vorgehend
Landgericht Ulm, 4 O 262/07, 26.10.2007
Oberlandesgericht Stuttgart, 10 U 219/07, 20.03.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL-URTEIL UND URTEIL
V ZR 75/08 Verkündet am:
18. September 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 906 Abs. 2 Satz 2 analog, 1004 Abs. 1

a) Der Anspruch des Grundstückseigentümers gegen seinen Nachbarn auf Unterlassung
von Einwirkungen, welche die Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen
, besteht erst dann, wenn die Beeinträchtigung durch eine bestimmte Nutzung
oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks bereits eingetreten ist
oder zumindest konkret droht.

b) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog
setzt voraus, dass die beeinträchtigende Einwirkung von einer der konkreten Nutzung
entsprechenden Benutzung des Nachbargrundstücks ausgeht und zu diesem
einen sachlichen Bezug aufweist.
BGH, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. März 2008 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 26. Oktober 2007 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage wegen Fehlens eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog richtet. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Am 1. Januar 2006 um 20.21 Uhr zündete der Beklagte vor dem von ihm bewohnten Haus auf dem Wohngrundstück eine Leuchtrakete, die er zuvor in einen Schneehaufen gesteckt hatte. Die Rakete stieg zunächst ca. fünf Meter gerade nach oben, schwenkte dann zur Seite und drang durch eine etwa 67 bis 87 Millimeter breite Spalte zwischen der Außenwand und dem Dach in eine ca. zwölf Meter von der Abschussstelle entfernte Scheune ein. Dort explodierte sie und setzte den Gebäudekomplex (Scheune, Getreidelager, Schweinestall, Wohnhaus und Garagen) in Brand.
2
Die Klägerin regulierte den Schaden des bei ihr versicherten Eigentümers. Sie verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht die Zahlung von 417.720,91 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat einen deliktsrechtlichen Anspruch der Klägerin verneint und einen verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch dem Grunde nach bejaht.
3
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Die Klägerin hat hilfsweise für den Fall, dass die Revision des Beklagten nicht zurückgewiesen wird, Anschlussrevision eingelegt, mit der sie einen von dem Oberlandesgericht verneinten Anspruch aus unerlaubter Handlung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in VersR 2009, 119 veröffentlicht ist, scheidet eine deliktsrechtliche Haftung des Beklagten aus, weil ihm keine schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen sei. Diese resultiere weder aus dem Umstand, dass die Rakete aus einem Schneehaufen heraus anstatt - wie in der Gebrauchsanweisung empfohlen - aus einer Flasche abgeschossen worden sei, noch aus der von dem Beklagten gewählten Entfernung von dem Nachbargebäude. Soweit sich die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung auf das Vorhandensein von Fenstern und Toren an der der Abschussstelle zugewandten Seite der Scheune sowie von offen stehenden Entlüftungskaminen auf deren Dach berufen habe, begründe dies zwar besondere Gefahren, die, sofern sie für den Beklagten erkennbar gewesen seien, ihn zur Einhaltung eines größeren Abstands zu der Scheune hätten veranlassen können. Mit diesem Vorbringen sei die Klägerin allerdings nach §§ 531 Abs. 2, 529 Abs. 2 Nr. 2 ZPO im Berufungsverfahren ausgeschlossen.
5
Der Klägerin stehe jedoch ein nach § 67 VVG a.F. auf sie übergegangener nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu. Ihr Versicherungsnehmer habe nach § 1004 Abs. 1 BGB von dem Beklagten verlangen können, das Abschießen von Leuchtraketen in der Nähe seiner Scheune mit der Folge des Inbrandsetzens des gesamten Gebäudekomplexes zu unterlassen. An der Geltendmachung dieses Anspruchs sei er gehindert gewesen, weil es für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass Leuchtraketen in die Scheune eindringen und dort einen Brand verursachen könnten. Die be- einträchtigende Einwirkung auf das Grundstück des Versicherungsnehmers der Klägerin sei auch von einem anderen Grundstück im Rahmen von dessen privatwirtschaftlicher Nutzung ausgegangen, weshalb sämtliche Anspruchsvoraussetzungen zu bejahen seien.
6
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

7
Revision des Beklagten:
8
Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage, soweit die Klägerin sie auf einen nach der hier anwendbaren (Art. 1 Abs. 2 EGVVG) Vorschrift des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. übergegangenen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog stützt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegen die Anspruchsvoraussetzungen nicht vor.
9
1. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (s. nur Senat, BGHZ 155, 99, 102 f. m.w.N.; Urt. v. 1. Februar 2008, V ZR 47/07, NJW 2008, 992, 993). Der Anspruch ist nicht, wie der unmittelbar auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gestützte, auf feinstoffliche Einwirkungen beschränkt, sondern erfasst auch Grobimmissionen (Senat, BGHZ 160, 232, 236) wie das Eindringen einer Feuerwerksrakete.
10
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch lediglich gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (Senat, Urt. v. 1. Februar 2008, V ZR 47/07, aaO). Als solcher kommt nicht nur der Eigentümer des beeinträchtigenden Grundstücks in Betracht, sondern auch dessen Nutzer als derjenige, der die Nutzungsart dieses Grundstücks bestimmt (Senat, BGHZ 155, 99, 102; 157, 188, 190 - jew. m.w.N.). Dass der Beklagte, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das im Eigentum seiner Ehefrau stehende Hausgrundstück bewohnt, auf dessen Nutzung (mit-)bestimmenden Einfluss ausübt, unterliegt mangels anderer Anhaltspunkte keinem Zweifel und wird von der Revision nicht in Abrede gestellt. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Störereigenschaft sind erfüllt. Die durch die Explosion der Feuerwerksrakete und anschließende Inbrandsetzung des Gebäudekomplexes bewirkte Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks lässt sich wenigstens mittelbar auf den Willen des Beklagten zurückführen, denn dieser hat durch das Abschießen der Rakete den weiteren Geschehensablauf in Gang gesetzt, und es gibt keine sachlichen Gründe, ihm die Verantwortung hierfür nicht aufzuerlegen (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 105 m.w.N.).
11
3. Nicht gefolgt werden kann hingegen der Auffassung des Berufungsgerichts , der Versicherungsnehmer der Klägerin habe von dem Beklagten generell verlangen können, das Abschießen von Feuerwerksraketen in der Nähe seiner Scheune zu unterlassen.
12
a) Der Nachbar kann die Beeinträchtigung seines Grundstücks grundsätzlich im Wege einer auf §§ 1004, 906 BGB gestützten vorbeugenden Unterlassungsklage abwehren. Dieses Recht steht ihm aber nicht schon dann zu, wenn durch eine bestimmte Nutzung oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks eine Gefährdung seines Eigentums nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Anknüpfungspunkt für das Abwehrrecht des Nachbarn ist nämlich nicht die von dem anderen Grundstück potentiell, wenn auch vielleicht nur bei Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr , sondern die im Einzelfall bewirkte oder zumindest konkret drohende Beeinträchtigung seines Eigentums (vgl. BGHZ 2, 394, 395; MünchKommBGB /Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 95; Erman/Ebbing, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 76, jew. m.w.N.). Der Unterlassungsanspruch entsteht daher erst in dem Augenblick, in dem sich auf dem Nachbargrundstück objektiv eine die Emmission ermöglichende konkrete Gefahrenquelle gebildet hat, auf Grund deren ein Einschreiten geboten ist (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 106).
13
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestand die Außenverkleidung der Scheune aus unbrennbaren Materialien (Eternitplatten, Blechtrapezdach ). Dies zugrunde gelegt, kann nicht angenommen werden, dass der Beklagte, indem er in 12 Metern Entfernung eine Feuerwerksrakete abgeschossen hat, bereits eine konkrete (Brand-)Gefahr für die Scheune geschaffen hat. Die von dem Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung angeführte Möglichkeit des Fehlstarts einer Rakete - gemeint ist offensichtlich ein Abdriften der Rakete in Richtung des Nachbargrundstücks statt eines senkrechten Flugverlaufs - ist allein nicht geeignet, um dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen jegliches Entzünden von Feuerwerkskörpern in der Umgebung der Scheune zuzubilligen.
14
Eine konkrete Gefährdung des Eigentums des Nachbarn war vielmehr erst dadurch eingetreten, dass die Feuerwerksrakete durch einen ca. 67 bis 87 Millimeter breiten Spalt zwischen der Außenwand und der Dachverkleidung in die Scheune, deren Traufhöhe etwa neun Meter betrug, eindrang. Ein solcher Geschehensablauf erscheint, auch wenn er sich im Streitfall realisiert hat, als nicht vorhersehbar und letztlich als zufallsabhängig. Ein vorbeugender Unter- lassungsanspruch lässt sich hierauf nicht stützen. Die auf Grund fehlgehender Raketen bestehende Gefahr für das Nachbargrundstück ging nicht über das Risiko hinaus, das trotz Einhaltung aller gebotener Vorsichtsmaßnahmen bei dem Abbrennen eines Feuerwerks niemals vollständig ausgeschlossen werden kann.
15
c) Der Unterlassungsanspruch entstand jedoch in dem Zeitpunkt, in welchem die Feuerwerksrakete, nachdem sie zunächst einige Meter senkrecht nach oben gestiegen war, zur Seite abdrehte und durch den zwischen Wandund Dachverkleidung bestehenden Spalt in die Scheune eindrang und dort explodierte. Denn in diesem Moment wurde der Grundstückseigentümer von einer rechtswidrigen und daher unzulässigen Einwirkung betroffen, die er nach § 1004 Abs. 1 BGB hätte abwehren können. Die rechtzeitige Erlangung von Rechtsschutz war jedoch, was keiner näheren Begründung bedarf, ausgeschlossen , weshalb er einem faktischen Duldungszwang ausgesetzt war (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 103; 111, 158, 163).
16
4. Nicht jeder von einer rechtswidrigen Einwirkung betroffene Grundstückseigentümer , der aus besonderen Gründen an der Durchsetzung eines ansonsten bestehenden Unterlassungsanspruchs gegenüber seinem Nachbarn gehindert ist, kann allerdings von diesem nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog einen Geldausgleich für die erlittenen unzumutbaren Nachteile verlangen. Zwar dient die Vorschrift als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 101 f. m.w.N.; Urt. v. 1. Februar 2008, V ZR 47/07, NJW 2008, 992, 993). Der Anwendungsbereich des Ausgleichsanspruchs ist aber nur im Rahmen des Regelungszusammenhangs der Norm und des mit ihr verfolgten Zwecks eröffnet.
17
a) Bei dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB handelt es sich um einen aus dem Grundstückseigentum abgeleiteten Anspruch (Senat, BGHZ 69, 105, 110). Dies gilt auch für die Fortentwicklung , die der Anspruch durch die Rechtsprechung erfahren hat (vgl. Senat, BGHZ 157, 188, 193; Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992 f.). Hieraus wird - entgegen einigen Stimmen im Schrifttum, die eine Ausweitung des Ausgleichsanspruchs auf die Verletzung sonstiger Rechtsgüter (Sacheigentum , Leben, Gesundheit) fordern, ohne dass es eines Bezugs zu einem Grundstück bedarf (vgl. z.B. Staudinger/Kohler, BGB [2002], Einl. UmweltHR, Rdn. 120; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts II/2, 13. Aufl., § 85 II 5, S. 662 f.; Neuner, JuS 2005, 487, 491; Salje, DAR 1988, 302, 304) - gefolgert, dass die Gewährung einer Entschädigung stets eine Störung des Eigentums oder Besitzes des Anspruchstellers an einem Grundstück voraussetzt (Senat, Urt. v. 1. Februar 2008, V ZR 47/07, NJW 2008, 992, 993; ebenso BGHZ 92, 143, 145; BAG NJW 2000, 3369, 3371; aus dem Schrifttum etwa MünchKommBGB /Säcker, 4. Aufl., § 906 Rdn. 139; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 108; Karsten, Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog im System der Ausgleichsansprüche, S. 135 ff.; Schmidt, Der nachbarliche Ausgleichsanspruch, S. 183).
18
b) Dieser Grundstücksbezug gilt indes nicht nur für das beeinträchtigte Grundeigentum. Für die Beurteilung, ob der betroffene Nachbar eine Entschädigung verlangen kann, ist, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, zugleich das Grundstück in den Blick zu nehmen, von dem die Einwirkung ausgeht. Auch insoweit bedarf es eines Zusammenhangs, der die Einwirkung als von diesem herrührend erscheinen lässt (in diesem Sinn auch OLG Hamm NJW-RR 1987, 1315, 1316 für den Fall einer durch Dritte verursachten Brandstiftung). Ein solcher kann zum einen durch einen gefahrenträchtigen Zustand des Grundstücks vermittelt werden (Senat, Urt. v. 22. Sep- tember 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232 f.). Zum anderen kommt es auf die Nutzung durch den Eigentümer oder durch die die Nutzung bestimmende Person an (vgl. Senat, BGHZ 175, 253, 257).
19
aa) Ob sich ein bestimmtes Verhalten als nutzungsbedingt darstellt und somit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch begründen kann, lässt sich nicht allgemein, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Normzwecks bestimmen. Durch § 906 BGB soll der bei der Nutzung eines Grundstücks im Verhältnis zu den benachbarten Grundstücken möglicherweise auftretende Konflikt in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden (Senat, BGHZ 38, 61, 63 f.; Urt. v. 1. Februar 2008, V ZR 47/07, NJW 2008, 992, 993). In der Regelung findet die Situationsgebundenheit des Grundeigentums ihren Ausdruck, durch die das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis und die hieraus erwachsenden wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten ihre Prägung erfahren (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 103).
20
bb) Voraussetzung für eine Haftung des Eigentümers oder Nutzers nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog ist daher, dass das beeinträchtigende Verhalten dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist (PWW/Lemke, BGB, 4. Aufl., § 906 Rdn. 41). Nicht in den Anwendungsbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs fallen demgegenüber diejenigen störenden Verhaltensweisen, die zwar auf dem Grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifische Beziehung der Grundstückseigentümer oder -nutzer zueinander nicht berührt wird. Dies kann insbesondere deshalb der Fall sein, weil eine Handlung nur gelegentlich des Aufenthalts auf dem Grundstück, wenn auch durch den Eigentümer oder Nutzer, vorgenommen wird, genauso gut aber an anderer Stelle vorgenommen werden könnte (vgl. Senat, BGHZ 175, 253, 257 f.). Die Zuerkennung eines - verschuldensunabhängigen - Anspruchs scheidet in einer solchen Situa- tion nach Sinn und Zweck der Haftungsnorm unabhängig davon aus, ob nach allgemeinen sachenrechtlichen Vorschriften (§§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB) ein Unterlassungsanspruch zugunsten des Nachbarn besteht.
21
c) So verhält es sich im Streitfall. Zwar mag sich das Abschießen einer Feuerwerksrakete am Neujahrstag (noch) im Rahmen der hier maßgeblichen Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken bewegen. Ein darüber hinausgehender sachlicher Bezug zu diesem ist jedoch nicht erkennbar. Allerdings lässt sich dieser Bezug nicht schon mit der Begründung verneinen, dass ein Feuerwerk üblicherweise, wenn überhaupt, nur einmal im Jahr abgebrannt wird. Denn auch Maßnahmen, die, wie etwa im Bereich der Pflege des vorhandenen Pflanzen - und Baumbestandes, der Eigentümer oder Nutzer nur in größeren zeitlichen Abständen durchzuführen pflegt, können sich als grundstücksbezogen erweisen. Maßgeblich ist vielmehr, dass das Abschießen einer Silvesterrakete, sei es in der Silvesternacht, sei es - rechtlich erlaubt (§ 23 Abs. 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1991 [BGBl. I S. 169], zuletzt geändert durch Art. 390 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 [BGBl. I S. 2407]) - am Abend des Neujahrstages, ausschließlich der Befolgung eines gesellschaftlichen Brauches aus Anlass des Jahreswechsels dient. Diese Handlung steht zu dem Grundstück, auf dem sie vorgenommen wird, in keinem sachlichen Zusammenhang. Das wird schon daraus deutlich, dass Silvesterfeuerwerkskörper vielfach nicht auf dem eigenen Grund und Boden, sondern im öffentlichen Raum - etwa auf Bürgersteigen, Straßen oder Plätzen - entzündet werden. Dabei wird die Wahl der Abschussstelle oftmals nicht das Ergebnis eines Überlegungsprozesses darstellen, sondern mehr oder weniger einer weit verbreiteten Übung entsprechend erfolgen. Durch das Abschießen einer Feuerwerksrakete auf dem eigen genutzten Grundstück ist somit nicht der nachbarschaftliche Nutzungskonflikt betroffen, der durch § 906 BGB einer sinnvollen Lösung zugeführt werden soll.
22
d) Für dieses Ergebnis sprechen im Übrigen auch Wertungsgesichtspunkte. Es kann für die Verpflichtung zum Geldausgleich grundsätzlich keinen Unterschied machen, ob eine beeinträchtigende Handlung, die nach ihrem Wesen und der ihr zugrunde liegenden Motivation an einem beliebigen Ort vollzogen werden kann (vgl. Senat, BGHZ 175, 253, 257 f.), innerhalb der Grenzen des Grundeigentums oder - mit der Folge einer lediglich verschuldensabhängigen Haftung nach § 823 BGB - an einer außerhalb dieses Bereichs gelegenen Stelle oder aber auf dem Grundstück durch eine Person, die weder Eigentümer noch Nutzer ist, vorgenommen wird. Auch führte die Zuerkennung eines von einem sachlichen Grundstücksbezug losgelösten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung des beeinträchtigten Grundstückseigentümers.
23
e) Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich grundlegend von der einer Entscheidung des Reichsgerichts (JW 1927, 45) zugrunde liegenden Fallgestaltung. Dort wurde auf dem Gelände eines Vergnügungsparks mehrmals wöchentlich ein Feuerwerk veranstaltet, was auf einem benachbarten Grundstück regelmäßig zu Beeinträchtigungen in Form niedergehender Raketenteile führte. Bei dieser Sachlage gehörte das Abbrennen der Feuerwerkskörper zum festen Bestandteil der Nutzung des Grundstücks und stand auf Grund der durch den Betrieb des Vergnügungsparks bewirkten Ortsgebundenheit auch in einem sachlichen Bezug zu diesem, so dass der Anwendungsbereich des § 906 BGB eröffnet war.
24
5. Darauf, ob - wie die Revision weiterhin geltend macht - das Berufungsgericht den Einwand nach § 254 BGB (Mitverschulden), der von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urt. v. 26. Juni 1990, X ZR 19/89, NJW 1991, 166, 167) und der im Rahmen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs entsprechend anzuwenden ist (Senat, Urt. v. 18. September 1987, V ZR 219/85, NJW-RR 1988, 136, 138), bei der von ihm getroffenen Entscheidung über den Grund des Anspruchs rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen hat (vgl. dazu BGHZ 110, 196, 202), kommt es nach alledem nicht an.

III.

