Bundesverfassungsgericht Beschluss, 22. Okt. 2014 - 2 BvR 661/12

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2014:rs20141022.2bvr066112
bei uns veröffentlicht am22.10.2014

Tenor

1. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 4 Absatz 1 und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 140 des Grundgesetzes und Artikel 137 Absatz 3 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung). Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.

3. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin ein Drittel ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Frage, in welchem Umfang die arbeitsvertragliche Festlegung glaubensbezogener Loyalitätserwartungen durch einen kirchlichen Arbeitgeber und die Gewichtung eines durch den Arbeitnehmer hiergegen begangenen Verstoßes im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens der eigenständigen Überprüfung und Beurteilung seitens der staatlichen Gerichte zugänglich sind.

I.

2

1. Die Arbeit im sozial-karitativen Sektor, vor allem in der Kranken- und Altenpflege, der Behindertenbetreuung sowie der Kinder- und Jugenderziehung stellt neben der Verkündigung des Evangeliums und der Feier der Eucharistie einen Tätigkeitsschwerpunkt der christlichen Kirchen dar. Die Aufgabenwahrnehmung erfolgt dabei entweder unmittelbar durch kirchliche Untergliederungen oder durch rechtlich verselbständigte Vereinigungen und Einrichtungen, die überwiegend in den Wohlfahrtsverbänden der Caritas (römisch-katholische Kirche) und der Diakonie (evangelische Landeskirchen) zusammengeschlossen sind. Die Wohlfahrtsverbände und die einzelnen Träger der Einrichtungen sind regelmäßig als juristische Personen des Privatrechts organisiert. Deren ideelle und organisatorische Verbindungen zur jeweiligen Kirche werden meist durch Satzungsbestimmungen geregelt, die die inhaltliche und personelle Ausrichtung auf die verfasste Kirche festlegen.

3

Seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist die Zahl der kirchlichen Arbeitnehmer sprunghaft angewachsen. Ursachen dieser Entwicklung sind zum einen die gesellschaftlich bedingte Ausweitung kirchlich getragener Tätigkeiten, vor allem im Bereich der Wohlfahrtspflege, die eine zunehmende Professionalisierung der Mitarbeiter erforderte, zum anderen die kontinuierlich abnehmende Zahl der Angehörigen von Orden und ähnlichen Gemeinschaften, die früher zahlreiche Sozial- und Bildungseinrichtungen betrieben hatten (vgl. Isensee, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, 2. Aufl. 1995, § 59, S. 665 <672 f.>). Aufgrund dieser Entwicklung erwies es sich für die Kirchen als unausweichlich, in großem Umfang auch fremdkonfessionelle und nichtchristliche Arbeitnehmer in den kirchlichen Dienst einzubeziehen, um den steigenden Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zu decken.

4

2. Der Gesamtheit des kirchlichen Dienstes liegt nach dem Selbstverständnis der christlichen Kirchen das Leitbild der Dienstgemeinschaft zugrunde (vgl. hierzu bereits: BVerfGE 53, 366 <403 f.>; 70, 138 <165>). Es beschreibt die kirchenspezifische Besonderheit ihres Dienstes, die sich auf ein Gemeinschaftsverhältnis zwischen kirchlichem Arbeitgeber und kirchlichem Arbeitnehmer bezieht und auf die religiöse Bindung des Auftrags kirchlicher Einrichtungen gerichtet ist. Grundgedanke der Dienstgemeinschaft ist die gemeinsam getragene Verantwortung aller im kirchlichen Dienst Tätigen - sei es als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, leitend oder untergeordnet, verkündigungsnah oder unterstützend - für den Auftrag der Kirche (vgl. Keßler, in: Festschrift für Wolfgang Gitter, 1995, S. 461 <465>).

5

Nach dem Selbstverständnis der Kirchen erfordert der Dienst am Herrn die Verkündigung des Evangeliums (Zeugnis), den Gottesdienst (Feier) und den aus dem Glauben erwachsenden Dienst am Mitmenschen (Nächstenliebe). Wer in Einrichtungen tätig wird, die der Erfüllung eines oder mehrerer dieser christlichen Grunddienste zu dienen bestimmt sind, trägt demnach dazu bei, dass diese Einrichtungen ihren Teil am Heilswerk Jesu Christi leisten und damit den Sendungsauftrag seiner Kirche erfüllen können (vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 6. Aufl. 2012, § 4 Rn. 10; Zweites Vatikanisches Konzil, Apostolicam Actuositatem <"Dekret über das Laienapostolat">, Art. 2, zum römisch-katholischen Verständnis).

6

3. Zum Schutz der Integrität der Dienstgemeinschaft und zur Wahrung der Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung in der Öffentlichkeit nehmen kirchliche Arbeitgeber für sich in Anspruch, arbeitsvertraglich gegenüber ihren Arbeitnehmern besondere Loyalitätserwartungen einzufordern, um die Beachtung der tragenden Grundsätze ihrer jeweiligen Glaubens- und Sittenlehre zu gewährleisten.

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a) Diese sogenannten Loyalitätsobliegenheiten begründen nicht vertragliche Nebenpflichten in Bezug auf die Erbringung der rechtsgeschäftlich zugesagten Dienstleistung, sondern betreffen allgemein das - auch außerdienstliche - Verhalten des Arbeitnehmers (vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 6. Aufl. 2012, § 6 Rn. 24, m.w.N.). Ihnen fehlt regelmäßig die "Qualität erzwingbarer Rechtspflichten" (BVerfGE 70, 138 <141>). Ihre Missachtung durch den Arbeitnehmer führt jedoch unter Umständen dazu, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem illoyalen Mitarbeiter für den kirchlichen Arbeitgeber unzumutbar wird und ihn zur Kündigung berechtigt.

8

b) Inhalt und Umfang der arbeitsrechtlichen Loyalitätsobliegenheiten können sich über die gesetzlichen Kündigungsvorschriften auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses auswirken. Im Falle der Verletzung einer Loyalitätsobliegenheit kommt sowohl eine ordentliche (§ 1 Abs. 1 KSchG) als auch eine außerordentliche (§ 626 Abs. 1 BGB) Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Ab Mitte der 1970er Jahre entwickelte sich unter sukzessiver Aufgabe früherer Ansätze in der Rechtsprechung (vgl. BAGE 2, 279 ff.) eine neue höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der die Festlegung besonderer Loyalitätsobliegenheiten nur noch für solche kirchlichen Arbeitnehmer möglich sein sollte, deren Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem kirchlichen Verkündigungsauftrag stand (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 1978 - 1 AZR 70/76 -, juris, Rn. 33; Urteil vom 4. März 1980 - 1 AZR 125/78 -, juris, Rn. 26; Urteil vom 14. Oktober 1980 - 1 AZR 1274/79 -, juris, Rn. 43 ff.; Urteil vom 21. Oktober 1982 - 2 AZR 591/80 -, juris, Rn. 36 f.; Urteil vom 23. März 1984 - 7 AZR 249/81 -, juris, Rn. 39; Urteil vom 31. Oktober 1984 - 7 AZR 232/83 -, juris, Rn. 32). Die Feststellung, ob eine solche "kirchenspezifische" Tätigkeit im konkreten Einzelfall vorlag, sollte hierbei - in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Kündigung von Tendenzträgern in Tendenzbetrieben - der vollumfänglichen Überprüfung durch die staatlichen Arbeitsgerichte unterliegen (vgl. nur: BAG, Urteil vom 14. Oktober 1980 - 1 AZR 1274/79 -, juris, Rn. 45; Urteil vom 21. Oktober 1982 - 2 AZR 591/80 -, juris, Rn. 36 f.).

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c) Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat durch Beschluss vom 4. Juni 1985 (BVerfGE 70, 138 ff.) festgestellt, dass diese arbeitsgerichtliche Rechtsprechung gegen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) verstößt und den verfassten Kirchen grundsätzlich die verbindliche Entscheidung darüber zugesprochen, was "die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert", was "spezifisch kirchliche Aufgaben" sind, was "Nähe" zu ihnen bedeutet, welches die "wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre" sind und was als - gegebenenfalls schwerer - Verstoß gegen diese anzusehen ist. An diese Einschätzung seien die Arbeitsgerichte gebunden, es sei denn, sie begäben sich dadurch in Widerspruch "zu Grundprinzipien der Rechtsordnung" (so BVerfGE 70, 138 <168>; vgl. auch: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 31. Januar 2001 - 1 BvR 619/92 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 7. März 2002 - 1 BvR 1962/01 -, juris).

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d) Für die römisch-katholische Kirche verabschiedete die Gesamtheit der deutschen (Erz-)Bischöfe am 22. September 1993 eine Fortschreibung der "Erklärung der deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst" (nachfolgend: Erklärung) sowie die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" (nachfolgend: Grundordnung, GrO), durch die in Ausübung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts die verfassungsgerichtlich anerkannten Freiräume durch eine eigene kirchenrechtliche Regelung in einer zugleich rechts- und sozialstaatlichen Anforderungen genügenden Weise ausgefüllt werden sollten (vgl. Dütz, NJW 1994, ,S. 1369 <1369>). Ausgehend vom Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft setzt die Grundordnung die grundlegenden Aussagen der Erklärung zur Eigenart des kirchlichen Dienstes, zu den Anforderungen an Träger und Leitung kirchlicher Einrichtungen sowie an die Mitarbeiter, zur Koalitionsfreiheit und zum besonderen Regelungsverfahren zur Beteiligung der Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse (sogenannter Dritter Weg) sowie zum gerichtlichen Rechtsschutz normativ um.

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Die wesentlichen Vorschriften der Grundordnung betreffend die Auferlegung von Loyalitätsobliegenheiten und die arbeitsrechtliche Ahndung von Verstößen hiergegen lauten:

Art. 1. Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes

Alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen tragen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu bei, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft). Alle Beteiligten, Dienstgeber sowie leitende und ausführende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, müssen anerkennen und ihrem Handeln zugrunde legen, dass Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind, sich an der Glaubens- und Sittenlehre und an der Rechtsordnung der katholischen Kirche auszurichten haben.

Art. 3. Begründung des Arbeitsverhältnisses

(1) Der kirchliche Dienstgeber muss bei der Einstellung darauf achten, dass eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter die Eigenart des kirchlichen Dienstes bejahen. Er muss auch prüfen, ob die Bewerberin und der Bewerber geeignet und befähigt sind, die vorgesehene Aufgabe so zu erfüllen, dass sie der Stellung der Einrichtung in der Kirche und der übertragenen Funktion gerecht werden.

(2) Der kirchliche Dienstgeber kann pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört.

(…)

(5) Der kirchliche Dienstgeber hat vor Abschluss des Arbeitsvertrages durch Befragung und Aufklärung der Bewerberinnen und Bewerber sicherzustellen, dass sie die für sie nach dem Arbeitsvertrag geltenden Loyalitätsobliegenheiten (Art. 4) erfüllen.

Art. 4. Loyalitätsobliegenheiten

(1) Von den katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Insbesondere im pastoralen, katechetischen und erzieherischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind, ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Dies gilt auch für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(2) Von nichtkatholischen christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums achten und dazu beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen.

(…)

(4) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden.

Art. 5. Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten

(1) Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr, so muss der Dienstgeber durch Beratung versuchen, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere Maßnahme (z. B. Versetzung, Änderungskündigung) geeignet sind, dem Obliegenheitsverstoß zu begegnen. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in Betracht.

(2) Für eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen sieht die Kirche insbesondere folgende Loyalitätsverstöße als schwerwiegend an:

- Verletzungen der gemäß Art. 3 und 4 von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter zu erfüllenden Obliegenheiten, insbesondere Kirchenaustritt, öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z.B. hinsichtlich der Abtreibung) und schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen,

- Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe,

- Handlungen, die kirchenrechtlich als eindeutige Distanzierungen von der katholischen Kirche anzusehen sind, vor allem Abfall vom Glauben (Apostasie oder Häresie gemäß Can. 1364 § 1 iVm. Can. 751 CIC), Verunehrung der heiligen Eucharistie (Can. 1367 CIC), öffentliche Gotteslästerung und Hervorrufen von Haß und Verachtung gegen Religion und Kirche (Can. 1369 CIC), Straftaten gegen die kirchlichen Autoritäten und die Freiheit der Kirche (insbesondere gemäß den Can. 1373, 1374 CIC).

(3) Ein nach Abs. 2 generell als Kündigungsgrund in Betracht kommendes Verhalten schließt die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus, wenn es begangen wird von pastoral, katechetisch oder leitend tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind. Von einer Kündigung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen.

(4) Wird eine Weiterbeschäftigung nicht bereits nach Abs. 3 ausgeschlossen, so hängt im Übrigen die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung von den Einzelfallumständen ab, insbesondere vom Ausmaß einer Gefährdung der Glaubwürdigkeit von Kirche und kirchlicher Einrichtung, von der Belastung der kirchlichen Dienstgemeinschaft, der Art der Einrichtung, dem Charakter der übertragenen Aufgabe, deren Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag, von der Stellung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters in der Einrichtung sowie von der Art und dem Gewicht der Obliegenheitsverletzung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Lehre der Kirche bekämpft oder sie anerkennt, aber im konkreten Fall versagt.

(5) (…) Im Fall des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung jedenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird (z. B. nach böswilligem Verlassen von Ehepartner und Kindern).

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e) Vergleichbare Regelungen existieren in den meisten evangelischen Landeskirchen. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat nach dem Vorbild der Grundordnung die "Richtlinie über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes der EKD" vom 1. Juli 2005 erlassen.

II.

13

1. Die Beschwerdeführerin ist kirchliche Trägerin des katholischen V.-Krankenhauses in D. Seit dem 1. Januar 2000 beschäftigt sie dort den katholischen Kläger des Ausgangsverfahrens (nachfolgend: Kläger) als Chefarzt der Abteilung ... Dessen durchschnittliches Bruttogehalt betrug zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung ... Euro monatlich.

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a) Der Dienstvertrag vom 12. Oktober 1999 betont in seiner Präambel die nach katholischem Verständnis zwischen allen in einer kirchlichen Einrichtung Tätigen bestehende Dienstgemeinschaft, die von den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre getragen werden soll und verweist zur Ausgestaltung dessen auf die Grundordnung sowie weitere außervertragliche Regelungen:

Grundlage des Vertrages

Das V.-Krankenhaus ist ein katholisches Krankenhaus.

Mit diesem Krankenhaus erfüllt der Träger eine Aufgabe der Caritas als eine Lebens- und Wesensäußerung der Katholischen Kirche. Mitarbeiter im Krankenhaus leisten deshalb ihren Dienst im Geist christlicher Nächstenliebe. Dienstgeber und alle Mitarbeiter des Krankenhauses bilden ohne Rücksicht auf ihre Tätigkeit und Stellung eine Dienstgemeinschaft, die vom Dienstgeber und allen Mitarbeitern die Bereitschaft zu gemeinsam getragener Verantwortung und vertrauensvoller Zusammenarbeit fordert und ohne Einhaltung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre keinen Bestand haben kann.

In Anerkennung dieser Grundlage und unter Zugrundelegung der vom Erzbischof von Köln erlassenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22.09.93 (Amtsblatt des Erzbistums Köln, S. 222), der Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vom 05.11.96 (Amtsblatt des Erzbistums Köln, S. 321), der Satzung des Krankenhauses und dem Organisationsstatut in den jeweils geltenden Fassungen wird folgendes vereinbart: (…)

15

b) § 10 des Dienstvertrages enthält nähere Bestimmungen über die Dauer und Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

§ 10 Vertragsdauer

(1) Der Dienstvertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

(…)

(4) Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB bleibt unberührt. Als wichtige Gründe zählen u. a. insbesondere:

1. (…)

2. ein grober Verstoß gegen kirchliche Grundsätze, z. B. Erklärung des Kirchenaustritts, Beteiligung an einer Abtreibung, Leben in kirchlich ungültiger Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft.

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c) In der Präambel des Dienstvertrages wird auf die Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1996 in der Fassung vom 27. März 2001 Bezug genommen. Diese bestimmt in Buchstabe A Ziffer 6 Satz 2 die Dienststellung als Abteilungsarzt als leitende Aufgabe im Sinne der Grundordnung:

A. Zuordnung zur Kirche

6. Für den Träger ist die auf der Grundlage der Erklärung der deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst erlassene "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22. September 1993" nebst Änderungen und Ergänzungen verbindlich. Als leitend tätige Mitarbeiter im Sinne der genannten Grundordnung gelten die Mitglieder der Krankenhausbetriebsleitung und die Abteilungsärzte. (…)

17

2. a) Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und zu Beginn des Dienstverhältnisses war der Kläger nach katholischem Ritus in erster Ehe verheiratet. Ende 2005 trennten sich die Ehepartner. Zwischen 2006 und 2008 lebte der Kläger mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen. Nach den späteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war dieses ehelose Zusammenleben dem damaligen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin spätestens seit Herbst 2006 bekannt. Anfang 2008 wurde die erste Ehe des Klägers nach staatlichem Recht geschieden.

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b) Im August 2008 heiratete der Kläger seine Lebensgefährtin standesamtlich. Hiervon erfuhr die Beschwerdeführerin im November 2008. Eine kirchenrechtliche Annullierung der ersten Ehe war bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgesprochen worden.

19

c) In der Folgezeit fanden zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kläger mehrere Gespräche über die Auswirkungen seiner zweiten Heirat auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses statt. Hierbei teilte der Kläger der Beschwerdeführerin mit, dass er ein kirchengerichtliches Verfahren zur Annullierung seiner ersten Ehe beantragt habe. Er beabsichtige nicht, die eheliche Gemeinschaft mit seiner ersten Ehefrau wiederherzustellen. Nach Anhörung der bestehenden Mitarbeitervertretung kündigte die Beschwerdeführerin das Arbeitsverhältnis im März 2009 ordentlich mit Wirkung zum 30. September 2009.

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3. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht D. Mit Urteil vom 30. Juli 2009 - 6 Ca 2377/09 - stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst worden sei und verurteilte die Beschwerdeführerin zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

21

Das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass bis zum Abschluss des schwebenden Annullierungsverfahrens vor der kirchlichen Gerichtsbarkeit nicht feststehe, ob dem Kläger durch die Eheschließung ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß vorzuwerfen sei. Zwar habe der Kläger unstreitig das Verbot der neuen Ehe während eines schwebenden Annullierungsverfahrens (Can. 1085 § 2 CIC) missachtet. Ein Verstoß gegen diese - nach Auffassung des Gerichts als bloße Ordnungsvorschrift zu qualifizierende - Vorgabe sei jedoch in der Grundordnung nicht als schwerwiegender Loyalitätsverstoß genannt und damit ungeeignet, einen Grund für die verhaltensbedingte Kündigung darzustellen. In Anbetracht dessen sei die Kündigung auch als unverhältnismäßig anzusehen. Es sei der Beschwerdeführerin zuzumuten gewesen, die Entscheidung über das Annullierungsverfahren vor Ausspruch der Kündigung abzuwarten.

22

4. Die hiergegen von der Beschwerdeführerin eingelegte Berufung wurde durch das Landesarbeitsgericht D. mit Urteil vom 1. Juli 2010 - 5 Sa 996/09 - zurückgewiesen.

23

a) Das Gericht nahm zwar an, dass das Verhalten des Klägers grundsätzlich einen geeigneten Kündigungsgrund darstelle. Insbesondere könne sich dieser entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht auf das schwebende Annullierungsverfahren berufen. Auch ein Verstoß gegen Can. 1085 § 2 CIC sei generell geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.

24

b) Allerdings falle die im Rahmen des § 1 Abs. 2 KSchG gebotene Interessenabwägung zu Lasten der Beschwerdeführerin aus. Diese habe den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ausreichend beachtet und den Kläger hierdurch in unzulässiger Weise benachteiligt. Nach den Feststellungen der Kammer habe die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit zumindest zwei geschiedenen Chefärzten katholischer Konfession nach Wiederverheiratung nicht gekündigt. Dabei sei es unbeachtlich, dass einer der Fälle bereits 30 Jahre zurückliege und in dem anderen Fall die Kündigung nur unterblieben sei, weil die zweite Ehe des Arbeitnehmers erst einen Monat vor dessen altersbedingtem Ausscheiden aus dem Dienst bekannt geworden sei. Das Verhalten der Beschwerdeführerin zeige jedenfalls, dass sie in der Vergangenheit offenbar bereit gewesen sei, vergleichbare Verstöße unter bestimmten Umständen zu tolerieren.

25

c) Zudem habe die Beschwerdeführerin ihr Kündigungsrecht verwirkt. Es sei ihr verwehrt, sich auf den Kündigungsgrund der ungültigen zweiten Ehe zu berufen, da sie jahrelang den gleichwertigen Kündigungsgrund des "Lebens in eheähnlicher Gemeinschaft" akzeptiert oder zumindest toleriert habe. Der Kläger habe in Anbetracht der Untätigkeit der Beschwerdeführerin über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren darauf vertrauen können, dass sein privates Verhalten zu keinerlei arbeitsrechtlichen Sanktionen mehr führen und die Beschwerdeführerin auf einen gleichwertigen Loyalitätsverstoß ("ungültige Ehe") ebenfalls nicht mit einer Kündigung reagieren werde.

26

5. Die Revision der Beschwerdeführerin zum Bundesarbeitsgericht wies dieses durch Urteil vom 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - zurück.

27

a) Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte das Kündigungsrecht der Beschwerdeführerin nicht verwirkt sein, da eine Kündigung mit "illoyaler" Verspätung nicht vorliege. Die Beschwerdeführerin habe nach Kenntnis von der Wiederverheiratung noch das in der Grundordnung vorgesehene Beratungsgespräch mit dem Kläger durchführen und verschiedene Gremien (Aufsichtsrat, Generalvikariat) beteiligen müssen. Es sei nicht zu beanstanden, dass sie angesichts der weitreichenden Folgen dabei umsichtig und ohne Hast vorgegangen sei. Letztlich komme es auf eine etwaige Verwirkung des Kündigungsrechts indes nicht an. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

28

b) Der Kläger habe allerdings durch die Wiederverheiratung gegen seine Loyalitätsobliegenheit aus dem Arbeitsvertrag (§ 10 Abs. 4 Nr. 2) und gegen die darin in Bezug genommene Grundordnung (Art. 5 Abs. 2 GrO) verstoßen.

29

Das Verlangen der Beschwerdeführerin nach Einhaltung der Vorschriften der katholischen Glaubens- und Sittenlehre stehe im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar könne sich der Kläger auf das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie auf den Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) berufen, die auch die Freiheit umfassten, eine zweite Ehe nach staatlichem Recht einzugehen. Dabei stehe die private Lebensgestaltung in der Regel außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers und werde durch arbeitsvertragliche Pflichten nur insoweit eingeschränkt, wie sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirke und dort zu Störungen führe. Diese Grundrechte könnten jedoch zu Gunsten des ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV) eingeschränkt werden, auf das sich die Beschwerdeführerin als der Kirche zugeordnete karitative Einrichtung berufen könne. Die Festlegung bestimmter Loyalitätsanforderungen in einem Arbeitsvertrag durch den kirchlichen Arbeitgeber stelle eine Ausübung des "verfassungskräftigen" Selbstbestimmungsrechts dar. Die Frage, welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richte sich nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben, die verbindlich bestimmen könnten, welche Schwere einzelnen Loyalitätsverstößen zukomme und ob innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen stattfinde. Die Arbeitsgerichte hätten die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung einzelner Loyalitätsanforderungen zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirche anerkenne, hierüber selbst zu befinden.

30

Durch die Eingehung seiner zweiten Ehe habe der Kläger den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verletzt. Dieser zähle zu den wesentlichen Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre. Für "leitend tätige" Mitarbeiter scheide nach der maßgeblichen kirchlichen Vorgabe (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GrO) eine Weiterbeschäftigung in diesem Falle aus.

31

c) Die nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen führe jedoch zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführerin die Fortführung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei.

32

aa) Zu ihren Gunsten wiege die unverkennbare Schwere des Loyalitätsverstoßes. Die Beschwerdeführerin habe als katholische Einrichtung das vom Grundgesetz gestützte Recht, auch als solche zu wirken und in Erscheinung zu treten. Sie verstehe ihr karitatives Tun im Sinne der Erfüllung eines religiösen Auftrages. Nach der katholischen Sittenlehre sei die Unauflöslichkeit der Ehe Teil der umfassenden, nicht verfügbaren und einheitlichen Auffassung vom Menschen als Geschöpf Gottes. Dass sich Menschen aufgrund einer sie verbindenden religiösen Auffassung zusammenfänden und ihre Angelegenheiten nach Maßstäben ordnen könnten, die nicht vom Staat oder der jeweils herrschenden öffentlichen Meinung über die Natur des Menschen korrigiert werden dürften, werde auch durch Art. 9 und 11 EMRK geschützt.

33

bb) In seinem Gewicht entscheidend geschwächt werde das Interesse der Beschwerdeführerin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch durch drei Umstände, aus denen hervorgehe, dass sie selbst die Auffassung vertrete, einer ausnahmslosen Durchsetzung ihrer sittlichen Ansprüche zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit nicht immer zu bedürfen.

34

(1) So könne die Beschwerdeführerin erstens nach Art. 3 Abs. 2 GrO auch nichtkatholische Personen mit leitenden Tätigkeiten betrauen. Die Beschwerdeführerin sei insofern durch die Grundordnung nicht gezwungen, ihr "Wohl und Wehe" bedingungslos mit dem Lebenszeugnis ihrer leitenden Mitarbeiter für die katholische Sittenlehre zu verknüpfen.

35

(2) Durch diese Rechtslage sei es zweitens auch zu erklären, dass die Beschwerdeführerin mehrfach Chefärzte beschäftigt habe beziehungsweise noch beschäftige, die als Geschiedene erneut geheiratet hätten. Es handele sich hierbei überwiegend um nichtkatholische Arbeitnehmer und katholische Arbeitnehmer in besonderen Lebenslagen, denen gegenüber sie von vornherein nicht die strenge Befolgung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verlange. Hierin liege zwar - in Abweichung von der Einschätzung des Landesarbeitsgerichts - kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Andererseits werde hierdurch aber deutlich, dass die Beschwerdeführerin das Ethos ihrer Organisation durch eine differenzierte Handhabung bei der Anwendung und Durchsetzung ihres legitimen Loyalitätsbedürfnisses selbst nicht zwingend gefährdet sehe.

36

(3) Drittens habe die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den nach dem Vertrag der Parteien der Wiederverheiratung gleichwertigen Verstoß des ehelosen Zusammenlebens des Klägers seit Herbst 2006 gekannt und hingenommen. Dies zeige, dass sie selbst ihre moralische Glaubwürdigkeit nicht ausnahmslos bei jedem Loyalitätsverstoß als erschüttert betrachte.

37

cc) Jedenfalls sei der Beschwerdeführerin die Weiterbeschäftigung des Klägers dann zumutbar, wenn dessen Belange gegen die ihren abgewogen würden. Zugunsten des Klägers falle sein durch Art. 8 und 12 EMRK geschützter Wunsch in die Waagschale, in einer bürgerlichen Ehe mit seiner jetzigen Frau zu leben. Freilich habe der Kläger als Katholik durch den Vertragsschluss mit der Beschwerdeführerin in die Einschränkung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingewilligt; die Nichterfüllung seiner religiösen Pflichten geschehe jedoch nicht aus einer ablehnenden oder gleichgültigen Haltung heraus. Der Kläger habe seine ethischen Pflichten nicht in Abrede gestellt und sich zu keinem Zeitpunkt gegen die kirchliche Sittenlehre ausgesprochen oder ihre Geltung oder Zweckmäßigkeit in Zweifel gezogen. Im Gegenteil versuche er, den ihm nach kanonischem Recht verbliebenen Weg zur kirchenrechtlichen Legalisierung seiner Ehe zu beschreiten.

III.

38

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin Verletzungen von Art. 4 Abs. 2 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV.

39

1. Die Arbeitsgerichte hätten in ihren Entscheidungen die Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts und des Rechts auf freie Religionsausübung verkannt.

40

a) Nach den Grundsätzen des deutschen Religionsverfassungs- und Staatskirchenrechts dürften staatliche Gerichte nicht bewerten, ob ein bestimmtes Verhalten tatsächlich von der jeweiligen Religion gefordert werde oder nicht. Allein die Kirchen selbst könnten bestimmen, was die jeweilige Glaubensüberzeugung gebiete. Umgekehrt dürfe dies von einem staatlichen Gericht auch nicht verlangt werden, da es anderenfalls seine religiöse Neutralität, die ebenfalls Verfassungsrang genieße, verlieren würde.

41

Entsprechend sei es nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1985 (BVerfGE 70, 138 ff.) nicht Sache der staatlichen Arbeitsgerichte, sondern obliege im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts allein der jeweiligen Kirche, aus ihren religiösen Überzeugungen heraus selbst festzulegen, welche Loyalitätserwartungen sie an ihre Mitarbeiter stelle, was die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordere und welches Gewicht ein Loyalitätsverstoß habe. Die durch die Kirche insoweit verbindlich festgelegten Loyalitätsanforderungen und die Gewichtung von Verstößen hiergegen seien durch die staatlichen Gerichte nur darauf zu überprüfen, ob die Grundprinzipien der Rechtsordnung diesen entgegenstünden. Eine eigenständige Gewichtung der Loyalitätsverstöße sei ihnen jedoch verwehrt. Die von den Arbeitsgerichten vorzunehmende Abwägung habe sich folglich auf die der Kündigung entgegenstehenden Belange aus der Sphäre des jeweiligen Arbeitnehmers zu beschränken.

