsichtigten Kündigung.

28

Daraufhin leitete die Beklagte zu 1) bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) ein (AZ: 6 BV 12/11); dort legte sie unter anderem beide Untersuchungsberichte vor.

29

Am 31.05.2011 erstattete die Beklagte zu 1) Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 01.06.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen die Beklagten zu 3 und 4 sowie den ehemaligen Beklagten zu 4. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft B. K. ... Js 00000/00) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Bl. 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und St. (Gutachten vom 23.05.2014 = Bl. 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

30

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf das Postfach des Beklagten zu 3). Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der Beklagten zu 1), gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der Beklagten zu 1) gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte. In diesem Zusammenhang äußerte der Beklagte zu 3), er glaube bezüglich der Veränderung der Berechtigungseinstellungen nicht an einen „unbekannten Dritten“.

31

In dem Gutachten vom 22.11.2011 kam der beauftragte Gutachter U. M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

33

Am 14.07.2011 fand bei der Beklagten zu 1) eine Führungskräfteversammlung statt, deren Gegenstand unter anderem die Themen Industriespionage und Datendiebstahl waren. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und mit welchem Inhalt sich der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zur Person des Klägers äußerte.

34

Ebenfalls am 14.07.2011 ersuchte die Beklagte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die Beklagte zu 1) leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die Beklagte zu 1) den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

35

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde am 23.04.2012 rechtskräftig.

36

Im Rahmen der Beschlussverfahren äußerte der Beklagte zu 3) im Gerichtstermin am 15.09.2011, ein Administrator lasse sich immer „ein Hintertürchen“ offen.

37

Der Kläger leitete bezüglich beider Beschlussverfahren sowie des Inhalts der Untersuchungsberichte Strafverfahren gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) ein. In diesem Zusammenhang wurden die Gutachter Herrn U. M., Gutachten vom 04.02.2013 sowie ergänzendes Gutachten vom 23.06.2013, sowie der Sachverständige Dr. St., Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 1738 ff. der Akten), beauftragt.

38

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zu 1) leistete für den Zeitraum 18.01.2012 bis 25.01.2012 keine Entgeltfortzahlung. Auf die entsprechende Rückfrage des Klägers wurde diesem mit Emailschreiben vom 29.03.2012 mitgeteilt, Hintergrund der unterbliebenen Zahlung sei, dass seitens des Klägers zunächst eine formlose und erst später eine kassenärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt worden sei. Eine solche rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde aus sozialrechtlichen Gründen maximal für 2 Tage rückwirkend anerkannt. Dies erkläre die Differenz für den relevanten Zeitraum.

39

Unter dem 24.01.2011 (Richtig: 2012) erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung. Gegenstand der Abmahnung war eine Äußerung des Klägers im Rahmen eines Gerichtstermins. Mit Teilurteil vom 05.07.2012 (Blatt 636 ff. der Akten im Verfahren 1 Sa 189/15), auf das Bezug genommen wird, wurde die Beklagten zu 1) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

40

Am Morgen des 16.03.2012 benachrichtigte der Kläger den Beklagten zu 3) darüber, dass er aufgrund eines Notfalls an diesem Tag nicht zur Arbeit erscheinen werde. Er sei aber unter der in der E-Mail angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Um 13:30 Uhr forderte der Beklagte zu 3) den Kläger per E-Mail auf, unverzüglich zur Arbeit zu erscheinen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach. Unter den 22.03.2012 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

41

Am 16.04.2012 forderte die Beklagte zu 1) den Kläger dazu auf, den Erhalt einer Einladung zu einem Personalgespräch am 17. bzw. 18.04.2012 zu quittieren. Dies verweigerte der Kläger. Die Beklagte zu 1) erteilte ihm unter dem 20.04.2012 eine sich auf diesen Vorfall beziehende Abmahnung.

42

Im Personalgespräch am 18.04.2012 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) dazu auf, es ihm zu gestatten, eine Stellungnahme bezüglich des Ausgangs der Beschlussverfahren betriebsöffentlich aushängen zu dürfen. Diesem Verlangen kam die Beklagte zu 1) nicht nach. In diesem Personalgespräch wurde der Kläger weiter darüber informiert, dass es bei der Beklagten zu 1) zu einer Umorganisation der IT-Abteilung kommen würde.

43

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der Beklagten zu 1) wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt. Der ihm zugewiesene Arbeitsplatz befand sich in einem Großraumbüro, in welchem der zu diesem Zeitpunkt noch bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) ebenfalls einen Arbeitsplatz hatte. Am gleichen Tage wurde der Kläger unter anderem dazu aufgefordert, an den Standort der Beklagten zu 1) nach L. zu fahren. Darüber hinaus erhielt der Kläger weitere Arbeitsaufgaben.

44

Der durch den Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung genutzte E-Mail Account „[email protected]“ wurde durch die Beklagte zu 1) gesperrt; zuvor hatte der Kläger über diesen Account wiederholt sogenannte „SBV-Infos“ versandt, in denen er unter anderem über den Stand der zwischen den Parteien bzw. der Beklagten zu 1) und der Schwerbehindertenvertretung anhängigen Beschlussverfahren berichtet hatte.

45

Am 24.04.2012 weigerte sich der Kläger an einem Personalgespräch teilzunehmen, weil die Beklagte zu 1) sich weigerte, seiner Bitte nachzukommen, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen zu dürfen.

46

Am 25.04.2012 wurde der Kläger, nachdem er an seinem Arbeitsplatz nicht angetroffen wurde, per Lautsprecherdurchsage ausgerufen. Mit E-Mail vom gleichen Tage rügte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) die unterbliebene Teilnahme des Klägers am Personalgespräch vom 24.04.2012.

47

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3), dem ehemaligen Beklagten zu 4) sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der Beklagten zu 1) vorzunehmen.

48

Unter dem 08.05.2012 beantragte die Beklagte zu 1) die Prüfung der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers bei dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

49

Im Juli 2012 schlossen die Beklagte zu 1) und der zuvor bei der Beklagten zu 2) beschäftigte ehemalige Beklagte zu 4) einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

50

Der Beklagten zu 1) wurde ein unter dem 14.10.2013 erstellter Wiedereingliederungsplan übermittelt (Blatt 2494 der Akten). Dieser sah vor, dass eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers beginnend ab dem 04.11.2013 und endend mit Ablauf des 31.01.2014 erfolgen sollte. Hinsichtlich der Art der Tätigkeit heißt es in dem Schreiben:

51

„Nicht mit Herrn J. C. in einem Büro und die Herren C. und G. dürfen nicht weisungsbefugt sein, ab 10.00 tgl.“

52

Dem Wiedereingliederungsplan stimmte die Beklagte zu 1) mit der Maßgabe zu, dass die vorgenannten Angaben zu der Art der Tätigkeit mit Ausnahme des täglichen Arbeitsbeginns nicht akzeptiert würden.

53

Am 04.11.2013 begann die Wiedereingliederung des Klägers. Sein Arbeitsplatz befand sich im selben Büro wie der des ehemaligen Beklagten zu 4). Die Beklagte zu 1) brach die Wiedereingliederung am 13.11.2013 mit der Begründung ab, deren Fortsetzung sei ihr nicht zumutbar.

54

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 15.12.2014 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und den Parteien insofern eine Annahmefrist bis zum 15.01.2015 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 21.01.2015 hat der Kläger den Vergleichsvorschlag abgelehnt und zugleich Schriftsatznachlass bezüglich eines im Strafverfahren gegen den Beklagten zu 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens beantragt.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

56

Durch das genannte, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

57

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- ausgeführt:

58

Ein die Schmerzensgeldforderung begründender Schadensersatzanspruch des Klägers sei gegenüber keinem der Beklagten gegeben.

59

Die Beklagte zu 1) müsse sich zwar etwaiges Verschulden des Beklagten zu 3) als Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zurechnen lassen. Insgesamt seien der Beklagten zu 1) zurechenbare Pflichtverletzungen aber nicht gegeben; gleiches gelte für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

60

Ein Anspruch gegen die Beklagten zu 2), 3) und 4) sowie gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) sei ebenfalls nicht begründet. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich dieser Beklagten eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

61

Die Ermahnungen vom 02.09.2011 und vom 02.11.2009 seien vom Rügerecht der Beklagten zu 1) gedeckte Maßnahmen; insofern seien Schikanehandlungen auch deshalb nicht gegeben, weil beiden Ermahnungen ein sachlicher Anlass zugrunde gelegen hätte. Zudem sei die Ermahnung vom 02.11.2009 bereits Gegenstand des Teilurteils vom 05.07.2012.

62

Wenn der Kläger die Auffassung vertrete, die Aufforderung zur Durchsuchung des Laptops des Geschäftsführers B. vom 08.06.2010 sei ein mobbingrelevantes Verhalten, könne offenbleiben, ob die entsprechende Weisung durch das Direktionsrechts der Beklagten zu 1) gedeckt gewesen sei. Jedenfalls sei diese nicht geeignet, von einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszugehen, da die Weisung sachlich nachvollziehbar gewesen sei. Sofern der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hat, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen vorliege, sei dies nicht nachvollziehbar; der Kläger habe nicht dargelegt, dass tatsächlich private Daten des Herrn B. eingesehen bzw. kopiert worden seien. Unerheblich sei die durch den Kläger behauptete Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Die seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei von deren Rügerecht umfasst und stelle in der Sache eine Abmahnung dar.

63

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 hat das Arbeitsgericht nicht als Akte von Mobbing angesehen. Das ursprüngliche Zwischenzeugnis sei nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, sodass dem Gericht schon keine Prüfung möglich sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Erstellung des Zeugnisses der Beklagte zu 3) Vorgesetzter des Klägers gewesen und daher auch zu Änderungen berechtigt gewesen. Schließlich sei das Zwischenzeugnis in der durch den Kläger erwünschten Form erteilt worden.

64

Wenn der Kläger geltend mache, die Beklagte zu 1) habe ihn zu Unrecht verdächtigt, dem Betriebsrat eine Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) vorgelegt zu haben, sei der Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend substantiiert. Jedenfalls sei der entsprechende Verdacht auch nach dem klägerischen Vortrag nicht grundlos gewesen. Der Beklagte zu 3) habe zudem unstreitig den Vorfall nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch anderen Arbeitnehmern gegenüber geäußert.

65

Das Arbeitsgericht hat in den seitens des Klägers benannten Vorfällen im Zusammenhang mit Änderungen der IT-Abteilung im Zeitraum April – Mai 2011 kein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten erkannt. Wenn der Kläger vorgetragen hat, er sei bei der Neuinstallation des Netzwerks nicht einbezogen worden und diesbezüglich sei keine Einweisung durch die Beklagte zu 1) erfolgt, sei der Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Zudem sprächen die erheblichen Fehlzeiten im relevanten Zeitraum gegen die behauptete Ausgrenzung des Klägers. Die Weiterleitung des Master-Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter eines externen Dienstleisters stelle eine zulässige unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) dar und sei daher nicht zu beanstanden; gleiches gelte soweit der Kläger im Einzelfall (Besprechung am 15.04.2011) nicht an einer Problemlösung beteiligt- bzw. ein seinerseits unterbreiteter Vorschlag nicht umgesetzt (Besprechung am 13.05.2011) worden wäre. Sofern der Kläger einen systematischen Rückgang von Arbeitsaufgaben festgestellt habe, fehle jeder Hinweis darauf, dass dies auf ein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten rückführbar sei. Der Inhalt der seitens des Klägers behaupteten, durch die Beklagten bestrittenen, Gespräche im April bzw. Mai 2011, in denen dieser angehalten worden sein soll, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zu beenden, sei unklar geblieben. Auch diesbezüglich sei im Ergebnis ein schikanöses Vorgehen der Beklagten zu 1) nicht feststellbar.

66

Die Abmahnung vom 20.05.2011 bezüglich der Weigerung des Klägers eine Dienstreise nach Österreich anzutreten, sei sachlich begründet und mithin nicht als mobbingrelevant einzustufen. Die Weisung sei durch das Direktionsrecht gedeckt.

67

Für den durch die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der Beklagten zu 1) Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

68

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

69

Soweit der Kläger geltend mache, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung vom 14.07.2011 beschuldigt worden, sich Zugang zu E-Mails des Beklagten zu 3) verschafft zu haben und SMS mitgelesen zu haben, habe der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ihn nicht namentlich der Datenspionage bezichtigt. Die Äußerungen seien auch nach dem klägerischen Vortrag in allgemeiner Form gehalten gewesen und damit nicht geeignet, den Kläger zu belasten.

70

Das Arbeitsgericht hat offengelassen, ob die Wahrnehmung des Klägers, nach Durchführung der Führungskräfteversammlung durch verschiedene Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) ausgegrenzt worden zu sein, objektiv begründet war. Jedenfalls fehle es insofern an Vortrag bezüglich eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten.

71

Das Arbeitsgericht hat in keinem der seitens des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 benannten Fälle ein den Beklagten vorwerfbares Verhalten erkannt. Auf die Entscheidungsgründe wird insofern Bezug genommen („10. Einschüchterungsversuche in der Zeit von Juni bis September 2011“, Blatt 2069 – 2074 der Akten).

72

Im Zusammenhang mit der Kürzung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012 sei eine der Beklagten zu 1) vorwerfbaren Pflichtverletzung nicht erwiesen. Eine offensichtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Entgeltfortzahlung habe nicht bestanden, da es Anzeichen gegeben hätte, die gegen die Richtigkeit der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesprochen hätten.

73

Die Abmahnung vom 24.01.2012 (ausgesprochen unter dem 24.01.2011) erfülle ungeachtet der Verurteilung zu deren Entfernung durch Teil-Urteil vom 05.07.2012 (im Verfahren 5 Ca 82/12, dort Blatt 636 ff. der Akten) keinen Mobbingtatbestand. Sie sei nicht schikanös und durch die auch durch den Kläger aufgrund der Vielzahl erfolglos eingeleiteter Beschlussverfahren angespannte Situation zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geprägt. An einer eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation fehle es daher.

74

Dass die Beklagte zu 1) gegen die abweisenden Beschlüsse in beiden Zustimmungsersetzungsverfahren Beschwerde eingelegt habe, sei nicht zu beanstanden; jede Partei einer rechtlichen Auseinandersetzung sei berechtigt, gegen eine gerichtliche Entscheidung vorzugehen.

75

Das Arbeitsgericht hat gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung bezüglich der Selbstbeurlaubung des Klägers und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnung vom 22.03.2012 ausgeführt; dass auch nach dem Vortrag des Klägers gemäß der behaupteten betrieblichen Übung ein Widerspruchsrecht seitens der Beklagten zu 1) gegeben sei. Die Abmahnung sei deshalb jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, hiergegen gerichtlich vorzugehen, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe.

76

Auch in Bezug auf die Sperrung des E-Mail-Accounts des Klägers bzw. dem Entzug des durch ihn genutzten Blackberrys sei ein mobbingrelevantes Verhalten der Beklagten nicht gegeben; ein Anspruch des Klägers auf einen eigenen Account für die Kommunikation der Schwerbehindertenvertretung bestehe nicht. Der Kläger habe die Abschaltung des Accounts durch sein eigenes Kommunikationsverhalten ohne Bezug zu seiner Tätigkeit provoziert, indem er betriebsöffentlich Äußerungen, namentlich bezüglich anhängiger Strafverfahren und des Blackberry-Loggings, getätigt habe, die keinen Bezug zur besonderen Situation schwerbehinderter Menschen aufwiesen. Die Sperrung des persönlichen E-Mail Accounts sei zulässig, da sie während der Freistellung des Klägers erfolgt sei. Ein Anspruch auf die Bereitstellung des Blackberrys bestehe nicht, zudem sei der Entzug im Zusammenhang mit einer Konfliktsituation erfolgt, sodass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle.

77

Die im Zeitraum April 2012 durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen seien zulässig und jedenfalls teilweise vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen den Parteien zu sehen. Für die Versetzung des Klägers in ein Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Entscheidungsgründe (hier Blatt 2080 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

78

Weiterhin sei nicht feststellbar, dass die Beauftragung des MDK durch die Beklagte zu 1) im Mai 2012 willkürlich erfolgt sei. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Stellungnahme der Beklagten zu 1) habe einen sachlichen Inhalt.

79

Die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 stelle ebenso kein Mobbing dar. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei die Berechtigung der diesem zur Last gelegten Vorwürfe nicht erwiesen gewesen. Zudem habe der Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen nicht der ihm obliegenden Fürsorgepflicht unterzuordnen.

80

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

81

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagte zu 1) für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich sei. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

82

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren - trotz entsprechendem Antrag des Klägers - nicht gemäß § 156 ZPO erneut eröffnet, nachdem Strafbefehle gegen die Beklagten zu 3) und 4) sowie den ehemaligen Beklagten zu 4) ergangen sind. Insofern ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Entscheidung der Staatsanwaltschaft keine Bindungswirkung zukomme. Die seitens des Klägers im Schriftsatz vom 20.01.2015 vorgebrachten Einwände gegen den Gutachter St. seien bei der Entscheidung bekannt gewesen und berücksichtigt worden. Eine Prüfung der Systemkonfiguration bezüglich der Meldung ID 1016 sei nicht erfolgversprechend. Der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 erfolgte Sachvortrag des Klägers nebst entsprechendem Beweisantritt sei verspätet im Sinne des § 282 ZPO.

83

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

84

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016 und des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes vom 31.05.2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff. der Akten), macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

85

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die Beklagte zu 1) gemobbt worden. Diese müsse sich das Verhalten der Beklagten zu 3) und 4) sowie des ehemaligen Beklagten zu 4) zurechnen lassen. Diese seien, was das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB anzusehen; sie müsse sich deren Verschulden mithin zurechnen lassen. Die durch diese verwirklichten Straftaten stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Begutachtung durch die Beklagte zu 2), die dem Kläger gegenüber zudem nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verpflichtet sei. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 831 BGB vor. Die Beklagten zu 2) bis 4) sowie der ehemalige Beklagte zu 4) seien neben der Beklagten zu 1) gesamtschuldnerisch zur Erfüllung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs verpflichtet.

86

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst und im Wesentlichen geltend:

87

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hätte den Ermahnungen vom 15.10.2009 und vom 02.11.2009 kein sachlicher Anlass zugrunde gelegen; vielmehr sei ausschließlich seine Einschüchterung bezweckt worden. Der Beklagte zu 3) habe mit der beiden Ermahnungen zu Grunde liegenden Anweisung bezweckt, ihn, den Kläger, aus IT-Themen herauszuhalten. Zudem habe die Beklagte zu 1) ursprünglich eine Abmahnung ausgesprochen, die erst nach der seinerseits erfolgten Drohung mit anwaltlichen Schritten in eine Ermahnung umgewandelt worden sei.

88

Das Arbeitsgericht lasse zu Unrecht außer Acht, dass – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - ein Anlass für die „Ausspähaktion“ des Laptops des Herrn B. am 08.06.2010 nicht bestanden habe, zumal die Herausgabe unmittelbar bevorgestanden habe. Wenn im erstinstanzlichen Urteil die weitergehende Konkretisierung der auf dem Laptop befindlichen Daten gefordert werde, überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast; der Laptop werde privat genutzt, daher befänden sich auf diesem auch private Daten. Namentlich seien im Ordner „Eigene Dateien“ private Fotos gespeichert gewesen; auch diesen Ordner habe er, der Kläger, auf Anweisung des Beklagten zu 3) kopiert. Hinsichtlich der Äußerungen des Beklagten zu 3) im Zusammenhang mit dem Nachforschungsverlangen verkenne das Arbeitsgericht, dass es angesichts der ausdrücklichen Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht darauf ankomme, ob gegebenenfalls ein Rügerecht der Beklagten zu 1) gegeben sei. Weiter lasse das Arbeitsgericht außer Acht, dass hinsichtlich des Vorgangs ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestehe.

89

Hinsichtlich der nachträglichen Änderung des Zwischenzeugnisses im September 2010 seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts ebenfalls nicht überzeugend; wenn sich das erstinstanzliche Urteil insofern darauf stütze, die Änderungen seien nicht nachvollziehbar, könne dies im Berufungsverfahren nicht gelten, da nunmehr beide Versionen der Zwischenzeugnisse vorlägen. Für den relevanten Zeitraum sei ausschließlich der vormalige Leiter der IT-Abteilung X. Vorgesetzter des Klägers gewesen; dieser sei durch die nachträglich erfolgten Änderungen durch den Beklagten zu 3) über den tatsächlichen Inhalt des Zwischenzeugnisses getäuscht worden. Sachliche Gründe für die Änderung des Zwischenzeugnisses hätten nicht bestanden, diese seien vielmehr nur Ausdruck einer Maßregelung im Hinblick auf den Vorfall vom 08.06.2010 gewesen.

90

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er in Bezug auf die Verdächtigung der Vorlage von privaten Unterlagen bezüglich des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat erstinstanzlich dargelegt habe, dass andere Arbeitnehmer insofern ebenfalls ein Motiv gehabt hätten. Die durch die Beklagte zu 1) vorgenommene Befragung sei nur pro forma erfolgt. Entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts stünden die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren bezüglich des Blackberry-Loggings, da dieses erst danach eingeleitet worden sei.

91

Auch die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den ehemaligen Beklagten zu 4) als Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sei einzig und allein dadurch begründet, dass die Beklagte zu 1) ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die Beklagte zu 1) habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben sein. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass der Beklagte zu 3) ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe. Der Inhalt des Gesprächs im Mai 2011 sei durch das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden. Dieser sei erstinstanzlich umfassend dargelegt worden und belege deutlich, dass namentlich der Beklagte zu 3) ihn zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe bewegen wollen.

92

In Bezug auf die Abmahnung vom 20.05.2011 trägt der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages vor, dass die Arbeitsanweisung darauf angelegt gewesen sei ihn zu überfordern; dies bleibe im erstinstanzlichen Urteil unberücksichtigt. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um die Eilbedürftigkeit des Auftrages zu begründen. Ihm, dem Kläger, gegenüber sei daraufhin sofortiges Handeln abverlangt worden, obwohl der Beklagten zu 1) kollidierende Termine seinerseits bekannt gewesen sein. Tatsächlich sei das der Weisung zu Grunde liegende Problem erst ein Jahr später behoben worden.

93

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der Beklagten zu 1) nicht dargelegt worden sei.

94

Die Beklagte zu 1) habe zu Unrecht an den durch die Beklagte zu 2) gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) wusste, dass die Meldung ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Merkmals ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des ehemaligen Beklagten zu 4) und des Beklagten zu 4) eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3) sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

95

Der Beklagte zu 3) habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Der Beklagte zu 3) habe Kenntnis davon gehabt, dass der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der ehemalige Beklagten zu 4) und der Beklagte zu 4) dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen. Der Beklagte zu 4) sei insgesamt ebenso verantwortlich für den Inhalt des Untersuchungsbericht 2 wie der ehemalige Beklagte zu 4).

96

Der ehemalige Beklagte zu 4) habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Merkmals ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der ehemalige Beklagte zu 4) im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Beklagten zu 3) mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten zu 1) im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und die Meldung ID 1016 daher nicht bei Zugriffen des Klägers auf den Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

97

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Ebenfalls lasse das Gericht außer Acht, dass ausweislich beider Gutachten der Zugriff auf E-Mailkonten nur über eine sogenannte „Domainadmin“ möglich sei; der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „FullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

98

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass der Beklagte zu 3) jedenfalls den Beweisbeschluss im Beschlussverfahren hätte verhindern müssen, da er infolge seiner „IT-Affinität“ habe erkennen müssen, dass die Beweiserhebung durch Beauftragung eines weiteren Gutachters nicht erforderlich gewesen sei. Der Beklagte zu 3) habe aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die Beklagte zu 1) ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts der Meldung ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst. Für das Zustandekommen dieser Behauptung gebe es wiederum fünf Möglichkeiten, aus denen die Kenntnis des Beklagten zu 3) hinsichtlich des falschen Inhalts des Untersuchungsberichts folgen könne. Diese macht der Kläger „hilfsweise“ zum Gegenstand seines Vortrages; auf den Vortrag in der Berufungsschrift (Blatt 2337 – 2341 der Akten) wird Bezug genommen.

99

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich der Meldung ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

100

Wenn das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntnis der Unterschiede zwischen beiden Versionen der Untersuchungsberichte darauf abgestellt hat, dass jedenfalls die Begutachtung durch das Unternehmen T. GmbH bei Einleitung des Beschlussverfahrens dazu führe, dass der Verdacht zulasten des Klägers seitens der Beklagten zu 1) nicht leichtfertig geäußert wurde, habe die T. GmbH nie Bedenken bezüglich der Kündigung geäußert. Hiergegen spreche auch, dass die Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung unmittelbar im Anschluss an das Vorliegen des Untersuchungsberichts 2 erfolgt sei und in der Folge ohne weitere Verzögerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sei.

101

Die Übersendung der Untersuchungsberichte sei zudem erstinstanzlichen auch seitens des Arbeitsgerichts für unbeachtlich gehalten worden; hierfür spreche der Aussetzungsbeschluss. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass beide Untersuchungsberichte an die T. GmbH versendet worden sind, dass sie dort geprüft wurden und eine ausreichende Qualifikation hierzu bestand.

102

Weiter sei der Beklagten zu 1) sowie dem Beklagten zu 3) anzulasten, dass letzterer trotz des klaren Ergebnisses des Gutachtens im Schriftsatz vom 08.09. bzw. 19.09.2011 die Aussagekraft der ID 1016 bestritten habe. Jedenfalls der ehemalige Beklagte zu 4) hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der ehemalige Beklagte zu 4) im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Beklagten zu 3) habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem ehemaligen Beklagten zu 4) bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

103

Wenn das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass nicht nachweisbar sei, wer die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Manipulationen vorgenommen hat, ist der Kläger der Auffassung, dass das Gericht außer Acht lasse, dass die Sicherungsbänder auch nachträglich veränderbar seien und auch eine Wiederherstellung möglich sei.

104

Unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags trägt der Kläger weiter vor, die Beklagte zu 1) hätte die erfolgten Zugriffe durch den Einsatz einer Zusatzsoftware prüfen müssen.

105

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zu 2) – deren Verschulden der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei - jedenfalls ein Überwachungsverschulden treffe; sie hätte prüfen müssen, inwiefern die Möglichkeit einer Veränderung des Aussagegehalts der Meldung die ID 1016 besteht und inwiefern der Einsatz einer Zusatzsoftware möglich gewesen wäre. Weiter sei davon auszugehen, dass seitens der Beklagten zu 2) Kenntnis davon bestanden habe, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) in Bezug auf die Aussagen der Untersuchungsberichte wider besseren Wissen gehandelt hätten.

106

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

107

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die Beklagte zu 1) habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Der Beklagte zu 3) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten gewusst, dass allein die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

108

Bezüglich der auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 getätigten Äußerungen bestreitet der Kläger die Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachen. Der Kläger behauptet mit der Berufung, ein Teilnehmer der Führungskräfteversammlung habe ihm gegenüber geäußert, der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herr Y., habe den Kläger benannt und hinsichtlich der Vorwürfe beschuldigt. Dies folge hinsichtlich des Blackberry-Loggings bereits daraus, dass er, der Kläger, im Rahmen der Veranstaltung als Blackberry-Administrator benannt worden sei. Dies sei unzutreffend, da er nie eine entsprechende Funktion innegehabt habe.

109

Der Kläger bestreitet den im Urteil zugrunde gelegten Gegenstand und Inhalt der Führungskräfteversammlung auch darüber hinaus in verschiedener Hinsicht mit Nichtwissen. Insofern wird auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2374 – 2379 der Akten) Bezug genommen. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, es sei nicht aufzuklären, ob die behaupteten Vorwürfe zulasten des Klägers objektiv zutreffend gewesen seien, sei dies unerheblich, da bei Verwirklichung einer üblen Nachrede die Beklagte zu 1) als Äußernde die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Wahrheit der aufgestellten Behauptung treffe.

110

Das Arbeitsgericht verkenne den zeitlichen Zusammenhang zwischen der behaupteten Ausgrenzung und der Führungskräfteversammlung. Zuvor seien die ihm vorgeworfenen Vorfälle bei der Beklagten zu 1) nicht bekannt gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer ihm gegenüber Folge der auf der Führungskräfteversammlung gefallenen Äußerungen sei.

111

Weiter habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er, der Kläger, im Zeitraum Juni bis September 2011 eingeschüchtert worden sei. Insofern wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag; auf den Inhalt der Berufungsschrift wird Bezug genommen (hier Blatt 2380 – 2382 der Akten).

112

Im Zusammenhang mit der im Januar 2012 unterbliebenen Entgeltfortzahlung lasse das Arbeitsgericht unberücksichtigt, dass nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückdatiert worden sei, die während der Urlaubsabwesenheit des behandelnden Arztes ausgestellt worden sei. Dies sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte zu 1) die vorangegangene Bescheinigung nicht akzeptiert habe, da diese durch einen Privatarzt ausgestellt worden sei. Die nachträglich gegen die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführten Gründe seien konstruiert.

113

Entgegen der Feststellungen des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 24.01.2012 nicht sachlich gerechtfertigt. Die der Abmahnung zugrundeliegende Arbeitsanweisung sei darauf angelegt gewesen, ihn, den Kläger, zu überfordern. Der Beklagte zu 3) habe die Geschäftsführung unter Druck gesetzt, um eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit zu begründen. Es sei sofortiges Handeln gefordert worden, obwohl seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich kollidierender Fristen vorgelegen habe. Tatsächlich habe eine Eilbedürftigkeit nicht bestanden, das für die Arbeitsanweisung ausschlaggebende Problem sei erst über ein Jahr später behoben worden.

114

Ebenso sei das Urteil fehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht die seitens der Beklagten zu 1) gegen die Beschlüsse in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden für nicht mobbingrelevant halte. Die Beklagte zu 1) habe die falsche Behauptung bezüglich des Blackberry-Loggings zu Unrecht aufrechterhalten und das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, obwohl unstreitig gewesen sei, dass er, der Kläger, die gegenständlichen Manipulationen nicht vorgenommen habe.

115

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Abmahnung vom 22.03.2012 Schikane, da die Kernarbeitszeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz schon beendet war und er, der Kläger, zudem suspendiert gewesen sei. Die bei der Beklagten zu 1) herrschende betriebliche Übung hätte es zu dem erfordert, dass ihm der Widerspruch bezüglich des in Anspruch genommenen Urlaubs auch bei Inanspruchnahme zugegangen sei. Außerdem habe er der Beklagten zu 1) seine private Nummer mitgeteilt, sodass diese ihn jederzeit habe erreichen können. Weiterhin habe der Beklagte zu 3) Rechtsrat eingeholt, bevor er die E-Mail mit der Aufforderung zur Aufnahme der Arbeit verfasst habe.

116

Soweit das Arbeitsgericht ausführe, der Entzug des Blackberrys und die Sperrung des dienstlichen E-Mail-Accounts durch die Beklagte zu 1) seien nicht zu beanstanden, weil insofern kein Anspruch des Klägers bestehe, berücksichtige es nicht, dass der Entzug des Blackberrys ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Daher sei es unerheblich, dass ein rechtlicher Anspruch nicht bestehe. Sein Kommunikationsverhalten sei keine Provokation gewesen, sondern habe seiner Rehabilitation in Folge der unberechtigten Vorwürfe der Beklagten zu 1) gedient; dies sei auch in Wahrnehmung seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass, wie seitens des Arbeitsgerichts angenommen, der Rückgang der Kommunikation der Arbeitnehmer mit der Schwerbehindertenvertretung auf sein Kommunikationsverhalten zurückzuführen sei.

117

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Vorfälle bzw. die durch die Beklagte zu 1) getroffenen Maßnahmen im April 2012 nicht zu beanstanden seien. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Kläger hierzu aus, dass der Beklagte zu 3) infolge der Umstrukturierung der IT-Abteilung dort keine Leitungsfunktion mehr innegehabt hätte und es daher nicht nachzuvollziehen sei, dass er ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungen erteilt hätte bzw. in Personalgesprächen anwesend gewesen sei. Hinsichtlich der wiederholt geäußerten Forderung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuzuziehen, beruft sich der Kläger auf den Grundsatz der Waffengleichheit. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der ehemalige Beklagte zu 4) ihm, dem Kläger, gegenüber Weisungsbefugnis eingeräumt worden sei, da dieser nur als „Springer“ eingesetzt worden sei. Die räumliche Trennung des Klägers von dem ehemaligen Beklagten zu 4) hätte die Fürsorgepflicht der Beklagten zu 1) geboten. Im Übrigen wird hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf die Ausführungen in der Berufungsschrift (hier Blatt 2384-2391 der Akten) Bezug genommen.

118

Das Arbeitsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Kläger bei Einschaltung des MDK im Mai 2012 durch die Beklagte zu 1) nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sei. Zudem habe die Beklagte zu 1) gegenüber dem MDK behauptet, er sei arbeitsscheu.

119

Auch die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) im Juli 2012 habe das Arbeitsgericht falsch bewertet. Durch diese seien trotz laufendem Strafverfahren „Tatsachen geschaffen“ worden. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat keine Einwände gegen die Einstellung hatte und behauptet, dieser sei zuvor nicht angehört worden.

120

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die im Zusammenhang mit der im November 2012 erfolgten Wiedereingliederung stehenden Vorfälle nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht und des Gesundheitszustands des Klägers verpflichtet gewesen, diesen in einem räumlich von dem ehemaligen Beklagten zu 4) getrennten Büro zu beschäftigen und dafür Sorge zu tragen, dass er keine Weisungen mehr durch den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) erhalte. Dies habe auch der Wiedereingliederungsplan vorgesehen, den die Beklagte zu 1) abgelehnt- und damit die Wiedereingliederung des Klägers boykottiert habe.

121

Er, der Kläger, habe auch im Rahmen des BEM Gesprächs vom 25.09.2013 geäußert, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) in einem Büro arbeiten könne. Dies hätte der Beklagte zu 3) sowie Herr X. mit dem Hinweis auf hieraus resultierende Unruhe in der Belegschaft sowie ergänzend damit, dass ein Arbeitsplatz im Großraumbüro ausscheide, da dort nur junge Mitarbeiterinnen untergebracht seien, abgelehnt. Demgegenüber hätte der Vertreter des Integrationsamts, Herr H., geäußert, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes sorge offensichtlich für die größte Entspannung. Seitens des am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglieds Herrn E. sei geäußert worden, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes technisch unproblematisch umsetzbar und im Sinne der Gesundheitsförderung sei.

122

Am 05.11.2013 habe ihn der Beklagte zu 3) dazu aufgefordert eine Weltkarte, die die Sicht auf das Nachbarbüro versperrte, wieder an ihren ursprünglichen Platz zu hängen, nachdem er diese umgehängt hatte. Nachdem er, der Kläger, versehentlich eine Uhr aus einem Regal gestoßen habe, habe der Beklagte zu 3) den ehemaligen Beklagten zu 4) nach der Uhrzeit gefragt und danach, ob dieser bezeugen könne, dass der Kläger Gegenstände der Beklagten zu 1) zerstören würde. Diese Frage habe der Beklagte zu 3) ihm, dem Kläger, gegenüber später noch mehrmals wiederholt. Weiter hätte der Beklagte zu 3) dem ehemaligen Beklagten zu 4) und Herrn K. gegenüber geäußert, dass er nicht wisse, was der Kläger sonst noch alles zerstören werde. Der Beklagte zu 3) habe eine Fotografie von der zerbrochenen Uhr gefertigt.

123

Wenn das Arbeitsgericht auch in der Gesamtschau der Einzelhandlungen das Verhalten der Beklagten zu 1) mangels übergreifender Systematik nicht als Mobbing eingestuft habe, werde verkannt, dass insofern leitendes Motiv seine Bekämpfung wegen der Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewesen sei. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die durch die IT-Abteilung wahrgenommenen Aufgaben an die Beklagte zu 2) fremd zu vergeben. Die Beklagte zu 1) habe daher gezielt nach einem Kündigungsgrund gesucht. Er stünde im Abhängigkeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1), die ihrerseits vier Anwaltskanzleien gegen ihn eingesetzt habe, wodurch der Grundsatz der Waffengleichheit nicht gewahrt wäre. Die Beklagte zu 1) hätte gezielt an einer Geschichte gegen ihn, den Kläger, gesponnen, die unter anderem in der Behauptung gegipfelt habe, die Wiederherstellung der Sicherungsdateien sei nicht möglich. Zudem sei zu seinen Lasten gezielt Misstrauen gegenüber dem Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) gesät worden.

124

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den durch die Beklagte zu 1) zu verantwortenden Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die Beklagte zu 1) zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten zu 1) umkehre.

125

In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe das Arbeitsgericht unzulässig eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, obwohl es im Hinblick auf das Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. St. eine amtliche Auskunft eingeholt habe.

126

Der Kläger beantragt,

127

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 40.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte.

128

Die Beklagten beantragen jeweils,

129

die Berufung zurückzuweisen.

130

Die Beklagten zu 1) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil mit ihrer Berufungserwiderung vom 09.11.2015 (Blatt 2648 ff. der Akten) und den weiteren Schriftsätzen vom, 06.05.2016 (Bl. 2840 ff., 2847 ff. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, als zutreffend und machen im Wesentlichen geltend:

131

In Bezug auf die Untersuchung des Laptops des Herrn B. habe der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) private Daten eingesehen oder kopiert habe, was tatsächlich auch nicht der Fall gewesen sei.

132

Die im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses stehenden Vorwürfe seien unerheblich, da das Zwischenzeugnis im Ergebnis wie vom Kläger gewünscht erteilt worden sei. Der Beklagte zu 3) sei im Übrigen berechtigt, als Vorgesetzter des Klägers eine eigene Bewertung abzugeben.

133

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und dem in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren trägt die Beklagte zu 1) ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag vor, ein Anfangsverdacht für die angestrengten Ermittlungen gegen den Kläger sei nicht erforderlich. Es hätte die begründete Sorge bestanden, dass der Kläger unberechtigt auf das Postfach des Beklagten zu 3) zugegriffen habe. Die im Untersuchungsbericht 1 getätigten Aussagen belegten, dass die Ermittlungen keineswegs darauf abgezielt hätten, den Kläger auf Grundlage falscher Tatsachen der Datenspionage zu überführen. Wenn der Kläger in der Berufung wiederholt alternierend vortrage, belege dies, dass keine konkreten Anhaltspunkte hinsichtlich einer irgendwie gearteten Kenntnis der betroffenen Personen gegeben seien. Die Vorlage des Untersuchungsberichts an das als externen Datenschutzbeauftragten eingesetzte Unternehmen T. GmbH sei erstinstanzlich unstreitig geblieben. Eine Beauftragung bezüglich der Beurteilung arbeitsrechtlicher Fragen sei nicht erfolgt, sodass der entsprechende Vortrag des Klägers unbeachtlich sei. Der Kläger habe, nachdem die Beklagten entsprechend vorgetragen hätten, Gelegenheit gehabt, sich bezüglich der Einschaltung des Unternehmens zu äußern, dies aber unterlassen. Eines gesonderten gerichtlichen Hinweises habe es nicht bedurft.

134

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass der Kläger auf der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich benannt worden sei. Es sei unglaubhaft, wenn eine durch den Kläger nicht namentlich benannte Führungskraft nunmehr, vier Jahre nach der Versammlung, behauptete, auf dieser sei der Name des Klägers gefallen. Zudem sei es nicht ehrenrührig, wenn der Kläger im Rahmen der Versammlung als Blackberry-Administrator bezeichnet worden sei.

135

Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft, weil die Kürzung der Entgeltfortzahlung zu Unrecht erfolgt sei, bestünden nach wie vor Bedenken an der Eignung des behandelnden Arztes sowie hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit.

136

Hinsichtlich der in den Zustimmungsersetzungsverfahren eingelegten Beschwerden habe sich die Beklagte zu 1) lediglich zulässiger rechtlicher Mittel bedient. Seitens der Beklagten zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt ein Anlass bestanden, an dem Wahrheitsgehalt des Untersuchungsberichts und damit an der Grundlage der (ersten) außerordentlichen Kündigung zu zweifeln. Es sei zudem zu keinem Zeitpunkt unstreitig geworden, dass die festgestellte Veränderung der Zugriffsberechtigung sowie die Manipulation der Sicherungsbänder nicht durch den Kläger zu verantworten seien.

137

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten auch in der Berufungsinstanz, dass bei der Beklagten zu 1) eine seitens des Klägers behauptete betriebliche Übung existiert, nach der Urlaub gewährt ist, sofern kein Widerspruch erklärt wurde; eine entsprechende Praxis sei fernliegend. Infolge der unberechtigten Selbstbeurlaubung des Klägers sei die Einleitung disziplinarischer Schritte auch möglich, da die Aufforderung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erfolglos geblieben sei.

138

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten, dass ihnen das Scheitern der Wiedereingliederung vorzuwerfen sei. Eine räumlich enge Zusammenarbeit von Konfliktparteien im Arbeitsverhältnis könne nicht immer vermieden werden. Die ärztlichen Aussagen im Wiedereingliederungsplan seien unerheblich und weltfremd, da sie auf der subjektiven Vorstellung des Klägers von der Situation an seinem Arbeitsplatz beruhten.

