Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass eine Wohnungsdurchsuchung rechtswidrig war, und wendet sich gegen eine Sachpfändung.

2

Die Klägerin, die mit ihrem Ehemann A in der X-Straße ... in B (...) in häuslicher Gemeinschaft lebt, hatte vom ... 1996 bis zum ... 2011 das Gewerbe "XX" angemeldet. Gegen sie liegen Bescheide der Bundesagentur für Arbeit, RD Hessen, Winterbau-Umlage Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (im Folgenden: BA) über die Winterbeschäftigungs-Umlage (bis 30.04.2006: Winterbau-Umlage) nebst Mahnkosten in Höhe von insgesamt 2.030,70 € vor. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden vier Leistungsbescheide (Bl. I 51 ff. der Sachakte):

3
                          

           

Datum 

Aktenzeichen

Zeitraum

Betrag

20.12.2010

/2.../10

Dez. 2009 - April 2010

502,80 €

19.04.2011

/3.../11

Okt.- Dez. 2010

522,30 €

20.05.2011

/0.../11

Mai - Sept. 2010

502,80 €

10.09.2012

/5.../12

Juli - Nov. 2011

502,80 €

4

In den Vollstreckungsanordnungen vom 12., 18., 27.06.2012 und 26.11.2012 bescheinigte die BA die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Bescheide.

5

Bei einem erfolglosen Zwangsvollstreckungsversuch am ...10.2012 händigte der Vollstreckungsbeamte dem Ehemann der Klägerin eine Zahlungsaufforderung aus. Ein weiterer Vollstreckungsversuch am ...11.2012 blieb ebenfalls erfolglos. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.11.2012 erhob die Klägerin Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Bescheide. Wegen der Krankheit ihres Ehemannes müsse von weiteren Vollstreckungsversuchen abgesehen werden, da sie lebensbedrohlich für ihn seien.

6

Unter Bezugnahme auf die Vollstreckungsankündigung vom 16.05.2013 teilte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 22.05.2013 mit, dass sie seit März 2011 kein Unternehmen mehr habe. Mit Schreiben vom 29.05.2013 kündigte sie an, Vollstreckungsversuche strafrechtlich überprüfen zu lassen. Mit weiterem Schreiben vom 06.06.2013 bat sie den Beklagten, den Kontakt zur BA herzustellen. Mit Schreiben vom 04.09.2013 bescheinigte die BA dem Beklagten letztmalig die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Leistungsbescheide, die der Schuldnerin genauso wie die Vollstreckungsmahnungen zugegangen seien.

7

Auf Antrag des Beklagten vom 05.09.2013 ermächtigte das AG B - Vollstreckungsgericht - mit Durchsuchungsbeschluss vom 16.09.2013 (.../...) den zuständigen Vollziehungsbeamten der Bundeszollverwaltung, zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus den vier Leistungsbescheiden die Wohn- und Geschäftsräume der Klägerin und die ihr als Untermieter zur Mitbenutzung überlassenen Räumlichkeiten zu durchsuchen.

8

Am ...09.2013 gab die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung vor dem Finanzamt B ab.

9

Am ...10.2013 um 9:00 Uhr erschienen in Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses die Beamten C, D und E in der Wohnung der Klägerin, um eine Sachpfändung durchzuführen. Laut Pfändungsprotokoll wurden um 10:50 Uhr die folgenden Gegenstände unter Belassung des Gewahrsams bei der Klägerin gepfändet:

10
                 

           

Nr.     

Gegenstand

Wert   

1       

TV-Flachbildschirmgerät Philips

  200 €

2       

Philips DVD-Recorder

    50 €

3       

externe Festplatte Verbatim 500 GB

    50 €

4       

Apple Laptop MacBookPro

  400 €

5       

Sony Flachbildschirm

  200 €

6       

Apple iMac mit Tastatur

          1.000 €

7       

Fritz W-LAN Repeater

    50 €

8       

Apple AirPort Express Base Station

    50 €

9       

Bang & Olufsen HiFi-Anlage

  200 €

11

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2013 trug die Klägerin Einwände gegen die Durchsuchung vor und erhob Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitarbeiter des Beklagten F und D. Die Durchsuchung sei unverhältnismäßig gewesen, weil ihr Ehemann, der gegen 10:00 Uhr von seiner wöchentlichen stationären Lipidapherese -Behandlung aus G zurückgekommen sei, lebensbedrohlich erkrankt und durch die Pfändung in seiner Gesundheit gefährdet worden sei. Dem Beklagten lägen ärztliche Atteste vor, die den Vollstreckungsbeamten auch ausgehändigt worden seien. Danach müsse ihr Ehemann wegen seiner schweren Herzinsuffizienz, wegen der er sich bereits zahlreichen Operationen habe unterziehen müssen, Aufregung unbedingt vermeiden. Er habe gegenüber den Vollziehungsbeamten erwähnt, dass er eine erst vier Tage zurückliegende schwere Herzoperation überstanden habe und nach der Behandlung in G absolute Bettruhe einhalten müsse. Hierzu habe der Vollstreckungsbeamte D ihm lediglich geraten, ein wenig spazieren zu gehen, und ihn gefragt, ob er einen Arzt benötige. Er sei jedoch nicht befugt gewesen zu veranlassen, dass ihr Ehemann sich in ein Krankenhaus begebe. Ein Transport ins Krankenhaus sei mit einer erheblichen Öffentlichkeit in dem speziellen Wohnviertel zu vermeiden gewesen. Trotz eindeutigen Hinweises am Klingelschild seien auch untervermietete Räume betreten worden. Durch sein gesamtes Auftreten habe Herr D die Gesundheit ihres Ehemannes gefährdet. Auf seine Einwände habe er entgegnet, dass er - ihr Ehemann - Druck ausüben und weitere Vollstreckungsversuche verhindern wolle.

12

Unmittelbar nach der Pfändung habe ihr Ehemann den Kardiologen Dr. H aufgesucht, um die Auswirkungen des rechtswidrigen Handelns des Beklagten dokumentieren zu lassen. Nach dessen Attest (Bl. 40 der Akte des AG B) habe sich ihr Ehemann "heute Mittag" mit massiver Atemnot vorgestellt. Die körperliche Untersuchung habe relevante Herzrhythmusstörungen, einen stark erhöhten Blutdruck aufgrund starker Erregung und den Verdacht auf Tachykardien und Extrasystolen ergeben. Die Vollstreckungsmaßnahmen hätten zu seinem Tod führen können und ihm gesundheitlich weiteren erheblichen Schaden zugefügt.

13

Die Durchsuchung sei auch deshalb nicht erforderlich gewesen, weil dem Beklagten noch während der Durchsuchung bekannt geworden sei, dass die Klägerin wenige Tage vorher eine eidesstattliche Versicherung beim Finanzamt B abgegeben habe.

14

Auch im Übrigen sei die Pfändung der einzelnen Gegenstände rechtswidrig. Das Apple-Notebook, den DVD-Spieler und den Router benötige die Klägerin zur Ausübung ihres ...-Berufs. Die Bang & Olufsen-Stereoanlage gehöre laut Schenkungsverzeichnis von 2004 dem Sohn ihres Ehemannes. Der ebenfalls gepfändete Philips-Fernseher stehe nachweislich nicht in ihrem Eigentum.

15

Mit Schreiben vom 10.11.2013 legte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 29.10.2013 Einspruch gegen die Vollstreckung ein, den sie mit Schreiben vom 07.04.2014 ergänzend begründete. Sie wies insbesondere darauf hin, dass sie - anders als im Vollstreckungsprotokoll angegeben - der Vollstreckung widersprochen habe.

16

Mit Einspruchsentscheidung vom 20.10.2014 half der Beklagte dem Einspruch teilweise ab, indem er die Pfändung des Philips DVD-Recorders, des Apple MacBookPro, des Sony Flachbildschirms, des Apple iMac und der Apple AirPort Express Base Station (Nr. 2, 4-6 und 8 des Pfändungsprotokolls) aufhob. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die dritten Personen, denen der Philips-Fernseher und die Bang & Olufsen HiFi-Anlage (Nr. 1 und 9 des Pfändungsprotokolls) angeblich gehöre, müssten ihre Ansprüche selbst geltend machen. Die externe Festplatte und der Fritz-WLAN-Repeater (Nr. 3 und 7 des Pfändungsprotokolls) seien nicht unpfändbar, weil sie zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht erforderlich seien.