42

b) Die angegriffene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts werde diesen Anforderungen nicht gerecht. Das Revisionsurteil wiege im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht das Selbstbestimmungsrecht mit gegenläufigen Rechtspositionen des Arbeitnehmers ab, sondern bestimme - abweichend von den kirchenrechtlichen Maßstäben - selbst das Gewicht des Loyalitätsverstoßes und damit das Kündigungsinteresse der Kirche. Eine Abwägung mit den Interessen des Klägers finde nur oberflächlich am Ende des Urteils statt. Damit verstecke das Gericht hinter seiner Abwägungsentscheidung eine eigene Bewertung kirchenrechtlicher Maßstäbe, von denen es inhaltlich grundlegend abweiche.

43

aa) Eine unzulässige Abweichung von den kirchenrechtlichen Maßstäben liege zunächst darin, dass das Bundesarbeitsgericht als Ausgangspunkt des Abwägungsvorgangs darauf abstelle, ob durch das Verhalten des Klägers die Glaubwürdigkeit der Kirche in der Öffentlichkeit leide.

44

Schutzgut des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts und der Religionsfreiheit sei jedoch nicht vorrangig das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit, sondern die religiöse Überzeugung und die Freiheit, nach dieser zu leben. Das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit sei hiervon nur ein untergeordneter Teilaspekt. Entscheidend sei vielmehr, ob es mit den Zielen der Kirche vereinbar sei, wenn ein (leitender) Mitarbeiter erkennbar in Widerspruch zu den Überzeugungen und Lehren der Kirche lebe. Dies gefährde das Wesen der Dienstgemeinschaft, die Grund und Grenze der Besonderheiten der Zweckbestimmung des kirchlichen Dienstes darstelle. Daher wende sich die Kirche auch unabhängig von der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gegen Loyalitätsverstöße, weil diese ihr Wirken und die Integrität des kirchlichen Dienstes in Frage stellten.

45

bb) Zudem sei es unzulässig, in die Abwägung zugunsten des Klägers einzustellen, das Gewicht des Interesses der Beschwerdeführerin an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses werde entscheidend dadurch geschwächt, dass sie auch Nichtkatholiken in leitenden Positionen beschäftige und insofern offensichtlich nicht gezwungen sei, eine Führungsfunktion gleichsam bedingungslos mit dem Lebenszeugnis für die katholische Sittenlehre zu verknüpfen.

46

Dies verkenne die kirchenrechtlichen Vorgaben der Grundordnung. Ob diese sachgerecht seien, dürfe das weltliche Gericht nicht hinterfragen. Entscheidend sei allein, dass die Kirche für die Mitarbeit an ihrem Sendungsauftrag nur Personen zulassen wolle, die sich mit ihren Zielen identifizieren könnten. Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts sei zudem in sich widersprüchlich. Einerseits erkenne es - rechtlich zutreffend - an, dass die Kirche gegenüber nichtkatholischen Mitarbeitern nicht dieselben Loyalitätserwartungen formulieren könne wie gegenüber Katholiken. Andererseits schließe es aus dieser Ungleichbehandlung, dass die römisch-katholische Kirche ihre Grundsätze nicht mehr ernst nehme.

47

cc) Ebenso sei es unzulässig, darauf abzustellen, dass die Beschwerdeführerin in anderen Fällen der Wiederverheiratung von (nichtkatholischen) Chefärzten nicht den Schritt der Kündigung gegangen sei.

48

Auch hier habe das Bundesarbeitsgericht die in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts in den kirchengesetzlichen Regelungen angelegte Differenzierung zwischen Katholiken und Nichtkatholiken verkannt. Nur für den katholischen Mitarbeiter sei die Ehe ein Sakrament. Daher stelle sich bei diesem das Eingehen einer ungültigen Ehe als deutlich schwererer Loyalitätsverstoß dar. Indem das Bundesarbeitsgericht die Wiederverheiratung von katholischen und nichtkatholischen Mitarbeitern auf eine Ebene stelle, relativiere es die Einschätzung der Kirche über die Schwere der durch den Kläger begangenen Pflichtverletzung.

49

dd) Ferner setze sich das Bundesarbeitsgericht über kirchenrechtliche Maßstäbe hinweg, wenn es die Wiederheirat mit dem Leben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleichsetze.

50

Damit verkenne das Bundesarbeitsgericht, dass es sich bei der Wiederheirat um eine Pflichtverletzung von besonders schwerwiegender und endgültiger Qualität handele, die weit über das bloße ehelose Zusammenleben hinausgehe. Das Kirchenrecht unterscheide dies ausdrücklich, indem Art. 5 Abs. 2 GrO nur den Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe explizit als besonders schwerwiegenden Verstoß und eigenständigen Kündigungsgrund formuliere. Zwar entspreche auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft außerhalb einer weiterbestehenden gültigen Ehe nicht dem Ethos der römisch-katholischen Kirche. Durch die Wiederheirat erreiche der Loyalitätsverstoß jedoch eine neue Qualität: Der Bruch mit der nach kirchlichem Recht weiterhin gültigen Ehe werde offiziell dokumentiert und perpetuiert. An diese, dem kirchlichen Selbstverständnis entspringende Unterscheidung sei auch das weltliche Gericht gebunden.

51

ee) Schließlich werde die Schwere des Loyalitätsverstoßes entgegen der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht dadurch gemindert, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens sich nicht vom katholischen Glauben abgewendet habe.

52

Auch durch diesen Gesichtspunkt der Abwägungsentscheidung korrigiere das Gericht die kirchenrechtlich zutreffende Einschätzung, dass die Wiederheirat einen schweren Loyalitätsverstoß darstelle, nach seiner eigenen Einschätzung und stelle sich in die Position der Kirche. Hierzu sei es nicht befugt. Zudem verkenne es, dass schon der objektive Tatbestand der Wiederheirat einen Loyalitätsverstoß darstelle, ohne dass es auf eine innere Abkehr von den Werten der Kirche ankomme. Diese würde, läge sie vor, sogar einen zusätzlichen, von der Wiederheirat unabhängigen Loyalitätsverstoß darstellen. Dies mache auch die Systematik der Grundordnung deutlich, indem sie die Apostasie und Häresie sowie verschiedene Formen des öffentlichen Eintretens gegen tragende Grundsätze der Kirche als Loyalitätsverstöße definiere, die alternativ zur Wiederheirat eine Kündigung rechtfertigen könnten. Auch habe allein die Einleitung eines Annullierungsverfahrens nach kirchenrechtlichen Maßstäben keine rechtfertigende oder schuldmindernde Bedeutung.

53

c) Auf diesen Verstößen gegen Art. 4 Abs. 2 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV beruhe das Urteil. Jede der durch das Gericht vorgenommenen Gewichtungen sei schon für sich ein tragendes Element der Abwägungsentscheidung; spätestens in der Zusammenschau seien sie notwendige Bedingung für die Erfolglosigkeit der Revision der Beschwerdeführerin. Dies gelte umso mehr, als keine Abwägung im eigentlichen Sinne - also mit den Interessen des Klägers - stattfinde.

54

2. Eine andere Bewertung sei auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geboten.

55

a) Grundsätzlich seien die Europäische Menschenrechtskonvention und die hierzu ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zwar von den nationalen Gerichten so weit wie möglich bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Eine schematische Parallelisierung sei hingegen nicht erforderlich. Gerade im Bereich der Religionsfreiheit sei bei der Rezeption der Europäischen Menschenrechtskonvention in die innerstaatliche Rechtsordnung Augenmaß angebracht. Der Gerichtshof habe in seiner jüngeren Rechtsprechung wiederholt zu erkennen gegeben, dass er bereit sei, unterschiedliche Konzeptionen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche zu akzeptieren. So habe der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 6. Dezember 2011 (Baudler u.a. v. Deutschland) einen ausgeprägten Schutz des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts anerkannt und es als mit Art. 6 EMRK vereinbar angesehen, dass ein staatlicher Rechtsweg zur Überprüfung rein innerkirchlicher Angelegenheiten in Deutschland nicht bestehe.

56

Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich im vorliegenden Falle um ein mehrpoliges Grundrechtsverhältnis handele, bei dem ein "Mehr" an Freiheit für einen Grundrechtsträger zugleich ein "Weniger" für einen anderen bedeute. Diese Grundrechtskollision wirke als Rezeptionshemmnis, zumal auch die Menschenrechtskonvention selbst eine Einschränkung des Grundrechtsschutzes auf Grundlage ihrer Garantien verbiete (Art. 53 EMRK).

57

b) Aber auch die zum kirchlichen Arbeitsrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte selbst erfordere keine Abkehr von den durch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 4. Juni 1985 entwickelten Maßstäben.

58

aa) In der Entscheidung Obst v. Deutschland vom 23. September 2010 habe der Gerichtshof den Ansatz des deutschen Arbeitsrechts gebilligt, bei der Bewertung der Schwere des Loyalitätsverstoßes auf die Bedeutung ehelicher Treue für die den Arbeitnehmer kündigende Kirche abzustellen. Auch habe der Gerichtshof es als zulässig erachtet, dass die Kirchen gegenüber ihren Angestellten weitergehende Loyalitätspflichten als andere Arbeitgeber definieren würden.

59

bb) Gleiches gelte hinsichtlich der Entscheidung Siebenhaar v. Deutschland vom 3. Februar 2011.

60

cc) Schließlich stehe die Entscheidung Schüth v. Deutschland vom 23. September 2010 diesem Maßstab nicht entgegen, wenn auch der Gerichtshof im konkreten Einzelfall zur Konventionswidrigkeit der deutschen Gerichtsurteile gelangt sei. Der Gerichtshof habe lediglich die unzureichende Abwägung der Fachgerichte mit den Rechtspositionen des Arbeitnehmers beanstandet, die tatsächlich nur oberflächlich und ohne inhaltliche Konkretisierungen vorgenommen worden sei. Zudem sei der konkrete Abwägungsvorgang unzureichend dargelegt worden. Weitergehende Anforderungen an den Abwägungsprozess, etwa eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Loyalitätsanforderungen oder gar deren volle gerichtliche Kontrolle, seien durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte jedoch nicht aufgestellt worden.

IV.

61

1. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Bundesministerium der Justiz, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, dem Kommissariat der deutschen Bischöfe, dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, dem Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R., dem Marburger Bund e.V. (Bundesverband) und dem Kläger des Ausgangsverfahrens zugestellt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

62

a) Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts verteidigt die angefochtene Revisionsentscheidung vom 8. September 2011. Der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts habe aus § 1 Abs. 2 KSchG in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung der übrigen Senate des Gerichts ein zweistufiges Prüfprogramm abgeleitet, nach dem eine Kündigung aus in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Gründen im Anwendungsbereich des KSchG nur dann sozial gerechtfertigt sei, wenn der Arbeitnehmer für die vertraglich geschuldete Tätigkeit ungeeignet sei oder eine Vertragspflicht erheblich verletzt habe (erste Stufe) und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheine (zweite Stufe).

63

Auf beiden Stufen habe der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts in Übereinstimmung mit den verfassungsgerichtlichen Vorgaben und unter Orientierung an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte das kirchliche Selbstbestimmungsrecht angemessen berücksichtigt. Dies gelte auch für die Abwägungsentscheidung, in die das Selbstbestimmungsrecht als abwägungserheblicher Belang eingestellt worden sei. Diese Vorgehensweise erlaube differenzierte Abwägungsergebnisse, die im konkreten Einzelfall zu Lasten der Beschwerdeführerin erfolgt seien. Dies zeige auch der Vergleich zur Entscheidung vom 25. April 2013 (- 2 AZR 579/12 - NZA 2013, S. 1131 ff.), in der der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts im Falle des Kirchenaustritts festgestellt habe, dass die Kündigung eines im verkündigungsnahen Bereich eingesetzten kirchlichen Arbeitnehmers gerechtfertigt gewesen sei. In diesem Einzelfall habe die Abwägung dazu geführt, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit des kirchlichen Arbeitnehmers sowie dessen Beschäftigungsdauer und Lebensalter hinter das Selbstbestimmungsrecht des kirchlichen Arbeitgebers zurückzutreten habe, weil der gekündigte Arbeitnehmer nicht nur in einzelnen Punkten kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht mehr gerecht geworden sei, sondern sich durch den Austritt insgesamt von der kirchlichen Glaubensgemeinschaft losgesagt habe.

64

b) Der gemäß § 94 Abs. 3 BVerfGG am Verfahren beteiligte Kläger des Ausgangsverfahrens ist der Auffassung, dass der Verfassungsbeschwerde kein Erfolg zu bescheiden sei.

65

Es genüge zur Wahrung der geschützten Verfassungsrechtspositionen des Arbeitnehmers nicht, nur bei einem Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung eine Einschränkung der kirchlichen Autonomie zuzulassen und dementsprechend bei der im Kündigungsschutzprozess vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Interessen die autonom von den Kirchen bestimmte Gewichtung der Loyalitätspflichten zu betonen. Vielmehr müssten sich die kirchliche Autonomie und speziell die ihren Arbeitnehmern abverlangten Loyalitätspflichten von vornherein eine Kontrastierung mit den entgegenstehenden Grundrechten der kirchlichen Arbeitnehmer gefallen lassen, die durch Gewichtung der auf dem Spiel stehenden Verfassungsrechtsgüter, durch Berücksichtigung ihrer Wechselwirkung und schließlich durch Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit dem Ziel der Herstellung praktischer Konkordanz zu erfolgen habe. Soweit zur kirchlichen Autonomie auch die Befugnis gehöre, verbindlich zu bestimmen, welches die wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre seien, was als (schwerer) Verstoß gegen diese anzusehen sei, sowie ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätspflichten eingreifen solle, bedürfe dies mit Blick auf kollidierendes Verfassungsrecht einer Relativierung, wenn es - wie in diesem Fall - nicht um Arbeitsrechtsverhältnisse gehe, die in spezifischer Weise durch den religiösen Auftrag und Glauben geprägt seien. Je mehr das jeweilige Arbeitsverhältnis durch den religiösen Auftrag und Glauben geprägt sei und, umgekehrt, je weniger sich das jeweilige Arbeitsverhältnis von vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten bei nicht-kirchlichen Arbeitgebern unterscheide, könne sich die kirchliche Autonomie mehr oder weniger gegenüber Grundrechtspositionen des kirchlichen Arbeitnehmers durchsetzen.

66

Allein aus seiner leitenden Stellung könnten hinsichtlich der persönlichen Pflicht zur Identifikation mit der katholischen Glaubens- oder Sittenlehre nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an diejenigen Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse einen spezifisch religiösen Bezug aufwiesen. Andernfalls würden eine unverhältnismäßige Begünstigung der Selbstgesetzlichkeit der Kirche und eine nicht zu rechtfertigende Relativierung des staatlichen Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG begründet. Schließlich könne bei der Interessenabwägung nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die römisch-katholische Kirche zunehmend den Wiederverheirateten öffne und auch die Eucharistie für diese Gruppe nicht mehr ausschließe.

67

c) Für die römisch-katholische Kirche hat das Kommissariat der deutschen Bischöfe eine Stellungnahme des Direktors des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Prof. Dr. Ansgar Hense, vorgelegt und sich inhaltlich zu Eigen gemacht. Dieser schließt sich den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Ergebnis an und vertieft ihre Argumentation.

68

Die Verfassung gewährleiste nicht nur das karitative Wirken der Kirchen als eine ihrer Lebens- und Wesensäußerungen, sondern auch die grundsätzlich autonome Ausgestaltung der kircheneigenen Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze. Die Verwirklichung des Religiösen beschränke sich dabei nicht nur auf eine bloß spirituelle, liturgische Seite, sondern erstrecke sich gleichermaßen auf den religiösen Dienst in und an der Welt und umfasse auch die organisatorischen Voraussetzungen, die nach dem jeweiligen kirchlichen Selbstverständnis erforderlich seien, um diesen religiösen Dienst erfüllen zu können. Weder objektive noch gesellschaftlich vorherrschende Maßstäbe dürften diese definieren, da das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gerade die Abwehr solch fremdbestimmter Vorgänge verfassungsrechtlich verbürge. Aus diesem Grund werde das staatliche Individualarbeitsrecht partiell modifiziert. Im Rahmen des Willkürverbots, der guten Sitten und des ordre public sei es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich den Kirchen überlassen, die konkreten Loyalitätspflichten festzulegen, die nach dem jeweiligen Selbstverständnis erforderlich seien, und diese auch nach ihrer Bedeutung für das kirchliche Selbstverständnis zu gewichten. Dies beinhalte auch das Recht, darüber zu entscheiden, ob und - bejahendenfalls - welche Abstufungen der Loyalitätspflichten vorgenommen werden sollten. In der römisch-katholischen Kirche sei dies in Gestalt der Grundordnung geschehen. Bei der konkreten Abwägung durch die weltlichen Gerichte im Rahmen des Kündigungsschutzrechts werde die kirchliche Bewertung des Loyalitätsverstoßes nicht zur quantité négligeable, sondern sei die maßgebliche Richtschnur für die Bewertung. Mit diesen Grundsätzen stehe die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2011 nicht in Einklang, weil das Gericht eine eigene Bewertung kirchlicher Maßstäbe vornehme und es letzten Endes unterlasse, einen Abwägungsprozess lege artis durchzuführen.

69

d) Der Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R. schließt sich ebenfalls den Ausführungen der Beschwerdeführerin an. Er betont, dass seine Situation zwar nicht mit den Organisationsstrukturen der Großkirchen verglichen werden könne. Dennoch seien die in der täglichen Arbeit auftretenden Fragen im Judentum vergleichbar.

70

Die verfassungsrechtliche Absicherung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts resultiere auch aus dem Erfordernis, eine uneingeschränkte Religionsausübung im Sinne des Grundgesetzes zu gewährleisten. Dies sei aber nur möglich, wenn Religionsgemeinschaften gerade im arbeitsrechtlichen Bereich frei darin seien, ihre eigenen religiösen Regeln als Grundvoraussetzung für ein Arbeitsverhältnis vorzugeben. Diese religiösen Regeln könnten höchst unterschiedlich ausgestaltet sein, seien jedoch im Rahmen der Religionsfreiheit durch die staatlichen Stellen zu akzeptieren, solange gültige Gesetze nicht verletzt und Menschen anderer Religionszugehörigkeit nicht betroffen seien. Jeder Mitarbeiter, der sich unmittelbar bei einer Religionsgemeinschaft oder einer von dieser getragenen Einrichtung bewerbe, wisse darum, dass die Religionsgemeinschaft eigene religiöse Regeln habe, zu deren Einhaltung er verpflichtet sei. Gehöre ein Bewerber darüber hinaus noch der betreffenden Religionsgemeinschaft an, sei es ihm umso mehr bewusst, dass er mit Eingehung des Beschäftigungsverhältnisses zusätzliche Loyalitätsverpflichtungen übernehme.

71

Im Falle der jüdischen Gemeinschaften in Deutschland sei daher Grundlage der arbeitsvertraglichen Bindungen, die jüdische Religion und Kultur in Deutschland zu leben und zu fördern sowie sozial bedürftige Juden in allen Bereichen zu unterstützen. Dabei seien die religiösen Erfordernisse schon bei Abschluss des Beschäftigungsverhältnisses zu berücksichtigen, da nur auf diese Weise gewährleistet werden könne, dass jeder Mitarbeiter in seinem Aufgabenbereich in die religiöse Dimension der jüdischen Gemeinschaft eingebunden sei. Die Bereitschaft hierzu sei ein wesentliches Kriterium für die Mitarbeiterauswahl und werde bei Abschluss von Beschäftigungsverhältnissen vorrangig berücksichtigt. Für eine fruchtbare Zusammenarbeit innerhalb der Religionsgemeinschaft sei es unverzichtbar, dass alle Mitarbeiter - insbesondere die jüdischen - sich des höheren Zwecks und des allgemeinen religiösen Zusammenhangs ihrer Tätigkeit bewusst seien.

72

e) Der Marburger Bund e.V. (Bundesverband) erachtet die Verfassungsbeschwerde im Ergebnis für aussichtslos.

73

aa) Er tritt allgemein der Privilegierung kirchlicher Einrichtungen entgegen. Einrichtungen der Caritas oder Diakonie, die wie die Beschwerdeführerin in marktüblicher Weise in der Gesundheitswirtschaft agierten, dürften keine kirchlichen Sonderrechte in Anspruch nehmen. Wenn die Beschwerdeführerin die Richtungsentscheidung getroffen habe, am Wirtschaftsleben teilzunehmen, müsse sie sich unbeschadet ihrer Motivlage an denselben Maßstäben messen lassen, die auch für vergleichbare Klinikträger Geltung beanspruchten. Die unter Berufung auf die Loyalitätsobliegenheiten in Anspruch genommene Möglichkeit, die Maßstäbe für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses selbst festzulegen und durch Berufung auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht der Überprüfung durch weltliche Gerichte im Einzelfall zu entziehen, führe zu "strukturellen Defiziten" und erheblichen arbeitsmarktlichen Verwerfungen.

74

Gerade der Vergleich zu dem kollektivrechtlichen Arbeitsrechtsregelungsmechanismus belege die Widersprüchlichkeit des Handelns kirchlich getragener Einrichtungen. Während auf dem Dritten Weg vereinbarte Arbeitsbedingungen nach dem Willen der kirchlichen Einrichtungen durch Einbeziehung in die jeweiligen Arbeitsverträge für die Gesamtheit der Dienstgemeinschaft Geltung beanspruchen könnten, erachteten sie es im Gegensatz hierzu jedoch für zulässig, hinsichtlich der individualarbeitsrechtlich festgesetzten Loyalitätsobliegenheiten nach Konfession zu unterscheiden und an katholische Mitarbeiter strengere Loyalitätsanforderungen zu stellen. Für eine derartige Differenzierung bestehe nach weltlichen Maßstäben keine Rechtfertigung. Zudem liege gerade im Falle der Beschwerdeführerin ein faktischer Sanktionsverzicht durch ihr vorangegangenes Verhalten vor. Es sei anzunehmen, dass ein in der Vergangenheit "in allen Fällen generell geduldetes Verhalten" - hier die Wiederheirat - unbeschadet seiner grundsätzlichen kanonischen Wertung zu einem gewissen liberalen Verständnis bei Betroffenen und Dritten und der Erwartung entsprechenden Umgangs mit zukünftigen gleichartigen Sachverhalten geführt habe.

75

bb) Das Bundesarbeitsgericht habe mit seiner Entscheidung nicht die Reichweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts verkannt. Die Einschätzung der Beschwerdeführerin, die Sachgerechtigkeit einer aus dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht folgenden Wertentscheidung unterliege nicht der Beurteilung durch das jeweils erkennende Gericht, lasse ein in Anbetracht der kanonischen Rechtstradition zwar nachvollziehbares, in der Sache jedoch unzutreffendes Verständnis des grundgesetzlich geschützten Rechtsschutzinteresses erkennen. Um sicherzustellen, dass die betroffene Kündigungsentscheidung nicht auf willkürlicher Grundlage zustande gekommen sei, stelle sich die Inbezugnahme zum grundlegenden moralischen Regelwerk der kirchlichen Einrichtung und ihrem bisherigen Verhalten in vergleichbar gelagerten Fällen als unumgänglich dar. Dies gelte umso mehr, als es die Beschwerdeführerin selbst in der Hand habe, bestimmte arbeitsrechtliche Sanktionen ohne Ermessensspielräume als zwingende Folge eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers zu definieren und auszugestalten. Schon aus diesem Grund müssten die weltlichen Gerichte ermächtigt sein, die Stringenz und Konsistenz des bisherigen Verhaltens einer kirchlichen Einrichtung in vergleichbaren Fällen in ihre Betrachtungen einzustellen. Anderenfalls beschränke sich der gerichtliche Entscheidungsspielraum auf eine rein formale Überprüfung, die weder den Anforderungen des deutschen Kündigungsschutzrechts noch den europa- und völkerrechtlichen Vorgaben gerecht werde.

76

f) Die übrigen Äußerungsberechtigten und sachverständigen Dritten haben von einer Stellungnahme abgesehen.

77

2. Die Beschwerdeführerin und der Kläger des Ausgangsverfahrens haben von der Möglichkeit zur weiteren Äußerung nach Kenntnis der eingegangenen Stellungnahmen Gebrauch gemacht. Sie bekräftigen ihre jeweiligen Auffassungen und vertiefen ihren Vortrag. Nach Mitteilung der Beschwerdeführerin ist das durch den Kläger des Ausgangsverfahrens angestrengte kirchengerichtliche Verfahren zur Annullierung seiner ersten Ehe in zwei Instanzen erfolglos geblieben. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat hierzu keine weiteren Angaben gemacht.

78

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Senat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen.

B.

79

Die Verfassungsbeschwerde ist nur zulässig, soweit sie sich gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wendet. Im Übrigen genügt ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG), da sie sich ausschließlich mit der Revisionsentscheidung, nicht jedoch mit den Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts auseinandersetzt.

C.

80

Soweit sie zulässig ist, ist die Verfassungsbeschwerde begründet.

I.

81

Umfang und Grenzen der Auferlegung von Loyalitätsobliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer in mit der Kirche verbundenen Organisationen und Einrichtungen und deren Überprüfung durch die staatlichen Arbeitsgerichte bestimmen sich nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung, WRV) und der korporativen Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG (1.). Die staatlichen Gerichte haben auf einer ersten Prüfungsstufe zunächst im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle auf der Grundlage des glaubensdefinierten Selbstverständnisses der verfassten Kirche zu überprüfen, ob eine Organisation oder Einrichtung an der Verwirklichung des kirchlichen Grundauftrags teilhat, ob eine bestimmte Loyalitätsobliegenheit Ausdruck eines kirchlichen Glaubenssatzes ist und welches Gewicht dieser Loyalitätsobliegenheit und einem Verstoß hiergegen nach dem kirchlichen Selbstverständnis zukommt (2.a.). Auf einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann unter dem Gesichtspunkt der Schranken des "für alle geltenden Gesetzes" eine Gesamtabwägung vorzunehmen, in der die - im Lichte des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen verstandenen - kirchlichen Belange und die korporative Religionsfreiheit mit den Grundrechten der betroffenen Arbeitnehmer und deren in den allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen enthaltenen Interessen auszugleichen sind. Die widerstreitenden Rechtspositionen sind dabei jeweils in möglichst hohem Maße zu verwirklichen (2.b.). Ob die Arbeitsgerichte den Einfluss der Grundrechte ausreichend beachtet haben, unterliegt gegebenenfalls der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Für den Fall, dass Grundrechtsbestimmungen unmittelbar ausgelegt und angewandt werden, hat es dabei Reichweite und Grenzen der Grundrechte zu bestimmen und festzustellen, ob Grundrechte und Verfassungsbestimmungen ihrem Umfang und Gewicht nach in verfassungsrechtlich zutreffender Weise berücksichtigt worden sind (3.). Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geben insoweit keinen Anlass zu Modifikationen der Auslegung des Verfassungsrechts (4.).

82

1. Die Grundentscheidung der Verfassung für ein freiheitliches Religions- und Staatskirchenrecht wird durch Verfassungsgewährleistungen sichergestellt, deren inhaltliche Schutzbereiche sich teilweise überschneiden und hierdurch wechselseitig ergänzen. In ihrer Zusammenschau sind sie unterschiedliche Akzentuierungen derselben verfassungsrechtlich gewährten Freiheit (vgl. Isensee, in: Festschrift für Klaus Obermayer, 1986, S. 203 <205>).

83

a) Die durch Art. 140 GG inkorporierten Artikel der Weimarer Reichsverfassung sind vollgültiges Verfassungsrecht und von gleicher Normqualität wie die sonstigen Verfassungsbestimmungen (vgl. BVerfGE 19, 206 <219>; 19, 226 <236>; 111, 10 <50>). Sie sind - mit Selbststand gegenüber der korporativen Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG - untrennbarer Bestandteil des Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes, welches das für eine freiheitliche Demokratie wesentliche Grundrecht der Religionsfreiheit ohne Gesetzesvorbehalt in den Katalog der Grundrechte übernommen und es so gegenüber der Weimarer Reichsverfassung erheblich gestärkt hat (vgl. BVerfGE 102, 370 <387 m.w.N.>). Beide Gewährleistungen bilden ein organisches Ganzes (vgl. BVerfGE 70, 138 <167>; 125, 39 <80>; Listl, in: ders./Pirson , Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, § 14 S. 439 <444 f.>), wobei Art. 4 Abs. 1 und 2 GG den leitenden Bezugspunkt des deutschen staatskirchenrechtlichen Systems darstellt (vgl. BVerfGE 102, 370 <393>).

84

Zwischen der Glaubensfreiheit und den inkorporierten Normen der Weimarer Reichsverfassung besteht eine interpretatorische Wechselwirkung (vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/2, 1. Aufl. 2011, § 119, S. 1167). Die Weimarer Kirchenartikel sind einerseits funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt (vgl. BVerfGE 42, 312 <322>; 102, 370 <387>; 125, 39 <74 f., 80>) und in dessen Lichte auszulegen, da sie das Grundverhältnis zwischen Staat und Kirche regeln (Art. 137 Abs. 1 WRV). Sie enthalten in Gestalt des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art. 137 Abs. 3 WRV) und verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkte zu den Grundsätzen der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und der Parität der Religionen und Bekenntnisse (vgl. BVerfGE 102, 370 <390, 393 f.>) die Grundprinzipien des staatskirchenrechtlichen Systems des Grundgesetzes. Andererseits wird der Gewährleistungsgehalt des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG durch Art. 140 GG in Verbindung mit den inkorporierten Artikeln der Weimarer Reichsverfassung institutionell konkretisiert und ergänzt (BVerfGE 99, 100<119>, vgl. auch BVerfGE 33, 23 <30 f.>; 42, 312 <322>; 83, 341 <354 f.>; 125, 39 <77 f.>; vgl. auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/2, 1. Aufl. 2011, § 119, S. 1167). Die Weimarer Kirchenartikel sind also auch ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit der korporierten Religionsgesellschaften (vgl. BVerfGE 125, 39 <79>; vgl. auch BVerfGE 102, 370 <387>, zu Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV und BVerfGE 99, 100<119 ff.>, zu Art. 138 Abs. 2 WRV).