139

Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten die Kausalität der seitens des Klägers behaupteten Rechtsgutsverletzungen für die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese nicht auf andere Faktoren rückführbar seien. Die Kausalität der durch sie bestrittenen Mobbinghandlungen für die Erkrankungen des Klägers sei jedenfalls nicht belegt und ohnehin nur schwerlich nachzuweisen.

140

Die Beklagte zu 2) tritt der Berufung mit dem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 28.09.2015 (Blatt 2548 ff. d. A.) sowie mit Schriftsatz vom 03.05.2016 (Blatt 2815 ff. d.A.), auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird, entgegen.

141

Eine Haftung der Beklagten zu 1) für ihr, der Beklagten zu 2), Verschulden gemäß § 278 BGB komme – ohne, dass es hierauf für ihre eigene Haftung ankäme – nicht in Betracht; sie sei nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) anzusehen, da ihr im Rahmen der Erfüllung des Vertrages mit der Beklagten zu 1) keine Aufgaben hinsichtlich der Vertragserfüllung gegenüber dem Kläger zugewiesen worden seien.

142

Ihrer Haftung stehe weiter entgegen, dass die relevanten Erkrankungen erst ab April 2012 eingetreten seien und dass sie, die Beklagte zu 2), an der ganz überwiegenden Zahl der seitens des Klägers benannten Mobbinghandlungen auch nach dessen Vortrag nicht beteiligt gewesen sei; hinsichtlich der benannten Handlungen im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung Bezug genommen (Blatt 2551 – 2552 der Akten).

143

Im Zusammenhang mit der Fertigung der Untersuchungsberichte sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht gegeben. Dem Arbeitsgericht sei darin zu folgen, dass es seitens der Beklagten zu 1) keines Anfangsverdachts bedurfte, um entsprechende Maßnahmen gegen den Kläger einzuleiten. Ebenfalls zutreffend habe das Arbeitsgericht festgestellt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Beklagten zu 3) und 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) vorsätzlich falsche Feststellungen bei Fertigung des Untersuchungsberichts getroffen hätten. Aus beiden Untersuchungsberichten gehe eindeutig hervor, dass die Meldung ID 1016 nicht als Beweis, sondern allenfalls als Indiz für einen Zugriff auf E-Mails angesehen werde.

144

In Bezug auf sie, die Beklagte zu 2), sei der verschiedene Sachverhaltskonstellationen erfassende Sachvortrag des Klägers unschlüssig, da ihre Haftung jedenfalls nach einer der genannten Konstellationen mangels rechtswidriger Handlungen der ihr zurechenbaren Personen, namentlich dem Beklagten zu 4) und dem ehemaligen Beklagten zu 4), ausscheide.

145

Ein Anspruch gemäß § 831 BGB für die behaupteten Handlungen des ehemaligen Beklagten zu 4) im Zusammenhang mit der Löschung der Sicherungsbänder sowie anderweitiger Manipulationshandlungen im Nachgang der Erstellung der Untersuchungsberichte scheide aus, da dieser – den Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt – insofern jedenfalls nicht in Ausführung der Verrichtung tätig geworden sei. Gleiches gelte für seitens des Beklagten zu 4) und seitens des ehemaligen Beklagten zu 4) getätigten Äußerungen im Rahmen des Straf- bzw. Kündigungsschutzverfahrens.

146

Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) nicht vorsätzlich falsche Untersuchungsberichte erstellt hätten. Dies bestätigten auch die Gutachten der Sachverständigen M. und Dr. St..

147

Jedenfalls könne sie, die Beklagte zu 2), sich gemäß § 831 Abs. 2 BGB entlasten. Der Beklagte zu 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) hätten die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Untersuchungsberichte zugunsten der Beklagten zu 1) allenfalls bei Gelegenheit, nicht aber bei Verrichtung des ihr, der Beklagten zu 2), erteilten Auftrags vorgenommen. Selbst wenn die Manipulationen erfolgt wären, scheide ihre Haftung mithin aus.

148

Jedenfalls habe sie, die Beklagte zu 2), den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht. Die sorgfältige Auswahl ergebe sich aus den umfassenden Qualifikation beider Beklagten; hinsichtlich des entsprechenden Vortrags der Beklagten zu 2) wird auf die Berufungserwiderungsschrift (Blatt 2563 - 2580 der Akten) Bezug genommen. Sie habe den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4) auch bei Durchführung der Begutachtung ausreichend überwacht; der Beklagte zu 4) habe auf ihren Auftrag hin den Untersuchungsbericht 1 zusätzlich geprüft und unmittelbar an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) berichtet.

149

Der Beklagte zu 4) tritt der Berufung nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.11.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2606 ff. der Akten), entgegen. Er macht sich zunächst das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 2) zu eigen. Ergänzend trägt er wie folgt vor:

150

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Beklagten zu 3) und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der Beklagten zu 1) geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei ihnen dies nicht anzulasten. Sie seien insofern unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe sie keine Verantwortung.

151

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der Beklagten zu 1) trägt der Beklagte zu 4) vor, dass diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum hätten abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

152

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den ehemaligen Beklagten zu 4) vorgenommen werden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

153

Der Beklagte zu 4) trägt vor, dass ihm der Inhalt des Untersuchungsberichts 1 nicht bekannt gewesen sei. Er sei ausschließlich an der Erstellung des durch die Versionsnummer 1.0 eindeutig als freigegebene Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 beteiligt gewesen. Er habe sich insofern durch den ehemaligen Beklagten zu 4) sämtliche Angaben mitteilen lassen und im System gegengeprüft; in der Folge habe er einige Änderungen am Bericht vorgenommen und ihn dann freigegeben.

154

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

155

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I.

156

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

157

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien ist ergänzend auszuführen:

A.

158

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger gegen keinen der Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist weder in einem der gegenständlichen Einzelfälle, noch in deren Gesamtschau eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder eine Verletzung von Rechtsgütern im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gegeben; ein Mobbing zulasten des Klägers liegt nicht vor. Ebenso wenig folgen die vorstehend benannten Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 831 BGB sind nicht gegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die haftungsbegründende Kausalität für einen der geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegeben ist.

159

1. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1) besteht nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

160

a. Mobbing ist kein Rechtsbegriff und keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Unter diesen Oberbegriff zu subsumierende Verhaltensweisen können aber die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen - auch zur Leistung von Schadensersatz verpflichten. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Mobbing dabei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, juris; BAG, Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

161

Dem Arbeitsgeber obliegt es aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sich selbst der Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers zu enthalten und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht genommen wird und, dass der Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird; dies beinhaltet, dass der Arbeitnehmer keinem Verhalten ausgesetzt wird, das die Verletzung seiner Würde bezweckt oder bewirkt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.03.2012, 5 Sa 70/11, Rn. 46, juris unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 28.10.2010,8 AZR 546/09, juris).

162

b. Nach allgemeinen Grundsätzen muss sich der Arbeitgeber auch bezüglich entsprechender Schutzpflichtverletzungen das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) zurechnen lassen.

163

Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, wer mit Willen des Schuldners bei Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung als Hilfsperson tätig wird. Der Erfüllungsgehilfe muss objektiv Aufgaben übernehmen, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner obliegen. Er muss dabei im Pflichtenkreis des Schuldners handeln. Dies erfordert, dass er seitens des Schuldners mit Erfüllung einer konkreten Leistungshandlung bzw. Schutzpflicht beauftragt wurde; die Schaffung einer bloßen Voraussetzung für die Leistungserbringung reicht demgegenüber nicht aus. Die Handlung muss vielmehr in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, die der Arbeitgeber dem Handelnden zugewiesen hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert bzw. wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis hat (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, BAGE 124, 295-313, Rn. 79; LAG Niedersachsen, Urteil vom 09.11.2009, 9 Sa 1573/08, Rn. 32, juris; Staudinger/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2016, BGB, § 611, Rn. 1795). Ausgehend von diesen Kriterien ist im Arbeitsverhältnis im Verhältnis zum Arbeitnehmer regelmäßig der Vorgesetzte bzw. ein weisungsbefugter Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers anzusehen (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.; BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; Palandt/Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 278 BGB, Rn. 16).

164

c. Für durch ihre Geschäftsführer verwirklichte Haftungstatbestände haftet die Beklagte zu 1) gemäß § 31 BGB umfassend (vergleiche BAG, Urteil vom 19.02.1998, 8 AZR 645/96, BAGE 88, 101-109, Rn. 35).

165

d. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteten Mobbings keine Besonderheiten (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 07.02.2012, 2 Sa 1411/10, Rn. 79, juris). Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Lediglich für die Frage, ob - festgestellte - Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu einem Schaden geführt haben, regelmäßig in Gestalt einer Gesundheitsverletzung, und zu den damit verbundenen Entgelteinbußen kommt eine Beweiserleichterung in Betracht (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris). Dies setzt jedoch voraus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Arbeitgeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen feststeht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

166

e. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine von der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts, nach der keiner der hier gegenständlichen Vorfälle als Mobbing anzusehen ist, abweichende Bewertung.

167

Dies gilt zum einen, sofern der Kläger Konfliktsituationen zwischen den Parteien benennt (hierzu (1)). Ebenso wenig stellen die seitens des Klägers bezeichneten Weisungen bzw. sonstigen Maßnahmen der Beklagten zu 1) anzulastende Vergehen dar (hierzu (2)). Auch soweit der Kläger sich darauf beruft, durch nach seiner Ansicht rechtsfehlerhafte Abmahnungen bzw. Ermahnungen gemobbt worden zu sein, ist ihm das Arbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt (hierzu (3)). Zu folgen ist dem Arbeitsgericht weiter darin, dass der Beklagten zu 1) gezielte falsche Verdächtigungen und hierauf aufbauend zu Unrecht eingeleitete Gerichtsverfahren nicht angelastet werden können ((4), (5)). Schließlich hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, dass es vorliegend auch an einer übergeordneten Systematik fehlt und ein Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) auch nicht aus der Gesamtschau der einzelnen Vorfälle resultiert (hierzu (6)).

168

(1) Die gegenständlichen Konfliktsituationen sind nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

169

Im Arbeitsleben auftretende Konflikte, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, sind regelmäßig sozial- und rechtsadäquat und daher nicht geeignet, die für ein Mobbing erforderliche Systematik sowie eine Täter-Opfer-Konstellation zu begründen. Entsprechende alltägliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz sind gegenüber tatsächlichem Mobbingverhalten aufgrund der Art des Betriebes und des üblichen Umgangs der Arbeitnehmer untereinander sowie im Verhältnis zu den Vorgesetzten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise voneinander abzugrenzen (vergleiche nur Behnecke, NZA-RR 2003, 228; Stück, MDR 2013, 378)

170

(a) Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, die Ausgrenzung ab Mai 2011 stelle Mobbing dar, verkennt er die vorgenannten Maßstäbe. Auch zweitinstanzlich hat der Kläger nichts vorgetragen, aus dem diesbezüglich ein Verschulden der Beklagten zu 1) folgen könnte. Anhaltspunkte dafür, dass einer der hier benannten Arbeitnehmer Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB ist, sind nicht ersichtlich.

171

Darüber hinaus sind keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte zu 1) (zurechenbare) Kenntnis von der behaupteten Ausgrenzung gehabt hätte und es dennoch unterließ, dieser durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich anführt, die Ausgrenzung habe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Führungskräfteversammlung gestanden, ist dies im Hinblick auf die behauptete Schutzpflichtverletzung unerheblich. Auch hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 1) entsprechende Vorgänge geduldet hätte. Damit ist auch eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Gestalt der Aufsichtspflichtverletzung nicht gegeben. Auch insofern hat der Kläger seinen Vortrag zweitinstanzlich nicht weiter substantiiert.

172

(b) Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die für den Zeitraum Juni bis September 2011 benannten Vorfälle als nicht über das in einem Arbeitsverhältnis noch als übliche anzusehende Maß hinausgehende Auseinandersetzungen eingeordnet.

173

Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die hier gegenständlichen Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und den ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers ist den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts lediglich noch Folgendes hinzuzufügen:

174

Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt. Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen. Sein pauschaler Vortrag im Hinblick auf eine durch die Beklagte zu 1) geführte „Kampagne“ gegen ihn ist auch auf deren Bestreiten nicht weiter substantiiert worden. Im Übrigen sind die seitens des Klägers angeführten Äußerungen vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung zu sehen. In derartigen Situationen ist es nicht unüblich, dass Konflikte auf einer emotionalen Ebene ausgetragen werden (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris).

175

(c) Der Kläger trägt für den Zeitraum April 2012 auch mit der Berufung vor, die Zuweisung eines Arbeitsplatzes in einem (Großraum-)Büro mit dem ehemaligen Beklagten zu 4) sei nicht nachvollziehbar. Ebenso habe es keinen Anlass dafür gegeben, den Beklagten zu 3) auch nach Beendigung seiner Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers noch zu Personalgesprächen hinzuzuziehen. Auch die Weigerung, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen hinzuziehen zu dürfen sowie die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsaufgaben in diesem Zeitraum stellten im Ergebnis eine schikanöse Behandlung dar. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen.

176

i. In Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts ist es auch für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar, dass der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze bei der Beklagten zu 1) ein schikanöser Charakter innewohnen würde. Dass die Beklagte zu 1) ihre Arbeitnehmer im Großraumbüro beschäftigt, ist unstreitig. Es ist nicht der Beklagten zu 1) anzulasten, wenn sich der Kläger schon aufgrund der räumlichen Nähe des Beklagten zu 3) bzw. des ehemaligen Beklagten zu 4) psychisch belastet fühlt. Die Beklagte hat die Zuweisung des Arbeitsplatzes auch im Rahmen des BEM-Gesprächs nach Vortrag des Klägers durch sachliche, jedenfalls nicht schikanöse Gründe erklärt. Die gewählte Zuweisung des Arbeitsplatzes des Klägers war ihr im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit unbenommen.

177

ii. Gleichsam ist es nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 3) nicht berechtigt sein sollte, an Personalgesprächen teilzunehmen. Jedenfalls ist seine Teilnahme nicht geeignet, einen Mobbingvorwurf schon aufgrund seiner Anwesenheit zu begründen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Auswahl seiner Vorgesetzten. Es ist für die Beklagte zu 1) nicht, auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht, geboten, ihr organisatorisches Konzept ausschließlich nach der Konfliktvermeidung auszurichten. Dafür, dass die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 3) und den ehemaligen Beklagten zu 4) zielgerichtet auf den Kläger „angesetzt“ hätte, ist nichts ersichtlich; der klägerische Vortrag beschränkt sich insofern auf Vermutungen.

178

iii. Auch die Art und Weise der Aufgabenzuweisung durch die Beklagte zu 1) ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht dargetan, dass sie insofern das ihr zustehende Direktionsrechts überschritten hätte. Namentlich ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zuweisung der Durchführung einer Inventur unbillig sein soll. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte zu 1) im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies – worauf die Beklagte zu 1) zu Recht hinweist – widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

179

iv. Bereits im Ansatz nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, die Weigerung der Beklagten zu 1), ihm die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu den geführten Personalgesprächen zu ermöglichen, könne einen Mobbingvorwurf begründen. Die Voraussetzungen der insofern unter Umständen einschlägigen §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 oder 84 Absatz 1 BetrVG liegen nicht vor. Insbesondere ist das Personalgespräch keine Beschwerde im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG; dies hätte erfordert, dass der Kläger insofern selbst initiativ tätig geworden wäre und das Personalgesprächen nicht wie vorliegend durch die Beklagte zu 1) veranlasst wurde. Ein allgemeiner Anspruch gerichtet auf die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch besteht entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Er kann sich insbesondere nicht auf die seinerseits zitierte Rechtsprechung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.04.2013, 2 Sa 490/12, juris) berufen, deren Gegenstand eine Betriebsratsanhörung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung war. Im Gegenteil ist in Literatur und höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass ein allgemeiner Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Personalgesprächen außerhalb der vorgenannten Tatbestände nicht besteht (vergleiche Erfurter Kommentar/Kania, 15. Auflage 2015, § 82 BetrVG, Rn. 10; BAG, Urteil vom 16.11.2004, 1 ABR 53/03, Rn. 20, juris).

180

(2) Dem Arbeitsgericht ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers darin zu folgen, dass die ihm gegenüber in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ausgesprochenen Weisungen ebenso wenig geeignet sind einen Mobbingvorwurf zu begründen, wie die sonstigen Maßnahmen im Zuge der Durchführung des Arbeitsverhältnisses.

181

Die rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts ist kein Mobbing, soweit sich aus ihr nicht eine eindeutig schikanöse Tendenz ergibt (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, 2 Sa 67/06, juris). Selbst fehlerhafte Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Erbringung der Arbeitsleistung und unbeherrschtes Verhalten eines Vorgesetzten stellen grundsätzlich kein Mobbing dar, da von Führungsfehlern nicht ohne weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber den Beschäftigten geschlossen werden kann (vergleiche Stück, a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 15.03.2012,15 Sa 1424/11, juris; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03, juris).

182

Keine der gegenständlichen Maßnahmen stellt unter Zugrundelegung dessen ein mobbingrelevantes Verhalten dar.

183

(a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der am 08.06.2010 seitens der Beklagten zu 1) erteilten Weisung, die Festplatte „D“ des Laptops des Geschäftsführers B. über das Firmennetzwerk einzusehen und Daten zu kopieren und die in diesem Zusammenhang nach Behauptung des Klägers getätigte Äußerung des Beklagten zu 3), bei Nichtbefolgen der Anweisung müsse der Kläger mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ rechnen.

184

i. Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es einen entsprechenden Verstoß mangels Tatsachenvortrag als nicht erwiesen erachtete, verkennt er, dass er hinsichtlich des gegenständlichen Schadensersatzanspruchs umfassend darlegungs- und beweisbelastet ist (siehe oben). Dies beinhaltet (substantiierten) Vortrag zu der behaupteten Pflichtverletzung. Damit eine Anweisung geeignet ist, einen Mobbingvorwurf zu rechtfertigen, muss ihr nach vorstehender Definition eine schikanöse Tendenz dem die Weisung empfangenden Arbeitnehmer gegenüber innewohnen. Demgegenüber stellt eine gegebenenfalls materiell fehlerhafte Weisung nicht zwingend ein Mobbing gegenüber dem Arbeitnehmer dar.

185

ii. Die dem Kläger erteilte Weisung, den Inhalt der Festplatte des durch Herrn B. genutzten Laptops zu kopieren stellt selbst dann keine schikanöse Maßnahme dar, wenn man den klägerischen Vortrag, demzufolge sich in dem ebenfalls kopierten Ordner „Eigene Dateien“ private Fotografien Herrn B. befunden hätten, als zutreffend unterstellt.

186

Die seitens des Klägers angenommenen Verletzungen datenschutz- und strafrechtlicher Bestimmungen wirken im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn B.. Wird durch die dem Kläger erteilte Weisung gegebenenfalls diesem gegenüber ein Rechtsverstoß verwirklicht, folgt hieraus nicht ohne weiteres, dass damit zugleich eine Schikanehandlung dem Kläger gegenüber vorliegt. Insofern wäre von vorstehenden Grundsätzen ausgehend erforderlich, dass die Weisung zugleich (gegebenenfalls über die Rechtswidrigkeit im Übrigen hinaus) einen schwerwiegenden Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen würde (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2006, a.a.O., Rn. 23). Einen solchen Angriff beinhaltet die Anweisung zur Kopie von (privaten) Daten des Herrn B. im Verhältnis der Parteien gerade nicht. Sie bezog sich nicht primär und zielgerichtet auf die Kopie u.U. vorhandener privater Daten.

187

iii. Wenn der Kläger auch zweitinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 3) habe ihm im Falle der Nichtbefolgung der Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, schließt sich die erkennende Kammer der Wertung des Arbeitsgerichts auch insofern ausdrücklich an; eine Äußerung entsprechenden Inhalts ist – jedenfalls in der behaupteten, sachlichen Formulierung – vom Rügerecht des Arbeitgebers gedeckt.

188

(b) Auch im Zusammenhang mit der Erteilung des Zwischenzeugnisses liegt kein Mobbing vor. Gegen ein insofern relevantes Verhalten spricht bereits, dass der Kläger letztendlich ein Zwischenzeugnis gemäß seinen Vorstellungen erhalten hat. Ebenso wie dem Arbeitsgericht ist es auch der erkennenden Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Kläger zu dem Schluss kommt, der vormalige Leiter der IT-Abteilung Herr X. sei hinsichtlich des Inhaltes des durch den Beklagten zu 3) erteilten Zwischenzeugnisses getäuscht worden.

189

(c) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass auch die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten der Beklagten zu 1) zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

190

Die Neuinstallation des Netzwerks und die damit einhergehenden Änderungen von Zuständigkeiten sind Gegenstand der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 1) und schon grundsätzlich nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fremdvergabe von Aufgaben an die Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang. Diese ist im Ausgangspunkt Gegenstand der unternehmerischen Freiheit der Beklagten zu 1) und eine im Wirtschaftsleben gerade im IT-Bereich weit verbreitete Erscheinung. Insofern ist es auch unerheblich, wenn externe Berater aufgrund dieser unternehmerischen Vorgaben befähigt werden, verbindliche Vorgaben zu machen, die im Betrieb umzusetzen sind (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 33, juris).

191

Hinsichtlich der behaupteten Arbeitsreduzierung verkennt der Kläger die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren verfolgten Schadensersatzansprüche. Es ist an ihm darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die behauptete Reduzierung zum einen erfolgt ist und zum anderen hierin ein schikanöses Verhalten lag. Hierfür ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Aufgrund der unstreitig gegebenen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers ab Mai 2011 ist es durchaus plausibel, dass der Kläger nicht in dem gewünschten Maß in die Erfüllung von Aufgaben in der IT-Abteilung eingebunden war. Ungeachtet dessen ist der behauptete Grad der Auslastung (auch vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeit) nicht so erheblich, dass unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags davon auszugehen wäre, dass ein unberechtigter Totalentzug der Beschäftigung, der gegebenenfalls geeignet wäre ein Mobbing zu rechtfertigen, vorliegen würde (vergleiche hierzu LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.6.2006, 4 Sa 68/05 (2 Jahre Nichtbeschäftigung)).

192

(d) Keine schikanöse Tendenz beinhaltet auch die Reduzierung der Entgeltfortzahlung im Januar 2012. Hiergegen spricht bereits, dass dem Kläger der Grund für die Reduzierung mit E-Mail vom 29.03.2012 mitgeteilt wurde. Gerade aufgrund der wiederholten Erkrankungen des Klägers ist es naheliegend, dass es anlässlich der zugrundeliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Differenzen zwischen den Parteien kommt. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die erfolgte Kürzung der Entgeltfortzahlung nicht als mutwillige Maßnahme der Beklagten zu 1) dar.

193

(e) Hinsichtlich der Sperrung der E-Mail Accounts und dem Entzug des Blackberrys hat das Arbeitsgericht zutreffend und durch die Berufung nicht angegriffen erkannt, dass ein entsprechender Anspruch des Klägers nicht besteht. Sofern dieser nunmehr meint, die Beklagte zu 1) hätte sich auf einen - nicht näher definierten – sachlichen Grund für die Sperrung berufen müssen, verkennt er auch hier die Voraussetzungen für den gegenständlichen Schadensersatzanspruch. Entscheidend ist, dass auch insofern eine gezielte Schikanehandlungen nicht vorlag. Jedenfalls das Kommunikationsverhalten des Klägers in Gestalt der Veröffentlichung diverser sogenannter „SBV-Infos“ im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien, bot aus Sicht der Beklagten zu 1) einen nachvollziehbaren Anlass für die hier in Rede stehenden Maßnahmen; diese sind gerade nicht mutwillig erfolgt.

194

(f) Sofern der Kläger auch in der Berufung daran festhält, dass die Einschaltung des MDK als gesetzlich vorgesehene Maßnahme Mobbing darstellen würde, bleibt er weiterhin jeden substantiellen Vortrag schuldig. Dass die Beklagte zu 1) im Zuge dessen den Kläger diffamierende Aussagen getätigt hätte, hat dieser nach wie vor nicht substantiiert dargelegt.

195

(g) Ebenso ist die Festanstellung des ehemaligen Beklagten zu 4) nicht zu beanstanden. Personalentscheidungen sind Gegenstand freier unternehmerischer Entscheidung. Auch in diesem Zusammenhang war die Beklagte zu 1) durch möglicherweise bestehende innerbetriebliche Konflikte diesbezüglich nicht gebunden. Sie war ebenso nicht verpflichtet, den Ausgang des gegen den ehemaligen Beklagten zu 4) anhängigen Strafverfahrens abzuwarten; zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.

196

(h) Wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass die Beklagt die Wiedereingliederung „boykottiert“ habe, begründet auch dieser Vortrag keinen Mobbingvorwurf. Die in dem Wiedereingliederungsplan enthaltenen Angaben zur Art der Tätigkeit haben für die Beklagte zu 1) keine verbindliche Wirkung. Bei Durchführung einer Wiedereingliederung im Sinne des § 28 SGB IX schulden beide Parteien des Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zueinander die Hauptleistungspflichten nicht. Der Wiedereingliederungsplan betrifft vielmehr das Verhältnis des Klägers als Leistungsempfänger gegenüber dem sozialversicherungsrechtlich zuständigen Leistungserbringer (vergleiche BeckOK/Jabben, 40. Edition 2015, § 28 SGB IX, Rn. 6). Damit scheidet eine verbindliche Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch entsprechende Vorgaben aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Wiedereingliederungsplan festgelegten Maßgaben ausdrücklich zustimmt, damit diese das Vertragsverhältnis verbindlich ausgestalten. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 1) besteht indes nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist sie nicht gezwungen, ihre unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des zukünftigen Einsatzes des Klägers der Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte unterzuordnen.

197

(3) Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist keine der seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Ermahnungen geeignet, einen Mobbingvorwurf zu begründen.

198

(a) Bei Ausspruch einer rechtlich zulässigen Abmahnung begeht der Arbeitgeber keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis; damit liegt auch kein Mobbing vor. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstellt. Entscheidend ist, ob sich die Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstellte. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspricht; erforderlich ist auch in diesem Zusammenhang eine schikanöse Tendenz (vergleiche LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007, 11 Sa 302/07, juris). Weiter ist erforderlich, dass bei Ausspruch der Abmahnung eine Täter-Opfer-Konstellation gegeben ist; dies ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer als Adressat der Abmahnung seinerseits zur Zuspitzung des zugrundeliegenden Konflikts beigetragen hat (vergleiche hierzu LAG München, Urteil vom 21.07.2005, 3 Sa 13/05, Rn. 26, juris).

199

(b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Ermahnungen vom 15.10 und vom 02.11.2009 sowie die Abmahnung vom 20.05.2011 diesen Anforderungen mangels Vorliegen einer schikanösen Tendenz nicht gerecht werden. Aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers ist die Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen ein Anlass, der den Ausspruch einer Abmahnung bzw. - erst recht - einer Ermahnung rechtfertigen kann; ob diese letztendlich berechtigt erfolgte, ist wie dargelegt im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Soweit der Kläger hinsichtlich der Motivation für die Erteilung der Arbeitsanweisung vorträgt, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert; es ist nicht dargetan, dass und in welcher Weise der Kläger durch die Arbeitsanweisungen eingeschüchtert oder überfordert wurde.

200

(c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Hinblick auf die Abmahnung vom 24.01.2012 eine Täter-Opfer-Konstellation nicht gegeben war. Wenn der Kläger insofern mit der Berufung einwendet, die Abmahnung sei wegen Verhaltensweisen erfolgt, die in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erfolgte, folgt hieraus nichts Anderes. Zu dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung befanden sich die Parteien in einem offenen, auch vor Gericht ausgetragenen Konflikt. In diesem Zusammenhang war auch die mit der Abmahnung - zu Unrecht, vergleiche das Teilurteil vom 05.07.2012 - sanktionierte Äußerung gefallen.

201

(d) Die wegen Selbstbeurlaubung erteilte Abmahnung vom 22.03.2012 hat keinen Schikanecharakter. Der Kläger wendet gegen das erstinstanzliche Urteil in diesem Zusammenhang ein, der Widerspruch zur Urlaubsnahme hätte ihm auch zugehen müssen. Zudem sei seine telefonische Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet gewesen und die Aufforderung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz sei erfolgt, als die Kernarbeitszeit schon beendet gewesen sei.

202

Auch wenn man eine betriebliche Übung dergestalt unterstellt, wie vom Kläger vorgetragen, wäre die ausgesprochene Abmahnung nicht mutwillig erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte zu 1) der Urlaubsnahme im Ergebnis widersprochen und dies dem Kläger per E-Mail mitgeteilt. Dass für einen solchen Widerspruch ein besonderer Grund vorliegen müsste, hat auch der Kläger nicht behauptet. Die Abmahnung war daher jedenfalls nicht offensichtlich ungerechtfertigt.

203

(4) Keines der beiden Zustimmungsersetzungsverfahren (6 BV 12/11 und 6 BV 20/11) wurde seitens der Beklagten zu 1) mutwillig betrieben. Weder die Betreibung der Verfahren als solches, noch die im Zusammenhang erfolgten Ermittlungen stellen ein Mobbing durch die Beklagte zu 1) dar. Auch insofern ist Maßstab nicht, ob der Antrag der Beklagten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung letztendlich begründet war, sondern allein, ob die Beklagte zu 1) aus ihrer Sicht die Einleitung des Verfahrens für sachlich gerechtfertigt halten konnte, ohne mutwillig zu handeln.

204

(a) Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 12/11 nicht willkürlich erfolgte. Insofern ist auch im Berufungsverfahren nicht dargetan, dass der Vorwurf der Datenspionage, der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde lag, seitens der Beklagten zu 1) wider besseren Wissen erhoben wurde.

205

i. Der Beklagten zu 1) ist ein Verschulden des Beklagten zu 3), nicht aber ein solches der Beklagten zu 2) bzw. des Beklagten zu 4) und des ehemaligen Beklagten zu 4), die zu diesem Zeitpunkt noch Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) waren, zuzurechnen. Nur der Beklagte zu 3) war zum relevanten Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bzw. der Erstellung der Untersuchungsberichte Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) im Sinne des § 278 BGB (vergleiche oben, S.27).

206

Es ist für die Zurechnung fremden Verschuldens gemäß § 278 BGB nicht ausreichend, dass der Vertragspartner bei Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe mit Rechtsgütern Dritter in Berührung kommen; vielmehr muss der Vertragspartner – wie oben dargelegt – im Pflichtenkreis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger tätig werden. Die Erstellung der Untersuchungsberichte ist keine Erfüllung bzw. Ausübung einer konkreten Leistungshandlung der Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger. Sie zielte im Vorbereitungsstadium einer je nach Untersuchungsergebnis zu treffenden (einseitigen) Maßnahme lediglich auf die Sachverhaltsaufklärung. Die Beklagte zu 2) war in keiner Weise damit beauftragt, gegenüber dem Kläger in Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Beklagten zu 1) aufzutreten; insbesondere hatte die Beklagte zu 1) ihr das ihr dem Kläger gegenüber zustehende Weisungsrecht nicht übertragen.

207

ii. Scheidet bereits die Zurechnung des Verschuldens der Beklagten zu 2) als Vertragspartnerin der Beklagten zu 1) aus, gilt dies erst recht für deren Beschäftigte, namentlich für den Beklagten zu 4) und den ehemaligen Beklagten zu 4). Diese mögen zwar als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2) in Betracht kommen, eine von dieser unabhängigen Zurechnung ihres Verschuldens gegenüber der Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB scheidet indes aus.

208

i. Wenn der Kläger mit der Berufung im Zusammenhang mit der Erstellung beider Untersuchungsberichte wiederholt auf die seinerseits behauptete Kenntnis der vorbenannten Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) hinsichtlich der Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 abstellt, ist dies für ein Verschulden der Beklagten zu 1) mithin nicht maßgeblich.

209

ii. Der mit der Berufung erfolgte Vortrag des Klägers, die Änderungen im Untersuchungsbericht 2 seien auf Drängen und in Kenntnis des Beklagten zu 3) erfolgt, ist unsubstantiiert und nicht beachtlich. Es wäre an dem Kläger gewesen, zumindest im Ansatz eine Tatsachengrundlage für diese Behauptung vorzutragen. So ist nicht ersichtlich, wann der Beklagte zu 3) auf welche Weise entsprechend in Kenntnis gesetzt worden sein soll.

210

iii. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1), bzw. der ihr zuzurechnende Beklagte zu 3), auch nicht aufgrund eigener Erkenntnisse wussten, dass der Vorwurf der Datenspionage zulasten des Klägers nicht begründet war. Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den entsprechenden Nachweis nicht geführt. Im Unterschied zu dem im Rahmen des (erfolglosen) Zustimmungsersetzungsverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstab (Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung) ist im hiesigen Verfahren wie dargestellt entscheidend, dass der dortige Antrag der Beklagten zu 1) mutwillig erfolgte. Hierfür ist auch in Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nichts ersichtlich.

211

Aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen war davon auszugehen, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Beklagten zu 3) erfolgt sind. Dass der Untersuchungsbericht 1 noch eine andere Aussage enthielt, steht diesem Befund angesichts der im Untersuchungsbericht 2 enthaltenen Entwurfshistorie aus Sicht eines objektiven Lesers nicht entgegen. Der Untersuchungsbericht 2 war durch den Zusatz „Version 1.0“ gegenüber dem als „Version 0.1“ bezeichneten Untersuchungsbericht 1 in allgemein gebräuchlicher Form als finale Version gekennzeichnet. Der verbindliche Charakter des Untersuchungsberichts 2 wird dadurch gestützt, dass dieser - im Unterschied zum Untersuchungsbericht 1 - durch den ehemaligen Beklagten zu 4) als verantwortlichen Autor und den Beklagten zu 4) als verantwortlichen Prüfer auf dem Deckblatt unterzeichnet ist.

212

Der Kläger hat trotz seiner umfangreichen Erörterungen in diesem Zusammenhang auch mit der Berufung nicht darlegen können, aus welchem Grund die Beklagte zu 1) davon ausgehen musste, dass das Ergebnis des dergestalt als verbindliche Version gekennzeichneten Untersuchungsberichts 2 keine verbindliche Aussage hinsichtlich dem dem Zustimmungsersetzungsverfahren zu Grunde liegenden Vorwurf haben sollte. Insbesondere ist eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis von der seitens des Klägers behaupteten Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 nicht durch die angebliche „IT-Affinität“ des Beklagten zu 3) erwiesen. Selbst wenn man diese „IT-Affinität“ als gegeben unterstellt, folgt hieraus nicht, dass die Beklagte zu 1) das Zustimmungsersetzungsverfahren in Kenntnis (behaupteter) falscher Tatsachen betrieb. Aus einer entsprechenden „Affinität“ folgt nicht, dass der Beklagte zu 3) zwingend um die vermeintliche Unrichtigkeit des Untersuchungsberichts 2 wusste.

213

Das Arbeitsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in verfahrensfehlerhafter Weise die Gutachten der Sachverständigen M. und St. verwertet und ist insbesondere nicht ohne hinreichende Auseinandersetzung mit allen Gutachten oder ohne ausreichende Begründung dem Gutachten St. gefolgt. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte zu 1, ggfs. in Zurechnung des Wissens des Beklagten zu 3 davon ausgehen musste, dass die dem Kläger im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Last gelegten Vorwürfe unzutreffend sind.

214

Der Kläger verkennt, dass das Arbeitsgericht entscheidend und aus Sicht der Berufungskammer zutreffend auch darauf abgestellt hat, dass im fraglichen Beschlussverfahren beide Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, wobei der Untersuchungsbericht 2 auf den Bericht 1 Bezug nimmt. Das Arbeitsgericht hat die Gutachten beider Gutachter in seine ausführlich begründeten Erwägungen einbezogen und sich nicht über die Aussagen eines Gutachters hinweggesetzt. Es hat vielmehr die Gutachten unter Berücksichtigung der weiteren Umstände eingehend und ausführlich gewürdigt. Soweit das Arbeitsgericht andererseits die Aussage des Gutachters M. im (ergänzenden) Gutachten vom 23.06.2013 (Bl. 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte):

215

„Hier wird kein besonderes Fachwissen benötigt um zu erkennen, dass dieser Bericht kein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Herr A. auf fremde E-Mails zugegriffen hat. Trotzdem wurde den Geschäftsführern zu arbeitsgerichtlichen Maßnahmen geraten….“

216

nicht dahingehend aufgegriffen hat, dass es von einer positiven Kenntnis des Beklagten zu 3 davon, dass der Kläger nicht auf das Postfach zugegriffen habe, ausging, ist dies auch in eigener Wertung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Schon nach dem Inhalt der gutachterlichen Äußerung ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt, da sie sich nur auf die Frage der Tauglichkeit als Beweismittel, nicht aber darauf bezieht, ob die Tatsache, deren Beweis der Bericht hat dienen sollen, vorlag oder nicht.

217

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 –wenn auch fahrlässig- den Untersuchungsbericht 2 dahingehend verstanden hat, dass die im Bericht 1 noch enthaltenen Einschränkungen der Verlässlichkeit nunmehr entfallen seien und er auf dieser Grundlage der Beklagten zu 1 zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens geraten hat. Jedenfalls war aus den Berichten nicht ersichtlich, dass der Kläger keinen Zugriff genommen hat.

218

Die Einleitung eines Kündigungsverfahrens auf einer solchen Grundlage stellt keine rechtswidrige Maßnahme dar, sondern ist ein sozial adäquates Verhalten. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen (S. 33 f. des Urteils). Im Hinblick auf den gegen eine (geplante) Kündigung gegebenen Rechtsschutz, der im Falle des Klägers im Rahmen des Beschlussverfahrens realisiert wurde, in welchem nach § 83 Abs. 1 ArbGG der Grundsatz der Amtsermittlung gilt, war die Beklagte nicht gehalten, vor Einleitung des Verfahrens weitere Untersuchungen durch Sachverständige und/oder den Einsatz einer speziellen Überwachungssoftware zu veranlassen.

219

Eine der Beklagten zu 1) zuzurechnende Kenntnis vermag der Kläger auch nicht mittels der mit der Berufung vorgebrachten Erklärungsvarianten hinsichtlich der im Rahmen des Beschluss- bzw. Strafverfahren erfolgten Vortrags der Beklagten zu 1) zu begründen. Diese als Hilfsbegründung zwar zulässigen (vergleiche BeckOK ZPO/von Selle, 19. Edition 2015, § 138 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) Ausführungen ersetzen keinen substantiierten Vortrag hinsichtlich der erforderlichen Kenntnis seitens der Beklagten zu 1) bezüglich der Unwahrheit der dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe.

220

Ein entsprechender Rückschluss folgt auch nicht aus den bei der Beklagten zu 1) bestehenden Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ bzw. „ReadAdmin“. Ob diese nachträglich eingerichtet wurden oder bereits im für beide Untersuchungsberichte relevanten Zeitraum existierten, lässt sich aufgrund der im Ortstermin vom 11.11.2011 festgestellten Manipulation der Sicherungsbänder schlechterdings nicht mehr nachweisen. Dies geht infolge der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zulasten des Klägers. Dass die Beklagte zu 1) oder eine ihr zuzurechnende Person die Veränderung vorgenommen hätte, ist ebenso wenig dargetan. Soweit sich der Kläger zu einer möglichen Täterschaft des ehemaligen Beklagten zu 4) einlässt, ist dies unerheblich; ein entsprechendes Verschulden wäre der Beklagten zu 1) mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 278 BGB nicht zurechenbar.

221

iv. Die Frage, ob die Beklagte zu 1) vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens die T. GmbH hinsichtlich des Aussagegehalts des Untersuchungsberichts 2 konsultiert hat, kann ebenfalls dahinstehen. Zum einen ist nicht vorgetragen, dass die T. GmbH die Beklagte zu 1) darüber informiert hätte, dass der Untersuchungsbericht 2 inhaltlich falsch wäre. Zum anderen wäre die Erteilung eines ergänzenden Prüfauftrags nur eine zusätzliche Maßnahme gewesen, zu der die Beklagte zu 1) angesichts des eindeutigen Inhalts des Untersuchungsberichts 2 nicht verpflichtet war. Darüber hinaus bestand in Berücksichtigung des im hiesigen Verfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs (keine Mutwilligkeit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens) keine Obliegenheit, weitergehende Ermittlungen anzustellen.

222

v. Aus dem gleichen Grund war die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet, zusätzlich zu den durch sie veranlassten Prüfung eine Software einzusetzen, um dem Tatvorwurf weiter nachzugehen.

223

(b) Auch das Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 betrieb die Beklagte zu 1) nicht mutwillig. In diesen Verfahren wurde dem Kläger, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich vorgeworfen, noch Ausdrucke der Logging-Dateien vorzuhalten. Dass er das Blackberry-Logging tatsächlich aktiviert hätte, war nie Verfahrensgegenstand. Damit ist auch das Berufungsvorbringen des Klägers bezüglich der Zuständigkeit für die Betreuung des Blackberry Services unerheblich.

224

(c) Die Beklagte zu 1) hat die Zustimmungsersetzungsverfahren nach Vorlage der Gutachten weiterbetrieben bzw. insofern Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt. Damit hat sie sich zulässiger rechtlicher Mittel bedient, ohne dass eine schikanöse Tendenz erkennbar wäre.

225

(4) Sofern sich der Kläger auf angebliche, falsche Verdächtigungen und die in diesem Zusammenhang stehenden Vorwürfe beruft, sind die Voraussetzungen eines Mobbingtatbestandes nicht dargetan.