17

Am 21.11.2014 hat die Klägerin gegen die "Einspruchsentscheidung vom 15.10.2014" Klage erhoben, ohne einen Klagantrag zu stellen. Nach gerichtlicher Aufforderung, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen und in der Sache weiter vorzutragen, hat sie mit Schreiben vom 06.03.2015 klargestellt, dass sie gegen die gesamte Durchführung der Vollstreckung Klage eingereicht habe. Die Vollstreckung sei unverhältnismäßig, willkürlich und verfassungswidrig gewesen. Über die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde, auf die verwiesen werde, sei noch nicht entschieden worden. Weiterhin werde das willkürliche, rechtswidrige und subjektiv motivierte Verhalten des Beklagten sowie des Präsidenten der Bundesfinanzdirektion (BFD) ... und des Mitarbeiters des Bundesfinanzministeriums (BMF) Dr. J zum Gegenstand der Klage gemacht. Die Gegenstände, die noch immer gepfändet seien, stünden entweder nicht in ihrem Eigentum oder seien unpfändbar, weil sie sie beruflich zwingend benötige. Insbesondere enthalte die Bang & Olufsen-Anlage das einzige Radio in ihrem Haushalt.

18

Weiter würden die anwaltlichen Schreiben vom 25.10.2013 - gemeint ist: vom 29.10.2013 - und vom 10.11.2013 an den Beklagten (Frau F), das anwaltliche Schreiben vom 13.12.2013 an die Leiterin des Beklagten, die Verfassungsbeschwerde vom 13.02.2014, die Gehörsrüge vom 27.01.2014 beim LG B, das Schreiben an die BFD ... vom 04.02.2014 sowie das Schreiben an das BMF vom 25.02.2014 zum Gegenstand der Klage gemacht.

19

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Pfändung der externen Festplatte, des Fritz W-LAN-Repeaters und der Bang & Olufsen HiFi-Anlage (Nr. 3, 7 und 9 des Pfändungsprotokolls) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Bl. 61, 65 der Akte), ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin die Anträge,
1. festzustellen, dass die Wohnungsdurchsuchung vom ...10.2013 rechtswidrig war;
2. die Sachpfändung vom ...10.2013 in das TV-Flachbildschirmgerät Philips (Nr. 1 des Pfändungsprotokolls) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.10.2014 aufzuheben.

20

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

21

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag.

22

Bei der Entscheidung haben die Sachakten des Beklagten (zwei Hefter) sowie die Akte des AG B .../... (LG B .../...) vorgelegen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die Entscheidung kann ergehen, obgleich die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind. Denn sie sind mit der Ladung (Bl. 54, 57 der Akte) darauf hingewiesen worden, dass bei ihrem Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 1, 2 FGO). Da der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 FGO übertragen hat (Bl. 16 der Akte), ergeht die Entscheidung durch diesen allein.

II.

24

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Pfändung der externen Festplatte des Fritz W-LAN-Repeaters und der Bang & Olufsen HiFi-Anlage (Nr. 3, 7 und 9 des Pfändungsprotokolls) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren erledigt.

III.

25

Da es an ausdrücklichen Klaganträgen fehlt, ist die Klage, soweit sie nicht für erledigt erklärt wurde, unter Berücksichtigung des materiellen Begehrens der Klägerin und der hierfür vorgesehenen maßnahmespezifischen Rechtsbehelfe auszulegen.

26

1. Die Klägerin wendet sich - wie sie in der Klagbegründung vom 06.03.2015 dargelegt und mit Schriftsatz vom 04.01.2016 bekräftigt hat - gegen "die gesamte Durchführung der Vollstreckung". Da sie sich in diesem Zusammenhang auf die Verfassungsbeschwerde vom 13.02.2014 gegen den Beschluss des LG B vom 14.01.2014 (.../...) bezieht, in der eine Missachtung ihres Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) gerügt wird, versteht das Gericht das klägerische Begehren dahingehend, dass - neben der Pfändung (siehe 2.) - die Rechtswidrigkeit des Vollzugs des Durchsuchungsbeschlusses zum Zwecke der Sachpfändung gerügt wird (Klagantrag zu 1.). Nicht Gegenstand dieses Klageantrags ist dagegen die Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbeschlusses vom 16.09.2013, der Gegenstand des Beschlusses des LG B vom 14.01.2014 ist.

27

Dieser so verstandene Klagantrag ist zulässig, aber unbegründet (dazu IV.). Soweit die Klägerin darüber hinaus "das willkürliche, rechtswidrige und subjektiv motivierte Verhalten des Beklagten sowie des Präsidenten der BFD ... und des Mitarbeiters des BMF Dr. J" zum Gegenstand der Klage macht, hat sie trotz Aufforderung des Gerichts vom 04.02.2015 kein konkretes Klagebegehren im Sinne von § 65 Abs. 1 S. 1 FGO bezeichnet, das über die Überprüfung der Durchführung der Vollstreckung hinausgeht.

28

2. Weiter ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin, dass sie ursprünglich die Freigabe der Gegenstände begehrte, die im Einspruchsverfahren noch nicht freigegeben wurden (Nr. 2, 4 - 6 und 8 des Pfändungsprotokolls). Nachdem die Pfändung der Positionen 3, 7 und 9 im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wurde, richtet sich das Aufhebungsbegehren nur noch gegen die Pfändung des TV-Flachbildschirmgeräts Philips (Nr. 1 des Pfändungsprotokolls). Die Klage ist mit diesem Klagantrag teilweise unzulässig und, soweit sie zulässig ist, unbegründet (dazu V.).

IV.

29

Die Klage ist mit dem Klagantrag zu 1. zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).

30

1. Die Klage ist mit dem Klagantrag zu 1. als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.

31

1.1 Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Art und Weise der Vollziehung des gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses vom 16.09.2013 ist - anders als für die Kontrolle seines Erlasses, für die der ordentliche Rechtsweg in Form der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO gegeben ist (Kruse, in: Tipke/Kruse, 126. EL Mai 2011, § 287 Rn. 31) und von der Klägerin bestritten wurde - der Finanzrechtsweg gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO eröffnet. Danach ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten gegeben, in denen über die Vollziehung von Verwaltungsakten, die sich nicht auf Abgabenangelegenheiten (§ 33 Abs. 2 FGO) beziehen, durch die Bundesfinanzbehörden gestritten wird. Die Ausführung des Durchsuchungsbeschlusses vom 16.09.2013 diente der Vollstreckung der mit den Leistungsbescheiden festgesetzten Winterbeschäftigungs-Umlage gemäß §§ 354 ff. SGB III. Hierbei handelt es sich nicht um eine Abgabenangelegenheit i. S. v. § 33 Abs. 2 FGO, sondern um eine sozialversicherungsrechtliche Forderung. Der Beklagte ist für deren Vollstreckung gemäß § 12 Abs. 2 FVG i. d. F. vom 26.06.2013 i. V. m. § 4 Buchst. b VwVG zuständig (siehe Schmieszek, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 226. EL Febr. 2014, § 12 FVG Rn. 17). Der Vollzug eines Durchsuchungsbeschlusses stellt einen Verwaltungsakt dar (Müller-Eiselt, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 233. EL Juni 2015, § 287 AO Rn. 63, 64; Kruse, in: Tipke/Kruse, 126. EL Mai 2011, § 287 Rn. 36).

32

1.2 Da die Durchführung einer Durchsuchung ein Verwaltungsakt ist, hinsichtlich dessen die Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) statthaft wäre, ist nach ihrer Erledigung die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 S. 4 FGO die statthafte Klageart (vgl. FG München, Urt. v. 08.12.2009, 12 K 3470/05, juris, Rn. 39).