85

Soweit sich die Schutzbereiche der inkorporierten statusrechtlichen Artikel der WRV und der korporativen Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG überlagern (vgl. BVerfGE 42, 312 <322>; 66, 1 <22>; zu verbleibenden Unterschieden etwa von Campenhausen, HStR VII, 3. Aufl. 2009, § 157, Rn. 125 m.w.N.), geht Art. 137 Abs. 3 WRV als speziellere Norm Art. 4 Abs. 1 und 2 GG insoweit vor, als er das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften der Schranke des für alle geltenden Gesetzes unterwirft (zur sog. Schrankenspezialität in diesem Fall s. Morlok, in: Dreier , GG, 3. Aufl. 2013, Art. 4, Rn. 109). Bei dem Ausgleich der gegenläufigen Interessen ist aber dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die korporative Religionsfreiheit vorbehaltlos gewährleistet und insofern dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften besonderes Gewicht zuzumessen ist.

86

b) Aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1 und 4, 137 Abs. 1 WRV, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 3 Satz 1 und Art. 33 Abs. 2 GG folgt eine Pflicht des Staates zur weltanschaulich-religiösen Neutralität, die Grundlage des modernen, freiheitlichen Staates ist. In einem Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zusammenleben, kann die friedliche Koexistenz nur gelingen, wenn der Staat selbst in Glaubens- und Welt-anschauungsfragen Neutralität bewahrt (vgl. BVerfGE 93, 1 <16 f.>; vgl. auch BVerfGE 102, 370 <383>; 105, 279 <294>).

87

Die Pflicht zur staatlichen Neutralität in weltanschaulich-religiösen Fragen ist jedoch nicht im Sinne eines Gebots kritischer Distanz gegenüber der Religion zu verstehen (vgl. Unruh, Religionsverfassungsrecht, 2. Aufl. 2012, § 4 Rn. 90) und darf auch mit religiöser und weltanschaulicher Indifferenz nicht gleichgesetzt werden (vgl. von Campenhausen, in: Listl/Pirson , Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, § 2, S. 47 <78>). Das Verhältnis zwischen Kirchen und Staat ist vielmehr gekennzeichnet durch wechselseitige Zugewandtheit und Kooperation (vgl. BVerfGE 42, 312 <330>) und ist weniger im Sinne einer strikten Trennung, sondern eher im Sinne einer Zuordnung und Zusammenarbeit von Staat und Kirchen auf der Basis grundrechtlicher Freiheit zu verstehen.

88

Über ihre Funktion als Beeinflussungsverbot (vgl. BVerfGE 93, 1 <16 f.>; 108, 282 <300>) und als Identifikationsverbot (vgl. BVerfGE 19, 206 <216>; 24, 236 <246>; 30, 415 <422>; 33, 23 <28>; 93, 1 <16 f.>; 108, 282 <299 f.>; 123, 148 <178>) hinaus verwehrt es die Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität dem Staat auch, Glauben und Lehre einer Kirche oder Religionsgemeinschaft als solche zu bewerten (vgl. BVerfGE 33, 23 <29>; 108, 282 <300>). Die individuelle und korporative Freiheit, das eigene Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und innerer Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln, würde entleert, wenn der Staat bei hoheitlichen Maßnahmen uneingeschränkt seine eigene Wertung zu Inhalt und Bedeutung eines Glaubenssatzes an die Stelle derjenigen der verfassten Kirche setzen und seine Entscheidungen auf dieser Grundlage treffen könnte.

89

Jede Auseinandersetzung staatlicher Stellen mit Zielen und Aktivitäten einer Kirche oder Religionsgemeinschaft muss dieses Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität wahren (vgl. BVerfGE 105, 279 <294>). Die Regelung genuin religiöser oder weltanschaulicher Fragen, die parteiergreifende Einmischung in die Überzeugungen, Handlungen und die Darstellung Einzelner oder religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften sind dem Staat mangels Einsicht und geeigneter Kriterien untersagt (vgl. BVerfGE 12, 1 <4>; 41, 65 <84>; 72, 278 <294>; 74, 244 <255>; 93, 1 <16>; 102, 370 <394>; 108, 279 <300>). Fragen der Lehre, der Religion und des kirchlichen Selbstverständnisses gehen den Staat grundsätzlich nichts an. Er ist vielmehr verpflichtet, auf die Grundsätze der Kirchen und Religionsgemeinschaften Rücksicht zu nehmen und keinen eigenen Standpunkt in der Sache des Glaubens zu formulieren (von Campenhausen, in: Listl/Pirson , Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, § 2, S. 47 <78>). Die Eigenständigkeit der kirchlichen Rechtsordnung hat er zu respektieren.

90

c) Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ist in Art. 137 Abs. 3 WRV besonders hervorgehoben. Danach ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Diese Garantie erweist sich als notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen und Religionsgemeinschaften die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hin-zufügt (vgl. BVerfGE 53, 366 <401>). Sie gilt für Kirchen und sonstige Religions-gesellschaften unabhängig von ihrem rechtlichen Status (vgl. auch Art. 137 Abs. 7 WRV).

91

aa) Träger des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts sind nicht nur die Kirchen selbst entsprechend ihrer rechtlichen Verfasstheit, sondern alle ihr in bestimmter Weise zugeordneten Institutionen, Gesellschaften, Organisationen und Einrichtungen, wenn und soweit sie nach dem glaubensdefinierten Selbstverständnis der Kirchen (zur Berücksichtigung von Selbstverständnissen als Mittel zur Sicherung der Menschenwürde und der Freiheitsrechte, vgl. Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, 1993, S. 282 <293 ff.> und S. 426 <431 ff.>) ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, Auftrag und Sendung der Kirchen wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl. BVerfGE 46, 73 <85 ff.>; 53, 366 <391>; 57, 220 <242>; 70, 138 <162>).

92

(1) Der Schutz des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bezieht sich dabei nicht nur auf die der Kirche zugeordnete Organisation im Sinne einer juristischen Person, sondern erstreckt sich auch auf die von dieser Organisation getragenen Einrichtungen, also auf die Funktionseinheit, durch die der kirchliche Auftrag seine Wirkung entfalten soll (vgl. BVerfGE 53, 366 <398 f.>). Dies gilt unbeschadet der Rechtsform der einzelnen Einrichtung auch dann, wenn der kirchliche Träger sich privatrechtlicher Organisationsformen bedient (vgl. BVerfGE 46, 73 <85 ff.>; 53, 366 <391>; 57, 220 <242>; 70, 138 <162>). Die durch das Grundgesetz gewährleistete Freiheit der Kirche vom Staat schließt ein, dass sie sich zur Erfüllung ihres Auftrags grundsätzlich auch der Organisationsformen des staatlichen Rechts bedienen kann, ohne dass dadurch die Zugehörigkeit der auf einer entsprechen- den Rechtsgrundlage gegründeten Einrichtung zur Kirche aufgehoben wird (vgl. BVerfGE 57, 220 <243>).

93

(2) Nicht jede Organisation oder Einrichtung, die in Verbindung zur Kirche steht, unterfällt indes dem Privileg der Selbstbestimmung. Voraussetzung einer wirksamen Zuordnung ist vielmehr, dass die Organisation oder Einrichtung teilnimmt an der Verwirklichung des Auftrages der Kirche, im Einklang mit dem Bekenntnis der verfassten Kirche steht und mit ihren Amtsträgern und Organwaltern in besonderer Weise verbunden ist (BVerfGE 46, 73 <87>; 70, 138 <163 ff.>).

94

Von daher ist für eine sich auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Art. 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV) berufende Organisation oder Einrichtung unabdingbar, dass die religiöse Zielsetzung das bestimmende Element ihrer Tätigkeit ist. Ganz überwiegend der Gewinnerzielung dienende Organisationen und Einrichtungen können demgegenüber das Privileg der Selbstbestimmung nicht in Anspruch nehmen, da bei ihnen der enge Konnex zum glaubensdefinierten Selbstverständnis aufgehoben ist. Dies gilt vor allem für Einrichtungen, die wie andere Wirtschaftssubjekte auch am marktwirtschaftlichen Geschehen teilnehmen und bei welchen der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte religiöse Auftrag der Kirche oder Religionsgemeinschaft in der Gesamtschau der Tätigkeiten gegenüber anderen - vorwiegend gewinnorientierten - Erwägungen erkennbar in den Hintergrund tritt.

95

bb) Das Selbstbestimmungsrecht umfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses (vgl. BVerfGE 70, 138 <164> unter Bezugnahme auf BVerfGE 24, 236 <249>; 53, 366 <399>; 57, 220 <243>; vgl. auch BVerfGE 99, 100 <125>) und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zum kirchlichen Grundauftrag dienen (vgl. BVerfGE 53, 366 <399>). Unter die Freiheit des "Ordnens" und "Verwaltens" fällt dementsprechend auch die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung kirchlicher Dienste durch den Abschluss entsprechender Arbeitsverträge (vgl. BVerfGE 70, 138 <165>; BVerfGK 12, 308 <330>; vgl. auch: Isensee, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, 2. Aufl. 1995, § 59, S. 665 <730>).

96

Der Staat erkennt die Kirchen in diesem Sinne als Institutionen mit dem originären Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten (vgl. BVerfGE 18, 385 <386>; 19, 1 <55>; 30, 415 <428>; 42, 312 <321 f., 332>; 46, 73 <94>; 57, 220 <244>; 66, 1 <19>; BVerfGK 14, 485 <486>). Dies gilt - unabhängig von der Rechtsform der Organisation - auch dann, wenn die Kirchen sich zur Erfüllung ihres Auftrags und ihrer Sendung privatrechtlicher Formen bedienen (BVerfGE 46, 73 <85 ff.>; 70, 138 <162>) und wenn die Tätigkeiten und getroffenen Maßnahmen in den weltlichen Bereich hineinwirken (vgl. BVerfGE 42, 312 <334 f.>). Die Kirchen bestimmen selbst, frei und autonom darüber, welche Dienste sie in welchen Rechtsformen ausüben wollen und sind nicht auf spezifisch kanonische oder kirchenrechtliche Gestaltungsformen beschränkt. Religiöse Orden oder das Kirchenbeamtentum, die spezifischem Kirchenrecht unterliegen, stellen insofern zwar originäre, aber auch nur mögliche Varianten und Formen kirchlicher Dienste dar.

97

Die Kirchen können sich der jedermann offen stehenden privatautonomen Gestaltungsformen bedienen, Dienstverhältnisse begründen und nach ihrem Selbstverständnis ausgestalten. Die im Selbstbestimmungsrecht der Kirchen enthaltene Ordnungsbefugnis gilt insoweit nicht nur für die kirchliche Ämterorganisation (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV), sondern ist ein allgemeines Prinzip für die Ordnung des kirchlichen Dienstes (vgl. BVerfGE 70, 138 <164 f.>). Sie berechtigt zur Organisation der Tätigkeit einschließlich der Aufrechterhaltung einer internen Organisationsstruktur, zur Auswahl ihrer Angestellten und zur Festlegung der religiösen Grundsätze, welche die Grundlage ihrer Tätigkeiten sein sollen.

98

d) Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthält ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht (vgl. BVerfGE 24, 236 <245 f.>; 32, 98 <106>; 44, 37 <49>; 83, 341 <354>; 108, 282 <297>; 125, 39 <79>). Dieses beinhaltet notwendigerweise neben der Freiheit des Einzelnen zum privaten und öffentlichen Bekenntnis seiner Religion oder Weltanschauung (vgl. nur BVerfGE 24, 236 <245>; 69, 1 <33 f.>; 108, 282 <297>) auch die Freiheit, sich mit anderen aus gemeinsamem Glauben oder gemeinsamer weltanschaulicher Überzeugung zusammenzuschließen (vgl. BVerfGE 42, 312 <323>; 53, 366 <387>; 83, 341 <355>; 105, 279 <293>).

99

aa) Die durch den Zusammenschluss gebildete Vereinigung genießt das Recht zu religiöser oder weltanschaulicher Betätigung, zur Verkündigung des Glaubens, zur Verbreitung der Weltanschauung sowie zur Pflege und Förderung des jeweiligen Bekenntnisses (vgl. BVerfGE 19, 129 <132>; 24, 236 <246 f.>; 53, 366 <387>; 105, 279 <293>). Dieser Schutz steht nicht nur Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu, sondern auch von diesen selbstständigen oder unselbstständigen Vereinigungen, wenn und soweit sich diese die Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist und eine hinreichende institutionelle Verbindung zu einer Religionsgemeinschaft besteht (vgl. BVerfGE 24, 236 <246 f.>).

100

bb) Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als korporative Ausübung von Religion und Weltanschauung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG anzusehen ist, muss der zentralen Bedeutung des Begriffs der "Religionsausübung" durch eine extensive Auslegung Rechnung getragen werden (vgl. BVerfGE 24, 236 <246>).

101

Zwar hat der Staat grundsätzlich verfassungsrechtliche Begriffe nach neutralen, allgemeingültigen, nicht konfessionell oder weltanschaulich gebundenen Gesichtspunkten zu interpretieren (vgl. BVerfGE 24, 236 <247 f.>). Wo aber die Rechtsordnung gerade das religiöse oder weltanschauliche Selbstverständnis des Grundrechtsträgers voraussetzt, wie dies bei der Religionsfreiheit der Fall ist, würde der Staat die Eigenständigkeit der Kirchen und ihre nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich verankerte Selbständigkeit verletzen, wenn er bei der Auslegung der sich aus dem Bekenntnis ergebenden Religionsausübung das Selbstverständnis nicht berücksichtigen würde (vgl. BVerfGE 18, 385 <386 f.>; 24, 236 <248>; 108, 282 <298 f.>). Die Formulierung des kirchlichen Proprium obliegt so allein den Kirchen und ist als elementarer Bestandteil der korporativen Religionsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich geschützt.

102

cc) Nach dem Selbstverständnis der christlichen Kirchen umfasst die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit des christlichen Sendungsauftrages in Staat und Gesellschaft. Dazu gehört insbesondere das karitative Wirken, das eine wesentliche Aufgabe für den Christen ist und von den Kirchen als religiöse Grundfunktion verstanden wird (vgl. BVerfGE 53, 366 <393>; siehe auch BVerfGE 24, 236 <246 ff.>; 46, 73 <85 ff.>; 57, 220 <242 f.>; 70, 138 <163>). Die tätige Nächstenliebe ist als solche eines der Wesensmerkmale der Kirche (vgl. Isensee, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. II, 2. Aufl. 1995, § 59, S. 665). Sie geht von der Zuwendung gegenüber Kranken und Benachteiligten ohne Rücksicht auf Konfession, Bedürftigkeit oder sozialen Status aus. Christliche Organisationen und Einrichtungen versehen die Aufgabe der Krankenpflege daher im Sinne einer an christlichen Grundsätzen ausgerichteten umfassenden medizinischen, pastoralen und seelsorgerlichen Behandlung und verwirklichen damit Sendung und Auftrag ihrer Kirche im Geist ihrer Religiosität und im Einklang mit dem Bekenntnis.

103

Die von der Verfassung anerkannte und dem kirchlichen Selbstverständnis entsprechende Zuordnung der karitativen Tätigkeit zum Sendungsauftrag der Kirche wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass andere Einrichtungen und anders ausgerichtete Träger im Sozialbereich ähnliche Zwecke verfolgen und - rein äußerlich gesehen - Gleiches verwirklichen wollen (vgl. BVerfGE 53, 366 <399> unter Bezugnahme auf BVerfGE 24, 236 <249>; vgl. auch BVerfGK 12, 308 <330>). Die religiöse Dimension ist insoweit das bestimmende Element der karitativen und diakonischen Tätigkeit, das sie von äußerlich vergleichbaren Tätigkeiten unterscheidet. Es ist das spezifisch Religiöse der karitativen und diakonischen Tätigkeit, das den Umgang mit Kranken und Benachteiligten prägt und der seelsorgerlichen und pastoralen Begleitung eine hervorgehobene Bedeutung beimisst.

104

Dem steht nicht entgegen, dass diese Ausrichtung im modernen säkularen Staat angesichts religiöser Pluralisierung und "Entkirchlichung" der Gesellschaft schwierig zu vermitteln ist, zumal nicht in allen Bereichen von Caritas und Diakonie hinreichend Christen zur Verfügung stehen, die diesen Auftrag als an die eigene Person gerichteten Heilsauftrag begreifen und umsetzen. So müssen verstärkt nichtchristliche Arbeitnehmer - auch in leitenden Positionen - in Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen eingesetzt werden. Dies allein muss jedoch weder zu einem Rückzug der Kirchen aus den in Rede stehenden Bereichen führen noch dazu, dass der geistlich theologische Auftrag und die Sendung nicht mehr erkennbar sind (vgl. etwa: Bethel, Gemeinschaft verwirklichen - Unsere Vision und unsere strategischen Entwicklungsschwerpunkte 2011 bis 2016, v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel, Bielefeld 2011, S. 8 ff.).

105

Dieser gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation kann durch Struktur und Ausformung der christlichen Dienstgemeinschaft ausreichend Rechnung getragen werden. Die christlichen Kirchen kennen viele Formen christlichen Dienens: Öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnisse, Zugehörigkeit zu besonderen geistlichen Gemeinschaften wie Orden und Diakonissengemeinschaften oder eben auch nach staatlichem Recht - privatautonom - begründete Arbeitsverhältnisse. Spezifisches Kennzeichen für all diese Formen ist es, dem biblischen Auftrag zur Verkündigung und zur tätigen Nächstenliebe nachzukommen. Der Dienst in der christlichen Gemeinde ist Auftrag und Sendung der Kirche und umfasst idealiter den Menschen in all seinen Bezügen in Familie, Freizeit, Arbeit und Gesellschaft. Dieses Verständnis ist die Grundlage für die kirchlichen Anforderungen an die Gestaltung des Dienstes und die persönliche Lebensführung, die in den Loyalitätsobliegenheiten ihren Ausdruck finden. Gemeinschaft in diesem Sinne bedeutet nach christlichem Glauben gemeinsame Verantwortung für das Wirken der Kirche und in der Kirche und ihren Einrichtungen. Dieses Leitbild des Umgangs aller Dienstangehörigen prägt Verhalten und Umgang untereinander und mit den anvertrauten Kranken und Benachteiligten. Vorwiegend ökonomische Interessenmaximierung ist damit nicht vereinbar.

106

e) Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht steht nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV, auch soweit sich der Schutzbereich mit demjenigen der korporativen Religionsfreiheit überlagert, unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes (sog. Schrankenspezialität, vgl. oben Rn. 85). Die Formel "innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" kann jedoch nicht im Sinne des allgemeinen Gesetzesvorbehalts in einigen Grundrechtsgarantien verstanden werden (vgl. BVerfGE 42, 312 <333>). Vielmehr ist der Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck bei der Entfaltung und Konturierung der Schrankenbestimmung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 53, 366 <400 f.>). Beim Ausgleich der gegenläufigen Interessen ist daher der Umstand zu beachten, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die korporative Religionsfreiheit vorbehaltlos gewährleistet und insofern dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften besonderes Gewicht zuzumessen ist.

107

aa) Deshalb ergibt sich aus dem Umstand, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nur "innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" gegeben ist, gerade nicht, dass jegliche staatliche Rechtsetzung, sofern sie nur aus weltlicher Sicht von der zu regelnden Materie her als vernünftig und verhältnismäßig erscheint, ohne weiteres in den den Kirchen, ihren Organisationen und Einrichtungen von Verfassungs wegen zustehenden Autonomiebereich eingreifen könnte (vgl. BVerfGE 53, 366 <404>; 72, 278 <289>). Die selbständige Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten ist den Kirchen, ihren Organisationen und Einrichtungen von der Verfassung garantiert, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihrer religiösen und diakonischen Aufgabe, ihren Grundsätzen und Leitbildern auch im Bereich von Organisation, Normsetzung und Verwaltung umfassend nachkommen zu können (vgl. BVerfGE 53, 366 <404>).

108

bb) Zu dem "für alle geltenden Gesetz" im Sinne des Art. 140 GG in Ver-bindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV, unter dessen Vorbehalt die inhaltliche Gestaltungsfreiheit des kirchlichen Arbeitgebers für die auf Vertragsebene begründeten Arbeitsverhältnisse steht, zählen die Regelungen des allgemeinen Kündigungsschutzes (vgl. BVerfGE 70, 138 <166 f.>; Ehlers, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 140/Art. 137 WRV, Rn. 14; Korioth, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 140/Art. 137 WRV, Rn. 49). Sie tragen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der objektiven Schutzpflicht des Staates gegenüber den wechselseitigen Grundrechtspositionen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rechnung (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>; 85, 360 <372 f.>; 92, 140 <150>; 97, 169 <175 f.>; BVerfGK 1, 308 <311>; 8, 244 <246>).

109

cc) Die in diesen Vorschriften enthaltenen Generalklauseln bedürfen der Ausfüllung im konkreten Einzelfall. Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 f.>; 42, 143 <148>; 103, 89 <100>). Der Staat hat insoweit die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren (vgl. nur BVerfGE 103, 89 <100>). Den staatlichen Gerichten obliegt es, den grundrechtlichen Schutz im Wege der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren.

110

(1) Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den "eigenen Angelegenheiten" der Kirche nicht auf (vgl. BVerfGE 53, 366 <392>; 70, 138 <165>). Arbeits- und Kündigungsschutzgesetze sind daher einerseits im Lichte der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung zugunsten der kirchlichen Selbstbestimmung auszulegen (Art. 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV). Das bedeutet nicht nur, dass die Religionsgesellschaft Gestaltungsspielräume, die das dispositive Recht eröffnet, voll ausschöpfen darf. Auch bei der Handhabung zwingender Vorschriften sind Auslegungsspielräume, soweit erforderlich, zugunsten der Religionsgesellschaft zu nutzen (vgl. BVerfGE 83, 341 <356>), wobei dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht zuzumessen ist (vgl. BVerfGE 53, 366 <401>, unter Bezugnahme auf BVerfGE 24, 236 <246>; 44, 37 <49 f.>).

111

(2) Andererseits darf dies nicht dazu führen, dass Schutzpflichten des Staates gegenüber den Arbeitnehmern (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Sicherheit des Rechtsverkehrs vernachlässigt werden (vgl. BVerfGE 83, 341 <356>). Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV sichert insoweit mit Rücksicht auf das zwingende Erfordernis friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirchen (vgl. BVerfGE 42, 312 <330 ff., 340>) sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen als auch den staatlichen Schutz der Rechte anderer und für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Zweck der gesetzlichen Schrankenziehung ist durch eine entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 46, 73 <95>; 53, 366 <400 f.>; 66, 1 <22>; 70, 138 <167>; 72, 278 <289>; BVerfGK 12, 308 <333>).

112

2. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten über Loyalitätsobliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer haben die staatlichen Gerichte den organischen Zusammenhang von Statusrecht (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) und Grundrecht (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) im Rahmen einer zweistufigen Prüfung zu beachten und umzusetzen.

113

a) Ob eine Organisation oder Einrichtung an der Verwirklichung des kirchlichen Grundauftrags teilhat, ob eine bestimmte Loyalitätsobliegenheit Ausdruck eines kirchlichen Glaubenssatzes ist und welches Gewicht dieser Loyalitätsobliegenheit und einem Verstoß hiergegen nach dem kirchlichen Selbstverständnis zukommt, müssen die staatlichen Gerichte auf einer ersten Prüfungsstufe einer Plausibilitätskontrolle auf der Grundlage des glaubensdefinierten Selbstverständnisses der Kirche unterziehen. Dabei dürfen sie die Eigenart des kirchlichen Dienstes - das kirchliche Proprium - nicht außer Acht lassen.

114

aa) Die Formulierung des kirchlichen Proprium obliegt allein und ausschließlich den verfassten Kirchen und ist als elementarer Bestandteil der korporativen Religionsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich geschützt. Ebenso sind für die Frage, welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, allein die von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäbe von Belang. Demgegenüber kommt es weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen - bei denen die Meinungsbildung von verschiedensten Motiven beeinflusst sein kann - noch auf diejenige breiter Kreise unter den Kirchengliedern oder etwa gar einzelner, bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an (vgl. BVerfGE 70, 138 <166>).

115

Im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts können die verfassten Kirchen festlegen, was "die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert", was "spezifisch kirchliche Aufgaben" sind, was "Nähe" zu ihnen bedeutet, welches die "wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre" sind, was als Verstoß gegen diese anzusehen ist und welches Gewicht diesem Verstoß aus kirchlicher Sicht zukommt (vgl. BVerfGE 70, 138 <168>). Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine "Abstufung" der Loyalitätsobliegenheiten eingreifen soll, ist eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (vgl. BVerfGE 70, 138 <168>).

116

bb) Über die entsprechenden Vorgaben der verfassten Kirche dürfen sich die staatlichen Gerichte nicht hinwegsetzen. Im Rahmen der allgemeinen Justizgewährungspflicht sind sie lediglich berechtigt, die Darlegungen des kirchlichen Arbeitgebers auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. In Zweifelsfällen haben sie die einschlägigen Maßstäbe der verfassten Kirche durch Rückfragen bei den zuständigen Kirchenbehörden oder, falls dies ergebnislos bleibt, durch ein kirchenrechtliches oder theologisches Sachverständigengutachten aufzuklären.

117

(1) Religiöse Zielsetzung und institutionelle Verbindung der Organisation oder Einrichtung zur verfassten Amtskirche, ihren Organen und Amtswaltern und die bruchlose Übereinstimmung von geistlich-theologischem Auftrag und dessen Ausführung im praktischen Wirtschaftsleben müssen hiernach objektiv erkennbar sein und einer - den von der verfassten Kirche vorgegebenen glaubensspezifischen Parametern folgenden - Plausibilitätskontrolle standhalten (vgl. Ehlers, in: Sachs , GG, 7. Aufl. 2014, Art. 140, Rn. 6; Isensee, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, 2. Aufl. 1995, § 59, S. 665 <727 f.>).

118

(2) Ist durch den kirchlichen Arbeitgeber plausibel dargelegt, dass nach gemeinsamer Glaubensüberzeugung, Dogmatik, Tradition und Lehre der verfassten Kirche ein bestimmtes Handeln oder eine Tätigkeit und daran geknüpfte Loyalitätsobliegenheiten Gegenstand, Teil oder Ziel von Glaubensregeln sind (vgl. als Beispiel hierfür: Bethel, Grundsätze für Zusammenarbeit und Führung in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, Bielefeld 2012), darf der Staat das so umschriebene glaubensdefinierte Selbstverständnis der Kirche nicht nur nicht unberücksichtigt lassen; er hat es vielmehr seinen Wertungen und Entscheidungen zugrunde zu legen, so lange es nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen steht (vgl. dazu BVerfGE 70, 138 <168>, wo auf die Grundprinzipien der Rechtsordnung abgestellt wurde, wie sie im allgemeinen Willkürverbot [Art. 3 Abs. 1 GG] und in den Begriffen der "guten Sitten" [§ 138 Abs. 1 BGB] und des ordre public [Art. 6 EGBGB] ihren Niederschlag gefunden haben; vgl. ferner BVerfGE 102, 370 <392 ff.>). Einer darüber hinaus gehenden Bewertung solcher Glaubensregeln hat sich der Staat zu enthalten (vgl. BVerfGE 33, 23 <30>; 104, 337 <355>), denn darin entfaltet sich nicht nur die statusrechtliche Sicherung nach Art. 137 Abs. 3 WRV, sondern vor allem auch die Schutzwirkung der Religionsfreiheit von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.

119

(3) Dies gilt in besonderem Maße im Hinblick auf Loyalitätserwartungen der Kirche und eine etwaige Abstufung von Loyalitätsobliegenheiten. Hat die Kirche oder Religionsgemeinschaft sich in Ausübung ihrer korporativen Religionsfreiheit dazu entschieden, ein bestimmtes Verhalten wegen des Verstoßes gegen tragende Glaubenssätze als Loyalitätsverstoß zu werten, ein anderes aber nicht, und hat sie diese Maßgabe zum Gegenstand eines Arbeitsvertrags gemacht, so ist es den staatlichen Gerichten grundsätzlich untersagt, diese autonom getroffene und von der Verfassung geschützte Entscheidung zu hinterfragen und zu bewerten. Gleiches gilt, soweit die Kirche oder Religionsgemeinschaft die Loyalitätsobliegenheiten auf Arbeitnehmer in bestimmten Aufgabenbereichen beschränkt oder nur auf solche kirchlichen Arbeitnehmer erstreckt hat, die ihrem Glauben angehören. Den staatlichen Gerichten ist es insoweit verwehrt, die eigene Einschätzung über die Nähe der von einem Arbeitnehmer bekleideten Stelle zum Heilsauftrag und die Notwendigkeit der auferlegten Loyalitätsobliegenheit im Hinblick auf Glaubwürdigkeit oder Vorbildfunktion innerhalb der Dienstgemeinschaft an die Stelle der durch die verfasste Kirche getroffenen Einschätzung zu stellen (vgl. auch BVerfGE 70, 138 <167>; 83, 341 <356>; so auch im Ergebnis: Isensee, in: Festschrift für Klaus Obermayer, 1986, S. 203 <214 f.>; Richardi, in: ders./Wlotzke/Wißmann/Oetker, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2009, § 328 Rn. 24; Plum, NZA 2011, S. 1194 <1200>; Fahrig/Stenslik, EuZA 5 <2012>, S. 184 <194 f.>; Melot de Beauregard, NZA-RR 2012, S. 225 <230>; Walter, ZevKR 57 <2012>, S. 233 <240>; Pötters/Kalf, ZESAR 2012, S. 216 <218>; Magen, in: Kämper/Puttler , Straßburg und das kirchliche Arbeitsrecht, 2013, S. 41 <43 ff.>).