226

Im Rahmen der Prüfung des vertraglichen Anspruchs sind Wertungen strafrechtlicher Bestimmungen nicht zwingend übertragbar (anders als im Rahmen der Prüfung eines deliktischen Anspruchs). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Zusammenhang, ob die getätigte Äußerung eine Anfeindung- und damit kein sozial-und rechtsadäquates Verhalten mehr darstellt (vergleiche LAG Nürnberg, Urteil vom 05.09.2006, 6 SA 537/04, juris; BAG, Urteil vom 08.05.2014, 2 AZR 249/13, Rn. 20, juris). Namentlich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass für eine Verletzung vertraglicher Pflichten eine wissentliche Falschbehauptung erforderlich ist; dies ungeachtet dessen, dass im Rahmen des § 186 StGB der Vorsatz des Täters sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung beziehen muss, da es sich insofern nach herrschender Meinung um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (vergleiche Schönke/Schröder/Lencker/Eisele, 29. Auflage 2014, § 186 StGB, Rn. 10).

227

(a) In Anwendung dieser Kriterien ist die aufgrund des Vorwurfs der Datenspionage aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsberichts 2 gestellte Strafanzeige durch die Beklagte zu 1) gegen den Kläger kein Mobbing. Wie vorstehend dargelegt steht nicht fest, dass seitens der Beklagten zu 1) Kenntnis hinsichtlich der Unwahrheit des zugrundeliegenden Vorwurfs gegeben war.

228

(b) Soweit der Kläger mit der Berufung in Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet, man habe ihn der Vorlage einer Festplatte mit privaten Daten des Beklagten zu 3) an den Betriebsrat verdächtigt, ist eine Substantiierung auch weiterhin nicht erfolgt. Ungeachtet dessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Verdacht jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet ausgesprochen wurde und eine entsprechende Äußerung nicht mutwillig erfolgte, weil neben dem Kläger auch andere Personen angesprochen wurden. Der Vortrag des Klägers, diese Befragung sei nur „pro forma“ erfolgt, ist nicht ausreichend substantiiert.

229

(c) Gleiches gilt sofern der Kläger nunmehr vorträgt, er sei im Rahmen der Führungskräfteversammlung am 14.07.2011 namentlich im Zusammenhang mit „den Vorwürfen“ benannt worden.

230

Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, welche Aussage der damalige Geschäftsführer im Rahmen der Führungskräfteversammlung über ihn unter namentlicher Nennung getätigt haben soll. Der seitens des Klägers angebotene Beweis würde sich damit als Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises darstellen. Die Erheblichkeit der unter Beweis gestellten Aussage ist mangels hinreichender Anhaltspunkte hinsichtlich des Gehalts der aufgestellten Behauptung durch das Gericht nicht zu beurteilen (vergleiche zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2009, II ZR 77/08, juris). Denn es ist nicht ersichtlich, für welche Vorfälle der Kläger als Täter benannt worden sein soll. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, da auch nach dem Vortrag des Klägers jedenfalls zwei Vorwürfe im Raum standen, namentlich der Vorwurf der Datenspionage sowie der der Aktivierung des Blackberry-Loggings.

231

Die Umkehr der Beweislast gemäß § 186 StGB greift mangels substantiiertem Vortrag nicht ein, ohne dass entschieden werden müsste, ob sie im Rahmen vertraglicher Ansprüche überhaupt anwendbar ist (vergleiche hierzu oben). Denn der Kläger hat im Hinblick auf die Tatsachenbehauptung, deren Erweislichkeit die Beklagte zu 1) gegebenenfalls zu belegen hätte, nicht hinreichend konkret vorgetragen.

232

(5) Auch auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung des behaupteten Verhaltens der Beklagten zu 1) lässt sich eine das Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht begründen.

233

(a) Insofern ist es erforderlich, dass den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

234

Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an substantiiertem Vortrag.

235

(b) Dabei hat die erkennende Kammer sich dem Umstand nicht verschlossen, dass zwischen beiden Parteien bereits seit längerem ein fortgesetzter Konflikt besteht; gerade solche Konflikte sind indes nicht ausreichend, um von einem zu missbilligenden Gesamtzusammenhang auszugehen. Auch länger anhaltenden, von beiden Seiten geführten Konflikten ist es inhärent, dass eine Täter-Opfer-Konstellation gerade nicht gegeben ist.

236

(c) Eine solche konnte auch im Übrigen nicht festgestellt werden. Sofern der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) habe gezielt nach Kündigungsgründen gesucht, ist dies in der Sache auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nur dann mobbingrelevant, wenn dem schikanöse Tendenzen zu Grunde liegen. Dies ließ sich allerdings auch in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielmehr waren die durch die Beklagte zu 1) betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren nicht mutwillig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem man Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, änderte, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht ersichtlich. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass die Löschung der Sicherungsbänder durch die Beklagte zu 1) selbst oder auf deren Veranlassung erfolgt wäre. Der Kläger hat vorgetragen, dass der ehemalige Beklagte zu 4) die Löschung vorgenommen habe bzw. dass diese ihm jedenfalls hätte auffallen müssen. Ein Verschulden des ehemaligen Beklagten zu 4) ist der Beklagten zu 1) indes wie oben dargelegt nicht zuzurechnen. Dass die Beklagte zu 1) den ehemaligen Beklagten zu 4) diesbezüglich beauftragt hätte, hat der Kläger nicht dargelegt. Ungeachtet dessen wäre dies ohnehin allenfalls als Indiz für eine für ein Mobbing erforderliche Systematik anzusehen.

237

2. Auch aufgrund deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen sind die auf Schadensersatz gerichteten Ansprüche des Klägers nicht begründet.

238

a. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aufgrund eines etwaigen Überwachungsverschulden scheidet aus; Mobbing liegt nicht vor.

239

b. Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund der seitens des damaligen Geschäftsführers im Rahmen der Führungskräfteversammlung getätigten Äußerungen aus.

240

Auch im Rahmen des § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 186 StGB ist der Kläger grundsätzlich für die Darlegung und den Beweis der haftungsbegründenden Umstände verantwortlich (vergleiche Palandt/Sprau, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 81).

241

Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass § 186 StGB dahingehend in das Deliktsrecht zu transformieren ist, dass die Beklagte zu 1) die Beweislast trifft, dass eine Tatsachenbehauptung bei Erfüllung des Tatbestands der üblen Nachrede im Übrigen zutreffend ist (vergleiche Münchener Kommentar/Wagner, 6. Auflage 2013, § 823 BGB, Rn. 438). Dies entbindet den Kläger indes nicht davon, darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 186 StGB im Übrigen erfüllt sind. Insbesondere hat der Kläger darzulegen, welche Tatsachen bzw. konkret: welche Vorwürfe der Geschäftsführer zu seinen Lasten geäußert haben soll. Dem wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Insofern hat der Kläger hinsichtlich der seinerseits behaupteten Äußerungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; sein Beweisangebot ist im Ergebnis ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (hierzu bereits oben).

242

f. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 831 BGB ist ebenso nicht gegeben.

243

§ 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigenständiger Haftungstatbestand (Palandt/Sprau, a.a.O., § 831 BGB, Rn. 1). Demgemäß haftet derjenige, der einen anderen zur Verrichtung bestellt für durch diesen in Ausübung der Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügte Schäden.

244

Hier kann offenbleiben, ob die Beklagten zu 2), 3), 4) und der ehemalige Beklagte zu 4) die Voraussetzungen eines Verrichtungsgehilfen im Sinne der Vorschrift erfüllen, was jedenfalls hinsichtlich der Beklagten zu 2) fraglich sein dürfte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Vorgenannten bei Verrichtung einer Tätigkeit einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllt haben.

245

g. Der Anspruch scheitert im Ergebnis jedenfalls an einer substantiierten Darlegung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der – unterstellten – deliktsrechtlich relevanten Rechtsgutsverletzung und der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigung.

246

(1) Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung, die eine Vermutungswirkung für diese Voraussetzung bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung annimmt, greift nicht ein. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine schadensersatzbegründende (Neben-)Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutverletzung geben ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris).

247

Wie festgestellt sind die gegenständlichen Vorfälle weder für sich genommen, noch in der Gesamtschau als Mobbing anzusehen. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes. Dass daneben eine weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung – das Auftreten der seitens des Klägers angeführten Erkrankungen im Zusammenhang mit Mobbingfällen – gegeben sein mag, ist unerheblich.

248

(2) Damit ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vor. § 249 BGB, Rn. 24; BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris).

249

Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

250

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

251

(a) Vor dem Hintergrund, dass ein systematischer Zusammenhang der Einzelhandlungen vorliegend gerade nicht gegeben ist (siehe oben), müsste der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Wenn er insofern zum einen vorträgt, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf Mobbing seitens der Beklagten zu 1) rückführbar, so ist dies bereits deshalb unbeachtlich, weil ein solches gerade nicht vorliegt.

252

(b) Wenn er darüber hinaus „vorsorglich hilfsweise“ geltend macht (vgl. Blatt 2403 der Akten), jede einzelne Handlung der Beklagten habe „die Erkrankungen“ verursacht, so bleibt sein Vortrag gänzlich unsubstantiiert. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch die Beklagten jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurden; insofern fehlt jeder Vortrag bezüglich eines Ursachenzusammenhangs hinsichtlich der (unterstellt) verwirklichten Handlungen und dem mit der Klage geltend gemachten Entschädigungsanspruch.

B.

253

Ein Entschädigungsanspruch ist auch gegen die Beklagte zu 2) aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

254

1. Wenn sich der Kläger darauf beruft, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) bestehe nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für den Einbezug des Klägers in den zwischen den Beklagten zu 1) und 2) geschlossenen Vertrag gegeben sind.

255

a. Hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlage steht dem Schadensersatzanspruch die fehlende haftungsbegründende Kausalität gleichermaßen entgegen. Auch im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruches ist der Anspruchsgläubiger in Bezug auf den Zurechnungszusammenhang vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet; die Umkehr der Beweislast gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nur für das (fehlende) Vertretenmüssen der Pflichtverletzung (vergleiche Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 280 Rn. 34 m. w. N.).

256

b. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Verletzung einer Pflicht aus dem Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) und 2) kausal für die seinerseits behauptete Erkrankung als Verletzung der Gesundheit (§ 253 Abs. 2 2. Var. BGB) war. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden haftungsbegründenden Kausalität.

257

2. Aus dem gleichen Grund scheidet ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 823 BGB bzw. § 831 BGB aus.

C.

258

Auch ein – hier mangels vertraglicher Beziehung allein in Betracht kommender – deliktischer Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 3) und 4) ist ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen jedenfalls mangels Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität nicht gegeben.

D.

259

Die Berufungskammer hat bei ihrer abschließenden Beratung auch den Schriftsatz des Klägers vom 31.05.2016 berücksichtigt und darüber beraten, ob die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist, § 156 ZPO. Ein zwingender Grund zur Wiedereröffnung im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Auch in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens § 156 Abs. 1 ZPO besteht für eine Wiedereröffnung keine Veranlassung. Neben Rechtsausführungen, die weitestgehend schon in früheren Schriftsätzen getätigt wurden, enthält der Schriftsatz auch keinen neuen Tatsachenvortrag.

III.

260

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.

(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.

(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.

(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.

(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere

1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente,
2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen,
3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2,
4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und
5.
die Auswirkungen des Beitrags.
Die Erkenntnisse sollen zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zusammengeführt werden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Das Gericht kann schon vor der mündlichen Verhandlung einen Beweisbeschluss erlassen. Der Beschluss kann vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt werden, soweit er anordnet

1.
eine Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter,
2.
die Einholung amtlicher Auskünfte,
3.
eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage nach § 377 Abs. 3,
4.
die Begutachtung durch Sachverständige,
5.
die Einnahme eines Augenscheins.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. September 2008 - 14/6 Sa 665/08 - aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 31. Januar 2008 - 3 Ca 149/05 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.696,86 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.848,43 Euro brutto seit dem 1. Juni 2005 und aus weiteren 11.848,43 Euro brutto seit dem 1. Juli 2005 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über Annahmeverzugsansprüche.

2

Der Kläger, ein promovierter Chemiker, war auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 9./30. April 2004 ab 1. Juni 2004 Fremdgeschäftsführer der Beklagten. Sein Jahresgehalt betrug 135.000,00 Euro und war in zwölf gleichen Raten am Ende eines jeden Monats zu zahlen. Die Beklagte war verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse auch zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Steuerlich wurde der damit verbundene geldwerte Vorteil mit 598,00 Euro brutto monatlich bewertet.

3

Unter der Überschrift „Verfallsfristen“ regelten die Parteien in § 13 des Anstellungsvertrags:

        

„(1)

Alle Ansprüche aus diesem Dienstvertrag und solche, die mit dem Dienstvertrag in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

        

(2)

Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von vier Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

In § 14 Abs. 4 des Anstellungsvertrags vereinbarten die Parteien die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

5

Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 28. April 2005 außerordentlich. Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Kläger die Erfüllung seines Vertrags und bat um die schriftliche Bestätigung seiner Freistellung. Ab 23. Juli 2005 bezog der Kläger Arbeitslosengeld.

6

Mit der beim Arbeitsgericht am 10. Mai 2005 eingereichten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung und zugleich unter Bezugnahme auf § 13 des Anstellungsvertrags sämtliche Vergütungsansprüche dem Grunde nach geltend gemacht. Beginnend mit Schriftsatz vom 27. Februar 2006 hat er mehrfach die Klage um Zahlungsanträge erweitert.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2005 zu zahlen,

        

an ihn 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2005 zu zahlen,

        

an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2005 abzüglich 560,79 Euro zu zahlen,

        

an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2005 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,

        

an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2005 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,

        

an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2005 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,

        

an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2007 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,

        

an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Ansprüche seien verfallen.

9

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 13. Dezember 2007 rechtskräftig festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. April 2005 aufgelöst wurde, sondern bis zum 31. Mai 2007 fortbestand.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der noch anhängigen Zahlungsansprüche abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils(§ 562 Abs. 1 ZPO),soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde. Bezüglich der Ansprüche für die Monate Mai und Juni 2005 ist die Klage begründet. Hinsichtlich der Zeiträume Juli bis Oktober 2005 sowie Dezember 2006 und Januar 2007 führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO). Insoweit ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif.

12

I. Die Ansprüche auf Zahlung der monatlichen Vergütungen sowie auf Ersatz des Schadens wegen der unterbliebenen Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung für die Monate Mai 2005 bis Oktober 2005 sowie Dezember 2006 und Januar 2007 abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds sind entstanden.

13

1. Die Beklagte schuldet für die fraglichen Monate Zahlung der monatlichen Vergütung iHv. 11.250,00 Euro brutto gem. § 611 iVm. § 615 Satz 1 BGB. Das Dienstverhältnis der Parteien endete erst am 31. Mai 2007. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2005 zur Erfüllung seines Vertrags entsprechend den Vereinbarungen auf und bat um die schriftliche Bestätigung seiner Freistellung. Hierin lag ein wörtliches Angebot der Dienstleistung gem. § 295 BGB(vgl. BGH 28. Oktober 1996 - II ZR 14/96 - zu II der Gründe, NJW-RR 1997, 537; 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - zu 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 88 = EzA BGB § 615 Nr. 100 ), welches der Kläger durch die Einreichung der Kündigungsschutzklage am 10. Mai 2005 und die gleichzeitige Geltendmachung seiner Zahlungsansprüche bestätigte. Die Beklagte nahm die Dienste des Klägers nach dem 28. April 2005 nicht mehr in Anspruch.

14

2. Der Kläger kann für die betreffenden Monate wegen des Entzugs der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs Schadensersatz statt der Leistung gem. § 283 Satz 1, § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB iHv. 598,00 Euro brutto monatlich verlangen. Die Beklagte war aufgrund des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen mit privater Nutzungsberechtigung zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung hatte Entgeltcharakter(vgl. BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 15, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 5. September 2002 - 8 AZR 702/01 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 280 nF Nr. 1 = EzA BGB § 615 Nr. 109; 2. Dezember 1999 - 8 AZR 849/98 - zu II 1 a der Gründe; 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - zu I der Gründe, BAGE 91, 379). Die Leistung wurde infolge des vertragswidrigen Entzugs des Dienstwagens wegen Zeitablaufs unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB. Deshalb steht dem Kläger nach § 283 BGB Schadensersatz statt der Leistung zu. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bemisst sich nach der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung (vgl. BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - zu III 2 der Gründe, BAGE 91, 379; 2. Dezember 1999 - 8 AZR 849/98 - zu II 3 der Gründe; 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 43, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17).

15

3. Von den monatlichen Bruttovergütungen ist das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld abzuziehen, weil insoweit der Anspruch des Klägers gem. § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bezog der Kläger im Juli 2005 Arbeitslosengeld iHv. 560,79 Euro und in den Monaten August 2005 bis Oktober 2005 sowie Dezember 2006 und Januar 2007 jeweils 1.869,30 Euro.

16

4. Die Vergütungen für Mai und Juni 2005 sind gem. § 288 Abs. 1, § 286 BGB zu verzinsen. Für die Folgemonate hat der Kläger Anspruch auf Verzinsung der gesamten Bruttovergütung nur bis zum Zeitpunkt des Eingangs des Arbeitslosengelds beim Kläger, danach kann er Zinsen lediglich auf den um das Arbeitslosengeld verminderten Betrag verlangen(vgl. BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - BAGE 101, 328, 340; Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 15 f., BAGE 126, 198). Die zur Bestimmung des Zinsanspruchs notwendigen Tatsachen hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies ist nachzuholen. Für die Monate Mai und Juni 2005 besteht hingegen Entscheidungsreife, weil der Kläger für diesen Zeitraum kein Arbeitslosengeld bezog.

17

II. Die Klageansprüche sind nicht gem. § 13 des Anstellungsvertrags verfallen. Der Kläger hat beide Stufen der Ausschlussfrist mit der Erhebung der Feststellungsklage gewahrt.

18

1. Der Kläger hat jedenfalls mit der am 20. Mai 2005 erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung alle hiervon abhängigen Ansprüche wirksam schriftlich geltend gemacht. Die Beklagte musste erkennen, dass der Kläger nicht nur den Bestand des Dienstverhältnisses, sondern auch die durch die Kündigung bedrohten regelmäßig fällig werdenden Einzelansprüche sichern wollte(vgl. Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 22, BAGE 126, 198; 28. November 2007 - 5 AZR 992/06 - Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30; 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 15, BAGE 118, 60).

19

2. Mit der Erhebung der Klage hat der Kläger die Ansprüche zugleich auch iSv. § 13 Abs. 2 des Anstellungsvertrags „gerichtlich geltend gemacht“. Die Klausel unterliegt den Auslegungsregeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Danach reicht für die gerichtliche Geltendmachung die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung aus, um das Erlöschen der vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche zu verhindern.

20

a) § 13 des Vertrags enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Beklagte hat den Anstellungsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es sich bei den Regelungen des Vertrags um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte(§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner Entscheidung, denn der Vertrag stellt einen Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar. Nach dem Vorbringen der Parteien konnte der Kläger auf den Inhalt der in § 13 des Vertrags enthaltenen Klausel auch keinen Einfluss nehmen(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

21

aa) Der Kläger hat bei Abschluss seines Anstellungsvertrags als Verbraucher iSv. § 13 BGB gehandelt.

22

(1) Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

23

(2) Weder der Abschluss des Anstellungsvertrags noch die Geschäftsführung einer GmbH stellt eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit dar. Die Geschäftsführung einer GmbH ist keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit(Hümmerich NZA 2006, 709, 710; Schmitt-Rolfes FS Hromadka S. 393, 396; Däubler/Dorndorf/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 2. Aufl. Einl. Rn. 47; vgl. zu Verbraucherkreditgeschäften: BGH 24. Juli 2007 - XI ZR 208/06 - Rn. 17, NJW-RR 2007, 1673; 15. Juli 2004 - III ZR 315/03 - zu II 2 b aa der Gründe, NJW 2004, 3039; 5. Juni 1996 - VIII ZR 151/95 - zu II 1 c bb der Gründe, BGHZ 133, 71). Maßgeblich für die Einordnung einer beruflichen Tätigkeit als selbständig ist neben der weitgehenden Freiheit von Weisungen, dass die Tätigkeit im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und im eigenen Verantwortungsbereich ausgeübt wird, so dass das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit unmittelbar selbst getragen wird. Der Geschäftsführer einer GmbH übt aber seine Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft aus. Überdies unterliegt er im Innenverhältnis den Weisungen der Gesellschafter. Wenn demgemäß die Geschäftsführung einer GmbH keine selbständige Tätigkeit iSd. § 13 BGB darstellt, so gilt dies erst recht für den Abschluss des Anstellungsvertrags, jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Geschäftsführer nicht zugleich als Gesellschafter über zumindest eine Sperrminorität verfügt und Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben kann(vgl. Hümmerich NZA 2006, 709, 710 ff.; Schmitt-Rolfes FS Hromadka S. 393, 396).

24

bb) Der Kläger konnte auf die in § 13 des Anstellungsvertrags enthaltenen Klauseln keinen Einfluss nehmen(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat ihre dem Kläger gegenüber gezeigte Bereitschaft zur Abänderung dieser Klauseln nicht nachvollziehbar dargelegt.

25

(1) Die Möglichkeit der Einflussnahme setzt voraus, dass der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner AGB ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verwendungsgegner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumt. Das Merkmal des „Einflussnehmens“ in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB entspricht dem „Aushandeln“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB(Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII 2 der Gründe, BAGE 115, 19; ErfK/Preis 10. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 24). In aller Regel schlägt sich eine Bereitschaft zum Aushandeln zwar in Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Bleibt es nach gründlicher Erörterung bei dem vorformulierten Text, weil der Betroffene nunmehr von der sachlichen Notwendigkeit überzeugt ist, so kann der Vertrag als das Ergebnis eines Aushandelns gewertet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt und dass dies dem Verwendungsgegner bei Abschluss des Vertrags bewusst war ( Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VI 1 und VII 2 der Gründe, aaO; BGH 3. April 1998 -  V ZR 6/97  - zu II 2 b der Gründe, NJW 1998, 2600 ; 3. November 1999 - VIII ZR 269/98 - zu II 2 b aa der Gründe mwN, BGHZ 143, 103 ).

26

(2) Die Möglichkeit der Einflussnahme muss sich auf die konkrete Klausel beziehen. Vorformulierte Bedingungen in einem Vertragswerk, die nicht ausgehandelt wurden, bleiben kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das folgt aus der Verwendung des Wortes „soweit“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 und § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(BGH 17. Mai 1982 VII ZR 316/81 - zu 1 b der Gründe, BGHZ 84, 109; 28. Mai 1984 - III ZR 231/82 - WM 1984, 1174; 12. Juni 1985 -  IVa ZR 261/83 - BB 1986, 21, 22; Däubler/Dorndorf/Bonin/Deinert/Dorndorf/Deinert § 305 BGB Rn. 25 mwN; Stoffels AGB-Recht 2. Aufl. § 6 Rn. 149).

27

(3) Ist die Möglichkeit der Einflussnahme streitig, muss der Verwender nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast den Vortrag des Verwendungsgegners, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klauseln freiwillig akzeptiert(vgl. Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII 2 der Gründe, BAGE 115, 19).

28

(4) Gemessen daran hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen. Der Kläger hat behauptet, zu keinem Zeitpunkt seien Verhandlungen geführt worden, in denen die Beklagte den Kernbereich gerade des § 13 des Anstellungsvertrags inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Kläger Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt habe. Hierauf hat die Beklagte lediglich erwidert, der Kläger habe aufgrund langwieriger Verhandlungen die Möglichkeit besessen, auf sämtliche Vertragsbestandteile Einfluss zu nehmen, auch soweit es Nebenpunkte des Vertrags betreffe. Das bloße Führen von Verhandlungen und deren Dauer dokumentieren jedoch nicht, dass der gesetzesfremde Kern der Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt wurde. Es genügt nämlich nicht, dass der Vertragsinhalt erläutert oder erörtert wird. Dementsprechend hätte es der Beklagten oblegen, konkret darzulegen, aus welchen Gründen sich für den Kläger erkennbar ihre Bereitschaft ergab, gerade die Regelung der „Verfallsfristen“ zur Disposition zu stellen. Dass der Kläger auf die Vergütung und die Laufzeit des Vertrags Einfluss genommen hat, lässt für sich genommen noch keinen Rückschluss auf die Möglichkeit der Einflussnahme auf andere Klauseln zu, zumal die veränderten Punkte nicht von Rechtsvorschriften abwichen, sondern die Hauptpflichten der Parteien betrafen.

29

3. § 13 Abs. 2 des Anstellungsvertrags ist dahin auszulegen, dass mit der Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung zugleich auch die hiervon abhängigen Zahlungsansprüche „gerichtlich geltend gemacht“ werden.

30

a) Vorformulierte Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind(vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13 ff., BAGE 124, 259; Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 23, BAGE 126, 198; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 39, BAGE 115, 372). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis ist auch der von den Vertragsparteien verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 36, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08  - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40 ).

31

b) Nach diesen Grundsätzen hat der Senat bereits zu einer zweistufigen Ausschlussfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Arbeitsvertrags entschieden, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage genüge, um das Erlöschen der vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers zu verhindern(Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - BAGE 126, 198). Aus Sicht eines Durchschnittsarbeitnehmers verlange das in einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist in der zweiten Stufe enthaltene Erfordernis des „Einklagens“ von Annahmeverzugsansprüchen, die von einem Kündigungsschutzprozess abhängen, nicht mehr als die Erhebung der Kündigungsschutzklage selbst. Dieses Erfordernis verdeutliche dem Arbeitnehmer nach allgemeinem Sprachgebrauch nur eine prozessuale Auseinandersetzung über den Anspruch. Er müsse eine entsprechende Klausel nicht so verstehen, dass sie dem Arbeitnehmer abverlange, in Unkenntnis vom Ergebnis eines Kündigungsschutzverfahrens unter Inkaufnahme eines unnötigen Kostenrisikos eine bezifferte Leistungsklage binnen einer bestimmten Frist jeweils nach Fälligkeit der Annahmeverzugsansprüche und etwaiger anderer Ansprüche erheben zu müssen. Von einem nicht rechtskundigen Arbeitnehmer könne nicht erwartet werden, dass er den prozessualen Begriff des Streitgegenstands und dessen Bedeutung kenne (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 27, aaO; vgl. auch BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 31 f., BAGE 120, 308 zur Unbilligkeit einer zweistufigen Ausschlussfrist in einer Betriebsvereinbarung). Diese Auslegung werde auch dem Zweck einer Ausschlussfristenklausel gerecht, denn schon mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage kann sich der Anspruchsgegner auf die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängigen Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden. Etwaige, ggf. auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu zweistufigen Ausschlussfristen in Tarifverträgen zurückgehende Auslegungszweifel (vgl. hierzu Senat 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - BAGE 118, 60) gingen nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 iVm. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) zu Lasten des Verwenders (vgl. Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, aaO.). Diese Ausführungen treffen erst recht auf eine Klausel zu, nach der nicht ein „Einklagen“ gefordert ist, sondern eine „gerichtliche Geltendmachung“ genügt.

32

c) Für das in vorformulierten Vertragsbedingungen eines Fremdgeschäftsführer-Anstellungsvertrags geregelte Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gilt das Gleiche. Auch ein Geschäftsführer, der über nicht mehr als rechtliche Grundkenntnisse verfügt, kann und muss eine entsprechende Klausel nicht als einen Hinweis auf das Erfordernis einer bezifferten Leistungsklage verstehen. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu tariflichen Verfallklauseln, die eine gerichtliche Geltendmachung erfordern, dass die Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht zur Wahrung der zweiten Stufe einer Ausschlussfrist ausreiche (vgl. Senat 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 16 mwN, BAGE 118, 60). Doch bedarf es zum Verständnis dieser Rechtsprechung vertiefter arbeitsrechtlicher und prozessualer Kenntnisse, die typischerweise bei einem Geschäftsführer nicht vorausgesetzt werden können. Im Übrigen würden etwaige Auslegungszweifel beim Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers ebenso wie bei einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Klausel nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 iVm. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) zu Lasten des Verwenders gehen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

                 

        

        

    Rolf Steinmann    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. März 2011 - 18 Sa 1170/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit Januar 2006 als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 15. Dezember 2006 gelten für das Arbeitsverhältnis die tariflichen Bestimmungen der Industrie der Steine und Erden im Lande Hessen. § 8 des Rahmentarifvertrags für die Arbeitnehmer der Industrie der Steine und Erden im Lande Hessen vom 27. April 2005 (im Folgenden: RTV) lautet:

        

„1.     

Ansprüche aus Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Zuschlägen jeder Art verfallen, wenn sie nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit bei dem Arbeitgeber geltend gemacht werden.

        

2.    

Alle sonstigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich erhoben werden.

        

3.    

Werden die Ansprüche abgelehnt, so verfallen sie, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden.“

3

Das Arbeitsverhältnis der Parteien war bis zum 31. Januar 2008 befristet.

4

Am 27. Februar 2008 unterzeichnete der Kläger ein mit „Empfangsbestätigung - Ausgleichsquittung“ überschriebenes Dokument, welches auszugsweise folgenden Inhalt hat:

        

„Anläßlich Ihres Austrittes zum 31.01.2008 übersenden wir Ihnen die nachfolgend aufgeführten Arbeitspapiere:

        

1.    

Lohnsteuerbescheinigung 2007 und 2008 und Lohnsteuerkarte 2008

        

2.    

Meldebescheinigung zur Sozialversicherung - Abmeldung

        

3.    

Lohnabrechnung Januar/Februar 2008

        

Bitte bestätigen Sie durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit der letzten Gehaltsabrechnung, den Empfang der o.g. Arbeitspapiere und, dass aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung keinerlei weitere Ansprüche gegen das Unternehmen bestehen.“

5

Im Zeitraum 6. Februar bis 12. April 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld iHv. 2.660,46 Euro.

6

Der Kläger erhob Befristungskontrollklage. Mit Schreiben vom 11. März 2008 bot die Beklagte den Prozessbevollmächtigen des Klägers dessen Prozessbeschäftigung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 17. März 2008 nahm der Kläger dieses Angebot an. In der Zeit vom 25. März bis zum 11. April 2008 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Am 13. April 2008 nahm der Kläger die Arbeit wieder auf. Die Beklagte vergütete im Rahmen der Prozessbeschäftigung nur die vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden mit einem Stundenlohn von 10,78 Euro brutto ohne Zuschläge und Sonderzahlungen. Entgeltfortzahlung an Feiertagen und Urlaubsentgelt erhielt der Kläger nicht. Insgesamt zahlte die Beklagte für die Zeit bis zum 30. September 2008 10.780,00 Euro brutto.

7

Das Arbeitsgericht Hagen stellte mit Urteil vom 12. August 2008 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung beendet wurde. Das den Parteien am 29. August 2008 zugestellte Urteil wurde rechtskräftig. Ab 1. Oktober 2008 wickelten die Parteien das Arbeitsverhältnis wieder vertragsgemäß ab.

8

Mit der am 9. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 1. Februar bis zum 30. September 2008 geltend gemacht. Für die Monate Februar bis April 2008 hat er den sich aus der Abrechnung für Januar 2008 ergebenden Gesamtbruttobetrag von 2.086,68 Euro zugrunde gelegt, wobei in diesem Betrag auch ein „Ausgleich Urlaub“ enthalten war. Für die Zeit vom 13. April bis zum 30. September 2008 hat er Vergütung für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden sowie Zuschläge für Sonntags-Nachtarbeit iHv. 75 % und für Schicht-Nachtarbeit iHv. 15 % beansprucht. Auf die Gesamtsumme hat der Kläger die bezogene Bruttovergütung und das Netto-Arbeitslosengeld angerechnet.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.231,89 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28. Juli 2009 abzüglich 2.660,46 Euro netto zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Alle Ansprüche seien verfallen. Den Ansprüchen des Klägers stehe zudem die unterzeichnete Ausgleichsquittung entgegen. Die verspätete Arbeitsaufnahme im Rahmen des Prozessbeschäftigungsverhältnisses gehe zulasten des Klägers. Das Gehalt für April mache der Kläger doppelt geltend. Auch lege der Kläger einen unzutreffenden Monatslohn zugrunde und berechne die Zuschläge falsch.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vergütungsansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. In welcher Höhe dem Kläger noch Ansprüche zustehen, kann der Senat nicht entscheiden. Es bedarf hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO).

13

I. Die Vergütungsansprüche des Klägers sind nicht gemäß § 8 Ziff. 3 RTV verfallen. Vielmehr ist § 8 Ziff. 3 RTV verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass mit Erhebung einer Bestandsschutzklage (Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage) die davon abhängigen Ansprüche wegen Annahmeverzugs im Sinne der tariflichen Ausschlussfrist gerichtlich geltend gemacht sind.

14

1. Mit einer Bestandsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer, ohne dass es einer bezifferten Geltendmachung bedarf, die erste Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für alle vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden(für die Kündigungsschutzklage ständige Rechtsprechung seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156).

15

2. Zugleich macht der Arbeitnehmer mit einer Bestandsschutzklage die vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche im Sinne der zweiten Stufe einer tarifvertraglich geregelten Ausschlussfrist „gerichtlich geltend“.

16

a) Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war für die Wahrung der zweiten Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist regelmäßig die Erhebung einer bezifferten Klage erforderlich (BAG 3. November 1961 - 1 AZR 302/60 - SAE 1962, 155; 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 20, BAGE 118, 60; 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 -). Die Frist für diese Klage wurde mit Zugang des Klageabweisungsantrags beim Arbeitnehmer in Gang gesetzt, ohne dass es einer ausdrücklichen Ablehnungserklärung bedurfte (BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 36; 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 18, aaO).

17

b) An dieser Rechtsprechung kann nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 (- 1 BvR 1682/07 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 197)nicht festgehalten werden. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Arbeitnehmer in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt werde, wenn das tarifliche Erfordernis einer gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die vom Ausgang einer Bestandsstreitigkeit abhängen, nach den bisherigen Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts ausgelegt und angewandt werde. Dem Arbeitnehmer werde insoweit eine übersteigerte Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche wegen Annahmeverzugs auferlegt. Die Art der Geltendmachung der Ansprüche auf Vergütung wegen Annahmeverzugs müsse dem Arbeitnehmer möglich und zumutbar sein. Das sei nicht der Fall, wenn er gezwungen werde, Ansprüche wegen Annahmeverzugs einzuklagen, bevor die Bestandsstreitigkeit rechtskräftig abgeschlossen sei. Damit erhöhe sich sein Kostenrisiko im Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

18

c) Tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit der Klage in der Bestandsstreitigkeit gerichtlich geltend gemacht sind.

19

aa) Die verfassungskonforme Auslegung von Rechtsnormen gebietet, die Wertentscheidungen der Verfassung zu beachten und die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung zu bringen (BVerfG 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 - Rn. 16, GRUR 2011, 223; 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 - BVerfGE 95, 64; 30. März 1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 - BVerfGE 88, 145; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 27 f., AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77; Voßkuhle AöR 125, 177). Ist eine Norm verfassungskonform auslegbar, ist für die Annahme ihrer Unwirksamkeit mit ggf. nachfolgender ergänzender Tarifauslegung kein Raum mehr.

20

bb) Die durch eine undifferenzierte tarifliche Regelung veranlasste verfassungswidrige Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche wegen Annahmeverzugs wird vermieden, wenn in der Erhebung der Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage die gerichtliche Geltendmachung der vom Ausgang dieser Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche liegt.

21

cc) Der Wortlaut des Tarifvertrags steht dieser verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Bereits zur Auslegung der zweiten Stufe einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelten Ausschlussfrist (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 31, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 22, BAGE 126, 198) hat der Senat entschieden, dass der Wortsinn eines „Einklagens“ bzw. einer „gerichtlichen Geltendmachung“ der vom Ausgang der Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche nicht zwingend verlange, dass gerade der Streitgegenstand „Vergütung“ zum Inhalt des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gemacht werden müsse (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 31, aaO; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 22, aaO). Eine an einen engen prozessualen Begriff des Streitgegenstands anknüpfende weitere Klage verlange eine solche Klausel nicht. Hinzu kommt, dass bei der verfassungskonformen Auslegung dem Wortsinn nur eine eingrenzende Funktion zukommt. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien die Formulierung in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwandt haben, steht der nunmehr verfassungsrechtlich gebotenen Neuinterpretation nicht entgegen.

22

dd) Die verfassungskonforme Auslegung des Merkmals „gerichtliche Geltendmachung“ berücksichtigt in angemessener Weise den Zweck einer zweistufigen Ausschlussfrist. Ausschlussfristen bezwecken, dem Schuldner zeitnah Gewissheit darüber zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er noch zu rechnen hat. Zulasten des Arbeitnehmers wirkende Ausschlussfristen sollen den Arbeitgeber vor der Verfolgung unzumutbarer Ansprüche bewahren, das sind regelmäßig solche, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht (so schon RG 27. Februar 1940 - RAG 162/39 - ARS Bd. 38 S. 355). Erhebt der Arbeitnehmer Bestandsschutzklage, kann der Arbeitgeber an der Ernstlichkeit der Geltendmachung der hiervon abhängigen Vergütungsansprüche nicht wirklich zweifeln. Schon mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage kann sich der Arbeitgeber auf die vom Ausgang dieser Streitigkeit abhängigen Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden. Ihm muss bewusst sein, dass ggf. auch über die Höhe der zu zahlenden Vergütung noch Streit entstehen kann und nicht selten auch entsteht. Dass die Ansprüche nicht in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entsprechenden Bestimmtheit geltend gemacht werden, ist - wie bei der Wahrung der ersten Stufe der Ausschlussfrist für Ansprüche, die vom Ausgang der Bestandsschutzstreitigkeit abhängen - aus verfassungsrechtlichen Gründen hinzunehmen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass durch den Zwang zur vorzeitigen Erhebung der Klage auch der Arbeitgeber unnötigen Kostenrisiken ausgesetzt würde.

23

ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen, nicht auf eine Kostenbelastung des Arbeitnehmers im Einzelfall abzustellen. Maßgeblich ist nicht der Umfang der wirtschaftlichen Belastung, die den Arbeitnehmer durch den Rechtsstreit trifft, sondern der Gesichtspunkt der Risikoerweiterung. Kann der Arbeitnehmer nicht das Obsiegen in der Bestandsschutzstreitigkeit abwarten, wird ihm ein prozessuales Risiko aufgebürdet, das die Durchsetzung des gesetzlichen Bestandschutzes beeinträchtigen kann. Die Frage der Wirksamkeit und der Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist von einer einzelfallbezogenen Prüfung der Kostenbelastung abhängig zu machen, führte zudem zu größter Rechtsunsicherheit. Es kann deshalb nicht darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer rechtsschutzversichert ist, Prozesskostenhilfe beanspruchen kann, ob er die - im Misserfolgsfall - unnötigen Kosten der Zahlungsklage aus eigenen Mitteln unproblematisch aufbringen oder sie durch eine strategisch günstige Antragstellung vermeiden könnte. Das Kostenrecht gilt für alle Parteien gleichermaßen, seine gesetzlichen Wertungen sind zwingend. Das erfordert zugunsten des durchschnittlich kundigen Arbeitnehmers als Tarifnormunterworfenen, der mit den Möglichkeiten einer kostengünstigen Prozessführung nicht vertraut ist, eine einheitliche Auslegung des Tarifvertrags.

24

ff) Durch die verfassungskonforme Auslegung bleibt das tarifliche Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die nicht vom Ausgang einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängig sind, erhalten. Im Übrigen wird die Entstehung einer Regelungslücke vermieden, die erst zu einer ergänzenden Auslegung berechtigen würde. Denn Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder nachträglich eine Regelung lückenhaft geworden ist. Hieran fehlt es bei verfassungskonformer Auslegung des Tarifvertrags.

25

II. Einer Anrufung des Großen Senats gemäß § 45 ArbGG bedarf es nicht, denn alle Senate des Bundesarbeitsgerichts sind gehindert, die frühere Auslegung zweistufiger tariflicher Ausschlussfristen aufrechtzuerhalten. Die Rechtsfrage, welche Anforderungen an die Wahrung der zweiten Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für Ansprüche, die vom Ausgang einer Bestandschutzstreitigkeit abhängen, zu stellen sind, ist wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 (- 1 BvR 1682/07 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 197) neu zu beantworten. Schon im Hinblick auf § 31 BVerfGG entfällt die Vorlagepflicht, wenn das Bundesverfassungsgericht die entscheidungserhebliche Rechtsfrage abweichend von der bisherigen Rechtsprechung selbst entschieden hat(vgl. BGH 21. März 2000 - 4 StR 287/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHSt 46, 17; 26. Januar 1977 - 3 StR 527/76 - NJW 1977, 686; 17. März 2011 - IX ZR 63/10 - Rn. 30, BGHZ 189, 1). Nichts anderes gilt, wenn es den Fachgerichten aufgegeben hat, einen bestimmten rechtlichen Komplex insgesamt anhand der von ihm entwickelten Maßstäbe neu zu gestalten (BGH 21. März 2000 - 4 StR 287/99 - zu II 2 b aa der Gründe, aaO; 5. August 1998 - 5 AR (VS) 1/97 - BGHSt 44, 171). Die rechtliche Grundlage der früheren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 (- 1 BvR 1682/07 - aaO) entfallen. Deshalb fehlt es an der für eine Anrufung des Großen Senats erforderlichen Identität der Rechtslage (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 81, NZA 2012, 1029).