25
Anschlussrevision der Klägerin:
26
1. Die Anschlussrevision, deren Erhebung die Klägerin zulässigerweise unter die - eingetretene - innerprozessuale Bedingung stellen kann, dass die Revision des Beklagten Erfolg hat (Senat, Urt. v. 21. Februar 1992, V ZR 273/90, NJW 1992, 1897, 1898), ist auch im Übrigen zulässig.
27
a) Die Zulässigkeit der durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses zum 1. Januar 2002 in § 554 ZPO neu geregelten Anschlussrevision setzt nach der überwiegenden Meinung, die der Senat für zutreffend hält, voraus, dass ihr Gegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit demjenigen der Hauptrevision steht (BGHZ 174, 244, 253 f.; BGH, Urt. v. 11. Februar 2009, VIII ZR 328/07, Rdn. 31, juris; in diesem Sinn schon für das alte Recht BGHZ 148, 156, 159; BGH, Urt. v. 19. Februar 2002, X ZR 166/99, NJW 2002, 1870, 1872 m.w.N.; enger Senat, Urt. v. 26. Januar 2001, V ZR 462/99, Rdn. 28, juris m.w.N. - in BGH-Report 2001, 450 insoweit nicht abgedruckt; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 554 Rdn. 5; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 554 Rdn. 5; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 554 Rdn. 2; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 554 Rdn. 7a; im Ergebnis auch Gehrlein, NJW 2008, 896, 897 f.; weitergehend Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 554 Rdn. 4; insoweit noch offen gelassen von BGHZ 155, 189, 192; BGH, Urt. v. 14. Juni 2006, VIII ZR 261/04, NJW-RR 2006, 1542, 1543). Auf diese Weise wird einerseits der Wille des Gesetzgebers befolgt, wonach durch die Anschlussrevision dem Revisionsbeklagten die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss (vgl. Begr. des RegE, BT-Drs. 14/4722, S. 108). Andererseits wird der auch nach § 554 ZPO fortbestehenden Akzessorietät der Anschlussrevision als eines unselbstständigen Rechtsmittels (vgl. BGHZ 174, 244, 253 f. m.w.N.) hinreichend Rechnung getragen.
28
b) Hierzu steht nicht in Widerspruch, dass der Senat in einer zu § 556 ZPO a.F. ergangenen Entscheidung (BGHZ 111, 158, 166 f.), der ein gegenüber dem vorliegenden Fall vergleichbares Ergebnis des Berufungsverfahrens zugrunde lag (Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 analog BGB bei gleichzeitiger Abweisung einer auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klage), eine Anschlussrevision der dortigen Klägerin mit der Begründung für unzulässig gehalten hat, dass es sich bei dem Anspruch auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung und demjenigen auf Ausgleich nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog um unterschiedliche prozessuale Ansprüche handele. Diese Entscheidung betraf eine nur beschränkt, nämlich auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch zugelassene Hauptrevision. In einer derartigen Situation kommt dem für das Verhältnis von Revision und Anschlussrevision geltenden Grundsatz der Waffengleichheit besondere Bedeutung zu, denn es gilt zu verhindern, dass der Anschlussrevisionskläger in einem über die Zulassung der Revision hinausgehenden Umfang prozessuale Ansprüche in das Revisionsverfahren einführt, wohingegen der Revisionskläger das Berufungsurteil, soweit kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, hinnehmen muss (vgl. BGHZ 174, 244, 254). So verhält es sich aber nicht, wenn - wie hier - die Zulassung der Hauptrevision keinen Einschränkungen unterliegt.
29
c) Danach sind die Anforderungen an die Zulässigkeit der Anschlussrevision erfüllt. Zwar unterscheidet sich der den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende, auf eine Entschädigung gerichtete Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog sowohl im Tatbestand als auch in der Rechtsfolge grundsätzlich von einem Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung , den die Klägerin mit der Anschlussrevision weiterverfolgt. Beide Ansprüche beruhen aber auf ein und demselben Geschehen, nämlich dem durch das Abschießen der Feuerwerksrakete verursachten Inbrandsetzen des Nachbargebäudes. Hinzu kommt, dass in dem - hier gegebenen - Fall einer durch die Einwirkung bedingten Substanzschädigung des Nachbargrundstücks der Entschädigungsanspruch auf vollen Schadensersatz gehen und auch den Ausgleich der Folgen umfassen kann, die sich aus der Beeinträchtigung der Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickeln können (Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, NJW 2003, 2377, 2380 m.w.N. - insoweit in BGHZ 155, 99 nicht abgedruckt). Die Ansprüche können also - unbeschadet des Umstands, dass es sich um verschiedene prozessuale Streitgegenstände handelt - im Einzelfall weitgehend deckungsgleich sein, wodurch ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang begründet wird.
30
d) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Zulässigkeit der Anschlussrevision nicht von dem Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes abhängig. Dies kommt im Wortlaut des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO klar zum Ausdruck , wonach die Anschlussrevision auch dann statthaft ist, wenn die Revision nicht zugunsten des Revisionsbeklagten zugelassen worden ist (BGH, Beschl. v. 23. Februar 2005, II ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651). Der von dem Beklagten zur Stützung seiner Rechtsauffassung angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. November 2007 (BGHZ 174, 244) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen.
31
2. Die Anschlussrevision hat auch in der Sache Erfolg. Die von dem Berufungsgericht zur Ablehnung einer Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB wegen einer fahrlässigen Eigentumsverletzung gegebene Begründung hält der revisionsrechtlichen Prüfung in einem Punkt nicht stand.
32
a) Das Berufungsgericht hat dem Abschießen der Feuerwerksrakete durch den Beklagten aus einem Schneehaufen heraus statt - wie in der Gebrauchsanweisung empfohlen - aus einer Flasche jedenfalls deshalb keine haftungsbegründende Wirkung beigemessen, weil es an ausreichendem Sachvortrag der Klägerin dazu fehle, dass dieser Umstand zu einer Abweichung der üblicherweise senkrecht verlaufenden Flugbahn des Feuerwerkskörpers hin zu der benachbarten Scheune geführt habe. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
33
aa) Die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten - nichts anderes gilt für den im Wege der Legalzession (§ 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.) zum Anspruchsinhaber gewordenen Versicherer - erstreckt sich auch auf den Ursachenzusammenhang zwischen dem Pflichtverstoß und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 823 Rdn. 80). Eine Beweiserleichterung zu seinen Gunsten scheidet aus, da ein Abdriften der Feuerwerksrakete auf zahlreichen, von der Stabilität der Abschussposition unabhängigen Ursachen (z.B. Wind) beruhen kann.
34
Hier hätte schon mit Blick auf die von dem kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamts Baden-Württemberg in dem gegen den Beklagten durchgeführten Ermittlungsverfahren vorgenommenen Versuche, nach denen der Start einer Feuerwerksrakete aus einem Schneehaufen heraus nicht zu einer Abweichung von der vorgesehenen Flugbahn führen muss, sowie den Umstand , dass die Rakete nach dem Start zunächst ca. fünf Meter senkrecht nach oben stieg, bevor sie nach links in Richtung der Scheune abdrehte, Anlass für weitere Darlegungen der Klägerin zu den Auswirkungen einer - unterstellt - ungeeigneten Abschussposition für den Flugverlauf der Rakete bestanden. Dem ist sie ausweislich des aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringens (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht nachgekommen.
35
bb) Ohne Erfolg bleibt auch die auf einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Verfahrensrüge der Klägerin, das Berufungsgericht sei nach § 139 ZPO zur Erteilung eines Hinweises verpflichtet gewesen, sofern es - anders als das Landgericht, das bereits eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten verneint hat - einen Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen eines fehlenden haftungsbegründenden Ursachenzusammenhangs abzulehnen beabsichtigte. Denn wenn die Klägerin - wie sie jetzt vorträgt - daraufhin einen zunächst senkrechten Flugverlauf der Rakete bestritten hätte, wäre dies unerheblich gewesen, weil das Landgericht diesen Umstand in dem Tatbestand seines Urteils als unstreitig dargestellt hat. Er war deshalb auch für das Berufungsverfahren bindend als unstreitiges Parteivorbringen zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Einen Berichtigungsantrag nach § 320 ZPO, durch den eine etwaige Unrichtigkeit des Tatbestandes einzig hätte behoben werden können (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 233/05, NJW 2007, 2913, 2915; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 529 Rdn. 1), hat die Klägerin nicht gestellt.
36
b) Ebenfalls fehl geht der Einwand der Klägerin, das Berufungsgericht sei zu Unrecht für den Tatzeitpunkt des Neujahrsabends von einem herabgesetzten Sorgfaltsmaßstab für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern - wie für die Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar anerkannt (BGH, Urt. v. 9. Juli 1985, VI ZR 71/84, NJW 1986, 52) - ausgegangen, weil sich der Verkehr durch Vorsorgemaßnahmen wie etwa das Schließen von Fenstern und Türen auf die durch fehlgehende Raketen drohenden Gefahren einstelle. Bei der Feststellung des Berufungsgerichts, es sei allgemein üblich, auch am Abend des Neujahrstags vom Vortag übrig gebliebene Feuerwerkskörper abzubrennen, handelt es sich um eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 291 ZPO, an die das Revisionsgericht gebunden ist (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 291 Rdn. 1: "Gebräuche" ). Ein für das Revisionsverfahren beachtlicher Einwand könnte nur darauf gestützt werden, das Berufungsgericht habe den Begriff der Offenkundigkeit verkannt oder zu einer von ihm angenommenen Offenkundigkeit kein rechtliches Gehör gewährt (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 291 Rdn. 5). Derartiges wird von der Klägerin nicht geltend gemacht.
37
c) Mit Erfolg rügt die Anschlussrevision jedoch, dass das Berufungsgericht die erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung, das Scheunengebäude habe auf der dem von dem Beklagten bewohnten Anwesen zugewandten Seite über drei Fenster und zwei Tore sowie im Dachbereich über geöffnete Entlüftungskamine verfügt, zu Unrecht gemäß §§ 531 Abs. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als verspätet zurückgewiesen hat. Hierdurch wurde die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
38
aa) Die Voraussetzungen, unter denen erstmals im Berufungsverfahren gehaltenes tatsächliches Vorbringen zuzulassen ist, lagen vor. Ausweislich der in dem Berufungsurteil in Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichts hat dieses einen gegen den Beklagten gerichteten Fahrlässigkeitsvorwurf unter anderem mit der Begründung verneint, die Scheune habe in den über dem Erdgeschoss liegenden Geschossen weder Fenster noch Dachluken aufgewiesen, sondern sei an Wänden und Dach vollständig mit unbrennbarem Material versehen gewesen. Dem landgerichtlichen Urteil kann indes nicht entnommen werden, worauf es seine Feststellungen zu der Außenhülle der Scheune ge- stützt hat. Es lässt weder erkennen, dass es sich hierbei um unstreitigen erstinstanzlichen Tatsachenvortrag gehandelt hat, noch dass die vollständige Feuerfestigkeit von einer Partei behauptet worden ist und Gegenstand einer Beweisaufnahme war, etwa durch Verwertung der in dem gegen den Beklagten geführten Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse im Wege des Urkundsbeweises. Das Landgericht hätte daher, sofern es von einer lückenlosen Verkleidung der Scheune mit nicht brennbaren Baustoffen ausgehen wollte, den Parteien zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung zunächst rechtliches Gehör (§ 139 Abs. 2 ZPO) gewähren müssen (BVerfG NJW-RR 1996, 183, 184; BGH, Urt. v. 6. Mai 1993, I ZR 84/91, NJW-RR 1993, 1122, 1123). Dies ist verfahrensfehlerhaft unterblieben, weshalb das deshalb erfolgte neue Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO in dem Berufungsverfahren zu berücksichtigen gewesen war.
39
bb) Auf diesem Verfahrensverstoß beruht das Berufungsurteil. Denn nach Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei den an der Außenwand möglicherweise vorhandenen Türen und Fenstern ebenso wie bei den offen stehenden Entlüftungskaminen im Dachbereich der Scheune um besondere Gefahrenquellen, die, wenn sie für den Beklagten im Zeitpunkt des Entzündens der Rakete erkennbar gewesen waren, einen größeren Abstand zu der Scheune hätten erfordern können. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei der Berücksichtigung des zu Unrecht zurückgewiesenen Vorbringens ein fahrlässiges Handeln des Beklagten und eine daraus gegebenenfalls resultierende Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB anders beurteilt hätte.

IV.


40
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 und 2 ZPO). Soweit der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog betroffen ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Hinsichtlich des mit der Anschlussrevision weiterverfolgten deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die unterbliebenen Feststellungen nachholen kann. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 26.10.2007 - 4 O 262/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 20.03.2008 - 10 U 219/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2009 - V ZR 75/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2009 - V ZR 75/08

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2009 - V ZR 75/08 zitiert 20 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Zivilprozessordnung - ZPO | § 291 Offenkundige Tatsachen


Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 554 Anschlussrevision


(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 67 Abweichende Vereinbarungen


Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 556 Verlust des Rügerechts


Die Verletzung einer das Verfahren der Berufungsinstanz betreffenden Vorschrift kann in der Revisionsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei das Rügerecht bereits in der Berufungsinstanz nach der Vorschrift des § 295 verloren hat.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2009 - V ZR 75/08 zitiert oder wird zitiert von 27 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2009 - V ZR 75/08 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2006 - V ZR 26/05

bei uns veröffentlicht am 27.01.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 26/05 Verkündet am: 27. Januar 2006 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2008 - V ZR 47/07

bei uns veröffentlicht am 01.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 47/07 Verkündet am: 1. Februar 2008 Weschenfelder, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2002 - X ZR 166/99

bei uns veröffentlicht am 19.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 166/99 Verkündet am: 19. Februar 2002 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB § 3

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2001 - V ZR 462/99

bei uns veröffentlicht am 26.01.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 462/99 Verkündet am: 26. Januar 2001 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2009 - VIII ZR 328/07

bei uns veröffentlicht am 11.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 328/07 Verkündet am: 11. Februar 2009 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Mai 2003 - V ZR 37/02

bei uns veröffentlicht am 30.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 37/02 Verkündet am: 30. Mai 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2000 - V ZR 443/99

bei uns veröffentlicht am 22.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄ UMNISURTEIL V ZR 443/99 Verkündet am: 22. September 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2005 - II ZR 147/03

bei uns veröffentlicht am 23.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 147/03 vom 23. Februar 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 554 Zur Statthaftigkeit einer Anschlußrevision bei einseitiger Revisionszulassung durch das Berufungsgeri
19 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2009 - V ZR 75/08.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juli 2011 - V ZR 277/10

bei uns veröffentlicht am 15.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 277/10 Verkündet am: 15. Juli 2011 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 906

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2013 - XI ZR 431/10

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 431/10 Verkündet am: 14. Mai 2013 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2019 - VII ZR 154/18

bei uns veröffentlicht am 09.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 154/18 Verkündet am: 9. Mai 2019 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2014 - II ZR 24/13

bei uns veröffentlicht am 11.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I I ZR 2 4 / 1 3 Verkündet am: 11. März 2014 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewe

Referenzen

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/07 Verkündet am:
1. Februar 2008
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
umfasst auch Vermögenseinbußen, die der Eigentümer oder Besitzer des beeinträchtigten
Grundstücks infolge der Beschädigung sich auf dem Grundstück befindlicher
beweglicher Sachen erleidet (Abgrenzung zu BGHZ 92, 143).
BGH, Urt. v. 1. Februar 2008 - V ZR 47/07 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Im Juni 2004 geriet eine im Eigentum des Beklagten stehende und von ihm genutzte Wohnung infolge eines defekten Küchengeräts in Brand. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen ein Lederwarengeschäft betreibt. Dieser hatte seine Betriebseinrichtung und die Warenvorräte bei der Klägerin versichert; ferner bestand Versicherungsschutz für Betriebsunterbrechungsschäden.
2
Die Klägerin zahlte wegen der an den Warenvorräten durch Rauch, Ruß und Löschwasser entstandenen Schäden 118.510€ an den Geschädigten sowie 17.000 € zum Ausgleich seines Betriebsunterbrechungsschadens. Diese Beträge verlangt sie aus übergegangenem Recht des Geschädigten von dem Beklagten ersetzt.
3
Die Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Feststellung der Anspruchshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für gegeben. Die durch den Brand in die Geschäftsräume des Geschädigten eingedrungenen Rauch- und Rußpartikel stellten rechtswidrige Immissionen dar. Der Ausgleichsanspruch umfasse den unmittelbar an den Warenvorräten eingetretenen Schaden. Denn er diene als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche , die nach § 862 Abs. 1 BGB auch dem Besitzer des Nachbargrundstücks und damit dem Geschädigten als Mieter zustünden. Hätte dieser seinen Abwehranspruch gegen die von dem Brandereignis ausgehenden Immissionen durchsetzen können, wäre der Schaden an seinen Warenvorräten nicht eingetreten. Das rechtfertige es, sie in den Schutzbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einzubeziehen. Entsprechendes gelte für den Betriebsausfallschaden, soweit er nicht durch die Reinigungs- und Sanierungsarbeiten am Gebäude, sondern möglicherweise auch durch die Dauer der Wiederbeschaffung des Warenbestands bedingt gewesen sei.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht des Geschädigten (§ 67 VVG) ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solcher Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 102 m.w.N.). Hiervon ist auszugehen , wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel - und so auch hier - nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
8
b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, dass sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (vgl. Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992). Der Senat hat bereits entschieden, dass der Eigentümer eines Hauses, welches infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte in Brand gerät, Störer ist (BGHZ 142, 66). Für den Beklagten als Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung gilt nichts anderes (vgl. aber auch Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992 für den Fall einer vermieteten Wohnung).
9
2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass sich Inhalt und Umfang des Anspruchs nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung bestimmen (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70 ff.) und dass diese Entschädigung auch die Nachteile erfasst, die der hier Geschädigte infolge der Beeinträchtigung seiner Warenvorräte durch Rauch, Ruß und Löschwasser erlitten hat.
10
a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 106), schützt also wie diese das Eigentum und den Besitz an einem Nachbargrundstück. Die Ausgleichsleistung knüpft an diese Rechtspositionen an; bei einer Besitzstörung richtet sie sich nach dem Vermögenswert, der auf dem Recht beruht, den Besitz innezuhaben. Folgt das Besitzrecht, wie hier, aus einem Mietvertrag über Gewerberäume, ist dies vor allem die Möglichkeit, den Besitz zur Unterhaltung eines Gewerbebetriebes zu nutzen. Daher sind die vermögenswerten Betriebsnachteile auszugleichen, die ihre Ursache in der Besitzstörung haben (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 52 f.).
11
Zu diesen Nachteilen zählen die für eine ungestörte Fortführung des Gewerbebetriebs erforderlichen Aufwendungen. Das umfasst Aufwendungen für den Ersatz von Inventar, von Warenvorräten und ähnlichen Betriebsmitteln, die durch die Besitzstörung beschädigt worden sind (vgl. Senat, aaO, S. 55 für unbrauchbar gewordenes Inventar sowie Senat, BGHZ 155, 99, 106 für eine beschädigte Betriebseinrichtung).
12
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sich auf dem Grundstück befindlichen Betriebsmittel, hier also die Warenvorräte des Geschädigten, infolge einer Beeinträchtigung der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 54 f.: Inventar wird durch den Gebäudeeinsturz zerstört) oder unmittelbar durch die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen beschädigt werden (hier: Schaden unmittelbar an den Waren durch Rauch, Ruß oder Löschwasser). Denn auch der primäre Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 862 Abs. 1 BGB, dessen faktischer Ausschluss durch die Entschädigung kompensiert werden soll, besteht unabhängig davon, welches Schadensbild infolge der drohenden unzulässigen Störung im Einzelnen zu erwarten ist. Entscheidend ist, dass der Schaden an den beweglichen Sachen nicht eingetreten wäre, wenn der Besitzer seinen Unterlassungsanspruch hätte durchsetzen können, und sich damit als Teil der diesem durch die Besitzstörung abverlangten Vermögenseinbuße darstellt.
13
Ebenso wenig ist maßgeblich, ob durch die Besitzstörung hervorgerufene Ertragseinbußen, welche grundsätzlich ebenfalls auszugleichen sind (vgl. Senat , aaO, S. 54) und hier infolge der Notwendigkeit, neue Lederwaren zu beschaffen , eingetreten sein sollen, auf eine Beschädigung des Grundstücks oder darauf befindlicher beweglicher Sachen zurückzuführen sind.
14
b) Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus dem sog. Kupolofen-Fall (BGHZ 92, 143), in dem auf einem Betriebsparkplatz abgestellte Fahrzeuge von Arbeitnehmern durch Staubauswürfe einer benachbarten Schmelzanlage beschädigt worden waren. Die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer gegen den Betreiber des Schmelzofens verneint hat - es fehle an dem erforderlichen Bezug der Schäden zu dem von den Immissionen betroffenen Grundstück - verweist auf die notwendige, im Kupolofen-Fall aber fehlende Haftungsgrundlage für einen solchen Anspruch. Da die klagenden Arbeitnehmer bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes waren (aaO, S. 146), stand ihnen ein Abwehranspruch gegen die Immissionen aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB nicht aufgrund eines Rechts an dem betroffenen Grundstück, sondern nur als Eigentümer oder Besitzer der abgestellten Fahrzeuge zu. Rechte an beweglichen Sachen können - für sich genommen - aber keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch begründen. Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Besitzes an einem Grundstück voraus (vgl. Senat, BGHZ 157, 188, 193). Nichts anderes wird in der Kupolofen-Entscheidung angesprochen, wenn es dort heißt, der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasse Folgeschäden nur, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten.

III.

15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 O 151/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 226/06 -

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/07 Verkündet am:
1. Februar 2008
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
umfasst auch Vermögenseinbußen, die der Eigentümer oder Besitzer des beeinträchtigten
Grundstücks infolge der Beschädigung sich auf dem Grundstück befindlicher
beweglicher Sachen erleidet (Abgrenzung zu BGHZ 92, 143).
BGH, Urt. v. 1. Februar 2008 - V ZR 47/07 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Im Juni 2004 geriet eine im Eigentum des Beklagten stehende und von ihm genutzte Wohnung infolge eines defekten Küchengeräts in Brand. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen ein Lederwarengeschäft betreibt. Dieser hatte seine Betriebseinrichtung und die Warenvorräte bei der Klägerin versichert; ferner bestand Versicherungsschutz für Betriebsunterbrechungsschäden.
2
Die Klägerin zahlte wegen der an den Warenvorräten durch Rauch, Ruß und Löschwasser entstandenen Schäden 118.510€ an den Geschädigten sowie 17.000 € zum Ausgleich seines Betriebsunterbrechungsschadens. Diese Beträge verlangt sie aus übergegangenem Recht des Geschädigten von dem Beklagten ersetzt.
3
Die Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Feststellung der Anspruchshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für gegeben. Die durch den Brand in die Geschäftsräume des Geschädigten eingedrungenen Rauch- und Rußpartikel stellten rechtswidrige Immissionen dar. Der Ausgleichsanspruch umfasse den unmittelbar an den Warenvorräten eingetretenen Schaden. Denn er diene als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche , die nach § 862 Abs. 1 BGB auch dem Besitzer des Nachbargrundstücks und damit dem Geschädigten als Mieter zustünden. Hätte dieser seinen Abwehranspruch gegen die von dem Brandereignis ausgehenden Immissionen durchsetzen können, wäre der Schaden an seinen Warenvorräten nicht eingetreten. Das rechtfertige es, sie in den Schutzbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einzubeziehen. Entsprechendes gelte für den Betriebsausfallschaden, soweit er nicht durch die Reinigungs- und Sanierungsarbeiten am Gebäude, sondern möglicherweise auch durch die Dauer der Wiederbeschaffung des Warenbestands bedingt gewesen sei.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht des Geschädigten (§ 67 VVG) ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solcher Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 102 m.w.N.). Hiervon ist auszugehen , wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel - und so auch hier - nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
8
b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, dass sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (vgl. Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992). Der Senat hat bereits entschieden, dass der Eigentümer eines Hauses, welches infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte in Brand gerät, Störer ist (BGHZ 142, 66). Für den Beklagten als Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung gilt nichts anderes (vgl. aber auch Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992 für den Fall einer vermieteten Wohnung).
9
2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass sich Inhalt und Umfang des Anspruchs nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung bestimmen (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70 ff.) und dass diese Entschädigung auch die Nachteile erfasst, die der hier Geschädigte infolge der Beeinträchtigung seiner Warenvorräte durch Rauch, Ruß und Löschwasser erlitten hat.
10
a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 106), schützt also wie diese das Eigentum und den Besitz an einem Nachbargrundstück. Die Ausgleichsleistung knüpft an diese Rechtspositionen an; bei einer Besitzstörung richtet sie sich nach dem Vermögenswert, der auf dem Recht beruht, den Besitz innezuhaben. Folgt das Besitzrecht, wie hier, aus einem Mietvertrag über Gewerberäume, ist dies vor allem die Möglichkeit, den Besitz zur Unterhaltung eines Gewerbebetriebes zu nutzen. Daher sind die vermögenswerten Betriebsnachteile auszugleichen, die ihre Ursache in der Besitzstörung haben (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 52 f.).
11
Zu diesen Nachteilen zählen die für eine ungestörte Fortführung des Gewerbebetriebs erforderlichen Aufwendungen. Das umfasst Aufwendungen für den Ersatz von Inventar, von Warenvorräten und ähnlichen Betriebsmitteln, die durch die Besitzstörung beschädigt worden sind (vgl. Senat, aaO, S. 55 für unbrauchbar gewordenes Inventar sowie Senat, BGHZ 155, 99, 106 für eine beschädigte Betriebseinrichtung).
12
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sich auf dem Grundstück befindlichen Betriebsmittel, hier also die Warenvorräte des Geschädigten, infolge einer Beeinträchtigung der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 54 f.: Inventar wird durch den Gebäudeeinsturz zerstört) oder unmittelbar durch die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen beschädigt werden (hier: Schaden unmittelbar an den Waren durch Rauch, Ruß oder Löschwasser). Denn auch der primäre Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 862 Abs. 1 BGB, dessen faktischer Ausschluss durch die Entschädigung kompensiert werden soll, besteht unabhängig davon, welches Schadensbild infolge der drohenden unzulässigen Störung im Einzelnen zu erwarten ist. Entscheidend ist, dass der Schaden an den beweglichen Sachen nicht eingetreten wäre, wenn der Besitzer seinen Unterlassungsanspruch hätte durchsetzen können, und sich damit als Teil der diesem durch die Besitzstörung abverlangten Vermögenseinbuße darstellt.
13
Ebenso wenig ist maßgeblich, ob durch die Besitzstörung hervorgerufene Ertragseinbußen, welche grundsätzlich ebenfalls auszugleichen sind (vgl. Senat , aaO, S. 54) und hier infolge der Notwendigkeit, neue Lederwaren zu beschaffen , eingetreten sein sollen, auf eine Beschädigung des Grundstücks oder darauf befindlicher beweglicher Sachen zurückzuführen sind.
14
b) Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus dem sog. Kupolofen-Fall (BGHZ 92, 143), in dem auf einem Betriebsparkplatz abgestellte Fahrzeuge von Arbeitnehmern durch Staubauswürfe einer benachbarten Schmelzanlage beschädigt worden waren. Die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer gegen den Betreiber des Schmelzofens verneint hat - es fehle an dem erforderlichen Bezug der Schäden zu dem von den Immissionen betroffenen Grundstück - verweist auf die notwendige, im Kupolofen-Fall aber fehlende Haftungsgrundlage für einen solchen Anspruch. Da die klagenden Arbeitnehmer bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes waren (aaO, S. 146), stand ihnen ein Abwehranspruch gegen die Immissionen aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB nicht aufgrund eines Rechts an dem betroffenen Grundstück, sondern nur als Eigentümer oder Besitzer der abgestellten Fahrzeuge zu. Rechte an beweglichen Sachen können - für sich genommen - aber keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch begründen. Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Besitzes an einem Grundstück voraus (vgl. Senat, BGHZ 157, 188, 193). Nichts anderes wird in der Kupolofen-Entscheidung angesprochen, wenn es dort heißt, der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasse Folgeschäden nur, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten.