120

b) Auf einer zweiten Prüfungsstufe haben die Gerichte sodann die Selbstbestimmung der Kirchen den Interessen und Grundrechten der Arbeitnehmer in einer offenen Gesamtabwägung gegenüberzustellen.

121

aa) Dies setzt die positive Feststellung voraus, dass der Arbeitnehmer sich der ihm vertraglich auferlegten Loyalitätsanforderungen und der Möglichkeit arbeitsrechtlicher Sanktionierung von Verstößen bewusst war oder hätte bewusst sein müssen. Die Unannehmbarkeit einer Loyalitätsanforderung (vgl. BVerfGE 70, 138 <168>) ist gegeben, wenn Inhalt und Reichweite der dem kirchlichen Arbeitnehmer auferlegten Obliegenheiten sowie die sich aus einem Verstoß möglicherweise ergebenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar sind, so dass der kirchliche Arbeitnehmer sich außer Stande sieht, sein Handeln an den Loyalitätsanforderungen seines Arbeitgebers zu orientieren. Die nach freiem Willen getroffene Entscheidung eines Grundrechtsberechtigten, eine partielle Beschränkung seiner Freiheitsrechte durch Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit einem kirchlichen Arbeitgeber zu dessen Voraus-setzungen hinzunehmen, setzt notwendigerweise das Bewusstsein über den Umfang der Selbstbindung voraus (vgl. hierzu auch: Isensee, in: Festschrift für Klaus Obermayer, 1986, S. 203 <206 f.>; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 140 Rn. 27). Diese Voraussetzung ist nicht mehr erfüllt, wenn sich etwa Inhalt und Reichweite der einzuhaltenden Verhaltensregeln nur mithilfe detaillierter Kenntnisse des Kirchenrechts und der Glaubens- und Sittenlehre feststellen lassen, die vom Arbeitnehmer auch bei gesteigerten Erwartungen wegen der Konfession oder der konkreten Stellung nicht verlangt werden können (vgl. zur Relevanz des letztgenannten Umstands und zur Abgrenzung auch: EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 50; EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 71).

122

Das Erfordernis der Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit steht einer Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln (vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Satz 1 GrO: "Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre") in Arbeitsverträgen und der Verweisung auf Dienstordnungen nicht grundsätzlich entgegen. Im Zweifel ist der kirchliche Arbeitgeber jedoch gehalten, abstrakte Begrifflichkeiten zum Verständnis des Arbeitnehmers im Rahmen der individualvertraglichen Vereinbarung zu konkretisieren (vgl. hierzu auch: Böckel, in: Kämper/Puttler , Straßburg und das kirchliche Arbeitsrecht, 2013, S. 57 <58>).

123

Das Maß im Einzelfall zulässiger Abstrahierung korrespondiert dabei mit dem Umfang der nach Einschätzung der Kirche im Hinblick auf das konkrete Arbeitsverhältnis erforderlichen Loyalitätserwartungen: Bei Personen, die aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Stellung erhöhten Loyalitätsanforderungen unterworfen werden, sind in aller Regel auch Kenntnisse der kirchlichen Lehre Teil des beruflichen Anforderungsprofils und können durch den Arbeitgeber bei der Formulierung der Loyalitätserwartungen vorausgesetzt werden. Führt die Unkenntnis eines derartigen Arbeitnehmers zu einer Obliegenheitsverletzung, weil er sich über die Illoyalität seines Verhaltens nicht im Klaren ist, obschon er es hätte sein müssen, rechtfertigt dies eine andere Beurteilung als in Konstellationen, in denen Kenntnisse der kirchlichen Lehre und der einschlägigen kirchengesetzlichen Vorgaben auch aus Sicht der Kirche nicht ohne weiteres erwartet werden können.

124

bb) Im Rahmen des sich hieran anschließenden Abwägungsvorgangs sind die kollidierenden Rechtspositionen - dem Grundsatz der praktischen Konkordanz entsprechend - in möglichst hohem Maße in ihrer Wirksamkeit zu entfalten. Sie sind einander im Sinne einer Wechselwirkung verhältnismäßig zuzuordnen, das heißt, das einschränkende arbeitsrechtliche Gesetz muss im Lichte der Bedeutung des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV und Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrachtet werden, wie umgekehrt die Bedeutung kollidierender Rechte des Arbeitnehmers im Verhältnis zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht gewichtet werden muss.

125

Dem Selbstverständnis der Kirche ist dabei ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. hierzu auch: BVerfGE 53, 366 <401>; 66, 1 <22>; 70, 138 <167>; 72, 278 <289>; BVerfGK 12, 308 <333>), ohne dass die Interessen der Kirche die Belange des Arbeitnehmers dabei prinzipiell überwögen. Das staatliche Arbeitsrecht lässt "absolute Kündigungsgründe" nicht zu; eine Verabsolutierung von Rechtspositionen ist der staatlichen Rechtsordnung jenseits des Art. 1 Abs. 1 GG fremd. Entsprechend entbindet selbst ein erkennbar schwerwiegender Loyalitätsverstoß die staatlichen Arbeitsgerichte nicht von der Pflicht zur Abwägung der kirchlichen Interessen mit den Belangen des Arbeitnehmers. Die Arbeitsgerichte haben jedoch auch bei der Abwägung die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Gewichtung vertraglicher Loyalitätsobliegenheiten zugrunde zu legen (BVerfGE 70, 138 <170 ff.>).

126

3. Ob diese Abwägung verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, kann gegebenenfalls Gegenstand verfassungsgerichtlicher Kontrolle sein. Das Bundesverfassungsgericht ist zum Eingreifen gegenüber den Fachgerichten jedoch nur dann berufen, wenn diese tragende Elemente des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts und der korporativen Religionsfreiheit einerseits oder Grundrechte des Arbeitnehmers andererseits verkennen.

127

4. Diese Maßstäbe stehen in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. bereits: EKMR, Rommelfänger v. Deutschland, Kommissionsentscheidung vom 6. September 1989, Nr. 12242/86). Die durch die Konvention begründeten objektiven Schutzpflichten des Staates aus Art. 11 Abs. 1 EMRK in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 EMRK und das sich hieraus ergebende Autonomierecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften einerseits und die entgegenstehenden Rechtspositionen der kirchlichen Arbeitnehmer andererseits verlangen - in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben - eine Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Die durch die Konvention begründete Neutralitätspflicht des Staates in religiösen Angelegenheiten untersagt den staatlichen Stellen hierbei ebenfalls eine eigenständige Bewertung und Gewichtung von Glaubensinhalten.

128

a) Die Europäische Menschenrechtskonvention ist als Auslegungshilfe bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen. Dies verlangt allerdings keine schematische Parallelisierung der Aussagen des Grundgesetzes mit denen der Europäischen Menschenrechtskonvention. Vielmehr werden deren Wertungen im Sinne eines möglichst schonenden Einpassens in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechts- system aufgenommen (vgl. BVerfGE 111, 307 <315 ff.>; 128, 326 <366 ff.>; 131, 268 <295 f.>).

129

Die Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung enden dort, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint (vgl. BVerfGE 111, 307 <329>; 128, 326 <371>). Zudem darf sie nicht dazu führen, dass der Grundrechtsschutz nach dem Grundgesetz eingeschränkt wird; das schließt auch die Europäische Menschenrechtskonvention durch Art. 53 EMRK ihrerseits aus (vgl. BVerfGE 111, 307 <317>; 128, 326 <371>, jeweils m.w.N.). Dieses Rezeptionshemmnis kann vor allem in - wie hier - mehrpoligen Grundrechtsverhältnissen relevant werden, in denen das "Mehr" an Freiheit für einen Grundrechtsträger zugleich ein "Weniger" für einen anderen bedeutet (vgl. BVerfGE 128, 326 <371>).

130

b) Art. 9 Abs. 1 EMRK schützt neben der individuellen Religionsfreiheit auch ihre korporative Seite (vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, Art. 9 Rn. 10, m.w.N). Da die Kirchen und Religionsgemeinschaften traditionell in der Form organisierter Strukturen existieren, deren autonomer Bestand für die Vielfalt in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar ist und die Glaubensfreiheit in ihrem Kerngehalt berührt, muss Art. 9 Abs. 1 EMRK nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Lichte des Art. 11 Abs. 1 EMRK ausgelegt werden. Unter diesem Blickwinkel bedingt die Glaubensfreiheit des Einzelnen auch den Schutz der rechtlich verfassten Kirchen und Religionsgemeinschaften vor ungerechtfertigten staatlichen Eingriffen im Hinblick sowohl auf religiöse als auch auf organisatorische Fragen. Ohne diesen Schutz der Organisation nach Maßgabe des religiösen Selbstverständnisses durch die Konvention wäre auch die effektive Wahrnehmung der individuellen Religionsfreiheit beeinträchtigt (vgl. zu alledem: EGMR (GK), Hasan u. Chaush v. Bulgarien, Urteil vom 26. Oktober 2000, Nr. 30985/96, § 62; EGMR, Metropolitan Church of Bessarabia u.a. v. Moldawien, Urteil vom 13. Dezember 2001, Nr. 45701/99, § 118; EGMR, Holy Synod of the Bulgarian Orthodox Church (Metropolitan Inokentiy) v. Bulgarien, Urteil vom 22. Januar 2009, Nr. 412/03 u.a., § 103; EGMR (GK), Sindicatul "Păstorul cel Bun" v. Rumänien, Urteil vom 9. Juli 2013, Nr. 2330/09, § 136; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 127).

131

aa) Das Autonomierecht beinhaltet das Recht der Kirche oder Religionsgemeinschaft, nach ihren Rechtssätzen und nach ihrem Ermessen auf ein Verhalten ihrer Mitglieder zu reagieren, das eine Bedrohung für den Zusammenhalt, die Glaubwürdigkeit oder die Einheit der Gemeinschaft bedeutet (vgl. hierzu: EGMR (GK), Sindicatul "Păstorul cel Bun" v. Rumänien, Urteil vom 9. Juli 2013, Nr. 2330/09, § 165; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 128). Daneben ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt, dass aus dem Autonomierecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften auch deren Befugnis erwächst, ihren Arbeitnehmern und den die Gemeinschaft repräsentierenden Personen ein gewisses Maß an Loyalität abzuverlangen (vgl. hierzu bereits: EKMR, Rommelfänger v. Deutschland, Kommissionsentscheidung vom 6. September 1989, Nr. 12242/86; sowie: EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 131, m.w.N.). Voraussetzung ist, dass von einer Verletzung der konkreten Loyalitätsanforderung nach Einschätzung der Kirche oder Religionsgemeinschaft eine substantielle Gefahr für den Zusammenhalt, die Glaubwürdigkeit oder die Einheit der Gemeinschaft ausginge, die mit der Loyalitätsanforderung verbundene Beschränkung nicht über das erforderliche Maß hinausreicht und keinen sachfremden Zwecken dient, die nicht in der Wahrnehmung des religiösen Auftrags begründet liegen; dies hat die Kirche oder Religionsgemeinschaft im Einzelfall darzulegen (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 132).

132

bb) Unter diesen Bedingungen können auch Beschränkungen konventionsrechtlich geschützter Rechtspositionen des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein; insoweit ist Art. 11 Abs. 1 EMRK in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 EMRK generell geeignet, als Schranke für diese Konventionsrechte zu dienen und die objektive Schutzpflicht des Staates zu begrenzen oder gar zu verdrängen (vgl. hierzu: EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, §§ 43 ff.; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, §§ 133 ff., jeweils zu Art. 8 Abs. 1 EMRK; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 45, zu Art. 9 Abs. 1 EMRK).

133

Da die vertragliche Unterwerfung unter die Loyalitätserwartungen jedoch auf einer freiwilligen Entscheidung des kirchlichen Arbeitnehmers beruht (vgl. bereits EKMR, Rommelfänger v. Deutschland, Kommissionsentscheidung vom 6. September 1989, Nr. 12242/86), ist Voraussetzung hierfür grundsätzlich, dass der Inhalt der Loyalitätserwartung und die mit einem Verstoß einhergehenden Rechtsfolgen für den Arbeitnehmer vorhersehbar sind (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 117). Für die Beurteilung der Vorhersehbarkeit ist auf die Konfession des Arbeitnehmers (vgl. hierzu: EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 50) und - in besonderem Maße - die von dem kirchlichen Arbeitnehmer im konkreten Einzelfall bekleidete Stellung innerhalb der Organisation abzustellen (vgl. hierzu: EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 119).

134

cc) Der konkreten Stellung des Arbeitnehmers innerhalb der religiösen Organisation oder einer ihrer selbständigen Einrichtungen (vgl. hierzu EKMR, Rommelfänger v. Deutschland, Kommissionsentscheidung vom 6. September 1989, Nr. 12242/86, zum Fall eines Assistenzarztes in einem von einer Stiftung der römisch-katholischen Kirche getragenen Krankenhaus; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 44, zum Fall einer Erzieherin in von protestantischen Kirchengemeinden getragenen Kindertagesstätten) und dem Inhalt der ihm übertragenen Aufgaben kommt bei Beurteilung des zulässigen Umfangs der Loyalitätsobliegenheiten und der Vereinbarkeit von Sanktionsmaßnahmen aufgrund von Loyalitätsverstößen im Rahmen der Abwägungsentscheidung besonderes Gewicht zu (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 131, m.w.N.). Eine bereits von der Kirche oder Religionsgemeinschaft vorgenommene Abstufung von Loyalitätsobliegenheiten nach der Konfession oder beruflichen Stellung des Arbeitnehmers ist daher mit der Konvention nicht nur vereinbar, sondern im Zweifelsfall sogar geboten (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 50, zur Abstufung aufgrund der Konfession; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 46; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 119, jeweils zur Abstufung aufgrund der Stellung). Hierdurch trägt die Kirche oder Religionsgemeinschaft ihrer Pflicht Rechnung, nur die aus ihrer Sicht zur Abwendung substantieller Risiken für den Zusammenhalt, die Glaubwürdigkeit oder die Einheit der Gemeinschaft unabweisbaren Einschränkungen konventionsrechtlich geschützter Rechtspositionen ihrer Arbeitnehmer vorzunehmen (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 132).

135

c) Maßgeblich für die Beurteilung des notwendigen Inhalts der besonderen Loyalitätsanforderungen und des Gewichts von Verstößen hiergegen ist auch nach der Konvention der Standpunkt der Kirche oder Religionsgemeinschaft. Er ist von den staatlichen Stellen im Rahmen ihres Handelns grundsätzlich zugrunde zu legen (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 68; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 45). Diese Beschränkung der Einschätzungsgewalt staatlicher Stellen wurzelt in dem konventionsrechtlichen Autonomierecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 11 Abs. 1 EMRK i.V.m. Art. 9 Abs. 1 EMRK) und der staatlichen Neutralitätspflicht in religiösen Angelegenheiten. Sie untersagt über die bereits genannten Gewährleistungsinhalte des Autonomierechts hinaus der staatlichen Gewalt auch, kraft eigener Einschätzung darüber zu befinden, ob religiöse Glaubensüberzeugungen oder die Mittel zum Ausdruck solcher Glaubensüberzeugungen legitim sind (vgl. EGMR, Manoussakis v. Griechenland, Urteil vom 26. September 1996, Nr. 18748/91, § 47; EGMR, Jehovah's Witnesses of Moscow u.a. v. Russland, Urteil vom 10. Juni 2010, Nr. 302/02, § 141; EGMR, Church of Jesus Christ of the Latter-Day Saints v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 4. März 2014, Nr. 7552/09, § 29).

136

d) Dennoch muss die staatliche Gewalt den Standpunkt der Kirche und Religionsgemeinschaft vom Inhalt einer Loyalitätsanforderung und dem Gewicht eines Verstoßes ihrem Handeln nicht gänzlich ungeprüft zugrunde legen (vgl. hierzu auch: EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 69); von der konventionsrechtlichen Neutralitätspflicht in religiösen Angelegenheiten ist der Staat in bestimmten Ausnahmefällen entbunden (vgl. EGMR (GK), Hasan u. Chaush v. Bulgarien, Urteil vom 26. Oktober 2000, Nr. 30985/96, §§ 62, 78; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 129).

137

aa) Die staatlichen Gerichte haben sicherzustellen, dass die kirchlichen Arbeitgeber im Einzelfall keine unannehmbaren Anforderungen an ihre Arbeitnehmer richten (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 51; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 45 f.). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Loyalitätsobliegenheit oder deren Gewichtung im Kündigungsfall gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung verstößt (vgl. EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 45 f.), auf willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 132) oder wenn die Zugrundelegung des nach kirchlichem Selbstverständnis erlassenen Rechtsakts durch das staatliche Gericht auch unter Berücksichtigung des entgegenstehenden Interesses des kirchlichen Arbeitgebers im Ergebnis zu einer offensichtlichen Verletzung eines Konventionsrechts in seinem Kerngehalt führt (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 132). Letzteres ist auch dann anzunehmen, wenn durch die Loyalitätserwartung der Schutzbereich eines abwägungsfesten Konventionsrechts (vgl. Art. 15 Abs. 2 EMRK) berührt wird.

138

Nicht ausreichend ist hingegen, dass die Loyalitätsobliegenheit lediglich den Schutzbereich anderer Konventionsrechte tangiert. Dies würde nicht nur das konventionsrechtliche Autonomierecht der Kirchen (Art. 11 Abs. 1 EMRK i.V.m. Art. 9 Abs. 1 EMRK) entwerten, sondern auch den Abwägungsprozess verkürzen, wodurch der konventionsrechtlich gebotene gerechte Ausgleich zwischen mehreren - privaten - Interessen (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, §§ 45, 52; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, §§ 40, 47) verhindert würde. Die Entscheidung darüber, ob dem Interesse des kirchlichen Arbeitgebers an der selbstbestimmten Verwirklichung seiner religiösen Grundsätze im Arbeitsrecht oder dem Interesse des kirchlichen Arbeitnehmers an dem konventionsrechtlich geschützten, jedoch illoyalen Verhalten der Vorrang einzuräumen ist, ist erst im Wege der Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen zu treffen (vgl. hierzu auch: Grabenwarter/Pabel, KuR 2011, S. 55 <62>).

139

bb) Inwieweit das Autonomierecht der Kirchen als Schranke entgegenstehender Konventionsrechte wirkt (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 60), ist auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Positionen und aller sie beeinflussenden Faktoren auf den Einzelfall zu bestimmen (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 51; EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 68; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 45; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, §§ 132, 148). Da den Staat insoweit hinsichtlich beider Konventionsrechte objektive Schutzpflichten treffen und der Schutz der einen Rechtsposition notwendigerweise zur Beeinträchtigung des entgegenstehenden Rechts führt, räumt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Konventionsstaaten einen weiten Einschätzungsspielraum ein (vgl. EGMR (GK), Sindicatul "Păstorul cel Bun" v. Rumänien, Urteil vom 9. Juli 2013, Nr. 2330/09, § 160; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 123).

140

Dennoch werden die Konventionsstaaten ihren objektiven Schutzpflichten im Einzelfall nur gerecht, wenn sie eine eingehende und alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Abwägung der durch die Kündigung tangierten Rechtspositionen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer vornehmen (vgl. EGMR (GK), Sindicatul "Păstorul cel Bun" v. Rumänien, Urteil vom 9. Juli 2013, Nr. 2330/09, § 159; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 123).

141

Hierzu zählen unter anderem das Bewusstsein des Arbeitnehmers für die begangene Loyalitätspflichtverletzung (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 72; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, §§ 44, 46; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, §§ 141, 146), die Freiwilligkeit der Bindung an höhere Loyalitätsobliegenheiten (vgl. EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 135), die öffentlichen Auswirkungen der Loyalitätspflichtverletzung (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 51; EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 72), das Interesse des kirchlichen Arbeitgebers an der Wahrung seiner Glaubwürdigkeit (vgl. EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, §§ 44, 46; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 137), die Position des Arbeitnehmers in der Einrichtung, die Schwere des Loyalitätspflichtverstoßes in den Augen der Kirche sowie die zeitliche Dimension des Loyalitätsverstoßes (vgl. jeweils EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 48), das Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrung seines Arbeitsplatzes (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 67), sein Alter, seine Beschäftigungsdauer (vgl. jeweils EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 48; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 44) und die Aussichten auf eine neue Beschäftigung (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 73; EGMR (GK), Fernández Martínez v. Spanien, Urteil vom 12. Juni 2014, Nr. 56030/07, § 144).

142

cc) Im Rahmen der Interessenabwägung hat das staatliche Gericht allerdings stets die konventionsrechtlich geschützte Neutralitätspflicht in religiösen Angelegenheiten zu wahren (vgl. EGMR, Manoussakis v. Griechenland, Urteil vom 26. September 1996, Nr. 18748/91, § 47; EGMR, Jehovah's Witnesses of Moscow u.a. v. Russland, Urteil vom 10. Juni 2010, Nr. 302/02, § 141; EGMR, Church of Jesus Christ of the Latter-Day Saints v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 4. März 2014, Nr. 7552/09, § 29). Aus diesem Grund muss es bei der Gewichtung religiös geprägter Abwägungselemente (z.B. spezifische Nähe der Tätigkeit des Arbeitnehmers zum Verkündigungsauftrag) den Standpunkt der verfassten Kirche und Religionsgemeinschaft seiner Entscheidung zugrunde legen, sofern es hierdurch nicht in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung gelangt (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 67; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, § 45).

143

dd) Soweit der Gerichtshof in einem Urteil beanstandet hat, die nationalen Gerichte hätten die Frage der Nähe der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit zum Verkündigungsauftrag der Kirche nicht geprüft, sondern offenbar ohne weitere Nachprüfungen den Standpunkt des kirchlichen Arbeitgebers in dieser Frage übernommen (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 67), war dies den besonderen Umständen des Einzelfalls geschuldet und rechtfertigt deshalb keine abweichende Beurteilung vorstehender konventionsrechtlicher Maßstäbe.

144

Eine Lesart der Entscheidungsgründe, die eine eigenständige staatliche Bewertung der Nähe einer Tätigkeit zum Verkündigungsauftrag erfordern würde, liefe Gefahr, in unauflösbaren Widerspruch zur sonstigen Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, §§ 43, 51; EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, §§ 57, 60; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011, Nr. 18136/02, §§ 40, 45) bei Loyalitätsobliegenheiten im kirchlichen Arbeitsverhältnis zu geraten und das konventionsrechtlich garantierte Autonomierecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften in seinem Kernbestand zu entwerten. Auch bliebe ungeklärt, warum der Gerichtshof sich einerseits auf die Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung vom 4. Juni 1985 (BVerfGE 70, 138 ff.) bezogen hat, ohne deren Vereinbarkeit mit der Konvention in Zweifel zu ziehen (vgl. EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, §§ 35, 68) andererseits aber die Überprüfung kirchlicher Selbstverständnisse in weitem Umfang von den staatlichen Arbeitsgerichten verlangen würde. Eine solche Interpretation stünde letztlich auch der Rezeption in die nationale Verfassungsordnung entgegen, weil sie den Grundrechtsschutz innerhalb eines mehrpoligen Grundrechtsverhältnisses einseitig zu Lasten eines Beteiligten beschränken würde (vgl. auch Plum, NZA 2011, S. 1194 <1200>).

II.

145

Nach diesen Maßstäben verstößt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2011 gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV, da die bei der Anwendung des § 1 Abs. 2 KSchG vorgenommene Interessenabwägung dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht der Beschwerdeführerin nicht in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang Rechnung trägt.

146

1. Der persönliche Anwendungsbereich von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV ist zu Gunsten der Beschwerdeführerin eröffnet. Sie hat in Anbetracht der vorrangig religiösen Zielsetzung ihres Handelns und ihrer institutionellen Verbindung zur römisch-katholischen Kirche an deren kirchlichem Selbstbestimmungsrecht teil. Zwar ist weder die Beschwerdeführerin selbst noch das in ihrer Trägerschaft befindliche V.-Krankenhaus Teil der amtskirchlichen Organisation. Beide haben jedoch teil an der Verwirklichung von Auftrag und Sendung der Kirche im Geist katholischer Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis und in Legitimation durch die Amtsträger der römisch-katholischen Kirche.

147

a) Die durch die Beschwerdeführerin wahrgenommene Aufgabe der Krankenbehandlung und -pflege stellt sich als Teil des Sendungsauftrages der römisch-katholischen Kirche dar. Sie ist als karitative Tätigkeit auf die Erfüllung der aus dem Glauben erwachsenden Pflicht zum Dienst am Mitmenschen und damit auf die Wahrnehmung einer kirchlichen Grundfunktion gerichtet (vgl. BVerfGE 53, 366 <393>; siehe auch: BVerfGE 24, 236 <246 ff.>; 46, 73 <85 ff.>; 57, 220 <242 f.>; 70, 138 <163>).

148

In der Staatspraxis der Bundesrepublik Deutschland ist die karitative Tätigkeit in den Kirchenverträgen und Konkordaten als legitime Aufgabe der Kirchen ausdrücklich anerkannt und den Kirchen die Berechtigung dazu gewährleistet worden (vgl. BVerfGE 24, 236 <248>; 53, 366 <393>, jeweils m.w.N.). Zu dieser karitativen Tätigkeit gehört die kirchlich getragene Krankenpflege, die in langer katholischer Tradition steht. Ihr entspricht die Organisation des kirchlichen Krankenhauses und die auf sie gestützte, an christlichen Grundsätzen ausgerichtete, auch pastorale und seelsorgerische Zuwendung umfassende Hilfeleistung für den Patienten (vgl. BVerfGE 53, 366 <393>).

149

b) An der Erfüllung dieses kirchlichen Auftrags hat die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer bekenntnismäßigen und organisatorischen Verbundenheit mit der römisch-katholischen Kirche Anteil. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der Regelungen des Gesellschaftsvertrages.

150

c) Im Fall der Beschwerdeführerin tritt die religiöse Dimension nicht in einem Maße gegenüber rein ökonomischen Erwägungen in den Hintergrund, das geeignet wäre, die Prägung durch das glaubensdefinierte Selbstverständnis in Frage zu stellen. Die Regelungen des Gesellschaftsvertrags der Beschwerdeführerin vom 6. August 2003, die als verbindlich anerkannten Vorgaben der Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1996 in der Fassung vom 27. März 2001 und die enge Verbindung der Beschwerdeführerin zum Verbund Katholischer Kliniken D. stehen einer vorrangig auf Vermögensmehrung ausgerichteten Aufgabenwahrnehmung der von ihr getragenen Einrichtungen entgegen. Allein das Ziel der Erwirtschaftung eines wirtschaftlichen Ergebnisses, das die Substanz der vorhandenen Einrichtungen und Arbeitsplätze sichert und eine sinnvolle Weiterentwicklung ermöglicht, ist für sich genommen noch nicht geeignet, die im Übrigen klar erkennbare religiöse Prägung ihres Handelns zu verdrängen.

151

2. Die Auferlegung besonderer Loyalitätsobliegenheiten gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens war vom Gewährleistungsinhalt des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV umfasst. Durch den Verweis auf die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22. September 1993 (GrO) sowie § 10 Abs. 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages vom 12. Oktober 1999 ist das Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe wirksam und vorhersehbar zum Inhalt des Arbeitsvertrages geworden (nachfolgend a) und b)). Diese Loyalitätsanforderungen stehen ebenso wie ihre Abstufung nach Konfession und Stellung im Einklang mit den Maßstäben der verfassten römisch-katholischen Kirche. Sie erlegen dem Kläger des Ausgangsverfahrens keine unannehmbaren oder gegen grundlegende verfassungsrechtliche Gewährleistungen verstoßenden Obliegenheiten auf (nachfolgend c)).

152

a) Die Regelungen der Grundordnung einschließlich derer zum Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe sowie zu der Abstufung von Loyalitätserwartungen und arbeitsrechtlichen Sanktionen nach Konfession und Stellung des Arbeitnehmers sind von der Gesamtheit der katholischen Bischöfe in Deutschland übereinstimmend verabschiedet und promulgiert und damit für ihren jeweiligen Bereich als kirchliches Gesetz in Kraft gesetzt worden (vgl. Can. 391 § 1 CIC). Zweifel über den Inhalt der Maßstäbe der verfassten Kirche, denen seitens der staatlichen Gerichte durch entsprechende Rückfragen bei den zuständigen Kirchenbehörden zu begegnen gewesen wäre (vgl. BVerfGE 70, 138 <168>), liegen deshalb nicht vor.

153

b) Inhalt und Reichweite der dem Kläger des Ausgangsverfahrens auferlegten Obliegenheiten sowie die sich aus einem Verstoß möglicherweise ergebenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen waren für ihn mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar, so dass er in der Lage war, sein Verhalten hieran auszurichten. Eine Unannehmbarkeit der an ihn gerichteten Loyalitätserwartungen wegen mangelnder Vorhersehbarkeit scheidet aus.

