Bundessozialgericht Urteil, 07. Sept. 2017 - B 10 ÜG 1/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:070917UB10UEG116R0
07.09.2017

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 16 400 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer ihres vor dem SG Schwerin (S 6 VE 3/02) und nachfolgend dem LSG Mecklenburg-Vorpommern (L 3 VE 22/08) geführten Opferentschädigungsverfahrens (im Folgenden: Ausgangsverfahren).

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Das wegen Versorgungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 geführte Ausgangsverfahren begann vor dem SG im Februar 2002 und endete mit der Zustellung des Berufungsurteils im November 2013. An dem Berufungsurteil vom 26.6.2013 wirkten als Berufsrichter RiLSG G. als Vorsitzender sowie RiLSG M. und RiSG H. mit. Den Vorsitz im zuständigen Senat hatte ursprünglich der im September 2008 ausgeschiedene (spätere) VizePräsLSG W. und - nach zwischenzeitlich anderweitiger Besetzung - seit August 2013 VRiLSG A.

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Der Verfahrensverlauf im Ausgangsverfahren gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt: Nach mehreren Fristverlängerungsanträgen teilte die Klägerin im Juni 2003 mit, eine weitere Klagebegründung werde nicht erfolgen. Das SG nahm Ermittlungen auf und forderte ua eine ergänzende Stellungnahme zum Verwaltungsgutachten an, die erst nach mehreren Erinnerungen im April 2004 vorgelegt wurde. Nach Schriftwechsel der Beteiligten holte das SG ein gerichtliches Sachverständigengutachten nebst Zusatzgutachten von Amts wegen ein, das nach Sachstandsanfrage im August 2005 bei Gericht einging. Eine weitere Stellungnahme folgte im November 2005. Auf den zeitgleichen Antrag der Klägerin gab das SG nach Eingang eines ersten Kostenvorschusses im Januar 2006 ein weiteres Gutachten in Auftrag, welches nach Anforderung eines zweiten Kostenvorschusses, einem auf Antrag der Klägerin verschobenen Begutachtungstermin und nach wiederholter Sachstandsanfrage im September 2006 vorgelegt sowie nach weiterem Schriftwechsel der Beteiligten im Dezember 2006 um eine Stellungnahme ergänzt wurde. Nach weiterem Schriftsatz der Klägerin und dessen Übersendung an den Beklagten im August 2007 beraumte das SG im Februar 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7.3.2008 an, verlegte den Termin auf Antrag der Klägerin und entschied sodann in der Sache teilweise zu deren Gunsten (Urteil vom 18.4.2008).

4

Die Berufung des Beklagten erfolgte im Juli 2008, die Begründung im August 2008. Am 25.9.2008 fertigte der (spätere) VizePräsLSG W. als damaliger Vorsitzender kurz vor seinem Ausscheiden aus dem zuständigen Senat noch die Eingangsverfügung für das Berufungsverfahren. Der neue Senatsvorsitzende ernannte im November 2008 den Berichterstatter. Im selben Monat ging die Berufungserwiderung der Klägerin ein, die erbetene Stellungnahme des Beklagten hierzu im Dezember 2008, welche zwei Tage später an die Klägerin bei freigestellter Stellungnahme weitergeleitet wurde.

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Nach Wiedervorlage der Akten im Januar 2009 und weiteren unterschiedlich langen Wiedervorlagefristen wurden im November 2009 die Verwaltungsakten von dem Beklagten angefordert, die im Januar 2010 beim LSG eingingen. Ein Jahr später verfügte der Berichterstatter die Beiziehung von Gerichtsakten des SG, die im Februar 2011 eingingen. Nach Verfügung einer weiteren Wiedervorlage erfolgten zunächst keine weiteren gerichtlichen Aktivitäten, bis das SG vom LSG die Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens im Oktober 2011 anforderte. Diese wurden dem SG im November 2011 übersandt und zusammen mit den zwischenzeitlich ebenfalls angeforderten Verwaltungsakten im Dezember 2011 zurückgereicht. Nach weiteren Aktenanforderungen zwischen März 2012 teilte das LSG den Beteiligten im Juni 2012 mit, der Rechtsstreit sei entscheidungsreif. Im März 2013 bestimmte das LSG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7.5.2013, der aber wegen eines Hinweises zur Sach- und Rechtslage auf Antrag der Klägerin vertagt wurde. Einen Monat später erging dann die Sachentscheidung zu Lasten der Klägerin (Urteil vom 26.6.2013). Das schriftliche Urteil wurde der Klägerin am 25.11.2013 zugestellt. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision blieb erfolglos (Beschluss vom 27.3.2014 - B 9 V 69/13 B - zugestellt am 14.4.2014).