33

1.3 Das für die Fortsetzungsfeststellungsklage nötige Feststellungsinteresse liegt vor. Es folgt aus dem Rehabilitierungsinteresse der Klägerin, das sich bei der Durchsuchung von Wohnräumen bereits aus dem auch von der Klägerin behaupteten Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ergibt (BFH, Urt. v. 13.12.1994, VII R 18/93, juris, Rn. 13; FG München, Urt. v. 08.12.2009, 12 K 3470/05, juris, Rn. 39), dessen Schutzbereich auch die Interessen eines in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehemannes erfasst.

34

2. Der Klagantrag zu 1. bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die hier allein zu prüfende Art und Weise der Wohnungsdurchsuchung nicht zu beanstanden ist. Sie ist verhältnismäßig (2.1) und auch im Übrigen ermessensfehlerfrei (2.2).

35

2.1 Aus dem letzten Halbsatz von § 287 Abs. 1 AO, nach dem eine Durchsuchung zulässig ist, "soweit dies der Zweck der Vollstreckung erfordert", ergibt sich, dass alle Vollstreckungsmaßnahmen verhältnismäßig sein müssen (Kruse, a. a. O., § 287 AO Rn. 6 m. w. N.). Der Vollstreckungsschuldner kann hierbei auch eine unbillige Härte gegenüber einem Mitgewahrsamsinhaber - so wie hier dem Ehemann der Klägerin - rügen (Müller-Eiselt, a. a. O., § 287 AO Rn. 17, 64; Kruse, a. a. O., § 287 Rn. 6).

36

Es ist eine Abwägung zwischen dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers und den durch die Vollstreckung betroffenen Grundrechten des Schuldners vorzunehmen. Ergibt sich hierbei, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden, unmittelbar der Erhaltung von Leben und Gesundheit dienenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange des Vollstreckungsgläubigers, kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen (BVerfG, Beschl. v. 25.09.2003, 1 BvR 1920/03, juris, Rn. 10; Beschl. v. 29.07.2014, 2 BvR 1400/14, juris, Rn. 11). Diese im Zusammenhang mit dem Räumungsschutz entwickelten Grundsätze gelten auch in Fällen, in denen die Vollstreckung im Wege der Durchsuchung der Wohnung des Schuldners für diesen eine unverhältnismäßige Härte bedeuten könnte (BVerfG, Beschl. v. 03.04.1979, 1 BvR 994/76, juris, Rn. 47; s. a. LG Hannover, Beschl. v. 16.05.1995, 11 T 308/94, BeckRS 9998, 03214). Eine solche Härte kann auch die Krankheit eines Familienangehörigen des Schuldners darstellen (BVerfG, Beschl. v. 03.04.1979, 1 BvR 994/76, juris, Rn. 47).

37

Zu beachten ist jedoch, dass auch in den Fällen, in denen eine lebensbedrohliche Erkrankung in die Abwägung einzustellen ist, der Betroffene gehalten ist, daran mitzuwirken, dass sich das geltend gemachte Risiko nicht erhöht. Insoweit kann jedes zumutbare Bemühen um eine Verringerung des Krankheitsrisikos verlangt werden (BVerfG, Beschl. v. 25.09.2003, 1 BvR 1920/03, juris Rn. 15; s. a. Beschl. v. 12.02.1993, 2 BvR 2077/92, juris, Rn. 22; Beschl. v. 29.07.2014, 2 BvR 1400/14, juris Rn. 19). Zu bedenken ist dabei, dass die Eingriffsintensität einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Sachpfändung erheblich hinter der Belastung zurücksteht, die einem Schuldner durch eine Zwangsräumung oder Zwangsversteigerung aufgebürdet wird (siehe LG Hannover, Beschl. v. 16.05.1995,11 T 308/94, BeckRS 9998, 03214). Während bei Letzteren das Ergebnis der Vollstreckungshandlung zum Verlust des Wohnraums führt, handelt es sich bei einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Sachpfändung um eine vorübergehende Maßnahme, die die Substanz des von Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Rechtsguts unangetastet lässt. Demgegenüber führt der Abbruch einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Pfändung regelmäßig dazu, dass dem Schuldner Gelegenheit gegeben wird, pfändbare Gegenstände dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen. Bei einer Wohnungsräumung dagegen gefährdet ein kurzfristiges Verschieben den Vollstreckungserfolg nicht. Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die Art und Weise der Wohnungsdurchsuchung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls noch nicht unverhältnismäßig.

38

Der Ehemann der Klägerin litt im Zeitpunkt der Wohnungsdurchsuchung ausweislich der vorgelegten Atteste an einer schwerwiegenden Herzerkrankung, bei der die erhöhte Gefahr eines erneuten Herzinfarkts bestand. Hierbei handelte es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung, zu deren Behandlung er sich am ...10.2013 eine Herzoperation unterzogen hat. Gleichwohl ist das Gericht davon überzeugt, dass die Durchsuchung keinen unzumutbaren Eingriff in die Rechte der Klägerin darstellte. Dies ergibt sich aus dem Folgenden:

39

Die Wohnungsdurchsuchung stellte sowohl für die Klägerin als auch für ihren erkrankten Ehemann in zeitlicher Hinsicht nur eine kurzfristige Belastung und einen vorübergehenden Eingriff in ihre Rechte dar. Sie dauerte nämlich nach dem Erscheinen des Ehemanns der Klägerin noch zirka eine weitere Stunde. Außerdem beließ der Beklagte die gepfändeten Gegenstände in ihrem Gewahrsam. Es ging damit um einen überschaubaren Zeitraum, während dessen sich der Ehemann der Klägerin vor den negativen Folgen der Durchsuchung hätte schützen können.

40

Es war dem Ehemann der Klägerin möglich und zumutbar, der Wohnungsdurchsuchung aus dem Weg zu gehen und so die Gefahr der Hervorrufung eines gesundheitsbedrohenden Erregungszustandes erheblich zu reduzieren. Insbesondere hätte er Bettruhe in einem Zimmer der Wohnung halten können, das nicht (mehr) von der Durchsuchung betroffenen war. Dass ihm dies nicht möglich gewesen wäre, etwa weil die Vollziehungsbeamten gelärmt oder sich ständig in dem Raum aufgehalten hätten, in dem er sich hätte hinlegen können, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist für das Gericht auch aus den Akten nicht erkennbar. Die Klägerin hat lediglich in pauschaler Weise das "gesamte Auftreten" (Schreiben vom 19.10.2013, S. 2) des Vollziehungsbeamten D moniert. Dessen Ratschlag an ihren Ehemann, ein wenig spazieren zu gehen, und die Nachfrage, ob er einen Arzt benötige, mögen sie und ihr Ehemann in der konkreten Situation subjektiv als Hohn empfunden haben. Bei objektiver Betrachtung kommt hierin jedoch gerade das Bestreben des Vollziehungsbeamten D zum Ausdruck, ihren Ehemann bei Durchführung der Zwangsvollstreckung möglichst zu schonen. Selbst wenn der Rückzug innerhalb der Wohnung an einen Ort, an dem er sich hätte hinlegen können, für den Ehemann der Klägerin nicht zumutbar gewesen wäre, wäre es ihm möglich und zumutbar gewesen, die Wohnung für die Dauer der Durchsuchung zu verlassen.

41

Der Ehemann der Klägerin war trotz der am ...10.2013 und damit sieben - und nicht, wie die Klägerin vorgetragen hat, vier - Tage vor der Durchsuchung durchgeführten Herzoperation nicht aus medizinischen Gründen gezwungen, eine ununterbrochene Bettruhe einzuhalten. Dies ergibt sich schon daraus, dass er sich am Morgen des ...10.2013 in das ca. 48 km entfernte G begab, um sich planmäßig einer Lipidapherese - einem Verfahren zur Reinigung des Blutes von "schlechtem" Cholesterin (http://dialyse-wuerzburg.de/index.php?id=lipidapherese) - zu unterziehen. Hätte er dauerhaft Bettruhe einhalten müssen, hätte er liegend transportiert werden müssen. Dies ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch die Lipidapherese machte keine sofortige und umfassende Bettruhe nötig. Anderenfalls hätte er nämlich nicht nach der Behandlung in G nach B zurückkehren dürfen.