III.

15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 O 151/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 226/06 -

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/07 Verkündet am:
1. Februar 2008
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
umfasst auch Vermögenseinbußen, die der Eigentümer oder Besitzer des beeinträchtigten
Grundstücks infolge der Beschädigung sich auf dem Grundstück befindlicher
beweglicher Sachen erleidet (Abgrenzung zu BGHZ 92, 143).
BGH, Urt. v. 1. Februar 2008 - V ZR 47/07 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Im Juni 2004 geriet eine im Eigentum des Beklagten stehende und von ihm genutzte Wohnung infolge eines defekten Küchengeräts in Brand. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen ein Lederwarengeschäft betreibt. Dieser hatte seine Betriebseinrichtung und die Warenvorräte bei der Klägerin versichert; ferner bestand Versicherungsschutz für Betriebsunterbrechungsschäden.
2
Die Klägerin zahlte wegen der an den Warenvorräten durch Rauch, Ruß und Löschwasser entstandenen Schäden 118.510€ an den Geschädigten sowie 17.000 € zum Ausgleich seines Betriebsunterbrechungsschadens. Diese Beträge verlangt sie aus übergegangenem Recht des Geschädigten von dem Beklagten ersetzt.
3
Die Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Feststellung der Anspruchshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für gegeben. Die durch den Brand in die Geschäftsräume des Geschädigten eingedrungenen Rauch- und Rußpartikel stellten rechtswidrige Immissionen dar. Der Ausgleichsanspruch umfasse den unmittelbar an den Warenvorräten eingetretenen Schaden. Denn er diene als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche , die nach § 862 Abs. 1 BGB auch dem Besitzer des Nachbargrundstücks und damit dem Geschädigten als Mieter zustünden. Hätte dieser seinen Abwehranspruch gegen die von dem Brandereignis ausgehenden Immissionen durchsetzen können, wäre der Schaden an seinen Warenvorräten nicht eingetreten. Das rechtfertige es, sie in den Schutzbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einzubeziehen. Entsprechendes gelte für den Betriebsausfallschaden, soweit er nicht durch die Reinigungs- und Sanierungsarbeiten am Gebäude, sondern möglicherweise auch durch die Dauer der Wiederbeschaffung des Warenbestands bedingt gewesen sei.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht des Geschädigten (§ 67 VVG) ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solcher Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 102 m.w.N.). Hiervon ist auszugehen , wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel - und so auch hier - nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
8
b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, dass sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (vgl. Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992). Der Senat hat bereits entschieden, dass der Eigentümer eines Hauses, welches infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte in Brand gerät, Störer ist (BGHZ 142, 66). Für den Beklagten als Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung gilt nichts anderes (vgl. aber auch Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992 für den Fall einer vermieteten Wohnung).
9
2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass sich Inhalt und Umfang des Anspruchs nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung bestimmen (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70 ff.) und dass diese Entschädigung auch die Nachteile erfasst, die der hier Geschädigte infolge der Beeinträchtigung seiner Warenvorräte durch Rauch, Ruß und Löschwasser erlitten hat.
10
a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 106), schützt also wie diese das Eigentum und den Besitz an einem Nachbargrundstück. Die Ausgleichsleistung knüpft an diese Rechtspositionen an; bei einer Besitzstörung richtet sie sich nach dem Vermögenswert, der auf dem Recht beruht, den Besitz innezuhaben. Folgt das Besitzrecht, wie hier, aus einem Mietvertrag über Gewerberäume, ist dies vor allem die Möglichkeit, den Besitz zur Unterhaltung eines Gewerbebetriebes zu nutzen. Daher sind die vermögenswerten Betriebsnachteile auszugleichen, die ihre Ursache in der Besitzstörung haben (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 52 f.).
11
Zu diesen Nachteilen zählen die für eine ungestörte Fortführung des Gewerbebetriebs erforderlichen Aufwendungen. Das umfasst Aufwendungen für den Ersatz von Inventar, von Warenvorräten und ähnlichen Betriebsmitteln, die durch die Besitzstörung beschädigt worden sind (vgl. Senat, aaO, S. 55 für unbrauchbar gewordenes Inventar sowie Senat, BGHZ 155, 99, 106 für eine beschädigte Betriebseinrichtung).
12
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sich auf dem Grundstück befindlichen Betriebsmittel, hier also die Warenvorräte des Geschädigten, infolge einer Beeinträchtigung der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 54 f.: Inventar wird durch den Gebäudeeinsturz zerstört) oder unmittelbar durch die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen beschädigt werden (hier: Schaden unmittelbar an den Waren durch Rauch, Ruß oder Löschwasser). Denn auch der primäre Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 862 Abs. 1 BGB, dessen faktischer Ausschluss durch die Entschädigung kompensiert werden soll, besteht unabhängig davon, welches Schadensbild infolge der drohenden unzulässigen Störung im Einzelnen zu erwarten ist. Entscheidend ist, dass der Schaden an den beweglichen Sachen nicht eingetreten wäre, wenn der Besitzer seinen Unterlassungsanspruch hätte durchsetzen können, und sich damit als Teil der diesem durch die Besitzstörung abverlangten Vermögenseinbuße darstellt.
13
Ebenso wenig ist maßgeblich, ob durch die Besitzstörung hervorgerufene Ertragseinbußen, welche grundsätzlich ebenfalls auszugleichen sind (vgl. Senat , aaO, S. 54) und hier infolge der Notwendigkeit, neue Lederwaren zu beschaffen , eingetreten sein sollen, auf eine Beschädigung des Grundstücks oder darauf befindlicher beweglicher Sachen zurückzuführen sind.
14
b) Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus dem sog. Kupolofen-Fall (BGHZ 92, 143), in dem auf einem Betriebsparkplatz abgestellte Fahrzeuge von Arbeitnehmern durch Staubauswürfe einer benachbarten Schmelzanlage beschädigt worden waren. Die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer gegen den Betreiber des Schmelzofens verneint hat - es fehle an dem erforderlichen Bezug der Schäden zu dem von den Immissionen betroffenen Grundstück - verweist auf die notwendige, im Kupolofen-Fall aber fehlende Haftungsgrundlage für einen solchen Anspruch. Da die klagenden Arbeitnehmer bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes waren (aaO, S. 146), stand ihnen ein Abwehranspruch gegen die Immissionen aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB nicht aufgrund eines Rechts an dem betroffenen Grundstück, sondern nur als Eigentümer oder Besitzer der abgestellten Fahrzeuge zu. Rechte an beweglichen Sachen können - für sich genommen - aber keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch begründen. Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Besitzes an einem Grundstück voraus (vgl. Senat, BGHZ 157, 188, 193). Nichts anderes wird in der Kupolofen-Entscheidung angesprochen, wenn es dort heißt, der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasse Folgeschäden nur, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten.

III.

15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 O 151/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 226/06 -

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 26/05 Verkündet am:
27. Januar 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB setzt - wie § 1004 Abs. 1 BGB - voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer
zu qualifizieren ist.

b) Als mittelbarer Handlungsstörer kann der Eigentümer für Störungshandlungen
seines Mieters nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den
Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen
hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag
unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten.
BGH, Urt. v. 27. Januar 2006 - V ZR 26/05 - LG Berlin
AG Schöneberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 a wird das Urteil der Zivilkammer 28 des Landgerichts Berlin vom 29. Dezember 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 a erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2 und ihrer Streithelferin wird das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 12. März 2004 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Streithelferin entstandenen Kosten trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagten zu 2 a gehört eine vermietete Eigentumswohnung, in der im Februar 2000 ein Brand ausbrach. Die Rußentwicklung führte dazu, dass die Fassade des bei der Klägerin gebäudeversicherten Nachbarhauses verunreinigt wurde. Ob das Feuer durch einen technischen Defekt oder durch unsachgemäßen Umgang des Mieters mit elektrischen Geräten herbeigeführt wurde, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Andere Ursachen - Naturereignisse oder Einwirkungen von außenstehenden Dritten - sind indes ausgeschlossen. Nach Ausgleich der für die Fassadensanierung aufgewandten Kosten hat die Klägerin aus übergegangenem Recht u.a. die Beklagten zu 2, die „Eigentümergemeinschaft des Hauses A. straße 36 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, auf Zah- lung des erstatteten Betrags in Anspruch genommen. Nur insoweit hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 hat das Landgericht lediglich die gegen die Beklagte zu 2 a in deren Eigenschaft als Sondereigentümerin der Wohnung gerichtete Klage für begründet erachtet. Entsprechend hat es das angefochtene Urteil geändert. Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 a (im Folgenden nur noch Beklagte) mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, mit der sie eine Abweisung der gegen sie gerichteten Klage erstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese als Sondereigentümerin die Nutzung der ausschließlich in ihrem Eigentum stehenden Wohnung habe bestimmen können. Die Verunreinigung sei eine nicht mehr entschädigungslos hinzunehmende Beeinträchtigung. Auszugleichen seien sämtliche für die Sanierung aufgewandten Beträge.

II.


3
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
1. Das Berufungsgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu Unrecht stattgegeben. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft daran an, dass ein an sich gegebener Unterlassungsanspruch aus besonderen (meist faktischen) Gründen nicht geltend gemacht werden konnte (vgl. Senat, BGHZ 85, 375, 384 ff.; 90, 255, 262 f.; 111, 158, 162 f.; 113, 384, 390 f.; 155, 99, 103 ff. m.w.N.). Er setzt daher – wie § 1004 Abs. 1 BGB – voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer zu qualifizieren ist.
Da vorliegend als Brandursache sowohl ein technischer Defekt als auch ein unsachgemäßer Umgang des Mieters der Beklagten mit einer Halogenlampe in Betracht kommt und nicht festgestellt ist, ob die eine oder die andere Ursache zu dem Brand geführt hat, kann das Berufungsurteil nur Bestand haben, wenn die Beklagte in beiden Konstellationen Störerin wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Für eine fahrlässige Brandstiftung ihres Mieters hätte die Beklagte nicht einzustehen.
5
Die Voraussetzungen für die insoweit allein in Betracht kommende Inanspruchnahme der Beklagten als mittelbare Handlungsstörerin liegen nicht vor. Der Anspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist Ausdruck des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses, das eine Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen nach § 278 BGB nicht zulässt (vgl. Senat, BGHZ 42, 374, 380). Vor dem Hintergrund dieser Wertung kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nach § 1004 BGB nur verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 204). So liegt es hier jedoch nicht. Dass die Beklagte die Wohnung ihrem Mieter nicht mit der Erlaubnis zu feuergefährlichem Verhalten überlassen hat, bedarf keiner näheren Begründung. Veranlassung, ihren bislang nicht als Brandverursacher hervorgetretenen Mieter auf besondere Feuergefahren hinzuweisen, hatte sie nicht. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachte angebliche besondere Feuergefährlichkeit von Halogenlampen ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Nach Ausbruch des Brandes hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, den Brand zu verhindern oder einzudämmen.
6
2. Nach allem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO. Weitere Feststellungen zu der genauen Brandursache scheiden aus. Vor dem Hintergrund der insoweit unergiebig gebliebenen Ermittlungen in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat die Klägerin beide Schadensursachen alternativ ins Feld geführt.

III.


7
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO. Dass die Klägerin die Kosten der – nach wie vor zulässigen – Nebenintervention zu tragen hat, folgt aus § 101 Abs. 1 ZPO. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beitritt der Streithelferin nicht durch Ausscheiden der von ihr unterstützten Partei (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Auflage, § 66 Rdn. 17 f.) beendet worden. Auch wenn der Beitritt seinem Wortlaut nach zur Unterstützung der Wohnungseigentümergemeinschaft erklärt worden ist, gilt es zu beachten, dass die Teilrechtsfähigkeit dieser Gemeinschaft damals noch nicht anerkannt war (vgl. Senatsbeschl. v. 2. Juni 2005, V ZB 32/05, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, NJW 2005, 2061). Ziel der Nebenintervention war es, einer eigenen Inanspruchnahme vorzubeugen. Bei verständiger Würdigung ist die Erklärung daher dahin auszulegen, dass ein Beitritt zur Unterstützung aller Wohnungseigentümer erfolgen sollte.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 12.03.2004 - 17 C 411/01 -
LG Berlin, Entscheidung vom 29.12.2004 - 28 S 1/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/07 Verkündet am:
1. Februar 2008
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
umfasst auch Vermögenseinbußen, die der Eigentümer oder Besitzer des beeinträchtigten
Grundstücks infolge der Beschädigung sich auf dem Grundstück befindlicher
beweglicher Sachen erleidet (Abgrenzung zu BGHZ 92, 143).
BGH, Urt. v. 1. Februar 2008 - V ZR 47/07 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Im Juni 2004 geriet eine im Eigentum des Beklagten stehende und von ihm genutzte Wohnung infolge eines defekten Küchengeräts in Brand. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen ein Lederwarengeschäft betreibt. Dieser hatte seine Betriebseinrichtung und die Warenvorräte bei der Klägerin versichert; ferner bestand Versicherungsschutz für Betriebsunterbrechungsschäden.
2
Die Klägerin zahlte wegen der an den Warenvorräten durch Rauch, Ruß und Löschwasser entstandenen Schäden 118.510€ an den Geschädigten sowie 17.000 € zum Ausgleich seines Betriebsunterbrechungsschadens. Diese Beträge verlangt sie aus übergegangenem Recht des Geschädigten von dem Beklagten ersetzt.
3
Die Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Feststellung der Anspruchshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für gegeben. Die durch den Brand in die Geschäftsräume des Geschädigten eingedrungenen Rauch- und Rußpartikel stellten rechtswidrige Immissionen dar. Der Ausgleichsanspruch umfasse den unmittelbar an den Warenvorräten eingetretenen Schaden. Denn er diene als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche , die nach § 862 Abs. 1 BGB auch dem Besitzer des Nachbargrundstücks und damit dem Geschädigten als Mieter zustünden. Hätte dieser seinen Abwehranspruch gegen die von dem Brandereignis ausgehenden Immissionen durchsetzen können, wäre der Schaden an seinen Warenvorräten nicht eingetreten. Das rechtfertige es, sie in den Schutzbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einzubeziehen. Entsprechendes gelte für den Betriebsausfallschaden, soweit er nicht durch die Reinigungs- und Sanierungsarbeiten am Gebäude, sondern möglicherweise auch durch die Dauer der Wiederbeschaffung des Warenbestands bedingt gewesen sei.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht des Geschädigten (§ 67 VVG) ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solcher Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 102 m.w.N.). Hiervon ist auszugehen , wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel - und so auch hier - nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
8
b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, dass sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (vgl. Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992). Der Senat hat bereits entschieden, dass der Eigentümer eines Hauses, welches infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte in Brand gerät, Störer ist (BGHZ 142, 66). Für den Beklagten als Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung gilt nichts anderes (vgl. aber auch Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992 für den Fall einer vermieteten Wohnung).
9
2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass sich Inhalt und Umfang des Anspruchs nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung bestimmen (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70 ff.) und dass diese Entschädigung auch die Nachteile erfasst, die der hier Geschädigte infolge der Beeinträchtigung seiner Warenvorräte durch Rauch, Ruß und Löschwasser erlitten hat.
10
a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 106), schützt also wie diese das Eigentum und den Besitz an einem Nachbargrundstück. Die Ausgleichsleistung knüpft an diese Rechtspositionen an; bei einer Besitzstörung richtet sie sich nach dem Vermögenswert, der auf dem Recht beruht, den Besitz innezuhaben. Folgt das Besitzrecht, wie hier, aus einem Mietvertrag über Gewerberäume, ist dies vor allem die Möglichkeit, den Besitz zur Unterhaltung eines Gewerbebetriebes zu nutzen. Daher sind die vermögenswerten Betriebsnachteile auszugleichen, die ihre Ursache in der Besitzstörung haben (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 52 f.).
11
Zu diesen Nachteilen zählen die für eine ungestörte Fortführung des Gewerbebetriebs erforderlichen Aufwendungen. Das umfasst Aufwendungen für den Ersatz von Inventar, von Warenvorräten und ähnlichen Betriebsmitteln, die durch die Besitzstörung beschädigt worden sind (vgl. Senat, aaO, S. 55 für unbrauchbar gewordenes Inventar sowie Senat, BGHZ 155, 99, 106 für eine beschädigte Betriebseinrichtung).
12
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sich auf dem Grundstück befindlichen Betriebsmittel, hier also die Warenvorräte des Geschädigten, infolge einer Beeinträchtigung der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 54 f.: Inventar wird durch den Gebäudeeinsturz zerstört) oder unmittelbar durch die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen beschädigt werden (hier: Schaden unmittelbar an den Waren durch Rauch, Ruß oder Löschwasser). Denn auch der primäre Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 862 Abs. 1 BGB, dessen faktischer Ausschluss durch die Entschädigung kompensiert werden soll, besteht unabhängig davon, welches Schadensbild infolge der drohenden unzulässigen Störung im Einzelnen zu erwarten ist. Entscheidend ist, dass der Schaden an den beweglichen Sachen nicht eingetreten wäre, wenn der Besitzer seinen Unterlassungsanspruch hätte durchsetzen können, und sich damit als Teil der diesem durch die Besitzstörung abverlangten Vermögenseinbuße darstellt.
13
Ebenso wenig ist maßgeblich, ob durch die Besitzstörung hervorgerufene Ertragseinbußen, welche grundsätzlich ebenfalls auszugleichen sind (vgl. Senat , aaO, S. 54) und hier infolge der Notwendigkeit, neue Lederwaren zu beschaffen , eingetreten sein sollen, auf eine Beschädigung des Grundstücks oder darauf befindlicher beweglicher Sachen zurückzuführen sind.
14
b) Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus dem sog. Kupolofen-Fall (BGHZ 92, 143), in dem auf einem Betriebsparkplatz abgestellte Fahrzeuge von Arbeitnehmern durch Staubauswürfe einer benachbarten Schmelzanlage beschädigt worden waren. Die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer gegen den Betreiber des Schmelzofens verneint hat - es fehle an dem erforderlichen Bezug der Schäden zu dem von den Immissionen betroffenen Grundstück - verweist auf die notwendige, im Kupolofen-Fall aber fehlende Haftungsgrundlage für einen solchen Anspruch. Da die klagenden Arbeitnehmer bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes waren (aaO, S. 146), stand ihnen ein Abwehranspruch gegen die Immissionen aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB nicht aufgrund eines Rechts an dem betroffenen Grundstück, sondern nur als Eigentümer oder Besitzer der abgestellten Fahrzeuge zu. Rechte an beweglichen Sachen können - für sich genommen - aber keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch begründen. Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Besitzes an einem Grundstück voraus (vgl. Senat, BGHZ 157, 188, 193). Nichts anderes wird in der Kupolofen-Entscheidung angesprochen, wenn es dort heißt, der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasse Folgeschäden nur, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten.

III.

15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 O 151/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 226/06 -

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
V ZR 443/99 Verkündet am:
22. September 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist
der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch
durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung
auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen
ist.
BGH, Urt. v. 22. September 2000 - V ZR 443/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Oktober 1999 aufgehoben und das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1998 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1995 erwarben die Kläger in Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einer Erbengemeinschaft das Grundstück S. A. 62 in B. -P. B. . Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 28. Juni 1996. Der Beklagte war bei Einreichung der Klage am 8. Juli 1998 Eigentümer des Nachbargrundstücks

S.

A. 61, welches mit bestandskräftigem Bescheid des Amtes zur Regelung
offener Vermögensfragen Mitte-P. B. am 11. November 1998 restituiert worden ist.
Beide mit zum Teil gewerblich genutzten Altbau-Miethäusern bebaute Grundstücke standen vor der Wiedervereinigung im Eigentum des Volkes; Rechtsträger war jeweils der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung B. - P. B. . Dieser errichtete Anfang der 80er Jahre auf dem jetzigen Grundstück der Kläger einen etwa 2 x 4 m großen eingeschossigen Anbau. Der Zugang dazu ist ausschließlich durch einen Durchbruch in der Brandwand von dem NachbargrundstückS. A. 61 möglich. Ferner befindet sich im Erdgeschoß des auf dem Grundstück der Kläger gelegenen Seitenflügels ihres Miethauses ein 3,5 x 5,6 m großer Raum, der durch eine vor dem Erwerb der Kläger hergestellte Öffnung der Grenzwand zwischen den Grundstücken S. A. 61 und 62 erschlossen wird. Der Zugang zu einem angrenzenden Raum des Hauses der Kläger wurde seinerzeit zugemauert.
Sowohl der Anbau als auch der Raum im Seitenflügel des Miethauses der Kläger werden derzeit von einem Dritten gewerblich genutzt.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe die Räume an den Dritten vermietet , haben die Kläger verlangt, den Beklagten zu verurteilen, den Anbau zu beseitigen, die Maueröffnung und den Wanddurchbruch zu dem Raum im Seitenflügel ihres Miethauses zu schließen, den Zugang zu dem angrenzenden Raum zu öffnen sowie Auskunft über die Höhe des erzielten Mietzinses für die Vermietung des Anbaus und des Raums im Seitenflügel ihres Hauses zu erteilen und ihn nebst Zinsen auszuzahlen. Das Landgericht hat den Auskunftsund Zahlungsanspruch abgewiesen und der Klage im übrigen stattgegeben.
Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt er weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die während des Rechtsstreits erfolgte Restitution des bisher dem Beklagten gehörenden Grundstücks nach dem auch hier anzuwendenden Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit keinen Einfluß auf die Passivlegitimation des Beklagten. Er sei Zustandsstörer gewesen, weil das Aufrechterhalten des das Eigentum der Kläger fortlaufend beeinträchtigenden Zustands auf seinen Willen zurückgegangen sei. Ob die Kläger Eigentümer des Anbaus geworden seien, sei unerheblich. Sie seien auch nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 320 Abs. 1 ZGB und § 912 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.

II.


Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Kläger waren trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden, obwohl das Urteil inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge beruht
(vgl. BGHZ 37, 79, 81 f; Senatsurt. v. 6. Juni 1986, V ZR 96/85, NJW 1986, 3086).
2. Ob das Berufungsgericht zu Recht von einer fortdauernden Eigentumsbeeinträchtigung der Kläger ausgeht, kann dahinstehen. Zwar knüpft das Gesetz die Rechtsfolge des § 1004 BGB an jegliche Beeinträchtigung an, die der Eigentümer nicht dulden muß; allein der dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand begründet den Abwehranspruch (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39 m.w.N.). Die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers ist so lange beeinträchtigt, wie die Eigentumsstörung nicht beseitigt ist (Senatsurt. v. 11. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). In Anlehnung an die Grundsätze des Eigengrenzüberbaus könnte hier bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Eigentumsbeeinträchtigung gegeben sein. Jedoch sind Zweifel daran deswegen angebracht, weil die Baumaßnahmen seinerzeit von dem Berechtigten ausschließlich auf dem jetzt den Klägern gehörenden Grundstück ausgeführt wurden und die Kläger das Eigentum in dem baulich veränderten Zustand erlangt haben (s. dazu Staudinger/Gursky [1999], § 1004 Rdn. 41 ff). Dies bedarf aber keiner Vertiefung, weil der Beklagte für eine etwaige Störung nicht verantwortlich ist.

a) Nach allgemeiner Auffassung richtet sich der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gegen denjenigen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten - d.h. positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen - adäquat verursacht hat (vgl. nur Senat, BGHZ 49, 340, 347; Senatsurt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177; Staudinger/Gursky,aaO, Rdn. 93 mit umfangr. Nachw.), aber auch gegen denjenigen, der zwar nicht selbst gehandelt hat, durch dessen maßgebenden Willen aber der eigentumsbeeinträchti-
gende Zustand aufrechterhalten wird, von dessen Willen also die Beseitigung dieses Zustands abhängt (vgl. Senatsurt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360, 1361 m.w.N.; 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1998, 2168, 2169; Staudinger/Gursky, aaO, Rdn. 94 m. umfangr. Nachw.). Danach ist der Eigentümer eines Grundstücks für dessen gefahrenträchtigen Zustand verantwortlich und kann nach § 1004 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden, weil die Aufrechterhaltung des Zustands auf seinen Willen zurückgeht, ohne daß es darauf ankäme, welchen eigenen Beitrag er hierzu geleistet hat und ob er den störenden Zustand kannte (Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Haftung des Beklagten aus. Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, daß die Baumaßnahmen, die das Eigentum der Kläger nach wie vor beeinträchtigen, seit vielen Jahren abgeschlossen sind. Denn an einer einmal eingetretenen Verantwortlichkeit eines Störers kann sich durch das Verhalten des Pflichtigen nichts ändern, wenn die Beeinträchtigung fortbesteht (Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Entscheidend ist vielmehr, daß der Beklagte die baulichen Veränderungen nicht vorgenommen und es sich bei ihnen seinerzeit gar nicht um die Beeinträchtigung fremden Eigentums gehandelt hat. Auch der Umstand, daß der Beklagte bei Klageerhebung Eigentümer des an das Grundstück der Kläger angrenzenden Grundstücks war, macht ihn nicht zum Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB. Eine solche Haftung kommt nämlich nur dann in Betracht , wenn die störenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück von dem Grundstück des Eigentümers ausgehen oder zu besorgen sind (s. nur Senat, BGHZ 122, 283, 284 f; Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO). Um es mit einem vom Senat bereits in anderem Zusammenhang angeführten ähnlichen Beispiel
(Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, aaO) zu verdeutlichen: Der Grundstückseigentümer muß den Stein, den der Voreigentümer auf das Nachbargrundstück geworfen hat, nicht beseitigen. Denn die bei dem Nachbarn eingetretene Eigentumsstörung steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Zustand des Grundstücks des Eigentümers, sondern beruht ausschließlich auf dem Handeln des Voreigentümers. Der einzige Bezug zwischen Störung und Grundstück wird durch die Identität des Störers mit dem früheren Grundstückseigentümer hergestellt. Das reicht für die Begründung der Haftung des späteren Eigentümers nicht aus. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts läuft darauf hinaus, daß der Grundstückseigentümer für jede Störungshandlung eines Voreigentümers verantwortlich ist, auch wenn sie keinen Bezug zu dem Zustand des Grundstücks aufweist. Das kann nicht richtig sein. Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen ist.
In dem vorliegenden Fall hat die zugemauerte Türöffnung in dem Miethaus der Kläger mit dem Zustand des benachbarten Grundstücks ebensowenig etwas zu tun wie der Durchbruch in der Mauer dieses Hauses. Beide Gegebenheiten beruhen nicht etwa auf Gefahren oder sonstigen Umständen, die von dem anderen Grundstück ausgehen. Nichts anderes gilt für den auf dem Grundstück der Kläger errichteten Anbau. Auch seine Existenz läßt sich nicht auf einen bestimmten Zustand des bei Klageerhebung dem Beklagten gehörenden Grundstücks zurückführen. Etwas anderes könnte allenfalls für die
Wanddurchbrüche auf diesem Grundstück gelten. Deren Beseitigung verlangen die Kläger indes nicht.

c) Auf die vom Berufungsgericht weiter erörterte Problematik des Eigentums an dem Anbau und der Duldungspflicht nach §§ 912 Abs. 1, 1004 Abs. 2 BGB kommt es somit nicht an.
3. Der Anspruch der Kläger ist auch nicht aus § 823 BGB begründet. Der Beklagte hat keine unerlaubte Handlung im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift begangen, weil er die baulichen Maßnahmen nicht durchgeführt hat und nicht zu ihrer Beseitigung verpflichtet ist. Ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB) kann dem Beklagten nach dem bisher Gesagten ebenfalls nicht vorgeworfen werden.
4. Auch ein Anspruch der Kläger unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kommt nicht in Betracht. Dieses Rechtsinstitut dient nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarlicher Interessenkonflikte (vgl. Senat, BGHZ 113, 384, 389 ff). Hier liegt indes keine Situation vor, die eine solche Korrektur erfordert.
5. Ob die während des Rechtsstreits erfolgte Eigentumsänderung an dem früher dem Beklagten gehörenden Grundstück zum Verlust seiner Passivlegitimation geführt hat, bedarf somit keiner Entscheidung.
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben. Da die Sache nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zur Endentschei-
dung reif ist, hat der Senat abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dies führt zur Abweisung der Klage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Schneider Lemke

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/07 Verkündet am:
1. Februar 2008
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
umfasst auch Vermögenseinbußen, die der Eigentümer oder Besitzer des beeinträchtigten
Grundstücks infolge der Beschädigung sich auf dem Grundstück befindlicher
beweglicher Sachen erleidet (Abgrenzung zu BGHZ 92, 143).
BGH, Urt. v. 1. Februar 2008 - V ZR 47/07 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Im Juni 2004 geriet eine im Eigentum des Beklagten stehende und von ihm genutzte Wohnung infolge eines defekten Küchengeräts in Brand. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen ein Lederwarengeschäft betreibt. Dieser hatte seine Betriebseinrichtung und die Warenvorräte bei der Klägerin versichert; ferner bestand Versicherungsschutz für Betriebsunterbrechungsschäden.
2
Die Klägerin zahlte wegen der an den Warenvorräten durch Rauch, Ruß und Löschwasser entstandenen Schäden 118.510€ an den Geschädigten sowie 17.000 € zum Ausgleich seines Betriebsunterbrechungsschadens. Diese Beträge verlangt sie aus übergegangenem Recht des Geschädigten von dem Beklagten ersetzt.
3
Die Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Feststellung der Anspruchshöhe an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für gegeben. Die durch den Brand in die Geschäftsräume des Geschädigten eingedrungenen Rauch- und Rußpartikel stellten rechtswidrige Immissionen dar. Der Ausgleichsanspruch umfasse den unmittelbar an den Warenvorräten eingetretenen Schaden. Denn er diene als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche , die nach § 862 Abs. 1 BGB auch dem Besitzer des Nachbargrundstücks und damit dem Geschädigten als Mieter zustünden. Hätte dieser seinen Abwehranspruch gegen die von dem Brandereignis ausgehenden Immissionen durchsetzen können, wäre der Schaden an seinen Warenvorräten nicht eingetreten. Das rechtfertige es, sie in den Schutzbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einzubeziehen. Entsprechendes gelte für den Betriebsausfallschaden, soweit er nicht durch die Reinigungs- und Sanierungsarbeiten am Gebäude, sondern möglicherweise auch durch die Dauer der Wiederbeschaffung des Warenbestands bedingt gewesen sei.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht des Geschädigten (§ 67 VVG) ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solcher Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 102 m.w.N.). Hiervon ist auszugehen , wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel - und so auch hier - nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
8
b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, dass sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (vgl. Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992). Der Senat hat bereits entschieden, dass der Eigentümer eines Hauses, welches infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte in Brand gerät, Störer ist (BGHZ 142, 66). Für den Beklagten als Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung gilt nichts anderes (vgl. aber auch Senat, Urt. v. 27. Januar 2006, V ZR 26/05, NJW 2006, 992 für den Fall einer vermieteten Wohnung).
9
2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass sich Inhalt und Umfang des Anspruchs nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung bestimmen (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70 ff.) und dass diese Entschädigung auch die Nachteile erfasst, die der hier Geschädigte infolge der Beeinträchtigung seiner Warenvorräte durch Rauch, Ruß und Löschwasser erlitten hat.
10
a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 106), schützt also wie diese das Eigentum und den Besitz an einem Nachbargrundstück. Die Ausgleichsleistung knüpft an diese Rechtspositionen an; bei einer Besitzstörung richtet sie sich nach dem Vermögenswert, der auf dem Recht beruht, den Besitz innezuhaben. Folgt das Besitzrecht, wie hier, aus einem Mietvertrag über Gewerberäume, ist dies vor allem die Möglichkeit, den Besitz zur Unterhaltung eines Gewerbebetriebes zu nutzen. Daher sind die vermögenswerten Betriebsnachteile auszugleichen, die ihre Ursache in der Besitzstörung haben (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 52 f.).
11
Zu diesen Nachteilen zählen die für eine ungestörte Fortführung des Gewerbebetriebs erforderlichen Aufwendungen. Das umfasst Aufwendungen für den Ersatz von Inventar, von Warenvorräten und ähnlichen Betriebsmitteln, die durch die Besitzstörung beschädigt worden sind (vgl. Senat, aaO, S. 55 für unbrauchbar gewordenes Inventar sowie Senat, BGHZ 155, 99, 106 für eine beschädigte Betriebseinrichtung).
12
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sich auf dem Grundstück befindlichen Betriebsmittel, hier also die Warenvorräte des Geschädigten, infolge einer Beeinträchtigung der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz (vgl. Senat, BGHZ 147, 45, 54 f.: Inventar wird durch den Gebäudeeinsturz zerstört) oder unmittelbar durch die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen beschädigt werden (hier: Schaden unmittelbar an den Waren durch Rauch, Ruß oder Löschwasser). Denn auch der primäre Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 862 Abs. 1 BGB, dessen faktischer Ausschluss durch die Entschädigung kompensiert werden soll, besteht unabhängig davon, welches Schadensbild infolge der drohenden unzulässigen Störung im Einzelnen zu erwarten ist. Entscheidend ist, dass der Schaden an den beweglichen Sachen nicht eingetreten wäre, wenn der Besitzer seinen Unterlassungsanspruch hätte durchsetzen können, und sich damit als Teil der diesem durch die Besitzstörung abverlangten Vermögenseinbuße darstellt.
13
Ebenso wenig ist maßgeblich, ob durch die Besitzstörung hervorgerufene Ertragseinbußen, welche grundsätzlich ebenfalls auszugleichen sind (vgl. Senat , aaO, S. 54) und hier infolge der Notwendigkeit, neue Lederwaren zu beschaffen , eingetreten sein sollen, auf eine Beschädigung des Grundstücks oder darauf befindlicher beweglicher Sachen zurückzuführen sind.
14
b) Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus dem sog. Kupolofen-Fall (BGHZ 92, 143), in dem auf einem Betriebsparkplatz abgestellte Fahrzeuge von Arbeitnehmern durch Staubauswürfe einer benachbarten Schmelzanlage beschädigt worden waren. Die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer gegen den Betreiber des Schmelzofens verneint hat - es fehle an dem erforderlichen Bezug der Schäden zu dem von den Immissionen betroffenen Grundstück - verweist auf die notwendige, im Kupolofen-Fall aber fehlende Haftungsgrundlage für einen solchen Anspruch. Da die klagenden Arbeitnehmer bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes waren (aaO, S. 146), stand ihnen ein Abwehranspruch gegen die Immissionen aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB nicht aufgrund eines Rechts an dem betroffenen Grundstück, sondern nur als Eigentümer oder Besitzer der abgestellten Fahrzeuge zu. Rechte an beweglichen Sachen können - für sich genommen - aber keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch begründen. Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Besitzes an einem Grundstück voraus (vgl. Senat, BGHZ 157, 188, 193). Nichts anderes wird in der Kupolofen-Entscheidung angesprochen, wenn es dort heißt, der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasse Folgeschäden nur, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten.

III.

15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 O 151/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 226/06 -

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 328/07 Verkündet am:
11. Februar 2009
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Oktober 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war bis zum 1. Juli 2002 Gesellschafter und Geschäftsführer der damals als M. Vertriebsgesellschaft mbH firmierenden Beklagten zu 1, die einen Textilhandel betreibt. Am 12. Juli 2002 verkaufte und übertrug er dem Beklagten zu 2 seine Anteile an der Beklagten zu 1, zu deren Geschäftsführer dieser inzwischen bestellt worden war. Der Kläger und der Beklagte zu 2 unterzeichneten einen als "Aufrechnungsvereinbarung" überschriebenen Vertrag, und ließen ihre Unterschriften notariell beglaubigen. Ferner schlossen sie einen notariell beurkundeten "GmbH-Geschäftsanteils-Kauf- und Übertragungsver- trag". In der Aufrechnungsvereinbarung, nicht aber in dem GmbHGeschäftsanteils -Kauf- und Übertragungsvertrag ist – neben weiteren Vereinbarungen – bestimmt: "Die Kraftfahrzeuge Mercedes S 600 Coupé, ML 55 AMG und Motorräder gehen in das Eigentum von Herrn P. [= Kläger] über. Für diese Fahrzeuge wird Herrn P. kein Entgelt berechnet. Den Zeitpunkt der Übernahme der Verfügungsmach[t] über die vorbenannten Fahrzeuge wird von Herrn V. P. selbst bestimmt."
2
Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Kraftfahrzeuge Mercedes S 600 Coupé, Mercedes ML 55 AMG und des Motorrads Harley Davidson V-Rod. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Dezember 2002 forderte der Kläger die Beklagten unter Fristsetzung und Nachfristsetzung vergeblich zur Übereignung und Herausgabe der Kraftfahrzeugbriefe für die Fahrzeuge auf. Dabei wies er darauf hin, dass er die Möglichkeit habe, die Fahrzeuge zum Jahresende zu einem Gesamtpreis von 190.000 € netto an einen Interessenten zu veräußern , und dass dieses Geschäft ohne Herausgabe der Fahrzeugbriefe nicht zustande kommen würde. In der Folgezeit gelangten das Motorrad Harley Davidson und das Kraftfahrzeug Mercedes S 600 Coupé wieder in den Besitz der Beklagten. Durch Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Berlin vom 10. September 2003 wurden die Beklagten zur Übereignung aller drei Fahrzeuge, zur Herausgabe der drei Kraftfahrzeugbriefe sowie zur Herausgabe der beiden im Besitz der Beklagten befindlichen Fahrzeuge verurteilt. Die Ziffern 1. bis 3. des Urteilstenors lauten wie folgt: "1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger das Eigentum an dem Mercedes S 600 Coupé, amtliches Kennzeichen , an dem Mercedes ML 55 AMG, amtliches Kennzeichen , sowie an dem Motorrad Harley Davidson V-Rod, amtliches Kennzeichen , zu übertragen. 2. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Kraftfahrzeugbriefe für die unter Ziffer 1. benannten Fahrzeuge an den Kläger herauszugeben , 3. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Mercedes S 600 Coupé, amtliches Kennzeichen sowie das Motorrad Harley Davidson V-Rod, amtliches Kennzeichen an den Kläger herauszugeben."
3
Gegen dieses Urteil legten die Beklagten Berufung ein, die sie in der Folge wieder zurücknahmen. Zur Herausgabe des Mercedes S 600 Coupé und des Motorrads Harley-Davidson sind die Beklagten außerstande, weil sie diese Fahrzeuge anderweitig veräußert haben. Anfang des Jahres 2004 kam das bis dahin im Besitz des Klägers befindliche Fahrzeug Mercedes ML 55 AMG abhanden.
4
Der Kläger hat die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 190.000 € nebst Zinsen in Anspruch genommen und dazu unter Beweisantritt vorgetragen, er hätte den Mercedes S 600 Coupé, den Mercedes ML 55 AMG sowie das Motorrad Harley-Davidson bis zum 31. Januar 2003 zum Preis von jeweils 105.000 €, 60.000 € sowie 25.000 € an die R. T. mit Sitz in K. veräußern können. Der Kaufvertrag sei nur deshalb nicht zustande gekommen, weil sich die Kraftfahrzeugbriefe nicht in seinem Besitz befunden hätten. Die Beklagten haben hilfsweise mit einem von ihnen geltend gemachten Schadenersatzanspruch wegen der ihnen im Vorprozess entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 34.379,75 € aufgerechnet und dazu vorgetragen, der Kläger habe im Vorprozess einen nicht vollstreckbaren Titel erlangt.
5
Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage Zahlung in Höhe von 97.633,34 € verlangt. Die Beklagte zu 1 trägt vor, der Kläger habe als Geschäftsführer der in der Ukraine tätigen C. durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen bewirkt, dass von der Beklagten zu 1 bestellte Waren an die C. geliefert wurden. Zu diesem Zweck habe der Kläger an die Lieferanten Schreiben mit dem Inhalt gesandt, die Beklagte zu 1 sei in zwei Gesellschaften aufgeteilt worden und für den ukrainischen Markt sei die C.
gegründet worden, an die nunmehr die bereits bestellten Waren geliefert werden sollten. Der Beklagten zu 1 sei dadurch ein Schaden in Höhe von 52.443,14 € für geleistete Anzahlungen für die bestellten, aber nicht gelieferten Waren entstanden. Ferner sei ihr in Höhe von 45.190,20 € Gewinn aus der geplanten Weiterveräußerung der Waren entgangen.
6
Das Landgericht hat die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage und der Widerklage zur Zahlung von 145.000 € nebst Zinsen verurteilt, wobei es den Wert des Mercedes S 600 Coupé auf 60.000 €, den Wert des Mercedes ML 55 AMG nebst Einbauten auf 65.000 € sowie den Wert des Motorrads Harley-Davidson auf 20.000 € geschätzt hat. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage wegen des Schadensersatzanspruchs für den Mercedes ML 55 AMG abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 18.299,76 € nebst Zinsen verurteilt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Mit der Anschlussrevision erstreben die Beklagten Klagabweisung; die Beklagte zu 1 verfolgt ihren Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
9
Dem Kläger stehe gegen die Beklagten wegen des anderweitigen Verkaufs des Kraftfahrzeugs Mercedes S 600 Coupé und des Motorrads HarleyDavidson V-Rod der vom Landgericht zuerkannte Schadensersatzanspruch in Höhe von 80.000 € zu (§§ 281, 280 BGB), weil die Beklagten ihm gegenüber ihren Leistungspflichten zur Übereignung dieser Fahrzeuge nicht nachgekommen seien. Der Kläger sei aufgrund der Aufrechnungsvereinbarung vom 12. Juli 2002 berechtigt gewesen, die Übertragung des Eigentums an den drei von ihm damals als Geschäftsfahrzeugen genutzten Kraftfahrzeugen zu beanspruchen, wobei dahinstehen könne, dass ihm das Eigentum an diesen Fahrzeugen bereits nach §§ 929, 930 BGB durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts übertragen worden sei. Abgesehen davon ergebe sich die Leistungspflicht der Beklagten auch aus dem nach Berufungsrücknahme rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. September 2003 (22 O 225/03). Gegen dessen Vollstreckbarkeit und materielle Rechtskraft bestünden keine Bedenken, weil die zu Eigentum zu übertragenden Fahrzeuge jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Verkündung des Urteils anhand ihrer Typenbezeichnung und ihrer polizeilichen Kennzeichen für jedermann zweifelsfrei identifizierbar gewesen seien. Zudem ergebe sich aus den Gründen dieser Entscheidung, die für die Konkretisierung des Tenors ergänzend heranzuziehen seien, dass es sich bei den drei Fahrzeugen um die vormaligen Geschäftsfahrzeuge des Klägers handele, so dass auch aus der Sicht der Beklagten an ihrer Leistungspflicht kein Zweifel habe bestehen können. Dass die Beklagten zur Übertragung des Eigentums an dem Mercedes S 600 Coupé und des Motorrads Harley-Davidson V-Rod nicht mehr in der Lage seien, zögen sie selbst nicht in Zweifel.
10
Ein Schadensersatzanspruch wegen des Mercedes ML 55 AMG, dessen Wert das Landgericht mit 65.000 € bemessen habe, stehe dem Kläger aber nicht zu. Das Eigentum an diesem Fahrzeug sei auf den Kläger übergegangen, entweder bereits durch die Aufrechnungsvereinbarung vom 12. Juli 2002 ge- mäß § 929 Satz 2 BGB oder durch die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess, das die Beklagten zur Abgabe der zur Eigentumsübertragung notwendigen Willenserklärungen verpflichtet habe. Die Beklagten seien lediglich verpflichtet gewesen , den Kraftfahrzeugbrief herauszugeben. Der Verlust des Fahrzeugs aus dem Gewahrsam des Klägers Anfang des Jahres 2004 beruhe aber nicht kausal auf der Verletzung dieser Leistungspflicht.
11
Dass der Kläger an einem Verkauf des Fahrzeugs mangels Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs gehindert gewesen sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger hätte die Herausgabe des Briefes vollstrecken und bei vergeblicher Vollstreckung den Brief aufbieten und bei der Zulassungsbehörde einen Ersatzbrief beantragen können. Für den Verlust des Fahrzeugs hätten die Beklagten allein wegen der unterlassenen Herausgabe des Fahrzeugbriefs jedenfalls nicht einzustehen.
12
Die Widerklage der Beklagten zu 1 sei überwiegend unbegründet. Die Beklagte zu 1 begehre Schadensersatz wegen der Umbuchung ihrer Anzahlungen an die F. , Sf. und S. in Höhe von 52.443,14 € und entgangenen Gewinn aus den Geschäften mit der F. , Sf. , T. , B. GmbH, M. und Sa. in Höhe weiterer 45.190,20 €. Der Kläger hafte jedoch – abgesehen von der von ihm veranlassten Umbuchung der Anzahlung der Beklagten zu 1 an die F. in Höhe von 18.299,76 € – nicht auf Schadensersatz (§§ 823, 826 BGB). Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger die behaupteten Umbuchungen der Anzahlungen veranlasst oder wissentlich geduldet habe. Soweit sich die Beklagte zu 1 auf Schreiben der C. berufe, die sie als Anlagen B 19-B 21 vorlege, seien diese Schreiben weder vom Kläger persönlich unterzeichnet noch überhaupt an einen der Lieferanten gerichtet, hinsichtlich derer die Beklagte zu 1 die Umleitung der Anzahlungen geltend mache. Auch lasse sich den Schreiben nicht entnehmen, dass über die bloße künftige Übernahme der Geschäftsbeziehungen hinaus hiermit eine bestimmungswidrige Verwendung bereits geleisteter Anzahlungen der Beklagten zu 1 zugunsten der C. angestrebt werde. Gleiches gelte für das als Anlage B 23 vorgelegte Schreiben der Bi. GmbH & Co KG sowie für die als Anlage B 27 und 28 vorgelegten Schreiben der M. und Sf. . Die von der Beklagten zu 1 benannten Zeugen seien vom Landgericht zu Recht nicht vernommen worden, da sie zu den ausschließlich internen Angelegenheiten in der C. nicht benannt seien. Dem als Anlage B 26 vorgelegten Schreiben der Sf. vom 11. Dezember 2002 lasse sich zudem entnehmen, dass die Beklagte bereits seit Dezember 2002 von dem Sachverhalt gewusst habe, auf den sie ihre erstmals Anfang 2006 erhobene Widerklage gründe, so dass etwaige Schadensersatzforderungen verjährt seien.
13
In Höhe eines Betrages von 18.299,76 € nebst Zinsen sei die Widerklage begründet. Dem von der Beklagten zu 1 als Anlage B 24 vorgelegten Schreiben der F. lasse sich eindeutig entnehmen, dass es aufgrund einer am 27. Juni 2002 erfolgten Weisung des Klägers zu der Umbuchung einer von der Beklagten zu 1 an die F. geleisteten Anzahlung zugunsten der C. gekommen sei. Den durch dieses Schreiben belegten Sachvortrag der Beklagten zu 1 habe der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat und damit verspätet bestritten. Durch diese Weisung habe sich der Kläger nach der Übertragung seiner Geschäftsanteile an den nunmehr geschäftsführenden Alleingesellschafter der Beklagten zu 1 weiterhin als deren Geschäftsführer geriert und hierbei gegen die Pflichten zur Wahrung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns verstoßen , so dass er der Beklagten zu 1 für den daraus entstandenen Schaden gemäß § 43 Abs. 3 (richtig: § 43 Abs. 2) GmbHG persönlich hafte. Zudem habe der Kläger in rechtswidriger Weise in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten zu 1 eingegriffen und sie überdies vorsätzlich sittenwidrig geschädigt (§§ 823, 826 BGB).