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Am 9.1.2012 und zuletzt am 3.8.2012 hatte die Klägerin die unangemessen lange Dauer des Verfahrens gerügt und bereits am 13.3.2013 Entschädigungsklage über einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 19 200 Euro zzgl Zinsen bei dem zuständigen 12. Senat des LSG erhoben, dem zu dieser Zeit planmäßig die Berufsrichter VizePräsLSG W. sowie die RiLSG G. und M. zugewiesen waren.

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Der 12. Senat hat als Entschädigungsgericht in der Vertretungsbesetzung mit RiLSG S. als Vorsitzendem sowie VRiLSG A. und RiLSG C. der Klage wegen eines Teilbetrags iHv 2800 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Entschädigungsgericht ua ausgeführt, die Stammbesetzung des 12. Senats sei nicht zur Entscheidung befugt gewesen. Der Vorsitzende VizePräsLSG W. habe in seiner Funktion als damaliger Vorsitzender des 3. Senats die Eingangsverfügung im Berufungsverfahren des Ausgangsrechtsstreits unterzeichnet, die RiLSG G. und M. hätten die zweitinstanzliche Entscheidung im Ausgangsverfahren mitgetroffen. VRiLSG A. sei hingegen trotz zwischenzeitlicher Übernahme des Vorsitzes des 3. Senats nicht allein deswegen kraft Gesetzes von der Vertretung im 12. Senat ausgeschlossen gewesen. In der Sache sei die zulässige Entschädigungsklage nur teilweise begründet. Abzüglich der dem Gericht jeweils zuzubilligenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten ergebe sich eine unangemessene Dauer zwar nicht des Klage-, wohl aber des Berufungsverfahrens von 28 Monaten, aus der der zugesprochene Entschädigungsanspruch resultiere. Die subjektive Vorstellung der Klägerin, sich weiter als Opfer zu fühlen, rechtfertige keine Anhebung des gesetzlich vorgesehenen Regelbetrags.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das LSG sei im Ausgangsverfahren fehlerhaft besetzt gewesen. Der VRiLSG A. sei als seinerzeitiger Vorsitzender des 3. Senats von der Mitwirkung ausgeschlossen gewesen (§ 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO). Er hätte auf eine schnellere Urteilsabfassung drängen müssen. In der Person des VizePräsLSG W. sei hingegen der Ausschlussgrund nicht erfüllt gewesen. In der Sache liege ein Verstoß gegen § 198 Abs 1 GVG vor, weil sowohl die Liegezeiten insgesamt zu gering bemessen worden seien als auch die monatliche Entschädigung wegen der erlittenen immateriellen Nachteile. Das LSG sei insoweit zu Unrecht Beweisangeboten der Klägerin nicht nachgekommen.

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Dezember 2015 abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin neben den bereits ausgeurteilten 2800 Euro weitere 16 400 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 13. März 2013 zu zahlen.

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Das beklagte Land beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Es hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG), das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 162 SGG). Das LSG hat die Entschädigungsklage in nicht zu beanstandender Weise an den maßgeblichen Vorschriften der §§ 198 bis 201 GVG gemessen(dazu 1.). Das Entschädigungsgericht war bei seiner Entscheidung vom 16.12.2015 nicht fehlerhaft besetzt (dazu 2.). Das LSG ist zu Recht von der Zulässigkeit der Entschädigungsklage ausgegangen (dazu 3.). Ein weitergehender Entschädigungsanspruch über die bereits erfolgte Verurteilung des beklagten Landes hinaus steht der Klägerin aber nicht zu (dazu 4.).