154

aa) Art. 4 Abs. 1 Satz 1 GrO formuliert die für alle katholischen Mitarbeiter geltenden Loyalitätsobliegenheiten, indem er die Beachtung und Anerkennung der "Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre" verlangt. Im Vergleich zu den nichtkatholischen christlichen Mitarbeitern (vgl. Art. 4 Abs. 2 GrO) und nichtchristlichen Mitarbeitern (vgl. Art. 4 Abs. 3 GrO) werden katholische Mitarbeiter - zu denen der Kläger des Ausgangsverfahrens zählt - damit gesteigerten Loyalitätsanforderungen unterworfen. Hiermit korrespondiert, dass in der Regel nur katholische Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die im leitenden Dienst ausgeübt werden, betraut werden dürfen (vgl. Art. 3 Abs. 2 GrO).

155

Art. 4 Abs. 1 Satz 3 GrO enthält für leitende Mitarbeiter eine weitere Steigerung der Loyalitätsobliegenheiten. Durch Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Satz 2 GrO wird diesen "das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre" abverlangt, das in besonderem Maße auch die Beachtung und Anerkennung der katholischen Glaubenssätze im außerdienstlichen Bereich umfasst. Die in der Präambel des Arbeitsvertrages ebenfalls zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses erklärte "Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen" vom 5. November 1996 in der Fassung vom 27. März 2001 stellt in Abschnitt A Ziff. 6 klar, dass unter anderem die Abteilungsärzte (Chefärzte) als leitende Mitarbeiter im Sinne der Grundordnung zu gelten haben.

156

Art. 5 GrO regelt die arbeitsrechtliche Sanktionierung von Loyalitätsverstößen und stellt in Absatz 1 Satz 3 klar, dass auch die einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung nach erfolgloser Ausschöpfung milderer Maßnahmen sowie unter Berücksichtigung der Schwere des Loyalitätsverstoßes in Betracht kommt. In Form von Regelbeispielen benennt Art. 5 Abs. 2 GrO bestimmte Loyalitätsverstöße, die aus Sicht der Kirche im Regelfall derart schwerwiegend sind, dass sie grundsätzlich geeignet sind, eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen zu rechtfertigen; hierdurch werden zugleich die in Art. 4 GrO auferlegten Loyalitätsobliegenheiten - wenn auch nicht abschließend - konkretisiert. Art. 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2 GrO benennt als schwerwiegenden Loyalitätsverstoß ausdrücklich den "Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe".

157

Für die durch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 GrO gesteigerten Loyalitätsanforderungen unterworfenen Mitarbeiter stellt Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GrO klar, dass die vorstehend genannten, generell als Kündigungsgrund in Betracht kommenden Verstöße die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung in aller Regel ausschließen, wenn sie von einem leitenden Mitarbeiter begangen werden. Ein Absehen von der Kündigung soll ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn schwerwiegende Umstände des Einzelfalls die Kündigung als unangemessen erscheinen lassen (vgl. Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO).

158

bb) Für den Kläger des Ausgangsverfahrens, der als Chefarzt zur Gruppe der leitenden Mitarbeiter zählt, war demnach bereits bei Vertragsschluss aufgrund der in Bezug genommenen Regelungen der Grundordnung erkennbar, dass ein Loyalitätsverstoß durch Eingehung einer zweiten Ehe im Hinblick auf den Bestand seiner nach kirchlichem Recht geschlossenen ersten Ehe im Regelfall die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als arbeitsrechtliche Sanktion nach sich ziehen würde. Tatbestand und Rechtsfolge eines derartigen Loyalitätsverstoßes waren zudem durch § 10 Abs. 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages konkretisiert. Dem Kläger des Ausgangsverfahrens war danach bei der Entscheidung, die hiermit verbundene partielle Beschränkung seiner Freiheitsrechte durch Eingehung des Arbeitsverhältnisses mit der Beschwerdeführerin zu deren Konditionen hinzunehmen, der Umfang der damit eingegangenen Selbstbindung bewusst oder er hätte ihm jedenfalls bewusst sein müssen. Dies gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass nach dem in der Grundordnung zum Ausdruck kommenden Selbstverständnis der römisch-katholischen Kirche an einen katholischen Arbeitnehmer mit leitenden Aufgaben wegen seiner Konfession und der konkret bekleideten Stellung gesteigerte Erwartungen im Hinblick auf die Kenntnis der kirchlichen Lehre als Teil des beruflichen Anforderungsprofils gestellt werden können (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 50; EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 1620/03, § 71).

159

c) Weder die Loyalitätsobliegenheit als solche noch die arbeitsrechtliche Sanktionierung von Verstößen aufgrund der Konfession einerseits und der leitenden Stellung andererseits ist verfassungsrechtlich zu beanstanden.

160

aa) Die durch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 GrO auferlegte und durch Art. 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2 GrO konkretisierte Loyalitätserwartung an die Mitarbeiter der römisch-katholischen Kirche, den nach katholischem Verständnis besonderen Charakter der kirchenrechtlich geschlossenen Ehe als dauerhaften und unauflöslichen Bund zwischen Mann und Frau zu respektieren und zu schützen, ist auf grundlegende und durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Glaubenssätze der römisch-katholischen Kirche rückführbar.

161

bb) Auch die Abstufung der Loyalitätsobliegenheiten nach der Konfession des kirchlichen Arbeitnehmers mit ihrer grundlegenden Kategorisierung nach Katholiken (Art. 4 Abs. 1 GrO), Nichtkatholiken (Art. 4 Abs. 2 GrO) und Nichtchristen (Art. 4 Abs. 3 GrO) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 4. Juni 1985 die beson-dere Bedeutung von Loyalitätserwartungen gegenüber Mitgliedern der eigenen Kirche anerkannt (vgl. BVerfGE 70, 138 <166>). Denn für die Kirchen kann ihre Glaubwürdigkeit davon abhängen, dass gerade ihre Mitglieder, die in ein Arbeitsverhältnis zu ihnen treten, die kirchliche Ordnung - auch in ihrer Lebensführung - respektieren. Die Abstufung knüpft zudem an die differenzierte Bindungswirkung des kanonischen Rechts an. Durch das katholische Kirchenrecht auferlegte Pflichten gelten ausschließlich für Katholiken (vgl. Can. 11 CIC).

162

cc) Die in Art. 4 Abs. 1 Satz 3, Art. 5 Abs. 3 GrO vorgesehene Verschärfung der Loyalitätsobliegenheiten von Arbeitnehmern in leitender Stellung ist ebenfalls von der Verfassung gedeckt. Leitende Arbeitnehmer nehmen Funktionen wahr, die hohe Bedeutung für Bestand, Entwicklung, Struktur und Umsetzung der vorgegebenen Ziele der kirchlichen Einrichtung haben. Ihnen kommt eine besondere Verantwortung für die Wahrung des spezifisch religiösen Charakters und damit der Erfüllung von Sendung und Auftrag der Kirche zu. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die außerkirchliche als auch die innerkirchliche Öffentlichkeit (vgl. Dütz, NJW 1994, S. 1369 <1371, 1373>).

163

3. Das Bundesarbeitsgericht hat im Rahmen der Auslegung von § 1 Abs. 2 KSchG bei der Gewichtung der Interessen der Beschwerdeführerin Bedeutung und Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art. 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV) verkannt. Es hat auf der ersten Stufe eine eigenständige Bewertung religiös vorgeprägter Sachverhalte vorgenommen und seine eigene Einschätzung der Bedeutung der Loyalitätsobliegenheit und des Gewichtes eines Verstoßes hiergegen an die Stelle der kirchlichen Einschätzung gesetzt, obschon diese anerkannten kirchlichen Maßstäben entspricht und nicht mit grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen in Widerspruch steht. Auf diese Weise hat es die Unwirksamkeit der Kündigung mit einem vermeintlich leichteren Gewicht der Rechtsposition der Beschwerdeführerin begründet - deren Bestimmung jedoch allein Sache der verfassten römisch-katholischen Kirche gewesen wäre -, statt ein besonders hohes Gewicht der Gegenposition des Klägers des Ausgangsverfahrens in die Abwägung einzubringen (vgl. auch: Reichold/Hartmeyer, AP Nr. 92 zu § 1 KSchG 1969, Bl. 1675 ff.; Pötters, EzA § 611 BGB 2002 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 21, S. 15 ff.; Magen, in: Kämper/Puttler , Straßburg und das kirchliche Arbeitsrecht, 2013, S. 41 <48 ff.>; Melot de Beauregard, NZA-RR 2012, S. 225 <230>).

164

a) Soweit das Bundesarbeitsgericht zu Lasten der Beschwerdeführerin darauf abstellt, dass nach Art. 3 Abs. 2 GrO auch nichtkatholische Personen mit leitenden Aufgaben betraut werden können und die römisch-katholische Kirche es daher offenbar nicht als zwingend erforderlich erachte, Führungspositionen an das Lebenszeugnis für die katholische Sittenlehre zu knüpfen (BAG, Urteil vom 8. September 2011, S. 14 UA (Rn. 41)), liegt hierin eine unzulässige eigene Bewertung der Schwere des Loyalitätsverstoßes. Das Gericht überprüft die in Ausübung der Kirchenautonomie getroffene Abstufung von Loyalitätsobliegenheiten (vgl. BVerfGE 70, 138 <167 f.>) nach Konfession und Stellung im Allgemeinen und erachtet sie anhand seiner eigenen - säkularen - Maßstäbe als widersprüchlich.

165

aa) Die römisch-katholische Kirche hat in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts bei der flächendeckenden Promulgation der Grundordnung festgelegt, dass der kirchliche Arbeitgeber in der Regel leitende Aufgaben nur einer Person übertragen kann, die katholischen Glaubens ist (vgl. Art. 3 Abs. 2 GrO). In diesem Fall unterliegt der Mitarbeiter nicht nur den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 GrO für alle katholischen Mitarbeiter geltenden Loyalitätsobliegenheiten, sondern erfährt aufgrund seiner Leitungsposition auch die in Art. 4 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 2 GrO enthaltene weitere Verschärfung der an ihn gerichteten Loyalitätserwartungen. Im Falle des Verstoßes gegen diese Anforderungen sieht Art. 5 Abs. 3 GrO als Regelfall die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor, erachtet den Loyalitätsverstoß also als besonders schwerwiegend. Hiervon ist die Beschwerdeführerin auch im vorliegenden Fall ausgegangen.

166

bb) Diese Einschätzung stellt das Bundesarbeitsgericht dadurch infrage, dass es auf die in der Grundordnung offengehaltene Möglichkeit verweist, leitende Aufgaben - im Ausnahmefall (vgl. hierzu etwa Ziff. 3 der "Ausführungsrichtlinien und Hinweise zur Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" der Diözese Münster vom 1. April 1994) - auch nichtkatholischen christlichen Mitarbeitern zu übertragen. Zudem erachtet das Bundesarbeitsgericht unter Übergehung der kirchlichen Einschätzung zwei Tatbestände als vergleichbar, die für die römisch-katholische Kirche von ganz unterschiedlichem Gewicht sind: Für ihre Glaubwürdigkeit, die Integrität der Dienstgemeinschaft und die Vertrauensbasis der Mitarbeiterschaft hat es ein signifikant anderes Gewicht, ob in Ausnahmefällen in leitenden Funktionen auch Personen beschäftigt werden, die aus kirchenrechtlichen Gründen von Beginn an nur verminderten Loyalitätsobliegenheiten unterliegen oder ob Personen weiterbeschäftigt werden müssen, die gerade wegen ihrer Zugehörigkeit zur katholischen Kirche bevorzugt diese Positionen erhalten haben und daher erhöhten Loyalitätsbindungen unterliegen, diese aber bewusst brechen und damit nicht nur gegen ihre arbeitsvertraglichen Obliegenheiten, sondern auch gegen ihre Pflichten als Mitglied der Kirche verstoßen.

167

b) Auch soweit das Bundesarbeitsgericht aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit mehrfach auch Chefärzte weiterbeschäftigt habe, die als Geschiedene erneut geheiratet hatten, auf ein vermindertes Kündigungsinteresse geschlossen hat, setzt es seine Einschätzung der Gewichtigkeit des durch den Kläger des Ausgangsverfahrens begangenen Loyalitätsverstoßes an die Stelle der verfassten Kirche, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein.

168

aa) Dies gilt zunächst, soweit das Bundesarbeitsgericht auch nichtkatholische geschiedene Chefärzte in seine Betrachtung eingestellt hat. Das Gericht stellt wiederum die Abstufung von Loyalitätsanforderungen nach der Konfession des Stelleninhabers insgesamt in Frage. Dabei setzt es sich über die bereits im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1985 enthaltene Vorgabe hinweg, wonach auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine "Abstufung" der Loyalitätsobliegenheiten eingreifen soll, eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit ist (vgl. BVerfGE 70, 138 <167 f.>).

169

bb) Nichts anderes gilt, soweit das Bundesarbeitsgericht auf die Weiterbeschäftigung katholischer Chefärzte nach ihrer Wiederheirat verweist. Das Bundesarbeitsgericht wäre von Verfassungs wegen nur dann zu einer eigenständigen Gewichtung des Loyalitätsverstoßes des Klägers des Ausgangsverfahrens entgegen der kirchlichen Einschätzung ermächtigt gewesen, wenn es durch die Anwendung der kirchlicherseits vorgegebenen Kriterien mit den grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen in Widerspruch geraten wäre. Dies ist nicht der Fall. Insbesondere ist die durch die Beschwerdeführerin vorgenommene hohe Gewichtung des Loyalitätsverstoßes seitens des Klägers des Ausgangsverfahrens auch in Anbetracht der Fälle, in denen katholischen Chefärzten nach Wiederverheiratung nicht gekündigt worden war, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch Reichold/Hartmeyer, AP Nr. 92 zu § 1 KSchG 1969, Bl. 1675 <1678>).

170

(1) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Urteil vom 1. Juli 2010, an die das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG in Verbindung mit § 559 Abs. 1 ZPO gebunden ist, waren in der Vergangenheit lediglich zwei katholische Chefärzte nach erneuter Heirat weiterbeschäftigt worden. Im ersten Fall erfuhr die Beschwerdeführerin von der Wiederverheiratung des Chefarztes erst einen Monat vor dessen altersbedingtem Ausscheiden und sah in Anbetracht dieses Umstands von einer Kündigung ab. Im zweiten Fall lag der sachgerechte Grund für die abweichende Vorgehensweise der Beschwerdeführerin in der zwischenzeitlich deutlich geänderten innerkirchlichen Rechtslage und der daraus sich ergebenden Vorhersehbarkeit einer Kündigung im Falle einer Wieder- heirat.

171

(2) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist daher auch die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts, gerade hieraus lasse sich für den Fall des Klägers des Ausgangsverfahrens der Rückschluss ziehen, dass die Beschwerdeführerin das Ethos ihrer Organisation durch eine differenzierte Handhabung bei der Anwendung und Durchsetzung ihres legitimen Loyalitätsbedürfnisses selbst nicht zwingend gefährdet sah. Einerseits beruht sie auf der wenig überzeugenden Prämisse, dass Kompromissbereitschaft aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ein Nachweis dafür sei, dass der kompromittierte Wert nicht hoch eingeschätzt werde (vgl. Magen, in: Kämper/Puttler , Straßburg und das kirchliche Arbeitsrecht, 2013, S. 41 <49 f.>). Andererseits basiert sie auf der unzutreffenden Annahme, das kirchliche Selbstbestimmungsrecht falle bei der Abwägung nur dann ins Gewicht, wenn es - auch unter Überspielung der eigenen Grundsätze - seitens der Kirchen ausnahmslos durchgesetzt werde. Ein derartiger "Kündigungsautomatismus", den das Bundesarbeitsgericht der Beschwerdeführerin abzuverlangen scheint, ist jedoch nicht nur dem deutschen Kündigungsschutzrecht fremd, sondern steht auch im Widerspruch zu verfassungsrechtlichen (vgl. BVerfGE 70, 138 <166 f.>) wie konventionsrechtlichen Vorgaben (vgl. EGMR, Obst v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010, Nr. 425/03, § 51).

172

c) Auch die Annahme des Bundesarbeitsgerichts, die Beschwerdeführerin habe nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits seit längerem von dem ehelosen Zusammenleben des Klägers mit seiner späteren zweiten Ehefrau gewusst was erkennen lasse, dass die Beschwerdeführerin ihre Glaubwürdigkeit nicht durch jeden Loyalitätsverstoß eines Mitarbeiters als erschüttert ansehe (vgl. BAG, Urteil vom 8. September 2011, S. 14 UA (Rn. 43)), verfehlt die verfassungsrechtlichen Anforderungen und verstößt gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV (zu Fragen des Vertrauensschutzes, vgl. Rn. 181). Das Bundesarbeitsgericht setzt sich über den Maßstab der verfassten Kirche hinweg, indem es das Leben in kirchlich ungültiger Ehe mit dem Leben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleichsetzt und aus der vermeintlich bestehenden Gleichwertigkeit beider Tatbestände Rückschlüsse auf eine das Kündigungsinteresse der Beschwerdeführerin verringernde Inkonsistenz der arbeitsrechtlichen Gewichtung und Sanktionierung von Loyalitätsverstößen zieht (vgl. auch Pötters, EzA § 611 BGB 2002 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 21, S. 15<18>; Reichold/Hartmeyer, AP Nr. 92 zu § 1 KSchG 1969, Bl. 1675 <1678>).

173

aa) Die Grundordnung als relevanter Maßstab der verfassten Kirche sieht - neben anderen Tatbeständen - nur den Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe als ausreichend schwerwiegenden Loyalitätsverstoß an, der eine Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen kann (Art. 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2 GrO) und bei leitenden Arbeitnehmern nach Einschätzung der Kirche im Regelfall auch rechtfertigt (Art. 5 Abs. 3 GrO). Diese scharfe Sanktionierung des Loyalitätsverstoßes beruht auf dem besonderen sakramentalen Charakter der Ehe und dem für das katholische Glaubensverständnis zentralen Dogma der Unauflöslichkeit des gültig geschlossenen Ehebandes zu Lebzeiten.

174

Das ehelose Zusammenleben mit einem anderen Partner trotz fortbestehender Ehe hat nach dem Maßstab der verfassten römisch-katholischen Kirche demgegenüber eine andere Qualität. Zwar entspricht die nichteheliche Lebensgemeinschaft neben einer weiterbestehenden Ehe ebenfalls nicht dem Ethos der römisch-katholischen Kirche. Die katholischen Diözesanbischöfe haben jedoch in Ausübung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts und in Ausfüllung der durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1985 den Kirchen überlassenen Spielräume entschieden, diesem Glaubenssatz mit Wirkung für das weltliche Arbeitsverhältnis nicht dasselbe Gewicht zuzumessen wie dem Verbot der erneuten Heirat zu Lebzeiten des ursprünglichen Ehepartners. Die Beschwerdeführerin betont in diesem Zusammenhang, dass erst durch die Wiederheirat der Loyalitätsverstoß eine neue Qualität erreiche, indem der Bruch mit der nach kirchlichem Recht weiterhin gültigen Ehe offiziell dokumentiert und perpetuiert werde (vgl. hierzu bereits: Rüfner, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, 2. Aufl. 1995, § 66, S. 901 <923>). Die Wiederverheiratung schaffe zugleich einen kaum mehr änderbaren Dauerzustand, während der Ehebruch - obschon nach der Lehre der Kirche eindeutig missbilligt - durch ein zukünftiges Unterlassen korrigierbar sei und daher noch die Möglichkeit bestehe, dass die eheliche Lebensgemeinschaft wieder hergestellt werde.

175

bb) Dieses in der Grundordnung zum Ausdruck gebrachte und für die welt-lichen Gerichte grundsätzlich bindende Selbstverständnis der römisch-katholischen Kirche, dass gerade der Bruch des sakramentalen Bandes durch eine erneute Heirat einen "wesentlichen Grundsatz der Glaubens- und Sittenlehre" für die römisch-katholische Kirche verletzt und hierin ein besonders schwerwiegender Loyalitätsverstoß zu erblicken ist, ist plausibel und beruht in Anbetracht des Vorstehenden nicht auf einem Verstoß gegen grundlegende verfassungsrechtliche Gewährleistungen, so dass es durch die staatlichen Gerichte ihren Entscheidungen zugrunde zu legen gewesen wäre.

176

Dies hat das Bundesarbeitsgericht missachtet und zugleich die Einschätzung der römisch-katholischen Kirche über die für sie relevanten Loyalitätsobliegenheiten dadurch relativiert, dass es aus der Tatsache, dass ein nach Einschätzung des Gerichts vermeintlich gleichwertiger Loyalitätsverstoß nicht konsequent geahndet wird, auf eine generelle Duldung auch anderer Pflichtverletzungen und eine Vernachlässigung der diesen zugrunde liegenden Prinzipien geschlossen hat. Indem das Bundesarbeitsgericht hierdurch die Kenntnis der Beschwerdeführerin von einem nach Einschätzung der verfassten Kirche qualitativ andersartigen und unbedeutenderen Loyalitätsverstoß zum Anlass nimmt, ihr Interesse an der arbeitsrechtlichen Ahndung des aus ihrer Sicht schwerwiegenderen Loyalitätsverstoßes des Klägers des Ausgangsverfahrens in Frage zu stellen, hat es die auf Grundlage ihrer katholischen Glaubensgrundsätze durch die Kirche gebildete Abstufung der Loyalitätsobliegenheiten und arbeitsrechtlichen Sanktionierungen nivelliert und dem in Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Beschwerdeführerin nicht in dem gebotenen Umfang Rechnung getragen.

III.

177

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist daher aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Das Bundesarbeitsgericht wird bei der Auslegung von § 1 Abs. 2 KSchG die praktische Konkordanz zwischen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) und der korporativen Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) auf Seiten der Beschwerdeführerin und dem Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) sowie dem Gedanken des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) auf Seiten des Klägers des Ausgangsverfahrens herzustellen haben (vgl. hierzu BVerfGE 89, 214 <232>; 97, 169 <176>).

178

1. Art. 6 Abs. 1 GG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 6, 55 <71 f.>; 6, 386 <388>; 9, 237 <248>; 22, 93 <98>; 24, 119 <135>; 61, 18 <25>; 62, 323 <329>; 76, 1 <41, 49>; 105, 313 <346>; 107, 205 <212 f.>; 131, 239 <259>). Er stellt Ehe und Familie als die Keimzelle jeder menschlichen Gemeinschaft unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (vgl. BVerfGE 6, 55 <72>; 55, 114 <126>; 105, 313 <346>) und garantiert eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (stRspr., vgl. BVerfGE 21, 329 <353>; 61, 319 <346 f.>; 99, 216 <231>; 107, 27 <53>). Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates (vgl. BVerfGE 10, 59 <66>; 29, 166 <176>; 62, 323 <330>; 105, 313 <345>; 115, 1 <19>; 121, 175 <193>; 131, 239 <259>), in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen (vgl. BVerfGE 37, 217 <249 ff.>; 103, 89 <101>; 105, 313 <345>) und über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können (vgl. BVerfGE 39, 169 <183>; 48, 327 <338>; 66, 84 <94>; 105, 313 <345>).

179

Maßgeblich aus Sicht des Grundgesetzes ist dabei das Bild einer "verweltlichten" bürgerlich-rechtlichen Ehe (vgl. BVerfGE 31, 58 <82 f.>), das durch das christliche Eheverständnis traditionell geprägt, aber mit diesem nicht inhaltlich identisch ist. Da die konstitutiven Merkmale einer Ehe und die Gründe ihrer Aufhebung in der kirchlichen und der staatlichen Rechtsordnung nicht kongruent sind, können daher Bestand und Fortbestand einer Ehe aus Sicht des Staates und aus Sicht der Kirche unterschiedlich beurteilt werden (vgl. Pirson, in: Listl/ders., Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1994, § 28, S. 787 <798>). Zwar ist auch nach dem deutschen Eherecht die Ehe eine auf Lebenszeit geschlossene Gemeinschaft (vgl. § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB), sie ist jedoch im Gegensatz zu der nach katholischem Ritus geschlossenen Ehe nicht unauflöslich, sondern kann unter den im Gesetz normierten Voraussetzungen geschieden werden, wodurch die Ehegatten ihre Eheschließungsfreiheit wiedererlangen (vgl. BVerfGE 10, 59 <66>; 31, 58 <82>; 53, 224 <245, 250>). Aus diesem Grund kann eine nach einer vorherigen Scheidung geschlossene Ehe verfassungsrechtlich nicht geringer bewertet werden als die Erstehe (vgl. BVerfGE 55, 114 <128 f.>; 66, 84 <93>; 68, 256 <267 f.>; 108, 351 <364>).

180

2. Bisher hat das Bundesarbeitsgericht lediglich festgestellt, dass der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG zu Gunsten des Klägers des Ausgangsverfahrens und seiner zweiten Ehefrau eröffnet ist und dass der Schutz von Ehe und Familie daher - ebenso wie die Wertungen aus Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 12 EMRK - im Wege mittelbarer Drittwirkung bei der Auslegung von § 1 Abs. 2 KSchG Berücksichtigung zu finden hat. Es hat jedoch bisher nicht dargelegt, weshalb diese Rechtspositionen, die begrifflich bei ausnahmslos jeder Kündigung wegen Wiederverheiratung betroffen sind, gerade im vorliegenden Fall in einem Maße tangiert sind, das es rechtfertigen würde, den Interessen des Klägers des Ausgangsverfahrens den Vorrang vor den Interessen der Beschwerdeführerin einzuräumen. Der Hinweis auf die Eröffnung des Schutzbereichs kann für sich genommen hierfür nicht ausreichen, da anderenfalls die in Ausübung des verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts festgelegte Loyalitätsobliegenheit entwertet (vgl. auch: Joussen, in: Kämper/Puttler , Straßburg und das kirchliche Arbeitsrecht, 2013, S. 27 <38>) und ein Vorrang von Art. 6 Abs. 1 GG gegenüber den kirchlichen Rechtspositionen vermutet würde, der verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Andererseits reicht dieser Hinweis auch nicht, um der für den Kläger des Ausgangsverfahrens und seiner jetzigen Ehefrau aus der Situation erwachsenden emotionalen Zwangslage gerecht zu werden. Das Bundesarbeitsgericht wird daher - gegebenenfalls nach Ermöglichung ergänzender Tatsachenfeststellungen - eine eingehende und alle wesentliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Abwägung der durch die Kündigung tangierten Rechtspositionen der Beschwerdeführerin und des Klägers des Ausgangsverfahrens vorzunehmen haben.

181

3. Das Bundesarbeitsgericht wird auch den Gedanken des Vertrauensschutzes insoweit zu würdigen haben, als § 10 Abs. 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages in Abweichung von der Grundordnung unterschiedliche Bewertungen hinsichtlich von Verstößen gegen kirchliche Grundsätze - Verstoß gegen das Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe einerseits und Verstoß gegen das Verbot des Lebens in nichtehelicher Gemeinschaft andererseits - nicht vorsieht und die individualvertragliche Abrede besonderes Vertrauen des Arbeitnehmers ausgelöst haben könnte.

182

4. Ferner wird es zu beachten haben, dass die Freiwilligkeit der Eingehung von Loyalitätsobliegenheiten durch den kirchlichen Arbeitnehmer im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - juris, Rn. 32; EGMR, Schüth v. Deutschland, Urteil vom 23. September 2010 Nr. 1620/03, § 71; EGMR, Siebenhaar v. Deutschland, Urteil vom 3. Februar 2011 Nr. 18136/02, § 46) und dem Arbeitgeber nach einem einmaligen Fehlverhalten die Fortführung des Arbeitsverhältnisses eher zugemutet werden kann als in Konstellationen, in denen er dauerhaft mit dem illoyalen Verhalten des Arbeitnehmers konfrontiert wird (vgl. BAG, Urteil vom 25. Mai 1988 - 7 AZR 506/87 - juris, Rn. 27; hierzu auch: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 31. Januar 2001 - 1 BvR 619/92 -, juris, Rn. 8 f.).

D.

183

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Dies erscheint auch in Anbetracht des durch die Beschwerdeführerin noch vollständig erreichbaren (fachgerichtlichen) Rechtsschutzziels nicht als unangemessen.

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Bundesverfassungsgericht Beschluss, 22. Okt. 2014 - 2 BvR 661/12 zitiert 29 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34a


(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 95


(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 92


In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 23


(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben. (2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kom

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 140


Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 137


(1) Es besteht keine Staatskirche. (2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. (3) Jede Religionsgesell

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1353 Eheliche Lebensgemeinschaft


(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. (2) Ein Ehegatte ist nicht ver

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 94


(1) Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Verfassungsorgan des Bundes oder des Landes, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern. (2) Ging die Hand

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 136


(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. (2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 138


(1) Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf. (2) Das Eigentum und andere Rechte der Rel

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Apr. 2013 - 2 AZR 579/12

bei uns veröffentlicht am 25.04.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 9. März 2012 - 12 Sa 55/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiese

Bundesarbeitsgericht Urteil, 08. Sept. 2011 - 2 AZR 543/10

bei uns veröffentlicht am 08.09.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2010 - 5 Sa 996/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - 6 C 18/14

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

Tatbestand 1 Die Beteiligten stehen als Pfarrer in einem Dienstverhältnis mit der Evangelischen Kirche im Rheinland; diese ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts a

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - 6 C 20/14

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin ist eine Kirchengemeinde der Evangelischen Kirche im Rheinland; die Kirche ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Der Beklagte

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - 6 C 21/14

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin ist eine Kirchengemeinde der Evangelischen Kirche im Rheinland; diese ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Der Beklagte steh

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 25. Aug. 2015 - 1 B 40/15

bei uns veröffentlicht am 25.08.2015

Gründe I 1 Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte im März 2011 einen Asylantrag

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Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2010 - 5 Sa 996/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten.