II.

14
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand.
15
A) Revision des Klägers
16
1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der pflichtwidrig unterlassenen Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs des Fahrzeugs Mercedes ML 55 AMG nicht verneint werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zu, weil er infolge der Pflichtverletzung der Beklagten das Fahrzeug nicht bereits Ende 2002/Anfang 2003 an die R. verkaufen konnte und dadurch einen Schaden in Höhe des Kaufpreises von 60.000 € erlitten hat.
17
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass die Beklagten die ihnen obliegende Pflicht zur Herausgabe des Fahrzeugbriefs an den Kläger verletzt haben (§ 280 Abs. 1 BGB). Dabei kann offen bleiben, ob – wie das Berufungsgericht meint – dem Kläger das Eigentum an dem Fahrzeug bereits durch die Aufrechungsvereinbarung vom 12. Juli 2002 übertragen oder ob dadurch lediglich ein Anspruch auf Übereignung des Fahrzeugs begründet worden ist. Jedenfalls erwarb er zugleich einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugbriefs für das streitgegenständliche Fahrzeug (§ 952 Abs. 2 BGB in zumindest entsprechender Anwendung; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juni 2007 – X ZR 5/07, NJW 2007, 2844, Tz. 7; BGH, Urteil vom 25. Juni 1953 – IV ZR 20/53, NJW 1953, 1347).
18
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Aufrechungsvereinbarung auch wirksam. Ob sie wegen eines engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2 geschlossenen Kaufvertrag über die Geschäftsanteile ebenfalls notariell hätte beurkundet werden müssen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG; vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1983 – IV a ZR 187/81, NJW 1983, 1843, unter II 1 a), kann dahinstehen. Ein etwaiger Formfehler wurde jedenfalls durch die – nach den vergebenen Nummern der Urkundenrolle unmittelbar danach erfolgte – notariell beurkundete Abtretung des Geschäftsanteils geheilt (§ 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG; vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 1992 – VIII ZR 95/91, GmbHR 1993, 106). Der von den Beklagten gegen die Heilung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG einzig erhobene Einwand, es liege ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG vor, greift nicht durch. Die Beklagten zeigen schon keinen übergangenen Vortrag dazu auf, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Beklagten zu 1 angegriffen worden sei.
19
b) Die den Beklagten zur Übereignung des Kraftfahrzeugs und zur Herausgabe des Fahrzeugbriefs im Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17. Dezember 2002 gesetzte Frist, gegen deren Angemessenheit die Beklagten keine Einwände erhoben haben, ist erfolglos abgelaufen, so dass der Kläger von den Beklagten wegen der unterlassenen Herausgabe Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem Schadensersatzanspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger nach Fristablauf zunächst weiterhin Erfüllung verlangt hat. Die (weitere) Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs hebt auch dann, wenn sie im Wege der Klage erfolgt, die Folgen der erfolglosen Fristsetzung gegenüber dem vertragsbrüchigen Schuldner nicht auf (BGH, Urteil vom 20. Januar 2006 – V ZR 124/05, NJW 2006, 1198, Tz. 16 ff.). Nur der Anspruch auf Erfüllung wird durch die Geltendmachung des sekundären Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 Abs. 1 BGB ausgeschlossen (§ 281 Abs. 4 BGB). Umgekehrt lässt dagegen das Erfüllungsverlangen des Gläubigers dessen Befugnis unberührt, zu einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung überzugehen oder den Rücktritt zu erklären, selbst wenn es nach fruchtlosem Fristablauf nochmals geltend gemacht wird (ebenda, Tz. 19).
20
c) Der Gläubiger, der einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung hat, kann verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung des Nichterfüllungsschadens bedarf es daher eines Vergleichs zwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte, und der durch die Nichterfüllung tatsächlich entstandenen Vermögenslage. Grundsätzlich ist der Schaden konkret zu ermitteln, also unter Darlegung im einzelnen, wie sich die Vermögenslage bei vertragsgemäßem Verhalten entwickelt hätte und wie sie sich tatsächlich entwickelt hat (Senatsurteil vom 27. Mai 1998 – VIII ZR 362/96, NJW 1998, 2901, unter II 2 a; BGH, Urteil vom 24. September 1999 – V ZR 71/99, NJW 1999, 3625, unter II 2, jeweils zu § 326 Abs. 1 BGB aF und m.w.N.; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., Vor § 281 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 2. Aufl., § 281 Rdnr. 34, 36; Staudinger/Otto, BGB (2004), § 281 Rdnr. B 152, B 155).
21
Vorliegend macht der Kläger den ihm konkret durch das Scheitern eines angebahnten Weiterverkaufs entstandenen Schaden geltend und trägt dazu vor, dass er ohne das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten das Fahrzeug bereits Ende 2002/Anfang 2003 an die R. veräußert und dabei einen Kaufpreis in Höhe von 60.000 € erzielt hätte.
22
Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht einen auf diese Berechnung gestützten Schadensersatzanspruch mit der Erwägung, der Kläger habe aufgrund des erwirkten Titels die Herausgabe des Fahrzeugbriefs vollstrecken, bei vergeblicher Vollstreckung einen Ersatzbrief beantragen und auf diesem Weg den Verkauf des Fahrzeugs durchführen können. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil das – vorläufig vollstreckbare – Urteil des Landgerichts Berlin in dem Rechtsstreit 22 O 225/03 (im Folgenden: Vorprozess) erst am 10. September 2003 erging, während das Kaufangebot der R. nur bis zum 31. Januar 2003 bestand.
23
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es auch nicht darauf an, ob zwischen der Nichterfüllung und dem Abhandenkommen des Fahrzeugs ein kausaler Zusammenhang besteht. Das spätere Abhandenkommen des Fahrzeugs hat auf die Höhe des durch das Scheitern des Weiterverkaufs eingetretenen Schadens, der in dem entgangenen Kaufpreis in Höhe von 60.000 € besteht, keinen Einfluss. Es führt lediglich dazu, dass der Kläger, dessen Erfüllungsanspruch durch das Schadensersatzverlangen gemäß § 281 Abs. 4 BGB erloschen ist, das bereits empfangene Fahrzeug nicht gemäß § 281 Abs. 5, § 346 Abs. 1 BGB zurückgewähren kann. Ob er als Rückgewährschuldner in diesem Fall Wertersatz zu leisten hätte, bestimmt sich nach § 346 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3 BGB.
24
Da das Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend – zu dem Vortrag des Klägers keine Feststellungen getroffen hat, ist er zugunsten der Revision als zutreffend zu unterstellen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der vom Kläger zu dem Angebot der Firma R. benannte Zeuge zu vernehmen.
25
2. Die Revision des Klägers hat auch insoweit Erfolg, als er sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz an die Beklagte zu 1 in Höhe von 18.299,76 € wendet.
26
a) Das Berufungsgericht hat eine Haftung des Klägers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG bejaht, weil sich aus dem von der Beklagten zu 1 als Anlage B 24 vorgelegten Schreiben der F. ergebe, dass der Kläger am 27. Juni 2002 die Übernahme des von der Beklagten zu 1 mit der F. geschlossenen Kaufvertrages durch die C. veranlasst habe. Es lässt dabei außer Acht, dass die von ihm angenommene Weisung am 27. Juni 2002, mithin vor dem Abschluss des GmbH-Geschäftsanteils-Kauf- und Übertragungsvertrages und zu einem Zeitpunkt erfolgt sein soll, als der Kläger noch Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten zu 1 war.
27
Nach § 43 Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden (§ 43 Abs. 2 GmbHG). Die Gesellschaft hat aber keinen Anspruch aus § 43 Abs. 1 GmbHG, wenn der Geschäftsführer zugleich der alleinige Gesellschafter ist (BGHZ 31, 258, 278; BGHZ 119, 257, 261).
28
Feststellungen dazu, ob der Kläger am 27. Juni 2002 Alleingesellschafter der Beklagten zu 1 war, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es stellt lediglich fest, nach der Geschäftsanteilsübertragung am 12. Juli 2002 sei der Beklagte zu 2 nunmehriger Alleingesellschafter geworden, was sowohl die Deutung zulässt, dass der Kläger zuvor sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1 gehalten hat, als auch, dass er und der Beklagte zu 2 bis zu diesem Zeitpunkt Mitgesellschafter waren. Da somit zugunsten der Revision zu un- terstellen ist, dass der Kläger vor der Anteilsübertragung Alleingesellschafter war, kann das Berufungsurteil schon deshalb keinen Bestand haben. Auch die vom Berufungsgericht bejahte Haftung des Klägers wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) scheidet aus, weil der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 nicht in den Gewerbebetrieb eines anderen eingegriffen hat. Eine Haftung des Klägers aus § 826 BGB kommt nur in einem – nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht vorliegenden – Ausnahmefall in Betracht (vgl. BGHZ 173, 246, Tz. 30 ff.).
29
b) Zutreffend macht die Revision ferner geltend, dass das Berufungsgericht den im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgten Vortrag des Klägers zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Kläger hat ausdrücklich bestritten, dass er der F. eine Anweisung zu Umbuchungen erteilt habe, nachdem ihn das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, dass sich nach seiner Auffassung eine solche Anweisung aus dem Schreiben der F. (Anlage B 24) ergebe. Er hat ferner unter Beweisantritt vorgetragen, dass die von der Beklagten zu 1 geleistete Anzahlung nicht der C. , sondern der Beklagten zu 1 gutgeschrieben worden sei. Diesen – erheblichen – Vortrag durfte das Berufungsgericht nicht als verspätet zurückweisen, denn ein Hinweis nach § 139 ZPO macht (selbstverständlich) nur dann Sinn, wenn der Partei zugleich Gelegenheit gegeben wird, auf den Hinweis zu reagieren, und ein daraufhin gehaltener Sachvortrag auch berücksichtigt wird (Senatsurteil vom 27. November 1996 – VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441, unter II 2 b; BGH, Beschluss vom 28. September 2006 – VII ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17, Tz. 4).
30
B) Anschlussrevision der Beklagten
31
1. Die Anschlussrevision der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Revision zulässig. Im Hinblick auf die Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO, nach der die Statthaftigkeit der Anschließung nicht voraussetzt, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision zugelassen worden ist, kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGHZ 155, 189, 191 f.; Senatsurteil vom 26. Juli 2004 – VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, unter B 1). Unzulässig ist sie nur dann, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244, Ls., Tz. 38).
32
So liegt es hier nicht. Entgegen der Ansicht der Revision besteht auch hinsichtlich der Widerklage zwischen den Streitgegenständen der Haupt- und der Anschlussrevision der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang. Die Beklagte zu 1 macht gegen den Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen einer von ihr behaupteten Täuschung ihrer Lieferanten durch den Kläger geltend. Es handelt sich um den Vorwurf der Täuschung verschiedener Lieferanten , von denen nur eine – die behauptete Täuschung der F. – Gegenstand der Hauptrevision ist. Anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. November 2007 (aaO, Tz. 42) betreffen die Ansprüche aber nicht voneinander verschiedene Vertragsverhältnisse, denen lediglich gemein wäre, dass sie auf einer vergleichbaren vertraglichen Grundlage durchgeführt wurden. Es handelt sich hier vielmehr um den Vorwurf gleichartiger , zum Nachteil der Beklagten zu 1 durch den Kläger begangener Täuschungen , denen deshalb zumindest ein wirtschaftlicher Zusammenhang innewohnt. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der friedferti- gen Partei die Anschließungsmöglichkeit für den Fall zu eröffnen, dass der Gegner die Entscheidung wider Erwarten angreift (BGH, Urteil vom 22. November 2007, aaO, Tz. 39 m.w.N.), erfasst auch den hier vorliegenden Fall.
33
2. Die Anschlussrevision der Beklagten hat aber keinen Erfolg.
34
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen der anderweitigen Veräußerung des Kraftfahrzeugs Mercedes S 600 Coupé und des Motorrads Harley-Davidson V-Rod bejaht. Die Beklagten können ihre sich aus dem Urteil im Vorprozess ergebende Pflicht zur Übereignung der Fahrzeuge an den Kläger nicht mehr erfüllen, weil sie die Fahrzeuge an Dritte veräußert haben. Sie haften dem Kläger daher auf Schadensersatz (§ 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB).
35
Soweit die Anschlussrevision geltend macht, das Urteil im Vorprozess sei unwirksam und könne keine Rechtswirkungen erzeugen, weil sein Tenor unbestimmt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Das Landgericht Berlin hat die Beklagten verurteilt, dem Kläger das Eigentum an dem Kraftfahrzeug Mercedes S 600 Coupé mit dem amtlichen Kennzeichen und an dem Motorrad Harley-Davidson V-Rod mit dem amtlichen Kennzeichen zu übertragen. Widersprüche oder Unklarheiten, die zu einer Unwirksamkeit des Urteils führen könnten, ergeben sich daraus nicht. Es ist zwar richtig, dass die Fahrzeuge in dem Urteil entgegen der üblichen Verfahrensweise nur mit Typ und amtlichem Kennzeichen, nicht aber mit der Fahrgestellnummer bezeichnet worden sind (vgl. MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 253 Rdnr. 146). Soweit deshalb zwischen den Beteiligten Streit über die Tragweite der Urteilsformel entstanden wäre, hätte der Kläger gegebenenfalls Klage auf Feststellung erheben können, um die aufgetretene Zweifelsfrage zu klären und die Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, die der erstrebten Durchsetzung des im ers- ten Verfahren bereits rechtskräftig festgestellten Anspruchs entgegengestanden hätten (vgl. BGHZ 36, 11, 14). Die Beklagten machen aber selbst nicht geltend, dass unklar sei, um welche Fahrzeuge es sich handele.
36
Das Berufungsgericht hat deshalb auch zu Recht angenommen, dass den Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen der ihnen entstandenen Kosten im Vorprozess, mit dem sie hilfsweise die Aufrechnung erklärt haben, zusteht. Die Rüge der Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe sich mit der Hilfsaufrechnung nicht auseinandergesetzt und dem Urteil fehle es insoweit an Gründen (§ 547 Nr. 6 ZPO), greift nicht durch.
37
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner den von der Beklagten zu 1 mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der von der Beklagten zu 1 behaupteten Täuschung ihrer Lieferanten durch den Kläger verneint (§§ 823, 826 BGB).
38
Soweit die Anschlussrevision rügt, das Berufungsgericht setze sich unter Verletzung von § 286 ZPO mit dem Vortrag der Beklagten zu 1 und deren Beweisangeboten nicht ausreichend auseinander, greift diese Rüge nicht durch. Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. An die Feststellungen und die Würdigung des Tatrichters ist das Revisionsgericht gebunden. Revisionsrechtlich kann nur überprüft werden, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Dies gilt auch, soweit der Tatrichter Indizien zu würdigen hat (st. Rspr., BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, unter II 3).
39
Nach diesen Maßstäben ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung nicht zu beanstanden. Mit Ausnahme der behaupteten Täuschung in Bezug auf den Liefervertrag mit der F. , die Gegenstand der Hauptrevision ist, hat die Beklagte zu 1 Zeugenbeweis für die behaupteten Täuschungshandlungen durch den Kläger nicht angeboten. Sie hat in der Berufungsbegründung vorgetragen, der Kausalitätszusammenhang ergebe sich insoweit aus einer Indizienkette, und dazu als Anlagen B 19 bis B 21 – nicht vom Kläger unterschriebene – Schreiben der C. sowie als Anlage B 22 bis B 28 Schreiben verschiedener Lieferanten vorgelegt.
40
Die Anschlussrevision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht erheblichen , unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zu 1 übergangen hat. Soweit die Anschlussrevision rügt, dass das Berufungsgericht die Zeugen A. W. und R. We. nicht vernommen hat, sind diese nicht zu den behaupteten Täuschungshandlungen des Klägers benannt worden.
41
Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision ist ferner revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht sich allein auf der Grundlage der von der Beklagten vorgelegten Schreiben nicht davon hat überzeugen können , dass der Kläger die behaupteten Täuschungshandlungen tatsächlich begangen hat. Die – nicht vom Kläger unterschriebenen – Schreiben der C. sind nicht an Lieferanten gerichtet, hinsichtlich derer die Beklagte zu 1 Schadenersatzansprüche geltend macht, und belegen über die angestrebte künftige Übernahme der Geschäftsbeziehungen hinaus nicht eindeutig, dass eine Lieferung der von der Beklagten zu 1 bereits bestellten Waren an die C. erfolgen sollte. Soweit die sonstigen Schreiben überhaupt von Unternehmen stammen, die Lieferungen nicht ausgeführt haben sollen, belegen auch sie das von der Beklagten zu 1 behauptete Vorgehen des Klägers nicht zweifelsfrei. Aus dem vorgelegten Schreiben der Sf. (Anlage B 26) ergibt sich lediglich, dass der Kläger die Sf. gebeten haben soll, von ihm bestellte Waren an die C. zu liefern. Ob es sich insoweit um Bestellungen der Beklagten zu 1 oder später erfolgte – eigene – Bestellungen des Klägers handelt, wird nicht deutlich. Aus dem vorgelegten Schreiben der M. (Anlage B 27) ergibt sich bereits nicht, dass der Kläger gehandelt hat. Aus dem vorgelegten Schreiben der Sa. (Anlage B 28) ergibt sich zwar, dass der Kläger die Weisung erteilt haben soll, einen bestimmten Betrag zugunsten der C. zu verbuchen; nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1 wurde ihr dieser Betrag aber wieder erstattet. Auf die weitere Frage, ob auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts zutrifft, und die geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus §§ 823, 826 BGB wegen der Umleitung der Warenlieferungen der Sf. verjährt sind, kommt es im Ergebnis deshalb nicht mehr an.

III.

42
Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist; mangels Entscheidungsreife ist die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO). Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 10.05.2006 - 3 O 441/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.10.2007 - 14 U 115/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 166/99 Verkündet am:
19. Februar 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Bei einem bereits vollzogenen Dauerschuldverhältnis kann ein Rücktritt auch
dann in Betracht kommen, wenn eine vollständige Rückabwicklung unschwer
möglich und nach der Interessenlage der Beteiligten sachgerecht ist.
BGH, Urt. v. 19. Februar 2002 - X ZR 166/99 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wird das am 7. September 1999 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde der Sparkasse Mecklenburg Nordwest, Am Markt 15 in 23966 Wismar, dortiges Zeichen: 10-160, Avalkonto Nr. 70 0000 3663 über 238.350,-- DM vom 1. Juni 1995 verurteilt hat, als das Berufungsgericht die Widerklage über das landgerichtliche Urteil hinaus wegen einer Forderung von mehr als 132.445,50 DM (Entwicklungskosten) abgewiesen, sowie die Anschlußberufung der Beklagten zurückgewiesen hat, und soweit das Berufungsgericht die Klage in Höhe von mehr als 270,-- DM abgewiesen hat.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem am 4./6. Juli 1994 geschlossenen Vertrag und über die Frage, wann das Vertragsverhältnis beendet worden ist.
In dem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin, einen Multiwarn-PhotoIonisations -Detektor (PID) zu entwickeln, herzustellen und an die Beklagte zu liefern. Bei diesem Detektor handelt es sich um ein tragbares batteriegetriebenes Gerät zur Aufdeckung und Messung von Luftschadstoffen, organisch ionisierbarer Gase und Dämpfe.
In der Präambel des Vertrages erklärte die Klägerin, daû sie "das Knowhow für die Entwicklung und die Produktion" eines PID besitze, die Beklagte, daû sie "das Wissen über die Anwendung und Märkte" besitze. In § 2 des Ver-
trages übernahm die Beklagte von den Entwicklungskosten für das Vertragsprodukt , die dort mit insgesamt 191.950,-- DM angegeben werden, maximal einen Betrag von 115.170,-- DM. 40 % der Entwicklungskosten sollten "voraussichtlich" im Rahmen des Programms "Auftragsforschung und -entwicklung West-Ost (AWO)" übernommen werden. Die Klägerin verpflichtete sich weiter, die Beklagte weltweit auf ausschlieûlicher Basis mit dem Vertragsprodukt zu beliefern. Die Parteien vereinbarten dazu eine Mindestabnahmemenge. Auûerdem vereinbarten die Parteien, daû der von der Beklagten zu entrichtende Preis für die Basisversion des Geräts 2.100,-- DM betragen sollte. Für die Bestellungen des Vertragsprodukts war Schriftform vorgesehen.
Die Beklagte zahlte in der Zeit vom 8. September 1994 bis 16. April 1996 in Teilbeträgen Entwicklungskosten in Höhe von insgesamt 132.445,50 DM; auûerdem zahlte die Beklagte für von ihr bestellte Geräte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 274.102,50 DM und 409.823,83 DM, insgesamt 683.926,33 DM.
Ende des Jahres 1995 lieferte die Klägerin die ersten Geräte. An diesen beanstandete die Beklagte, daû die Meûergebnisse von der jeweiligen Luftfeuchtigkeit abhängig seien. Die Klägerin erklärte sich zur Behebung der Beanstandungen bereit, auf ihre Kosten Feuchte-Kalibratoren zu entwickeln, was die Beklagte auch akzeptierte. Nachdem die Klägerin entsprechende Maûnahmen durchgeführt hatte und bei der Beklagten mit einem Prototyp Probemessungen vorgenommen worden waren, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 10. April 1996 mit, daû aus ihrer, der Beklagten, Sicht die Entwicklungsphase abgeschlossen sei. Zugleich bestätigte sie, daû die Serien-
produktion bei der Klägerin angelaufen sei, obwohl es in Zukunft noch kleinere Nacharbeiten geben werde.
In der Zeit nach dem 10. April 1996 stellte die Beklagte an ausgelieferten Geräten Meûfehler fest, die von der Klägerin auch eingeräumt wurden. Die Beklagte forderte sie daraufhin auf, die im schriftlichen Vertrag vom 4./6. Juli 1994 angegebene Fehlermarge von +/- 30 % einzuhalten. Die Klägerin erwiderte , daû auf der Grundlage weiterer Meûreihen von maximalen Fehlern von - 80 % bis zu + 100 % ausgegangen werden müsse. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1996 bezeichnete die Beklagte diese Meûungenauigkeiten als nicht akzeptabel und setzte eine Frist zur Nachbesserung bis zum 12. März 1997. Sie verband dies mit der Androhung, die Annahme des Gerätes nach Fristablauf abzulehnen. Vorsorglich sprach sie die fristgerechte Kündigung des Vertrages zum 31. Dezember 1998 aus. Nachdem die von der Beklagten nochmals bis zum 26. März 1997 verlängerte Frist erfolglos verstrichen war, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 1. April 1997 den Vertrag für beendet.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst neben der Feststellung, daû ihr Vertrag mit der Beklagten nicht mit Ablauf des 26. März 1997 beendet gewesen sei, die Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde über 238.350,-- DM verlangt. Diese hatte die Klägerin der Beklagten bei Vertragsschluû als Sicherheit für eine Vorauszahlung in Höhe von 238.350,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer für von der Klägerin später zu liefernde Geräte gestellt. Auûerdem hat die Klägerin einen Betrag von 12.615,73 DM für fünf gemäû Rechnung vom 15. Mai 1997 gelieferte Geräte und für diverse Ersatzteile beansprucht.
Die Beklagte hat widerklagend die Erstattung der Entwicklungskosten und der Zahlungen verlangt, die sie für die von der Klägerin gelieferten Geräte erbracht hat, Zug um Zug gegen Rückgabe der gelieferten Geräte und der Bürgschaftsurkunde.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin zur Zahlung von 696.061,83 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe von 237 Multiwarn-PID-Geräten und der Bürgschaftsurkunde verurteilt. Das Landgericht hat die auf Zahlung gerichtete Widerklage in Höhe eines Betrages von 120.310,-- DM abgewiesen, weil die Beklagte nur noch zur Rückgabe von 237 Geräten in der Lage sei. Für diejenigen Geräte, die sie nicht mehr zurückgeben könne, sei der vereinbarte Preis von der Schadenssumme abzusetzen, was für 53 Geräte 120.310,-- DM ausmache.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert: Es hat die Beklagte zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verurteilt und die Klage im übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auch die Anschluûberufung der Beklagten zurückgewiesen, mit der diese die Feststellung begehrt hat, daû sich die Klägerin mit der Rückgabe der 237 Geräte sowie der Bürgschaftsurkunde in Annahmeverzug befinde und daû die Rückgabe der vorbezeichneten Geräte sowie der Bürgschaftsurkunde am Geschäftssitz der Beklagten vorzunehmen sei.
Mit der Revision - soweit der Senat sie angenommen hat - begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit das Berufungsgericht die Beklagte zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verurteilt hat, sowie auf die Widerkla-
ge die Verurteilung der Klägerin zur Rückzahlung der für die Lieferung der PID-Multiwarngeräte gezahlten Beträge, ferner verfolgt sie die mit der Anschluûberufung erstrebte Feststellung weiter.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels und verfolgt mit ihrer Anschluûrevision ihre Zahlungsklage, soweit diese 270,-- DM übersteigt, sowie ihren Antrag weiter festzustellen, daû der Vertrag vom 4./6. Juli 1994 zwischen den Parteien über die Entwicklung, Herstellung und Lieferung eines von der Beklagten unter der Bezeichnung D. Multiwarn-PID auf den Markt gebrachten Photo-Ionisations-Detektors nicht mit Ablauf des 26. März 1997 beendet gewesen sei.
Die Beklagte tritt der Anschluûrevision entgegen.