13

1. Das Begehren der Klägerin ist an den §§ 198 ff GVG zu messen, obwohl diese Vorschriften erst nach Anhängigkeit des hier von der Klägerin als überlang gerügten Verfahrens in Kraft getreten sind(zeitlicher Anwendungsbereich des § 198 GVG). Die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) und damit auch die §§ 198 ff GVG finden aufgrund der Übergangsregelung des Art 23 S 1 ÜGG auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 (vgl Art 24 ÜGG) bereits anhängig waren. Dies ist hier der Fall; das als überlang gerügte Verfahren war in der ersten Instanz seit dem 11.2.2002 anhängig. Dementsprechend findet auch Art 5 ÜGG über den besonderen Mitwirkungsausschluss des § 41 Nr 7 ZPO Anwendung.

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2. Das Entschädigungsgericht war indes nicht fehlerhaft besetzt. Weder die Mitwirkung des VRiLSG A. (dazu a) noch der Ausschluss des VizePräsLSG W. (dazu b) verletzen das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG).

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a) Der VRiLSG A. war nicht iS von § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen. Die diesbezüglichen Ausführungen des LSG halten im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird(vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 5/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 12 RdNr 11). Ausschließung in diesem Sinne ist die kraft Gesetzes eintretende Unfähigkeit des Richters zur Ausübung des Richteramtes in einem bestimmten Rechtsstreit (vgl zB: Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 60 RdNr 7). Für eine zum Ausschluss im Entschädigungsverfahren führende Mitwirkung genügt grundsätzlich jede tatsächliche Befassung mit der Sache im Ausgangsverfahren, nicht hingegen die bloße Senatszugehörigkeit. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik (dazu aa), Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung (dazu bb) und Verfassungsrecht (dazu cc).

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aa) Nach dem Wortlaut und der Systematik des § 41 Nr 7 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird. Der Begriff der "Mitwirkung" ist gesetzlich nicht definiert. Nach allgemeinem Sprachgebrauch wird unter "Mitwirkung" die Einbeziehung in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse verstanden. Der juristische Sprachgebrauch ist demgegenüber enger. Nach § 41 Nr 6 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes sogar nur in Sachen ausgeschlossen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. In Abgrenzung zu § 41 Nr 6 ZPO ist es revisionsrechtlich deshalb nicht zu beanstanden, dass das LSG unter "Mitwirkung" iS des § 41 Nr 7 ZPO jedwede richterliche Tätigkeit in der Gerichtsakte im zuständigen Senat während der Zeit der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens, gleich welchen Umfanges, angesehen hat. Grundsätzlich kann auch eine nur geringfügige Befassung mit der Sache ausreichen (vgl hierzu LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 13.2.2013 - L 12 SF 3/12 EK AL - Juris RdNr 31, dort offengelassen für Kenntnisnahmeverfügung während Urlaubsvertretung).

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Allein die nachträgliche Übernahme des Vorsitzes im Berufungssenat des Ausgangsverfahrens genügt danach nicht, um eine "Mitwirkung" iS von § 41 Nr 7 ZPO zu begründen, wenn der Wechsel des Vorsitzes zwischen dem Urteilsspruch und dem Absetzen der Entscheidungsgründe erfolgt ist. Verfahrensleitung und Verhandlungsverantwortung weist das Gesetz dem Vorsitzenden nur in Verfahren zu, an denen er beteiligt ist (vgl § 153 Abs 1 iVm §§ 104, 106 ff SGG sowie § 155 SGG). Als Vorsitzender des für das Ausgangsverfahren zuständigen Senats (nur) in der Zeit zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils konnte er auf die Entscheidung im Ausgangsverfahren und dessen Übergabe zur Geschäftsstelle keinen Einfluss mehr ausüben. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der VRiLSG A. auch an der Abfassung des schriftlichen Urteils des Ausgangsverfahrens nicht mitgewirkt und auch ansonsten keinen Einfluss auf das Berufungsverfahren genommen. Eine Einbeziehung des VRiLSG A. in die Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse des Berufungssenats ist damit weder möglich gewesen noch erfolgt. Übernimmt ein Senatsvorsitzender beim LSG den Vorsitz des Spruchkörpers, nachdem dieser in anderer Besetzung ein Urteil gesprochen hat, hat er weder die Aufgabe noch die Befugnis, auf eine zügige Absetzung des Urteils hinzuwirken. Denn in einem schriftlich niedergelegten Urteil kommt der richterliche Wille, der die Entscheidung trägt, zum Ausdruck. Er kann allein von den an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richtern gebildet werden (vgl OLG Braunschweig Beschluss vom 4.7.2016 - 3 U 102/14 - MDR 2016, 1165 ). Das schließt eine Mitwirkung des nachträglich in den Senat eingetretenen Vorsitzenden iS von § 41 Nr 7 ZPO aus. Eine solche Mitwirkung läge lediglich bei eigener Beteiligung am Urteil vor. Selbst dann würden den Vorsitzenden selber im Übrigen zwar § 134 Abs 2 S 1 SGG sowie die von der Rechtsprechung aufgestellte Fünfmonatsfrist zur Absetzung des Urteils(zum absoluten Revisionsgrund des § 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO vgl GmSOGB Beschluss vom 27.4.1993 - GmS-OGB 1/92 - SozR 3-1750 § 551 Nr 4; s auch BSG Urteil vom 3.3.1994 - 1 RK 6/93 - SozR 3-1750 § 551 Nr 7; BSG Urteil vom 14.9.1994 - 5 RJ 62/93 - SozR 3-1500 § 164 Nr 5 - jeweils zu der Vorgängervorschrift § 551 Nr 7 ZPO idF vom 1.1.1964) binden. Auch in diesem Fall könnte er auf die weiteren Senatsmitglieder aber wie auch sonst lediglich durch Überzeugungskraft kraft Sachkunde, Erfahrung und Menschenkenntnis einwirken.