26

III. Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

27

1. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs iSd. §§ 615, 293 ff. BGB lagen spätestens seit Erhebung der Befristungskontrollklage vor.

28

a) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Streiten die Parteien über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, genügt gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Berufung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt, er werde keine weitere Arbeitsleistung mehr annehmen. Dieses wörtliche Angebot kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandsschutzklage einreicht (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 13, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10 ; BGH 28. Oktober 1996 - II ZR 14/96 - zu II der Gründe, NJW-RR 1997, 537; 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - zu 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 88 = EzA BGB § 615 Nr. 100). Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von der Anwendbarkeit des § 296 BGB aus(zuletzt BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 36).

29

Wann im Streitfall ein wörtliches Angebot in diesem weit verstandenen Sinn vorlag, muss das Landesarbeitsgericht noch feststellen. Dabei wird es zu beachten haben, dass der Protest bereits vor Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses bekundet worden sein könnte. Spätestens mit Zustellung der Befristungskontrollklage war das wörtliche Angebot jedenfalls gegeben.

30

b) Das Angebot der Prozessbeschäftigung beendete den Annahmeverzug nicht. Zur Beendigung des Annahmeverzugs muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung als Erfüllung des mit dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrags annehmen. Nicht ausreichend ist hingegen, dass er dem Arbeitnehmer vorsorglich einen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristeten neuen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Bedingungen oder eine durch die rechtskräftige Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung auflösend bedingte Fortsetzung des Vertrags anbietet. Der Arbeitgeber muss vielmehr bei der Annahme unmissverständlich klarstellen, dass er zu Unrecht gekündigt bzw. zu Unrecht auf der Wirksamkeit der Befristung beharrt habe (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 14. November 1985 - 2 AZR 98/84 - BAGE 50, 164). Die Beklagte beschäftigte den Kläger erst wieder ab dem 1. Oktober 2008 zu den vertragsgemäßen Bedingungen.

31

c) Zweifel an der Leistungsfähigkeit und -willigkeit (§ 297 BGB) des Klägers bestehen nicht. Zwar war der Kläger vom 25. März bis zum 11. April 2008 arbeitsunfähig krank und somit nicht leistungsfähig. Dies führt indes nur dazu, dass dem Kläger für diesen Zeitraum die Ansprüche nicht als Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 BGB, sondern gemäß § 3 Abs. 1 EFZG als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zustehen.

32

d) Der Kläger muss sich für die Zeit vom 11. bis zum 25. März 2008 nicht gemäß § 615 Satz 2 BGB den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er in dieser Zeit bereits im Rahmen einer Prozessbeschäftigung bei der Beklagten hätte verdienen können. Geht es um eine Arbeitsmöglichkeit beim bisherigen Arbeitgeber, darf der Arbeitnehmer regelmäßig abwarten, ob ihm eine zumutbare Arbeit angeboten wird. Einer eigenen Initiative bedarf es nicht (BAG 11. Januar 2006 - 5 AZR 98/05 - Rn. 20, BAGE 116, 359; 22. Februar 2000 - 9 AZR 194/99 - zu II 2 bis 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97). Fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf, eine konkrete Tätigkeit zu verrichten, begründen kurzfristige Verzögerungen, die auf der Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten und der Überprüfung der Zumutbarkeit der angebotenen Prozessbeschäftigung in angemessener Zeit beruhen, noch kein Indiz für eine Böswilligkeit hinsichtlich des unterlassenen Zwischenerwerbs.

33

2. Die „Empfangsbestätigung - Ausgleichsquittung“ vom 27. Februar 2008 steht den Ansprüchen des Klägers nicht entgegen. Die im Präsens abgefasste Erklärung bezieht sich nur auf etwaige Ansprüche aus der Zeit bis zum Ablauf der Befristung am 31. Januar 2008 und nicht auf die streitgegenständlichen Ansprüche, die nach dem 31. Januar 2008 entstanden sind.

34

IV. Die Höhe der Ansprüche kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht selbst berechnen. Das Landesarbeitsgericht wird insoweit Folgendes zu beachten haben:

35

1. Für die Zeit vom 1. Februar bis zum 12. April 2008 steht dem Kläger zunächst die vertragliche bzw. tarifliche Vergütung zu. Wie hoch diese ist und für welche Arbeitsleistung die monatliche Vergütung geschuldet wird, bedarf der Aufklärung. Jedenfalls sind die für Januar 2008 abgerechneten Urlaubsabgeltungsansprüche insoweit nicht zu berücksichtigen. Soweit der Kläger für die Zeit bis zum 12. April 2008 Überstundenvergütung begehrt, ist § 4 Abs. 1a EFZG zu beachten.

36

2. Nicht zu beanstanden ist, dass der Kläger seine Ansprüche für die Zeit ab dem 13. April 2008 auf der Grundlage der im Rahmen des Prozessbeschäftigungsverhältnisses tatsächlich geleisteten Stunden berechnet.

37

3. Hinsichtlich der Zuschläge für Schicht-, Sonntags- und Nachtarbeit wird der Kläger die einzelnen Zeiträume, für die er Zuschläge verlangt, zu konkretisieren haben. Der Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf die den Schriftsätzen als Anlagen beigefügten Stundenaufstellungen oder sonstigen Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - NZA 2012, 939; BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der einzelnen Zeiträume, für die Zuschläge verlangt werden, hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen. Dies gilt im Streitfall gerade auch deshalb, weil die Schlüssigkeit der geltend gemachten Ansprüche davon abhängt, an welchen Wochentagen und zu welchen konkreten Uhrzeiten die Arbeit geleistet wurde. Die Höhe der Zuschläge richtet sich sodann nach § 3 Ziff. IV RTV. Hiernach ist für Arbeiten an Sonntagen in der Nacht ein Zuschlag von 75 % zu zahlen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten gilt dies auch, wenn die Nachtarbeit am Sonntag zugleich Schichtarbeit ist. Während § 3 Ziff. IV Buchst. c und Buchst. d RTV für Werktage ausdrücklich zwischen Nachtschichtarbeit und Nachtarbeit unterscheiden, findet sich eine solche Unterscheidung in § 3 Ziff. IV Buchst. e RTV für Sonntags-Nachtarbeit gerade nicht.

38

4. Das Landesarbeitsgericht wird ferner aufzuklären haben, auf welcher Grundlage dem Kläger eine Jahressondervergütung für 2008 zustehen könnte.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Mandrossa    

        

    Dirk Pollert    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23. Januar 2009 - 11 Sa 1056/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26. Mai 2008 - 15 Ca 10454/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der Kläger ist am 10. August 1945 geboren. Er war bei der Beklagten seit dem 21. April 1975 tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Vereinbarung vom 31. Juli/19. August 2000 am 31. August 2000. In dieser Vereinbarung heißt es ua.:

        

„…    

        

8.    

Nach Beendigung des Anspruchs auf Frühpensionsleistung wird das Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld nach Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R bzw. ihres jeweiligen Rechtsnachfolgers und der 51er-Regelung gezahlt.

        

…“    

        
3

Außerdem verwies die Vereinbarung auf die Regelungen der „Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen“ vom 30. Juni 2000 (künftig: BV 2000). Diese trifft hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung folgende Regelungen:

        

„…    

        

8.    

Ruhegeld

                 

Für das betriebliche Ruhegeld im Anschluss an die 51er-Regelung gelten die Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R nach folgender Maßgabe:

                 

a)    

Das ruhegeldfähige Diensteinkommen für die Ermittlung des betrieblichen Ruhegeldes bei Übertritt des ehemaligen Mitarbeiters in den endgültigen Ruhestand wird zum Zeitpunkt des Übertritts in die 51er-Regelung festgelegt.

                 

…       

        
                 

c)    

Das betriebliche Ruhegeld wird gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 berechnet. Dabei erfolgt eine Kürzung in dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Eintritt in die 51er-Regelung (m) zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres (n). Bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 57,5. Lebensjahres wird die Zeit vom Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahres zur Hälfte bei der Ermittlung der tatsächlich erbrachten Betriebszugehörigkeit (m) berücksichtigt. …

                          

Die Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch die Anhebung der Altersgrenze entstehen, werden gem. § 7 Nr. 2 der Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nicht ausgeglichen.

                 

…“    

        
4

Bei den Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung, die mit dem Gesamtbetriebsrat am 9. Februar 1989 abgeschlossen wurde (künftig: RL 1989). Die RL 1989 lauten auszugsweise:

        

„…    

        

Präambel

        

Durch die Neuregelung der Ruhegeldrichtlinien für die Mitarbeiter, die vor dem 01.04.1986 schon im Unternehmen beschäftigt waren, sollen die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens verringert und die künftige Belastung kalkulierbar gemacht werden. Dies soll insbesondere erreicht werden durch:

        

…       

        

-       

Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, daß die Renten aus der Sozialversicherung sinken.

        

…       

        
        

§ 2 Voraussetzungen für die Ruhegeldgewährung

        

(1)     

Voraussetzungen für die Gewährung von Ruhegeld sind:

                 

…       

        
                 

2.    

die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen

                          

a)    

der Vollendung des 65. Lebensjahres oder

                          

b)    

der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente …

        

§ 4 Höhe des Ruhegeldes

        

(1)     

Das Ruhegeld beträgt nach zehnjähriger Dienstzeit 35 v.H. des letzten … ruhegeldfähigen Diensteinkommens …

        

(2)     

Für jedes weitere vollendete Jahr, das der Mitarbeiter mehr als zehn Jahre ununterbrochen im Dienst des Unternehmens gestanden hat, steigt das Ruhegeld bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 v.H. und von da ab um 1 v.H. des letzten … ruhegeldfähigen Diensteinkommens.

                 

…       

        

(3)     

Der Höchstbetrag des Ruhegeldes darf 75 v.H. des letzten ruhegeldfähigen Diensteinkommens … nicht übersteigen.

        

…       

        
        

(5)     

Auf das Ruhegeld werden die Renten nach Maßgabe des § 6 angerechnet.

        

…       

        
        

§ 6 Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit

        

…       

        
        

(2)     

Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters - ohne Arbeitgeberbeteiligung - beruhen.

        

…       

        
        

§ 7 Minderung der gesetzlichen Renten

        

(1)     

Wenn sich die betrieblichen Ruhegeldleistungen aufgrund einer Verminderung des allgemeinen Rentenniveaus durch Änderungen in der Rentenformel (z.B. durch Änderungen der allgemeinen oder persönlichen Bemessungsgrundlage, der Steigerungssätze, der Bewertung von Zeiten u.a.) erhöhen, werden die Vertragspartner in Verhandlungen mit dem Ziel eintreten, eine Einigung darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang die Minderung des Rentenniveaus auszugleichen ist. Dem Gesamtbetriebsrat werden die entsprechenden Informationen rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Sollte eine Einigung der Vertragspartner innerhalb einer Frist von vier Monaten seit Beginn der Verhandlungen nicht erzielt worden sein, werden die Vertragspartner eine freiwillige Einigungsstelle einberufen, deren Spruch sie sich im voraus unterwerfen.

        

(2)     

Eine Kürzung der Sozialversicherungsrente des Mitarbeiters um Abschläge, die aufgrund vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand wegen der längeren Bezugsdauer der gesetzlichen Rente erfolgen, wird durch das Unternehmen nicht ausgeglichen und geht daher voll zu Lasten des Mitarbeiters.

        

…“    

        
5

Den Wortlaut der RL 1989 machte die Beklagte gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter dem 21. April 1989 in einer Broschüre bekannt. Diese enthält ein Vorwort, das sowohl arbeitgeberseitig als auch durch den Gesamtbetriebsrat unterzeichnet ist. Danach soll die Neuordnung der Ruhegeldrichtlinien ua. folgende „Zielvorstellung verwirklichen“:

        

„-    

Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, daß die Renten aus der Sozialversicherung sinken.“

6

Die Broschüre enthält zudem ein Berechnungsbeispiel, das den Fall eines Mitarbeiters behandelt, der mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand tritt und das flexible Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nimmt. Dieses soll danach 2.033,00 DM betragen. In dem Rechenbeispiel wird es hälftig nach § 6 Abs. 2 RL 1989 angerechnet. Eine Anrechnung einer nicht um die Abschläge wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme verminderten fiktiven gesetzlichen Rente ist in der Broschüre nicht erwähnt.

7

Der Kläger bezieht seit dem 1. September 2005 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 1.273,50 Euro. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahres muss er aufgrund des geringeren Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI einen Abschlag von 0,3 % pro Monat, dh. insgesamt iHv. 18 % hinnehmen. Ohne diese Abschläge beliefe sich die gesetzliche Rente auf 1.553,04 Euro monatlich. Bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers rechnete die Beklagte nicht nur die dem Kläger tatsächlich gezahlte gesetzliche Rente hälftig an. Vielmehr legte sie bei der hälftigen Anrechnung die abschlagsfreie Rente iHv. 1.553,04 Euro zugrunde.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Betriebsrente sei lediglich die tatsächlich gewährte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur Hälfte anzurechnen.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anrechnung von Sozialversicherungsrenten zur Ermittlung der ihm ab dem 1. September 2005 zu gewährenden Betriebsrentenleistungen auf maximal 50 % der ihm tatsächlich gewährten Sozialversicherungsrente iHv. 1.273,50 Euro monatlich zu beschränken.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält sich aufgrund von § 7 Abs. 2 RL 1989 für berechtigt, die fiktive, abschlagsfreie gesetzliche Rente hälftig anzurechnen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Feststellungsklage ist zwar zulässig. Sie ist aber unbegründet. Die Beklagte ist nach § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 RL 1989 berechtigt, bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers die Hälfte der gesetzlichen Rente anzurechnen, die der Kläger ohne Abschläge wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme erhalten hätte.

13

I. Die Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Sie betrifft ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen beschränken (BAG 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68). Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit hier nicht entgegen, da die Feststellungsklage zu einer prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung des zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkts führt (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - zu A III 2 b der Gründe, BAGE 79, 236).

14

II. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers nicht lediglich die ihm tatsächlich gewährte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hälftig zu berücksichtigen. Die Auslegung der RL 1989 ergibt vielmehr, dass die Beklagte berechtigt ist, die abschlagsfreie, nicht durch einen verringerten Zugangsfaktor gekürzte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hälftig in Anrechnung zu bringen. Das folgt aus § 7 Abs. 2 RL 1989, dessen Anwendbarkeit in Nr. 8 Buchst. c BV 2000 ausdrücklich angeordnet ist.

15

1. Betriebsvereinbarungen wie die RL 1989 sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. nur BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 953/06 - Rn. 20 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 37 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 22). Auf die Entstehungsgeschichte der Norm kann zurückgegriffen werden, wenn nach Wortlaut, Wortsinn und Gesamtzusammenhang der Betriebsvereinbarung Zweifel an dem Inhalt und dem wirklichen Willen der Betriebsparteien bestehen (vgl. für Tarifverträge BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 29 ff., ZTR 2010, 361).

16

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist § 7 Abs. 2 RL 1989 so auszulegen, dass bei der Berechnung der Betriebsrente nach § 6 Abs. 2 RL 1989 die ungekürzte nicht durch den Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI wegen vorgezogener Inanspruchnahme verringerte gesetzliche Rente anzurechnen ist.

17

a) Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut von § 7 Abs. 2 RL 1989.

18

Soweit es dort heißt, Abschläge aufgrund vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand wegen längerer Bezugsdauer der gesetzlichen Rente würden durch das Unternehmen nicht ausgeglichen, ist dies für sich genommen zwar nicht eindeutig. Die Formulierung kann bedeuten, dass eine derartige Kürzung der gesetzlichen Rente keine zusätzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers auslösen soll. Möglich ist jedoch auch eine Auslegung dahingehend, dass eine solche Kürzung bei der Anwendung der RL 1989 nicht zu erhöhten Leistungen des Arbeitgebers führen soll. Legt man die letztgenannte Auslegung zugrunde, ist nicht lediglich die tatsächlich gezahlte, sondern die nicht durch die Abschläge wegen des Zugangsfaktors nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI verringerte gesetzliche Rente hälftig anzurechnen.

19

Für das letztgenannte Verständnis spricht jedoch die in § 7 Abs. 2 RL 1989 enthaltene Formulierung, wonach derartige Abschläge „daher voll zu Lasten des Mitarbeiters“ gehen. Das kann nur erreicht werden, wenn die abschlagsfreie gesetzliche Rente berücksichtigt wird. Andernfalls verminderte sich der nach § 6 Abs. 2 RL 1989 anrechnungsfähige Betrag mit der Folge, dass die Verringerung der gesetzlichen Rente durch die Betriebsrente zumindest teilweise, nämlich hälftig, ausgeglichen würde und im Ergebnis nicht mehr „voll“ zu Lasten des Mitarbeiters ginge.

20

b) Dass die ungekürzte gesetzliche Rente zur Hälfte anzurechnen ist, ergibt sich ferner aus der Systematik der Betriebsvereinbarung. Legte man § 7 Abs. 2 RL 1989 dahingehend aus, dass die Kürzung der gesetzlichen Rente wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme keine zusätzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers über die sonst in der Versorgungsordnung vorgesehenen begründen soll, hätte die Bestimmung keinen Regelungsgehalt.

21

aa) Ein Anspruch auf Ausgleich von Nachteilen durch mögliche Kürzungen der gesetzlichen Rente ist in der Versorgungsordnung nicht vorgesehen. Es bedarf deshalb keiner Sonderregelung, wie sie § 7 Abs. 2 RL 1989 enthält, um ihn auszuschließen.

22

bb) Die Norm ist auch nicht als Ausnahmeregelung zu der in § 7 Abs. 1 RL 1989 enthaltenen Verhandlungspflicht zu verstehen.

23

Das käme nur dann in Betracht, wenn die Verhandlungspflicht in § 7 Abs. 1 RL 1989 darauf gerichtet wäre, eine Verschlechterung des gesetzlichen Rentenniveaus durch Leistungen des Arbeitgebers auszugleichen. Nur dann ergäbe es einen Sinn, lediglich für den Fall, dass Abschläge bei der gesetzlichen Rente wegen deren vorgezogener Inanspruchnahme eingeführt werden, den Arbeitgeber nicht zu derartigen Verhandlungen zu verpflichten. Die Verhandlungspflicht in § 7 Abs. 1 RL 1989 zielt jedoch darauf ab, für den Fall der Verschlechterung des Rentenniveaus zu klären, ob die RL 1989 weiter unverändert angewandt oder zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden sollen, um ein Anwachsen der Versorgungsverpflichtungen der Beklagten aufgrund der in den RL 1989 vorgesehenen Gesamtversorgung ganz oder teilweise zu verhindern. Das ergibt sich aus der Präambel der RL 1989. Danach sollte die Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, dass die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sinken, erreicht werden. Dazu stünde eine Verhandlungspflicht mit dem Ziel, das Leistungsniveau aus der betrieblichen Altersversorgung für die Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger in diesem Fall zu verbessern, im Widerspruch.

24

c) Für die Auslegung von § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 RL 1989 dahingehend, dass die hälftige ungekürzte gesetzliche Rente bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen ist, sprechen zudem die Umstände, unter denen die RL 1989 zustande kamen.

25

Zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Richtlinien am 9. Februar 1989 waren bei dem Bezug der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 63. Lebensjahres keine Abschläge wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorgesehen. Die Altersrente konnte unter bestimmten Voraussetzungen bereits mit dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen werden (§ 25 Abs. 1 AVG, § 1248 Abs. 1 RVO). Die Rente berechnete sich nach der gleichen Formel wie bei Inanspruchnahme mit 65 Jahren, nämlich in Abhängigkeit von den anrechenbaren Versicherungsjahren (§ 31 Abs. 1 AVG, § 1254 Abs. 1 RVO).

26

Abschläge für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres wurden erst durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261 ff.) eingeführt. Dies war bei der Vereinbarung der RL 1989 am 9. Februar 1989 bereits absehbar. Der maßgebliche förmliche Gesetzesentwurf ist unter dem 7. März 1989 in das parlamentarische Verfahren eingebracht worden (BT-Drucks. 11/4124). Dies war nach der Präambel erkennbar der Grund für die Regelung in § 7 Abs. 2 RL 1989. Dadurch sollte verhindert werden, dass wegen der künftigen Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente eine höhere Betriebsrente zu zahlen war. Angesichts der erst bevorstehenden Rentenreform lag es nahe, die Konsequenzen der möglichen Minderung der gesetzlichen Renten für die betriebliche Altersversorgung in § 7 RL 1989 zusammenzufassen und auch die Folgen der voraussehbaren Einführung von Abschlägen wegen vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente dort und nicht in § 6 Abs. 2 RL 1989 zu regeln.

27

Aus den zeitlichen Zusammenhängen erklärt sich auch der Inhalt der von den Betriebsparteien erstellten Broschüre und das darin enthaltene Berechnungsbeispiel, wonach auch bei vorgezogener Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente lediglich die Hälfte der tatsächlich bezogenen Rente, nicht aber einer abschlagsfreien fiktiven Rente angerechnet wurde. Die Broschüre stammt vom 21. April 1989. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Abschläge bei der gesetzlichen Rente für deren vorgezogene Inanspruchnahme. Inwieweit für die Auslegung der Betriebsvereinbarung auf diese Broschüre überhaupt zurückgegriffen werden könnte, kann daher dahinstehen.

28

d) Diese Auslegung von § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 RL 1989 ist auch sachgerecht und gesetzeskonform. Betriebsrentenrechtliche Wertungen stehen ihr nicht entgegen. Das gilt sowohl für den originären Anwendungsbereich der RL 1989 als auch für den Fall des Klägers, der vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und die Betriebsrente vorgezogen in Anspruch genommen hat.

29

aa) Nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts gibt ein Arbeitnehmer, der vor Erreichen der festen Altersgrenze - nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 1989 ist dies das 65. Lebensjahr - aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und die betriebliche Altersversorgung auch vor der festen Altersgrenze in Anspruch nimmt, in der Regel Anlass zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten: Einmal wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zum Zeitpunkt der festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen ergibt sich eine Verschiebung des in der Versorgungsordnung festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung daraus, dass er die erdiente Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. dazu für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens vor Eintritt in den Ruhestand und der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente vor Erreichen der festen Altersgrenze BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 716/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 32 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 88).

30

bb) Die RL 1989 tragen dem ersten Aspekt dadurch Rechnung, dass sich die Höhe des Ruhegeldes prozentual nach der anrechnungsfähigen Dienstzeit richtet (§ 4 RL 1989). Nr. 8 der BV 2000 deckt diesen Gesichtspunkt dadurch ab, dass das betriebliche Ruhegeld - mit leicht verbessernden Regelungen zugunsten der Versorgungsberechtigten - nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitanteilig im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Damit wird die gesetzliche Wertung bei vorzeitigem Ausscheiden von den Betriebsvereinbarungen berücksichtigt.

31

Hinsichtlich des zweiten Gesichtspunkts enthalten weder die RL 1989 noch die BV 2000 Regelungen. Insbesondere ist für das betriebliche Ruhegeld kein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen, obwohl ein solcher in der Versorgungsordnung hätte festgelegt werden können. Der Senat hat bislang grundsätzlich einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,5 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente gebilligt (vgl. nur BAG 13. Dezember 2005 - 3 AZR 214/05 - Rn. 66 f., AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 5). Im Vergleich dazu ist die hier in Rede stehende Regelung höchst moderat. Es wird zu Lasten des Versorgungsempfängers lediglich die Hälfte eines Abschlags von 0,3 % pro Monat nicht von dem durch die Versorgungsordnung festgelegten Versorgungsniveau, sondern von der gesetzlichen Rente berücksichtigt.

32

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Fasbender    

        

    Lohre    

                 

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in zwei in der Revisionsinstanz verbundenen Verfahren darüber, ob der Klägerin für die Vergangenheit und die Zukunft ein Schadensersatzanspruch wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung und zu dessen künftiger Bezifferung Auskunftsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Darüber hinaus verlangt die Klägerin immateriellen Schadensersatz und stellt einen Feststellungsantrag betreffend Schadensersatz für den Zeitraum ab Dezember 2006.

2

Der Beklagte ist ein rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein. Er gliedert sich in zehn Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen. Eine Generaldirektion befindet sich in B, die andere in M. Beide haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorsteht, die - mit Ausnahme der Klägerin - bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/in bezeichnet wurden. Übergeordnet war die Personaldirektion mit dem Personaldirektor. Dieser wird seit dem 10. Dezember 2006 als Personalleiter, die Personaldirektion als Personalabteilung bezeichnet.

3

Die 1961 geborene Klägerin hat 1986 eine Ausbildung zur „staatlich geprüften Betriebswirtin“ erfolgreich beendet. Sie war bei früheren Arbeitgebern ua. in der Personalentwicklungsarbeit tätig. Seit Mitte 2007 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.

4

Die Klägerin war am 1. Januar 1993 bei dem Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. Juli 1995 wurde ihr die Stellvertretung für die Personalverwaltung in B mit 340 Mitarbeitern übertragen. Ab Mai 2001 war die Klägerin in Teilzeit für die Beklagte tätig. Mit Wirkung ab 1. Januar 2006 wurde sie zur Abteilungsleiterin der Abteilung Personalverwaltung in der Personaldirektion B ernannt. Auf Basis einer „Zusatzvereinbarung“ zum Anstellungsvertrag wurde sie ab 1. Oktober 2006 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35,79 Stunden beschäftigt. Im Jahre 2007 erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 4.647,24 Euro. In Zwischenzeugnissen vom 31. Januar 1999 und 16. Februar 2007 wurde der Klägerin bescheinigt, dass sie „stets“ bzw. „jederzeit“ ihre Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt habe.

5

Mitte der 1990-iger Jahre war Personalleiterin der Generaldirektion B Frau G und der Generaldirektion M Frau S. Beide sind Juristinnen. Hierarchisch stellte der Beklagte die Personalleiter den Abteilungsdirektoren gleich. Frau S ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und war 1990 vom Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G kommissarisch die Leitung der Personaldirektion und Frau S wurde zu ihrer Stellvertreterin berufen. Frau G schied Ende September 1999 bei dem Beklagten aus. Faktisch leitete die Klägerin im Jahre 1999 die Personalverwaltung der Generaldirektion B für fünf Monate bis Dr. Mü von dem Beklagten als Nachfolger für Frau G eingestellt wurde. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Mit Wirkung vom 1. Januar 2001 wurde ihm die Amtsbezeichnung „Personaldirektor“ verliehen. Wegen Mutterschutzes und Erziehungsurlaubs/Elternzeit war die Personalleiterin der Generaldirektion M S vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht berufstätig. Seither arbeitet sie in Teilzeit. Ihr obliegt im Wesentlichen die juristische Sachbearbeitung der Personaldirektion (ab Dezember 2006: Personalabteilung). Aufgaben der Personalleitung nimmt sie seither nicht mehr wahr. Wegen ihres absehbaren Ausfalles suchte der Beklagte mit Anzeige von Anfang August 1999 befristet für ca. zwei Jahre eine/n Personalleiter/in für M. In der Anzeige wurde ein Schwerpunkt „konzeptionelle Personalarbeit“ ebenso wenig erwähnt, wie das Erfordernis eines Hochschulabschlusses. Nachdem an einer befristeten Einstellung kein Bewerber Interesse gezeigt hatte, wurde zum 1. Januar 2000 Herr R als Personalleiter der Generaldirektion M unbefristet mit einer 40-Stunden-Woche eingestellt. Der 1960 geborene und an einer Hochschule ausgebildete Diplom-Ökonom mit dem Ausbildungsschwerpunkt Personalwesen, Unternehmensführung und Organisation war bei dem Beklagten von Anfang an der Ebene der Abteilungsdirektoren, dh. mindestens einer Ebene über der Klägerin, zugeordnet. Zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Juli 2008 verdiente Herr R 28.214,66 Euro mehr als die Klägerin. Darin enthalten ist eine variable Vergütung für 2007 in Höhe von 8.291,00 Euro. Bei dieser Differenzberechnung ist die Teilzeittätigkeit der Klägerin entsprechend berücksichtigt.

6

Zum 1. Juli 2001 wurde der Personalleiter der Generaldirektion B und Personaldirektor Dr. Mü mit gleichbleibendem Aufgabenbereich nach M versetzt. Nachdem er zunehmend Justitiariatsaufgaben erfüllte, übernahm die Klägerin spätestens ab Sommer 2003 - nach ihrem Vorbringen ab 2002 - die Aufgaben der Personalverwaltung B. Entsprechend wurde sie in den Jahrbüchern des Beklagten als zuständig für die Personalverwaltung B bezeichnet und zwar ab 2002 als Personalreferentin und ab 2006 als Abteilungsleiterin.

7

Zu ihren Aufgaben im Bereich der Personalentwicklung gehörte ua. im Jahre 1994 die Erstellung eines Anforderungsprofils zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems. 1993/1994 und 1999 entwickelte sie ein Konzept zur Erstellung von Stellen- und Tätigkeitsbeschreibungen. Für den Standort B führte sie konzeptionell und organisatorisch Mitarbeiterbeurteilungsgespräche durch. Nach der Übertragung der Traineeausbildung in den Jahren 1999/2000 auf den Personalbereich entwickelte die Klägerin hierzu ein Konzept. Auch führte sie Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen zur DIDAS-Datenbank durch.

8

Zu den Aufgaben, welche die Klägerin und Herr R jedenfalls bis zum 9. Dezember 2006 beide wahrgenommen hatten, gehörte die Leitung der Personalverwaltung der jeweiligen Generaldirektion. Dazu zählte ua. die Personalbetreuung mit dem Führen von Bewerbungsgesprächen, Abfassen von Abmahnungen, Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen, die Kontroll- und Verantwortungsfunktion für die unterstellten Mitarbeiter sowie Tätigkeiten der eigenen allgemeinen Personalentwicklungsarbeit. Beide waren im selben Umfange zeichnungsberechtigt.

9

Anfang 2006 teilte Dr. Mü der Klägerin mit, dass er wohl die Leitung der neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen werde. Als sein Nachfolger für die Personaldirektion komme aus seiner Sicht Herr R oder ein Externer in Betracht.

10

Im Dezember 2006 hatte die Personalstruktur beim Beklagten folgende Gestalt:

        

        

Männer

Frauen

Gesamt

        

Vorstand

3       

0       

3       

        

Direktoren

15    

0       

15    

        

Bezirksdirektoren

9       

0       

9       

        

Abteilungsdirektoren

8       

4       

12    

        

Stellv. Bezirksdirektoren

3       

1       

4       

        

Abteilungsleiter

12    

19    

31    

        

Fachreferenten

2       

3       

5       

        

Fachjuristen

6       

1       

7       

        

sonstige AT-Mitarbeiter

34    

24    

58    

        

gesamter AT-Bereich

92    

52    

144     

        

Gesamtbelegschaft

348     

780     

1128   

        

Gesamtbelegschaft in %

31 %   

69 %   

        
11

Zu dieser Zeit waren in den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte waren Frauen. Der Aufsichtsrat des Beklagten bestand aus 19 Männern und zwei Frauen.

12

Am 9. Dezember 2006 erfuhr die Klägerin von Dr. Mü, dass Herr R sein Nachfolger werden solle. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ua. um schriftliche Präzisierung der geplanten Maßnahme und um Mitteilung, wie sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie und ihre Befugnisse darstellen sollten. Mit Aushang vom 10. Dezember 2006 informierte der Beklagte darüber, dass Herr Personalleiter R „mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung der GD M die Personalleitung für die GD B und die Bezirksdirektionen“ übernehme.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2006 wies die Klägerin gegenüber dem Vorstandsmitglied Dr. H ua. darauf hin, dass ihr nicht klar sei, wie sich ihre Stellung in der Betriebshierarchie darstelle und mit welchen Verantwortlichkeiten sie ausgestattet bleibe und werde. Darüber hinaus sehe sie eine frauenspezifische Benachteiligung bei der Beförderungsentscheidung. Auch kämen auf der wirklichen Führungsebene Frauen nicht an, obwohl das Unternehmen weiblich dominiert sei.

14

Anlässlich eines Gespräches am 20. Dezember 2006 in B zwischen Herrn R, der Klägerin und den drei weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen der Personalverwaltung erläuterte Herr R, dass es künftig die Begriffe Personaldirektion und Personalverwaltung nicht mehr geben werde. Stattdessen existiere nur noch eine Personalabteilung, die aus der „Personalabteilung M“, die er leite, sowie aus der „Personalabteilung B“, welche die Klägerin leite, bestehe. Die Klägerin bat darum, ihr diese unveränderte hierarchische Einordnung schriftlich zu bestätigen, was Herr R zusagte.

15

Am Nachmittag dieses Tages äußerte Herr R in einem weiteren Gespräch mit der Klägerin, sie solle sich überlegen, wie sie ihre berufliche Zukunft sehe. Über dieses Gespräch hat die Klägerin einen Aktenvermerk gefertigt.

16

Das Mitglied des Vorstandes der Beklagten Dr. H teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. Januar 2007 ua. Folgendes mit:

        

„Der Vorstand hat entschieden, die Personaldirektion in ‚Personalabteilung‘ umzubenennen. ‚Personalabteilung‘ ist ein feststehender Begriff und für die Funktion in zahlreichen Unternehmen gebräuchlich.

        

Die fachliche und disziplinarische Leitung der Personalabteilung übernimmt der Personalleiter, Herr R.

        

Weiterhin hat der Vorstand entschieden, den Begriff ‚Personalverwaltung‘ abzuschaffen. Im Ergebnis gibt es innerhalb der GE eine Personalabteilung, welche zukünftig als Einheit GE-weit als Dienstleister tätig ist. Sie selbst sind innerhalb der Personalabteilung weiterhin als Abteilungsleiterin tätig. In dieser Funktion unterstehen Sie fachlich und disziplinarisch dem Personalleiter.

        

Die Besetzung der Position des Personalleiters durch Herrn R wurde ausschließlich aus fachlichen Erwägungen heraus getroffen. Gründe für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts sind nicht gegeben. ...

        

Ich fordere Sie daher auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen Ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R, nachzukommen. Dies bedeutet insbesondere, die durch den Vorstand beschlossene neue Organisationsstruktur des Personalbereichs im Rahmen der mittelfristigen Unternehmensplanung aktiv unternehmensintern und -extern mit umzusetzen.“

17

Diesem Schreiben heftete ein Klebezettel von Herrn R an, wonach er den Inhalt mit Dr. Mü abgesprochen habe und keine arbeitsrechtlichen Bedenken bestünden.

18

Mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 6. Februar 2007 lies die Klägerin darauf hinweisen, dass sie als Frau diskriminiert worden sei. So erhalte sie insbesondere ein deutlich geringeres Gehalt als Herr R und sei bei dessen Beförderung diskriminierend übergangen worden. Auch seien ihre Kompetenzen und Befugnisse beschränkt worden. Gleichzeitig machte sie Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens geltend, den sie auch bezifferte. Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2007 ua., dass sich durch die Umbenennung der Personaldirektion in „Personalabteilung“ an der Position der Klägerin zunächst nichts verändere. Sie sei beauftragt mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft werde, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen, insbesondere auch auf der Leitungsebene in M und B erforderlich seien. Die im Schreiben des Vorstandes vom 3. Januar 2007 enthaltene Anmahnung zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten sei kein Vorwurf der Schlecht- bzw. Minderleistung. Es habe nur bedeutet, dass die Klägerin verpflichtet sei, innerhalb der bestehenden Hierarchie und Organisationsstrukturen ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und den Weisungen ihres direkten Vorgesetzten, Herrn R, nachzukommen.

19

Am 11. April 2007 traf sich in M eine Projektgruppe „Gehaltsbänder“, deren Lenkungsgremium die Klägerin angehörte. Die Einladungen der Teilnehmer waren mittels zweier E-Mails durch Frau Ha erfolgt. In den Adresszeilen waren ua. die Namen der Klägerin und des Herrn R aufgeführt. Auf die Äußerung der Klägerin: „Guten Morgen, Herr R“ erwiderte dieser den Gruß nicht, sondern entgegnete: „Was wollen Sie denn hier? Wer hat Sie denn eingeladen? Ich hätte Sie nicht eingeladen.“ Bei einem Treffen am nächsten Tag in B erläuterte Herr R seine Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin an solchen Veranstaltungen künftig per Videokonferenz teilnehmen solle. Dies diene der Kostenersparnis und ihrem effizienteren Einsatz. Als die Klägerin entgegnete, dass sie eine weitere Teilnehmerin aus dem B Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, antwortete Herr R, dass dies etwas ganz anderes sei.

20

Nach Einreichung der Klage mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 (Klageeingang am selben Tage) fand am 22. August 2007 in M ein außergerichtliches Vergleichsgespräch statt. In dessen Verlauf äußerte Dr. Mü, die Klägerin solle sich genau überlegen, ob sie einen längeren Rechtsstreit durchstehen könne, weil solche Prozesse für Arbeitnehmer generell sehr belastend seien. Auch solle sie prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte hierzu, ein längerer Prozess könne auch für die vom Beklagten benannten Zeugen unangenehm sein. Während dieses Wortwechsels erklärte Dr. Mü auch, seine Ausführungen erfolgten „off records“.

21

Mit Aushang vom 7. Januar 2008 machte der Beklagte bekannt, dass Herr R „Personalleiter der GD B, GD M und der Bezirksdirektionen“ mit Wirkung ab 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal ernannt“ wurde.

22

Bis zur Schließung der Bezirksdirektion Ha am 30. September 1997 war Frau W dort als Bezirksdirektorin beschäftigt. Sodann wurde ihr die Position einer Sachgebietsleiterin (organisatorisch unter dem Bezirksdirektor eingestuft) in der Bezirksdirektion N angeboten, welche sie auch annahm. Drei Monate später wurde dort die Position der Leitung der Bezirksdirektion an Herrn Ba, Direktor der Direktion Außendienst in der Generaldirektion M, ohne Ausschreibung neu vergeben.

23

Mit Anzeige vom 9. April 2005 suchte der Beklagte für den Standort D eine/n Bezirksdirektor/in. Bewerber/Bewerberinnen sollten über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verfügen. Die Bewerbung der Frau Gr, der dortigen stellvertretenden Bezirksdirektorin, fand keine Berücksichtigung, obwohl sie über das gewünschte Studium verfügte. Nachdem zum Bewerbungsgespräch nur männliche Bewerber eingeladen worden waren, wurde ein Bewerber eingestellt, der über kein Hochschulstudium verfügt, sondern staatlich geprüfter Betriebswirt ist.

24

Anlässlich einer Abteilungsvideokonferenz im April 2008 zwischen den Standorten B und M sprach Herr R auf einen Beitrag der Klägerin diese als „Frau C“ an. Nachdem die Klägerin klargestellt hatte, dass sie sich gemeldet hatte, antwortete dieser: „Na dann wird uns Frau K in einem halben Jahr mal über den Stand unterrichten“.

25

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie wegen ihres Geschlechts bei der Besetzung der Leitungsstelle der bundesweit tätigen Personaldirektion (später: Personalabteilung) des Beklagten im Dezember 2006 übergangen worden sei und dass sie vom Beklagten nach Wahrnehmung ihrer Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wiederum diskriminiert, insbesondere eingeschüchtert worden sei und ihr seitens des Beklagten Kompetenzen entzogen würden. Sie meint, Indiz für ihre Diskriminierung sei ua., dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht käme, Herr Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet habe: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr. Der will halt keine Frauen“. Ein weiteres Indiz ergebe sich aus dem zahlenmäßigen Vergleich der Zusammensetzung von Gesamtbelegschaft nach Geschlechtszugehörigkeit einerseits und der der Direktorenstellen andererseits. Unter Verwendung der konkreten Beschäftigungszahlen beim Beklagten und unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze für Wahrscheinlichkeitsrechnungen liege die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung einer Frau bei der Beförderung auf eine der Direktorenstellen zwischen 98,7 und 100 %. Die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung bei dem Beklagten ergebe sich auch aus den von ihr eingereichten Privatgutachten des Diplom-Mathematikers Sch vom 10. Mai 2008 und vom 26. Juli 2008. Weiteres Indiz sei die Nichtberücksichtigung von Frau S bei der Beförderung.

26

Auch sei sie durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 betriebsöffentlich erniedrigt worden. Für ihre Benachteiligung durch den Beklagten sei auch ihre Teilzeittätigkeit und damit mittelbar ihr Geschlecht verantwortlich gewesen. Für ihre Diskriminierung sprächen ferner Vorgänge, an denen sie als Leiterin der Personalverwaltung B - im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten - nicht beteiligt worden sei. Als Reaktion auf die Geltendmachung ihrer Rechte versuche der Beklagte, ihr Kompetenzen zu entziehen. Auch habe Herr R bei dem Gespräch am Nachmittag des 20. Dezember 2006 keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihr gerade wegen ihrer Berufung auf das AGG als nicht mehr möglich ansehe. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 habe der Beklagte den falschen Eindruck erweckt, sie habe in der Vergangenheit ihre Pflichten nicht erfüllt.

27

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 1. und 2., den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft über die Vergütung des Herrn R (Gehalt bis 9. Dezember 2006) gleich dem Herrn R zu zahlen,

        

4.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen, mindestens jedoch 60.000,00 Euro,

        

5.    

soweit nicht durch die Anträge zu 2., 3. und 4. bereits ausgeglichen, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und Juli 2008 durch das Verhalten des Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden aufgrund der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EGV, § 1 AGG) durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten sowie durch die sonstigen Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen, aufgrund der Verletzung der Gesundheit und aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts,

        

6.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr über die Höhe des Herrn R gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr jeweils bis Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31. März 2009, Auskunft zu erteilen.