42

Für die Zumutbarkeit des Verlassens der Wohnung während der Durchsuchung spricht auch, dass der Ehemann der Klägerin "unmittelbar nach der Wohnungsdurchsuchung" den Kardiologen Dr. H aufgesucht hat, der 2,8 km - oder acht Auto-Minuten (www.google.de/maps) - von der durchsuchten Wohnung entfernt niedergelassen ist, um die gesundheitlichen Auswirkungen der Durchsuchung dokumentieren zu lassen. Wenn ihm dies nach der Wohnungsdurchsuchung möglich war, ohne dass sich hieran eine besondere Medikation oder gar ein Krankenhausaufenthalt angeschlossen hätte - das Attest von Dr. H vom ...10.2013 bietet hierfür keine Anhaltspunkte -, muss ihm dies erst recht unmittelbar nach seiner Rückkehr aus G möglich gewesen sein, also bevor er sich dem durch die Anwesenheit bei der Wohnungsdurchsuchung verursachten Stress aussetzte.

43

Es hätten auch Orte zur Verfügung gestanden, zu denen sich der Ehemann der Klägerin zumutbar hätte begeben können. Zum einen ist nichts ersichtlich, was dagegen gesprochen hätte, sich sogleich in die Obhut des Dr. H zu begeben, der gegebenenfalls eine (vorsorgliche) stationäre Einweisung hätte veranlassen können. Alternativ hätte er sich auch direkt - sei es mit einem Taxi oder einem Krankentransportwagen - (vorsorglich) in ein Krankenhaus einliefern lassen können. Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag der Klägerin, dass eine Fahrt in ein Krankenhaus mit einer "erheblichen Öffentlichkeit in dem speziellen Wohnviertel" noch mehr Stress ausgelöst hätte. Es ist schon nicht ersichtlich, welchen Makel es auslösen soll, dass jemand mit einem Krankentransportwagen abgeholt wird.

44

Die von der Klägerin angeführten Entscheidungen, nach denen ihr Ehemann nicht verpflichtet gewesen sein soll, sich in ein Krankenhaus zu begeben, sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Sie beziehen sich allesamt auf Entscheidungen zur Haftverschonung nach § 906 ZPO. Bei der Inhaftnahme zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft handelt es sich nämlich um eine unmittelbar gegen die betroffene Person gerichtete Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die von der Belastungsintensität deutlich über das vorübergehende Dulden einer Hausdurchsuchung hinausgeht. Daher ist es unerheblich, ob der Ehemann der Klägerin haftunfähig war. Entscheidend ist allein, dass es ihm - wie dargelegt - möglich und zumutbar gewesen wäre, sich während der Hausdurchsuchung an einen anderen Ort, etwa zu einem Arzt oder in ein Krankenhaus, zu begeben.

45

Da der Ehemann der Klägerin selbst nicht Vollstreckungsschuldner war, stand dem Verlassen der Wohnung auch nicht entgegen, dass dann die Schuldnerrechte nicht mehr ausreichend gewahrt werden könnten. Zur Zumutbarkeit des Verlassens der Wohnung trägt auch bei, dass die Pfändung nach Erscheinen des Ehemanns der Klägerin nur noch zirka eine Stunde dauerte (laut Protokoll erfolgte die Pfändung um 10:50 Uhr). Er hätte mit der Klägerin verabreden können, dass sie ihn telefonisch vom Ende der Durchsuchung benachrichtigt.

46

Die Bescheinigung des Dr. H, nach der die Durchsuchung zum Tod des Ehemanns der Klägerin hätten führen können und ihm "gesundheitlich weiteren erheblichen Schaden zugefügt" habe, steht der Zumutbarkeit der Wohnungsdurchsuchung nicht entgegen. Diese Feststellungen beziehen sich nämlich auf die Vollstreckung, so wie sie tatsächlich durchgeführt worden ist. Nicht dargelegt ist hierdurch jedoch, dass es medizinisch sinnlos gewesen wäre, sich der Vollstreckung innerhalb der Wohnung zu entziehen oder sofort nach Rückkehr aus G einen Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Die Klägerin und ihr Ehemann mussten im Übrigen mit unangekündigten Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten rechnen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.05.2013 kündigte sie die strafrechtliche Überprüfung etwaiger Vollstreckungshandlungen an. Zuletzt wandte sie sich mit anwaltlichem Schreiben vom 06.06.2013 an den Beklagten, um eine Vollstreckung abzuwenden. Bis zur Durchführung der Wohnungsdurchsuchung am ...10.2013 hatte sie keine Anhaltspunkte, dass der Beklagte von einer Vollstreckung absehen würde. Sie und ihr Ehemann hatten somit Zeit, sich zu überlegen, wie sie sich etwa im Falle einer Wohnungsdurchsuchung verhalten würden.

47

2.2 Die Durchführung der Vollstreckung (§ 249 Abs. 1 S. 1 AO) war auch nicht ermessensfehlerhaft. Hierbei prüft das Gericht nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 102 S. 1 FGO). Nach diesem Prüfungsmaßstab sind Ermessensfehler nicht zu erkennen.

48

Insbesondere steht der Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses nicht entgegen, dass die Klägerin am ...09.2013 vor dem Finanzamt B - also auf Betreiben eines anderen Gläubigers - eine Vermögensauskunft abgegeben hat. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin die Vermögensauskunft bei der Vollstreckung nicht vorlag, sondern sie die Vollstreckungsbeamten während der Durchsuchung lediglich hierauf hingewiesen hatte. Zur Vollstreckungsakte ist die Vermögensauskunft erst nach der Durchsuchung gelangt (Bl. 86 ff. I der Sachakte).

49

Selbst wenn die Vermögensauskunft während der Hausdurchsuchung vorgelegen hätte, hätte dies ihre Fortführung nicht ermessensfehlerhaft werden lassen. Beide Vollstreckungshandlungen - die Vermögensauskunft (§ 284 AO) und die Sachpfändung (§§ 281 ff. AO) - stehen nämlich selbständig nebeneinander (Müller-Eiselt, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 235. EL Okt. 2015, § 284 AO Rn. 5). Die einmal abgegebene Vermögensauskunft sperrt - mit bestimmten Einschränkungen - lediglich für zwei Jahre die Abgabe einer erneuten Vermögensauskunft (§ 802d Abs. 1 ZPO), nicht jedoch die Durchführung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen. Anderenfalls könnte sich ein Schuldner allein durch die Abgabe einer - falschen - Vermögensauskunft vor jeglichen Vollstreckungsmaßnahmen schützen, obwohl die praktische Erfahrung zeigt, dass - trotz Strafbewehrung - auf die Richtigkeit und Vollständigkeit von Schuldner-Selbstauskünften wenig Verlass ist (so ausdrücklich der Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, BT-Drs. 16/10069, S. 20). Tatsächlich wurde im vorliegenden Fall ein TV-Flachbildschirmgerät Philips gepfändet, den die Klägerin in der Vermögensauskunft vom ...09.2013 nicht angegeben hatte, obwohl dort unter Nr. 22 a) auch Gegenstände zu nennen waren, die unter Eigentumsvorbehalt gekauft, zur Sicherheit übereignet oder freiwillig verpfändet worden sind.

50

2.3 Das Gericht durfte entscheiden, obwohl ihm die Schreiben an die Leiterin des beklagten Hauptzollamtes vom 13.12.2013, an die BFD ... vom 04.02.2014 und an das BMF vom 25.02.2014 nicht vorlagen. Da diese nicht unmittelbar den Streitfall betreffen bzw. an andere Behörden gerichtet sind, waren sie nicht zwingend gemäß § 71 Abs. 2 FGO vorzulegen. Weil es für das Gericht nicht ersichtlich ist, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sie enthalten könnten, musste es sie nicht gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 FGO beiziehen. Auf seine Aufforderung vom 15.06.2015, zur Relevanz der Schreiben weiter vorzutragen oder diese vorzulegen, hat die Klägerin nicht reagiert.