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bb) Auch nach Sinn und Zweck des § 41 Nr 7 ZPO, wie er sich aus seiner Entstehungsgeschichte ergibt, genügt grundsätzlich nur die tatsächliche Befassung mit der Ausgangssache für einen Ausschluss der Mitwirkung im Entschädigungsverfahren. Diese Regelung ist durch Art 5 Nr 2 ÜGG mWv 3.12.2011 eingeführt worden (s unter II.1.). Zu diesem Zeitpunkt sah § 41 ZPO nur den bereits erwähnten und in Nr 6 geregelten Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes wegen Mitwirkung in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren vor. § 41 Nr 6 ZPO soll den Rechtsmittelzug durch einen "neuen", unvoreingenommenen Richter garantieren(vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 41 RdNr 5) und verhindern, dass ein Richter seine eigene Entscheidung in einer höheren Instanz selbst überprüfen kann. Enger als im Rahmen des § 41 Nr 7 ZPO(dazu im Folgenden) ist daher nur der Richter ausgeschlossen, der gerade an der Urteilsfindung beteiligt war (vgl Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 RdNr 13 mwN; vgl Rohwer-Kahlmann/Wendt, SGG, § 60 RdNr 10; vgl BVerfG Beschluss vom 27.1.1971 - 2 BvR 507/69, 2 BvR 511/59 - BVerfGE 30, 165 ).

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Mit der Ergänzung des § 41 ZPO durch dessen Nr 7 sollte zusätzlich erreicht werden, dass den Spruchkörpern der Entschädigungsgerichte in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren, keine Richter angehören, die an den beanstandeten Verfahren im vermeintlich überlangen Rechtszug mitgewirkt haben. Damit sollte dem Anschein mangelnder Unvoreingenommenheit und ansonsten zu erwartenden Befangenheitsgesuchen vorgebeugt werden (vgl BT-Drucks 17/3802 S 37; dies aufgreifend die Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 28.9.2011, BT-Drucks 17/7217 S 29). Weitergehend als § 41 Nr 6 ZPO setzt eine Mitwirkung iS des § 41 Nr 7 ZPO deshalb keine Beteiligung an der Entscheidung voraus(vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 60 RdNr 4f). Von dem Ausschlusstatbestand erfasst sind vielmehr alle Mitwirkungshandlungen während der Dauer des als überlang gerügten Rechtszuges (vgl Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 60 RdNr 17), dh von der Anhängigkeit der Klage bis zur Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung im Ausgangsverfahren. Auch die Mitwirkung am Verfahren vor oder nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung kann insoweit zur Verzögerung beigetragen haben (vgl hierzu Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 RdNr 16). Nach dem Grundgedanken des § 41 Nr 7 ZPO soll kein Richter ein von ihm geführtes Ausgangsverfahren im Entschädigungsprozess überprüfen dürfen(vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 41 RdNr 5, 14a). Dem Risiko einer dadurch hervorgerufenen Verhinderung aller Richter des Gerichts muss notfalls mit Hilfe einer Zuständigkeitsbestimmung iS von § 58 Abs 1 Nr 1 SGG Rechnung getragen werden(vgl BSG Beschluss vom 6.11.2012 - B 12 SF 12/12 S - Juris RdNr 4 mwN; Scholz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 58 RdNr 11 mwN).