2

Der Kläger ist seit dem Jahre 2000 im katholischen S-Krankenhaus in D als Chefarzt der Abteilung Innere Medizin („Abteilungsarzt“) beschäftigt. Trägerin des Krankenhauses ist die Beklagte.

3

Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien leisten die Mitarbeiter ihren Dienst im Geist christlicher Nächstenliebe; als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist ua. „Leben in kirchlich ungültiger Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft“ vorgesehen.

4

Nach Art. 3 Abs. 2 der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. September 1993 (GrO) können kirchliche Dienstgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört. Art. 4 Abs. 1 GrO fordert von den katholischen Mitarbeitern, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Bei leitenden katholischen Mitarbeitern, zu denen ua. Abteilungsärzte gehören, ist das persönliche Lebenszeugnis iSd. Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich.

5

Nach Art. 5 Abs. 1 GrO muss der Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr erfüllt, durch Beratung zu erreichen versuchen, dass dieser den Mangel auf Dauer beseitigt. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in Betracht. Gem. Art. 5 Abs. 2 GrO ist der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen kann. In diesem Fall ist nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GrO die Weiterbeschäftigung ua. dann ausgeschlossen, wenn der Loyalitätsverstoß von leitend tätigen Mitarbeitern begangen wird. Lediglich aus schwerwiegenden Gründen des Einzelfalls kann ausnahmsweise von der Kündigung abgesehen werden (Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO). Im Fall des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung jedenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird (Art. 5 Abs. 5 GrO).

6

Eine ungültige Ehe schließt nach katholischem Rechtsverständnis (vgl. Canon [Can.] 1085 § 1 Codex Iuris Canonici [CIC]), wer durch das Band einer früheren Ehe gebunden ist. Eine neue Eheschließung ist auch dann nicht erlaubt, wenn eine frühere Ehe aus irgendeinem Grund nichtig oder aufgelöst worden ist, die Nichtigkeit bzw. die Auflösung der früheren Ehe aber noch nicht rechtmäßig und sicher feststeht, Can. 1085 § 2 CIC.

7

Nachdem sich seine erste Ehefrau im Jahre 2005 von ihm getrennt hatte, lebte der Kläger mit seiner jetzigen Frau von 2006 bis 2008 unverheiratet zusammen. Das war der Beklagten nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts seit Herbst 2006 bekannt. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Anfang 2008 heiratete der Kläger im August 2008 seine jetzige Frau standesamtlich. Davon erfuhr die Beklagte spätestens im November 2008. In den folgenden Wochen fanden sowohl zwischen den Parteien als auch auf Seiten der Beklagten Erörterungen und Beratungen statt. Nach Anhörung der bei ihr bestehenden Mitarbeitervertretung (MAV), die von einer Stellungnahme absah, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis im März 2009 fristgerecht zum 30. September 2009.

8

Dagegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die erneute Heirat stelle keinen Kündigungsgrund dar. Er sei als Chefarzt weder leitender Angestellter noch Träger der kirchlichen Verkündigung iSd. Art. 5 Abs. 3 GrO. Die Kündigung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte habe andere geschiedene und wiederverheiratete Chefärzte durchaus eingestellt oder weiterbeschäftigt oder beschäftige sie sogar derzeit. Ein etwaiges Kündigungsrecht habe die Beklagte überdies verwirkt. Er habe sich nicht kirchenfeindlich verhalten. Die Trennung sei nicht öffentlich geworden. Sie habe auch bei der Belegschaft kein Ärgernis erregt.

9

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. März 2009 zum 30. September 2009 nicht beendet worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag die Beklagte zu verpflichten, ihn über den 30. September 2009 hinaus als Leitenden Arzt Abteilung medizinische Klinik (Innere Medizin) am S-Krankenhaus in D bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Kläger sei eine ungültige Ehe iSd. katholischen Kirchenrechts eingegangen und habe dadurch in erheblicher Weise gegen seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen. Der Kläger sei als leitender Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 GrO anzusehen. Sie habe das Kündigungsverfahren nach Kenntnis von der Wiederverheiratung zügig vorangetrieben. Ein Großteil der vom Kläger benannten geschiedenen und wiederverheirateten Chefärzte sei nicht katholisch. Andere arbeiteten in Krankenhäusern, die nicht in ihrer Trägerschaft stünden. Herr Dr. B sei Ende 2003 ausgeschieden. Zudem habe er seine Wiederverheiratung erst einen Monat vor seinem altersbedingten Ausscheiden angezeigt; mit Rücksicht auf das kurz bevorstehende Ausscheiden sei in diesem Fall von einer Kündigung abgesehen worden. Allenfalls bei dem schon in den 80er Jahren verstorbenen Chefarzt Dr. S könne ein vergleichbarer Sachverhalt angenommen werden. Damals habe die Grundordnung des kirchlichen Dienstes aber noch nicht gegolten.

11

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat - nach Durchführung einer Beweisaufnahme - die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Ob ein mögliches Kündigungsrecht der Beklagten verwirkt wäre, kann dahin stehen. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG. Der Kläger hat zwar gegen Loyalitätsanforderungen verstoßen. Dieser Verstoß führt aber unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Wirksamkeit der Kündigung: Die erforderliche umfassende Abwägung der rechtlich geschützten Interessen beider Parteien geht zu Gunsten des Klägers aus.

13

I. Das Recht der Beklagten zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung dürfte entgegen der Auffassung des Klägers nicht verwirkt sein. Die Beklagte hat die Kündigung nicht mit illoyaler Verspätung ausgesprochen. Nachdem sie im November 2008 von der Wiederverheiratung erfahren hatte, musste sie nicht nur das in der Grundordnung vorgeschriebene beratende Gespräch mit dem Kläger führen, sondern auch den Aufsichtsrat beteiligen und eine Stellungnahme des Generalvikars einholen. Angesichts der - auch für die Beklagte und das Krankenhaus - weitreichenden Folgen des Kündigungsentschlusses ist es nicht zu beanstanden, dass sie dabei umsichtig und ohne Hast vorging. Letztlich kommt es auf eine etwaige Verwirkung des Kündigungsrechts nicht an. Die Kündigung ist aus anderen Gründen unwirksam.

14

II. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG. Diese Bestimmung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

15

1. Der Kläger hat sich durch die Wiederverheiratung in Widerspruch zu den berechtigten Loyalitätserwartungen der Beklagten gesetzt. Ob eine Enttäuschung dieser Erwartungen die Kündigung (auch) aus Gründen im Verhalten oder (nur) aus Gründen in der Person des Klägers bedingen kann, braucht dabei nicht entschieden zu werden (2 a). Die Kündigung war nicht schon wegen Verstoßes gegen § 1 KSchG, §§ 1, 7 AGG sozial ungerechtfertigt. Zu der in der Kündigung liegenden unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion war die Beklagte an sich nach § 9 Abs. 2 AGG berechtigt(2 b). Jedoch führt die Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Sozialwidrigkeit der Kündigung (2 c).

16

2. Eine Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat, die zumutbare Möglichkeit einer anderen, zukünftige Störungen zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, DB 2011, 2724; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78 ). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer sich rechtswirksam zu dem beanstandeten Tun oder Unterlassen hat verpflichten können. Ob dies mit Blick auf das Versprechen, nicht erneut zu heiraten, unter dem Regime staatlichen Rechts möglich ist, erscheint nicht unzweifelhaft.

17

Eine Kündigung ist aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers bedingt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund persönlicher Eigenschaften - ohne dass ihm das vorwerfbar wäre - nicht (mehr) in der Lage ist, die Leistung vertragsgerecht zu erfüllen (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 731/05 - Rn. 15, BAGE 121, 32). Vorausgesetzt ist eine Nicht- oder Schlechterfüllung der geschuldeten Leistung, etwa weil der Arbeitnehmer einer beruflichen Anforderung nicht (mehr) entspricht.

18

Da die Kündigung im Streitfall auf einer Ungleichbehandlung beruht, sind zur näheren Bestimmung ihrer sozialen Rechtfertigung die Vorschriften des AGG heranzuziehen (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Die stets notwendige Abwägung der rechtlich geschützten Interessen der Parteien muss bei Kündigungen aus kirchenspezifischen Gründen dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beimessen (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - zu B II 1 e der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die Arbeitsgerichte haben zwischen dem Recht der Arbeitnehmer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) einerseits und den nach Art. 9 EMRK(Religionsfreiheit) und Art. 11 EMRK(Vereinigungsfreiheit) geschützten Rechten der Religionsgemeinschaft andererseits abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot folgt auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17; 23. September 2010 - 425/03 - NZA 2011, 277; 23. September 2010 - 1620/03 - NZA 2011, 279), deren Beachtung verfassungsrechtlich geboten ist (BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307).

19

a) Mit der Wiederverheiratung hat der Kläger gegen seine Loyalitätsobliegenheit aus dem Arbeitsvertrag (§ 10 Abs. 4 Nr. 2) und gegen die darin in Bezug genommene Grundordnung (Art. 5 Abs. 2 GrO) verstoßen. Durch die Eingehung seiner zweiten (standesamtlichen) Ehe hat der Kläger den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verletzt. Dieser zählt zu den wesentlichen Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre. Er wird in den Vorschriften des Codex Iuris Canonici von 1983 bekräftigt (CIC Can. 1055, 1056, 1134 und insbesondere Can. 1141, nach dem die gültig geschlossene und vollzogene Ehe zwischen Getauften durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden kann). Das Verbot der Wiederverheiratung gilt nach der katholischen Glaubenslehre auch in der Zeit, in der ein eingeleitetes Ehenichtigkeitsverfahren noch nicht erfolgreich beendet ist. Im Streitfall lag daher zum Zeitpunkt der Kündigung ein Verstoß gegen Can. 1085 § 2 CIC vor(vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - Rn. 48, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5).

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aa) Das Verlangen der Beklagten nach Einhaltung der Vorschriften der katholischen Glaubens- und Sittenlehre steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

21

(1) Dem Kläger steht freilich das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und auf Schutz der Ehe(Art. 6 Abs. 1 GG) zu. Diese Grundrechte umfassen regelmäßig auch die Freiheit, eine zweite Ehe einzugehen. Die Gestaltung des privaten Lebensbereichs steht außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers und wird durch arbeitsvertragliche Pflichten nur insoweit eingeschränkt, wie sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Störungen führt. Berührt außerdienstliches Verhalten den arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis nicht, so ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht berechtigt, die ihm bekannt gewordenen Umstände aus der Privatsphäre des Arbeitnehmers durch den Ausspruch einer Kündigung zu missbilligen (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77; 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - Rn. 43, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5).

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(2) Die Grundrechte des Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG bestehen jedoch nicht uneingeschränkt. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1985 (- 2 BvR 1718/83 ua. - BVerfGE 70, 138), dem das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung gefolgt ist (so zB BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - Rn. 53, AP BGB Kirchendienst § 611 Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47; 24. April 1997 - 2 AZR 268/96 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 27 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 43; 18. November 1986 - 7 AZR 274/85 - AP GG Art. 140 Nr. 35 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 26), kommt das durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten, insbesondere karitativen Einrichtungen zu(BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - Rn. 59, aaO). Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den Kirchen darüber zu befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Die Kirchen können sich dabei der staatlichen Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln (BVerfGE 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - Rn. 58, aaO).

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(3) Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt indessen deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche iSv. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 WRV nicht auf. Das ermöglicht es den Kirchen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und dazu die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich zu machen. Werden Loyalitätsanforderungen in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch; er macht zugleich von seinem verfassungskräftigen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/03 ua. - Rn. 59, BVerfGE 70, 138).

24

(4) Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben. Dagegen kommt es weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedenen Motiven beeinflusst sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter Kirchenmitgliedern oder gar einzelner, bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an (BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - Rn. 53, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47). Die Arbeitsgerichte haben die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung einzelner Loyalitätsanforderungen zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirche anerkennt, hierüber selbst zu befinden. Es bleibt danach grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was die „Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind“ (vgl. Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 5 GrO) erfordert, welches die zu beachtenden „Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre“ sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 GrO) und welche „Loyalitätsverstöße“ (vgl. Art. 5 Abs. 2 GrO) aus „kirchenspezifischen Gründen“ als „schwerwiegend“ anzusehen sind. Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen eingreifen soll (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 GrO), ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (vgl. BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - aaO; bestätigend: EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17).

25

bb) Nach den damit maßgeblichen kirchlichen Vorschriften liegt ein Loyalitätsverstoß vor.

26

(1) Die nach Art. 5 Abs. 2 GrO generell als Kündigungsgrund in Betracht kommende Wiederheirat eines verheirateten Arbeitnehmers rechtfertigt nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GrO eine Kündigung, wenn der betroffene Mitarbeiter „leitend tätig“ ist. Die Wahrnehmung einer „missio canonica“ ist nicht erforderlich. Nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO kann von einer Kündigung allerdings ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls die Kündigung als unangemessen erscheinen lassen.

27

(2) Der Kläger als Abteilungsarzt für „Innere Medizin“ ist leitender Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GrO. Das zeigt Buchst. A Ziff. 6 der auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1996. Danach sind leitend tätige Mitarbeiter im Sinne der genannten Grundordnung ua. die Abteilungsärzte. Gem. § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ist der Kläger Abteilungsarzt.

28

(3) Ein Ausnahmefall nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO liegt nicht vor. Die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen zu Recht verneint, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

29

(4) Die Kündigung erweist sich nicht als unverhältnismäßig wegen Missachtung der Verfahrensvorschrift des Art. 5 Abs. 1 GrO. Nach Art. 5 Abs. 1 GrO muss der kirchliche Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr erfüllt, durch „Beratung“, dh. „ein klärendes Gespräch“ versuchen, dass der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte dieser Verpflichtung im Gespräch vom 26. Januar 2009 nachgekommen.

30

b) Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen §§ 1, 7 AGG ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG. Die mit ihr verbundene Ungleichbehandlung des Klägers wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 2 AGG gerechtfertigt.

31

aa) Liegt - wie hier - eine Nichtachtung von Loyalitätsanforderungen vor, so ist die weitere Frage, ob sie eine Kündigung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigt, nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften des § 1 KSchG und des § 626 BGB zu beantworten. Diese unterliegen als für alle geltendes Gesetz iSd. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV umfassender arbeitsgerichtlicher Anwendungskompetenz(BVerfG 7. März 2002 - 1 BvR 1962/01 - EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47a; BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47). Die Gerichte müssen jedoch auch in diesem Rahmen dem in Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften Rechnung tragen(BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - BVerfGE 70, 138). Dabei sind in Fällen, in denen die Kündigung eine Benachteiligung iSd. §§ 1 ff. AGG mit sich bringt, für die Frage der sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) heranzuziehen (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238).

32

bb) Die hier vorliegende Benachteiligung des Klägers führt nicht nach § 1 KSchG iVm. §§ 1, 7, 9 AGG zur Sozialwidrigkeit der Kündigung.

33

(1) Die Kündigung stellt zwar eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen der Religion iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar. Dem Kläger wäre nicht wegen Wiederverheiratung gekündigt worden, wenn er nicht katholisch wäre.

34

(2) Die Benachteiligung ist jedoch nach § 9 Abs. 2 AGG gerechtfertigt.

35

(a) Nach § 9 Abs. 2 AGG berührt das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion nicht das Recht der Religionsgemeinschaften und der ihnen zugeordneten Einrichtungen iSd. § 9 Abs. 1 AGG, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können. Die Vorschrift will Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 umsetzen. Danach können - sofern die Bestimmungen dieser Richtlinie im Übrigen eingehalten werden - die Kirchen und andere öffentliche oder private Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten. Ob dadurch allein unterschiedliche Behandlungen wegen der Religion oder auch Benachteiligungen aus anderen Gründen (zB wegen der sexuellen Identität) erlaubt werden (vgl. ausführlich Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 487 ff. mwN) kann dahinstehen, da die unterschiedliche Behandlung hier ausschließlich wegen der Religion erfolgt.

36

(b) Im Streitfall hat der Kläger sich illoyal im Sinne des Ethos der Beklagten verhalten. Die Beklagte sieht, wie aus dem Arbeitsvertrag, der Grundordnung und den Vorschriften des Corpus Iuris Canonici hervorgeht, für leitende Mitarbeiter die Wiederverheiratung Geschiedener als einen schweren Verstoß gegen zentrale Anforderungen ihrer Glaubens- und Sittenlehre an. Danach kommt der Ehe nicht eine formelle Funktion im Sinne eines frei zu schließenden und auch wieder zu lösenden privatrechtlichen Vertrages zu, sondern sie ist als Sakrament unauflöslich und integraler Bestandteil der göttlichen Schöpfungs- und Erlösungsordnung (Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 491). Diese Vorgabe muss von der staatlichen Gewalt geachtet werden. Die erneute Heirat eines nach kirchlichem Verständnis Verheirateten ist ein schwerer und ernster Verstoß gegen die Loyalitätsanforderungen (HWK/Annuß/Rupp 4. Aufl. § 9 AGG Rn. 5; AGG/Voigt 3. Aufl. § 9 AGG Rn. 33; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 9 Rn. 17).

37

(c) Die umstrittene Frage, ob und in welchem Umfang Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG es gebietet, dass die nach § 9 AGG vom Arbeitgeber gestellte berufliche Anforderung zugleich die Voraussetzungen einer nach der Art der Tätigkeit gerechtfertigten Anforderung erfüllt(vgl. etwa AGG/Voigt § 9 Rn. 22 ff.; Bauer/Göpfert/Krieger AGG § 9 Rn. 13 ff.; Mohr/v. Fürstenberg BB 2008, 2122; BT-Drucks. 16/1780 S. 35 f.; Schreiben der Kommission der Europäischen Union vom 31. Januar 2008 zu dem am 28. Oktober 2010 eingestellten Vertragsverletzungsverfahren 2007/2362 zu Nr. 2), kann dahinstehen. Eine Auslegungsfrage iSd. Art. 267 AEUV stellt sich, wie die Prüfung durch den Senat ergeben hat, nicht. Im Streitfall ist das Verbot der Wiederverheiratung auch nach der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit gerechtfertigt. Die Einhaltung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre ist zwar nicht Voraussetzung für die Ausübung des Heilberufs im rein praktischen Sinne. Der Kläger ist jedoch als Chefarzt Vorgesetzter zahlreicher Mitarbeiter und verkörpert ihnen gegenüber und auch gegenüber den Patienten und ihren Angehörigen sowie in der Öffentlichkeit in besonderem Maße das Ethos der Beklagten. Sein Verhalten wird von seinen Mitarbeitern und von den Patienten und ihren Angehörigen der Beklagten zugerechnet. Die Beklagte als juristische Person vermittelt ethische Glaubwürdigkeit in herausragendem Maß durch ihr Führungspersonal. Diese in mehrfacher Hinsicht besondere Funktion rechtfertigt es, dass die Beklagte von denjenigen Mitarbeitern, die sie mit der Wahrnehmung der Leitungsaufgaben betraut, eine Identifikation mit den Kernpunkten der katholischen Glaubens- und Sittenlehre fordert. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass besondere berufliche Anforderungen nicht nur dann gegeben sind, wenn sie ein gleichsam handwerkliches Erfordernis darstellen, sondern auch, wenn sie im Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG auf den religiösen Grundsätzen des Arbeitgebers und der Bedeutung der Tätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers für diesen beruhen (so für das Gebot der ehelichen Treue nach dem Verständnis der Mormonenkirche EGMR 23. September 2010 - 425/03 - NZA 2011, 277; vgl. auch EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17).

38

c) Liegt danach ein Loyalitätsverstoß des Klägers vor, der an sich geeignet ist, die ordentliche Kündigung nach § 1 KSchG zu rechtfertigen, so ergibt doch die Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist.

39

aa) Zu Gunsten der Beklagten wiegt die unverkennbare Schwere des Loyalitätsverstoßes. Die Beklagte hat als katholische Einrichtung das vom Grundgesetz gestützte Recht, auch als solche zu wirken und in Erscheinung zu treten. Sie versteht ihr karitatives Tun im Sinne der Erfüllung eines religiösen Auftrages. Nach der katholischen Sittenlehre gehören Nächstenliebe und die Unauflöslichkeit der Ehe als Teile zu derselben, umfassenden, nicht verfügbaren und einheitlichen Auffassung vom Menschen als Geschöpf Gottes. Art. 9 und Art. 11 EMRK gewährleisten, dass sich Menschen aufgrund einer sie verbindenden religiösen Auffassung zusammenfinden und ihre Angelegenheiten nach Maßstäben ordnen können, die nicht vom Staat oder der jeweils herrschenden öffentlichen Meinung über die Natur des Menschen korrigiert werden dürfen. Das gilt auch dann, wenn die betreffenden Auffassungen einer Bevölkerungsmehrheit unplausibel, rückwärtsgerichtet oder irrational erscheinen mögen.

40

bb) Entscheidend geschwächt wird das Interesse der Beklagten an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses allerdings durch drei Umstände, aus denen hervorgeht, dass sie selbst die Auffassung vertritt, einer ausnahmslosen Durchsetzung ihrer sittlichen Ansprüche zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit nicht immer zu bedürfen.

41

(1) Dies zeigt sich daran, dass die Beklagte nach Art. 3 Abs. 2 GrO mit leitenden Tätigkeiten auch nichtkatholische Personen betrauen kann. Der katholische Glaube ist nur regelmäßige Voraussetzung für die Übertragung von Leitungsaufgaben. Die Beklagte ist also durch die Grundordnung nicht gezwungen, ihr „Wohl und Wehe“ gewissermaßen bedingungslos mit dem Lebenszeugnis ihrer leitenden Mitarbeiter für die katholische Sittenlehre zu verknüpfen.

42

(2) Durch diese Rechtslage ist es auch zu erklären, dass die Beklagte mehrfach Chefärzte beschäftigt hat bzw. beschäftigt, die als Geschiedene erneut geheiratet haben. Es handelt sich insoweit überwiegend um nichtkatholische Arbeitnehmer bzw. katholische Arbeitnehmer in besonderen Lebenslagen, denen gegenüber sie entweder von vornherein nicht die strenge Befolgung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verlangt oder mit Rücksicht auf besondere Gegebenheiten nicht durchsetzen zu müssen glaubte. Richtig ist, dass darin - anders als es das Landesarbeitsgericht gesehen hat - kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gefunden werden kann. Das ändert aber nichts daran, dass die Beklagte das Ethos ihrer Organisation durch eine differenzierte Handhabung bei der Anwendung und Durchsetzung ihres legitimen Loyalitätsbedürfnisses selbst nicht zwingend gefährdet sieht.

43

(3) Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den nach dem Vertrag der Parteien der Wiederverheiratung gleichwertigen Verstoß des ehelosen Zusammenlebens des Klägers seit dem Herbst 2006 gekannt und hingenommen. Auch das zeigt, dass sie selbst ihre moralische Glaubwürdigkeit nicht ausnahmslos bei jedem Loyalitätsverstoß als erschüttert betrachtet, sondern sich, möglicherweise angesichts der ausgeprägten Verdienste des Klägers um die Patienten und ihres eigenen mit diesen Verdiensten verbundenen Rufs, durchaus zu unterscheiden gestattet.

44

Schon bei Einbeziehung nur dieser Umstände ist schwer erkennbar, warum ihr die Beschäftigung des Klägers nunmehr unzumutbar sein sollte.

45

cc) Der Beklagten ist die Weiterbeschäftigung des Klägers jedenfalls dann zumutbar, wenn dessen Belange gegen die ihren abgewogen werden.

46

Zu Gunsten des Klägers fällt sein grundrechtlich und durch Art. 8, Art. 12 EMRK geschützter Wunsch in die Waagschale, in einer nach bürgerlichem Recht geordneten Ehe mit seiner jetzigen Frau zu leben. Auch deren Recht, die Form des Zusammenlebens mit dem von ihr gewählten Partner im gesetzlich vorgesehenen Rahmen zu bestimmen, verdient Achtung. Freilich hat der Kläger als Katholik durch den Vertragsschluss mit der Beklagten in die Einschränkung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingewilligt. Wenn er an der Erfüllung seiner religiösen Pflicht aus Gründen, die den innersten Bezirk des Privatlebens betreffen, gescheitert ist, so geschah dies jedoch nicht aus einer ablehnenden oder auch nur gleichgültigen Haltung heraus. Der Kläger stellt die mit seiner Religionszugehörigkeit verbundenen ethischen Pflichten nicht in Abrede und hat sich zu keinem Zeitpunkt gegen die kirchliche Sittenlehre ausgesprochen oder ihre Geltung oder Zweckmäßigkeit in Zweifel gezogen. Im Gegenteil versucht er, den ihm nach kanonischem Recht verbliebenen Weg zur kirchenrechtlichen Legalisierung seiner Ehe zu beschreiten. Seine Leistung und sein Einsatz für die ihm anvertrauten Patienten, für seine Mitarbeiter und für sie selbst werden von der Beklagten anerkannt. Störungen des Leistungsaustauschs bestehen nicht. Irgendwelche auch nur leichten Irritationen bei Mitarbeitern oder Patienten wegen des Kündigungssachverhalts sind nicht erkennbar.

47

Angesichts dessen ist die ausgesprochene Kündigung sozial nicht gerechtfertigt.

48

III. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Niebler    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2010 - 5 Sa 996/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten.

2

Der Kläger ist seit dem Jahre 2000 im katholischen S-Krankenhaus in D als Chefarzt der Abteilung Innere Medizin („Abteilungsarzt“) beschäftigt. Trägerin des Krankenhauses ist die Beklagte.

3

Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien leisten die Mitarbeiter ihren Dienst im Geist christlicher Nächstenliebe; als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist ua. „Leben in kirchlich ungültiger Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft“ vorgesehen.

4

Nach Art. 3 Abs. 2 der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. September 1993 (GrO) können kirchliche Dienstgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört. Art. 4 Abs. 1 GrO fordert von den katholischen Mitarbeitern, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Bei leitenden katholischen Mitarbeitern, zu denen ua. Abteilungsärzte gehören, ist das persönliche Lebenszeugnis iSd. Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich.

5

Nach Art. 5 Abs. 1 GrO muss der Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr erfüllt, durch Beratung zu erreichen versuchen, dass dieser den Mangel auf Dauer beseitigt. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in Betracht. Gem. Art. 5 Abs. 2 GrO ist der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen kann. In diesem Fall ist nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GrO die Weiterbeschäftigung ua. dann ausgeschlossen, wenn der Loyalitätsverstoß von leitend tätigen Mitarbeitern begangen wird. Lediglich aus schwerwiegenden Gründen des Einzelfalls kann ausnahmsweise von der Kündigung abgesehen werden (Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO). Im Fall des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung jedenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird (Art. 5 Abs. 5 GrO).

6

Eine ungültige Ehe schließt nach katholischem Rechtsverständnis (vgl. Canon [Can.] 1085 § 1 Codex Iuris Canonici [CIC]), wer durch das Band einer früheren Ehe gebunden ist. Eine neue Eheschließung ist auch dann nicht erlaubt, wenn eine frühere Ehe aus irgendeinem Grund nichtig oder aufgelöst worden ist, die Nichtigkeit bzw. die Auflösung der früheren Ehe aber noch nicht rechtmäßig und sicher feststeht, Can. 1085 § 2 CIC.

7

Nachdem sich seine erste Ehefrau im Jahre 2005 von ihm getrennt hatte, lebte der Kläger mit seiner jetzigen Frau von 2006 bis 2008 unverheiratet zusammen. Das war der Beklagten nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts seit Herbst 2006 bekannt. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Anfang 2008 heiratete der Kläger im August 2008 seine jetzige Frau standesamtlich. Davon erfuhr die Beklagte spätestens im November 2008. In den folgenden Wochen fanden sowohl zwischen den Parteien als auch auf Seiten der Beklagten Erörterungen und Beratungen statt. Nach Anhörung der bei ihr bestehenden Mitarbeitervertretung (MAV), die von einer Stellungnahme absah, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis im März 2009 fristgerecht zum 30. September 2009.

8

Dagegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die erneute Heirat stelle keinen Kündigungsgrund dar. Er sei als Chefarzt weder leitender Angestellter noch Träger der kirchlichen Verkündigung iSd. Art. 5 Abs. 3 GrO. Die Kündigung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte habe andere geschiedene und wiederverheiratete Chefärzte durchaus eingestellt oder weiterbeschäftigt oder beschäftige sie sogar derzeit. Ein etwaiges Kündigungsrecht habe die Beklagte überdies verwirkt. Er habe sich nicht kirchenfeindlich verhalten. Die Trennung sei nicht öffentlich geworden. Sie habe auch bei der Belegschaft kein Ärgernis erregt.