Entscheidungsgründe:


I. Die Revision der Beklagten ist, soweit der Senat sie angenommen hat, begründet. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daû die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 1. April 1997 das Vertragsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund gekündigt habe. Es hat angenommen, der Beklagten stehe aus diesem Grunde weder ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäû § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB zu, noch könne sie Rückabwicklung des Vertrages nach erfolgtem Rücktritt verlangen. Neben dem Recht der Kündigung bestehe ein Rücktrittsrecht nicht.

Diese Annahme des Berufungsgerichts rügt die Revision zu Recht, soweit es um die Vergütung für Geräte geht, die die Klägerin der Beklagten geliefert hat. Zwar tritt bei einem Dauerschuldverhältnis, als das das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgelegt hat, auch nach der hier noch maûgeblichen , bis Ende 2001 geltenden Rechtslage in der Regel die Kündigung an die Stelle des Rücktritts, wenn der Vertrag bereits vollzogen ist (BGHZ 50, 312, 315; BGH, Urt. v. 6.2.1985 - VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124; Urt. v. 25.3.1987 - VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004, 2006). Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof aber nur für den Regelfall aufgestellt, weil die Parteien eines Dauerschuldverhältnisses im allgemeinen kein Interesse haben, wegen einer nachträglich eingetretenen Störung auch die bereits erbrachten Leistungsteile rückgängig zu machen. Besteht ausnahmsweise ein derartiges Interesse, kann auch bei einem Dauerschuldverhältnis ein Rücktrittsrecht oder ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommen (BGH, Urt. v. 6.2.1985 - VIII ZR 15/84, NJW 1986, 124; Urt. v. 25.3.1987 - VIII ZR 43/86, NJW 1987, 2004, 2006). Das gleiche kann dann gelten, wenn - etwa bei Störungen bereits der ersten Lieferungen - eine vollständige Rückabwicklung des Vertrages unschwer möglich und nach der Interessenlage auch sachgerecht ist. Schlieûlich kommt ein Vorgehen nach § 326 AGB a.F. auch hinsichtlich der jeweiligen einzelnen Teillieferung in Betracht, wenn insoweit Leistungsstörungen eingetreten sind.
Ein solcher Sachverhalt kann hier auch dann vorliegen, wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, daû die Entwicklungskosten, die die Beklagte übernommen hatte, nach der Art der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehung von einer Rückforderung ausgeschlossen sein sollten.
Ein Ausschluû des Rücktrittsrechts auch hinsichtlich der gelieferten Geräte läût sich daraus nicht ohne weiteres herleiten. Waren diese mangelhaft, so folgt allein aus dem Umstand, daû die Parteien ein auf die Entwicklung solcher Vorrichtungen und deren Vertrieb gerichtetes Dauerschuldverhältnis vereinbart hatten, nicht, daû der Beklagten die in einem solchen Fall bestehenden allgemeinen Rechte, insbesondere die aus den §§ 325 f. a.F., 633 f. BGB, verwehrt bleiben sollten.
Nach Abschluû der Entwicklungsphase schuldete die Klägerin die Lieferung von Geräten, die den vertraglichen Vorgaben entsprachen. Von diesem Risiko war sie nicht deswegen entlastet, weil sie sich der Beklagten gegenüber verpflichtet hatte, ein solches Gerät zu entwickeln. Die Geräte, die die Klägerin geliefert hat, genügten nach Darstellung der Beklagten nicht den vertraglichen Anforderungen. Demgemäû ist, da das Berufungsgericht zu diesem Vortrag Feststellungen nicht getroffen hat, im Revisionsverfahren von deren Mangelhaftigkeit auszugehen. Insoweit hat das Berufungsgericht auch nicht erörtert, ob die Beklagte mit Blick hierauf ein Interesse an der Rückabwicklung der bereits erbrachten Leistungsteile hat, sondern hat weitere Ansprüche neben dem Kündigungsrecht von vornherein ausgeschlossen.
Bei der mithin zu klärenden Frage, ob die von der Klägerin gelieferten Geräte den vertraglichen Anforderungen genügten oder mangelhaft waren, kommt dem Schreiben der Beklagten vom 10. April 1996 besondere Bedeutung zu. Das Berufungsgericht hat - allerdings ausgehend von der fehlerhaften Annahme , neben dem Kündigungsrecht kämen weitere Ansprüche der Beklagten nicht in Betracht - dem Schreiben zwar entnommen, daû damit die Entwicklungsphase abgeschlossen gewesen sei. Es hat dem aber keine Bedeutung
beigemessen, weil auch nach Beginn der Serienproduktion beide Parteien verpflichtet gewesen seien, an der Verbesserung des Geräts zu arbeiten. Es hat insbesondere nicht geprüft, ob sich mit dieser Erklärung der Beklagten die Leistungspflicht der Klägerin auf das Ergebnis ihrer Entwicklungsarbeit beschränken sollte und welche Anforderungen an dieses Gerät im Einzelnen zu stellen sind. Dazu bedarf es einer Auslegung dieser Erklärung, die dem Senat verschlossen ist. Nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages - wie ihn das Berufungsgericht verstanden hat - war es Sache der Beklagten zu bestimmen, wann und unter welchen Voraussetzungen die Entwicklung des Geräts abgeschlossen war und die Serienproduktion aufgenommen werden sollte. Vor diesem Hintergrund erscheint es denkbar, daû die Klägerin der vom Berufungsgericht festgestellten Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 10. April 1996 hat entnehmen können, daû sich die Leistungspflicht auf Geräte nach Maûgabe der nunmehr vorliegenden von der Klägerin nachgebesserten Prototypen beschränken sollten, deren Produktion also Gegenstand der nunmehr einsetzenden Herstellungspflichten war.
Sollte die Erklärung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 10. April 1996 aus der Sicht der Klägerin als Empfängerin des Schreibens nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen sein, daû damit der Vertragsgegenstand auf den Prototyp des Geräts konkretisiert wurde, mit dem bei der Beklagten zuvor Probemessungen durchgeführt worden waren, so waren die im Anschluû an das Schreiben gelieferten Geräte mangelhaft, wenn sie von diesen Anforderungen abwichen. Bei der für eine Beurteilung erforderlichen weiteren Auslegung des Schreibens wird das Berufungsgericht die Begleitumstände und die Interessenlage zu berücksichtigen haben. Die Beurteilung der Mangelhaftigkeit oder Mangelfreiheit hängt maûgeblich davon ab, ob und in welchem Umfang die
Klägerin der Äuûerung der Beklagten entnehmen konnte, diese sei mit dem Erreichten zufrieden, oder davon ausgehen muûte, daû die Beklagte mit ihrer Erklärung die Vorstellung bestimmter Eigenschaften, insbesondere im Hinblick auf die Meûtoleranzen verband. Dafür, daû sie auch aus der Sicht der Klägerin insoweit die Einhaltung enger Toleranzen erwartete, könnte sprechen, daû diese nicht nur den Anlaû für die vorausgegangenen Nachbesserungen der Klägerin gebildet hatten, sondern nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den der Erklärung der Beklagten vorausgegangenen Versuchen, Fehler nur noch in engen Grenzen aufgetreten waren. Bei diesem Verständnis der Zustimmung der Beklagten hätte die Übereinstimmung der Serienmodelle mit dem Muster allein zur Feststellung der Mangelfreiheit nicht genügt. Auch für diese Bewertung reichen die bisher getroffenen Feststellungen nicht aus. Das Berufungsgericht hat es für maûgeblich gehalten, daû das Risiko, das der Entwicklung eines neuen Produktes angehaftet habe, die Ungewiûheit, ob im Ergebnis wirklich ein vermarktungsfähiges Gerät würde hergestellt werden können, sinngemäû von beiden Parteien gemeinsam zu tragen gewesen sei; denn bei einem Scheitern der Entwicklung habe die Klägerin auf die gewinnträchtige und auf Dauer angelegte Produktion verkaufsfähiger Geräte verzichten müssen, andererseits habe die Beklagte auf deren gewinnträchtige Vermarktung verzichten müssen. Hätte die Beklagte von der Klägerin bei Vertragsschluû die alleinige Übernahme des Risikos eines Scheiterns der Entwicklung verlangt, hätte die Klägerin die gesamten Investitionen für das gescheiterte Entwicklungsprogramm zu tragen. Eine solche einseitige Risikoverlagerung sei dem Vertrag nicht zu entnehmen.
Wenn jedoch, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, die Entwicklungsphase mit dem Schreiben vom 10. April 1996 beendet worden ist,
dann mag es zwar sein, daû beide Parteien verpflichtet waren, weiter an der Verbesserung des Geräts zu arbeiten. Diese Interessenlage steht aber einem Verständnis des Schreibens in dem Sinne, daû damit der Vertragsgegenstand bereits konkretisiert war und die Klägerin von nun an verpflichtet war, diesen Vorgaben entsprechende Geräte zu liefern, nicht entgegen. Sie mutet der Klägerin auch nicht das gesamte vertragliche Risiko zu. War, wovon das Berufungsgericht bisher ausgegangen ist, die Entwicklungsphase mit dem Schreiben der Beklagten vom 10. April 1996 beendet, so ging es nicht mehr um das Risiko für ein Scheitern der Entwicklung, sondern um die Lieferung der nunmehr vertraglich geschuldeten Geräte. Das Berufungsgericht wird daher in tatrichterlicher Würdigung festzustellen haben, welche Bedeutung dem Schreiben der Beklagten vom 10. April 1996 zukommt, und gegebenenfalls unter Heranziehung dieses Schreibens festzustellen zu haben, welchen vertraglichen Vorgaben die von der Klägerin gelieferten Geräte zu entsprechen hatten.
Damit kann die Verurteilung der Beklagten zur unbedingten Herausgabe der Bürgschaftsurkunde keinen Bestand haben, denn der Beklagten steht für den Fall eines berechtigten Rücktritts von dem Liefervertrag ein Zurückbehaltungsrecht an der Bürgschaftsurkunde im Hinblick auf die dann bestehenden Rückgewähransprüche gegen die Klägerin zu. Kommt aber ein Rücktrittsrecht oder ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in Betracht, so ist auch ihre auf Zahlung gerichtete Widerklage insoweit begründet, als es um die Zahlungen auf von der Klägerin gelieferten PID-Geräte geht. Hinreichende Feststellungen zu seiner Wertung, nach der auch das Risiko, für fehlerhafte Geräte eine Vergütung entrichten zu müssen, allein der Beklagten oblag, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Allerdings ist, was die Höhe der von der Beklagten erbrachten Zahlungen anlangt, ein Fehler, möglicherweise ein Re-
chenfehler unterlaufen. Die Zahlungen der Beklagten auf die PID-Geräte belaufen sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf 274.102,50 DM und 409.823,83 DM (zusammen 683.926,33 DM). Hiervon ist der durch das landgerichtliche Urteil rechtskräftig abgewiesene Betrag von 120.310,-- DM abzuziehen, so daû 563.616,33 DM verbleiben.
2. Auch soweit das Berufungsgericht die mit der Anschluûberufung gestellten Anträge abgewiesen hat, ist die Revision begründet. Kommt ein Rücktrittsrecht oder Schadensersatzanspruch in Betracht, so trägt die Annahme des Berufungsgerichts nicht, die Beklagte habe nicht die Pflicht, die Geräte an die Klägerin zurückzugeben.
II. Die unselbständige Anschluûrevision der Klägerin ist zulässig.
1. Die unselbständige Anschluûrevision ist allerdings akzessorischer Natur (BGHZ 36, 162, 166; BGH, Urt. v. 26.10.1993 - VI ZR 155/92, NJW 1994, 801, 803). Sie muû sich deshalb grundsätzlich auf einen der Überprüfung durch die Hauptrevision zugänglichen Gegenstand der angefochtenen Entscheidung beziehen (BGH, Urt. v. 28.4.1987 - VI ZR 1 u. 43/86, WM 1987, 834) oder jedenfalls in einem inneren Zusammenhang damit stehen. Eine unselbständige Anschluûrevision ist daher unzulässig, wenn sie einen anderen Lebenssachverhalt betrifft als denjenigen der Revision und mit dem von dieser erfaûten Streitgegenstand auch nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGH Urt. v. 21.6.2001 - IX ZR 73/00, BGHZ 148, 156). Soweit jedoch ein unmittelbarer rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Hauptrevision besteht, ist die Zulässigkeit bejaht worden (vgl. z. B. BGH Urt. v. 28. 2. 1991 - I ZR 94/89,
GRUR 1991, 680, 681; BGHZ 138, 55, 57; BGH Urt. v. 30. 4. 2001 - II ZR 322/99, WM 2001, 1113, 1115; BGH Urt. v. 15. 4. 1986 - KVR 1/85, GRUR 1986, 747,749; BGH Urt. v. 21.6.2001, aaO mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Streit der Parteien geht um die Frage der Beendigung ihrer vertraglichen Beziehungen durch die Kündigung der Beklagten und die an diese Kündigung sich knüpfenden Rechtsfolgen. Der Revision und der Anschluûrevision liegt daher derselbe Lebenssachverhalt zugrunde , und die wechselseitigen Anträge stehen in unmittelbarem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang.
2. Hinsichtlich des von der Klägerin verfolgten Feststellungsantrags bleibt die Anschluûrevision jedoch ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat den insoweit gestellten Antrag, festzustellen, daû der Vertrag vom 4./6. Juli 1994 nicht mit Ablauf des 26. März 1997 beendet worden ist, dahin ausgelegt, daû es der Klägerin auf die Feststellung ankomme, der Vertrag sei nicht als Folge der Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 1996 und 1. April 1997 beendet worden, sondern habe zumindest noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortbestanden, also bis zum 31. Dezember 1998.
Diese Auslegung rügt die Anschluûrevision ohne Erfolg. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daû es der Klägerin bei ihrem Feststellungsantrag um die Klärung der Frage ging, ob der Vertrag von der Beklagten wirksam vorzeitig beendet worden war. Dies kommt in der Klageschrift unmiûverständlich zum Ausdruck. Am 26. März 1997 endete die von der Beklagten gesetzte (nochmals verlängerte) Frist zur Nachbesserung. Dadurch
wurde der Vertrag nicht ohne weiteres beendet, vielmehr konnte die Beklagte sich nach Ablauf der Frist entscheiden, welche rechtlichen Konsequenzen sie aus der unterlassenen Nachbesserung ziehen wollte. Dies ist mit Schreiben der Beklagten vom 1. April geschehen. Das Feststellungsinteresse der Klägerin konnte sich, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, folglich nur darauf beziehen, daû mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 326 BGB a.F. der Beklagten ein daraus abgeleitetes Recht zur fristlosen Kündigung nicht zustand. Ein anders geartetes Interesse, insbesondere an der Feststellung der Fortdauer des Vertrages in der Zeit vor dem 1. April 1997, legt auch die Revision nicht dar.
Das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag für unbegründet gehalten , weil der Vertrag durch die fristlose Kündigung der Beklagten wirksam beendet worden sei. Es hat angenommen, es sei für die Beklagte unzumutbar gewesen, weiter zuzuwarten, nachdem es binnen einer gesetzten Frist von einem Vierteljahr der Klägerin nicht gelungen war, die von ihr eingeräumte groûe Fehlermarge auf ein solches Maû zu reduzieren, daû das Gerät mit Aussicht auf Erfolg vermarktungsfähig erschienen sei. Das Berufungsgericht hat dazu die vertragliche Vereinbarung ausgelegt und ausgeführt, für den Fall, daû das Vertragsprodukt nicht allen spezifizierten Anforderungen entsprochen habe, finde sich lediglich in § 4.3 des Vertrages die Möglichkeit, daû die Klägerin bei der Beklagten die Tolerierung beantragen könne. Diese Regelung sei jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt gewesen und habe sich nicht auf eine ganze Serie von Geräten erstrecken sollen. Gleichwohl habe die Klägerin in sinngemäûer Anwendung dieser Vorschrift von der Beklagten die Tolerierung der von ihr entwickelten Geräte mit den genannten Meûfehlern von - 80 % bis zu + 100 % beantragt. Dies habe die Beklagte abgelehnt. Der Vertrag enthalte
keine Regelung bezüglich der Rechtsfolgen im Falle einer solchen Ablehnung. Diese Regelungslücke sei jedoch dahingehend zu schlieûen, daû bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages die Kündigung aus wichtigem Grund eröffnet sei.
Diese rechtlich mögliche Auslegung des Vortrags der Parteien durch das Berufungsgericht hat die Anschluûrevision nicht in revisionsrechtlich beachtlicher Weise angegriffen. Das Berufungsgericht hat seine Überzeugung nicht darauf gegründet, daû die Beklagte die Fortsetzung des Vertrages für unzumutbar gehalten hat. Es hat vielmehr den Vertrag der Parteien ergänzend dahin ausgelegt, daû der Beklagten, nachdem sie die Tolerierung von Meûfehlern in der von der Klägerin beantragten Gröûenordnung zurückgewiesen hatte, im Hinblick darauf jedenfalls ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde eröffnet war.
3. Den mit der Anschluûrevision weiter verfolgten Zahlungsantrag hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Zwar beruhe das Zahlungsverlangen der Klägerin auf Warenlieferungen, die lange vor dem 1. April 1997 erfolgt seien , die den Lieferungen zugrunde liegenden Bestellungen seien jedoch im Rahmen des Gesamtvertrages zu sehen. Das gesamte Vertragsverhältnis habe seine Beendigung durch die Kündigung vom 1. April 1997 dergestalt erfahren, daû gegenseitige Erfüllungsgeschäfte nicht mehr vorzunehmen gewesen seien.
Dies rügt die Anschluûrevision mit Erfolg. Sind die Lieferungen lange vor dem 1. April 1997 erfolgt, dann schuldet die Beklagte grundsätzlich die vereinbarte Vergütung, falls nicht auch insoweit Ansprüche auf Schadensersatz oder
ein wirksamer Rücktritt der Beklagten in Betracht kommen. Auch dazu hat das Berufungsgericht aber Feststellungen nicht getroffen.
Melullis Jestaedt Keukenschrijver
Mühlens RiBGH Dr. Meier-Beck ist urlaubsbedingt abwesend und deshalb verhindert zu unterschreiben. Melullis