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Selbst bei einem solchen weiten Verständnis des § 41 Nr 7 ZPO genügt indes nicht bereits eine bloße - hier zudem noch sehr kurze - Zugehörigkeit zu dem Spruchkörper, dessen Tätigkeit in Rede steht, um einen Ausschluss im Entschädigungsverfahren anzunehmen(vgl BR-Drucks 540/1/10 vom 5.10.2010 S 12 zu Art 1a Nr 15 und BR-Drucks 540/10 vom 3.9.2010 S 40 zu § 97c Abs 2). Vielmehr bedarf es einer sachbezogenen Mitwirkung, dh einer tatsächlichen Befassung mit der Sache und eines sachlichen Eingreifens gerade in dem zur gerichtlichen Entscheidung anstehenden Fall (so - zum vergleichbaren § 60 Abs 2 SGG - Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl - 28. Nachtrag, § 60 S 186/6; auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl 2014, § 54 RdNr 7; Schmidt in Eyermann/Fröhler, VwGO, 14. Aufl 2014, § 54 RdNr 8) oder zumindest der Befugnis und der Möglichkeit zum Eingreifen. Richter, die auf die überlange Verfahrensdauer keinerlei Einfluss hatten und auch nicht nehmen durften, erfasst die Regelung nicht (vgl Krausnick in Gärditz, VwGO, 2013, § 54 RdNr 22).

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cc) Auch das Verfassungsrecht gebietet keine weitergehende Auslegung des Begriffs der "Mitwirkung", die die bloße Senatszugehörigkeit miterfasst. Denn bei der Auslegung und Anwendung des § 41 Nr 7 ZPO ist das Spannungsverhältnis verfassungsmäßiger Rechte zu beachten. Während die §§ 41, 42 ZPO einerseits das verfassungsrechtliche Gebot schützen, Neutralität und Distanz des Richters in Fällen der Vorbefasstheit abzusichern, ist andererseits das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter zu beachten (Art 101 Abs 1 S 2 GG; vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 23.9.1997 - 1 BvR 116/94 - NJW 1998, 369 ). Die Aufzählung der Ausschlussgründe in § 41 Nr 1 bis 8 ZPO ist deshalb abschließend(allgemeine Meinung, vgl zB bereits BSG Urteil vom 22.5.1962 - 9 RV 1430/59 - BSGE 17, 66 = SozR Nr 7 zu § 41 ZPO; Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl - 28. Nachtrag, § 60 S 186/5 f, S 186/11). Die engere Auslegung der Ausschlusstatbestände fügt sich in die allgemeine Interpretation der prozessrechtlichen Regelungen zum Ausschluss vom Richteramt ein. Die Bestimmungen der § 60 Abs 1 S 1 SGG aF, § 41 ZPO werden auch sonst eher restriktiv ausgelegt(vgl zB BSG Urteil vom 8.5.1996 - 6 RKa 16/95 - BSGE 78, 175, 179 = SozR 3-5407 Art 33 § 3a Nr 1 S 6, betreffend § 41 Nr 4 ZPO; vgl auch BSG Beschluss vom 26.2.1957 - 1 RA 17/57 - SozR Nr 1 zu § 41 ZPO, betreffend § 41 Nr 6 ZPO; vgl auch BSG Beschluss vom 30.1.1962 - 6 RKa 23/60 - SozR Nr 6 zu § 41 ZPO und BGH Urteil vom 4.12.1989 - RiZ (R) 5/89 - NJW 1991, 425, beide betreffend § 41 Nr 1 ZPO).