9

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. März 2009 zum 30. September 2009 nicht beendet worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag die Beklagte zu verpflichten, ihn über den 30. September 2009 hinaus als Leitenden Arzt Abteilung medizinische Klinik (Innere Medizin) am S-Krankenhaus in D bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Kläger sei eine ungültige Ehe iSd. katholischen Kirchenrechts eingegangen und habe dadurch in erheblicher Weise gegen seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen. Der Kläger sei als leitender Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 GrO anzusehen. Sie habe das Kündigungsverfahren nach Kenntnis von der Wiederverheiratung zügig vorangetrieben. Ein Großteil der vom Kläger benannten geschiedenen und wiederverheirateten Chefärzte sei nicht katholisch. Andere arbeiteten in Krankenhäusern, die nicht in ihrer Trägerschaft stünden. Herr Dr. B sei Ende 2003 ausgeschieden. Zudem habe er seine Wiederverheiratung erst einen Monat vor seinem altersbedingten Ausscheiden angezeigt; mit Rücksicht auf das kurz bevorstehende Ausscheiden sei in diesem Fall von einer Kündigung abgesehen worden. Allenfalls bei dem schon in den 80er Jahren verstorbenen Chefarzt Dr. S könne ein vergleichbarer Sachverhalt angenommen werden. Damals habe die Grundordnung des kirchlichen Dienstes aber noch nicht gegolten.

11

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat - nach Durchführung einer Beweisaufnahme - die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Ob ein mögliches Kündigungsrecht der Beklagten verwirkt wäre, kann dahin stehen. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG. Der Kläger hat zwar gegen Loyalitätsanforderungen verstoßen. Dieser Verstoß führt aber unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Wirksamkeit der Kündigung: Die erforderliche umfassende Abwägung der rechtlich geschützten Interessen beider Parteien geht zu Gunsten des Klägers aus.

13

I. Das Recht der Beklagten zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung dürfte entgegen der Auffassung des Klägers nicht verwirkt sein. Die Beklagte hat die Kündigung nicht mit illoyaler Verspätung ausgesprochen. Nachdem sie im November 2008 von der Wiederverheiratung erfahren hatte, musste sie nicht nur das in der Grundordnung vorgeschriebene beratende Gespräch mit dem Kläger führen, sondern auch den Aufsichtsrat beteiligen und eine Stellungnahme des Generalvikars einholen. Angesichts der - auch für die Beklagte und das Krankenhaus - weitreichenden Folgen des Kündigungsentschlusses ist es nicht zu beanstanden, dass sie dabei umsichtig und ohne Hast vorging. Letztlich kommt es auf eine etwaige Verwirkung des Kündigungsrechts nicht an. Die Kündigung ist aus anderen Gründen unwirksam.

14

II. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG. Diese Bestimmung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

15

1. Der Kläger hat sich durch die Wiederverheiratung in Widerspruch zu den berechtigten Loyalitätserwartungen der Beklagten gesetzt. Ob eine Enttäuschung dieser Erwartungen die Kündigung (auch) aus Gründen im Verhalten oder (nur) aus Gründen in der Person des Klägers bedingen kann, braucht dabei nicht entschieden zu werden (2 a). Die Kündigung war nicht schon wegen Verstoßes gegen § 1 KSchG, §§ 1, 7 AGG sozial ungerechtfertigt. Zu der in der Kündigung liegenden unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion war die Beklagte an sich nach § 9 Abs. 2 AGG berechtigt(2 b). Jedoch führt die Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Sozialwidrigkeit der Kündigung (2 c).

16

2. Eine Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat, die zumutbare Möglichkeit einer anderen, zukünftige Störungen zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, DB 2011, 2724; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78 ). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer sich rechtswirksam zu dem beanstandeten Tun oder Unterlassen hat verpflichten können. Ob dies mit Blick auf das Versprechen, nicht erneut zu heiraten, unter dem Regime staatlichen Rechts möglich ist, erscheint nicht unzweifelhaft.

17

Eine Kündigung ist aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers bedingt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund persönlicher Eigenschaften - ohne dass ihm das vorwerfbar wäre - nicht (mehr) in der Lage ist, die Leistung vertragsgerecht zu erfüllen (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 731/05 - Rn. 15, BAGE 121, 32). Vorausgesetzt ist eine Nicht- oder Schlechterfüllung der geschuldeten Leistung, etwa weil der Arbeitnehmer einer beruflichen Anforderung nicht (mehr) entspricht.

18

Da die Kündigung im Streitfall auf einer Ungleichbehandlung beruht, sind zur näheren Bestimmung ihrer sozialen Rechtfertigung die Vorschriften des AGG heranzuziehen (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Die stets notwendige Abwägung der rechtlich geschützten Interessen der Parteien muss bei Kündigungen aus kirchenspezifischen Gründen dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beimessen (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - zu B II 1 e der Gründe, BVerfGE 70, 138). Die Arbeitsgerichte haben zwischen dem Recht der Arbeitnehmer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) einerseits und den nach Art. 9 EMRK(Religionsfreiheit) und Art. 11 EMRK(Vereinigungsfreiheit) geschützten Rechten der Religionsgemeinschaft andererseits abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot folgt auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17; 23. September 2010 - 425/03 - NZA 2011, 277; 23. September 2010 - 1620/03 - NZA 2011, 279), deren Beachtung verfassungsrechtlich geboten ist (BVerfG 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307).

19

a) Mit der Wiederverheiratung hat der Kläger gegen seine Loyalitätsobliegenheit aus dem Arbeitsvertrag (§ 10 Abs. 4 Nr. 2) und gegen die darin in Bezug genommene Grundordnung (Art. 5 Abs. 2 GrO) verstoßen. Durch die Eingehung seiner zweiten (standesamtlichen) Ehe hat der Kläger den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verletzt. Dieser zählt zu den wesentlichen Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre. Er wird in den Vorschriften des Codex Iuris Canonici von 1983 bekräftigt (CIC Can. 1055, 1056, 1134 und insbesondere Can. 1141, nach dem die gültig geschlossene und vollzogene Ehe zwischen Getauften durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden kann). Das Verbot der Wiederverheiratung gilt nach der katholischen Glaubenslehre auch in der Zeit, in der ein eingeleitetes Ehenichtigkeitsverfahren noch nicht erfolgreich beendet ist. Im Streitfall lag daher zum Zeitpunkt der Kündigung ein Verstoß gegen Can. 1085 § 2 CIC vor(vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - Rn. 48, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5).

20

aa) Das Verlangen der Beklagten nach Einhaltung der Vorschriften der katholischen Glaubens- und Sittenlehre steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

21

(1) Dem Kläger steht freilich das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und auf Schutz der Ehe(Art. 6 Abs. 1 GG) zu. Diese Grundrechte umfassen regelmäßig auch die Freiheit, eine zweite Ehe einzugehen. Die Gestaltung des privaten Lebensbereichs steht außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers und wird durch arbeitsvertragliche Pflichten nur insoweit eingeschränkt, wie sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Störungen führt. Berührt außerdienstliches Verhalten den arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis nicht, so ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht berechtigt, die ihm bekannt gewordenen Umstände aus der Privatsphäre des Arbeitnehmers durch den Ausspruch einer Kündigung zu missbilligen (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77; 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - Rn. 43, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5).

22

(2) Die Grundrechte des Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG bestehen jedoch nicht uneingeschränkt. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1985 (- 2 BvR 1718/83 ua. - BVerfGE 70, 138), dem das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung gefolgt ist (so zB BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - Rn. 53, AP BGB Kirchendienst § 611 Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47; 24. April 1997 - 2 AZR 268/96 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 27 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 43; 18. November 1986 - 7 AZR 274/85 - AP GG Art. 140 Nr. 35 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 26), kommt das durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten, insbesondere karitativen Einrichtungen zu(BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - Rn. 59, aaO). Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den Kirchen darüber zu befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Die Kirchen können sich dabei der staatlichen Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln (BVerfGE 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - Rn. 58, aaO).

23

(3) Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt indessen deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche iSv. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 WRV nicht auf. Das ermöglicht es den Kirchen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und dazu die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich zu machen. Werden Loyalitätsanforderungen in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch; er macht zugleich von seinem verfassungskräftigen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/03 ua. - Rn. 59, BVerfGE 70, 138).

24

(4) Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben. Dagegen kommt es weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedenen Motiven beeinflusst sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter Kirchenmitgliedern oder gar einzelner, bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an (BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - Rn. 53, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47). Die Arbeitsgerichte haben die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung einzelner Loyalitätsanforderungen zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirche anerkennt, hierüber selbst zu befinden. Es bleibt danach grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was die „Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind“ (vgl. Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 5 GrO) erfordert, welches die zu beachtenden „Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre“ sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 GrO) und welche „Loyalitätsverstöße“ (vgl. Art. 5 Abs. 2 GrO) aus „kirchenspezifischen Gründen“ als „schwerwiegend“ anzusehen sind. Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen eingreifen soll (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 GrO), ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (vgl. BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - aaO; bestätigend: EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17).

25

bb) Nach den damit maßgeblichen kirchlichen Vorschriften liegt ein Loyalitätsverstoß vor.

26

(1) Die nach Art. 5 Abs. 2 GrO generell als Kündigungsgrund in Betracht kommende Wiederheirat eines verheirateten Arbeitnehmers rechtfertigt nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GrO eine Kündigung, wenn der betroffene Mitarbeiter „leitend tätig“ ist. Die Wahrnehmung einer „missio canonica“ ist nicht erforderlich. Nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO kann von einer Kündigung allerdings ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls die Kündigung als unangemessen erscheinen lassen.

27

(2) Der Kläger als Abteilungsarzt für „Innere Medizin“ ist leitender Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GrO. Das zeigt Buchst. A Ziff. 6 der auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Grundordnung für katholische Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1996. Danach sind leitend tätige Mitarbeiter im Sinne der genannten Grundordnung ua. die Abteilungsärzte. Gem. § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ist der Kläger Abteilungsarzt.

28

(3) Ein Ausnahmefall nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO liegt nicht vor. Die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen zu Recht verneint, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

29

(4) Die Kündigung erweist sich nicht als unverhältnismäßig wegen Missachtung der Verfahrensvorschrift des Art. 5 Abs. 1 GrO. Nach Art. 5 Abs. 1 GrO muss der kirchliche Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr erfüllt, durch „Beratung“, dh. „ein klärendes Gespräch“ versuchen, dass der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte dieser Verpflichtung im Gespräch vom 26. Januar 2009 nachgekommen.

30

b) Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen §§ 1, 7 AGG ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG. Die mit ihr verbundene Ungleichbehandlung des Klägers wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 2 AGG gerechtfertigt.

31

aa) Liegt - wie hier - eine Nichtachtung von Loyalitätsanforderungen vor, so ist die weitere Frage, ob sie eine Kündigung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigt, nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften des § 1 KSchG und des § 626 BGB zu beantworten. Diese unterliegen als für alle geltendes Gesetz iSd. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV umfassender arbeitsgerichtlicher Anwendungskompetenz(BVerfG 7. März 2002 - 1 BvR 1962/01 - EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47a; BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47). Die Gerichte müssen jedoch auch in diesem Rahmen dem in Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften Rechnung tragen(BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - BVerfGE 70, 138). Dabei sind in Fällen, in denen die Kündigung eine Benachteiligung iSd. §§ 1 ff. AGG mit sich bringt, für die Frage der sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) heranzuziehen (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238).

32

bb) Die hier vorliegende Benachteiligung des Klägers führt nicht nach § 1 KSchG iVm. §§ 1, 7, 9 AGG zur Sozialwidrigkeit der Kündigung.

33

(1) Die Kündigung stellt zwar eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen der Religion iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar. Dem Kläger wäre nicht wegen Wiederverheiratung gekündigt worden, wenn er nicht katholisch wäre.

34

(2) Die Benachteiligung ist jedoch nach § 9 Abs. 2 AGG gerechtfertigt.

35

(a) Nach § 9 Abs. 2 AGG berührt das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion nicht das Recht der Religionsgemeinschaften und der ihnen zugeordneten Einrichtungen iSd. § 9 Abs. 1 AGG, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können. Die Vorschrift will Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 umsetzen. Danach können - sofern die Bestimmungen dieser Richtlinie im Übrigen eingehalten werden - die Kirchen und andere öffentliche oder private Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten. Ob dadurch allein unterschiedliche Behandlungen wegen der Religion oder auch Benachteiligungen aus anderen Gründen (zB wegen der sexuellen Identität) erlaubt werden (vgl. ausführlich Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 487 ff. mwN) kann dahinstehen, da die unterschiedliche Behandlung hier ausschließlich wegen der Religion erfolgt.

36

(b) Im Streitfall hat der Kläger sich illoyal im Sinne des Ethos der Beklagten verhalten. Die Beklagte sieht, wie aus dem Arbeitsvertrag, der Grundordnung und den Vorschriften des Corpus Iuris Canonici hervorgeht, für leitende Mitarbeiter die Wiederverheiratung Geschiedener als einen schweren Verstoß gegen zentrale Anforderungen ihrer Glaubens- und Sittenlehre an. Danach kommt der Ehe nicht eine formelle Funktion im Sinne eines frei zu schließenden und auch wieder zu lösenden privatrechtlichen Vertrages zu, sondern sie ist als Sakrament unauflöslich und integraler Bestandteil der göttlichen Schöpfungs- und Erlösungsordnung (Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 491). Diese Vorgabe muss von der staatlichen Gewalt geachtet werden. Die erneute Heirat eines nach kirchlichem Verständnis Verheirateten ist ein schwerer und ernster Verstoß gegen die Loyalitätsanforderungen (HWK/Annuß/Rupp 4. Aufl. § 9 AGG Rn. 5; AGG/Voigt 3. Aufl. § 9 AGG Rn. 33; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 9 Rn. 17).

37

(c) Die umstrittene Frage, ob und in welchem Umfang Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG es gebietet, dass die nach § 9 AGG vom Arbeitgeber gestellte berufliche Anforderung zugleich die Voraussetzungen einer nach der Art der Tätigkeit gerechtfertigten Anforderung erfüllt(vgl. etwa AGG/Voigt § 9 Rn. 22 ff.; Bauer/Göpfert/Krieger AGG § 9 Rn. 13 ff.; Mohr/v. Fürstenberg BB 2008, 2122; BT-Drucks. 16/1780 S. 35 f.; Schreiben der Kommission der Europäischen Union vom 31. Januar 2008 zu dem am 28. Oktober 2010 eingestellten Vertragsverletzungsverfahren 2007/2362 zu Nr. 2), kann dahinstehen. Eine Auslegungsfrage iSd. Art. 267 AEUV stellt sich, wie die Prüfung durch den Senat ergeben hat, nicht. Im Streitfall ist das Verbot der Wiederverheiratung auch nach der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit gerechtfertigt. Die Einhaltung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre ist zwar nicht Voraussetzung für die Ausübung des Heilberufs im rein praktischen Sinne. Der Kläger ist jedoch als Chefarzt Vorgesetzter zahlreicher Mitarbeiter und verkörpert ihnen gegenüber und auch gegenüber den Patienten und ihren Angehörigen sowie in der Öffentlichkeit in besonderem Maße das Ethos der Beklagten. Sein Verhalten wird von seinen Mitarbeitern und von den Patienten und ihren Angehörigen der Beklagten zugerechnet. Die Beklagte als juristische Person vermittelt ethische Glaubwürdigkeit in herausragendem Maß durch ihr Führungspersonal. Diese in mehrfacher Hinsicht besondere Funktion rechtfertigt es, dass die Beklagte von denjenigen Mitarbeitern, die sie mit der Wahrnehmung der Leitungsaufgaben betraut, eine Identifikation mit den Kernpunkten der katholischen Glaubens- und Sittenlehre fordert. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass besondere berufliche Anforderungen nicht nur dann gegeben sind, wenn sie ein gleichsam handwerkliches Erfordernis darstellen, sondern auch, wenn sie im Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG auf den religiösen Grundsätzen des Arbeitgebers und der Bedeutung der Tätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers für diesen beruhen (so für das Gebot der ehelichen Treue nach dem Verständnis der Mormonenkirche EGMR 23. September 2010 - 425/03 - NZA 2011, 277; vgl. auch EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17).

38

c) Liegt danach ein Loyalitätsverstoß des Klägers vor, der an sich geeignet ist, die ordentliche Kündigung nach § 1 KSchG zu rechtfertigen, so ergibt doch die Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist.

39

aa) Zu Gunsten der Beklagten wiegt die unverkennbare Schwere des Loyalitätsverstoßes. Die Beklagte hat als katholische Einrichtung das vom Grundgesetz gestützte Recht, auch als solche zu wirken und in Erscheinung zu treten. Sie versteht ihr karitatives Tun im Sinne der Erfüllung eines religiösen Auftrages. Nach der katholischen Sittenlehre gehören Nächstenliebe und die Unauflöslichkeit der Ehe als Teile zu derselben, umfassenden, nicht verfügbaren und einheitlichen Auffassung vom Menschen als Geschöpf Gottes. Art. 9 und Art. 11 EMRK gewährleisten, dass sich Menschen aufgrund einer sie verbindenden religiösen Auffassung zusammenfinden und ihre Angelegenheiten nach Maßstäben ordnen können, die nicht vom Staat oder der jeweils herrschenden öffentlichen Meinung über die Natur des Menschen korrigiert werden dürfen. Das gilt auch dann, wenn die betreffenden Auffassungen einer Bevölkerungsmehrheit unplausibel, rückwärtsgerichtet oder irrational erscheinen mögen.

40

bb) Entscheidend geschwächt wird das Interesse der Beklagten an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses allerdings durch drei Umstände, aus denen hervorgeht, dass sie selbst die Auffassung vertritt, einer ausnahmslosen Durchsetzung ihrer sittlichen Ansprüche zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit nicht immer zu bedürfen.

41

(1) Dies zeigt sich daran, dass die Beklagte nach Art. 3 Abs. 2 GrO mit leitenden Tätigkeiten auch nichtkatholische Personen betrauen kann. Der katholische Glaube ist nur regelmäßige Voraussetzung für die Übertragung von Leitungsaufgaben. Die Beklagte ist also durch die Grundordnung nicht gezwungen, ihr „Wohl und Wehe“ gewissermaßen bedingungslos mit dem Lebenszeugnis ihrer leitenden Mitarbeiter für die katholische Sittenlehre zu verknüpfen.

42

(2) Durch diese Rechtslage ist es auch zu erklären, dass die Beklagte mehrfach Chefärzte beschäftigt hat bzw. beschäftigt, die als Geschiedene erneut geheiratet haben. Es handelt sich insoweit überwiegend um nichtkatholische Arbeitnehmer bzw. katholische Arbeitnehmer in besonderen Lebenslagen, denen gegenüber sie entweder von vornherein nicht die strenge Befolgung der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verlangt oder mit Rücksicht auf besondere Gegebenheiten nicht durchsetzen zu müssen glaubte. Richtig ist, dass darin - anders als es das Landesarbeitsgericht gesehen hat - kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gefunden werden kann. Das ändert aber nichts daran, dass die Beklagte das Ethos ihrer Organisation durch eine differenzierte Handhabung bei der Anwendung und Durchsetzung ihres legitimen Loyalitätsbedürfnisses selbst nicht zwingend gefährdet sieht.

43

(3) Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den nach dem Vertrag der Parteien der Wiederverheiratung gleichwertigen Verstoß des ehelosen Zusammenlebens des Klägers seit dem Herbst 2006 gekannt und hingenommen. Auch das zeigt, dass sie selbst ihre moralische Glaubwürdigkeit nicht ausnahmslos bei jedem Loyalitätsverstoß als erschüttert betrachtet, sondern sich, möglicherweise angesichts der ausgeprägten Verdienste des Klägers um die Patienten und ihres eigenen mit diesen Verdiensten verbundenen Rufs, durchaus zu unterscheiden gestattet.

44

Schon bei Einbeziehung nur dieser Umstände ist schwer erkennbar, warum ihr die Beschäftigung des Klägers nunmehr unzumutbar sein sollte.

45

cc) Der Beklagten ist die Weiterbeschäftigung des Klägers jedenfalls dann zumutbar, wenn dessen Belange gegen die ihren abgewogen werden.

46

Zu Gunsten des Klägers fällt sein grundrechtlich und durch Art. 8, Art. 12 EMRK geschützter Wunsch in die Waagschale, in einer nach bürgerlichem Recht geordneten Ehe mit seiner jetzigen Frau zu leben. Auch deren Recht, die Form des Zusammenlebens mit dem von ihr gewählten Partner im gesetzlich vorgesehenen Rahmen zu bestimmen, verdient Achtung. Freilich hat der Kläger als Katholik durch den Vertragsschluss mit der Beklagten in die Einschränkung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingewilligt. Wenn er an der Erfüllung seiner religiösen Pflicht aus Gründen, die den innersten Bezirk des Privatlebens betreffen, gescheitert ist, so geschah dies jedoch nicht aus einer ablehnenden oder auch nur gleichgültigen Haltung heraus. Der Kläger stellt die mit seiner Religionszugehörigkeit verbundenen ethischen Pflichten nicht in Abrede und hat sich zu keinem Zeitpunkt gegen die kirchliche Sittenlehre ausgesprochen oder ihre Geltung oder Zweckmäßigkeit in Zweifel gezogen. Im Gegenteil versucht er, den ihm nach kanonischem Recht verbliebenen Weg zur kirchenrechtlichen Legalisierung seiner Ehe zu beschreiten. Seine Leistung und sein Einsatz für die ihm anvertrauten Patienten, für seine Mitarbeiter und für sie selbst werden von der Beklagten anerkannt. Störungen des Leistungsaustauschs bestehen nicht. Irgendwelche auch nur leichten Irritationen bei Mitarbeitern oder Patienten wegen des Kündigungssachverhalts sind nicht erkennbar.

47

Angesichts dessen ist die ausgesprochene Kündigung sozial nicht gerechtfertigt.

48

III. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Niebler    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Verfassungsorgan des Bundes oder des Landes, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.

(2) Ging die Handlung oder Unterlassung von einem Minister oder einer Behörde des Bundes oder des Landes aus, so ist dem zuständigen Minister Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, so gibt das Bundesverfassungsgericht auch dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung.

(4) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz, so ist § 77 entsprechend anzuwenden.

(5) Die in den Absätzen 1, 2 und 4 genannten Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten. Das Bundesverfassungsgericht kann von mündlicher Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist und die zur Äußerung berechtigten Verfassungsorgane, die dem Verfahren beigetreten sind, auf mündliche Verhandlung verzichten.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.

(2) Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

(2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.

(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.

(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 9. März 2012 - 12 Sa 55/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1952 geborene Kläger war seit 1992 bei dem beklagten Caritasverband als Sozialpädagoge beschäftigt. Der Beklagte ist eine Untergliederung des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg e.V. und des Deutschen Caritasverbandes e.V. Er widmet sich gem. § 5 Abs. 1 seiner Satzung vom 1. April 2006 allen Aufgaben sozialer und karitativer Hilfe als Wesens- und Lebensäußerung der Katholischen Kirche. Die bei ihm angestellten Pädagogen und Sozialpädagogen sind ausnahmslos Mitglieder der christlichen Kirchen. Der Kläger gehörte der katholischen Kirche an.

3

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. Januar 1992 ist ua. bestimmt:

        

„Caritas ist eine Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche. Der … [Beklagte] ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Seine Einrichtung dient der Verwirklichung des gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe. Dienstgeber und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft und tragen gemeinsam zur Erfüllung der Aufgaben der Einrichtung bei. Die Mitarbeiter haben den ihnen anvertrauten Dienst in Treue und in Erfüllung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten zu leisten. Der Treue des Mitarbeiters muß von Seiten des Dienstgebers die Treue und Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter entsprechen. Auf dieser Grundlage wird der folgende Dienstvertrag geschlossen:

        

…       

        

§ 2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die, Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes’ (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin ist Gelegenheit zur Einsichtnahme in die AVR gegeben.

        

…       

        

§ 6

        

Die Parteien stimmen darin überein, daß ein Verstoß gegen Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre Grund für eine Kündigung sein kann.“

4

Die AVR enthalten in ihrem Allgemeinen Teil ua. folgende Regelungen:

        

㤠4 Allgemeine Dienstpflichten

        

(1)     

Der Dienst in der katholischen Kirche fordert vom Dienstgeber und vom Mitarbeiter die Bereitschaft zu gemeinsam getragener Verantwortung und vertrauensvoller Zusammenarbeit unter Beachtung der Eigenart, die sich aus dem Auftrag der Kirche und ihrer besonderen Verfasstheit ergibt.

        

(2)     

Bei der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben sind die allgemeinen und für einzelne Berufsgruppen erlassenen kirchlichen Gesetze und Vorschriften zu beachten.

        

(3)     

Der Dienst in der katholischen Kirche erfordert vom katholischen Mitarbeiter, dass er seine persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen der katholischen Kirche einrichtet. Die persönliche Lebensführung des nicht katholischen Mitarbeiters darf dem kirchlichen Charakter der Einrichtung, in der er tätig ist, nicht widersprechen.

        

…       

        
        

§ 14 Ordentliche Kündigung

        

…       

        

(5)     

Nach einer Beschäftigungszeit (…) von 15 Jahren bei demselben Dienstgeber, frühestens jedoch nach dem vollendeten 40. Lebensjahr des Mitarbeiters, ist eine ordentliche Kündigung durch den Dienstgeber ausgeschlossen, soweit nicht § 15 etwas anderes bestimmt.

        

…       

        
        

§ 15 Sonderregelung für unkündbare Mitarbeiter

        

(1)     

Dem grundsätzlich unkündbaren Mitarbeiter kann vom Dienstgeber außer nach § 16 Abs. 2 gekündigt werden, wenn der Mitarbeiter nicht weiterbeschäftigt werden kann, weil die Einrichtung, in der er tätig ist,

        

a)    

wesentlich eingeschränkt oder

        

b)    

aufgelöst wird.

        

(2)     

Liegen keine Kündigungsgründe nach § 15 Abs. 1 oder § 16 Abs. 2 vor, ist dem Dienstgeber eine Kündigung des Dienstverhältnisses aus anderen Gründen nicht gestattet.

        

…       

        
        

§ 16 Außerordentliche Kündigung

        

(1)     

Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB kann das Dienstverhältnis von beiden Vertragsparteien ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

                 

…       

        

(2)     

Einem Mitarbeiter, dem gegenüber nach § 14 Abs. 5 die ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen ist, kann aus einem in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Grunde fristlos gekündigt werden.

        

…“    

        
5

Seit September 2008 arbeitete der Kläger in einem sozialen Zentrum, das von der Stadt M finanziert und vom Beklagten betrieben wird. Das Zentrum ist ein Projekt der Erziehungshilfe, in dem Kinder von der ersten Grundschulklasse bis zum zwölften Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Kinder kommen aus sozial benachteiligten Verhältnissen und haben Schwierigkeiten mit der Sozialisation. Ihre Religionszugehörigkeit ist ohne Bedeutung. Das Angebot umfasst Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, Einzelförderung und soziale Schülergruppenarbeit, die sich am individuellen Bedarf der Kinder orientiert. Auch Freizeitangebote werden wahrgenommen. Die Kinder sollen schulisch und in ihrem sozialen Verhalten gefördert werden. Außerdem sollen ihre sprachliche und motorische Entwicklung unterstützt sowie Kreativität und Phantasie ausgebildet werden.

6

Das soziale Zentrum weist - abgesehen vom Signum des beklagten Caritasverbands - keine religiösen Symbole auf. Den Kindern werden keine religiösen Inhalte vermittelt. Der Kläger arbeitete mit den Kindern, stand im Kontakt mit den Eltern, kooperierte mit den Schulen und führte mit dem Jugendamt Hilfeplangespräche durch.

7

Am 21. Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Er informierte hierüber ein Vorstandsmitglied des Beklagten. Am 3. März 2011 führte das betreffende Mitglied mit dem Kläger ein Gespräch. Der Kläger nannte als Beweggründe für den Kirchenaustritt die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die Piusbruderschaft und die Karfreitagsliturgie, die in einer antijudäischen Tradition der Kirche stehe. Das Vorstandsmitglied wies den Kläger darauf hin, dass sich ein Kirchenaustritt nach dem Selbstverständnis des Beklagten nicht mit einer weiteren Beschäftigung in Einklang bringen lasse. Der Kläger erklärte, sich dessen bewusst zu sein.

8

Im Anschluss an das Gespräch informierte der Beklagte die Mitarbeitervertretung über seine Absicht, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen dessen Kirchenaustritts außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2011 zu kündigen. Die Mitarbeitervertretung teilte am 8. März 2011 mit, sie habe gegen die beabsichtigte Kündigung keine Einwände.

9

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 14. März 2011 außerordentlich zum 30. September 2011.

10

Gegen die Kündigung hat sich der Kläger rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat gemeint, zwar sei das Selbstbestimmungsrecht der Kirche grundsätzlich anzuerkennen. Dennoch müsse der Beklagte seinen Kirchenaustritt hinnehmen. Zum einen wirke sich dieser auf seine Arbeit in dem Sozialen Zentrum nicht aus. Zum anderen habe er mit seiner Entscheidung, aus der katholischen Kirche auszutreten, von seinem Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit Gebrauch gemacht. Angesichts der Missbrauchsfälle habe es die katholische Kirche letztlich selbst zu vertreten, dass er sich zum Austritt entschieden habe. Er übe auch keine leitende, seelsorgerische oder klerikale Funktion aus. Zudem sei das Soziale Zentrum eine Einrichtung staatlicher Vorsorge. Für den Beklagten bestehe dort eine Pflicht zu religiöser Neutralität. Im Übrigen seien seine Betriebszugehörigkeit und sein Alter zu berücksichtigen.

11

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 14. März 2011 nicht aufgelöst worden ist.