V.

51

Die Klage ist mit dem Klagantrag zu 2., soweit er zulässig ist, unbegründet.

52

1. Die Klage auf Aufhebung der Pfändung des TV-Flachbildschirmgeräts Philips ist teilweise unzulässig. Da die Sachpfändung ein Verwaltungsakt ist (Kruse, in: Tipke/Kruse, 136. EL Mai 2014, § 281 AO Rn. 4), ist sie als Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 Var. 1 FGO) statthaft. Der Klägerin fehlt jedoch die Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO), soweit sie geltend macht, die Pfändung sei rechtswidrig, weil hierdurch Eigentumsrechte Dritter verletzt würden. Derartige Rechte muss ein Dritter selbst gemäß § 262 Abs. 1 AO vor den ordentlichen Gerichten geltend machen. Dagegen ist die Anfechtungsklage zulässig, soweit sich die Klägerin gegen die Rechtswidrigkeit der Pfändung im Übrigen richtet.

53

2. Soweit die Klage auf Aufhebung der Pfändung des TV-Flachbildschirmgeräts Philips zulässig ist, ist sie unbegründet. Diese Pfändung ist rechtmäßig erfolgt.

54

2.1 Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lagen vor. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt für die Vollstreckung zu Gunsten der Bundesbehörden das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG). Gemäß § 3 Abs. 1 VwVG wird die Vollstreckung durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht. Sie wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf (§ 3 Abs. 4 VwVG). Die BA hat mit Schreiben vom 12., 18. und 27.06. sowie vom 26.11.2012 eine Vollstreckungsanordnung hinsichtlich der vier Leistungsbescheide erlassen. Zuletzt hat die BA mit Schreiben vom 04.09.2013 mitgeteilt, dass die Forderungen fällig und vollstreckbar sind. Der Beklagte ist die örtlich zuständige Vollstreckungsbehörde (§ 5 Abs. 1 VwVG i. V. m. § 249 Abs. 1 S. 3 AO). Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 a) Hauptzollamtszuständigkeitsverordnung werden ihm die Zuständigkeiten des HZA B für die Vollstreckung wegen Geldforderungen übertragen.

55

2.2 Die Voraussetzungen für die Pfändung gemäß § 5 Abs. 1 VwVG i. V. m. § 281 ff. AO lagen vor. Die Vollziehungsbeamten des Beklagten haben das TV-Flachbildschirmgerät Philips durch Anbringen eines Pfandsiegels in Besitz genommen und im Gewahrsam der Klägerin belassen (§ 286 Abs. 2 AO).

56

Die Vollziehungsbeamten durften zum Zwecke der Pfändung gegen den Willen der Klägerin ihre Wohn- und Geschäftsräume betreten, da sie hierzu durch den Beschluss des AG B vom 16.09.2013 gemäß § 287 Abs. 4 Satz 1 AO ermächtigt waren. Es kann dahinstehen, ob die Pfändung rechtswidrig wäre, wenn die Art und Weise der Vollziehung dieses Beschlusses rechtsfehlerhaft erfolgt wäre. Wie dargelegt (IV.), war dies nicht der Fall.

VI.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 138 Abs. 2 Satz 1 FGO. Hierbei geht das Gericht von einem Streitwert der Klage von 2.530,70 € aus. Für den Klagantrag zu 1. beträgt dieser 2.030,70 €. Dies ist der Wert der Forderung, deretwegen der Durchsuchungsbeschluss vollzogen wurde. Der Streitwert des Klagantrags zu 2. beträgt 500 €. Dies ist der im Pfändungsprotokoll geschätzte Wert aller bei Klageerhebung noch gepfändeten Gegenstände.

58

Für den erledigten Teil des Klagantrags zu 2. hat der Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO die Kosten zu tragen, da insoweit dem ursprünglichen Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Pfändung stattgegeben wurde. Da die Waren, auf die sich die Erledigungserklärung bezieht, einen Schätzwert von 300 € haben, hat der Beklagte die Kosten in Höhe von 300/2.530,70, mithin rund 12%, zu tragen. Da die Klägerin im Übrigen unterlegen ist, hat sie gemäß § 135 Abs. 1 FGO die sonstigen Kosten zu tragen.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 1, 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu

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(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben 1. in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,2. in öf

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(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. (2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch

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(1) Der Schuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c oder nach § 284 der Abgabenordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, ein Gläubiger macht Tatsachen glaubhaft, die a

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(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht. (2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind: a) der Leistungsbescheid, durch d

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 66 Vollstreckung


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(1) Die Finanzbehörden können Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Dies gilt auch für Steueranmeldungen (§ 168). Vollstreckungsbehörden si

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 5 Anzuwendende Vollstreckungsvorschriften


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Abgabenordnung - AO 1977 | § 287 Befugnisse des Vollziehungsbeamten


(1) Der Vollziehungsbeamte ist befugt, die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse des Vollstreckungsschuldners zu durchsuchen, soweit dies der Zweck der Vollstreckung erfordert. (2) Er ist befugt, verschlossene Türen und Behältnisse öffne

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(1) Die Generalzolldirektion bestimmt den Bezirk und den Sitz der Hauptzollämter und der Zollfahndungsämter. (2) Die Hauptzollämter sind als örtliche Bundesbehörden für die Verwaltung der Zölle, der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einsc

Abgabenordnung - AO 1977 | § 262 Rechte Dritter


(1) Behauptet ein Dritter, dass ihm am Gegenstand der Vollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe oder werden Einwendungen nach den §§ 772 bis 774 der Zivilprozessordnung erhoben, so ist der Widerspruch gegen die Vollstreckung erforder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 281 Pfändung


(1) Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung. (2) Die Pfändung darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Deckung der beizutreibenden Geldbeträge und der Kosten der Vollstreckung erforderlich ist. (3) Die Pfänd

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(1) Wird Guthaben wegen einer der in § 850d oder § 850f Absatz 2 bezeichneten Forderungen gepfändet, tritt an die Stelle der nach § 899 Absatz 1 und § 902 Satz 1 pfändungsfreien Beträge der vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss belassene Be

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(1) Sachen, die im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners sind, pfändet der Vollziehungsbeamte dadurch, dass er sie in Besitz nimmt. (2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners zu lasse

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Finanzgericht Hamburg Urteil, 06. Jan. 2016 - 4 K 203/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 29. Juli 2014 - 2 BvR 1400/14

bei uns veröffentlicht am 29.07.2014

Tenor 1. Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2014 - 2-09 T 385/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Er w

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Die Generalzolldirektion bestimmt den Bezirk und den Sitz der Hauptzollämter und der Zollfahndungsämter.

(2) Die Hauptzollämter sind als örtliche Bundesbehörden für die Verwaltung der Zölle, der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer und der Biersteuer, der Luftverkehrsteuer, der Kraftfahrzeugsteuer, der Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften, für die zollamtliche Überwachung des Warenverkehrs über die Grenze, für die Grenzaufsicht, für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung und für die ihnen sonst übertragenen Aufgaben zuständig.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zuständigkeit eines Hauptzollamts nach Absatz 2 auf einzelne Aufgaben beschränken oder Zuständigkeiten nach Absatz 2 einem Hauptzollamt für den Bereich mehrerer Hauptzollämter übertragen, wenn dadurch der Vollzug der Aufgaben verbessert oder erleichtert wird. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Generalzolldirektion übertragen.

(4) (weggefallen)

(1) Der Vollziehungsbeamte ist befugt, die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse des Vollstreckungsschuldners zu durchsuchen, soweit dies der Zweck der Vollstreckung erfordert.

(2) Er ist befugt, verschlossene Türen und Behältnisse öffnen zu lassen.

(3) Wenn er Widerstand findet, kann er Gewalt anwenden und hierzu um Unterstützung durch Polizeibeamte nachsuchen.