28

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

29

Er behauptet, Herr R sei Anfang 2000 beim Beklagten eingestellt worden, um die konzeptionelle Personalarbeit voranzutreiben. Er habe sich schon bei seinen früheren Arbeitgebern im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit einen Namen gemacht. Dies ergebe sich auch aus seinen Zeugnissen. Herr R habe ab dem Jahre 2000 für den Beklagten schwerpunktmäßig konzeptionelle Personalarbeit erbracht und ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet, welches dem Vorstand mit Schreiben vom 1. September 2000 zugeleitet worden sei, der die Umsetzung befürwortet habe. Die Klägerin habe demgegenüber keine Erfahrungen in der Erarbeitung von strategischen, konzeptionellen Personalprojekten. Die Vorkenntnisse und Erfahrungen des Herrn R seien nicht nur für die ursprüngliche Einstellung, sondern auch für die Beförderung im Dezember 2006 maßgeblich gewesen. Schon von der Ausbildung, der sonstigen Vorbildung und den Kenntnissen her seien er und die Klägerin nicht vergleichbar. Daher sei die Klägerin als Bewerberin bei der Beförderung im Dezember 2006 schon objektiv nicht geeignet gewesen. Zwar habe ein konkretes Anforderungsprofil nicht schriftlich vorgelegen, doch habe bei den Entscheidungsträgern Einverständnis darüber bestanden, dass der neue Personalleiter Berufserfahrung in der strategischen, konzeptionellen Personalarbeit und ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium aufweisen müsse.

30

Ziel des Aushanges vom 10. Dezember 2006 sei es gewesen, die Umbenennung der Personaldirektion in Personalabteilung und die Übernahme der ehemals von Dr. Mü ausgeführten Arbeiten durch Herrn R mitzuteilen. Die Position der Klägerin als Leiterin der Personalverwaltung B sei hierdurch nicht berührt worden, insbesondere seien ihr keine Kompetenzen entzogen worden. Der Aushang sei insofern allenfalls missverständlich, jedenfalls nicht diskriminierend.

31

Soweit mit dem Schreiben der damaligen Beklagtenvertreterin vom 8. Februar 2007 weitere Maßnahmen angedeutet worden seien, sei dies Ausdruck der unternehmerischen Freiheit. Im Übrigen sei dieses Schreiben dem Beklagten im Sinne des Diskriminierungsrechts nicht zuzurechnen, da die Rechtsanwältin als Dritte gehandelt habe.

32

Die Teilnahme der Klägerin am 11. April 2007 am Treffen der Projektgruppe „Gehaltsbänder“ sei nicht notwendig gewesen. Dies zeige sich schon an ihren geringen Wortmeldungen. Es sei auch darum gegangen, die Notwendigkeit von Dienstreisen genau zu prüfen. Die Nachfrage von Herrn R beruhe darauf, dass er über die Einladung der Klägerin nicht informiert gewesen sei.

33

Bei der Nichtberücksichtigung von Frau Gr bei Bewerbungsverfahren für den Standort D im Jahre 2005 habe der ausgewählte Kandidat in dieser größten Bezirksdirektion Impulse für andere Bezirke geben sollen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse seien intern nicht vorhanden gewesen. Insbesondere habe Frau Gr über keine Erfahrung im externen Bereich verfügt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zum Verhältnis weibliche/männliche Mitarbeiter beim Beklagten allein sei nicht geeignet, den Nachweis einer Diskriminierung zu erbringen. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, wie viele Männer und/oder Frauen sich jeweils zu früheren Zeiten beworben hätten.

34

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zunächst hat das Landesarbeitsgericht mit Teilurteil vom 30. Juli 2008 die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen als sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung der Differenz zur Vergütung des Herrn R für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 9. Dezember 2006 gerichtet hatte. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung der Gehaltsdifferenz unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots hat das Landesarbeitsgericht verneint, weil die Klägerin keine der Tätigkeit des Mitarbeiters R gleichwertige Arbeit geleistet habe. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten durch Schlussurteil zur Zahlung der Differenz zwischen der Vergütung der Klägerin und der des Herrn R vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 in Höhe von insgesamt 28.214,66 Euro brutto und zeitlich unbegrenzt für die Zukunft zur Zahlung von monatlich 1.467,86 Euro brutto verurteilt. Darüber hinaus hat es den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro und zur künftigen Auskunftserteilung über die Höhe des Herrn R jeweils für das vergangene Jahr gezahlten variablen Entgelts verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der teilweise vom Landesarbeitsgericht und teilweise vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision und Hilfsanschlussrevision im Wesentlichen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

35

Die Revisionen und die Anschlussrevision sind begründet.

36

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei der Klägerin nach § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 verpflichtet, weil er sie bei der Besetzung einer Beförderungsstelle im Dezember 2006 wegen ihres Geschlechts benachteiligt habe. Die Klägerin habe mit der vorgelegten Statistik über das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Belegschaft des Beklagten einerseits und dem Frauenanteil in oberen Führungspositionen andererseits Indizien dargelegt, welche ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Als ausreichendes Indiz iSd. § 22 AGG für die Geschlechterdiskriminierung bei der Beförderung genüge, dass beim Beklagten alle 27 Führungspositionen mit Männern besetzt seien, obwohl Frauen 2/3 der Belegschaft stellten. Dies könne nicht darauf beruhen, dass Familie und Beruf schwer vereinbar seien, weil dies sich nur darauf auswirke, ob eine Frau sich überhaupt für die Berufstätigkeit entscheide, nicht jedoch darauf, welche Hierarchiestufe sie erreiche. Aus signifikanten Zuständen der Vergangenheit, dass nämlich auch Frau G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und dass es seit 1976 keine weitere Direktorin, Bezirksdirektorin oder Vorstandsfrau beim Beklagten gebe, könne auf die Gegenwart geschlossen werden. Demgegenüber sei dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe. Insbesondere sei sein Vortrag, es sei bei den wesentlichen Entscheidungsträgern klar gewesen, dass Voraussetzung für die streitgegenständliche Beförderung ein einschlägiges juristisches oder ein Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen sowie Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalentwicklungsarbeit sei, unsubstantiiert. Da der Beklagte seine Auswahlkriterien vorab nicht nach außen dokumentiert habe, könne er sich auch nicht mehr auf diese berufen. Dies gelte auch, soweit er damit die mangelnde objektive Eignung der Klägerin begründen wolle. Von der mangelnden Eignung der Klägerin könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil diese wie Herr R bereits zuvor die Personalverwaltung einer Generaldirektion geleitet habe. Bei diskriminierungsfreier Auswahl wäre die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin gewesen. Die Höhe des materiellen Schadensersatzes entspreche der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Vergütung und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe und für ein Mitverschulden der Klägerin lägen nicht vor.

37

Die Klage auf Zahlung der künftigen Gehaltsdifferenzen iHv. monatlich 1.467,86 Euro brutto sei zulässig und begründet, weil die Besorgnis bestehe, dass der Beklagte die Zahlung nicht freiwillig erbringen werde. Dieser Anspruch sei zeitlich unbegrenzt, weil die Rechtsgedanken der § 628 BGB, §§ 9, 10 KSchG hier nicht einschlägig seien. Aus denselben Erwägungen sei auch die Klage auf Auskunft über die Höhe des an Herrn R gezahlten variablen Entgelts begründet.

38

Ferner sei der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 20.000,00 Euro wegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts, Art. 1, 2 GG iVm. § 823 BGB, zu zahlen. Sie sei bei der Beförderung wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden, weshalb eine Entschädigung iHv. 4.000,00 Euro gerechtfertigt und angemessen sei. Schließlich werde die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck des Kompetenzentzuges durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 und eine Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung wehre, herabgewürdigt und bewusst unter Druck gesetzt. Dies zeige die Bemerkung des Herrn R vom 20. Dezember 2006, dass die Klägerin über ihre berufliche Zukunft nachdenken solle, und das Schreiben vom 3. Januar 2007, in dem sie aufgefordert wurde, zukünftig ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und der daran befindliche Klebezettel. Dafür spreche auch das Schreiben vom 8. Februar 2007, in dem Überlegungen zu Änderungen auf der Leitungsebene angekündigt wurden, das Verhalten des Herrn R am 11. April 2007 und bei der Videokonferenz im April 2008 sowie der Einschüchterungsversuch des Herrn Dr. Mü beim außergerichtlichen Vergleichsgespräch am 22. August 2007. Die entsprechenden Verhaltensweisen seien auch dem Beklagten zuzurechnen. Für die zeitlich der unterbliebenen Beförderung nachfolgenden Handlungen sei eine Entschädigung von 16.000,00 Euro gerechtfertigt. Der darüber hinausgehende, von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch stehe ihr nicht zu.

39

Der geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin bis Juli 2008 entstandenen materiellen und immateriellen Schäden sei in großen Teilen unzulässig, weil nicht ersichtlich sei, welche weiteren materiellen und immateriellen Ansprüche über die bereits geltend gemachten hinaus in Betracht kommen könnten.

40

B. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

41

I. Die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen ist zwar zulässig, aber nicht zur Endentscheidung reif.

42

1. Die Klage ist ausreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus den in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 eingereichten Vergütungstabellen, in deren Kontext der Antrag erstmals beziffert worden ist, ergibt sich, dass er sich auf entgangenen Mehrverdienst für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Juli 2008 bezieht und die dem Mitarbeiter R im Jahre 2007 gezahlte variable Vergütung in Höhe von 8.291,00 Euro enthält. Auch der Übergang von der Stufenklage zur bezifferten Zahlungsklage in der zweiten Instanz war zulässig. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es sich hierbei nicht um eine Klageänderung gehandelt hat (vgl. BGH 21. Februar 1991 - III ZR 169/88 - NJW 1991, 1893).

43

2. Den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen hat das Landesarbeitsgericht mit einer Begründung bejaht, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

44

a) Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist. Gem. § 33 AGG ist auf mögliche Benachteiligungen eines Beschäftigten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, welche seit dem 18. August 2006 stattgefunden haben, das AGG anzuwenden. Die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der streitbefangenen Personalentscheidung erfolgte nicht vor dem 9. Dezember 2006 und damit nach dem 17. August 2006.

45

b) Die Klägerin ist Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob sie für die Position der Leiterin der übergeordneten Personalabteilung objektiv geeignet war. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG(Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

46

c) Die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und die dreimonatige des § 61b Abs. 1 ArbGG für die schriftliche und die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs sind durch das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 2007, dem Beklagten spätestens am 8. Februar 2007 zugegangen, und die am 4. Mai 2007 eingegangene Klage gewahrt. Dabei kann offenbleiben, ob § 61b Abs. 1 ArbGG Schadensersatzansprüche gem. § 15 Abs. 1 AGG überhaupt erfasst. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Klägerin am 9. Dezember 2006 telefonisch mitgeteilt, dass der Mitarbeiter R definitiv Nachfolger des Personaldirektors Dr. Mü werde. Damit begann die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 ArbGG erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG.

47

d) Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass der Anspruchsgegner gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen hat(vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1 zum Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG).

48

Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, warum die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der Übertragung der Aufgaben des Dr. Mü auf einen Nachfolger eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts (§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG) darstellt, folgt der Senat nicht.

49

aa) Die Klägerin macht geltend, sie sei deshalb nicht Nachfolgerin des Dr. Mü geworden, weil sie eine Frau sei.

50

Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt dann vor, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpft(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt. Eine verdeckte Diskriminierung ist nicht stets eine mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Benachteiligung können offen oder verdeckt erfolgen, je nachdem, ob direkt an ein verbotenes (unmittelbare Diskriminierung) bzw. nur dem Anschein nach neutrales Merkmal (mittelbare Diskriminierung) offen oder verdeckt angeknüpft wird (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 14; Richardi NZA 2006, 881). Die Frage, ob es sich bei verdeckter Diskriminierung in Form von tatsächlich unmittelbar an das Geschlecht anknüpfenden Beförderungsentscheidungen um eine mittelbare oder eine unmittelbare Diskriminierung handelt, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.

51

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nämlich letztlich nicht darauf an, ob eine verdeckte Benachteiligung eine mittelbare oder eine unmittelbare Benachteiligung darstellt, weil die Beweislastregel des § 22 AGG allgemein für Benachteiligungen iSd. AGG und damit entsprechend der Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (im Folgenden: RL 2006/54/EG) sowohl für eine unmittelbare als auch für eine mittelbare Diskriminierung gilt.

52

bb) Zutreffend kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ungünstiger behandelt worden ist als der Mitarbeiter R, dem als Nachfolger von Dr. Mü die Leitung der Personalabteilung übertragen worden ist. In dieser Maßnahme des Beklagten lag eine Beförderung, die nach dem anzulegenden objektiven Maßstab vorteilhaft war. Die Übertragung höherwertiger oder verantwortungsvollerer Tätigkeiten stellt grundsätzlich eine günstige Behandlung in Form des beruflichen Aufstiegs dar. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfalle - einem Arbeitnehmer Funktionen eines Mitarbeiters übertragen werden, der auf einer höheren Hierarchiestufe angesiedelt war. Dr. Mü war als Personaldirektor auf der Ebene der Direktoren angesiedelt. Dementsprechend wurde auch der Mitarbeiter R nach Übertragung der von jenem ausgeübten Tätigkeiten zum 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal“ ernannt.

53

Für die Annahme einer Benachteiligung der Klägerin ist es unmaßgeblich, dass sie sich für die Position des Personalleiters nicht beworben hatte. Eine Benachteiligung iSd. § 3 AGG kann auch vorliegen, wenn eine Bewerbung deshalb unterblieben ist, weil der Arbeitgeber - wie im Streitfalle - seine Auswahl ohne eine Ausschreibung der Stelle oder eine Aufforderung zu Bewerbungen getroffen hat.

54

cc) Ebenfalls zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Klägerin sei in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt worden als der Mitarbeiter R.

55

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass die Klägerin objektiv für die Position der Leiterin der Personalabteilung geeignet war, denn vergleichbar(nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (Bestätigung und Fortführung von: Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt.

56

Das Landesarbeitsgericht hat die objektive Eignung der Klägerin mit einer Hauptbegründung und einer Hilfsbegründung bejaht. Zumindest letztere hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

57

So geht das Landesarbeitsgericht in dieser davon aus, dass von der objektiven Eignung der Klägerin für die Leitung der Personalabteilung vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Tätigkeit ausgegangen werden müsse. Ob dieses Merkmal, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, nur dann zu verneinen ist, wenn die Eignung offensichtlich fehlt, braucht ebenso wenig entschieden zu werden wie die Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 22 AGG in diesem Zusammenhang. Der Beklagte wäre bereits nach den allgemeinen Grundsätzen des § 138 ZPO gehalten gewesen darzulegen, inwiefern die Klägerin objektiv für die Position der übergeordneten Personalleitung nicht geeignet war. Sie war unstreitig seit 1995 stellvertretende Leiterin der Personalverwaltung der Generaldirektion B mit 340 Mitarbeitern, leitete diese Ende der 1990er-Jahre bereits für fünf Monate faktisch, übernahm jedenfalls ab 2003 die Aufgaben der Leitung offiziell und wurde zum 1. Januar 2006 zur Abteilungsleiterin der Generaldirektion B ernannt. Sie war dabei im gleichen Umfange wie ihr Kollege R zeichnungsberechtigt und nahm klassische Aufgaben der Personalleitung, wie etwa die Durchführung von Bewerbungsgesprächen, das Verfassen von Abmahnungen oder die Fertigung von Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen wahr. Sowohl bei früheren Arbeitgebern als auch bei dem Beklagten führte sie Tätigkeiten durch, welche dem Bereich der Personalentwicklung zuzuordnen waren. Bei dieser Sachlage hätte es dem Beklagten oblegen, im Einzelnen darzutun, inwieweit sich die bisher von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten von denen unterscheiden, die ihr Kollege R bislang erledigt hatte, und welche weiteren fachlichen und/oder persönlichen Anforderungen der Mitarbeiter R im Gegensatz zur Klägerin erfüllte. Der Beklagte hat sich aber nur abstrakt darauf berufen, Voraussetzungen für die Leitung der Personalabteilung seien ein einschlägiges Universitätsstudium und Vorkenntnisse im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit gewesen. Hinsichtlich der anfallenden Tätigkeiten führt er nur aus, der Personalleiter agiere als Bindeglied zum Vorstand und berate diesen rechtlich. Weiter obliege ihm die mittelfristige Unternehmensplanung im Hinblick auf die Personalstrategie sowie die alleinige konzeptionelle Verantwortung. Dies ist im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und die Kenntnisse des Stelleninhabers nicht aussagekräftig. Auch erläutert der Beklagte nicht eindeutig, was er unter „moderner“ oder „strategisch konzeptioneller“ Personalarbeit versteht, die nach seinem Vortrag vor der Einstellung des Dr. Mü im Jahre 1999 bei ihm nicht stattgefunden hat.

58

dd) Die Eignung der Klägerin ist auch nicht infolge des Teilurteils des Landesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 zu verneinen. Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 (- 5 AZN 1023/08 -) ist das Teilurteil formell rechtskräftig geworden, weil die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde kein Rechtsmittel darstellt und den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft nicht hemmt (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 735/00 - AP ZPO § 322 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 166). Der ausschlaggebende, die Klageabweisung tragende Grund wird Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und ist nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92 - NJW 1993, 3204). Auch wenn insofern die tatsächlichen Feststellungen nicht an der Rechtskraft der gefällten Entscheidung teilhaben, darf diese nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört deshalb die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, welche zu einer Abweichung von einer rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen (BGH 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967). Die Feststellung im Teilurteil, die Positionen, auf welche die Klägerin einerseits und der Mitarbeiter R andererseits ursprünglich eingestellt worden seien, seien nicht auf der gleichen Hierarchiestufe angesiedelt gewesen, sagt jedoch über die objektive Eignung der Klägerin für die im Dezember 2006 besetzte Beförderungsstelle nichts aus. Gleiches gilt für die unterschiedliche Qualität der jeweils absolvierten Ausbildungen, von der das Teilurteil ausgeht, und wegen der es ua. auch die Gleichwertigkeit der bisherigen Tätigkeiten der Klägerin und des Mitarbeiters R verneint hat. Es ist nämlich unklar, welche zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Beförderungsstelle erfordert.

59

ee) Die Verfahrensrüge des Beklagten gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Eignung der Klägerin greift nicht durch. Auch soweit er die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO für verletzt hält, weil das Landesarbeitsgericht seinen Vortrag als unsubstantiiert angesehen und keinen Beweis erhoben habe, ohne vorher von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unbegründet. Von einer Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat insoweit gem. § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG ab.

60

ff) Erfolg hat jedoch die Rüge des Beklagten gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Benachteiligung der Klägerin sei wegen ihres Geschlechts erfolgt.

61

Eine unzulässige Benachteiligung nach § 7 AGG kann bereits dann vorliegen, wenn einer der in § 1 AGG genannten Gründe, zu denen auch das Geschlecht zählt, Bestandteil eines Motivbündels war, das die streitbefangene Entscheidung beeinflusst hat(st. Rspr., vgl. Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

62

Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann eine solche Mitursächlichkeit nicht angenommen werden.

63

Der Beklagte rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe § 286 ZPO durch die Annahme verletzt, bereits das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis in seiner Belegschaft einerseits und die ausschließlich männliche Besetzung von 27 Positionen auf der Ebene des Vorstandes, der Direktoren und der Bezirksdirektoren andererseits sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass das Geschlecht der Klägerin(auch) Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei.

64

Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die ihre Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG vermuten lassen(§ 22 AGG), ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei beachtet worden sind (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

65

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

66

Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6). Die Würdigung, ob der Anspruchssteller der durch § 22 AGG modifizierten Darlegungslast genügt hat, unterliegt damit ebenso der freien Überzeugung des Tatsachengerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie dies hinsichtlich der Erbringung des „Vollbeweises“ durch die darlegungs- und beweispflichtige Partei der Fall ist(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

67

Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.

68

Zunächst ist dessen Annahme, dass sich auch aus Statistiken grundsätzlich Indizien für eine Geschlechterdiskriminierung ergeben können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. So weist bereits die Gesetzesbegründung zu § 22 AGG ausdrücklich darauf hin, dass „auch die Ergebnisse von Statistiken … im Rahmen der richterlichen Würdigung des Sachverhalts einen tatsächlichen Anhaltspunkt“ für eine Benachteiligung „darstellen können“(BT-Drucks. 16/1780 S. 47). Eine Begrenzung auf Fälle mittelbarer Diskriminierung ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen und auch nicht geboten. Ausreichend sind nämlich für die Vermutungswirkung des § 22 AGG solche Indizien, die aus einem regelhaft einem Merkmalsträger gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen(mit) motivierte Entscheidung schließen lassen (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Eine Vermutung für ein derartig regelhaftes Verhalten kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und im Hinblick auf dessen Verhalten aussagekräftig sind. Gegen die Berücksichtigung von Statistiken im Rahmen des § 22 AGG spricht nicht, dass damit möglicherweise von in der Vergangenheit erfolgten Diskriminierungen auf die Gegenwart geschlossen wird. Ein regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübtes Verhalten kann nämlich gerade nur durch die Betrachtung der Vergangenheit ausgemacht werden. Auch in der Literatur wird ganz überwiegend angenommen, dass aussagekräftige Statistiken im Rahmen des § 22 AGG eine Rolle spielen können(Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 25; Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 30; Rühl/Schmid/Viethen AGG S. 169; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 29; Boemke/Dankow AGG im Arbeitsrecht § 10 Rn. 14; Grobys NZA 2006, 898; Windel RdA 2007, 1; Bauer/Evers NZA 2006, 893; Bayreuther NJW 2009, 806; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 11; Dahm BB 2010, 1792).

69

Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2005 (- 3 AZR 506/04 - BAGE 116, 152 = AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 13 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 19). Dort wird die Heranziehung von Statistiken nicht generell abgelehnt, sondern vorgelegtes Datenmaterial für die Vermutung der behaupteten Diskriminierung als nicht hinreichend aussagekräftig bewertet.

70

Die Klägerin macht als unmittelbares Indiz für ihre Benachteiligung eine „gläserne Decke“ zwischen der Hierarchieebene, auf der sie tätig ist (Abteilungsleiterebene), und derjenigen, auf die sie bei benachteiligungsfreier Auswahl nach ihrer Meinung hätte aufsteigen müssen (Direktorenebene), geltend. Damit behauptet sie, dass Frauen regelhaft nicht in bestimmte Hierarchieebenen des Beklagten aufsteigen können. Darüber, ob eine solche Vermutung begründet ist, kann nur die statistische Betrachtung der Beförderungspolitik des Arbeitgebers Aufschluss geben, soweit sie die fraglichen Hierarchieebenen betrifft.

71

Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze berücksichtigt. Es hat aus der Besetzung der Positionen auf der Ebene oberhalb der Abteilungsdirektoren mit Männern und Frauen im Verhältnis zum Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft darauf geschlossen, dass der unstreitig weit unterdurchschnittliche Frauenanteil in den oberen Führungsebenen des Beklagten auf einer „gläsernen Decke“ beruhe. Daraus hat das Berufungsgericht auf eine regelhafte Benachteiligung von Frauen wegen des Geschlechts in der Vergangenheit geschlossen. Allein das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Gesamtbelegschaft und dem in oberen Führungspositionen lässt allerdings einen Rückschluss auf die Ungleichbehandlung von Frauen beim beruflichen Aufstieg in bestimmte Hierarchieebenen eines Unternehmens nicht zu. Der Schluss auf eine regelhafte Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen macht zwar nicht erforderlich, dass vom Bewerber im Rahmen der Darlegung von Indizien (§ 22 Halbs. 1 AGG) oder vom Arbeitgeber im Rahmen der Vermutungswiderlegung (§ 22 Halbs. 2 AGG) alle konkreten Bewerbersituationen bei den bisherigen Beförderungsentscheidungen dargelegt werden. Eine Benachteiligung kann nämlich auch gerade in der Gestaltung des dem Bewerbungsverfahren zeitlich vorgelagerten Verfahrens liegen (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Um beurteilen zu können, ob signifikant weniger Frauen als Männer die Hierarchiestufe oberhalb einer angenommenen „gläsernen Decke“ erreichen, bedarf es allerdings der Feststellung, wie viele Frauen überhaupt unterhalb dieser angekommen sind. Darüber gibt der Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft keinen Aufschluss.

72

Es ist nicht frei von Denkfehlern, wenn das Landesarbeitsgericht ergänzend zu dem Gesamtanteil an der Belegschaft darauf abstellt, bei dem Beklagten wäre mit einem Frauenanteil von 44 % auf den Ebenen vom Abteilungsdirektor abwärts bis zu den sonstigen AT-Beschäftigen „ein genügend großes Reservoire zur Beförderung auch von Frauen“ vorhanden gewesen. Hierfür müsste nämlich feststehen, welche Positionen auf den Ebenen „Abteilungsdirektor aufwärts“ im Einzelnen existieren und von welchen Positionen darunter liegender Ebenen tatsächlich eine Beförderung dorthin denkbar war und ist. So wird beispielsweise die Personalleiterin einer Generaldirektion üblicherweise nicht auf die Position einer Marketingdirektorin befördert. Auch ansonsten besteht nicht für jeden Inhaber einer Position einer niedereren Ebene objektiv betrachtet eine Beförderungsmöglichkeit auf eine höhere Ebene.

73

Selbst unter der Prämisse, es existiere aufgrund des Frauenanteils beim Beklagten tatsächlich ein Reservoire für Beförderungen von Frauen auf die Führungsebenen oberhalb der behaupteten „gläsernen Decke“, berücksichtigt das Landesarbeitsgericht in seiner Annahme, es bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine „gläserne Decke“, nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände. Als mögliche Gründe für die mangelnde Repräsentation von Frauen oberhalb einer bestimmten Ebene geht das Landesarbeitsgericht nämlich im Ergebnis nur von echtem Zufall oder einer diskriminierenden Haltung des Beklagten aus. So wertet es den Einwand des Beklagten, zahlreiche Direktoren hätten Betriebszugehörigkeiten von mehr als 30 Jahren, lediglich als Eingeständnis, in der Vergangenheit sei möglicherweise „eine Politik der Benachteiligung von Frauen“ vorhanden gewesen. Allein die Tatsache, dass bei einem Arbeitgeber in Führungspositionen zahlreiche Männer mit sehr langen Betriebszugehörigkeiten arbeiten, begründet ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Vermutung für eine frühere diskriminierende Haltung des Arbeitgebers gegenüber Frauen.

74

Soweit das Landesarbeitsgericht die gesellschaftlichen Verhältnisse bei seiner Würdigung der Geschlechterverteilung nicht berücksichtigen will, hält auch dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht dabei, dass ein Arbeitgeber gar nicht in der Lage, geschweige denn verpflichtet ist, gesellschaftliche Gegebenheiten, die der Erwerbstätigkeit und/oder dem beruflichen Aufstieg von Frauen entgegenstehen, durch seine Personalpolitik auszugleichen. Insoweit widerspricht es allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Berufungsgericht annimmt, die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne sich nicht auf den Anteil von Männern und Frauen in höheren Hierarchieebenen auswirken, weil damit allenfalls erklärt werde, dass Frauen sich generell nicht im selben Maße wie Männer für eine Berufstätigkeit entscheiden. Es entspricht vielmehr allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein beruflicher Aufstieg häufig eine nicht unerhebliche Flexibilität voraussetzt (zB Bereitschaft zur Leistung von Überstunden, Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen und Tagungen, Durchführung von Dienstreisen und Versetzungsbereitschaft an andere Standorte), welche sich mit der häufig von Frauen ausschließlich oder überwiegend wahrgenommenen Kindererziehung nicht oder nur schlecht vereinbaren lässt, und die auf niedrigeren Hierarchiestufen nicht in gleichem Maße gefordert wird. Auch wirken sich längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wegen Arbeitsfreistellungen infolge von Schwangerschaft, Mutterschutz und (bislang überwiegend von Frauen in Anspruch genommener) Elternzeit negativ auf die Chancen zum beruflichen Aufstieg aus, obwohl der Arbeitsplatz als solcher während dieser Zeiten der Arbeitnehmerin grundsätzlich garantiert ist. Dabei müssen solche Aufstiegsvoraussetzungen bzw. „-hindernisse“ durchaus nicht ihrerseits immer verbotene Diskriminierungen von Arbeitnehmerinnen darstellen. Häufig könne diese iSd. § 3 Abs. 2 AGG sachlich gerechtfertigt oder in Einzelfällen sogar nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig sein.

75

Dass nicht die genannten Faktoren, sondern eine regelhaft diskriminierende Beförderungspolitik des Beklagten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Grund für die fehlende Repräsentation von Frauen auf den Führungsebenen der Beklagten ist, ist auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Vergleichszahlen anderer Unternehmen zu folgern. Der Vergleich des Anteils von Frauen auf Führungspositionen bei anderen Unternehmen stellt kein Indiz für das Vorliegen einer „gläsernen Decke“ beim Beklagten dar. Es fehlt insoweit an vergleichbarem und damit aussagekräftigem Tatsachenmaterial. Insbesondere soweit das Berufungsgericht zum Vergleich den hohen Anteil von weiblichen Führungskräften bei privaten Banken, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der privaten Dienstleistungsbranche und bei obersten Bundesbehörden anführt, ist festzustellen, dass der Beklagte als Verwertungsgesellschaft urheberrechtlicher Nutzungsrechte an Musikwerken grundsätzlich andere Aufgaben wahrnimmt als die vom Landesarbeitsgericht zum Vergleich herangezogenen Unternehmen und es somit an einer Vergleichbarkeit der Branchen fehlt. In der Regel muss nämlich nach Vergleichszahlen in der jeweils vergleichbaren Branche und Berufsgruppe gefragt werden (Bayreuther NJW 2009, 806). Selbst bei Heranziehung von Vergleichszahlen aus derselben Branche zeigen diese nur, welcher Frauenanteil dort üblich ist. Für die Vermutung, dass im hier zu entscheidenden Einzelfalle eine Frauendiskriminierung vorliegt, reicht dies aber nicht aus. Es fehlt sowohl an der Üblichkeit als auch an irgendwelchen rechtlichen Vorgaben dafür, dass auf allen Hierarchieebenen eines Unternehmens eine annähernd gleiche Verteilung der Geschlechter vorliegen muss. Dazu sind die Tätigkeiten in Führungspositionen und solche in unteren Ebenen (zB Produktion, Verwaltung) zu unterschiedlich. Dies gilt vor allem auch hinsichtlich des Anforderungsprofils, das an die Stelleninhaber zu stellen ist.

76

Da das AGG bei der Überprüfung von Beförderungsentscheidungen auf den Einzelfall abstellt, genügt es im Regelfall auch nicht für ein „Indiz“ iSd. § 22 AGG, wenn lediglich „auffällige Ungleichgewichte“ beim Frauenanteil in verschiedenen Hierarchieebenen eines Unternehmens vom Anspruchssteller anhand von Statistiken bewiesen sind(vgl. auch Wendeling-Schröder FS Pfarr S. 158). Für die Annahme einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen bedarf es über die bloße Statistik hinaus weiterer Anhaltspunkte.

77

Zudem ist unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahlenangaben des Landesarbeitsgerichts beziehen und inwieweit der vom Landesarbeitsgericht verwendete Begriff der „Führungsposition“ mit den streitbefangenen „Führungspositionen“ beim Beklagten vergleichbar ist. Gleiches gilt, soweit das Landesarbeitsgericht ganz allgemein auf den Frauenanteil in „Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten“ oder auf „Großunternehmen (mindestens 20 Mio. € Jahresumsatz und/oder über 200 Beschäftigte)“ abstellt.

78

Die Frage, ob eine „gläserne Decke“ die Vermutung für eine Benachteiligung der Klägerin iSd. § 22 AGG begründen kann, oder unter welchen Voraussetzungen auf das Vorliegen einer solchen zu schließen ist, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Fragen sind zwar entscheidungserheblich, betreffen aber nicht die Auslegung von Gemeinschaftsrecht. Vielmehr stellt die Beweiswürdigung iSd. § 22 AGG durch das nationale Gericht ausschließlich die Anwendung nationalen Rechts dar, die durch das Gemeinschaftsrecht gerade keine Regelung erfahren hat und damit dem nationalen Gericht vorbehalten bleibt. Art. 19 Abs. 1 der RL 2006/54/EG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, nach denen dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Der Erfüllung dieser europarechtlichen Vorgabe dient § 22 AGG. Wann das nationale Gericht eine glaubhaft gemachte Tatsache als ausreichendes Indiz für die behauptete Diskriminierung anzusehen hat, ist nicht Regelungsgegenstand der RL 2006/54/EG. Dies macht Nr. 30 der Erwägungen zur Richtlinie deutlich. Dort heißt es: „Es ist jedoch klarzustellen, dass die Bewertung der Tatsachen, die das Vorliegen einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, weiterhin der einschlägigen einzelstaatlichen Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten obliegt“.

79

Auch die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt hilfsweise an, die fehlende weibliche Besetzung von Führungspositionen zusammen mit der Tatsache, dass der früheren Mitarbeiterin G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und es seit 1976 keine weitere Direktorin mehr bei dem Beklagten gegeben habe, lasse es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass das Geschlecht der Klägerin Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei. Bei dieser Würdigung lässt das Landesarbeitsgericht wesentliche Umstände außer Betracht. Wie dargelegt kommt allein dem Anteil der Frauen in der Ebene oberhalb der Abteilungsleiter nicht die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutungswirkung zu. Die Tatsache, dass seit 30 Jahren bei dem Beklagten keine Frau Direktorin war, hat ohne Zahlenmaterial darüber, ob und ggf. in welchem Umfange es externe oder interne Bewerbungen von Frauen oder im Betrieb für die Beförderungsstelle geeignete Mitarbeiterinnen gegeben hat, keine Aussagekraft. Es kann nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vermutet werden, dass in den vergangenen 30 Jahren so viele geeignete Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestanden haben, dass die mangelnde Besetzung von Direktorenstellen mit Frauen auf Diskriminierungen beruht hat. Auch insoweit hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht gesellschaftliche Faktoren nicht in seine Würdigung mit einbezogen.

80

Die nur kommissarische Übertragung der Funktion der Personaldirektorin auf die frühere Mitarbeiterin G in den 1990er-Jahren entfaltet keine Vermutungswirkung für eine „gläsernen Decke“. Als Indiz iSd. § 22 AGG für ein generell frauenfeindliches Umfeld ist diese, über zehn Jahre zurückliegende nur kommissarische Übertragung der Direktorenposition auf die Mitarbeiterin G nicht geeignet.

81

3. Die Verletzung des § 22 AGG iVm. § 286 Abs. 1 ZPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils(§ 563 ZPO), weil dieses sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO).

82

a) Das Urteil erweist sich nicht deshalb als zutreffend, weil etwa Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Beförderung des Mitarbeiters R unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung und der dadurch möglicherweise bedingten geringeren Kenntnisse und Erfahrungen in der konzeptionellen Personalarbeit benachteiligt worden ist. Insbesondere kann die Übertragung der Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit auf den Mitarbeiter R statt auf die Klägerin im Januar 2000 nicht darauf beruht haben, dass die Klägerin teilzeitbeschäftigt war. Ihre Arbeitszeitverringerung erfolgte nämlich nach der bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts erst ab Mai 2001. Soweit der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, die Klägerin habe wegen ihrer Teilzeittätigkeit aus zeitlichen Gründen ab dem Jahre 2000 nicht die Möglichkeit gehabt, Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erledigen, beruht dieser Sachvortrag ersichtlich auf einem Versehen.

83

b) Der Senat ist nicht in der Lage, im Hinblick auf die weiteren vom Berufungsurteil festgestellten und als Indizien für eine Diskriminierung der Klägerin in Betracht kommenden Umstände in der Sache selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, weil er seine Würdigung der Indizien nach § 286 ZPO nicht an die Stelle der Würdigung durch das Tatsachengericht setzen darf. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine abschließende Aufklärung und Gesamtbetrachtung aller von der Klägerin vorgetragenen Hilfstatsachen vorgenommen. Werden aber von dem Arbeitnehmer, der eine Benachteiligung geltend macht, Hilfstatsachen vorgetragen, die jeweils für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeizuführen, ist vom Tatsachengericht eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, ob diese Hilfstatsachen zur Begründung der Vermutungswirkung geeignet sind(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung, ob die Gesamtbetrachtung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass bei dem Beklagten ein Umfeld gegeben ist, das dem beruflichen Aufstieg von Frauen generell ablehnend gegenüber steht, ua. folgende Umstände mit einzubeziehen haben: die Vergabe der Funktion der Leitung der Bezirksdirektion N an den Mitarbeiter Ba statt an die vormalige Bezirksdirektorin der geschlossenen Bezirksdirektion Ha, W, im Jahre 1997, die unterbliebene Berücksichtigung der stellvertretenden Bezirksdirektorin des Standortes D, Gr, auf die Position der Bezirksdirektorin des Standortes zugunsten eines männlichen Bewerbers, der nicht über das geforderte Hochschulstudium verfügte im Jahre 2005, und die Tatsache, dass nur Männer als Beobachter für das 2007 durchgeführte Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/Abteilungsleiter fungierten. Des Weiteren könnte es eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG entfalten, wenn es zuträfe, dass Dr. Mü der Klägerin im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Beförderung der Mitarbeiterin Gr bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied mitgeteilt hatte, dass dieser keine Frauen wolle, und wenn Männer bei dem Beklagten stets spätestens nach zwei Jahren bei entsprechender Tätigkeit den Direktorentitel verliehen erhielten. Hinsichtlich der zeitlich nach Klageerhebung liegenden Vorfälle wird das Berufungsgericht insbesondere auch berücksichtigen müssen, inwieweit diese Indizien für die Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts sind oder lediglich - wenn auch möglicherweise das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzende - Reaktionen auf einen bestehenden Konflikt darstellen und als solche mit dem Geschlecht der Klägerin nicht im Zusammenhang stehen.

84

II. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit er sich gegen seine Verurteilung zu einer monatlichen Zahlung von 1.467,86 Euro brutto wendet.

85

Ein entsprechender Anspruch der Klägerin gem. §§ 1, 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 AGG kann mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht bejaht werden. Dessen Schlussfolgerung, die Klägerin sei wegen ihres Geschlechts nicht befördert und damit unzulässig benachteiligt worden, hält - wie oben dargelegt - einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

86

C. Begründet sind die Revisionen der Klägerin und des Beklagten soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro richten.

87

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

88

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die von ihr begehrte Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein solcher Klageantrag ist hier zulässig, weil die Bestimmung der Höhe des Anspruchs von billigem Ermessen abhängt und damit dem Gericht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Ist die Höhe des Anspruchs nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Klageantrag zulässig, wenn der Kläger Tatsachen benennt, die das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll, und die Größenordnung der Forderung angibt (vgl. Senat 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - mwN, EzA AGG § 3 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, den das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll und der es grundsätzlich ermöglicht, eine Entschädigung zu bestimmen. Ferner hat die Klägerin Angaben zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 60.000,00 Euro, gemacht.

89

II. Die Verurteilung des Beklagten durch das Landesarbeitsgericht zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro an die Klägerin hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

90

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht bei der Prüfung der Begründetheit der Entschädigungsklage davon aus, dass sich aus einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Entschädigungsanspruch ergeben kann. Dabei hat es auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Entschädigungsansprüchen bei „Mobbing“ Bezug genommen. Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Arbeitskollegen (Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Nicht alles, was als „Mobbing“ bezeichnet wird, ist von rechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher oder schadensrechtlicher Relevanz. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund „Mobbings“ geltend, muss vielmehr jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsvertragliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. Bei dieser Prüfung gilt es weiter zu beachten, dass es Fälle gibt, in denen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen oder seiner Vorgesetzten bzw. des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzung darstellen, die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen jedoch zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Eine solche Systematik und Zielrichtung ist dann anzunehmen, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht weitgehend der nunmehr vom Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 AGG(in Kraft seit 18. August 2006) gewählten Definition des Begriffes „Belästigung“. Danach ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Damit hat der Gesetzgeber auch den Begriff des „Mobbings“ umschrieben, jedenfalls soweit dieses an die nach § 1 AGG verpönten Merkmale anknüpft(vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Entsprechend kann für die Fälle des „Mobbings“ eines Arbeitnehmers, gleich aus welchen Gründen, an § 3 Abs. 3 AGG angeknüpft werden. Diese Norm zeigt vor allem, dass es grundsätzlich auf die Zusammenschau der einzelnen „unerwünschten” Verhaltensweisen ankommt, um zu beurteilen, ob „Mobbing” vorliegt. § 3 Abs. 3 AGG stellt nämlich darauf ab, ob ein durch die unerwünschten Handlungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Ein Umfeld wird aber grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen. Damit sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Deshalb dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Wesensmerkmal der als „Mobbing” bezeichneten Form der Rechtsverletzung des Arbeitnehmers ist damit die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen/Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukommt (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Bei dieser Würdigung ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen sind. Vielmehr sind die kritischen Verhaltensweisen aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten. Dies gilt auch im Verhältnis zu Vorgesetzten. Entsprechend stellen Weisungen, die sich im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers bewegen, und denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lassen, in der Regel keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Daneben kann es an der die einzelnen Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn verschiedene Vorgesetzte handeln und nicht zusammenwirken oder wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (vgl. Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

91

2. Ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und ist damit nur eingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden. Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

92

3. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Festsetzung der Höhe einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro zugunsten der Klägerin zu Unrecht in seine Gesamtschau eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin durch die unterbliebene Beförderung mit einbezogen. Wie oben dargelegt durfte das Landesarbeitsgericht mit der von ihm gegebenen Begründung eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht bejahen. Durch diese unzulässige Miteinbeziehung dieses Sachverhalts erweist sich die gesamte Bewertung der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Persönlichkeitsrechtsverletzung als rechtsfehlerhaft.