12

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche berufen. Dieses greife in allen Bereichen, in denen sich die Kirche aus christlicher Überzeugung heraus engagiere, unabhängig davon, ob religiöse Inhalte in der Arbeit offen zu Tage träten. Der Kläger sei als Sozialpädagoge damit betraut, kirchlichen „Dienst am Menschen“ zu leisten, und daher unmittelbar in den Verkündigungsauftrag der katholischen Kirche einbezogen.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

15

I. Die Kündigung vom 14. März 2011 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2011 beendet. Die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB liegen vor. Der Kläger hat durch seinen Austritt aus der katholischen Kirche schwerwiegend gegen seine vertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Unabhängig davon, ob darin eine schuldhafte Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten liegt, stellt dies einen in seiner Person liegenden wichtigen Grund iSv. § 16 Abs. 2 AVR iVm. § 626 Abs. 1 BGB für die vom Beklagten erklärte außerordentliche Kündigung dar. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kirchenaustritt des Klägers mache es dem Beklagten unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit ihm als Sozialpädagogen auf Dauer fortzusetzen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

1. Zwar ist es dem Arbeitgeber bei Kündigungsgründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, in der Regel zuzumuten, die Kündigungsfrist zu wahren. Ist der Arbeitnehmer aber ordentlich nicht kündbar und führt gerade der Ausschluss der ordentlichen Kündigung zu einer unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers, weil dieser dann, obwohl er den Arbeitnehmer nicht mehr einsetzen kann, noch für lange Zeit an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebunden wäre, kann auch eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein (vgl. zur krankheitsbedingt mangelnden Einsetzbarkeit BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99  - zu II 3 der Gründe, BAGE 96, 65 ; zur betriebsbedingt mangelnden Einsetzbarkeit BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11  - Rn. 14 mwN). In diesem Fall ist zur Vermeidung einer Benachteiligung der durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung gerade besonders geschützten Arbeitnehmer eine der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten (vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11  - Rn. 14 mwN ).

17

2. Gegenüber dem Kläger war nach der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Regelung des § 14 Abs. 5 AVR eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Er war mehr als fünfzehn Jahre bei dem Beklagten beschäftigt und hatte das 40. Lebensjahr bereits vollendet. Ein Ausnahmefall gem. § 15 Abs. 1 AVR lag nicht vor.

18

3. Mit dem Austritt aus der katholischen Kirche hat der Kläger gegen seine Loyalitätsobliegenheiten aus der in § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 4 Abs. 2 AVR in Bezug genommenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. September 1993 (GrO - Amtsblatt der Erzdiözese Freiburg 1993, 250 ff.) verstoßen. Gem. Art. 5 Abs. 2 GrO stellt der Kirchenaustritt einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß dar. Ein solcher Verstoß kann geeignet sein, einen wichtigen Grund iSv. § 16 Abs. 2 AVR iVm. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung - unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist - darzustellen.

19

a) Dazu bedarf es keiner Klärung, ob der Loyalitätsverstoß des Klägers als schuldhaft angesehen werden kann. Das erscheint angesichts des Umstands, dass er sich zur Begründung seiner Entscheidung auf seine Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen hat, nicht zweifelsfrei. Selbst wenn aber dem Kläger die Enttäuschung der Loyalitätserwartungen des Beklagten nicht vorwerfbar sein sollte, so fehlte ihm doch die persönliche Eignung für eine Weiterbeschäftigung als Sozialpädagoge. Auch ein solcher in der Person liegender Grund kann, wenn der Arbeitnehmer ordentlich nicht mehr kündbar ist, „an sich“ eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

20

b) Durch seinen Austritt aus der katholischen Kirche, an dem er auch nach dem Gespräch mit dem Vorstandsmitglied des Beklagten im Bewusstsein der Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis festgehalten hat, fehlt dem Kläger die Eignung für eine Weiterbeschäftigung als Sozialpädagoge in den Diensten des Beklagten. Der Beklagte widmet sich als Untergliederung des Caritasverbandes der Erzdiözese Freiburg sowie des Deutschen Caritasverbandes den Aufgaben sozialer und karitativer Hilfe als Wesens- und Lebensäußerung der katholischen Kirche. Er kann sich deshalb auf das gem. Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der Kirchen berufen. Nach kirchlichem Selbstverständnis wiegt ein Loyalitätsverstoß in Form des Kirchenaustritts besonders schwer. Er steht einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters generell entgegen (Art. 5 Abs. 5 GrO). Der Kirchenaustritt gehört nach dem Kirchenrecht zu den schwersten Vergehen gegen die Religion und die Einheit der Kirche. Er verträgt sich aus Sicht der Kirche weder mit ihrer Glaubwürdigkeit noch mit der von ihr geforderten vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 4 c der Gründe, BVerfGE 70, 138).

21

c) Die Arbeitsgerichte haben bei der Bewertung einzelner Loyalitätsanforderungen die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirche anerkennt, hierüber selbst zu befinden. Es bleibt danach grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was die „Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der [die Mitarbeiter] beschäftigt sind“ (vgl. Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 5 GrO), erfordert, welches die zu beachtenden „Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre“ sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 GrO)und welche „Loyalitätsverstöße“ (vgl. Art. 5 Abs. 2 GrO)aus „kirchenspezifischen Gründen“ als „schwerwiegend“ anzusehen sind. Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen eingreifen soll (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 GrO), ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 70, 138; BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - BAGE 139, 144; 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 -; bestätigend EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 45). Die staatlichen Gerichte sind an die kirchliche Einschätzung gebunden, es sei denn, sie begäben sich dadurch in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), im Begriff der „guten Sitten“ (§ 138 Abs. 1 BGB) und im ordre public (Art. 30 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden haben. Die Gerichte haben sicherzustellen, dass die kirchlichen Einrichtungen nicht in Einzelfällen unannehmbare Anforderungen an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer stellen (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 2 a der Gründe, aaO).

22

4. Die Gestaltungsfreiheit des kirchlichen Arbeitgebers nach Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV für die auf Vertragsebene begründeten Arbeitsverhältnisse steht unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes. Zu diesem gehört auch das staatliche Kündigungsschutzrecht, etwa § 1 KSchG, § 626 BGB. Mit ihm nimmt der Staat seine Schutzpflichten ua. aufgrund der Berufsfreiheit der Arbeitnehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG wahr. Der Wechselwirkung von kirchlichem Selbstbestimmungsrecht und den Grundrechten der Arbeitnehmer ist durch eine Güterabwägung im Rahmen der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen. Das auch für kirchliche Arbeitgeber geltende staatliche Arbeitsrecht erlaubt keine Annahme eines absoluten Kündigungsgrundes. Das gilt auch im Fall des Kirchenaustritts, selbst wenn dieser nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters „generell“ entgegensteht (Art. 5 Abs. 5 GrO; vgl. dazu Thüsing in Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche Bd. 46, 129, 130). Auch in diesen Fällen hat nach staatlichem Recht eine Interessenabwägung stattzufinden; dabei ist dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 e, B II 2 b, B II 4 c und C 1 der Gründe, BVerfGE 70, 138).

23

a) Der Schutzbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts erfasst die individual- und kollektivrechtliche Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen der in kirchlichen Einrichtungen beschäftigten Arbeitnehmer (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 94). Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die in Verfolgung der vom kirchlichen Grundauftrag bestimmten Aufgaben zu treffen sind, wie Vorgaben struktureller Art, die Personalauswahl und die mit diesen Entscheidungen untrennbar verbundene Vorsorge zur Sicherstellung der „religiösen Dimension“ des Wirkens im Sinne des kirchlichen Selbstverständnisses. Dies schließt die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung kirchlicher Dienste durch den Abschluss privatrechtlicher Arbeitsverträge ein (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 b bis c der Gründe, BVerfGE 70, 138; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 95; 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 22, BAGE 139, 144).

24

b) Das durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten, insbesondere ihren karitativen Einrichtungen zu(BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138; BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 22, BAGE 139, 144). Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den Kirchen darüber zu befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Erfasst sind alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen ( BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83  ua. - zu B II 1 a der Gründe mwN, aaO; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 56 und 101 ). Ohne Bedeutung ist deshalb, ob sich der Betrieb einer karitativen Einrichtung substanziell von dem nichtkirchlicher Träger unterscheidet. Die Religionsgesellschaft hat grundsätzlich die Kompetenz zur Qualifizierung einer Angelegenheit als eigene (Hesse in HdbStKirchR 2. Aufl. Bd. 1 S. 521, 541 f.; Kästner in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand November 2012 Art. 140 Rn. 304). Sie entscheidet darüber, wie sie ihr Glaubensbekenntnis lebt. Da sie ihr Wirken in karitativen Einrichtungen als tätige Nächstenliebe und sozialen Dienst am Menschen begreift, ist dies zugleich Ausdruck ihres Glaubensbekenntnisses (Schubert RdA 2011, 270, 273 ). Das gilt auch dann, wenn die Religionsgesellschaft beim Betrieb solcher Einrichtungen im Wettbewerb mit nichtkirchlichen Trägern steht (vgl. BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - aaO ).

25

c) Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie, um Arbeitsverhältnisse zu begründen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche iSv. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV nicht auf. Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen. Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt auch für die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse wesentlich (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - aaO). Das ermöglicht es den Kirchen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und dazu für ihre Arbeitnehmer spezifische Obliegenheiten verbindlich zu machen. Werden Loyalitätsanforderungen in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch; er macht zugleich von seinem verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - aaO; BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 23, BAGE 139, 144; kritisch Schlink JZ 2013, 209, 212 f.).

26

d) Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben. Es kommt weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedenen Motiven beeinflusst sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter Kirchenmitgliedern oder gar einzelner, bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an (BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 24, BAGE 139, 144; 21. Februar 2001 - 2 AZR 139/00 - Rn. 53).

27

e) Der die Gestaltungsfreiheit des kirchlichen Arbeitgebers nach Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV begrenzende Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes bedeutet nicht, dass staatliche Kündigungsschutzbestimmungen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht in jedem Fall vorgingen. Die in das Grundgesetz inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung bilden mit diesem ein organisches Ganzes. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV gewährleistet mit Rücksicht auf die Trennung von Staat und Kirche einerseits das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen, andererseits den staatlichen Schutz sonstiger für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist durch Güterabwägung Rechnung zu tragen. Dabei ist dem Selbstverständnis der Kirchen insofern ein besonderes Gewicht beizumessen, als es auch bei der Interpretation des Individualarbeitsrechts zu beachten ist. Die Verfassungsgarantie ihres Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den Kirchen, dass sie bei der arbeitsvertraglichen Gestaltung des kirchlichen Dienstes das Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde legen und die Verbindlichkeit gewisser Grundpflichten bestimmen können. Diese Gewährleistung ist bei der Anwendung des staatlichen Kündigungsschutzrechts auf Kündigungen kirchlicher Arbeitsverhältnisse aus verfassungsrechtlichen Gründen zu berücksichtigen. Eine Rechtsanwendung, bei der die vom kirchlichen Selbstverständnis gebotene Verpflichtung der Arbeitnehmer auf grundlegende Maximen kirchlichen Lebens arbeitsrechtlich ohne Bedeutung bliebe, widerspräche dem verfassungsverbürgten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 e der Gründe mwN, BVerfGE 70, 138). Die staatlichen Gerichte haben zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer, etwa dem Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit, und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft abzuwägen (BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 18, BAGE 139, 144). Dieses Abwägungsgebot folgt nicht zuletzt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 45; 23. September 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 49; 23. September 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 69). Die Beachtung der Rechtsprechung des EGMR ist verfassungsrechtlich geboten, soweit dies methodisch vertretbar und mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar ist (BVerfG 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 ua. - Rn. 93 f. mwN, BVerfGE 128, 326; 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307; BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - aaO). Grundrechte der Arbeitnehmer sind dabei nicht ohne Weiteres Teil des ordre public. Ein solches Verständnis hätte eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Kirchen zur Folge. Diese könnten ihr Selbstbestimmungsrecht nur insoweit in Anspruch nehmen, wie andere grundrechtliche Gewährleistungen dadurch nicht beeinträchtigt würden. Eine derartige Grundrechtsbindung ginge über die von Art. 1 Abs. 3 GG für die staatliche Gewalt angeordnete Grundrechtsbindung noch hinaus, da sie bereits den Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts als solchen begrenzte(BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 105 ).

28

5. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, wegen des Kirchenaustritts des Klägers sei dem Beklagten dessen Weiterbeschäftigung als Sozialpädagoge auch unter Berücksichtigung seiner Glaubens- und Gewissensfreiheit auf Dauer unzumutbar gewesen.

29

a) Der Loyalitätsverstoß des Klägers wiegt nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche und der ihr zugehörigen Einrichtungen besonders schwer. Nach Art. 3 Abs. 4 GrO ist für keinen Dienst in der Kirche geeignet, wer sich kirchenfeindlich betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Der Kirchenaustritt steht gem. Art. 5 Abs. 5 GrO einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters „generell“ entgegen. Der ausgetretene Mitarbeiter wurde nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht, sondern hat sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft abgekehrt.

30

b) Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob diese Qualifizierung des Kirchenaustritts als besonders schwerwiegender Loyalitätsverstoß von den staatlichen Gerichten auch dann uneingeschränkt anzuerkennen ist, wenn ein Mitarbeiter eine „verkündigungsferne“ Tätigkeit ausübt. Der Kläger war „verkündigungsnah“ eingesetzt. Er leistete als Sozialarbeiter beim beklagten Caritasverband unmittelbar „Dienst am Menschen“ und nahm damit selbst am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Dem steht nicht entgegen, dass in dem Sozialen Zentrum, in welchem er zuletzt tätig war, keine religiösen Inhalte vermittelt werden. Karitative Erziehungshilfe als solche gehört nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche zu ihrem Sendungsauftrag. Nach Art. 3 Abs. 2 GrO, können kirchliche Dienstgeber neben pastoralen und katechetischen in der Regel auch erzieherische Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört. Nach Art. 4 Abs. 1 GrO ist insbesondere auch im erzieherischen Dienst das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Diesen Loyalitätsanforderungen an einen im erzieherischen Dienst tätigen Mitarbeiter liegen weder sachfremde, willkürliche Erwägungen zugrunde, noch stehen sie im Widerspruch zu sonstigen Grundprinzipien der Rechtsordnung. Entgegen der Auffassung des Klägers stellen sie sich nicht deshalb als willkürlich dar, weil katholische Priester trotz von ihnen begangener schwerwiegender Verfehlungen weiterhin in der Kirche tätig sind. Zum einen betrifft dieser Umstand nicht den beklagten Caritasverband. Zum anderen sind die Fälle nicht vergleichbar. Priester sind nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt, sondern sind Inhaber eines Kirchenamts. Der Kläger hat überdies nicht behauptet, Priester dürften trotz eines Kirchenaustritts weiter in der Kirche tätig sein. Ob die innere Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche leidet, wenn sie Priester, die sich sexueller Übergriffe an Kindern schuldig gemacht haben, weiter im Gemeindedienst tätig sein lässt, entzieht sich einer Bewertung durch staatliche Gerichte und ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich.

31

c) Zugunsten des Klägers ist dessen gem. Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG grundrechtlich geschützte Glaubens- und Gewissensfreiheit zu beachten. Auch diese hat ein hohes Gewicht. Der Kläger wird in ihr dadurch eingeschränkt, dass ihre Ausübung durch den Austritt aus der katholischen Kirche zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses führen kann. Dies berührt zugleich seine gem. Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit.

32

d) Bei der Abwägung der Grundrechte des Klägers mit dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in die Obliegenheit, die an ihn gestellten Loyalitätserwartungen zu erfüllen, bei Begründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten eingewilligt hat(vgl. dazu EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 46; 23. September 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 71). Er hat diesen Erwartungen bei Vertragsschluss zugestimmt und sich ihnen in diesem Sinne freiwillig unterworfen. Zwar liegt darin kein Verzicht auf eine zukünftig andere Ausübung seiner Glaubens- und Gewissensfreiheit. Religiöse Überzeugungen und Gewissenseinstellungen können sich ändern; auch dies ist von der verfassungsrechtlich gewährleisteten Glaubens- und Gewissensfreiheit umfasst. Der Umstand, dass der Kläger arbeitsvertraglich die Loyalitätserwartungen des Beklagten anerkannt hat, führt aber dazu, dass der nunmehr anderen Ausübung seiner Religions- und Gewissensfreiheit zumindest kein höheres Gewicht als dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht zukommt. Während die Loyalitätserwartungen des Beklagten unverändert geblieben sind, hat sich die Bereitschaft des Klägers, ihnen zu entsprechen, gewandelt. Der Konflikt zwischen den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ist deshalb in seiner Sphäre begründet.

33

e) Die vom Kläger angeführten Gründe für seinen Kirchenaustritt rechtfertigen keine andere Würdigung.

34

aa) Die Missbrauchsfälle und die Vorgänge um die Piusbruderschaft mögen nicht vorhersehbar gewesen sein und den Wandel in der Bereitschaft des Klägers, Mitglied der katholischen Kirche zu bleiben, erklären. Es kann ohne Weiteres unterstellt werden, dass es für den Kläger bei Vertragsschluss nicht absehbar war, dass er einmal aus diesen Gründen meinen würde, aus der Kirche austreten zu müssen. Auch kann zugunsten des Klägers angenommen werden, dass der katholischen Kirche eine Mitverantwortung für die von ihm angeführten Umstände zukommt. Nach dem Selbstverständnis des Beklagten könnten jedoch auch diese Aspekte das Gewicht des Loyalitätsverstoßes nicht entscheidend mindern. Selbst berechtigte Kritik an Missständen kann danach nicht den Kirchenaustritt und die Aufkündigung der Zugehörigkeit zur gesamten Glaubensgemeinschaft rechtfertigen. Der Mitarbeiter, der aus der katholischen Kirche austritt, kehrt sich gänzlich von der nach ihrem Verständnis auch in der Dienstgemeinschaft wirksamen Glaubensgemeinschaft ab. Von ihm kann nicht mehr zuverlässig erwartet werden, dass er noch am Sendungsauftrag der Kirche teilnehmen und sich an der Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche orientieren will.

35

bb) Dass der Kläger auch die Karfreitagsliturgie als Motiv für seinen Austritt aus der Kirche genannt hat, spricht überdies für eine Distanzierung nicht nur von Missständen in den kirchlichen Institutionen, sondern auch von der katholischen Glaubenslehre.

36

f) Das Landesarbeitsgericht hat in die Interessenabwägung mit Recht den Umstand einbezogen, dass es für den Kläger auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten als Sozialpädagoge gibt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt EGMR 23. September 2010 - 1620/03 - [Schüth] Rn. 73). Die Folgen eines Verlustes seines Arbeitsplatzes sind damit weniger schwer wiegend, als wenn eine solche Beschäftigung nur in den Diensten der Kirche in Betracht käme. In der Ausübung seiner Glaubens- und Gewissensfreiheit und in seiner Berufsfreiheit war der Kläger deshalb nicht im Kern beeinträchtigt. Soweit er geltend gemacht hat, kirchliche Träger hätten im Bereich der Sozialarbeit „häufig ein Angebotsmonopol“, liegt darin keine beachtliche Verfahrensrüge.

37

g) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, auch angesichts der langen Beschäftigungsdauer des Klägers und seines Lebensalters überwiege das Interesse des Beklagten an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat alle relevanten Einzelfallumstände in seine Interessenabwägung einbezogen und widerspruchsfrei gewichtet. Es durfte zugunsten des Beklagten berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit für die Glaubwürdigkeit der Kirche stand. Er hat unmittelbar Dienst am Menschen geleistet, der auch den Dienst an anders oder nicht gläubigen Menschen umfasst. Bei der Arbeit des Beklagten handelt es sich um eine Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche, auch wenn sie gegenüber den betreuten Kindern und deren Eltern religiös neutral erfolgt. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass es für den Beklagten ohne den Anspruch, den kirchlichen Sendungsauftrag mit Mitarbeitern zu erfüllen, die diesen nach außen hin mittragen, keinen Grund gäbe, die Arbeit in dem Sozialen Zentrum, in dem der Kläger tätig war, zu übernehmen - sie könnte auch von einer anderen Hilfsorganisation geleistet werden. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, dass die Einrichtung vom Beklagten auf der Basis einer Leistungs- und Entgeltvereinbarung mit der Stadt betrieben wird. Als Sozialarbeiter hat der Kläger an der Verwirklichung des nach kirchlichem Verständnis gemeinsamen Werkes christlicher Nächstenliebe mitgewirkt. Es ist dem Beklagten nicht zuzumuten, in diesem verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der eben nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat.

38

h) Die Kündigung erweist sich nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil die Verfahrensvorschrift des Art. 5 Abs. 1 GrO missachtet worden wäre. Danach muss der kirchliche Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr erfüllt, durch „Beratung“, dh. durch „ein klärendes Gespräch“ versuchen zu erreichen, dass dieser den Mangel beseitigt. Der Beklagte ist dieser Verpflichtung mit dem Gespräch vom 3. März 2011 nachgekommen.

39

6. Es fehlt nicht deshalb an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB, weil die Kündigung gegen §§ 1, 7 AGG verstieße. Die mit ihr verbundene Ungleichbehandlung des Klägers wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gerechtfertigt.

40

a) In Fällen, in denen die Kündigung eine Benachteiligung iSd. §§ 1 ff. AGG mit sich bringt, sind für die Frage der sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) heranzuziehen (BAG 8. September 2011 - 2 AZR 543/10 - Rn. 31, BAGE 139, 144; 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Dies gilt gleichermaßen, wenn es um das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB geht. Der Verstoß gegen eine Verhaltens- oder Eignungsanforderung, die den Arbeitnehmer ihrerseits nach §§ 1, 7 AGG diskriminiert, kann keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung bilden.

41

b) Die Kündigung stellt eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen der Religion iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wäre nicht gekündigt worden, wenn der Kläger Mitglied der katholischen Kirche geblieben wäre.

42

c) Die Benachteiligung durch die Kündigung knüpft damit zwar unmittelbar an das in § 1 AGG genannte Merkmal der „Religion“ an. Sie ist jedoch nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gerechtfertigt.

43

(1) Nach § 9 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften oder die ihnen zugeordneten Einrichtungen zulässig, wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Nach § 9 Abs. 2 AGG berührt das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion nicht das Recht der Religionsgemeinschaften oder der ihnen zugeordneten Einrichtungen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.

44

(2) § 9 AGG setzt Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 um. Nach dessen Unterabs. 2 können - sofern die Bestimmungen der Richtlinie im Übrigen eingehalten werden - die Kirchen und andere öffentliche oder private Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten. Ob dadurch lediglich unterschiedliche Behandlungen wegen der Religion oder auch Benachteiligungen aus anderen Gründen - zB wegen der sexuellen Ausrichtung - erlaubt werden (vgl. dazu Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 487 ff. mwN; KR/Treber 10. Aufl. § 9 AGG Rn. 17 mwN) kann dahinstehen. Der Kläger wurde ausschließlich wegen der Religion benachteiligt.

45

(3) Der Kläger genügt sowohl im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten als auch nach Art seiner Tätigkeit einer gerechtfertigten beruflichen Anforderung iSv. § 9 Abs. 1 AGG nicht. Er ist durch seinen Kirchenaustritt für eine Tätigkeit als Sozialpädagoge im Rahmen des karitativen Auftrags des Beklagten nicht mehr geeignet. Sein Kirchenaustritt stellt außerdem ein nach dem Selbstverständnis des Beklagten im Sinne von § 9 Abs. 2 AGG illoyales Verhalten dar. Der Anwendungsbereich des § 9 AGG ist für den Beklagten als karitative Einrichtung der katholischen Kirche eröffnet.

46

(4) Die Frage, ob und in welchem Umfang Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG es gebietet, die kirchlichen Vorgaben, die eine Ungleichbehandlung aufgrund der Religion nach § 9 AGG rechtfertigen, einer Plausibilitätskontrolle durch die staatlichen Gerichte zu unterziehen(vgl. dazu KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 71; Busch AiB 2006, 468 f.; Perreng/Nollert/Borassio AiB 2006, 462; Thüsing in Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche Bd. 46, 129, 134 ff. mwN zum Streitstand), und die Frage, ob und inwieweit die vom kirchlichen Arbeitgeber gestellten beruflichen Anforderungen sich zugleich als nach der Art der Tätigkeit gerechtfertigte Anforderungen erweisen müssen (vgl. dazu AGG/Voigt § 9 Rn. 22 ff.; Bauer/Göpfert/Krieger AGG § 9 Rn. 13 ff.; Mohr/v. Fürstenberg BB 2008, 2122 ; KR/Treber 10. Aufl. § 9 AGG Rn. 12 f. mwN; Thüsing aaO S. 136 ff. mwN zum Streitstand; BT-Drucks. 16/1780 S. 35 f.; Schreiben der Kommission der Europäischen Union vom 31. Januar 2008 zu dem am 28. Oktober 2010 eingestellten Vertragsverletzungsverfahren 2007/2362 zu Nr. 2), können im Streitfall dahinstehen. Die vom Beklagten an den Kläger gestellten Anforderungen sind auch nach dem insoweit strengsten Maßstab berechtigt. Eine entscheidungserhebliche, die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union gebietende Auslegungsfrage iSd. Art. 267 AEUV stellt sich deshalb nicht.

47

(a) Die an den Kläger gerichtete Erwartung des Beklagten, aus Gründen der Loyalität nicht aus der katholischen Kirche auszutreten, hält einer Plausibilitätskontrolle im dargestellten Sinne stand. Die Wahrnehmung erzieherischer Aufgaben ist Gegenstand des karitativen Wirkens der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen. Die mit erzieherischen Aufgaben betrauten Mitarbeiter katholischer Dienstgeber verkörpern daher auch dann, wenn die religiöse Unterweisung der von ihnen betreuten Kinder nicht Gegenstand ihrer Tätigkeit ist, in besonderem Maße das Ethos der katholischen Kirche. Sie leisten im Sinne christlicher Caritas unmittelbar Dienst am Menschen, der nach dem Ethos der katholischen Kirche die Übereinstimmung mit ihren Glaubensüberzeugungen verlangt.

48

(b) Die Loyalitätserwartung des Beklagten ist auch nach der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit gerechtfertigt. Besondere berufliche Anforderungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht nur dann gegeben, wenn sie ein gleichsam handwerkliches Erfordernis darstellen, sondern auch dann, wenn sie im Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG auf den religiösen Grundsätzen des Arbeitgebers und der Bedeutung der Tätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers für diesen beruhen (so für das Gebot der ehelichen Treue nach dem Verständnis der Mormonenkirche EGMR 23. September 2010 - 425/03 - [Obst] Rn. 51; vgl. ferner EGMR 3. Februar 2011 - 18136/02 - [Siebenhaar] Rn. 46).

49

(c) Im Übrigen ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG seinerseits primärrechtskonform auszulegen(vgl. zu diesem Auslegungsgrundsatz EuGH 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof] Rn. 32, Slg. 2006, I-2397; 1. April 2004 - C-1/02 - [Borgmann] Rn. 30, Slg. 2004, I-3219). Mit Art. 17 AEUV(Konsolidierte Fassung, ABl. EG Nr. C 115 vom 9. Mai 2008, S. 47) ist die sog. Amsterdamer Kirchenerklärung Bestandteil des europäischen Primärrechts geworden. Danach achtet die Union den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, „und beeinträchtigt ihn nicht“. Ob bereits dies eine Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG im Sinne einer vollständigen Wahrung des sich aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ergebenden kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gebietet(so Fischermeier ZMV-Sonderheft zur Fachtagung 2012 S. 30 ff.; ders. ZMV-Sonderheft 2009 S. 10 f.; ders. KR/Fischermeier 10. Aufl. Kirchl. ArbN Rn. 8; Schoenauer Die Kirchenklausel des § 9 AGG im Kontext des kirchlichen Dienst- und Arbeitsrechts 2010 S. 136 f., 163 f.; vgl. auch BAG 26. Oktober 2006 - 6 AZR 307/06 - Rn. 43, BAGE 120, 55), bedarf keiner Entscheidung. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG steht der Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung, die allein an das Merkmal der Religion anknüpft, jedenfalls dann nicht entgegen, wenn - wie hier - die kirchlichen Vorgaben einer Plausibilitätskontrolle standhalten und die vom kirchlichen Arbeitgeber gestellten beruflichen Anforderungen zugleich die Voraussetzungen einer nach der Art der Tätigkeit gerechtfertigten Anforderung erfüllen.

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II. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB für die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung ist gewahrt. Der Beklagte hat am 23. Februar 2011 durch ein Mitglied seines Vorstands von dem Kirchenaustritt des Klägers Kenntnis erlangt. Darüber wurde am 3. März 2011 ein Gespräch mit dem Kläger geführt. Dazu war der Beklagte nach Art. 5 Abs. 1 GrO verpflichtet. Mit diesem Gespräch wurde zeitlich nicht über Gebühr zugewartet, auch wenn es nicht innerhalb einer Kalenderwoche stattfand. Das nach Art. 5 Abs. 1 GrO erforderliche „klärende Gespräch“ soll durch „Beratung“ zu erreichen versuchen, dass der Mitarbeiter den einer Weiterbeschäftigung entgegenstehenden Mangel auf Dauer beseitigt. Hierfür erscheint im Streitfall eine Zeitspanne von neun Tagen seit dem Bekanntwerden des Kirchenaustritts des Klägers mit Blick auf die nötige Vorbereitung nicht unangemessen. Erst nach dem Gespräch stand fest, dass der Kläger an seiner Entscheidung festhalten würde und welche Gründe ihn zu ihr bewogen hatten. Die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB begann deshalb nicht vor diesem Zeitpunkt zu laufen. Durch die spätestens am 16. März 2011 zugegangene Kündigung wurde sie eingehalten. Darauf, ob der Eignungsmangel des Klägers nicht ohnehin als Dauertatbestand anzusehen ist, kommt es nicht an.

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III. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Eulen    

        

    Bartz    

                 

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.