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 462/99 Verkündet am:
26. Januar 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2001 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein,
Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Unter Verwerfung der Rechtsmittel der Parteien im übrigen wird auf die Revision des Klägers das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. September 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es den Hilfsantrag des Klägers abgewiesen und der Widerklage stattgegeben hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in der G. straße von E. . Sie beabsichtigten, durch Neu- und Umbauten auf ihren Grundstücken Ladenlokale mit einer dazwischen liegenden, gemeinsam zu nutzenden Geschäftspassage zu errichten. Mit notariellem Vertrag ("Dienstbarkeitsvertrag") vom 4. Oktober 1990 regelten sie die bauliche Ge-
staltung der Gebäude sowie die beiderseitigen Rechte und Pflichten bei der Errichtung, Benutzung und Unterhaltung der Passage. Die Passage sollte im – von der G. straße aus gesehen - vorderen Teil auf einem Grundstück des Beklagten (Flurstück Nr. 346) entlang der Grenze zu einem Grundstück des Klägers (Flurstück Nr. 384) entstehen. Im weiteren Verlauf sollte die Passage über das Grundstück Flurstück Nr. 384 führen. Der Kläger verpflichtete sich zur Herstellung des Oberbodenbelags, der Deckenverkleidung und der Abschlußtür der Passage. Im übrigen vereinbarten die Parteien:
"1. Der Verpflichtete (scil. Beklagter) ist zur Bebauung seiner Grundstükke dann verpflichtet, wenn der Berechtigte (scil. Kläger) Bebauung bzw. Umbau seiner Grundstücke durchführt. Der Berechtigte übernimmt dagegen gegenüber dem Verpflichteten keine Verpflichtung zur Bebauung bzw. zum Umbau. Hinsichtlich der inneren Aufteilung und des Innenausbaus ergeben sich gegenüber keinem der Beteiligten Verpflichtungen. Die Gestaltung der Erdgeschoß-Fassade und die Gestaltung der Ladenpassage auf der Parzelle 346 haben jedoch, sofern gebaut wird, gemäß der als Anlage beigefügten Ansicht zu erfolgen. 2. Die Breite ... der Passage verringert sich von 5 auf ca. 3 Meter, beginnend an der Grenze zum herrschenden Grundstück 384. Die Lage der Passage ist auf dem anliegenden Lageplan rautiert dargestellt. 3. Der Verpflichtete ist berechtigt und verpflichtet, bis zur Grenze der Dienstbarkeitsfläche auf dem mit der Dienstbarkeit belasteten Grundstück 346 (sowie auf dem Grundstück 345) Läden zu errichten, die von der Passage aus zugänglich sind. 5. Die Errichtung der vom Verpflichteten auf den Grundstücken 345 und 346 zu errichtenden Gebäude hat in zeitlicher Koordination mit der vom Berechtigten beabsichtigten Baumaßnahme auf den herrschenden Grundstücken (scil. Flurstück 384 und weitere) zu erfolgen."
1992 errichtete der Kläger ein gewerblich genutztes Gebäude sowie den auf seinem Grundstück liegenden Teil der Passage. Durch einen Planungsoder Ausführungsfehler gerieten dabei das Niveau des Gebäudes und der Passage auf dem Grundstück Nr. 384 um 50 cm höher, als dies nach der gemeinsamen Planung der Parteien vorgesehen war. Auf dem Grundstück des Beklagten wurde erst 1995 mit den Bauarbeiten begonnen, anfangs von einem Dritten, an den der Beklagte sein Grundstück zwischenzeitlich veräußert hatte und von dem er es später zurückerwarb.
Mit seiner am 9. Dezember 1995 zugestellten Klage hat der Kläger ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ein Gebäude entsprechend dem Lageplan ("Grundrißzeichnung") sowie der Ansicht zu errichten. Während des Prozesses stellte der Beklagte den Bau mit Ausnahme eines Ladens, der an den höheren Passagenteil auf dem Grundstück des Klägers grenzt, fertig. Auf Anregung des Gerichts hat der Kläger daraufhin die Feststellung beantragt, daß der Beklagte nicht so gebaut habe, wie es in dem Dienstbarkeitsvertrag vereinbart worden sei. Der Beklagte hat mit der Widerklage vom Kläger die Herstellung des Oberbodenbelages in der Erdgeschoß-Passage des Grundstücks Flurstück Nr. 346, der Deckenverkleidung und der Abschlußtür in der Passage (Widerklageantrag zu a) sowie die Anlage des Passagenübergangs auf dem Grundstück Nr. 384 in der Weise verlangt, daß dort eine Höhe des fertigen Oberbodens von 66,52 m über NN erreicht wird (Widerklageantrag zu b). Das Landgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm den eingetretenen und den künftig ent-
stehenden Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, "daß der Beklagte anders gebaut hat, als es in dem Dienstbarkeitsvertrag ... steht". Der Beklagte hat hilfsweise zu dem Widerklageantrag zu b) beantragt, den Kläger zu verurteilen, die bestehende Höhendifferenz zwischen den Grundstücken Nr. 384 und 346 im Bereich des Passagenübergangs durch Herstellung einer Zwischentreppe auszugleichen, äußerst hilfsweise festzustellen, daß der Kläger verpflichtet ist, ihm sämtlichen bereits entstandenen und zukünftigen Schaden aus der Höhendifferenz zu ersetzen. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen und den Widerklageantrag zu a) zugesprochen. Im übrigen hat es die Widerklage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er das Berufungsurteil bekämpft, soweit es zu seinem "Nachteil die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben hat". Mit der Anschlußrevision verfolgt der Beklagte den hilfsweise zum Widerklageantrag zu b) gestellten Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Feststellungsklage sei mit dem Hauptantrag unzulässig, weil sie nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine Tatsachenfeststellung zum Gegenstand habe. Zweifelhaft sei die hinreichende Bestimmtheit des hilfsweise gestellten Feststellungsantrages. Jedenfalls aber sei dieser unbegründet. Für einen
Schadenersatzanspruch des Klägers wegen Verzugs aus § 286 Abs. 1 BGB oder aus § 326 Abs. 1 BGB sei nichts ersichtlich. Des weiteren lägen auch keine maßgeblichen Verstöße des Beklagten gegen vertragliche Bebauungspflichten vor, die einen Schadenersatzanspruch des Klägers auslösen könnten. Dagegen bestehe der vom Beklagten mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Durchführung der Arbeiten in der Passage aus dem Dienstbarkeitsvertrag. Der Beklagte sei an der Geltendmachung seines vertraglichen Erfüllungsanspruchs nicht nach § 242 BGB gehindert. Angesichts des Kostenvolumens der gesamten Maßnahme sei es nicht unverhältnismäßig, vom Kläger zu verlangen, den Passagenoberboden großflächig abzureißen und neu aufzubringen.

II.


Das hält den Angriffen der Revision des Klägers nicht stand.
1. Allerdings ist das Rechtsmittel unzulässig, soweit es die Abweisung der mit dem Hauptantrag erhobenen Feststellungsklage angreift. Es fehlt insoweit an der erforderlichen Rechtsmittelbegründung (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Bei einer umfassenden Anfechtung muß die Revisionsbegründung das gesamte Berufungsurteil in Frage stellen. Soweit hinsichtlich eines von mehreren Streitgegenständen kein konkreter Angriff erfolgt, muß wenigstens eine alle Ansprüche durchgehend erfassende Rüge erhoben werden (BGH, Urt. v. 11. November 1999, III ZR 98/99, NJW 2000, 947). Daran fehlt es hier. Die Revisionsbegründung enthält keine Angriffe gegen die die Abweisung des
Hauptantrags tragende Erwägung, dieser sei auf die Feststellung einer Tatsache gerichtet.
2. Soweit die Revision den hilfsweise erhobenen Feststellungsantrag (nachstehend zu a) und den Ausspruch zum Widerklageantrag (nachstehend zu b) zum Gegenstand hat, hat sie Erfolg.

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bestehen hinsichtlich der Bestimmtheit des Feststellungsantrages keine Bedenken. Die erforderliche Bestimmtheit eines Feststellungsantrages liegt vor, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis so genau bezeichnet ist, daß es vom Gericht bejaht oder verneint werden kann und über den Umfang der Rechtskraft seiner Entscheidung keine Ungewißheit verbleibt (Senat, Urt. v. 18. Dezember 1987, V ZR 223/85, NJW 1988, 1202, insoweit in BGHZ 103, 39 nicht abgedruckt; Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 34/92, NJW-RR 1994, 1272). Dem genügt der Antrag des Klägers, indem er auf den Dienstbarkeitsvertrag Bezug nimmt und wegen der vertragswidrigen Bebauung des Grundstücks durch den Beklagten auf die Feststellung von Schadenersatzansprüchen gerichtet ist. Dadurch ist der anspruchsbegründende Sachverhalt bezeichnet. Über den Gegenstand des festzustellenden Rechtsverhältnisses und den Umfang der Rechtskraft des Urteils bestehen im Ergebnis keine Zweifel; dies gilt auch, soweit das Begehren, was das Berufungsurteil nicht verkennt, über den Wortlaut des Antrags hinaus, zusätzlich einen Verzugsschaden zum Gegenstand hat. Die Klagegründe lassen in diesem Punkte keine Unklarheiten. Dagegen gehört derjenige Vortrag, aus dem sich nach Ansicht des Klägers die vertragswidrige Bauausführung im einzelnen ergibt, nicht zur Zulässigkeit des Antrags, sondern zu seiner sachlichen Begründung (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1991, III ZR 204/89, VersR 1991, 788).

Auch soweit das Berufungsurteil zur Sache Stellung nimmt, ist es nicht frei von Rechtsirrtum:
aa) Zum Schadensersatz wegen des verspäteten Bauens hat der Kläger vorgetragen, einer seiner Mieter habe den Mietzins um 50 % gemindert und den Mietvertrag schließlich gekündigt. Weil die Passage nicht rechtzeitig fertiggestellt worden sei, sei die im November 1993 bestehende Vollvermietung zurückgegangen. Das Berufungsgericht, das den Schadensersatzanspruch nach § 286 Abs. 1 BGB ohne nähere Begründung abgelehnt hat, übersieht, daß der Beklagte durch die Erhebung der ursprünglichen Leistungsklage nach § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB mit seiner vertraglich übernommenen und seit der Bebauung des Grundstücks des Klägers fälligen Verpflichtung, sein Grundstück zu bebauen, in Verzug geraten ist. Dies kann Grundlage der beantragten Feststellung sein.
bb) Was die Abweichung der Bauausführung von dem Vertrag angeht, greift die Revision das Berufungsurteil nur in einzelnen Punkten an.
Mit Erfolg beanstandet sie die Erwägung, den Einbau von Klappelementen entlang der Passage könne der Kläger schon deshalb nicht beanstanden , weil er selbst die vertraglichen Vorgaben nicht beachtet habe. Zwar traf den Kläger keine Pflicht zur Durchführung der Baumaßnahmen, worauf die Revision zu Recht abhebt. Wenn er sich aber hierzu entschloß, hatte er nach Ziffer 1 des Vertrags, wie der Beklagte, die Passage nach der dem Vertrag beigefügten Ansicht zu erstellen. Diese schrieb indessen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das dem eingeholten Gutachten folgt, keine Fal-
telemente entlang der Passage vor. Der Sachverständige hat die Vertragswidrigkeit der Anlage des Beklagten aus einem Vergleich mit dem dem Vertrag beigefügten Lageplan hergeleitet. Dieser war jedoch nur für die Lage der Passage (Ziffer 2 des Vertrags), nicht für deren bauliche Ausgestaltung maßgeblich. Hier galt allein die in Ziffer 1 in Bezug genommene Ansicht des Gebäudes, die solche Festlegungen nicht auswies.
Mit Erfolg rügt die Revision weiter, das Berufungsgericht habe maßgeblichen Prozeßstoff unbeachtet gelassen (§ 286 ZPO). Der Kläger hat vorgetragen , der Beklagte habe den Zugang zu dem Ladenlokal, in dem zur Zeit ein Eiscafé betrieben wird, anders als vertraglich vereinbart gestaltet, indem er die zur G. straße hin gelegene Fassade mit Klappelementen versehen hat. Dies kann Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein, denn die Ansicht des Gebäudes weist lediglich eine einflügelige Tür im linken Fassadenteil aus.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts müssen für einen Schadenersatzanspruch des Klägers wegen dieser baulichen Abweichungen nicht die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB erfüllt sein. Der Anspruch des Klägers folgt aus positiver Verletzung des zwischen den Parteien begründeten Vertrages, weil der Beklagte die Erfüllung seiner Verpflichtungen durch die vereinbarungswidrige Erstellung des Baus während der Rechtshängigkeit der auf die vertragsgemäße Bebauung gerichteten Leistungsklage ernstlich und endgültig abgelehnt hat.
cc) Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif. Die Feststellungsklage setzt zwar nicht voraus, daß ein Schaden feststeht, wohl aber, daß er wahrscheinlich entstanden (BGH, Urt. v. 21. Februar 1991, III ZR 204/89,
VersR 1991, 788) oder nach der Lebenserfahrung künftig wahrscheinlich ist (BGH, Urt. v. 25. November 1977, I ZR 30/76, NJW 1978, 544; Urt. v. 15. Oktober 1992, IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 653). Insoweit fehlt es, aus der Sicht des Berufungsurteils konsequent, an Feststellungen. Dem Kläger, der mögliche Schäden bisher auf eine Reihe von Umständen, insbesondere verschiedene Abweichungen von der vorgesehenen Bauweise gestützt hat, muß Gelegenheit gegeben werden, Schäden in Verbindung mit den bestehen gebliebenen Anspruchsgrundlagen zu bringen.

b) Auch die Verurteilung nach dem Widerklageantrag zu a) hat keinen Bestand.
aa) Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe Vortrag des Klägers übergangen, die Höhendifferenz innerhalb der Passage belaufe sich auf höchstens 20 cm. Ausweislich des Vermerks des Berichterstatters vom 15. November 1999 haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 27. September 1999 unstreitig gestellt, daß der Oberboden der Passage ab dem Flurstück 384 etwa 50 cm höher liegt, als dies nach den Vereinbarungen geplant war, während er auf dem Grundstück Nr. 346 die vorgesehene Höhe hat.
bb) Mit Erfolg beanstandet die Revision aber, daß das Berufungsgericht bei der Frage der Mitverantwortlichkeit des Beklagten für die in der Passage vorhandene Höhendifferenz den Inhalt des notariellen Vertrages unzureichend berücksichtigt und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen für die Ansprüche des Beklagten verkannt hat. Der Senat kann den Dienstbarkeitsvertrag selbst auslegen, nachdem das Berufungsgericht eine Auslegung nicht vorge-
nommen hat und weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind. Insoweit gilt folgendes:
Der Beklagte war nach der Bestimmung Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 5 des Dienstbarkeitsvertrages verpflichtet, sein Grundstück in zeitlicher Koordination mit der Baumaßnahme des Klägers zu bebauen. Diese Verpflichtung des Beklagten ist nicht ausschließlich durch ein zeitliches Moment charakterisiert. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich vielmehr weitergehende Pflichten zur Mitwirkung bei der Erreichung des gemeinsamen Vertragszwecks und zur gegenseitigen Information. Dies hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes für Bauverträge, die keine ausdrückliche Kooperationsvereinbarung enthielten, bereits entschieden (BGHZ 133, 44, 47; Urt. v. 28. Oktober 1999, VII ZR 393/98, NJW 2000, 807, 808, für BGHZ 143, 89 bestimmt ). Diese, für das Verhältnis des Bestellers zum Unternehmer entwickelte Rechtsprechung ist auf das Verhältnis der Parteien, das eine Kooperationsvereinbarung ausdrücklich enthält, entsprechend anzuwenden. Die Mitwirkungsverpflichtung entfaltet mehrere Rechtswirkungen. Nach der Interessenlage der Parteien soll durch die Zusammenarbeit die Entstehung von Leistungserschwernissen oder Leistungshindernissen vermieden werden. Darüber hinaus beinhaltet die Vereinbarung aber auch eine Gefahrtragungsregelung, wonach unvorhergesehene Leistungserschwernisse oder Leistungshindernisse nicht ohne weiteres dem Risikobereich der einen oder der anderen Partei unterfallen und von ihr alleine zu tragen sind. Sie erweitert vielmehr die ohnehin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehende Verpflichtung der Vertragsparteien, sich zueinander loyal zu verhalten und zur Erreichung des Vertragszwecks zusammen zu wirken, indem sie ihnen aufgibt, die vorgesehene Vertragsdurchführung oder den Vertragsinhalt an die geänderten, tatsächlichen Verhältnisse einver-
nehmlich anzupassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die eingetretenen Leistungshindernisse oder -erschwernisse entweder von keiner Partei oder von beiden Parteien zugleich zu vertreten sind. Damit beinhaltet die Kooperationsvereinbarung auch eine Nachverhandlungsklausel, wie sie die Parteien im übrigen für den Fall, daß sich aus dem öffentlichen Baurecht zwingende Ä nderungen in der vorgesehenen Planung ergeben sollten, ausdrücklich vereinbart haben.
Gegen diese Verpflichtungen hat der Beklagte nach dem Vortrag des Klägers verstoßen, indem er sein Grundstück ohne berechtigten Grund nicht zusammen mit diesem, sondern unabhängig davon und wesentlich später bebaut hat. Ein solcher Verstoß gegen die vertraglich übernommene Kooperationsverpflichtung kann neben einer fehlerhaften Planung oder Bauausführung durch den Kläger ursächlich für den nunmehr bestehenden Niveauunterschied in der Passage geworden sein. Hat der Beklagte die von den Planungen der Parteien abweichende Situation mitzuvertreten, folgt aus der Kooperationsvereinbarung die Verpflichtung beider Parteien, den Vertrag durch eine gemeinsame , einvernehmliche Umplanung an die geänderten Verhältnisse anzupassen (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999, aaO), um so den Vertragszweck, so weit wie noch möglich, zu erreichen. Vorher kann der Beklagte, wenn er den Konfliktsfall mit zu vertreten hat, die Fertigstellung der vom Kläger geschuldeten Arbeiten nicht verlangen, denn es steht nicht fest, in welcher Weise die Passage letztlich hergestellt werden muß. Dies zu klären, besteht nach der Zurückverweisung der Sache Gelegenheit.

III.


Die Anschlußrevision des Beklagten ist unzulässig.
Mit der unselbständigen Anschlußrevision kann nur ein Antrag innerhalb der Hauptrevision gestellt werden (BGHZ 36, 162, 166; BGHZ 131, 95), denn sie ist ihrem Wesen nach kein Rechtsmittel, sondern ein angriffsweise wirkender Antrag innerhalb der gegnerischen Revision. Eine unselbständige Anschlußrevision , die sich auf einen anderen als den von der Hauptrevision erfaßten prozessualen Anspruch bezieht, ist deshalb unstatthaft. Gegenstand der Hauptrevision sind hier zum einen die vom Kläger erhobenen Feststellungsansprüche , zum anderen der vom Beklagten mit dem Widerklageantrag zu a) geltend gemachte Erfüllungsanspruch. Mit der Anschlußrevision greift der Beklagte dagegen die Abweisung eines festzustellenden Schadenersatzanspruches wegen der Höhendifferenz in der Passage an. Dieser Schadenersatzanspruch und die Ansprüche, die Gegenstand der Revision sind, sind prozessual verschieden. Sie unterscheiden sich sowohl in ihren Voraussetzungen als auch in ihren Rechtsfolgen. Weder begrenzt der Schadenersatzanspruch des Beklagten das mit der Klage geltend gemachte und mit der Revision weiterverfolgte Feststellungsbegehren noch erweitert er den mit dem Widerklageantrag
zu a) geltend gemachten und von der Revision angegriffenen Erfüllungsanspruch. Die Anschlußrevision wirkt damit nicht als Angriffsmittel innerhalb der Revision der Gegenseite, sondert führt einen neuen Streitgegenstand in das Revisionsverfahren ein (vgl. BGHZ 35, 302).
Tropf Krüger Klein Lemke Gaier

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Die Verletzung einer das Verfahren der Berufungsinstanz betreffenden Vorschrift kann in der Revisionsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei das Rügerecht bereits in der Berufungsinstanz nach der Vorschrift des § 295 verloren hat.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 37/02 Verkündet am:
30. Mai 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wird durch den Bruch einer von den Stadtwerken privatrechtlich betriebenen
Wasserversorgungsleitung das benachbarte Grundstück überschwemmt, so haben
die Stadtwerke für die Schäden des Eigentümers oder Grundstücksnutzers
einen angemessenen Ausgleich in Geld zu leisten (Bestätigung der bisherigen
Senatsrechtsprechung).

b) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch wird durch die Anlagenhaftung gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 HaftpflG nicht ausgeschlossen.
BGH, Urt. v. 30. Mai 2003 - V ZR 37/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. November 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Feststellung getroffen worden ist, daß die Beklagte der Klägerin schadensersatzpflichtig ist.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 3. Dezember 1999 abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren Schäden aus dem Ereignis vom 19. Mai 1992 angemessen auszugleichen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am 19. Mai 1992 brach die unter der Straße L. in E. - St. verlegte Hauptwasserleitung. Die Leitung ist Teil des örtlichen Wasserversorgungsnetzes , das die Beklagte, eine Aktiengesellschaft, unterhält. Das ausfließende Wasser überflutete u.a. das Grundstück H. H. 30/30a und richtete an dem Grundstück, dem aufstehenden Gebäude und den in dem Gebäude aufgestellten Maschinen erheblichen Schaden an. Eigentümerin des Grundstücks ist der Ehemann der Klägerin. Er hatte Grundstück, Gebäude und Maschinen der Klägerin zum Betrieb eines Textilveredelungsunternehmens verpachtet. Durch das Schadensereignis kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen des von der Klägerin betriebenen Unternehmens. Zum Ausgleich des der Klägerin, ihrem Ehemann und weiteren Geschädigten entstandenen Schadens leistete die Beklagte im Rahmen der Höchstbetragsregelung von § 10 HaftPflG a.F. Ersatz.
Die Klägerin hat aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 463.780,71 DM zuzüglich Zinsen zu verurteilen und festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr alle weiteren Schäden aus dem Ereignis vom 19. Mai 1992 zu ersetzen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin den Zahlungsantrag in Höhe von 215.851,33 DM zuzüglich Zinsen und den Feststellungsantrag weiter verfolgt. Das Oberlandesgericht hat den Anträgen mit Ausnahme eines Teils der verlangten Zinsen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht sieht das Zahlungsverlangen der Klägerin in Höhe des verlangten Betrages als begründet an. Es meint, die Beklagte habe auch die über die Haftungsgrenze von § 10 HaftPflG hinausgehenden Schäden der Klägerin und ihres Ehemanns aus dem Ereignis vom 19. Mai 1992 zu ersetzen. Das folge zwar nicht aus §§ 823, 836 BGB; die Beklagte sei jedoch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zahlungspflichtig. Das Entstehen weiterer Schäden sei nicht auszuschließen.
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung im wesentlichen stand.

II.