(4) Die Wohn- und Geschäftsräume des Vollstreckungsschuldners dürfen ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer richterlichen Anordnung durchsucht werden. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde. Für die richterliche Anordnung einer Durchsuchung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll.

(5) Willigt der Vollstreckungsschuldner in die Durchsuchung ein, oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 4 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 4 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an den Wohn- oder Geschäftsräumen des Vollstreckungsschuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsaminhabern sind zu vermeiden.

(6) Die Anordnung nach Absatz 4 ist bei der Vollstreckung vorzuzeigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Der Vollziehungsbeamte ist befugt, die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse des Vollstreckungsschuldners zu durchsuchen, soweit dies der Zweck der Vollstreckung erfordert.

(2) Er ist befugt, verschlossene Türen und Behältnisse öffnen zu lassen.

(3) Wenn er Widerstand findet, kann er Gewalt anwenden und hierzu um Unterstützung durch Polizeibeamte nachsuchen.

(4) Die Wohn- und Geschäftsräume des Vollstreckungsschuldners dürfen ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer richterlichen Anordnung durchsucht werden. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde. Für die richterliche Anordnung einer Durchsuchung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll.

(5) Willigt der Vollstreckungsschuldner in die Durchsuchung ein, oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 4 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 4 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an den Wohn- oder Geschäftsräumen des Vollstreckungsschuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsaminhabern sind zu vermeiden.

(6) Die Anordnung nach Absatz 4 ist bei der Vollstreckung vorzuzeigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2014 - 2-09 T 385/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Die Räumungsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Dezember 2012 - 843 K 014/11 - wird bis zum 30. September 2014, längstens bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts über den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 765a ZPO, ausgesetzt.

4. Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen einschließlich der im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Umgang mit einer Suizidgefahr in einem auf Räumung eines Wohnhauses gerichteten Zwangsvollstreckungsverfahren.

2

1. Der 81jährige Beschwerdeführer und seine Ehefrau verloren durch Zuschlagsbeschluss vom 10. Dezember 2012 das Eigentum an dem von ihnen bewohnten Haus. Der Ersteher des Grundstücks (im Folgenden "Gläubiger") verfolgt seine Ansprüche auf Räumung und Herausgabe im Wege der Zwangsvollstreckung. Mit Antrag vom 7. August 2013 beantragten die Eheleute Vollstreckungsschutz. Zur Begründung führten sie unter Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen aus, der Beschwerdeführer leide unter einer schweren koronaren Herzerkrankung, einem Prostatakarzinom und einer schweren depressiven Symptomatik. Im Fall einer Zwangsräumung bestehe die Gefahr schwerster gesundheitlicher Beeinträchtigungen mit lebensbedrohlichen Konsequenzen.

3

2. Das Amtsgericht stellte die Vollstreckung hinsichtlich des Beschwerdeführers bis zum 30. September 2013 ein. Zur Begründung führte es aus, diese Frist sei ausreichend, damit der Beschwerdeführer sich von den aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen erholen und auf das Verlassen des Wohnhauses einstellen könne.

4

3. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers holte das Landgericht unter vorläufiger Einstellung der Zwangsvollstreckung ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige diagnostizierte eine depressive Episode und kam in seinem Gutachten vom 23. Januar 2014 zu folgenden Ergebnissen:

"Die als hoch zu bewertende Suizidgefahr des [Beschwerdeführers] im Falle einer Räumung kann durch eine vorübergehende Unterbringung nicht zuverlässig abgewendet werden. Einerseits wäre die akute Suizidalität sicher ein Grund für eine Krankenhausaufnahme, bedauerlicherweise lassen sich Suizide in psychiatrischen Krankenhäusern aber nicht zuverlässig verhindern. (…). Die Bestellung eines Betreuers ist im Rahmen einer akuten Suizidalität keine Maßnahme, die einen Suizid verhindern kann. (…). In einer psychiatrisch/psychotherapeutischen Behandlung sehe ich den entscheidenden Einflussfaktor, der es [dem Beschwerdeführer] ermöglichen könnte, einen Weg in der Bewältigung der jüngsten Ereignisse und deren Folgen zu finden. (…). [Der Beschwerdeführer] zeigte sich krankheitseinsichtig (…). Er stimmte der Behandlungsbedürftigkeit seiner seelischen Krise zu und signalisierte glaubhaft eine tragfähige Bereitschaft zur Mitwirkung. (…). Mit Blick auf die Suizidalität und die im Zentrum des Gutachtenauftrag[s] stehenden Fragen erscheint es angemessen, davon auszugehen, dass [der Beschwerdeführer] nach Beginn der ambulanten Psychotherapie zumindest einen Zeitraum von sechs Monaten benötigen wird, um sich eine ausreichende innere Stabilität zu erarbeiten, die die Gefahr des Wechsels vom präsuizidalen Syndrom in eine akute Suizidalität auf ein vertretbares Maß vermindert hat."

5

4. Mit Schreiben vom 25. März 2014 bat das Landgericht das Betreuungsgericht um Überprüfung, ob dem Beschwerdeführer ein gesetzlicher Betreuer bestellt und er in Anbetracht der laufenden Zwangsvollstreckung gemäß § 1 des hessischen Gesetzes über die Entziehung der Freiheit geisteskranker, geistesschwacher, rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen vom 19. Mai 1952 (im Folgenden "HFEG", GVBl 1952, S. 111) vorübergehend unterbracht werden solle. Weitere lebensschützende Maßnahmen würden anheimgestellt. Das Betreuungsgericht holte einen Bericht der Betreuungsbehörde ein. Es bat ferner das Ordnungsamt um Prüfung, ob Maßnahmen nach dem HFEG in Betracht kämen. Am 24. April 2014 stellte es das Betreuungsverfahren ein, weil eine Betreuung gemäß § 1896 Abs. 2 BGB nicht erforderlich sei. Überdies lehne der Beschwerdeführer die Bestellung eines Betreuers ab. Gegen den Willen des Betroffenen dürfe keine Betreuung eingerichtet werden.

6

5. Mit Beschluss vom 19. Mai 2014 wies das Landgericht die sofortige Beschwerde zurück. Zur Begründung führte es aus, ob sich aus den Feststellungen des Sachverständigen tatsächlich eine für den Fall der Räumung bestehende akute Suizidgefahr ergebe, sei zweifelhaft. Letztlich könne dies aber offen bleiben, denn das Betreuungsgericht als das für den Lebensschutz primär zuständige Gericht habe auf der Grundlage der Akte und des Sachverständigengutachtens keine Veranlassung für die Einrichtung einer Betreuung oder die Ergreifung ergänzender lebensschützender Maßnahmen gesehen. Auf diese Einschätzung dürfe das Vollstreckungsgericht sich verlassen. In diesem Zusammenhang spreche gegen eine drohende Suizidgefahr auch, dass der Beschwerdeführer selbst die Unterstützung durch einen fachkundigen Betreuer ablehne und sich in der Lage sehe, alle seine Angelegenheiten selbständig zu erledigen. Als flankierende Maßnahme zum Schutze des Schuldners werde die Kammer den Beschluss zunächst dem Betreuungsgericht übersenden und die Bekanntgabe an die Parteien ankündigen.

7

6. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Das Landgericht habe das Bestehen einer Suizidgefahr und die geeigneten Maßnahmen zu deren Abwendung nicht im gebotenen Umfang geprüft. Es werde seiner Pflicht, im Vollstreckungsverfahren das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten, nicht dadurch gerecht, dass es sie auf eine schlichte Hinweispflicht reduziere. Ein Tätigwerden des Betreuungsgerichts komme nur dann in Betracht, wenn keine milderen Mittel zur Abwendung der Suizidgefahr gegeben seien. Diese stünden wegen der vom Sachverständigen empfohlenen ambulanten Psychotherapie hier zur Verfügung.

8

7. Der Gläubiger hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Er sei daran gehindert, das Haus - wie ursprünglich beabsichtigt - als Wohnhaus für sich und seine Familie zu nutzen. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau zahlten weder eine Nutzungsentschädigung noch die Entsorgungsgebühren. Allein im Jahr 2013 habe er einen Schaden in Höhe von 40.000 € erlitten. Er selbst, seine Ehefrau und seine beiden Kinder seien gravierenden psychischen und gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt.