93

Insbesondere verstößt das Landesarbeitsgericht dadurch gegen das Erfordernis einer Gesamtschau, dass es für den Fall, dass in der unterbliebenen Beförderung der Klägerin keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein sollte, für die nachfolgenden Handlungen des Beklagten „zumindest eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 Euro“ als „gerechtfertigt“ ansieht.

94

Eine solche getrennte Beurteilung ist nicht zulässig, weil die von der Klägerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht eindeutig in solche aufgespaltet werden können, die im Zusammenhang mit der streitbefangenen Nichtbeförderung der Klägerin stehen, und in solche die möglicherweise mit der unterbliebenen Beförderung nichts zu tun haben. Alle von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen stehen in einem Zusammenhang und wären deshalb - soweit das Landesarbeitsgericht in ihnen Bestandteile einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin sieht - im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu berücksichtigen gewesen. Von einem solchen Zusammenhang der von der Klägerin zur Stützung ihres Vorwurfs der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Beklagten herangezogenen Vorfälle ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. So nimmt es beispielsweise an, dass der Beklagte mit dem Aushang vom 10. Dezember 2006 den Eindruck eines „Kompetenzentzuges“ im Zusammenhang mit der getroffenen Personalentscheidung zugunsten des Mitarbeiters R erweckt hat und dieser trotz der Schreiben vom 3. Januar 2007 und 8. Februar 2007 an die Klägerin nach außen hin „weiter aufrechterhalten“ worden ist. Des Weiteren nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck „des Kompetenzentzuges“ und einer Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung gewehrt hatte, einer Behandlung ausgesetzt worden ist, die „sie herabwürdigt und bewusst unter Druck“ gesetzt hat. Damit stellt das Landesarbeitsgericht alle nach der streitbefangenen Beförderungsentscheidung seitens des Beklagten der Klägerin gegenüber getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen in einen Zusammenhang mit der als Persönlichkeitsverletzung gewerteten Nichtbeförderung der Klägerin. Auch bei der Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, dass „ein Großteil des Verhaltens des Beklagten als Reaktion auf die Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin nach dem AGG angesehen werden kann“.

95

4. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht weder eine zutreffende Gesamtbetrachtung der vorgetragenen Tatsachen/Geschehnisse vorgenommen noch alle anderen von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, die als einzelne Handlungen oder in der Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben könnten, berücksichtigt hat.

96

So fehlen bereits Ausführungen dazu, ob das Landesarbeitsgericht aufgrund einer einzelnen Handlung oder erst auf der Basis einer Gesamtschau mehrerer Handlungen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen hat und insbesondere, ob es insgesamt ein systematisches Verhalten sieht, durch welches ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen worden ist. Die Würdigung, ob insgesamt ein systematisches Verhalten vorliegt, ist gerade deshalb nötig, weil hier mehrere Personen gehandelt haben, so dass grundsätzlich geklärt werden muss, ob diese zusammengewirkt haben. Auch dazu fehlen weitgehend Ausführungen im angefochtenen Urteil. Lediglich bezüglich des Schreibens vom 3. Januar 2007 nimmt das Landesarbeitsgericht ein Zusammenwirken zwischen Dr. Mü, Dr. H und Herrn R an. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht auch einige von der Klägerin vorgetragene Tatsachen nicht berücksichtigt. So ist es deren Behauptung nicht nachgegangen, dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht komme, Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet haben soll: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr, der will halt keine Frauen“. Sollte diese Äußerung gefallen sein, könnte dies nicht nur auf eine beim Beklagten nicht unübliche Frauendiskriminierung, sondern möglicherweise in der Gesamtschau mit den Verhaltensweisen ab Dezember 2006 auch auf ein „frauenfeindliches Umfeld“ beim Beklagten hindeuten. Ferner hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, obwohl die Personalbetreuung nebst Abfassen von Abmahnungen zu ihren Aufgaben gehört, bei dem Gespräch des Herrn R im Februar 2008 mit dem Mitarbeiter C. in B über die Aufhebung dessen Arbeitsvertrages nicht beteiligt war und die von ihr im Januar 2008 für A K. formulierte Ermahnung Frau S zur Prüfung vorgelegt wurde. Auch dies könnte in der Gesamtschau auf eine Persönlichkeitsverletzung hindeuten.

97

III. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung über das dem Arbeitnehmer R gezahlte variable Entgelt richtet.

98

1. Die Klage auf Auskunft ist zulässig.

99

a) Der Klageantrag wurde zwar in dieser Form erstmals in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 gestellt. Ob es sich dabei um eine nachträgliche Klageänderung gehandelt hat, kann dahinstehen. Auch eine solche wäre nämlich nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig gewesen, weil der Beklagte sich hierauf widerspruchslos eingelassen hat und deshalb nach § 267 ZPO seine Einwilligung zur Klageänderung anzunehmen ist. Ob der Antrag auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte, kann ebenfalls offen bleiben. Ob und inwiefern die Berücksichtigung neuer Tatsachen im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG(BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 60 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 37).

100

b) Der Antrag ist als Klage auf zukünftige Leistung nach § 258 ZPO zulässig. Er dient dem Ziel, den Klageantrag zu 2) um den Betrag der zukünftigen variablen Vergütung des Mitarbeiters R zu ergänzen.

101

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch jedoch mit einer nicht tragenden Begründung bejaht. Auch insoweit wirkt sich die unzutreffende Würdigung des Berufungsgerichts im Rahmen der angenommen Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts aus.

102

IV. Auf die Revision der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage auf Feststellung abgewiesen hat, dass der Beklagte zum Ersatz der durch sein Verhalten bis Juli 2008 der Klägerin entstandenen und entstehen werdenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet ist.

103

1. Der Feststellungsantrag ist nicht bereits „in großen Teilen unzulässig“, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

104

a) So besteht für den Feststellungsantrag in der in der Revisionsinstanz gestellten (beschränkten) Fassung insbesondere das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

105

Die Annahme eines Feststellungsinteresses setzt voraus, dass dem betroffenen Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Dies wird bei der Feststellung einer Schadensersatzpflicht angenommen, wenn zukünftige, noch nicht bezifferbare Schäden möglich sind. Dies gilt auch, wenn ihre Art, ihr Umfang und ihr Eintritt noch ungewiss sind. Allerdings muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen. Dafür genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Ersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer oder voraussehbarer Leiden (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Solches erscheint bezogen auf die Formulierung im Feststellungsantrag „durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten“ für die Zeit ab Dezember 2006 als möglich.

106

b) Gleiches gilt für „sonstige Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen“.

107

c) Darüber hinaus ist der Antrag hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

108

Der Klageantrag muss den erhobenen Anspruch nach Inhalt und Umfang konkret bezeichnen und die Klageart ergeben. Insoweit ist bei Feststellungsanträgen erforderlich, dass sich für den Fall der Klagestattgabe der objektive Umfang der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung hinreichend feststellen lässt (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4). Dabei muss der Streitgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Ausreichend ist allerdings, wenn der Antrag in einer dem Bestimmtheitserfordernis genügenden Weise ausgelegt werden kann. Das Gericht ist daher gehalten, eine entsprechende Auslegung des Antrages vorzunehmen, wenn hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Dabei darf es sich jedoch nicht über einen eindeutigen Antrag hinwegsetzen (vgl. BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Darüber hinaus gilt es bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit zu beachten, dass ein Feststellungsantrag einerseits der Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB dient und andererseits den Grund des klägerischen Schadensersatzanspruchs klärt, so dass im Falle späterer Folgeschäden nur noch der Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachzuweisen sind. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruchs vermieden werden, muss dieser klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen. Insofern war der ursprüngliche Feststellungsantrag - wie von der Klägerin in der Revisionsinstanz klargestellt - so auszulegen, wie es sich aus dem Tatbestand (Ziff. 5 der Anträge) ergibt.

109

2. Ob das von der Klägerin geltend gemachte schadensersatzbegründende Verhalten des Beklagten tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage und kann durch den Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.

110

D. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin
Morsch ist wegen Ausscheiden
aus dem Amt an der
Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Az.: 2 Ca 234/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Schmerzensgeld und auf Schadensersatz wegen Mobbing zustehen.

2

Der Kläger war vom 15.12.2013 befristet bis zum 14.12.2014 bei der Beklagten in der von ihr betriebenen "M. Werkstatt" als Gruppenleiter beschäftigt. Ab dem 04.11.2014 war der Kläger durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf der Befristung wurde das Arbeitsverhältnis nicht verlängert. Mit Schreiben vom 26.01.2015 hat sich der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte an die Beklagte gewandt und den Vorwurf des Mobbings erhoben. Am 17.02.2015 ist die hier streitgegenständliche Klage beim Arbeitsgericht eingegangen.

3

Der Kläger hat vorgetragen,

4

er sei nicht als Gruppenleiter beschäftigt worden und habe lediglich Verpackungen und Kabelbinder kontrollieren müssen. Weiterhin habe er den anderen Beschäftigten Pflege- und Toilettenhilfe leisten müssen und die Kollegen hätten ihn deutlich spüren lassen, dass er nicht erwünscht sei. Dies folge insgesamt und insbesondere aus seinem Mobbingtagebuch für den Zeitraum vom 16.01.2014 bis zum 04.11.2014.

5

Der Kläger hat beantragt:

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1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;
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2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, mithin 8.245,59 EUR, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2015 zu zahlen;
8
3. die Beklagte trägt die aufgrund des Mobbings angefallenen Behandlungskosten des Klägers, die die Krankenkasse nicht erstattet, mithin mindestens 2.000,-- EUR
9

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte hat vorgetragen, tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass ihr Mobbingvorwürfe zu machen seien, bestünden nicht.

12

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage darauf hin durch Urteil vom 14.07.2015 - 2 Ca 234/15 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 98 - 100 d. A. Bezug genommen.

13

Gegen das ihm am 20.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 20.08.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 18.09.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

14

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er sei weder in seine neue Arbeit eingearbeitet worden, so wie das zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses üblich und notwendig sei, noch seien ihm die Aufgaben zugewiesen worden, für die er laut Arbeitsvertrag eingestellt worden sei. Seine Qualifikation sei von der Beklagten nie in Abrede gestellt worden, gleichwohl seien ihm durchgängig viel zu geringwertige Tätigkeiten zugewiesen worden. So habe er z. B. über mehrere Wochen hinweg nur Kabelbinder kontrolliert, Materialkisten befüllt, Material eingeschweißt und sei mit der Pflege der dort betreuten Bewohner betraut worden, insbesondere bei Toilettengängen. All diese Aufgaben gehörten nicht zu den Aufgaben eines Gruppenleiters. Die Berufsausbildung des Klägers umfasse in erster Linie die Verbesserung der Aus- und Fortbildungsbedingungen behinderter Menschen zwecks Integration in den Arbeitsmarkt. Zur Erreichung dieses Ziels sei es unabdingbar, mit den Mitarbeitern in ständiger Kommunikation zu bleiben, bzw. Einzelgespräche zu führen, diese in Berichten zu dokumentieren und die erforderlichen Maßnahmen beim Arbeitgeber anzuregen. Der Kläger habe statt dessen nicht nur nicht die Gelegenheit erhalten, seiner eigentlichen Arbeitsaufgaben nachzugehen, sondern er sei der einzige Mitarbeiter des Unternehmens gewesen, der lange Zeit über keinen eigenen Schreibtisch, geschweige denn einen Computer oder Intranet- sowie Internetzugang verfügt habe. Allein die permanente Anweisung geringwertiger Tätigkeiten sei als Mobbinghandlung anzusehen. Vorliegend sei eher ein Dauerzustand gegeben gewesen, denn ein einmaliges Versehen. Denn die Arbeitsanweisungen zu den zuvor genannten Tätigkeiten seien systematisch vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an bis zum 04.11.2014 in abwechselnder Reihenfolge erfolgt.

15

Zur weiteren Darstellung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16.09.2015 (Bl. 128 - 133 d. A.) Bezug genommen.

16

Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.07.2015, Aktenzeichen 2 Ca 234/15 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, mit der Maßgabe, dass der Klageantrag Ziffer 3 hinsichtlich der Behandlungskosten zurückgenommen wird.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, bereits die klägerseits gestellten Anträge seien nicht nachvollziehbar. So sei nicht erkennbar, welcher Schaden dem Kläger entstanden sei. Ausführungen erhalte die Klageschrift zwar zu einem Schmerzensgeld. Warum dies geschuldet sei, sei aber nicht erkennbar. Im Übrigen habe der Kläger einen "Mobbingvorwurf" nicht schlüssig dargelegt. Im Wesentlichen beschränke er sich darauf, fortwährend zu behaupten, er sei "gemobbt" worden. Etwas anderes folge auch nicht aus dem sogenannten "Mobbing"-Tagebuch, denn dort seien lediglich Angaben zu 35 Tagen, das seien etwas mehr als 10 Prozent der Kalendertage des Arbeitsverhältnisses enthalten, im Übrigen handele es sich wohl um ein nachträglich konstruiertes "Tagebuch", denn drei Einträge beträfen - unstreitig - Tage, an denen der Kläger im Betrieb der Beklagten gar nicht anwesend gewesen sei. Die Einträge zum 12.05.2014 kämen zudem - unstreitig - auf den Seiten 8 und 9 doppelt mit unterschiedlichem Text vor. Im Übrigen seien die Ausführungen des Klägers insgesamt aus sich heraus nicht verständlich. Die in Form eines Besinnungsaufsatzes gefassten Aufzeichnungen ließen sich weder konkret einordnen noch bewerten.

21

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 12.11.2015 (Bl. 163 - 186 d. A.) Bezug genommen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

23

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 30.11.2015.

Entscheidungsgründe

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I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

25

II. Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

26

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegenüber der Beklagten nicht zustehen.

27

Die tatsächlichen Voraussetzungen entsprechender Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach Maßgabe der §§ 823 ff. BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG lassen sich nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers auch im Ansatz nicht feststellen.

28

Insoweit gilt Folgendes:

29

Gem. § 823 Abs. I BGB hat der Einzelne, also auch der Arbeitnehmer, gegenüber jedermann das Recht auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Zwar ist dieses Recht nicht mit dem Persönlichkeitsgrundrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG identisch; es entfaltet aber vielfach eine gleichartige Wirkung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 28. 10.2010 - 8AZR 546/09. NZA-RR 2011.378; s. Jansen/Hartmann NJW 2012. 1540: Straining).

30

Es handelt sich in erster Linie um ein Abwehrrecht gegenüber rechtswidrigen Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre, das Rechtsgrundlage für Unterlassungspflichten des Arbeitgebers sein kann (vgl. Wiese ZfA 1971.297 f.; s. LAG SchlH 23. 1.2008 - 3 Sa 305/07, EzA-SD 8/2008 S.8 LS).

31

Inhaltlich bezieht sich der Schutz auf die Achtung der Menschenwürde des Arbeitnehmers (Persönlichkeitssphäre) und auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Freiheitssphäre).

32

Der Arbeitgeber ist insgesamt verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht selbst durch Eingriffe in deren Persönlichkeits- oder Freiheitssphäre zu verletzen, diese vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte, auf die er einen Einfluss hat, zu schützen, einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern {Thür., LAG 10.4. 2001 NZA-RR 2001,347). Der Arbeitgeber hat danach z. B. die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetzte. Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS); vgl.Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, Kapitel 3 Rdnr. 2856 ff.).

33

Zu berücksichtigen ist insoweit insbes., dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung zu gelten, und es daher gilt, sog. folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (LAG RhPf 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS). Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen i. d. R. hingenommen werden, und zwar auch dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbes. das berufliche Wirken des Einzelnen (LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013, 192 LS).

34

Insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) ist auch in diesem Zusammenhang jedoch nicht schrankenlos. Es wird durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis zu diesen gebracht werden. Dies gilt insbes., wenn beiderseits verfassungsrechtlich geschätzte Positionen in Betracht kommen, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) oder das Recht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Es bedarf einer Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern. in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Voraussetzung jeder Abwägung ist dabei, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird (LAG RhPfl. 7.9. 2012 NZA RR 2013, 192 LS).

35

Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht umfasst der Begriff »Mobbing« eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Arbeitnehmern oder zwischen ihnen und den Vorgesetzten, bei der jemand systematisch und oft über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel oder dem Ergebnis des Ausstoßes aus der Gemeinschaft direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Die zahlreichen in Betracht kommenden Handlungen können darin bestehen, dass der Betroffene tätlich angegriffen oder auch nur geringschätzig behandelt, von der Kommunikation ausgeschlossen, beleidigt oder diskriminiert wird. Für den Arbeitgeber besteht die Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, das Opfer derartiger Belästigungen und Attacken zu schützen und allgemein für ein ausgeglichenes Betriebsklima zu sorgen (LAG RhPf 19. 2. 2004 NZA-RR 2004,232; s. Sasse BB 2008. 1450 ff. Jansen/Hartmann NJW 2012, 1540ff. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß a.a.O., Kap. 3 Rn. 2889 ff.).).

36

Bei dem Begriff Mobbing handelt es sich nicht um einen eigenständigen juristischen Tatbestand (LAG Bln. 15 7 2004 - 16 Sa 2280/03. NZA-RR 2005, 13; LAG RhPfl. 7.9. 2012 NZA-RR 2013, 192 LS); Mobbing ist weder ein Rechtsbegriff noch eine Anspruchsgrundlage (BAG 16. 5. 2007 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6) und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbstständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen (BAG 28. 10. 2010-8 AZR 546/09, NZA-RR 2011,378; LAG RhPfl. 7.9.2012 NZA-RR 2013,192 LS). Die rechtliche Einordnung der unter diesen Begriff zusammenzufassenden Verhaltensweisen beurteilt sich ausschließlich danach, ob diese die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift erfüllen, aus der sich die gewünschte Rechtsfolge herleiten lässt (vgl. LAG Bln.1.11.2002 NZA-RR 2003,232; LAG Bln. 6. 3.2003 LAGE Art. 2GG Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

37

Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss also jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S.d. § 823 Abs. 1BGB, ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs.2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen. Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen. Jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbes. dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffs »Belästigung«, die eine Benachteiligung i.S.d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grds. nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 28. 10. 2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378;s. Jansen/Hartmann NJW 2012.1540ff.).

38

Die juristische Bedeutung der durch den Begriff Mobbing gekennzeichneten Sachverhalte besteht so gesehen darin, der Rechtsanwendung Verhaltensweisen zugänglich zu machen, die bei Isolierter Betrachtung der einzelnen Handlungen die tatbestandlichen Voraussetzungen von Anspruchs-, Gestaltungs- und Abwehrechten nicht oder nicht in einem der Tragweite des Falles angemessenem Umfang erfüllen können. Ob ein Fall von Mobbing vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem im gesellschaftlichen Umgang im Allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Denn nicht jede Meinungsverschiedenheit oder Auseinandersetzung zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen kann den Begriff »Mobbing« erfüllen, weil es dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen Immanent ist, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese Ausdruck des Ziels sind, den Anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen (LAG SchlH 19.3.2002 NZA-RR 2002,457; LAG Hamm 25. 6. 2002 NZA-RR 2003, 8; LAG Nds. 9. 3. 2009 - 9 Sa 378/08, AuR 2009,435 LS; s. Jansen/Hartmann NJW 2012, 1540 ff.).

39

Mobbing kann folglich nur angenommen werden, wenn systematische und zielgerichtete Anfeindungen gegen den Arbeitnehmer vorliegen (s. BAG 28.10.2010- 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011,378). Daran fehlt es, wenn es in der Entwicklung einer im Wesentlichen psychisch bedingten Konfliktsituation zu einer Eskalation kommt, auf die der Arbeitgeber mit einem - im Einzelfall - nicht mehr sozial-adäquaten Exzess reagiert, z. B. einer unberechtigten Suspendierung von der Arbeitsleistung und nachfolgenden rechtswidrigen Versetzung (LAG Thüringen 10.6.2004 ZTR 2004,596). Diese wechselseitige Betroffenheit berechtigter Vertragsinteressen der Parteien des Arbeitsverhältnisses wird völlig verkannt, wenn zur »Mobbingbekämpfung... ein auf das Prinzip der >Nulltoleranz< gegründeter und als verhaltensstrukturelles Steuerungsmittel wirksamer Mobbingrechtsschutz gefordert« wird (unzutr. daher LAG Thüringen 28. 6. 2005 AuR 2006,31; vgl. Hohmann NZA 2006, 530 IT.).

40

Arbeitsrechtlich erfasst der Begriff Mobbing mithin allerdings nur fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ein vorgefasster Plan ist nicht erforderlich {BAG 28.10.2010 -8AZR 546/09, NZA-RR 2011,378; 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; LAG Thüringen 10.4. 2001 NZA-RR 2001, 347; 10. 6. 2004 ZTR 2004,596; LAG Hamm 25.6. 2002 NZA-RR 2003, 8; LAG Bln. 6. 3.2003 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Der Begriff lässt sich auch als eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen beschreiben, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während einer längeren Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßens aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Es ist einerseits erforderlich, dass sich das Verhalten gegen eine oder mehrere bestimmte Personen richtet und andererseits, dass das Verhalten systematisch erfolgt. Es muss sich folglich aus einer Kette von Vorfällen ein System erkennen lassen (LAG SchlH 19. 3. 2002 NZA-RR 2002,457; Benecke NZA-RR 2003,225 ff.). Handelt es sich bei den vom Arbeitnehmer für das Vorliegen von Mobbing vorgetragenen Handlungen des Arbeitgebers überwiegend um die Auseinandersetzung um unterschiedliche Rechtsansichten, z. B. über den Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers oder Rechte anlässlich der Ausübung des Betriebsratsamtes, ergibt sich aus der Menge der Auseinandersetzungen allein noch keine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers. Vielmehr handelt es sich bei derartigen rechtlichen Auseinandersetzungen um im Arbeitsleben normale Konflikte, die unter Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte geklärt werden. Es entspricht insoweit einer typischen arbeitsrechtlichen Konfliktsituation, dass ein engagierter Betriebsratsvorsitzender weit mehr im Angriffsfeld des Arbeitgebers steht, als ein Arbeitskollege ohne Funktion, ohne dass diese Angriffssituation automatisch als systematische Anfeindung einzuordnen ist. Selbst wenn Sachstreitigkeiten schließlich vom Arbeitgeber aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur und seines Rollenverständnisses in unangemessener, teils intoleranter Form ausgetragen werden, ergibt sich aus der Art und Weise der Konfliktführung noch nicht per se eine verwerfliche Motivation des Arbeitgebers, die automatisch als Mobbing einzuordnen ist (UG ScMH 1.4. 2004 NZA-RR 2005, 15). Gleiches gilt bei kritischen Äußerungen des Arbeitgebers über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und das Androhen von Sanktionen bei Fehlleistungen (s. dazu LAG Nhg. 5.9. 2006 - 6Sa 537/04 - EzA-SD 25/06 S. 8LS); insoweit kann es an der für das Mobbing typischen, verschiedene einzelne Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinanderfolgen, kritisiert oder schlecht beurteilt wird (BAG 16. 5. 2007 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; s.a. LAG Hamm 11.2.2008 NZA-RR 2009,7). Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzten (§ 278 BGB), die der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer provoziert hat. sind nicht in die Prüfung eines Mobbingverhaltens einzubeziehen; an der erforderlichen Systematik kann es auch dann fehlen, wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (BAG 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6-NZA 2007, 1154; s.a. LAG Hamm 11.2. 2008 NZA-RR 2009, 7). Auch eine gesundheitliche Prädisposition eines Opfers von Mobbing kann gegen die Ursächlichkeit des Mobbing-Verhaltens für eine Erkrankung sprechen (Sachs. LAG 17. 2.2005 AuR 2006, 131 LS).

41

Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbes. auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378).

42

Ansprüche auf Schadensersatz (und Schmerzensgeld) wegen Arbeitsunfähigkeit, die der Arbeitnehmer auf Mobbing zurückfuhrt, können folglich nur begründet sein, wenn der Arbeitnehmer zumindest Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder ihm nach §§ 278, 831 BGB zurechenbarer Arbeitskollegen belegen kann (vgl. ArbG Dresden 1.7. 2003 5Ca 5954/02, AuR 2004, 76 LS: Anspruch in erheblicher Höhe; a.A. Sächs. LAG 17. 2. 2005 -2 Sa 751/03, EzA-SD 12/05. S. 12 LS). Ein Arbeitnehmer ist also für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen er Entschädigungs- und/oder Schadensersatzansprüche herleitet, darlegungs- und beweispflichtig (BAG 14.11.2013 EzA §611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014,564). Fehlerhafte Weisungen des/der Vorgesetzten, wie die Arbeitsleistung zu erbringen ist, stellen keine Pflichtwidrigkeiten dar. Der Arbeitgeber ist auch nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer gehalten, die sachliche Richtigkeit der Weisungen des Vorgesetzten zu überprüfen. Nimmt der Arbeitnehmer sich die fehlerhafte Weisung so zu Herzen, dass er davon arbeitsunfähig wird, bestehen keine Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber (LAG Nbg. 2. 7. 2002 NZA-RR 2003, 121). Behauptet folglich eine Arbeitnehmerin, sie sei durch fortgesetzte Herabsetzungen und Schikanen ihres Arbeitgebers seelisch krank geworden, muss sie im Prozess um Schadensersatz und Schmerzensgeld die beanstandeten Verhaltensweisen so konkret darlegen und beweisen, das in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob diese Verhaltensweisen jedenfalls einerseits rechtswidrige und schuldhafte Überschreitungen des Direktionsrechts gewesen sind und andererseits zudem der Handelnde damit zu rechnen hatte, dass sein Verhalten eine Erkrankung der Arbeitnehmerin verursachen könnte (LAG Bln. 15.7.2004 NZA-RR 2005, 13; Sachs. LAG 17. 2.2005 - 2Sa 751/03, EzA-SD 12/05, S. 12 LS; s. Federhoff-Rink FA 2005, 330 ff.).

43

Bei dem festzustellenden Verschulden des Arbeitgebers ist auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer grds. die Möglichkeit hat, sich gegen unrechtmäßige Arbeitsanweisungen tatsächlich und rechtlich zur Wehr zu setzen. Es ist deshalb auch zu prüfen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über Mobbing-Handlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern. Das gebietet letztlich auch die Schadensminderungspflicht (LAG SchlH 28.3.2006 NZA-RR 2006,402).

44

Voraussetzung für alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sind Handlungen, die der Arbeitnehmer bei Bestreiten des Arbeitgebers konkret darlegen und beweisen muss (BAG 16. 5. 2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014. 564; LAG SchlH 15. 10. 2008 - 3 Sa 196/08 - EzA-SD 4/2009 S. 12 LS), dadurch kausal verursachte Verletzungen der Rechtsgüter des Arbeitnehmers (BAG 16. 5.2007 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 NZA 2007, 1154), ein zurechenbarer Schaden und ein Verschulden des Arbeitgebers, der insbes. bei psychischen Gesundheitsverletzungen des Arbeitnehmers diese voraussehen können muss (LAG Bln. 1.11.2002 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

45

In einem Prozess auf Schmerzensgeld wegen »Mobbing« gegen den direkten Vorgesetzten und den Arbeitgeber trägt der Arbeitnehmer bspw. die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutsverletzung und den eingetretenen Schaden. Der Arbeitnehmer muss die klagebegründenden Tatsachen bzgl. aller anspruchsbegründender Tatsachen so vortragen, dass es der Beklagten möglich ist, zu erkennen, auf welche konkreten - nach Zeit und Ort identifizierbaren - Tatsachen sich die Anspruchsstellung bezieht (ArbG München 25.9. 2001 NZA-RR 2002. 123).

46

Die Beweisführung kann u. U. den Regeln des prima-facie-Beweises folgen, wenn es sich um einen typischen Geschehensablauf handelt. Ein solcher liegt nicht vor. wenn für einen Zeitraum von 3 Jahren neun Vorfälle behauptet werden, weil damit nicht schlüssig der Tatbestand der dauernden Rechtsgutsverletzung, der »fortgesetzten aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienenden Verhaltensweisen von Kollegen oder Vorgesetzten« dargelegt ist (LAG Brem. 17. 10.2002 LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 5). Auch insbes. pauschaler und wertender Vortrag mit Worten wie z. B. »gängeln«, »beschimpft«, oder »verbalen Übergriffen, Beleidigungen und massiven Drohungen« ist nicht ausreichend (LAG SchlH 15.10. 2008 - 3Sa 196/08. EzA-SD 4/2009 S. 12 LS).

47

Befindet sich der Arbeitnehmer zudem bereits im Stadium der Arbeitsunfähigkeit, so bedarf es besonderer Darlegungen dafür, dass weitere behauptete Pflichtwidrigkeiten des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten kausal für das Weiterbestehen der (psychischen und psychosomatischen) Erkrankungen des Arbeitnehmers (als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch) gegeben sind (LAG Nbg. 2. 7.2002 LAGE Art. 2GG Persönlichkeitsrecht Nr. 4).

48

Eine Parteivernehmung der beweispflichtigen Partei von Amts wegen nach § 448 ZPO setzt voraus, dass für die zu beweisenden Tatsachen aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BAG 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014,564). Lehnt das Berufungsgericht eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO deshalb ab, weil es die gewisse Wahrscheinlichkeit der Beweistatsache verneint, so müssen seine diesbezüglichen Feststellungen in einer § 286 ZPO genügenden Weise getroffen sein (BAG 14.11.2013 EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 16 = NZA 2014, 564).

49

In Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass die maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht ersichtlich sind.

50

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das vom Kläger vorgelegte sogenannte "Mobbing-Tagebuch" schon deshalb nicht wirklich als authentische Erkenntnisquelle vorliegend herangezogen werden kann, weil es offensichtlich im Nachhinein - retrospektiv - zu Prozesszwecken gefertigt worden ist, also keine authentische Darstellung des täglichen Arbeitsgeschehens enthält. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Tage aufgeführt sind, an denen der Kläger - unstreitig - gar nicht am Arbeitsplatz anwesend war und zum anderen daraus, dass z. B. ein Arbeitstag mit unterschiedlichen Eintragungen doppelt enthalten ist. Des Weiteren ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Eintragungen sich lediglich auf einen Prozentsatz von knapp über 10 Prozent der fraglichen Tage beziehen, so dass sich auch deshalb der Aussagewert sehr stark in Grenzen hält. Hinzukommt, dass die Eintragungen als solche kaum ein nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertes Tatsachensubstrat aufweisen, vielmehr handelt es sich durchgängig um Bewertungen, Werturteile, Einschätzungen, die sich auf die subjektive Befindlichkeit des Klägers beziehen, der Kammer aber - ebenso wenig wie der Beklagten - die Möglichkeit geben, sich inhaltlich im Hinblick auf die zuvor dargestellten maßgeblichen Kriterien - z. B. eine entsprechende Überempfindlichkeit des Klägers - überhaupt auseinander zu setzen. Letztlich fehlt auch auf der Grundlage dieses ungenügenden tatsächlichen Substrats eine nachvollziehbare Darlegung des Klägers, warum die zuvor als wesentlich dargestellten Grenzen durch das Verhalten maßgeblicher Mitarbeiter der Beklagten überschritten worden sein sollen. Insoweit hätte es, davon ist das Arbeitsgericht bereits im erstinstanzlichen Rechtszug zutreffend ausgegangen, substantiierten tatsächlichen Vorbringens des Klägers nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen bedurft, das überhaupt erst einem entsprechend substantiiertem Erwidern der Beklagten zugänglich gewesen wäre. Daran fehlt es vollständig. Insoweit wird vom Kläger auch nichts Unmögliches verlangt, denn eine entsprechende Darlegungslast sehen §§ 138, 139 ZPO auch in verfassungskonformer Auslegung dann vor, wenn insoweit nichts Unmögliches verlangt wird (vgl. BAG 26.06.2008, 23.10.2008 EzA § 23 KSchG Nr. 32, 33 zu § 23 Abs. 1 KSchG). Unmögliches wird vom Kläger insofern schon deshalb nicht verlangt, weil er selbst - Prinzip der Sachnähe - an all den Vorfällen, auf die er sich meint beziehen zu sollen, unmittelbar persönlich beteiligt war. Inhaltlich substantiierter und wahrheitsgemäßer Tatsachenvortrag ist ihm also keinesfalls unmöglich.

51

Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

52

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten; gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht insgesamt lediglich deutlich, dass der Kläger - wenn auch aus seiner Sicht heraus verständlich - mit der tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer letztlich folgt, nicht einverstanden ist. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

53

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

55

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2009 - 5 Sa 112/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die der Kläger wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Der Kläger war als Diplomjurist in der DDR seit 1976 Staatsanwalt. Seit 1993 ist er beim beklagten Land angestellt und wird nach BAT VergGr. II a vergütet. Als stellvertretender Dezernatsleiter war er beim Landeskriminalamt mit der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik in den Bereichen Kriminalitätsanalyse, Kriminalstrategie, Kriminalitätsprävention und Kriminalstatistik befasst. Zudem hat sich der Kläger in der Kriminalforschung engagiert, auch im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben.

3

Im Mai 2000 führte das beklagte Land ein System von Zielvereinbarungen für den Polizeibereich ein. Dies führte zu einem Konflikt zwischen dem Kläger und dem Direktor des Landeskriminalamtes W über die richtige Führung der Polizeistatistik, insbesondere über die Frage, ob die Zielvereinbarungen die Kriminalstatistik schädigen oder beeinflussen können oder dies schon getan haben. Der Kläger hat Zielvereinbarungen ua. wegen eines Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip für rechtswidrig gehalten. Seine Kritik veröffentlichte er im September 2000 in einer Fachzeitschrift, was zu weiteren Auseinandersetzungen auch mit anderen LKA-Mitarbeitern führte. 2002 wurde ein Antrag des Klägers auf Höhergruppierung abschlägig beschieden, was der Kläger erfolglos arbeitsgerichtlich überprüfen ließ.

4

Am 5. März 2004 erhielt der Kläger den Auftrag, eine vergleichende Stellungnahme zu einer aus Polen stammenden Kriminalstatistik abzugeben. Diese Stellungnahme legte der Kläger am 11. März 2004 vor. Der Leiter des Leitungsstabes im LKA M brachte auf der Ausarbeitung des Klägers den handschriftlichen Vermerk an:

        

„1.     

(Thema verfehlt): Aufgabe war nicht der Vergleich Stettin-MV;

        

2.    

auch noch verspätet vorgelegt.“

5

Nachdem der Kläger wiederholt aus kriminalwissenschaftlichen Gründen die Mitarbeit an bestimmten Projekten abgelehnt hatte, wurde er im Jahr 2004 von dem Kriminaldirektor W zu dem Eindruck angehört, er verhalte sich zunehmend destruktiv, sei nicht mehr gewillt, seine Aufgaben als Dezernent ordnungsgemäß wahrzunehmen und es sei zu überlegen, ob er noch geeignet sei, den ihm übertragenen Dienstposten auszufüllen. Der Kläger wies die Vorwürfe in der Sache zurück und kündigte an, sich gegen eine Fortsetzung solchen „Mobbings“ mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zur Wehr zu setzen. Im Dezember 2004 wurde der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Verschwiegenheits- und seine Wohlverhaltenspflicht abgemahnt. Die von ihm dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Schon seit dem Spätsommer 2004 war der Kläger zunehmend von Forschungsprojekten, die er bis dahin im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit mit verfolgte, ausgeschlossen worden.

6

Im Mai 2005 wurde der Kläger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem kritischen Artikel des Magazins „Focus“ zu dem Zielvereinbarungssystem für die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zum 1. Juni 2005 an das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz abgeordnet und schließlich zum 1. Dezember 2005 dorthin dauerhaft versetzt, wobei ihm der höher bewertete Dienstposten eines Dezernatsleiters übertragen wurde. Ein gegen die Abordnung und Versetzung eingeleitetes arbeitsgerichtliches Verfahren wurde rechtskräftig zu Lasten des Klägers entschieden.

7

Nach Vorerkrankungen ist der Kläger seit dem 2. Januar 2007 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. September 2008 erhält er - befristet - eine Erwerbsminderungsrente. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nur er habe innerhalb des LKA wie des Landesdienstes überhaupt die Fachkompetenz, darüber zu entscheiden, wie die Polizeistatistik zu führen sei. Die Führung des LKA wie auch das Innenministerium hätten diese seine Entscheidungskompetenz missachtet und wegen seiner kritischen Haltung zu Zielvereinbarungen für den Polizeidienst beschlossen, ihn aus dem Dienst zu drängen. Dieser feindlichen Einstellung zu seiner Person sei seine Versetzung an das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landes geschuldet, was sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls kritischen Focus-Artikel ergebe.

8

Neben einem Schmerzensgeld begehrt der Kläger ua. auch Ersatz für Verdienstausfall für die Zeit seiner Erkrankung in rechnerisch nicht streitiger Höhe von 5.951,80 Euro.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.951,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Januar 2008 die Differenz zwischen dem ihm von der Deutschen Angestellten Krankenkasse gezahlten Krankengeld und seinem monatlichen Nettoverdienst, welches er bis zum 7. September 2006 von der Beklagten bzw. der Abrechnungsstelle der Beklagten erhalten hat, zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aufgrund des Mobbings der Beklagten bzw. des von der Beklagten gegenüber dem Kläger geduldeten Mobbings durch Angestellte und Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 1997 bis 2006 entstanden ist und entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

10

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt und die Mobbingvorwürfe des Klägers bestritten. Anfeindungen, Beleidigungen oder Ausgrenzungen des Klägers habe es nicht gegeben.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, da es bei seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Teilaufgabe „Kriminalforschung/Teilnahme an Forschungsprojekten“ habe das beklagte Land dem Kläger in der achtmonatigen Schwebephase zwischen dem gescheiterten Personalgespräch im Herbst 2004 und der Abordnung des Klägers zum 1. Juni 2005 entzogen, indem es dem Kläger die Teilnahme an drei in diesen Zeitraum fallenden Veranstaltungen/Projekten verweigert habe. Da es dafür an einer sachlichen Rechtfertigung fehle, müsse gefolgert werden, dass der Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb bestraft werden sollte, was ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletze und insoweit auf eine feindliche Einstellung der Hausspitze des LKA gegenüber dem Kläger schließen lasse. Es liege ein Missbrauch der Vorgesetztenstellung vor, durch den der Kläger in seinem sozialen Geltungsbereich empfindlich verletzt worden sei. Dagegen könne in den weiteren vom Kläger dargelegten Vorfällen keine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gesehen werden, auch fehle es an den erforderlichen Indizien für die bewusste Schaffung eines feindlichen Umfeldes.

14

Die handschriftlichen Vermerke M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und der deutschen Kriminalstatistik hätten zwar einen deutlich personenbezogenen Schwerpunkt, da der Eindruck einer Beurteilung der persönlichen Leistung des Klägers vermittelt werde, die jedenfalls mit der sachlichen Bewertung des Berichts nichts mehr zu tun habe. Die Vermerke „Thema verfehlt“ und „auch noch verspätet vorgelegt“ hätten allenfalls in die Personalakte des Klägers gehört, nicht jedoch in die Sachakte, der sie zugeführt worden seien. Dort hätten auch solche Personen von den Vermerken Kenntnis nehmen können, denen ein Zugriff auf die Personalakte des Klägers verwehrt gewesen sei. Aus dem Erfahrungshorizont des Gerichts sei aber festzuhalten, dass es heute nicht ungewöhnlich sei, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichte von Untergebenen solche ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Mit dem Vermerk komme daher keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck.

15

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung zeige der lange Konfliktzeitraum von 2000 bis 2005, dass die Auseinandersetzungen nicht als auf einem einheitlichen Plan beruhend begriffen werden könnten. Darauf weise auch die Vielzahl der handelnden Personen hin, die, wenn auch nicht nachweisbar bewusst, ihren Beitrag zu dem Konflikt geleistet hätten. Die drei festzustellenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen seit Herbst 2004 müssten als so geringfügig eingeschätzt werden, dass sie die aufgetretenen ernsthaften gesundheitlichen Probleme des Klägers nicht ausgelöst haben könnten. Die Ursachen dürften zwar im Arbeitsumfeld des Klägers zu suchen sein, könnten aber nicht auf Handlungen der Dienststelle zurückgeführt werden. Der Kläger habe zu seiner Außenseiterposition in eigener Verantwortung beigetragen. Ihm sei auch mehrfach ärztlicherseits die Unfähigkeit zur Anpassung an die neue Arbeitssituation bescheinigt worden. Könne somit eine schuldhaft verursachte Schädigung der Gesundheit des Klägers durch das beklagte Land in der Gesamtschau nicht festgestellt werden, so brauche es für einen Schmerzensgeldanspruch eine schwere, unmittelbare Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Zwar sei der Kläger ab 2004 daran gehindert worden, auch dienstlich an Projekten und Tagungen zur Kriminalforschung teilzunehmen. Dies stelle aber keine schwere Persönlichkeitsverletzung dar.