1. Die Revision nimmt die Feststellung des Berufungsgerichts als ihr günstig hin, daß eine Haftung der Beklagten wegen Verschuldens am Eintritt des Schadensereignisses nicht in Betracht kommt. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Entgegen der Meinung der Revision ist die Beklagte der Klägerin jedoch nach den Grundsätzen des verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verantwortlich.

a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch steht ihr einerseits aufgrund der erfolgten Abtretung wegen der ihrem
Ehemann als Eigentümer des Grundstücks und der Betriebseinrichtung entstandenen Beeinträchtigung zu. Andererseits ist die Klägerin wegen der Beeinträchtigung ihres pachtrechtlichen Besitzrechts aus eigenem Recht anspruchsberechtigt. Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, erstreckt sich der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch sowohl bei unmittelbarer als auch bei entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den Besitzer (BGHZ 70, 212, 220; Senat, BGHZ 147, 45, 50 m. w. Nachw.). Denn der Ausgleichsanspruch dient als Kompensation für den Ausschluß primärer Abwehransprüche (Senat, BGHZ 111, 158, 162; 122, 283, 284; 144, 200, 209), die auch dem Besitzer zustehen (§ 862 Abs. 1 BGB) und ihm einen den Rechten des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB ähnlichen Schutz gegen Störungen bieten (MünchKomm-BGB/Joost, 3. Aufl., § 862 Rdn. 1).

b) Die Beklagte ist als Nutzerin des Straßengrundstücks passivlegitimiert. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch richtet sich nämlich nicht nur gegen den Eigentümer des beeinträchtigenden Grundstücks, sondern auch gegen den Nutzer als denjenigen, der die Nutzungsart dieses Grundstücks bestimmt (Senat, BGHZ 113, 384, 392; Senat, Urt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 172/02, Umdruck S. 10; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 70; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906, Rdn. 35). Wird ein Grundstück von mehreren Personen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt, dann richtet sich der Ausgleichsanspruch ebenso wie der Abwehranspruch, an dessen Stelle er tritt, gegen den für die beeinträchtigende Nutzungsart Verantwortlichen. Es kommt daher entgegen der Meinung der Revision nicht darauf an, ob die Nutzung des Straßengrundstücks durch die von der Beklagten unterhaltene Wasserleitung "geprägt“
wurde. Entscheidend ist vielmehr, daß die Nutzung des Straßengrundstücks der Beklagten überlassen worden ist, soweit sie die Verlegung und Unterhaltung der Rohrleitung zum Gegenstand hat, und allein die Beklagte darüber zu befinden hatte, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machte. Denn Störer ist auch derjenige, der die Anlage hält, von der die Einwirkung ausgeht (Senatsurt. v. 24. Januar 2003, V ZR 172/02, Umdruck S. 10).

c) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muß, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 58, 149, 158; Senat, BGHZ 62, 361, 366 f.; 72, 289, 291; 85, 375, 384; 90, 255, 262; 111, 158, 162 f.; 142, 66, 67; BGHZ 142, 227, 235; Senat, BGHZ 147, 45, 49 f.).
aa) Unter diesen Voraussetzungen gewährt die Rechtsprechung den Ausgleichsanspruch über die Immissionsfälle des § 906 BGB hinaus außer bei Vertiefungen (vgl. Senat, BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384; 90, 255, 262; 147, 45, 50) auch bei Grobimmissionen (vgl. Senat, BGHZ 111, 158, 162 - Schrotblei ; Urt. v. 19. April 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041 - Wasserrohrbruch). Der Anspruch ist jedoch wie in den Fällen des § 906 BGB subsidiär, setzt also voraus, daß der Eigentümer oder Besitzer aus besonderen Gründen gehindert ist, die Einwirkungen gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden. Ein faktischer Duldungszwang genügt. Er kann sich u. a. daraus
ergeben, daß der Betroffene die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte (Senat, BGHZ 111, 158, 163).
Die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf rechtswidrige Grobimmissionen, die aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig abgewehrt werden können, dient wie die unmittelbare Anwendung der Vorschrift dem Ausgleich gleichrangiger Nachbarinteressen als Ausdruck der Situationsgebundenheit der Grundstücke und beruht auf dem Gedanken, daß im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis der betroffene Eigentümer oder Nutzer bei einer nicht abwehrbaren, vom Nachbargrundstück ausgehenden rechtswidrigen Einwirkung auf sein Grundstück nicht schlechter stehen darf als bei einer rechtmäßigen Einwirkung. Deswegen hat der Senat sowohl die durch einen technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachten Brandschäden an dem benachbarten Haus (Senatsurt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, NJW 1999, 2896, 2897) als auch die Wasserschäden infolge eines Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senatsurt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041) für ausgleichspflichtig angesehen.
bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat gegen die kritischen Stimmen in der Literatur (vgl. Littbarski, EWiR 1999, 947, 948; Roth, in: Roth/Lemke/Krohn, Der bürgerlich-rechtliche Aufopferungsanspruch als Problem der Systemgerechtigkeit im Schadensersatzrecht, 2001, S. 1, 23 ff.; ders. LM BGB § 906 Nr. 101; Schimikowski, r+s 1999, 409) fest. Es geht in diesen "technischen Unfallschadensfällen" von der Interessenlage her nicht um die Einführung einer Gefährdungshaftung für eine gefährliche Einrichtung im Verhältnis zwischen Nachbarn (so aber Roth aaO S. 25), also nicht um das Einstehen für Schäden, die allein auf das rechtmäßige Vorhandensein einer Anla-
ge oder eine erlaubte Tätigkeit zurückzuführen sind, sondern um die Haftung für rechtswidrige Störungen aus einer bestimmungsgemäßen Grundstücksnutzung , die von dem beeinträchtigten Nachbarn aus tatsächlichen Gründen nicht abgewehrt werden können. Dieser typisch nachbarrechtliche Nutzungskonflikt ist in § 906 Abs. 2 BGB nicht geregelt, hätte aber vom Regelungsplan des Gesetzgebers her zu dem gleichen Abwägungsergebnis geführt. Daß der Wasserrohrbruch auch von § 2 Satz 2 HPflG erfaßt wird, steht dem ebenso wenig entgegen wie die Verschuldenshaftung. Denn für die Frage einer Gesetzesanalogie zu § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist es nicht von Bedeutung, ob auch noch ein nach Voraussetzung und Rechtsfolge anders gelagerter Haftungstatbestand erfüllt ist. In dem für das private Nachbarrecht maßgeblichen dreiteiligen Haftungsrecht von Gefährdungshaftung, Verschuldenshaftung und verschuldensunabhängiger Störerhaftung kann das Bestehen einer Gesetzeslücke in dem einen Haftungstatbestand nicht damit verneint werden, daß ein anderer Haftungstatbestand eingreift. Entscheidend ist vielmehr, daß die verschuldensunabhängige Störerhaftung in dem Regelungssystem des § 906 BGB eine Lücke enthält, die durch eine entsprechende Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 zu schließen ist. Davon zu trennen ist die andere Frage, ob § 2 HaftPflG für Schäden aus Rohrleitungsbrüchen die verschuldensunabhängige Störerhaftung ausschließt (dazu unter 4).
cc) Der analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Wasserrohrbruchschäden steht auch nicht entgegen, daß der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes bei dem Bruch einer öffentlich-rechtlich betriebenen Wasserleitung eine verschuldensunabhängige Haftung unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs abgelehnt und allein die Verschuldenshaftung gemäß § 836 BGB für anwendbar gehalten hat (BGHZ 55, 229, 231; 125,
19, 21). Zwar steht der an privatrechtliche Einwirkungen anknüpfende nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach Inhalt und Funktion den Ansprüchen aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff durch hoheitliche Maßnahmen nahe (Senat, Urt. v. 18. November 1994, V ZR 98/93, NJW 1995, 714, 715). Er ist jedoch seinen Voraussetzungen nach mit diesen Ansprüchen nicht identisch (Senat, BGHZ 62, 361, 366). Während es im öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrecht bei der wertenden Zurechnung der Schadensfolgen nach Verantwortungsbereichen und Risikosphären (BGHZ 125, 19, 21) wesentlich auf die Unmittelbarkeit des Eingriffs ankommt, stellt das Haftungssystem des privaten Nachbarrechts auf die Störereigenschaft im Sinne der §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB ab. Diese folgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht allein aus dem Eigentum oder dem Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, und setzt auch keinen unmittelbaren Eingriff voraus. Vielmehr ist ausreichend, aber auch erforderlich, daß die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden (Senat, BGHZ 142, 66, 69; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634, jeweils m. w. Nachw.). Entscheidend ist, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer oder Nutzer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (Senat, BGHZ 142, 66, 69 f.).
Dies hat der Senat im Fall des Eindringens von Wasser infolge eines Rohrbruchs im Duschraum des Nachbarhauses aus § 836 BGB abgeleitet (Senat , Urt. v. 19. April 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; zustimmend Palandt /Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 1004 Rdn. 22), weil der Bruch als "Ablösung von Teilen“ eines mit dem Grundstück verbundenen Werks im Sinne dieser
Bestimmung anzusehen ist (BGHZ 55, 229, 235; BGH, Urt. v. 17. März 1983, III ZR 116/81, VersR 1983, 588). Das ist bei einer in einem Straßengrundstück verlegten Wasserleitung nicht anders. Ein Rohrbruch und die hierdurch verursachte Überschwemmung ist vermeidbar und nicht die Folge eines von niemandem zu beherrschenden Naturereignisses (vgl. Senat, BGHZ 122, 283, 284 f. - Sturmschaden durch umstürzende Bäume; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634 - Wolläuse). Der Betreiber muß nur für einen Zustand sorgen, der eine von seinem Grundstück ausgehende Überschwemmung des Nachbargrundstücks oder ein Übergreifen des Brands verhindert. Insoweit besteht kein Unterschied zum Niederschlagswasserfall (Senat, BGHZ 90, 255; dazu Roth, aaO, S. 15 f.). Der gefährdete Nachbar dürfte jeweils die Immission im Wege einer vorbeugenden Unterlassungsklage in dem Augenblick abwehren, in dem objektiv die drohende Gefahr eines die Immission ermöglichenden Defekts sich konkret abzeichnet und ein Einschreiten erfordert. Da er diese Gefahr aber nicht erkennen kann und deswegen die Einwirkung dulden muß, steht ihm der Anspruch auf angemessenen Ausgleich für die erlittenen Schäden zu. Daß der Unterlassungsanspruch mit dem Abschluß des Geschehens aus dem Wasserrohrbruch erlischt, ist unerheblich (a.A. Roth aaO S. 28). Der Ausgleich wird dafür geschuldet, daß der primäre Abwehranspruch nicht verfolgt werden konnte. Daher sprechen auch die Gesichtspunkte der Veranlassung, der Gefahrenbeherrschung und der Vorteilsziehung dafür, die Beklagte als Störerin anzusehen und ihr eine an die Stelle der faktisch undurchsetzbaren primären Abwehransprüche gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB tretende Ausgleichspflicht aufzuerlegen (vgl. Hagen, in: Festschrift für Hermann Lange, 1992, S. 483, 501).
3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die aus dem Wasserrohrbruch entstandenen Schäden angemessen auszugleichen. Sie und ihr Ehemann hatten tatsächlich keine Möglichkeit, die durch den Wasserrohrbruch verursachte Überschwemmung des Grundstücks H. H. 30/30a durch die Geltendmachung von Abwehransprüchen gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB zu verhindern. Die hierdurch an dem Grundstück, dem Gebäude und an der Betriebseinrichtung verursachten Sachschäden belaufen sich - ohne Berücksichtigung des der Klägerin entstandenen Verdienstausfallschadens - nach den insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts auf 205.041,85 DM und übersteigen damit das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Einwirkung. Die Beeinträchtigung beruht auch auf einer privatwirtschaftlichen Nutzung des Straßengrundstücks. Die Beklagte nimmt als Trägerin der örtlichen Wasserversorgung zwar eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge war, sie ist als Aktiengesellschaft aber privatrechtlich organisiert. Damit ist ihre Tätigkeit insgesamt dem Privatrecht zuzurechnen (vgl. Senat, Beschl. v. 21. November 1996, V ZB 19/96, NJW 1997, 744; Filthaut, VersR 1992, 150, 156).
4. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht schließlich darin, daß der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht durch die Anlagenhaftung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG ausgeschlossen wird (ebenso OLG Düsseldorf, VersR 1992, 326, 327; Filthaut, VersR 1992, 150, 152; ders., Haftpflichtgesetz, 5. Aufl., § 12 Rdn. 244; Staudinger /Kohler, BGB [2001], § 2 HaftPflG Rdn. 41).

a) Die Gefährdungshaftung nach dem Haftpflichtgesetz bezweckt den Schutz der Öffentlichkeit vor den von bestimmten Anlagen und Einrichtungen
ausgehenden Gefahren und greift daher grundsätzlich zugunsten jedes Geschädigten Platz (Amtliche Begründung zum Gesetz zur Änderung des Reichshaftpflichtgesetzes vom 15. August 1943 [RGBl. I S. 489], DJ 1943, 430). Um das mit dieser weiten Ausdehnung der Haftung verbundene Risiko für den Schädiger überschaubar zu halten, sind die Schadensersatzansprüche gemäß § 10 HaftPflG der Höhe nach beschränkt (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 8/108, S. 6). Dagegen steht der auf Entschädigung nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen gerichtete (Senat, BGHZ 90, 255, 263 m. w. Nachw.) nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nur den Eigentümern und Besitzern der von schädigenden Einwirkungen betroffenen Grundstücke wegen solcher die Zumutbarkeitsschwelle überschreitender Schäden zu, die an dem Grundstück selbst entstanden sind oder sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder der Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelt haben (BGHZ 92, 143, 145; 147, 45, 50). Da er der Kompensation für den Ausschluß an sich gegebener , aber undurchsetzbarer primärer Abwehransprüche dient (Senat, BGHZ 147, 45, 50), fehlt es an einem Grund für eine Haftungsbegrenzung.

b) Im Hinblick auf die persönlichen und sachlichen Beschränkungen, denen der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch unterliegt, führt seine Anwendung neben der Ersatzpflicht aus § 2 HaftPflG nicht dazu, daß die gesetzliche Anlagenhaftung bedeutungslos wäre. Auch der Schutzzweck des Haftpflichtgesetzes steht der Anerkennung konkurrierender Anspruchsgrundlagen nicht entgegen. Allerdings ist der Gesetzgeber bei der zum 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Neufassung von § 2 HaftPflG im Hinblick auf das Urteil BGHZ 55, 229 ff. davon ausgegangen, daß ein Ersatzanspruch wegen der durch den Bruch einer Wasserrohrleitung verursachten Schäden nur aus § 836 BGB her-
geleitet werden könne und daß die Geltendmachung dieses Anspruchs wegen der Möglichkeit des Entlastungsbeweises vielfach erfolglos bleibe. Diese Schutzlücke sollte durch die Einführung einer allgemeinen Gefährdungshaftung für Rohrleitungsschäden geschlossen werden (BT-Drucks. 8/108, S. 11 f.). Erkennt man für den Bereich privatwirtschaftlich genutzter Wasserrohrleitungen einen verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch an, ist die Schutzlücke zwar kleiner als vom Gesetzgeber angenommen. Die Anerkennung eines solchen Anspruchs neben § 2 HaftPflG entspricht aber gerade der vom Gesetzgeber verfolgten Absicht eines möglichst umfassenden Opferschutzes (vgl. BT-Drucks. 8/108, S. 7, 14).

c) Das kommt insbesondere durch § 12 HaftPflG deutlich zum Ausdruck. Das Reichshaftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 begründete eine verschuldensunabhängige Haftung zunächst nur für Personenschäden, die auf den Betrieb einer Eisenbahn zurückgehen (§ 1 RHaftPflG 1871). Ziel des Gesetzes war es, die Ersatzansprüche der Geschädigten gegenüber den landesrechtlichen Vorschriften zu erweitern. Soweit ein Geschädigter auch nach diesen Vorschriften Ersatz verlangen konnte, blieben die so begründeten Ansprüche daher unberührt (§ 9 RHaftPflG 1871). Die Aufhebung des Landesrechts mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs änderte hieran nur insoweit etwas, als an die Stelle der nach § 9 RHaftPflG unberührt bleibenden landesrechtlichen Gesetze "die gesetzlichen Vorschriften" traten (Biermann, Reichshaftpflichtgesetz, § 9 Anm. I). Soweit die Haftung des Betreibers einer Eisenbahn nach reichsgesetzlichen Vorschriften über die Haftung nach dem Reichshaftpflichtgesetz hinausging, sollte diese Haftung keine Einschränkung erfahren (Biermann, aaO.).
Dieser Grundsatz wurde bei der Einbeziehung der Ersatzpflicht für Personenschäden und bei der Erstreckung der Haftung auf Sachschäden aus dem Betrieb von elektrischen oder Gasleitungen nicht eingeschränkt. Auch nach § 9 a RHaftPflG 1943 blieb die Haftung der Inhaber der Energieversorgungsanlagen nach anderen "reichsgesetzlichen Vorschriften" von der Haftung nach dem Reichshaftpflichtgesetz "unberührt".
Die 1978 erfolgte Novellierung des Haftpflichtgesetzes hat hieran nichts geändert. Die Einbeziehung weiterer gefahrenträchtiger Sachverhalte in die Haftung diente allein dazu, den als unzureichend empfundenen Schutz der Geschädigten für Rohrleitungsschäden durch § 836 BGB zu erweitern (BTDrucks. 8/108 S. 11 f). §§ 9, 9 a RHaftPflG 1943 wurden zu § 12 HaftPflG zusammengeführt. Eine abschließende Regelung der Haftung für derartige Schäden durch das Haftpflichtgesetz sollte nicht erfolgen. Insoweit verhält es sich anders als in den Fällen der wasserrechtlichen Anlagenhaftung gemäß § 22 Abs. 2 WHG (BGHZ 142, 227, 236) und der Verpflichtung zum Ersatz von Bergschäden gemäß §§ 114 ff. BBergG (BGHZ 148, 39, 53).

d) Etwas anderes folgt auch nicht aus der summenmäßigen Begrenzung der Anlagenhaftung gemäß § 10 HaftPflG. Der Erwägung, die Haftungsbegrenzung sei Voraussetzung dafür, das Risiko zu kalkulieren und zu tragbaren Bedingungen abzusichern, ist bereits der Gesetzgeber mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß eine an den Haftungshöchstgrenzen orientierte Versicherung lediglich das Risiko aus der Gefährdungshaftung abdecke, während für die vielfach daneben bestehenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die keine summenmäßige Beschränkung kennen, ohnehin Vorsorge getroffen werden müsse. Darüber hinaus sähen ausländische Rechtsordnungen eine
summenmäßige Haftungsbegrenzung im allgemeinen nicht vor, ohne daß dies zu unüberwindlichen Schwierigkeiten geführt habe (BT-Drucks. 8/108, S. 7). Angesichts der vom Gesetzgeber selbst geäußerten Zweifel an der Berechtigung einer Haftungsbegrenzung und des ausdrücklichen Hinweises darauf, daß die in § 10 HaftPflG normierte Haftungsbegrenzung nur gelte, soweit Ansprüche ausschließlich aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung hergeleitet werden könnten (BT-Drucks. 8/108, S. 6), kann keine Rede davon sein, die entsprechende Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unterlaufe die vom Gesetzgeber gewollte Haftungsbegrenzung.

III.


1. Der Senat hat die Angriffe der Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe durch die Überschwemmung ihrer Betriebsräume bis zur Aufgabe des Geschäftsbetriebs einen Verdienstausfallschaden in Höhe von 179.930 DM erlitten, geprüft. Die Rügen der Revision sind nicht begründet. Von der Darstellung wird gemäß § 565 a ZPO a.F. abgesehen.
2. Dem Berufungsgericht kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, als es die Feststellung trifft, die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz zu leisten, soweit das Schadensereignis vom 19. Mai 1992 zu weiteren Schäden führe. Die Anspruch der Klägerin aus eigenem Recht und der ihr abgetretene Anspruch gehen nicht auf Schadensersatz, sondern auf Ausgleich der Beeinträchtigung, den die Klägerin bzw. ihr Ehemann aufgrund des Ereignisses vom 19. Mai 1992 erlitten haben oder noch erleiden können.
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist auf eine angemessene Entschädigung in Geld gerichtet. Seine Höhe ist nach den Grundsätzen über die Enteignungsentschädigung zu bestimmen (Senat, BGHZ 85, 375, 386; 90, 255, 263; Urt. v. 18. November 1994, V ZR 98/93, NJW 1995, 714, jeweils m. w. Nachw.). Besteht die Einwirkung in einer Substanzschädigung, kann der Entschädigungsanspruch auf vollen Schadensersatz gehen (Senat, BGHZ 142, 66, 70 f.; Senat, Urt. v. 19. April 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374 m. w. Nachw.) und den Ausgleich der Folgen umfassen, die sich aus der Beeinträchtigung der Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickeln (BGHZ 58, 149, 161; 92, 143, 145).
Dies ist bei der Beeinträchtigung der gewerblichen Nutzung eines Grundstücks, um die es hier geht, regelmäßig die Ertragseinbuße, die aus dem Schadensereignis folgt (Senat, BGHZ 147, 45, 53 m. w. Nachw.). Auch in diesem Fall ist die Verpflichtung zur Ausgleichsleistung nach den Grundsätzen des Nachbarrechts mit einem Schadensersatzanspruch jedoch nicht notwendig deckungsgleich. Es besteht vielmehr Raum für eine wertende Entscheidung, die zu einem Zurückbleiben des Ausgleichsanspruchs hinter einem Anspruch auf Schadensersatz führen kann. Das muß im Tenor des Feststellungsausspruchs Berücksichtigung finden.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1, 92, 269 Abs. 3 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 147/03
vom
23. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Statthaftigkeit einer Anschlußrevision bei einseitiger Revisionszulassung
durch das Berufungsgericht.
BGH, Beschl. vom 23. Februar 2005 - II ZR 147/03 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein

beschlossen:
Auf die Gegenvorstellung des Beklagten wird der Senatsbeschluß vom 8. Dezember 2004 - II ZR 147/03 - dahin abgeändert, daß dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens (Revision und Anschlußrevision) auferlegt werden und der Streitwert auf 269.447,90 € festgesetzt wird.

Gründe:


I. Der Beklagte wurde durch Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 10. April 2003 verurteilt, an den klagenden Insolvenzverwalter 218.176,51 € zu zahlen. Dem Beklagten wurde vorbehalten, nach Zahlung des ausgeurteilten Betrages seine Gegenansprüche gegen den Insolvenzverwalter bis zur Höhe von 51.271,39 € zu verfolgen. Das Berufungsgericht hat die Revision des Klägers zugelassen.
Mit seiner Revision hat der Kläger das Begehren verfolgt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit dem Beklagten die Geltendmachung von Gegenansprüchen bis zur Höhe von 51.271,39 € vorbehalten wurde. Der Beklagte hat im Wege der Anschlußrevision beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit er zur Zahlung von 218.176,51 € verurteilt wurde. Der Kläger hat seine Revision zurückgenommen.
Durch Beschluß vom 8. Dezember 2004 hat der Senat dem Kläger die Kosten der Revision auferlegt und den Streitwert auf 51.271,39 € festgesetzt. Mit seiner Gegenvorstellung beantragt der Beklagte, dem Kläger die Kosten der Revisionsinstanz (Revision und Anschlußrevision) aufzuerlegen und den Streitwert unter Berücksichtigung der Anschlußrevision auf 269.447,90 € (51.271,39 € + 218.176,51 €) festzusetzen.
II. Die Gegenvorstellung des Beklagten hat Erfolg.
1. Der Kläger hat gemäß §§ 516 Abs. 3 Satz 1, 565, 554 ZPO die Kosten des gesamten Revisionsverfahrens zu tragen.
Bei Zurücknahme einer statthaften und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegten Revision sind dem Revisionskläger mit den Kosten der Revision auch die Kosten einer zulässigen Anschlußrevision aufzuerlegen (BGHZ 17, 398 f.; 4, 229 ff., 235). Die Anschlußrevision des Beklagten war trotz der nur zugunsten des Klägers ergangenen Zulassungsentscheidung statthaft. Wie § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich regelt, kann eine Anschlußrevision im Unterschied zu § 556 Abs. 1 ZPO a.F. (vgl. dazu BGHZ 111, 158, 166) auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Revision nicht zugunsten des Revisionsbeklagten zugelassen wurde. Falls ohnehin ein Revisionsverfahren durchzuführen ist, soll der friedfertigen Partei ebenfalls die Möglichkeit eröffnet werden , zu ihren Gunsten eine Abänderung des Berufungsurteils zu erreichen (BT-Drucks. 14/4722 S. 108; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 554 Rdn. 4; Zöller/ Gummer, ZPO 25. Aufl. § 554 Rdn. 3 a). Wegen des hier gegebenen einheitlichen Lebenssachverhalts kann offen bleiben, ob Revision und Anschlußrevision in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen müssen (in diesem Sinne: Münchner Kommentar/Wenzel, ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsband § 554 Rdn. 6; a.A. Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 554 Rdn. 4).
2. Der Streitwert von Revision und Anschlußrevision ist auf 269.447,90 € (51.271,39 € + 218.176,51 €) festzusetzen. Da Revision und Anschlußrevision unterschiedliche Streitgegenstände betreffen, ist ihr Wert zusammenzurechnen (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschl. v. 5. Oktober 1978 - GSZ 1/78, NJW 1979, 878; BGH, Beschl. v. 17. Mai 1984 - X ZR 82/83, MDR 1985, 52).
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.