9

8. Die Hessische Staatskanzlei hat von einer Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

10

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Danach verstößt der Beschluss des Landgerichts vom 19. Mai 2014 gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

11

a) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Eine unter Beachtung dieser Grundsätze vorgenommene Würdigung aller Umstände kann in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. Ergibt die erforderliche Abwägung, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden, unmittelbar der Erhaltung von Leben und Gesundheit dienenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange, deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen (vgl. BVerfGE 52, 214 <219 f.>; BVerfGK 6, 5 <10>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 2014 - 2 BvR 2457/13 -, juris, Rn. 9).

12

Die Vollstreckungsgerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgeschlossen werden und dadurch der sich aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird. Dies kann es erfordern, dass Beweisangeboten des Schuldners, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen, besonders sorgfältig nachgegangen wird (vgl. BVerfGE 52, 214 <220 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 2014 - 2 BvR 2457/13 -, juris, Rn. 10). Ein Verweis auf die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Betreuungsgerichte kann allenfalls dann verfassungsrechtlich tragfähig sein, wenn diese entweder Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen getroffen oder aber eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösende Moment - hier: die Durchführung der Räumung - nach sorgfältiger Prüfung abschließend verneint haben (vgl. BVerfG, Beschluss 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 320/11 -, juris, Rn. 68).

13

b) Nach diesen Maßstäben ist der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2014 mit dem Grundrecht des Beschwerdeführers auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht zu vereinbaren (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

14

aa) Obwohl der Sachverständige eine Suizidgefahr festgestellt und sie für den Fall der Räumung als hoch bewertet hat, stützt das Landgericht die Versagung von Vollstreckungsschutz allein darauf, dass das Betreuungsgericht als das für den Lebensschutz primär zuständige Gericht auf der Grundlage der Akte und des Sachverständigengutachtens keine Veranlassung für die Einrichtung einer Betreuung oder die Ergreifung ergänzender lebensschützender Maßnahmen wie eine vorübergehende Unterbringung des Beschwerdeführers gesehen habe.

15

bb) Das ist verfassungsrechtlich nicht tragfähig. Es wird der dem Vollstreckungsgericht obliegenden Pflicht, Grundrechtsverletzungen nach Möglichkeit auszuschließen und im Hinblick darauf den Sachverhalt aufzuklären und die Interessen der Beteiligten sorgfältig zu ermitteln, nicht gerecht.

16

Das Betreuungsgericht hat weder Maßnahmen zum Schutz des Beschwerdeführers getroffen, noch eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das die Gefahr auslösende Moment der Räumung nach sorgfältiger Prüfung abschließend verneint (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 320/11 -, juris, Rn. 68). Aus der beigezogenen Verfahrensakte ergibt sich (schon) nicht, ob und mit welchem Ergebnis die von dem Betreuungsgericht veranlasste Prüfung durch das Ordnungsamt vorgenommen worden ist. Das Landgericht hätte daher selbst prüfen müssen, ob die von dem Sachverständigen für den Fall der Räumung bejahte Suizidgefahr Vollstreckungsschutzmaßnahmen gebietet (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. November 2012 - 2 BvR 1858/12 -, juris, Rn. 18). Das hat es nicht getan.

17

Soweit sich seinen Ausführungen im Übrigen entnehmen lässt, dass es die Einschätzung des Sachverständigen hinsichtlich der für den Fall der Räumung bestehenden Suizidgefahr in Frage stellen will, durfte es nicht ohne Darlegung eigener Sachkunde und ohne Beratung durch einen anderen Sachverständigen von den fachkundigen Feststellungen und Einschätzungen des von ihm gerade wegen fehlender medizinischer Sachkunde beauftragten Gutachters abweichen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - V ZB 80/12 -, juris, Rn. 7 m.w.N.).

18

2. Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2014 ist wegen des Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG aufzuheben (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beruht auf § 95 Abs. 2 BVerfGG.

19

Angesichts der bisherigen Verfahrensdauer und im Hinblick auf die durch das Verfahren verursachten schwerwiegenden - nicht nur finanziellen - Belastungen des Gläubigers und seiner Angehörigen wird das weitere Verfahren mit der größtmöglichen Beschleunigung zu führen sein. Das Landgericht wird so schnell wie möglich die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung zu treffen haben. Bei der notwendigen umfassenden, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Würdigung der Gesamtumstände (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - V ZB 80/12 -, juris, Rn. 8), wird auch zu berücksichtigen sein, welche Anstrengungen dem laut dem Sachverständigengutachten krankheitseinsichtigen, zur Aufnahme der von dem Gutachter vorgeschlagenen psychotherapeutischen Behandlung bereiten und von seiner Ehefrau und seinem Sohn unterstützten Beschwerdeführer jedenfalls seit Vorliegen des Gutachtens zumutbar waren und sind, um sich einer solchen Behandlung zu unterziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. September 2003 - 1 BvR 1920/03 -, juris, Rn. 15; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Februar 1993 - 2 BvR 2077/92 -, juris, Rn. 20, 22).

20

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Aufgrund der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht steht der Rechtsweg zur Entscheidung über die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen den Beschluss des Amtsgerichts wieder offen, so dass die Verfassungsbeschwerde insoweit nach dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität nicht zur Entscheidung anzunehmen war (vgl. BVerfGK 7, 350 <357>; 15, 37 <53>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. September 2003 - 1 BvR 1920/03 -, juris, Rn. 16). Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

21

4. Da allein die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts noch nicht zu einer Einstellung der Zwangsvollstreckung führt, ist die befristete Aussetzung der Zwangsvollstreckung bis zum Erlass einer erneuten Entscheidung des Landgerichts anzuordnen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2005 - 1 BvR 224/05 -, juris, Rn. 26).

22

5. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Wird Guthaben wegen einer der in § 850d oder § 850f Absatz 2 bezeichneten Forderungen gepfändet, tritt an die Stelle der nach § 899 Absatz 1 und § 902 Satz 1 pfändungsfreien Beträge der vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss belassene Betrag. In den Fällen des § 850d Absatz 1 und 2 kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag einen von Satz 1 abweichenden pfändungsfreien Betrag festlegen.

(2) Das Vollstreckungsgericht setzt auf Antrag einen von § 899 Absatz 1 und § 902 Satz 1 abweichenden pfändungsfreien Betrag fest, wenn sich aus einer bundes- oder landesrechtlichen Vorschrift eine solche Abweichung ergibt.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2

1.
ist der Betrag in der Regel zu beziffern,
2.
hat das Vollstreckungsgericht zu prüfen, ob eine der in § 732 Absatz 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen ist, und
3.
gilt § 905 Satz 2 entsprechend.

(4) Für Beträge, die nach den Absätzen 1 oder 2 festgesetzt sind, gilt § 899 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Finanzbehörden können Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Dies gilt auch für Steueranmeldungen (§ 168). Vollstreckungsbehörden sind die Finanzämter und die Hauptzollämter sowie die Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist; § 328 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Zur Vorbereitung der Vollstreckung können die Finanzbehörden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners ermitteln. Die Finanzbehörde darf ihr bekannte, nach § 30 geschützte Daten, die sie bei der Vollstreckung wegen Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden darf, auch bei der Vollstreckung wegen anderer Geldleistungen als Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden.

(3) Zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen können die Vollstreckungsbehörden Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung stellen. § 757a Absatz 5 der Zivilprozessordnung ist dabei nicht anzuwenden.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Der Vollstreckungsschuldner muss der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Zusätzlich hat er seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.

(2) Zur Auskunftserteilung hat der Vollstreckungsschuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:

1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Vollstreckungsschuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;
2.
die unentgeltlichen Leistungen des Vollstreckungsschuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richteten.
Sachen, die nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 der Zivilprozessordnung der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt.

(3) Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Vollstreckungsschuldner über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung, insbesondere über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung, zu belehren.