16

B. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält wegen eines Verstoßes gegen § 139 ZPO, der den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör(Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG). In der Sache selbst kann der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden, weswegen die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

17

I. „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - aaO; 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

18

II. Das beklagte Land hat als Arbeitgeber gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet ( BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

19

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 2 GG Rn. 48, 84). Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ).

20

III. Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden ( BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6 ). Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat, sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - aaO ).

21

1. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die Vorgesetzten des Klägers hätten beim Aufgabenbereich „Kriminalforschung“ das Persönlichkeitsrecht des Klägers von Herbst 2004 bis zu seiner Abordnung am 1. Juni 2005 in drei Fällen verletzt, ihm für diesen Zeitraum in Ermangelung anderer Aufgaben diesen Tätigkeitsbereich komplett entzogen und ihre Vorgesetztenstellung missbraucht, um den Kläger wegen seiner fehlenden Eingliederungsbereitschaft in den Dienstbetrieb zu bestrafen, werden diesen Anforderungen gerecht und sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

2. Soweit das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch die handschriftlichen Vermerke des Vorgesetzten M auf dem Bericht des Klägers vom 11. März 2004 zur Vergleichbarkeit der polnischen und deutschen Kriminalstatistik verletzt worden ist, hat es den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es der Entscheidung seinen eigenen Erfahrungshorizont zugrunde gelegt hat, ohne diesen zuvor offen zu legen.

23

a) Der Kläger hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt, da es das Landesarbeitsgericht unterlassen habe, ihm einen nach § 139 Abs. 2 ZPO gebotenen Hinweis zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass es aufgrund eines eigenen Erfahrungshorizonts davon ausgehe, derartige Bemerkungen in einem Vermerk brächten keine Sonderbehandlung gegenüber dem Kläger zum Ausdruck und dass es aufgrund seines eigenen Erfahrungshorizonts auch nicht unüblich erscheine, dass sich Vorgesetzte im Rahmen ihrer Vermerke auf Berichten von Untergebenen derart ins Persönliche gehende Bemerkungen erlaubten. Auch hat der Kläger gerügt, dass der eigene Erfahrungshorizont vom Landesarbeitsgericht weder offen gelegt worden sei, noch dargelegt worden sei, aus welchen Erfahrungswerten dieser resultiere.

24

Der Kläger hat ausgeführt, dass er im Falle der gebotenen Hinweise durch das Landesarbeitsgericht vorgebracht hätte, derartige Bemerkungen entsprächen gerade nicht der Üblichkeit. Hierzu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten worden, aus dem sich ergeben hätte, dass es sich vielmehr um eine Sonderbehandlung des Klägers durch den Zeugen Mager handele. Das Landesarbeitsgericht wäre sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich gerade nicht um eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation gehandelt habe und es hätte das Vorhandensein einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen. Diese schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte in Verbindung mit den festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen das Landesarbeitsgericht zu der Entscheidung gebracht, dass gegenüber dem Kläger tatsächlich Mobbinghandlungen ausgeführt worden seien und das Urteil wäre zu Gunsten des Klägers ausgefallen.

25

b) Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Entscheidung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“), allerdings nur dann, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 291 Rn. 1).

26

Solche offenkundigen oder gerichtskundigen Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Streitbeteiligten Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278 = AP Einigungsvertrag § 38 Nr. 7 = EzA Einigungsvertrag Art. 20 Soziale Auswahl Nr. 5; BVerfG 14. April 1959 - 1 BvR 109/58 - BVerfGE 9, 261; 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

27

c) Das Landesarbeitsgericht hat seinen „Erfahrungshorizont“ in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gegebenenfalls zu widerlegen. Dabei handelt es sich bei dem Umstand, derartige ins Persönliche gehende Bemerkungen auf Sachberichten seien in der Verwaltung des Landeskriminalamts üblich, weder um eine offenkundige noch um eine gerichtskundige Tatsache, unabhängig davon, dass sie in die mündliche Verhandlung hätte eingeführt werden müssen. Auf diesem Verfahrensfehler kann die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch beruhen, da bei korrektem Verfahren das Berufungsgericht möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

28

d) Bei einer erneuten Prüfung dieser Frage wird das Landesarbeitsgericht zudem klarzustellen haben, ob es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hier verneint oder bejaht. Im letzteren Fall könnte diese für die Gesamtbeurteilung nicht deswegen als unerheblich angesehen werden, weil sie womöglich, was sich nach weiterer Sachaufklärung herausstellen könnte, im Bereich des LKA des beklagten Landes „nicht ungewöhnlich“ ist. Auch übliche Persönlichkeitsverletzungen bleiben solche.

29

e) Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Da es dem Senat verwehrt ist, die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen, erweist das Urteil sich nicht aus anderen Gründen als richtig, § 561 ZPO. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss stets von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden, die dem Berufungsgericht nicht entzogen werden darf (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 609/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

30

Zwar sind die übrigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der vom Kläger bezeichneten Vorfälle revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind nicht mit dem Thüringer Landesarbeitsgericht (10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2) Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer anzunehmen, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen „mobbing-typischem“ medizinischen Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt. Vielmehr werden mit der Annahme einer solchen „Konnexität“ Vermutungsfolge und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6; Bennecke Mobbing Rn. 328). Das Landesarbeitsgericht ist auch von zutreffenden rechtlichen Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen und hat - ausgehend von drei persönlichkeitsrechtsverletzenden Handlungen - die Güter und Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände sorgfältig abgewogen. Sollte aber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzutreten, bedürfte es einer neuerlichen gründlichen Auseinandersetzung mit der Frage, ob nunmehr eine schwere Persönlichkeitsverletzung anzuerkennen und damit ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegeben ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.

(2) Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.

(4) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die aufgrund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.

(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.09.2012 - 2 Ca 994/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses und um Annahmeverzugsansprüche.

2

Der am ... September 1989 geborene Kläger war bei der Beklagten aufgrund Berufsausbildungsvertrags vom 19. März 2010 (Bl. 9, 10 d. A.) seit dem 01. August 2010 als Auszubildender für den Ausbildungsberuf des Bankkaufmanns beschäftigt.

3

Am 11. Februar und 30. März 2011 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig und nahm am überbetrieblichen Unterricht nicht teil. Er besuchte an diesen Tagen eine Spielhalle, wo er mehrere EC-Cash-Zahlungen vornahm und dabei sein Konto überzog.

4

Am 20. Juni 2011 war in der Filiale der Beklagten in G. eine Mitarbeiterin arbeitsunfähig erkrankt, so dass der Kläger zur Unterstützung angefordert wurde. An diesem Tag hat der Kläger dort die Nachttresor-Kassetten alleine geöffnet und das darin befindliche Geld mittels Zählmaschine gezählt. Durch die Zentralbank wurde für diesen Tag ein Kassenfehlbestand in Höhe von 500,-- EUR (zehn 50-Euro-Scheine) festgestellt. Hiervon erlangte die Beklagte am 28. Juni 2011 Kenntnis (Differenzprotokoll der Zentralbank vom 28. Juni 2011, Bl. 48 f. d. A.).

5

Die Beklagte setzte für den 30. Juni 2011 einen Gesprächstermin mit dem Kläger an. Da der Kläger diesen Termin aus persönlichen Gründen nicht wahrnahm, wurde ein weiterer Gesprächstermin für den 04. Juli 2011 zwischen den Parteien vereinbart. Dem Kläger war ab dem 04. Juli 2011 für zwei Wochen Urlaub bewilligt worden. Am Abend des 03. Juli 2011 teilte der Kläger per E-Mail (Bl. 51 d. A.) mit, dass er den Termin am 04. Juli 2011 absagen müsse, weil er kurzfristig morgen noch in den Urlaub fliege. Am 21. Juli 2011 fand dann das angesetzte Personalgespräch mit dem Kläger statt, an dem auf Seiten der Beklagten Herr S. (Vorstandsmitglied) sowie Herr K. (Ausbildungsleiter) teilnahmen. In diesem Personalgespräch, dessen Thema dem Kläger zuvor bei der Einladung nicht mitgeteilt worden war, wurde der Kläger zu dem Vorfall am 20. Juni 2011 in der Filiale G. angehört. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 den Fehlbetrag in Höhe von 500,-- EUR selbst genannt hat, ohne dass zuvor Angaben zur Höhe des Fehlbetrages gemacht worden waren.

6

Mit Schreiben vom 22. Juli 2011 (Bl. 52, 53 d. A.) unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat unter Angabe der Sozialdaten des Klägers über die von ihr beabsichtigte fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Berufsausbildungsverhältnisses; wegen der angeführten Kündigungsgründe wird auf das Anhörungsschreiben vom 22. Juli 2011 (Bl. 52, 53 d. A.) verwiesen. Der Betriebsrat stimmte der vorgesehenen Kündigung des Klägers mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 54 d. A.) zu.

7

Mit Schreiben vom 22. Juli 2011 (Bl. 15, 16 d. A.), dem Kläger am 25. Juli 2011 zugegangen, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis außerordentlich fristlos zum 25. Juli 2011, hilfsweise ordentlich zum 30. September 2011. Im Kündigungsschreiben sind folgende Kündigungsgründe angegeben:

8

"(…)

9

Am 20. Juni 2011 wurde durch die Landeszentralbank ein Kassenfehlbestand in Höhe von 500,00 EUR (10 x 50,00-Euro-Scheine in einem Bündel) festgestellt. Da Sie das Geld an diesem Tag in der Hauptstelle G. alleine gebündelt haben und es kaum vorstellbar ist, dass die Geldscheine, nachdem sie von Ihnen gezählt wurden, auf einem anderen Wege abhanden gekommen sind, besteht der dringende Verdacht, dass Sie sich diese angeeignet haben.

10

Im Gespräch mit Herrn S., Vorstandsmitglied der Volksbank E. eG und Herrn K., Ausbildungsleiter, am 21. Juli 2011 haben Sie den Fehlbetrag zugestanden und dessen Höhe benannt, ohne dass dieser Betrag zuvor erwähnt wurde. Allein durch diese Aussage hat sich unser Verdacht gegen Sie erhärtet. Ferner haben Sie zugegeben, dass die Differenz in Höhe von 50,00 Euro in der Geschäftsstelle D. am 03. Juni 2011 von Ihnen verursacht worden ist.

11

Weiterhin haben Sie in dem vorgenannten Gespräch erklärt, spielsüchtig zu sein.

12

Allein dieser Umstand rechtfertigt eine fristlose Kündigung, da dieses Verhalten unvereinbar ist mit den an einen Bankmitarbeiter zu stellenden Anforderungen.

13

Weiterhin haben Sie zugegeben, im laufenden Jahr bereits 5 Tage und 8 Unterrichtsstunden unentschuldigt in der Berufsschule gefehlt zu haben.

14

Erschwerend kommt hinzu, dass Sie die Fehlzeiten damit begründet haben, dass Sie statt den Unterricht zu besuchen in dieser Zeit an Glücksspielen teilgenommen bzw. dass Sie am Vortag bis in die frühen Morgenstunden gespielt hätten und daher nicht zum Unterricht in die Berufsschule nach B. fahren konnten.

15

Auch dieses Verhalten ist unvereinbar mit den Pflichten Ihres Ausbildungsvertrages mit unserem Hause.

16

Den fest zwischen Ihnen und dem Vorstandsmitglied Herrn B. für den 04. Juli 2011 vereinbarten Gesprächstermin in dieser Angelegenheit haben Sie nicht wahrgenommen. Sie haben Herrn B. gegenüber erklärt, Sie seien in Urlaub geflogen, tatsächlich haben Sie 14 Tage in S. in einer Gießerei ohne Genehmigung der Bank gearbeitet.

17

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vorgenannten Umstände jeder für sich einen schweren Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen darstellen und es unserem Hause nicht zumutbar ist, das Ausbildungsverhältnis mit Ihnen fortzusetzen. Die für das Ausbildungsverhältnis unverzichtbare Vertrauensbasis ist nicht mehr gegeben und kann auch nicht mehr hergestellt werden. Ihre uns gegenüber eingeräumte Spielsucht stellt für die Bank und Ihre Kunden ein nicht tolerierbares Risiko dar. Dies insbesondere, da Sie bisher keine Schritte eingeleitet haben, Ihre Spielsucht zu überwinden.

18

Der Betriebsrat ist nach § 102 BetrVG angehört worden und hat sowohl der außerordentlichen fristlosen als auch der ordentlichen Kündigung zugestimmt.

19

(…)"

20

Mit seiner am 01. August 2011 beim Arbeitsgericht Trier eingegangenen Kündigungsschutzklage hat sich der Kläger gegen die ihm am 25. Juli 2011 zugegangene Kündigung gewandt und im Wege der Klageerweiterung (Schriftsätze vom 10. Oktober und 25. November 2011) Annahmeverzugsansprüche geltend gemacht.

21

Der vom Kläger angerufene Schlichtungsausschuss der Industrie- und Handelskammer T. stellte nach der Schlichtungsverhandlung vom 05. September 2011 fest, dass keine Einigungsmöglichkeit bestehe und die Verhandlung somit gescheitert sei, womit den Parteien der Weg zum Arbeitsgericht offen stehe (Protokoll vom 12. September 2011 über die Schlichtungsverhandlung vom 05. September 2011, Bl. 22 - 24 d. A.).

22

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe am 03. Juni 2011 in der Filiale D. keine Kassendifferenz festgestellt. Allerdings habe die bei Auszubildenden bankintern vorgesehene Gegenkontrolle durch Dritte nicht stattgefunden. Bei seiner Anhörung habe er auch nicht eingeräumt, dass er die Differenz verursacht habe, sondern lediglich erklärt, dass er, wenn er tatsächlich zu viel herausgegeben haben sollte, bereit wäre, diesen Betrag zu erstatten. Am 20. Juni 2011 sei das von ihm gezählte Geld aus den Nachttresor-Kassetten nicht von ihm selbst, sondern vielmehr von seinem Arbeitskollegen, dem Bankkaufmann Herrn W., gebündelt worden, der sämtliche Bündel auf der Banderole unterzeichnet habe. Er habe jedenfalls keine 500,-- EUR an sich genommen. Das von ihm gezählte Geld aus den Nachttresor-Kassetten sei zunächst in dem dafür vorgesehenen Zählraum, der nicht abgeschlossen sei, liegen geblieben. Aufgrund des Umzugs des Zahlungsverkehrs von H. nach G. hätten sich am 20. Juni 2011 zwei oder drei Hausmeister der Beklagten in dem Gebäude befunden, um die entsprechenden Möbel und Einrichtungsgegenstände zu demontieren und von H. nach G. zu transportieren. Von dem Schalterbereich und von den Büros sei der Zugang in den Kellerbereich nicht verschlossen. Auf der dort befindlichen Tür stecke der Schlüssel, so dass sich jeder, der sich im Kassen- bzw. Bürobereich befinde, auch Zutritt zum Keller verschaffen könne. Ein dringender Tatverdacht sei daher objektiv nicht gegeben. Im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 sei ihm vorgeworfen worden, dass er dafür verantwortlich sei, dass ein Bündel mit zehn 50-Euro-Scheinen fehle. Er habe bestritten, 500,-- EUR an sich genommen zu haben, woraufhin ihm vorgehalten worden sei, woher er denn den genauen Betrag kennen würde. Darauf habe er erwidert, dass man ihm diesen Betrag einige Minuten vorher (zehn Scheine á 50,-- EUR) mitgeteilt habe, was die Vertreter der Beklagten dann jedoch nicht mehr hätten wahrhaben wollen. Im Übrigen scheitere die fristlose Kündigung auch daran, dass die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Das Anhörungsverfahren habe die Beklagte nicht mit der gebotenen Geschwindigkeit durchgeführt. Ferner fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates. Aus dem Anhörungsschreiben sei nicht ersichtlich, ob eine Verdachtskündigung oder eine Tatkündigung von Seiten der Beklagten beabsichtigt gewesen sei. Ferner sei der Betriebsrat falsch unterrichtet worden, weil er nie erklärt habe, dass er spielsüchtig sei.

23

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

24

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 22.07.2011, zugegangen am 25.07.2011, nicht aufgelöst worden ist,

25

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30.09.2011 nicht aufgelöst worden ist,

26

die Beklagte zu verurteilen, ihn als Auszubildenden weiter zu beschäftigen,

27

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 907,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2011 zu bezahlen,

28

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2011 zu bezahlen,

29

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.11.2011 zu bezahlen,

30

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.360,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.12.2011 zu bezahlen.

31

Die Beklagte hat beantragt,

32

die Klage abzuweisen.

33

Sie hat erwidert, am 03. Juni 2011 sei es zu einer ersten Kassendifferenz in Höhe von 50,-- EUR in der Filiale in D. gekommen, wobei der Kläger später gegenüber Herrn K. eingeräumt habe, diese "verursacht" zu haben. Am 20. Juni 2011 habe der Kläger sowohl die Zählmaschine alleine betätigt als auch im Anschluss daran die Bündelung vorgenommen. In dem Personalgespräch vom 21. Juli 2011 sei der Kläger zunächst damit konfrontiert worden, dass es am 20. Juni 2011 in der Filiale G. einen Kassenfehlbetrag gegeben habe. Da der Kläger sowohl die Zählmaschine alleine betätigt als auch im Anschluss die Bündelung vorgenommen habe, habe er sich zu diesem Vorgang einmal erklären sollen. Der Kläger habe zwar abgestritten, sich einen Betrag zugeeignet zu haben. Allerdings habe er in seinem Erklärungsversuch - offenbar aufgeregt - ausdrücklich den Fehlbetrag in Höhe von 500,-- EUR beziffert, obwohl dieser Betrag zuvor weder von Herrn S. noch von Herrn K. erwähnt worden sei. Dem Kläger sei auch nicht vorgehalten worden, dass zehn 50-Euro-Scheine oder eine entsprechende Rolle fehlen würden. Tatsächlich sei der konkrete Fehlbetrag bzw. eine Bezifferung überhaupt erstmalig vom Kläger in die Unterredung eingeführt worden. In dem Gespräch habe der Kläger eingeräumt, die Differenz in Höhe von 50,-- EUR in der Geschäftsstelle D. verursacht zu haben und außerdem spielsüchtig zu sein. Nach dem Gespräch sei ihr Verdacht derart erhärtet gewesen, dass ein weiterer Verbleib des Klägers als Auszubildender in ihrem Bankhaus nicht mehr zumutbar gewesen sei und sie sich daher zur Kündigung entschlossen habe. Selbstverständlich seien der Kassenbereich und insbesondere die Tresorräume besonders geschützt, so dass sich hier unbemerkt kein Handwerker pp. einfach Zugang verschaffen könne. Der für sie ersichtliche Ablauf der Geschehnisse und insbesondere die Einlassung des Klägers im Gespräch vom 21. Juli 2011 begründeten für sie den dringenden Verdacht, dass der Kläger den Fehlbetrag von 500,-- EUR am 20. Juni 2011 in G. an sich genommen habe.

34

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 06. September 2012 verwiesen. Mit Urteil vom 06. September 2012 - 2 Ca 994/11 - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 22. Juli 2011 gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG gerechtfertigt sei. Gegen den Kläger bestehe der dringende, durch Indizien erhärtete Verdacht, am 20. Juni 2011 500,-- EUR an sich genommen und behalten zu haben. Zwar sei entsprechend der Behauptung des Klägers davon auszugehen, dass am 20. Juni 2011 auch andere Personen Gelegenheit gehabt hätten, auf die Geldbeträge des Nachttresors Zugriff zu nehmen. Unerheblich sei dabei, ob der Kläger oder Herr W. an diesem Tag die Scheine gebündelt habe. Neben dem Kläger hätten insbesondere Herr W. sowie die weiteren an diesem Tag in der Filiale G. tätigen Bankmitarbeiter jederzeit die Möglichkeit gehabt, den Tresorraum zu betreten und das Geld an sich zu nehmen. Zudem sei am streitgegenständlichen Tag gegen das grundsätzlich geltende 4-Augen-Prinzip verstoßen worden, was es schwierig mache, den Fehlbetrag dem Kläger anzulasten. Der dringende Tatverdacht gegen den Kläger ergebe sich jedoch daraus, dass er bei seiner Anhörung die Höhe des fehlenden Geldbetrages gekannt habe, obwohl diese zuvor nicht erwähnt worden sei. Dies stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Zeuge K.. habe ausgesagt, dass der Kläger auf den Fehlbetrag angesprochen worden sei , woraufhin der Kläger gesagt habe, er wisse nicht, wo die 500,-- EUR hingekommen seien. Dieser Betrag sei vorher nicht genannt worden. Damit habe der Kläger Täterwissen offenbart. Der Zeuge K. habe darüber hinaus bekundet, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung eingeräumt habe, häufig Spielhallen zu besuchen und deswegen in Therapie zu sein. Anlässlich eines Kreditwunsches des Klägers seien im April 2011 die Kontoverfügungen überprüft und festgestellt worden, dass er häufig in Spielkasinos mehrmals 50-Euro-Beträge abhebe. Der Kläger habe angegeben, gelegentlich mit Freunden zu spielen, aber nicht süchtig zu sein. Allerdings habe er sich anschließend an eine Beratungsstelle der Caritas gewandt. Die Tatsache, dass der Kläger an Glücksspielen um Geld teilnehme, lasse darauf schließen, dass er einen erhöhten Geldbedarf habe, was den Verdacht gegen ihn erhärte. Da der Kläger selbst in Abrede stelle, spielsüchtig zu sein, und dies auch nicht nachgewiesen sei, habe das Gericht davon ausgehen dürfen, dass der Kläger in der Lage sei, sein Verhalten zu steuern. Es bestehe keine Veranlassung, der Aussage des Zeugen K. keinen Glauben zu schenken. Eine absolute Gewissheit sei bei der Verdachtskündigung nicht zu fordern. Der sorgsame Umgang mit fremdem Geld sei unerlässliche Voraussetzung für das Vertrauensverhältnis der Kunden zu ihrer Bank. Es sei der Beklagten nicht zuzumuten, einen Auszubildenden, der täglich mit großen Geldbeträgen in Berührung komme, weiterhin in ihrem Hause zu haben, bei dem der dringende Verdacht einer Unterschlagung oder Veruntreuung bestehe. Die Beklagte habe den Kläger vor Ausspruch der Verdachtskündigung zu den gegen ihn erhobenen Verdachtsmomenten angehört und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Abmahnung sei vorliegend entbehrlich gewesen. Gründe, die eine andere Beurteilung im Rahmen der bei jeder Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Verdacht von Eigentumsdelikten des Arbeitnehmers zulasten des Arbeitgebers zerstöre das Vertrauensverhältnis in besonders nachhaltiger Weise. Im Hinblick darauf überwiege das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses das Interesse des Klägers an dessen Fortsetzung. Die 2-Wochen-Frist des § 22 Abs. 4 S. 1 BBiG habe die Beklagte gewahrt. Nachdem der Kläger sowohl den für den 30. Juni 2011 als auch den für den 04. Juli 2011 angesetzten Gesprächstermin nicht wahrgenommen habe und dann in Urlaub gewesen sei, habe das Anhörungsgespräch in der Woche nach der Rückkehr des Klägers und somit ohne schuldhaft lange Verzögerung stattgefunden. Jedenfalls bis zum 18. Juli 2011 sei daher die Frist des § 22 Abs. 4 S. 1 BBiG gehemmt gewesen. Da zwei Gesprächstermine vom Kläger abgesagt worden seien, könne sich der Kläger nicht darauf berufen, die Beklagte hätte Aufklärungsmaßnahmen pflichtwidrig verzögert. Die Kündigung sei auch nicht nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte habe den Sachverhalt, so wie er sich zum damaligen Zeitpunkt aus ihrer Sicht dargestellt habe, detailliert geschildert. Der Formulierung ("Da [der Kläger] allein gebündelt hat und dies nicht nachkontrolliert wurde, müssen wir davon ausgehen, dass er die Differenz verursacht hat.") sei dabei hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Beklagte eine Verdachtskündigung habe erklären wollen. Erst nach Zustimmung durch den Betriebsrat habe die Beklagte die Kündigung ausgesprochen. Da die Kündigung das Ausbildungsverhältnis fristlos beendet habe, könne der Kläger weder seine Weiterbeschäftigung noch weitere Vergütung beanspruchen.

35

Gegen das ihm am 22. Oktober 2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2012, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 25. Oktober 2012 eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Januar 2013 mit Schriftsatz vom 21. Januar 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

36

Er trägt vor, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts hätten die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht vorgelegen. Verdachtskündigungen seien in Berufsausbildungsverhältnissen grundsätzlich nicht zuzulassen und nur ausnahmsweise möglich, wenn der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses eine vertiefte Vertrauensbasis erfordere. Derartige besondere Umstände seien von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei auch keine ordnungsgemäße Anhörung als zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verdachtskündigung erfolgt. Voraussetzung für eine wirksame Anhörung bei der Verdachtskündigung sei, dass der Arbeitnehmer über das Gesprächsthema bei der Einladung konkret informiert werde, nämlich dass der Verdacht einer Vertragsverletzung bestehe und der Ausspruch einer Verdachtskündigung erwogen werde. Zudem gebiete die gesteigerte Fürsorgepflicht des Ausbilders, den Auszubildenden bei einem Personalgespräch, das zur Vorbereitung einer Verdachtskündigung diene, auf die Möglichkeit der Hinzuziehung einer Vertrauensperson ausdrücklich hinzuweisen. Danach sei die Verdachtskündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Einladung und fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit der Hinzuziehung einer Vertrauensperson unwirksam. Im Übrigen sei die Anhörung auch deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte ihm wesentliche Erkenntnisse, nämlich die Höhe des von ihr festgestellten Fehlbetrages nach ihrem Vortrag vorenthalten und auch die sonstigen Arbeitsabläufe nicht abgeklärt habe. Soweit sich in dem Gespräch nach Darstellung der Beklagten erstmals ein dringender Tatverdacht ergeben habe, hätte sie ihn aufgrund dieser neuen Erkenntnisse ordnungsgemäß zu einer Anhörung einladen müssen. Die von der Beklagten eingeleiteten Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhaltes entsprächen nicht den im Rahmen einer Verdachtskündigung zu stellenden Anforderungen. So sei der von ihm benannte Zeuge W. von der Beklagten nicht ausführlich zu dem Sachverhalt befragt worden. Weiterhin sei die 2-Wochen-Frist gemäß § 22 Abs. 4 BBiG nicht eingehalten worden. Die Beklagte hätte ihn im Hinblick auf seinen Urlaub unverzüglich noch in der Woche bis zum 01. Juli 2011 anhören können. Da der Termin am 30. Juni 2011 nicht zustande gekommen und der Beklagten bekannt gewesen sei, dass er dann Urlaub habe, hätte sie ihn schriftlich anhören können und müssen. Aufgrund der möglichen schriftlichen Anhörung sei der Ablauf der 2-Wochen-Frist durch seine urlaubsbedingte Abwesenheit nicht gehemmt gewesen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht angenommen werden, dass die zur Begründung eines dringenden Verdachts vorgetragenen Tatsachen erwiesen seien. Zunächst habe der Zeuge K. das Gespräch nicht detailliert wiederzugeben vermocht. Der Zeuge habe nicht zwischen den Fragen und Ausführungen differenziert, die von ihm selbst und die von Herrn S. im Rahmen des Gesprächs gemacht worden seien. Dies wäre aber im Rahmen einer detaillierten Wiedergabe des Gesprächs zu erwarten und erforderlich gewesen. Wenn in wechselnden Rollen gesprochen worden sei, sei es durchaus naheliegend, dass einer der Beteiligten die Höhe des Fehlbetrages genannt habe, ohne dass dies dem Zuhörenden aufgefallen sei, zumal die Beteiligten auf Beklagtenseite offensichtlich nicht nur auf das Gespräch konzentriert gewesen seien, sondern auch noch andere Dinge nebenbei erledigt hätten. Gerade bei der entscheidenden Aussage, wonach er geäußert haben solle, dass er nicht wisse, wo die 500,-- EUR hingekommen seien, habe der Zeuge K. den entsprechenden Gesprächskontext nicht wiederzugeben vermocht. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum hinsichtlich des Vorfalls in D. der Fehlbetrag mit 50,-- EUR benannt worden sei, jedoch der Fehlbetrag in G. während des gesamten Gesprächsverlaufs nicht genannt worden sein solle, was jeglicher Lebenserfahrung widerspreche. Im Übrigen sei es völlig lebensfremd, dass er bei einer Konfrontation mit dem Bestehen eines Fehlbetrages nicht sofort die Frage nach dessen Höhe gestellt hätte. Die Aussage, dass man ihn abstrakt mit dem Bestehen eines Fehlbetrages konfrontiert habe und er darauf geantwortet habe, er wisse nicht, wo das Geld hingekommen sei, wirke völlig konstruiert und lebensfremd. Soweit der Zeuge ausgeführt habe, dass er über die Nennung des Fehlbetrages sofort irritiert gewesen sei und Herrn S. darauf angesprochen habe, der sich auch gewundert habe, wäre von Interesse gewesen, in welcher Weise der Zeuge Herrn S. angesprochen und wie sich die Verwunderung von Herrn S. ausgedrückt habe. Aufgrund dieser Ungereimtheiten in der Schilderung des Zeugen K. könne dessen Aussage nicht zur alleinigen Grundlage der schwerwiegenden Feststellung gemacht werden, dass er im Rahmen dieses Gespräches Täterwissen offenbart habe. Schließlich hätte das Arbeitsgericht auch den von ihm benannten Zeugen W. vernehmen müssen. Denn wenn nicht er, sondern der Zeuge W. an dem fraglichen Tag gebündelt habe, würde sich die gesamte Situation völlig anders darstellen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hätte das Arbeitsgericht auch berücksichtigen müssen, dass er als Auszubildender genau gewusst habe, dass alle von ihm durchgeführten Zählvorgänge durch einen Dritten kontrolliert würden, so dass er damit hätte rechnen müssen, dass eine Geldentnahme sofort auffallen würde. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts bedeutet die Teilnahme an Glücksspielen nicht, dass er einen erhöhten Geldbedarf habe. Einen erhöhten Geldbedarf habe auch der Arbeitnehmer, der sich für sein Einfamilienhäuschen hoch verschuldet habe oder aufgrund anderer Umstände mit erhöhten Geldausgaben konfrontiert sehe. Ein erhöhter Geldbedarf rechtfertige nicht die Schlussfolgerung, dass sich dadurch ein Verdacht erhärte. Bei der geboten kritischen Prüfung vermöge allein eine auf die Erinnerung des Zeugen K. gestützte Aussage, dass er den Fehlbetrag von sich aus genannt habe, nicht die unstreitig gegebenen Zugriffsmöglichkeiten dritter Personen aufzuwiegen. Vorliegend hätte eine Abmahnung als das mildere Mittel gegenüber der auf einen Verdacht gestützten Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ausgesprochen werden müssen. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderliche Interessenabwägung nicht vorgenommen. Die Verdachtskündigung und der Abbruch des Ausbildungsverhältnisses würden für ihn und seine berufliche sowie existentielle Zukunft eine außerordentlich schwerwiegende Belastung darstellen. Bei anderweitigen Bewerbungen werde er mit der Frage konfrontiert, was er in dem Zeitraum des mit der Beklagten bestehenden Ausbildungsverhältnisses gemacht habe. Mit der Verdachtskündigung und der außerordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hafte ihm ein Makel an, von dem er sich nicht befreien könne. Die Beklagte müsse nicht damit rechnen, dass sich Fehlbestände durch ihn wiederholen würden. Ferner wäre es der Beklagten durchaus zuzumuten, ihn ggf. gesteigert zu überwachen. Hätte die Beklagte die bestehenden Vorschriften hinsichtlich des 4-Augen-Prinzips und der Kontrolle der Auszubildenden konsequent umgesetzt, wäre es zu der Situation und dem Verdacht, dem er ausgesetzt sei, überhaupt nicht gekommen. Die Beklagte könne einer solchen Situation in Zukunft durch konsequente Anwendung ihrer Kontrollvorschriften ohne Schwierigkeiten begegnen und solche Situationen ausschließen. Auch die Anhörung des Betriebsrates sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Der im Anhörungsschreiben enthaltenen Sachverhaltsdarstellung sei nicht zu entnehmen, welche konkrete Handlung ihm vorgeworfen werde. Auch die Angabe, dass er im Gespräch mit Herrn S. und Herrn K. selbst die Höhe des Fehlbetrages genannt habe, stelle sich für jemanden, der mit dem Sachverhalt überhaupt noch nicht befasst gewesen sei, als völlig diffus und unklar dar. Der verwandte Begriff der Verursachung bringe nicht zum Ausdruck, welcher konkrete Vorwurf ihm überhaupt gemacht werde, denn "verursacht" sage über die Verantwortlichkeit und insbesondere über eine Zueignungsabsicht bzw. Unterschlagungsabsicht nichts aus. Schließlich sei der Betriebsrat auch falsch unterrichtet worden, weil er nie erklärt habe, dass er den Fehlbetrag in D. verursacht habe und dass er spielsüchtig sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei der Anhörung des Betriebsrates auch nicht zu entnehmen, dass eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden solle. Im Übrigen würden im Anhörungsschreiben weitere Gründe aufgeführt, die alle wegen Ablaufs der 2-Wochen-Frist zur Stützung einer fristlosen Kündigung nicht herangezogen werden könnten, so dass beim Betriebsrat der unzutreffende Eindruck erweckt werde, es bestünden viele Kündigungsgründe.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 21. Januar 2013 und den ergänzenden Schriftsatz vom 18. März 2013 verwiesen.

38

Der Kläger beantragt,

39

unter Abänderung des am 06.09.2012 verkündeten Urteils des Arbeitgerichts Trier - 2 Ca 994/11 -

40

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 22.07.2011, zugegangen am 25.07.2011, nicht aufgelöst worden ist,

41

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30.09.2011 nicht aufgelöst worden ist,

42

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,-- EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über das Basiszins seit dem 01.09.2011 zu bezahlen,

43

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,-- EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2011 zu bezahlen,

44

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 907,-- EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.11.2011 zu bezahlen,

45

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.360,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.12.2011 zu bezahlen.

46

Die Beklagte beantragt,

47

die Berufung zurückzuweisen.

48

Sie erwidert, von Seiten des Klägers würden die Voraussetzungen für eine wirksame Verdachtskündigung überspannt. Soweit er mit Blick auf seine vermeintliche Unerfahrenheit besonderen Schutz für sich in Anspruch nehme, lasse der Kläger außer Acht, dass es vorliegend um den Verdacht von Untreue/Unterschlagung in einem Bankhaus gehe. Zudem würden die Voraussetzungen von Tat- bzw. Verdachtskündigung durcheinander gebracht. Soweit der Kläger eine Verdachtskündigung nur ausnahmsweise für zulässig halte, wenn der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses eine vertiefte Vertrauensbasis erfordere, handelt es sich hier genau um diese Ausnahme. Selbstverständlich erfordere die Ausbildung zum Bankkaufmann ein erhebliches Vertrauen zwischen dem Auszubildenden und der ausbildenden Bank. Das fragliche Personalgespräch habe zunächst nicht der Vorbereitung einer Verdachtskündigung dienen sollen, sondern sei zunächst nur bezüglich der Themen Fehlzeiten des Klägers und seiner Spielsucht geplant gewesen. Erst in dem Gespräch habe sich dann der dringende Verdacht von Vermögensdelikten ergeben. Hiermit korrespondiere auch der Umstand, dass bei dem Personalgespräch keine Vertrauensperson bzw. kein Betriebsratsmitglied anwesend gewesen sei. Der Zeuge K. habe den Kläger sinngemäß auf den Fehlbetrag hingewiesen und schlichtweg nachgefragt, ob er diesen Betrag an sich genommen habe. Im Übrigen habe von ihrer Seite der genaue Betrag denknotwendig nicht mehr genannt werden können, nachdem ihn der Kläger bereits selbst genannt habe. Soweit der Kläger nach der erfolgten Anhörung eine weitere Anhörung fordere, wäre dies allenfalls bloße Förmelei. Sie habe alle Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhaltes ausgeschöpft, insbesondere auch den Mitarbeiter W. umfänglich zum Sachverhalt befragt. Der dringende Tatverdacht folge nicht aus der isolierten Betrachtung des einzelnen Indizes, sondern resultiere vielmehr aus dem Gesamteindruck, den der Kläger hinterlassen habe. Insofern spiele natürlich auch die Vorgeschichte (Spielsucht pp.) eine Rolle. Entgegen der Darstellung des Klägers habe keiner der Beteiligten auf ihrer Seite die Höhe des Fehlbetrages genannt. Dies habe der Zeuge K. in der Beweisaufnahme als absolut sicher bekundet. Bei der weiteren Behauptung des Klägers, es wären bei dem Gespräch noch andere Dinge nebenbei erledigt worden, handele es sich um eine haltlose Unterstellung. Selbstverständlich hätten sich der Vorstand S. und der Zeuge K. in dem Gespräch nur auf den Auszubildenden konzentriert. Es spreche gerade nicht gegen, sondern für die Glaubwürdigkeit des Zeugen K., dass dieser nicht jeden Punkt wiederzugeben vermöge. Mit Blick auf den Zeitablauf könne und müsse er sich nicht an jedes Wort erinnern. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt habe, dass der Kläger an Glücksspielen teilnehme und daher davon auszugehen sei, dass er einen erhöhten Geldbedarf habe, was den Verdacht gegen ihn erhärte, handele es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um unsachgemäße Erwägungen. Hier gehe es nicht um einen harmlosen "Glücksritter", der einmal einen Lottoschein ausfülle, sondern um einen regelmäßigen Besucher von Spielhöllen, der bereits unstreitig bei der Caritas B. Beratung zur Suchtprävention habe in Anspruch nehmen müssen. Von dieser Konstellation werde regelmäßig auch in Presse und Fernsehen berichtet. Aus der Spielproblematik resultiere erfahrungsgemäß ein stark erhöhter Geldbedarf, dem Betroffenen sei regelmäßig "jedes Mittel" recht. Soweit der Kläger anführe, dass auch andere Personen die Gelegenheit gehabt hätten, auf die Geldbeträge des Nachttresors Zugriff zu nehmen, verwechsle er wiederum die Verdachts- mit der Tatkündigung. Die Annahme, dass statt einer Kündigung nur eine Abmahnung hätte ausgesprochen werden dürfen, sei ihrer Ansicht nach abwegig. Wer als Auszubildender in einem Bankhaus unter dem dringenden Verdacht stehe, wegen einer Spielproblematik Vermögensdelikte während der Arbeitszeit in der Bank zu begehen, sei für das Bankhaus sicherlich nicht mehr tragbar. Dabei sei nicht die Höhe des Betrages von 500,-- EUR allein entscheidend, sondern vielmehr das Ansehen und die Reputation des Bankhauses insgesamt. Es sei der Bank nicht zumutbar, wenn sich herumspreche, dass ihre Kunden von einem Auszubildenden bedient würden, der unter dem dringenden Verdacht einer Unterschlagung stehe. Sie müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, den Kläger künftig gesteigert zu überwachen oder ihre Sicherheitsmaßnahmen insgesamt zu verstärken, um solche Situationen von vornherein auszuschließen. Diese Überlegung führe zu dem an jedes Opfer von Vermögensdelikten gerichteten Vorwurf, wonach man doch selbst (mit-)schuld sei, weil man jederzeit die Überwachungs- und Sicherheitseinrichtungen erhöhen und dadurch die Tat verhindern könne. Auch der Betriebsrat sei im Ergebnis ordnungsgemäß beteiligt worden.

49

Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung des Zeugen K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18. April 2013 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

51

Die Berufung des Klägers hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A.

52

Die Klage ist zulässig.

53

Die in § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG vorgeschriebene Verhandlung vor dem Ausschuss als Prozessvoraussetzung für die Klage hat in Bezug auf die streitgegenständliche Kündigung mit der am 5. September 2011 durchgeführten Schlichtungsverhandlung vor dem bei der IHK T. gebildeten Schlichtungsausschuss stattgefunden. Hinsichtlich der im Wege der Klageerweiterung verfolgten Annahmeverzugsansprüche bedurfte es keiner erneuten Anrufung des Ausschusses, weil die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Kündigung wesentliche Vorfrage für das Bestehen dieser Ansprüche ist (vgl. BAG 15. März 2000 - 5 AZR 622/98 - Rn. 10, NZA 2001, 214; 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - Rn. 37, NZA 1990, 395).

B.

54

Die Klage ist nicht begründet.

I.

55

Die gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 22. Juli 2011 gerichtete Kündigungsschutzklage (Anträge zu 1. und 2.) ist unbegründet. Die außerordentliche Kündigung ist wirksam und hat das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang am 25. Juli 2011 fristlos aufgelöst.

56

1. Die außerordentliche Kündigung ist als Verdachtskündigung gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG gerechtfertigt.

57

Danach kann das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit von der Beklagten nur aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund setzt in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB voraus, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zum Ablauf der Ausbildungszeit nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.