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Eine extensive Auslegung geriete dagegen in Konflikt zu Art 101 Abs 1 S 2 GG, denn niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden (vgl BGH Urteil vom 26.4.1976 - VIII ZR 290/74 - MDR 1976, 837 ; BGH Urteil vom 4.12.1989 - RiZ (R) 5/89 - NJW 1991, 425 ; BVerwG Urteil vom 18.10.1979 - 3 C 117/79 - NJW 1980, 2722; BFH Beschluss vom 12.9.2007 - X B 18/03 - BFH/NV 2008, 102 ; Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 60 RdNr 10; weitergehender OLG Celle Beschluss vom 5.4.2001 - 9 W 94/01 - MDR 2001, 767 zu § 41 Nr 3 ZPO; auch Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 5.3.1998 - L 5 S 2/98 - NZS 1998, 351 Ehe zwischen einer Richterin und einem Prozessbevollmächtigten des Klägers). Art 101 Abs 1 S 2 GG erlaubt daher keine analoge Auslegung dahin, dass der Richter über die ausdrücklich normierten Fälle hinaus auch in vergleichbaren Situationen ausgeschlossen ist (Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 RdNr 15). Den Belangen der Prozessbeteiligten kann für solche Fallgestaltungen durch die Möglichkeit der Ablehnung wegen Befangenheit Rechnung getragen werden (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 4.7.2001 - 1 BvR 730/01 - NJW 2001, 3533; BVerfG Beschluss vom 26.1.1971 - 2 BvR 443/69 - BVerfGE 30, 149, 154).

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Nach diesen Vorgaben war VRiLSG A. als Vorsitzender des im Ausgangsverfahren zuständigen 3. Senats nicht von der Ausübung des Richteramtes im anschließenden Entschädigungsverfahren ausgeschlossen. Denn er hat während der Zeit der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens nach den für den Senat nach § 163 SGG bindenden Feststellungen des angefochtenen Urteils der Vorinstanz keine richterliche Tätigkeit in der Gerichtsakte entfaltet.

24

b) Ebenfalls kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG) ist umgekehrt in dem Ausschluss von VizePräsLSG W. zu sehen. Wie das LSG als Entschädigungsgericht zutreffend angenommen hat, war VizePräsLSG W. im Entschädigungsverfahren gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 41 Nr 7 ZPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen, weil er in der Verfahrensakte - wenn auch nur einmalig - richterlich tätig geworden ist. Denn er hat vor seinem Wechsel in den 12. Senat noch als Vorsitzender Richter im Ausgangsverfahren die Eingangsverfügung in der Berufungsinstanz unterzeichnet. Damit hat er die Klägerin zur Berufungserwiderung binnen vier Wochen aufgefordert und eine Wiedervorlagefrist von fünf Wochen verfügt. Darin liegt eine Verfahrensförderung und Sachaufklärungshandlung iS des § 106 Abs 1 SGG, also eine sachliche Einwirkung auf den zur Entscheidung anstehenden Einzelfall.

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3. Die auf § 198 GVG gestützte Entschädigungsklage ist zulässig. Das LSG war gemäß § 202 S 2 SGG iVm § 201 Abs 1 S 1 GVG für Klagen auf Entschädigung nach § 198 GVG gegen den Beklagten das für dieses Land örtlich zuständige LSG. Das beklagte Land ist im Verfahren wirksam durch die Präsidentin des LSG Mecklenburg-Vorpommern vertreten worden. Die Entschädigungsklage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 5 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4). Der Entschädigungsklage kann nicht entgegengehalten werden, sie sei nach Erhebung der Verzögerungsrüge verfrüht erhoben worden (zur Wartefrist als Sachurteilsvoraussetzung vgl BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 16 mwN ). Zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs 1 GVG kann eine Klage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden(§ 198 Abs 5 S 1 GVG, Art 23 S 1 ÜGG). Bei Erhebung der Entschädigungsklage am 13.3.2013 war die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs 5 S 1 GVG bezogen auf die am 9.1.2012 und zuletzt am 3.8.2012 angebrachten Verzögerungsrügen aber bereits abgelaufen. Die Nichteinhaltung der Wartefrist hätte der Klägerin ohnehin während einer Übergangszeit bis zum 31.12.2014 nicht entgegengehalten werden können (BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 ). Die Klagefrist des § 198 Abs 5 S 2 GVG(iVm Art 23 S 1 ÜGG) ist ebenfalls eingehalten. Hier hat die Klägerin die Entschädigungsklage sogar noch vor Verkündung des Berufungsurteils des Ausgangsgerichts vom 26.6.2013 erhoben, was zulässig ist (§ 198 Abs 5 S 2 GVG; vgl auch BT-Drucks 17/3802 S 22).