(4) Der Vollstreckungsschuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach dieser Vorschrift oder nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, es ist anzunehmen, dass sich die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners wesentlich geändert haben. Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde.

(5) Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet. Liegen diese Voraussetzungen bei der Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, nicht vor, so kann sie die Vermögensauskunft abnehmen, wenn der Vollstreckungsschuldner zu ihrer Abgabe bereit ist.

(6) Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen; sie kann mit der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 verbunden werden. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber und über seine Rechte und Pflichten nach den Absätzen 2 und 3, über die Folgen einer unentschuldigten Terminssäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren.

(7) Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde ein elektronisches Dokument mit den nach den Absätzen 1 und 2 erforderlichen Angaben (Vermögensverzeichnis). Diese Angaben sind dem Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der Versicherung nach Absatz 3 vorzulesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben. Ihm ist auf Verlangen ein Ausdruck zu erteilen. Die Vollstreckungsbehörde hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 der Zivilprozessordnung. Form, Aufnahme und Übermittlung des Vermögensverzeichnisses haben den Vorgaben der Verordnung nach § 802k Abs. 4 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(8) Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der in Absatz 5 Satz 1 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe beantragen. Zuständig für die Anordnung der Haft ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Die §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. Die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. § 292 dieses Gesetzes gilt entsprechend. Nach der Verhaftung des Vollstreckungsschuldners kann die Vermögensauskunft von dem nach § 802i der Zivilprozessordnung zuständigen Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der in Absatz 5 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem der Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Haft abgelehnt wird, unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung.

(9) Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung anordnen, wenn

1.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,
2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde oder wegen der die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen könnte, oder
3.
der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt. Gleiches gilt, wenn die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen kann, sofern der Vollstreckungsschuldner die Forderung nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen wurde.
Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Sie ist dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(10) Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung nach Absatz 9 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung mit den in § 882b Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung genannten Daten elektronisch zu übermitteln. Dies gilt nicht, wenn Anträge auf Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung der Eintragungsanordnung nach § 361 dieses Gesetzes oder § 69 der Finanzgerichtsordnung anhängig sind, die Aussicht auf Erfolg haben.

(11) Ist die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung erfolgt, sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe des Vollstreckungsschuldners gegen die Eintragungsanordnung durch die Vollstreckungsbehörde oder durch das Gericht dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung elektronisch zu übermitteln. Form und Übermittlung der Eintragungsanordnung nach Absatz 10 Satz 1 und 2 sowie der Entscheidung nach Satz 1 haben den Vorgaben der Verordnung nach § 882h Abs. 3 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(1) Der Schuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c oder nach § 284 der Abgabenordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, ein Gläubiger macht Tatsachen glaubhaft, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Besteht keine Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft nach Satz 1, leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu; ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung ist unbeachtlich. Der Gläubiger darf die erlangten Daten nur zu Vollstreckungszwecken verarbeiten und hat die Daten nach Zweckerreichung zu löschen; hierauf ist er vom Gerichtsvollzieher hinzuweisen. Von der Zuleitung eines Ausdrucks nach Satz 2 setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner in Kenntnis und belehrt ihn über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 882c).

(2) Anstelle der Zuleitung eines Ausdrucks kann dem Gläubiger auf Antrag das Vermögensverzeichnis als elektronisches Dokument übermittelt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt ist.

(1) Die Klageschrift ist dem Beklagten von Amts wegen zuzustellen. Zugleich mit der Zustellung der Klage ist der Beklagte aufzufordern, sich schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu äußern. Hierfür kann eine Frist gesetzt werden.

(2) Die beteiligte Finanzbehörde hat die den Streitfall betreffenden Akten nach Empfang der Klageschrift an das Gericht zu übermitteln.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung.

(2) Die Pfändung darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Deckung der beizutreibenden Geldbeträge und der Kosten der Vollstreckung erforderlich ist.

(3) Die Pfändung unterbleibt, wenn die Verwertung der pfändbaren Gegenstände einen Überschuss über die Kosten der Vollstreckung nicht erwarten lässt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

(1) Behauptet ein Dritter, dass ihm am Gegenstand der Vollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe oder werden Einwendungen nach den §§ 772 bis 774 der Zivilprozessordnung erhoben, so ist der Widerspruch gegen die Vollstreckung erforderlichenfalls durch Klage vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Als Dritter gilt auch, wer zur Duldung der Vollstreckung in ein Vermögen, das von ihm verwaltet wird, verpflichtet ist, wenn er geltend macht, dass ihm gehörende Gegenstände von der Vollstreckung betroffen seien. Welche Rechte die Veräußerung hindern, bestimmt sich nach bürgerlichem Recht.

(2) Für die Einstellung der Vollstreckung und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gelten die §§ 769 und 770 der Zivilprozessordnung.

(3) Die Klage ist ausschließlich bei dem Gericht zu erheben, in dessen Bezirk die Vollstreckung erfolgt. Wird die Klage gegen die Körperschaft, der die Vollstreckungsbehörde angehört, und gegen den Vollstreckungsschuldner gerichtet, so sind sie Streitgenossen.

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:

a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)
die Fälligkeit der Leistung;
c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

(1) Das Verwaltungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz richten sich im Falle des § 4 nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§§ 77, 249 bis 258, 260, 262 bis 267, 281 bis 317, 318 Abs. 1 bis 4, §§ 319 bis 327).

(2) Wird die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

(1) Die Finanzbehörden können Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Dies gilt auch für Steueranmeldungen (§ 168). Vollstreckungsbehörden sind die Finanzämter und die Hauptzollämter sowie die Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist; § 328 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Zur Vorbereitung der Vollstreckung können die Finanzbehörden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners ermitteln. Die Finanzbehörde darf ihr bekannte, nach § 30 geschützte Daten, die sie bei der Vollstreckung wegen Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden darf, auch bei der Vollstreckung wegen anderer Geldleistungen als Steuern und steuerlicher Nebenleistungen verwenden.

(3) Zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen können die Vollstreckungsbehörden Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung stellen. § 757a Absatz 5 der Zivilprozessordnung ist dabei nicht anzuwenden.

(1) Das Verwaltungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz richten sich im Falle des § 4 nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§§ 77, 249 bis 258, 260, 262 bis 267, 281 bis 317, 318 Abs. 1 bis 4, §§ 319 bis 327).

(2) Wird die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

(1) Sachen, die im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners sind, pfändet der Vollziehungsbeamte dadurch, dass er sie in Besitz nimmt.

(2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners zu lassen, wenn die Befriedigung hierdurch nicht gefährdet wird. Bleiben die Sachen im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners, so ist die Pfändung nur wirksam, wenn sie durch Anlegung von Siegeln oder in sonstiger Weise ersichtlich gemacht ist.

(3) Der Vollziehungsbeamte hat dem Vollstreckungsschuldner die Pfändung mitzuteilen.

(4) Diese Vorschriften gelten auch für die Pfändung von Sachen im Gewahrsam eines Dritten, der zu ihrer Herausgabe bereit ist.

(1) Der Vollziehungsbeamte ist befugt, die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse des Vollstreckungsschuldners zu durchsuchen, soweit dies der Zweck der Vollstreckung erfordert.

(2) Er ist befugt, verschlossene Türen und Behältnisse öffnen zu lassen.

(3) Wenn er Widerstand findet, kann er Gewalt anwenden und hierzu um Unterstützung durch Polizeibeamte nachsuchen.

(4) Die Wohn- und Geschäftsräume des Vollstreckungsschuldners dürfen ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer richterlichen Anordnung durchsucht werden. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde. Für die richterliche Anordnung einer Durchsuchung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll.

(5) Willigt der Vollstreckungsschuldner in die Durchsuchung ein, oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 4 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 4 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an den Wohn- oder Geschäftsräumen des Vollstreckungsschuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsaminhabern sind zu vermeiden.

(6) Die Anordnung nach Absatz 4 ist bei der Vollstreckung vorzuzeigen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.

(2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben oder dass im Fall der Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten der Behörde aufzuerlegen. § 137 gilt sinngemäß.

(3) Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.