58

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 16 und 17, NZA 2013, 137 m. w. N.) kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeine Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus. Schließlich muss der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben. Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

59

Die vorgenannten Grundsätze sind im Streitfall auch dann anwendbar, falls man eine Verdachtskündigung bei einem Berufsausbildungsverhältnis nur dann für zulässig erachtet, wenn der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses eine vertiefte Vertrauensbasis zwischen den Vertragspartnern erfordert (vgl. LAG Köln 19 September 2006 - 9 Sa 1555/05 - LAGE § 22 BBiG 2005 Nr. 1; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Schlachter 12. Aufl. § 22 BBiG Rn. 3). Die Beklagte hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Ausbildung des Klägers zum Bankkaufmann, die Gegenstand des Berufsausbildungsvertrages der Parteien ist, ein erhebliches Vertrauen voraussetzt. Der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses der Parteien, in dessen Rahmen der Kläger als Auszubildender in die Abläufe des Bankhauses eingebunden ist und auch mit hohen Geldbeträgen in Berührung kommt, erfordert in besonderem Maße eine vertiefte Vertrauensbasis, die bereits durch den dringenden Verdacht eines Eigentums- bzw. Vermögensdelikts unwiederbringlich zerstört werden kann. Selbst wenn man von einer nur eingeschränkten Zulässigkeit einer Verdachtskündigung im Berufsausbildungsverhältnis ausgeht, ist mithin gerade beim Ausbildungsverhältnis der Parteien eine Verdachtskündigung auch unter Zugrundelegung der vom Kläger angeführten Rechtsansicht zulässig.

60

b) Danach liegt "an sich" ein wichtiger Grund im Sinne des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vor. Die Voraussetzungen für den Ausspruch einer außerordentlichen Verdachtskündigung sind im Streitfall erfüllt.

61

aa) Gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts besteht vorliegend der dringende Verdacht, dass sich der Kläger am 20. Juni 2011 den fehlenden Geldbetrag in Höhe von 500,-- EUR zugeeignet hat.

62

Wie der Kläger in seiner Berufungsbegründung vom 21. Januar 2013 (S. 15 unten = Bl. 188 d. A.) ausdrücklich bestätigt hat, ist die Tatsache, dass die Geldbeträge des Nachttresors, mit deren Zählung der Kläger beauftragt war, einen Fehlbestand von zehn 50-Euro-Scheinen aufgewiesen haben, zwischen den Parteien unstreitig. Zugunsten des Klägers kann als wahr unterstellt werden, dass Herr W. am 20. Juni 2011 die Geldscheine gebündelt hat und neben Herrn W. auch noch andere Mitarbeiter die Möglichkeit hatten, das Geld an sich zu nehmen. Auch dann ergibt sich der dringende Tatverdacht gegen den Kläger daraus, dass er nach der durch das Berufungsgericht gewonnenen Überzeugung im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 den fehlenden Geldbetrag in Höhe von 500,-- EUR selbst genannt hat, ohne dass zuvor Angaben zur Höhe des Fehlbetrages von Seiten der Beklagten gemacht worden waren. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger damit Täterwissen offenbart hat.

63

Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der erst- und zweitinstanzlich durchgeführten Vernehmung des Zeugen K. sowie der Anhörung der Parteien steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts gemäß § 286 ZPO zweifelsfrei fest, dass der Kläger im Anhörungsgespräch von sich aus den aufgetretenen Fehlbetrag in Höhe von 500,-- EUR genannt hat, obwohl hierzu von Seiten der Beklagten zuvor überhaupt keine Angaben gemacht worden waren. Das hat der Zeuge K. bei seiner erneuten Vernehmung vor der Berufungskammer in jeder Hinsicht glaubhaft bestätigt.

64

Der Zeuge K. hat den Gesprächsverlauf aus seiner Erinnerung heraus in sich widerspruchsfrei geschildert. Hierzu hat er in Bezug auf den in D. aufgetretenen Fehlbetrag ausgeführt, dass die Höhe dieses Fehlbetrags von 50,-- EUR bereits im Rahmen eines zuvor geführten Gesprächs genannt worden und dem Kläger daher bekannt gewesen sei. Dann sei der Kläger darauf angesprochen worden, dass auch in der Filiale in G. ein Fehlbetrag aufgetreten sei, und danach befragt worden, ob er sich vorstellen könne, wie der Fehlbetrag zustande gekommen sei. Der Kläger habe sie gefragt, ob sie ihm unterstellen wollten, dass er Geld gestohlen habe. Ihm sei erklärt worden, dass er an dem Montag mit der Zählung und Bündelung des Geldes betraut gewesen sei und deshalb darauf angesprochen werde. Der Kläger habe gesagt, dass er nicht alleine die Sache bearbeitet habe, sondern dass auch sein Kollege, Herr W., damit befasst gewesen sei. Sie hätten noch mal die Spielproblematik besprochen, die während des Gespräches immer wieder angesprochen worden sei. Herr S. sei dann aufgestanden und von dem Besprechungstisch zu seinem Schreibtisch gegangen, um etwas zu holen, nämlich seine Notizen über ein von ihm mit dem Kläger geführtes Gespräch. Plötzlich habe der Kläger über 500,-- EUR gesprochen. Ihm habe sich dann eingeprägt, warum der Kläger plötzlich einen bestimmten Fehlbetrag genannt habe. Er habe Herrn S. darauf angesprochen, der auch gesagt habe, dass er sich wundere, dass der Kläger den Betrag von 500,-- EUR benennen könne. Sie hätten ihn deshalb gefragt, woher er denn den Betrag wüsste. Dazu habe der Kläger keine schlüssige Erklärung abgeben können. Der Kläger habe aber betont, dass er das Geld nicht genommen habe.

65

Im Hinblick darauf, dass sowohl der Zeuge K. als auch der Vorstand S. aufgrund der plötzlichen Bezifferung des Fehlbetrages durch den Kläger irritiert waren und beide sogleich ihre Verwunderung zum Ausdruck gebracht haben, ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich gerade diese Situation beim Zeugen besonders eingeprägt hat. Anders als hinsichtlich des Vorfalls in D., bei dem der aufgetretene Fehlbetrag in Höhe von 50,-- EUR dem Kläger bereits aufgrund eines vorangegangenen Gesprächs bekannt war, ist er im Anhörungsgespräch erstmals auf einen aufgetretenen Fehlbetrag in der Filiale G. überhaupt angesprochen worden, so dass zunächst auch noch keine Veranlassung bestand, ihn sogleich mit dem genauen Betrag oder der genauen Anzahl der fehlenden Geldscheine zu konfrontieren, zumal er zunächst nur Stellung dazu nehmen sollte, ob er sich vorstellen könne, auf welche Weise ein Fehlbetrag überhaupt zustande gekommen sein könnte. Die Darstellung des Gesprächsverlaufs durch den Zeugen K. ist ohne weiteres plausibel und lebensnah. Nach der durch das Berufungsgericht gewonnenen Überzeugung ist auszuschließen, dass dem Kläger im Gespräch eine bestimmte Anzahl von fehlenden Geldscheinen vorgehalten und dies sowohl vom Zeugen K. als auch vom Vorstand S. nicht bemerkt worden sein soll. Der Zeuge K. hat glaubhaft bestätigt, dass der Kläger plötzlich nicht mehr von einem Fehlbetrag, sondern von den 500,-- EUR gesprochen habe, und ihm dies sofort aufgefallen sei, weil der genaue Fehlbetrag zuvor nicht genannt worden sei. Allein der Umstand, dass Herr S. aufgestanden und von dem Besprechungstisch zu seinem Schreibtisch gegangen ist, um seine Notizen zu einem mit dem Kläger geführten Gespräch zu holen, besagt nicht, dass Herr S. und der Zeuge K. nicht nur auf das Gespräch mit dem Kläger konzentriert waren. Vielmehr hat Herr S. lediglich an seinem in unmittelbarer Nähe des Besprechungstisches befindlichen Schreibtisch seine Notizen geholt, so dass nichts dafür spricht, dass Herr S. oder gar der Zeuge K. nicht auf das Gespräch mit dem Kläger fokussiert, sondern mit anderen Dingen beschäftigt gewesen sein könnten. Die Berufungskammer ist aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen K. zweifelsfrei davon überzeugt, dass der Kläger im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 von sich aus genau den aufgetretenen Fehlbetrag in Höhe von 500,-- EUR selbst genannt hat, obwohl ihm zuvor im Gespräch weder die Anzahl der fehlenden Scheine noch die Gesamtsumme des festgestellten Fehlbetrages vorgehalten worden war. Dass der Kläger die Höhe des festgestellten Fehlbetrages bereits vor dem Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 von jemand anderem erfahren haben könnte, ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers ausgeschlossen. Der Kläger hat bei seiner Anhörung im Termin vom 18. April 2013 selbst erklärt, dass ihm vor dem Anhörungsgespräch nicht einmal bekannt gewesen sei, dass überhaupt ein Fehlbetrag am 20. Juni 2011 aufgetreten sei. Danach hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass der Kläger mit der Nennung des Geldbetrages Täterwissen offenbart hat. Das lässt mit großer Wahrscheinlichkeit den Schluss darauf zu, dass gerade der Kläger und nicht etwa ein anderer Mitarbeiter sich den fehlenden Geldbetrag zugeeignet hat.

66

Hinzu kommt noch, dass der Kläger, der nach seinem eigenen Vortrag nicht an einer krankhaften Spielsucht leidet, immerhin einen derartigen Antrieb zum Glücksspiel hat, dass er sich unstreitig bei der Caritas in Therapie begeben hat. Am 11. Februar und 30. März 2011 hat sich der Kläger arbeitsunfähig gemeldet und nahm am überbetrieblichen Unterricht nicht teil. Unstreitig besuchte er an diesen beiden Tagen jeweils eine Spielhalle, wo er mehrere EC-Cash-Zahlungen vornahm und dabei sein Konto überzog. Die Spielhallenbesuche des Klägers hatten mithin bereits zuvor dazu geführt, dass er seine Pflichten als Auszubildender zur Teilnahme am Berufsschulunterricht vernachlässigt und sein Konto anlässlich seiner Spielcasinobesuche überzogen hatte. Die Abbuchungen auf dem Konto des Klägers sind nach der Aussage des Zeugen K. und dessen Aktennotiz vom 05. April 2011 (Bl. 44 d. A.) von der Beklagten anlässlich eines vom Kläger gestellten Kreditantrages im Rahmen der daraufhin durchgeführten Überprüfung der Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit festgestellt worden. In Anbetracht dieser Umstände hat die Beklagte zu Recht darauf verwiesen, dass aus der Spielproblematik, derentwegen sich der Kläger bereits in Therapie bei der Caritas begeben hat, erfahrungsgemäß ein stark erhöhter Geldbedarf resultiert und dem Betroffenen ggf. auch "jedes Mittel" recht sein kann, um an Geld zu gelangen. Vor diesem Hintergrund ist auch der Umstand, dass der Kläger als Auszubildender damit rechnen musste, dass er bei einer Zueignung von Geldbeträgen aufgrund der vorzunehmenden Kontrollen sofort auffallen würde, nicht geeignet, den sich aus der Offenbarung von Täterwissen ergebenden dringenden Tatverdacht zu erschüttern.

67

Weiterhin kann gemäß dem im Termin vom 18. April 2013 gestellten Beweisantrag des Klägers als wahr unterstellt werden, dass seine Therapeutin, Frau M., von der Caritas in B. am 21. Juli 2011 auf seine Veranlassung bei der Beklagten telefonisch zurückgerufen und entweder mit Herrn K. oder mit Herrn S. über seine angebliche Spielsucht gesprochen hat. Selbst wenn ein solches Telefonat mit dem Zeugen K. stattgefunden haben sollte, an welches sich dieser nicht mehr zu erinnern vermochte, wird hierdurch die Glaubwürdigkeit des Zeugen K. und die Zuverlässigkeit seiner Aussage in keiner Weise in Frage gestellt. Vielmehr ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich beim Zeugen K. der Verlauf des Anhörungsgesprächs vom 21. Juli 2011, insbesondere die für ihn überraschende Angabe des zuvor nicht genannten Fehlbetrags, im Hinblick auf die besondere Bedeutung dieses Gesprächs, das zum Ausspruch der fristlosen Kündigung geführt hat, in besonderem Maße eingeprägt hat, während er in Anbetracht des inzwischen eingetretenen erheblichen Zeitablaufs zu einem etwaigen Telefongespräch mit der Therapeutin, das für ihn in der Folgezeit nach der ausgesprochenen Kündigung auch keine Bedeutung mehr hatte, jetzt keine Angaben mehr machen kann.

68

Der hiernach bestehende dringende Verdacht, dass sich der Kläger den fehlenden Geldbetrag in Höhe von 500,-- EUR selbst zugeeignet hat, ist an sich geeignet, das für die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses unabdingbare Vertrauen zu zerstören und die ausgesprochene außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

69

bb) Die Beklagte hat die ihr obliegende Aufklärungspflicht nicht verletzt und insbesondere den Kläger vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört.

70

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 32 und 33, NZA 2013, 137) ist die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Bei dieser besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht "ultima ratio". Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung kann nur dann für den Ausspruch einer Kündigung genügen, wenn es weder gelungen ist, ihn auszuräumen, noch gelungen ist, die erhobenen Vorwürfe auf eine sichere Grundlage zu stellen. Die Anhörung des Arbeitnehmers ist deshalb ein stets gebotenes Mittel der Sachverhaltsaufklärung. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Einerseits muss sie nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden. Andererseits reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich mit einer allgemein gehaltenen Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Erhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen. Um dieser Aufklärung willen wird dem Arbeitgeber die Anhörung abverlangt. Sie ist nicht etwa dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche Erschwernis die Aufklärung zu verzögern und die Wahrheit zu verdunkeln.

71

(2) Diesen Anforderungen wird die Anhörung des Klägers gerecht.

72

Im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 ist dem Kläger ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem kündigungsrelevanten Vorfall am 20. Juni 2011 in der Filiale in G. und zu den gegen ihn bestehenden Verdachtsmomenten gegeben worden.

73

Nach der glaubhaften Darstellung des Gesprächsverlaufs durch den Zeugen K. ist der Kläger nach dem Vorfall in D. damit konfrontiert worden, dass auch in der Filiale in G. ein Fehlbetrag aufgetreten sei. Der Kläger sei gefragt worden, ob er sich vorstellen könne, wie der Fehlbetrag zustande gekommen sei. Auf seine Nachfrage, ob ihm unterstellt werde, dass er Geld gestohlen habe, sei ihm erklärt worden, dass er an dem fraglichen Montag mit der Zählung und Bündelung des Geldes betraut gewesen sei und deshalb darauf angesprochen werde. Der Kläger habe gesagt, dass er nicht alleine die Sache bearbeitet habe, sondern dass auch sein Kollege, Herr W., damit befasst gewesen sei.

74

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 33, NZA 2013, 137) richtet sich der Umfang der Anhörung nach den Umständen des Einzelfalles. Anders als in der vom Kläger angeführten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. März 2012 (- 10 Sa 2272/11 - Rn. 74 und 75, NZA-RR 2012, 353) geht es im Streitfall nicht um täglich mehrfache Vorwürfe einer nicht korrekten Erfassung von Arbeitszeiten in den vergangenen zwei Wochen, zu denen ein Arbeitnehmer nur sachgerecht Stellung nehmen kann, wenn ihm die Gelegenheit gegeben wird, sich auf die Anhörung - auch "mental" - vorzubereiten. Die Anhörung des Klägers bezog sich im Streitfall vielmehr auf einen einfach gelagerten und klar eingegrenzten Sachverhalt, zu dem er auch ohne vorherige Recherchen bzw. "mentale" Vorbereitung und ohne Hinzuziehung einer Vertrauensperson ohne weiteres Stellung nehmen konnte und auch tatsächlich Stellung genommen hat, ohne etwa die Beklagte darum zu bitten, zunächst noch weitere Informationen einholen und/oder eine Vertrauensperson hinzuziehen zu dürfen. Das ergibt sich im Übrigen auch aus der eigenen Einlassung des Klägers zum Ablauf seiner Anhörung.

75

Entgegen der Ansicht des Klägers musste die Beklagte ihn auch nicht zu einem weiteren Anhörungsgespräch einladen, weil sich erst aufgrund seiner spontanen Erklärung ein nunmehr als dringend einzustufender Tatverdacht ergeben hat. Dem Kläger wurde unstreitig vorgehalten, dass der von ihm erwähnte Fehlbetrag in Höhe von 500,-- EUR vorher nicht genannt worden sei und woher er denn den genauen Betrag kennen würde. Daraufhin hat der Kläger auch zu diesem neuen Verdachtsmoment tatsächlich Stellung genommen. Dementsprechend hat die Beklagte die erstmals im Berufungsverfahren vom Kläger geforderte Einladung zu einem erneuten Anhörungsgespräch zu Recht als bloße Förmelei bezeichnet. Das Anhörungserfordernis vor Ausspruch einer Verdachtskündigung soll sicherstellen, dass der betroffene Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf Stellung zu nehmen und die Verdachtsgründe zu entkräften bzw. Entlastungstatsachen anzuführen. Diese Möglichkeit ist dem Kläger in dem Anhörungsgespräch eingeräumt worden und er hat hiervon auch Gebrauch gemacht, ohne dass er um ein weiteres Gespräch bzw. die Hinzuziehung einer Vertrauensperson nachgesucht hat. Daraus durfte die Beklagte folgern, dass der Kläger abschließend zum Kündigungsvorwurf bzw. den Verdachtsmomenten Stellung genommen hat. Im Hinblick darauf, dass der maßgebliche Verdachtsgrund erst im Rahmen der Anhörung des Klägers durch die von ihm selbst genannte Höhe des fehlenden Geldbetrages aufgetreten ist, durfte die Beklagte den Kläger sogleich zu diesem neuen, von ihm selbst gelieferten Verdachtsmoment anhören. Unter den vorgenannten besonderen Umständen des vorliegenden Falls sind die vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren geforderten verfahrensrechtlichen Anforderungen ("ordnungsgemäße" Einladung zu einem - erneuten - Anhörungsgespräch unter Angabe des Gesprächsthemas und unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Hinzuziehung einer Vertrauensperson) überspannt und im Interesse der Sachverhaltsaufklärung nicht geboten. Für den Kläger war auch eine Bestandsgefährdung seines Ausbildungsverhältnisses erkennbar. Der Kläger hat auf die ihm gestellte Frage, ob er sich vorstellen könne, wie der Fehlbetrag zustande gekommen sei, selbst die Rückfrage gestellt, ob sie ihm unterstellen wollten, dass er Geld gestohlen habe. Nachdem der Kläger den Fehlbetrag selbst genannt hatte, wurde ihm vorgehalten, dass der Betrag vorher nicht genannt worden sei bzw. woher er denn den genauen Betrag kennen würde. Der Kläger hat daraufhin betont, dass er das Geld nicht genommen habe. Danach war dem Kläger auch bewusst, dass jedenfalls ein entsprechender Verdacht im Raum stand und dies ggf. Folgen für den Bestand seines Ausbildungsverhältnisses haben kann.

76

(3) Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte auch keine ihr obliegenden Aufklärungspflichten verletzt.

77

Der Zeuge K. hat auch mit dem am fraglichen Tag zusammen mit dem Kläger eingesetzten Mitarbeiter W. ein Telefongespräch geführt. In seiner erstinstanzlichen Vernehmung hat der Zeuge K. glaubhaft ausgeführt, dass er Herrn W. angerufen und ihn gefragt habe, wie die Abläufe gewesen seien, wer was gemacht habe bzw. wie das gelaufen sei. Die von ihm erwähnte Aktennotiz, die er sich von Herrn W. hat schicken lassen und die er bei seiner damaligen Vernehmung nicht mitgebracht hatte, hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 14. März 2013 vorgelegt (Bl. 244, 245 d. A.). Danach soll der Kläger beauftragt worden sein, die Nachttresor-Kassetten zu zählen, aufzubereiten und zu bündeln, womit er bis ca. 11.30 Uhr beschäftigt gewesen sei. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass tatsächlich Herr W. nicht nur das Einschweißen der Geldbündel, sondern in der Zeit davor auch die Bündelung vorgenommen hat, ändert dies nichts an dem dringenden Verdacht, dass gerade der Kläger den fehlenden Geldbetrag an sich genommen hat, weil er den Fehlbetrag in Höhe von 500,-- EUR im Anhörungsgespräch selbst genannt hat, ohne dass zuvor Angaben zur Höhe des aufgetretenen Kassenfehlbestands gemacht worden waren. Allein aufgrund des Umstandes, dass theoretisch auch andere Mitarbeiter auf das Geld hätten Zugriff nehmen können, waren der Beklagten keine weitergehenden Aufklärungsmaßnahmen zumutbar, zumal gerade der mit der Zählung beauftragte Kläger den fehlenden Betrag selbst beziffern konnte und hierfür keine andere plausible Erklärung als eine darin liegende Offenbarung von Täterwissen erkennbar ist.

78

c) Eine Abmahnung war nach den Umständen des vorliegenden Falls entbehrlich.

79

Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist. Der hier bestehende dringende Verdacht, dass sich gerade der mit der Zählung beauftragte Kläger den fehlenden Geldbetrag in Höhe von 500,-- EUR heimlich zugeeignet hat, betrifft eine solche besonders schwerwiegende Pflichtverletzung, bei der eine Hinnahme durch die Beklagte ganz offensichtlich ausgeschlossen ist. Aufgrund des schwerwiegenden Tatverdachts kann eine Wiederherstellung des für eine Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses unabdingbar notwendigen Vertrauens nicht erwartet werden, so dass eine Abmahnung entbehrlich war.

80

d) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles kann der Beklagten aufgrund des dringenden Tatverdachts jede weitere Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden.

81

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zwar zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er bei Ausspruch der Kündigung kurz vor Vollendung seines ersten Ausbildungsjahres stand und im Herbst 2011 die Zwischenprüfung erfolgreich abgelegt hatte. Für den bei Kündigungsausspruch 22-jährigen Kläger ist der Verlust des Ausbildungsplatzes mit erheblichen Nachteilen für seine künftige berufliche Entwicklung verbunden. Gleichwohl bewirkt der objektiv begründete und außerdem dringende Verdacht unter den vorliegenden Umständen den irreparablen Vertrauensverlust der Beklagten, der ihr die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses mit dem Kläger auch unter Berücksichtigung seiner Interessen unzumutbar macht. Der Kläger soll auf der Grundlage des Berufsausbildungsvertrags der Parteien zum Bankkaufmann ausgebildet werden. Bei der Erledigung der im Bankhaus der Beklagten anfallenden Aufgaben, mit denen er im Rahmen seines Berufausbildungsverhältnisses betraut ist, kommt er auch mit hohen Geldbeträgen in Berührung. Wegen des dringenden Verdachts einer besonders schwerwiegenden Verletzung der ihm obliegenden Pflichten in Bezug auf die von ihm gezählten Gelder ist das für die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses und das Erreichen des angestrebten Ausbildungszieles notwendige Vertrauen unwiederbringlich zerstört. Auch wenn man berücksichtigt, dass bei dem Vorfall in der Filiale in G. das grundsätzlich geltende 4-Augen-Prinzip nicht praktiziert worden war, kann die Beklagte nicht darauf verwiesen werden, zukünftig ihre Kontrollvorschriften konsequenter anzuwenden und den Kläger gesteigert zu überwachen. Der Beklagten ist es nicht zumutbar, die Ausbildung zum Bankkaufmann unter einer ständigen Überwachung und Kontrolle des Klägers fortzusetzen. Hinzu kommt noch, dass der Kläger immerhin einem derartigen Antrieb zum Glücksspiel unterlegen ist, dass er sich wegen der bereits zuvor thematisierten Spielproblematik bei der Caritas in Therapie begeben hat und seine Spielhallenbesuche bereits am 11. Februar und 30. März 2011 dazu geführt hatten, dass er seine Pflichten als Auszubildender vernachlässigt hatte. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände kann der Beklagten mithin bei Abwägung der beiderseitigen Interessen aufgrund des dringenden Tatverdachts eine weitere Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden.

82

2. Das Formerfordernis des § 22 Abs. 3 BBiG ist gewahrt. Die Beklagte hat die von ihr angeführten Kündigungsgründe im Einzelnen im Kündigungsschreiben vom 22. Juli 2011 angegeben und die Kündigung danach ausdrücklich auf den bestehenden dringenden Verdacht gestützt, dass sich der Kläger die nach dem festgestellten Kassenfehlbestand fehlenden Geldscheine am 20. Juni 2011 angeeignet hat.

83

3. Die 2-Wochen-Frist gemäß § 22 Abs. 4 BBiG ist gewahrt, weil die Beklagte erst aufgrund des am 21. Juli 2011 durchgeführten Anhörungsgesprächs mit dem Kläger Kenntnis von dem maßgeblichen Verdachtsgrund erlangt hat und die Kündigung dem Kläger bereits am 25. Juli 2011 zugegangen ist.

84

a) Nach § 22 Abs. 4 S. 1 BBiG ist eine Kündigung aus einem wichtigen Grund unwirksam, wenn die ihr zugrundeliegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Das entspricht nach Inhalt und Zweck § 626 Abs. 2 BGB (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Schlachter 12. Aufl. § 22 BBiG Rn.. 8). Die Ausschlussfrist ist ebenso wie § 626 Abs. 2 BGB ein konkretisierter Verwirkungstatbestand und beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Ohne die umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirken. Die Verdachtskündigung ist dadurch gekennzeichnet, dass der eigentliche verdachtsauslösende Anlass der Kündigung, also das wahre Geschehen, für den Kündigenden im Dunkeln liegt und oft vom Vertragspartner bewusst verborgen wird. Die Aufhellung des anfänglich vagen Verdachts geschieht aber nicht notwendig als ständig voranschreitender Erkenntnis- und Gewissheitszuwachs, sondern oftmals diskontinuierlich. Dementsprechend kann es im Laufe des Aufklärungszeitraums nicht nur einen, sondern mehrere Zeitpunkte geben, in denen der Verdacht "dringend" genug ist, um eine Verdachtskündigung darauf zu stützen (vgl. BAG 05. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 -Rn. 17 ff., NZA RR 2008, 630).

85

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte die zweiwöchige Ausschlussfrist gewahrt.

86

Die Beklagte hat erstmals im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 von dem maßgeblichen Verdachtsgrund Kenntnis erlangt. In diesem Gespräch hat der Kläger den fehlenden Geldbetrag selbst beziffert, ohne dass zuvor Angaben zur Höhe des Fehlbetrages gemacht worden waren. Erst aufgrund der hierin liegenden Offenbarung von Täterwissen bestand für die Beklagte ein hinreichend dringender Tatverdacht, um eine Verdachtskündigung darauf zu stützen. Die Beklagte hat mithin erst aufgrund der Anhörung des Klägers einen ausreichenden Erkenntnisstand für eine Verdachtskündigung erlangt, so dass die Frist erst ab diesem Zeitpunkt begonnen hat.

87

Selbst wenn man darauf abstellt, dass die Beklagte aufgrund des ihr übermittelten Protokolls der Zentralbank vom 28. Juni 2011 Kenntnis von dem Kassenfehlbetrag und einem gegen den Kläger bestehenden Verdacht erlangt hat, hat die Beklagte jedenfalls gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts die zur Aufklärung des Kündigungssachverhaltes nach pflichtgemäßen Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen mit der gebotenen Eile durchgeführt. Sowohl der bereits für den 30. Juni 2011 angesetzte Gesprächstermin als auch der für den 04. Juli 2011 vereinbarte Folgetermin ist jeweils vom Kläger abgesagt worden. Nachdem der Kläger am Abend des 03. Juli 2011 seine kurzfristige Absage damit begründet hatte, dass er in Urlaub fliege, konnte die Beklagte innerhalb der beiden Urlaubswochen die gebotene persönliche Anhörung des Klägers nicht herbeiführen. Das Anhörungsgespräch hat sodann in der Woche nach der Rückkehr des Klägers am 21. Juli 2011 stattgefunden. Im Hinblick darauf, dass die eingetretene Verzögerung nicht auf einem Verschulden der Beklagten beruhte, ist die Ausschlussfrist gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts in jedem Falle gewahrt.

88

4. Die Kündigung ist auch nicht mangels ordnungsgemäßer Betriebratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.

89

a) Nach dem Grundsatz der "subjektiven Determinierung" ist der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände und Gründe für die Kündigung unterbreitet hat. Dagegen führt eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung zu einer fehlerhaften Anhörung (BAG 09. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, NZA 2011, 1342).

90

b) Danach hat die Beklagte den Betriebsrat mit ihrem Anhörungsschreiben vom 22. Juli 2011 ordnungsgemäß unterrichtet.

91

aa) Die Beklagte hat dem Betriebsrat unter Angabe der Sozialdaten des Klägers die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die beabsichtigte Kündigung im Einzelnen dargestellt. Hierzu hat sie ausgeführt, dass am 20. Juni 2011 durch die Landeszentralbank ein Kassenfehlbetrag von 500,-- EUR festgestellt worden sei. Da der Kläger alleine gebündelt habe und dies nicht nachkontrolliert worden sei, müsse sie davon ausgehen, dass er die Differenz "verursacht" habe. Im Gespräch mit Herrn S. und Herrn K. habe der Kläger selbst die Höhe des Fehlbetrages genannt. Ferner habe der Kläger zugegeben, dass die Differenz in D. am 03. Juni 2011 von 50,-- EUR von ihm verursacht worden sei. Der Kläger habe weiterhin ausgeführt, dass er spielsüchtig sei.

92

Entgegen der Ansicht des Klägers war für den Betriebsrat aufgrund dieser Ausführungen erkennbar, dass die Beklagte die beabsichtigte Kündigung auf die von ihr geschilderten Verdachtsmomente stützen wollte, ohne dass dem Kläger eine als erwiesen angesehene strafbare Handlung angelastet wird. Unter diesen Umständen war es entbehrlich, die beabsichtigte Kündigung gegenüber dem Betriebsrat ausdrücklich rechtlich als Verdachtskündigung zu qualifizieren (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 456/88 - Rn. 40, [juris]). Aus der Angabe, dass der Kläger im Gespräch mit Herrn S. und Herrn K. selbst die Höhe des Fehlbetrages genannt habe, lässt sich unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs hinreichend deutlich entnehmen, dass die Beklagte die eigene Angabe des Klägers zur Höhe des Fehlbetrages als Verdachtsmoment anführen will. Gleiches gilt, soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, dass der Kläger alleine gebündelt habe und dies nicht nachkontrolliert worden sei, so dass sie davon ausgehen müsse, dass er die Differenz "verursacht" habe. Die Beklagte hat damit diejenigen Verdachtsmomente dem Betriebsrat geschildert, auf die sie die von ihr beabsichtigte Kündigung stützen will, was zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates erforderlich, aber auch ausreichend ist. Hingegen hat die Beklagte im Anhörungsschreiben gerade nicht den Vorwurf eines nachgewiesenen Diebstahls gegen den Kläger erhoben.

93

bb) Soweit die Beklagte die im Anhörungsgespräch vom 21. Juli 2011 erklärte Bereitschaft des Klägers, den ihm vorgehaltenen Kassenfehlbetrag von 50,-- EUR in der Filiale D. zu ersetzen, wenn er einen Fehler gemacht habe, als ein entsprechendes Eingeständnis gewertet hat, dass er diese Differenz "verursacht" habe, liegt darin jedenfalls keine bewusst irreführende Darstellung des Kündigungssachverhalts. Gleiches gilt, soweit die Beklagte die Darstellung des Klägers, dass er aufgrund der thematisierten Spielproblematik bei der Caritas in Therapie sei, dahingehend gewertet hat, dass er nach seinen Ausführungen spielsüchtig sei. Auch damit hat die Beklagte den Sachverhalt jedenfalls nicht bewusst irreführend geschildert, sondern aus ihrer subjektiven Sicht diejenigen Umstände angeführt, die sie als Verdachtsgrundlage für die beabsichtigte Kündigung heranziehen will.

94

cc) Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom 22. Juli 2011 der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich zugestimmt. Diese abschließende Erklärung des Betriebsrates vom 22. Juli 2011 lag im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 25. Juli 2011 unstreitig bereits vor, so dass das Anhörungsverfahren vor Kündigungsausspruch auch ordnungsgemäß abgeschlossen war.

95

Der Kläger hat im Termin vom 21. März 2013 klargestellt, dass nicht bestritten werde, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 25. Juli 2011 die Zustimmung des Betriebsrats vom 22. Juli 2011 bereits vorgelegen habe. An diesem Tag haben Herr K. und der Vorstand S. das Kündigungsschreiben persönlich ausgehändigt, so dass der maßgebliche Ausspruch der Kündigung erst am 25. Juli 2011 stattgefunden hat. Zu diesem Zeitpunkt war das Anhörungsverfahren aufgrund der bereits erteilten Zustimmung des Betriebsrates vom 22. Juli 2011 ordnungsgemäß abgeschlossen. Hingegen ist unerheblich, ob am 22. Juli 2011 eine ordnungsgemäße Betriebsratssitzung stattgefunden hat. Etwaige Mängel, die im Verantwortungsbereich des Betriebsrats entstehen, führen auch dann nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Solche Fehler gehen schon deshalb nicht zulasten des Arbeitgebers, weil der Arbeitgeber keine wirksamen rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Beschlussfassung des Betriebsrats hat (BAG 06. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - Rn. 21, NZA 2006, 990).

II.

96

Da die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. Juli 2011 das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang am 25. Juli 2011 fristlos aufgelöst hat, sind auch die hierauf aufbauenden Annahmeverzugsansprüche (Anträge zu 3. bis 6.) mangels fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses unbegründet.

97

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

98

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

(1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den nach Maßgabe des organisatorischen Aufbaus des Betriebs hierfür zuständigen Personen gehört zu werden. Er ist berechtigt, zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die ihn betreffen, Stellung zu nehmen sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen.

(2) Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt dieser Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird.

(1) Der zuständige Rehabilitationsträger kann Leistungen zur Teilhabe

1.
allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
2.
durch andere Leistungsträger oder
3.
unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen nach § 36
ausführen. Der zuständige Rehabilitationsträger bleibt für die Ausführung der Leistungen verantwortlich. Satz 1 gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer oder wirtschaftlicher erbringen kann.

(2) Die Leistungen werden dem Verlauf der Rehabilitation angepasst und sind darauf ausgerichtet, den Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles zügig, wirksam, wirtschaftlich und auf Dauer eine den Zielen der §§ 1 und 4 Absatz 1 entsprechende umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.

(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.

(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.

(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.

(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 77/08
vom
9. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lässt die Begründung der angefochtenen Entscheidung nur den Schluss zu, dass die
Entscheidung des Gerichts auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den
Sinn des Parteivortrags erfassenden Wahrnehmung beruht, liegt darin ein Verstoß
des Gerichts gegen den Anspruch der betroffenen Partei auf Gewährung rechtlichen
Gehörs.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08 - OLG Jena
LG Erfurt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Februar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 20. Februar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 177.100,00 €

Gründe:

1
I. Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht , wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne von den Beklagten aus der Verletzung gesellschafterlicher Treuepflichten (Beklagte zu 2 und 3) bzw. aus § 826 BGB (Beklagter zu 1) keinen Schadensersatz verlangen, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. a) Das Berufungsgericht hat es zwar nicht für ausgeschlossen gehalten , dass die ARGE B. /K. (nachfolgend: ARGE) die Abnahme des im Rahmen der Liefergemeinschaft (= BGB-Gesellschaft zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2 und 3) auf die Klägerin entfallenden Anteils des zu liefernden Frostschutzkieses zu Unrecht abgelehnt hat. Dies ist daher zugunsten der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren als richtig zu unterstellen. Das Berufungsgericht hat gleichwohl das klageabweisende Urteil bestätigt, weil es sich aufgrund des Sachvortrags der Parteien und der von diesen vorgelegten Unterlagen nicht davon zu überzeugen vermochte (§ 286 ZPO), dass die Abnahmeverweigerung der ARGE auf einem kollusiven Zusammenwirken zwischen ihr und den Beklagten beruht hat, das das Ziel hatte, die Klägerin zugunsten der übrigen Gesellschafter der Liefergemeinschaft von den Belieferungs - und den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten auszuschließen.
3
b) Bei seiner Bewertung des Sachvortrags hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nur unvollständig zur Kenntnis genommen und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Klägerin hat vorgetragen und durch die Benennung von Zeugen unter Beweis gestellt, dass den - zwischen den Parteien unstreitigen - nächtlichen Schottertransporten aus dem Werk der K. GmbH & Co. KG (= Gesellschafterin der ARGE) an das Werk der Beklagten zu 3 die mit dem Geschäftsführer und Oberbauleiter der ARGE und zugleich leitenden Mitarbeiter der K. GmbH & Co. KG H. getroffene Vereinbarung zugrunde lag, dass diese Lieferungen im Gegenzug "zur Abwehr der Lieferungen der Klägerin" erfolgen sollten und dementsprechend erfolgt seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zwar im Tatbestand kurz erwähnt, er ist ausweislich der Begründung jedoch nicht in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn dieses Vortrags der Klägerin zugrunde gelegt hat. Anders ist nicht erklärlich, dass ein derart wichtiges, für ein kollusives Verhalten sprechendes Indiz unerwähnt geblieben ist.
4
c) Durch die Verkennung des Kerngehalts des Vortrags der Klägerin hat das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen (Sen.Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4). Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist dieser Vortrag nicht wegen mangelnder Substantiierung unbeachtlich. Zur Substantiierung der Behauptung, die Beklagten hätten mit dem Geschäftsführer der ARGE zu Lasten der Klägerin ein Kompensationsgeschäft mit dem Ziel der Herausdrängung der Klägerin aus der Liefergemeinschaft geschlossen, gehört entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner nicht der Vortrag, "wer, wann, wo, mit wem" diese Vereinbarung getroffen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (Sen.Urt. v. 27. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.Nachw.; Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Tz. 8). Da die Klägerin bei derartigen Absprachen selbstverständlich nicht anwesend war, genügt sie ihrer Darlegungslast, wenn sie die Tatsache einer Absprache in das Wissen von Zeugen stellt, die an dem Gesamtvorgang beteiligt waren.
5
2. a) Das Übergehen des Vortrags der Klägerin ist entscheidungserheblich. Eine Absprache, wie die von der Klägerin behauptete, ist, wenn es um den Nachweis eines kollusiven Zusammenwirkens geht, an dem der Benachteiligte naturgemäß selbst nicht beteiligt ist und hinsichtlich dessen er daher nur Umstände und Anzeichen aufzeigen kann, die ein solches Vorgehen belegen, eine wichtige, besonders aussagekräftige Indiztatsache. Wäre die Absprache im Berufungsverfahren bewiesen worden, ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht die übrigen von der Klägerin vorgetragenen und durch Unterlagen belegten Indiztatsachen, anders, d.h. zugunsten der Klägerin, bewertet hätte (§ 286 ZPO).
6
b) Gegen die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung wenden sich die Beschwerdegegner vergeblich mit ihrer Ansicht, die Klägerin könne mangels Vortrags zur Auseinandersetzung der Liefergemeinschaft den Schadensersatzanspruch ohnehin nicht mit Erfolg geltend machen (sog. Durchsetzungssperre ). Zudem sei der Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan und die Klage auch deshalb abzuweisen gewesen. Dabei verkennen die Beschwerdegegner , dass das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keinen Anlass hatte, Feststellungen zur Auflösung der BGBGesellschaft , zu einem evtl. trotz noch nicht beendeter Auseinandersetzung bestehenden, isoliert durchsetzbaren Anspruch der Klägerin (siehe insoweit Sen.Urt. v. 10. Mai 1993 - II ZR 111/92, ZIP 1993, 919, 920; v. 24. Oktober 1994 - II ZR 231/93, ZIP 1994, 1846; v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1209) und zur Schadenshöhe zu treffen. Es ist nicht ausgeschlossen , dass das Berufungsgericht, wenn es die Beweisaufnahme durchgeführt hätte, bei der anschließenden Bewertung der weiteren Indizien zu der Überzeugung eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin gelangt wäre, und es sich - evtl. auf nach Hinweis (§ 139 ZPO) erfolgtem ergänzenden Vortrag der Parteien - von dem Bestehen eines durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe überzeugt hätte.
7
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht nach Erhebung der angetretenen Beweise das Vorhandensein eines kollusiven Vorgehens der Beklagten zu Lasten der Klägerin erneut unter Einbeziehung des gesamten Sachvortrags und aller in den Akten befindlichen Unterlagen zu würdigen und, soweit danach erforderlich, die Durchsetzbarkeit und die Höhe der Schadensersatzforderung zu prüfen haben. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass für den Fall, dass die Liefergemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt sein sollte, eine Umdeutung des Leistungsantrags der Klägerin in einen Feststellungsantrag in Betracht kommt (st. Sen.Rspr., s. nur Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519; v. 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210 jeweils m.w.Nachw.).
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 14.05.2006 - 8 O 13/06 -
OLG Jena, Entscheidung vom 20.02.2008 - 7 U 486/07 -

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

33
aa) Die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten - nichts anderes gilt für den im Wege der Legalzession (§ 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.) zum Anspruchsinhaber gewordenen Versicherer - erstreckt sich auch auf den Ursachenzusammenhang zwischen dem Pflichtverstoß und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 823 Rdn. 80). Eine Beweiserleichterung zu seinen Gunsten scheidet aus, da ein Abdriften der Feuerwerksrakete auf zahlreichen, von der Stabilität der Abschussposition unabhängigen Ursachen (z.B. Wind) beruhen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.