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4. Die Klägerin hat über den ihr bereits zuerkannten Entschädigungsanspruch hinaus keinen weitergehenden Anspruch nach § 198 GVG gegen das beklagte Land. Diese hat den richtigen Beklagten verklagt (dazu a) und auch die Verzögerungsrüge rechtzeitig erhoben (dazu b). Das Entschädigungsgericht hat zu Recht eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens von 28 Monaten bejaht (dazu c). Entgegen der Auffassung der Klägerin hält auch die Entscheidung einer revisionsrichterlichen Überprüfung Stand, wegen der erlittenen immateriellen Nachteile (dazu d) keinen höheren Betrag als die Pauschalentschädigung von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung festzusetzen (dazu e).

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a) Das beklagte Land ist für die Entschädigungsklage nach § 200 S 1 GVG passiv legitimiert, weil es danach für Nachteile haftet, die aufgrund von Verzögerungen bei seinen Gerichten entstehen.

28

b) Die Klägerin hat die nach § 198 Abs 3 S 1 GVG zwingend erforderliche Verzögerungsrüge jedenfalls am 9.1.2012 rechtzeitig erhoben. Für die unverzügliche Erhebung der Verzögerungsrüge in bei Inkrafttreten des ÜGG bereits anhängigen Verfahren ist es ausreichend, wenn die Rüge spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des ÜGG am 3.12.2011 erfolgt (Art 23 S 2 ÜGG zur Einordnung als materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfrist vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 27 mwN; BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 21 f mwN).

29

c) Das LSG hat zutreffend eine Überlänge des Ausgangsverfahrens vor dem SG und LSG von insgesamt 28 Monaten festgestellt. Dies betrifft die Liegezeiten im Berufungsverfahren vor dem LSG von Februar bis Oktober 2009, Februar bis Dezember 2010, März bis September 2011, Januar und Februar 2012, Juli 2012 bis Februar 2013 sowie von August bis Oktober 2013 unter Abzug von zwölf Monaten Bearbeitungs- und Bedenkzeit. Nach § 198 Abs 1 S 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Das LSG hat den Gesamtzeitraum des Verfahrens zutreffend ermittelt und die für eine Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer bedeutsamen Gesichtspunkte beachtet (dazu aa); es hat zu Recht die Bedeutung (dazu bb) und die Schwierigkeit (dazu cc) des Verfahrens, das Verhalten der Verfahrensbeteiligten (dazu dd) und die Prozessleitung der Gerichte des Ausgangsverfahrens in seine Bewertung der Angemessenheit der Verfahrensdauer einbezogen (dazu ee). Das Entschädigungsgericht ist zudem, soweit es um die Würdigung dieser Prozessleitung geht, von einem zutreffenden richterlichen Überprüfungsmaßstab sowie dem Erfordernis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ausgegangen. Es hat dabei den Ausgangsgerichten zu Recht eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden (dazu ff).

30

aa) Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs 1 S 2 GVG). Der unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens" ist insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der EGMR zu Art 6 Abs 1 S 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und das BVerfG zum Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) sowie zum Justizgewährleistungsanspruch (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) entwickelt haben (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 7/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 10 RdNr 25 mwN). Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des ÜGG relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9). Unter einem rechtskräftigen Abschluss ist die formelle Rechtskraft einer Entscheidung zu verstehen (BSG Urteil vom 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr 1, RdNr 24 mwN).

31

Das Ausgangsverfahren vor dem SG begann am 11.2.2002 und endete vor dem LSG durch Zustellung des Urteils am 25.11.2013 und erreichte damit eine Gesamtdauer von 140 Kalendermonaten. Für den Zeitraum nach Zustellung des Berufungsurteils bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin keine Verzögerung geltend. Er bleibt daher außer Betracht.

32

In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu(vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 26 mwN).

33

Auf dieser Grundlage ergibt die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei billigt der Senat den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten je Instanz zu, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt (näher BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 43 ff mwN; BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9; BSG Urteil vom 5.5.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 4 RdNr 36).

34

bb) Das LSG hat als Ausgangspunkt die Bedeutung der Ausgangsverfahren rechtsfehlerfrei in seine Bewertung der Angemessenheit eingestellt. Die von § 198 GVG genannte Bedeutung eines Verfahrens ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zur Bedeutung der Sache iS von § 198 Abs 1 S 2 GVG trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung sowie eine mögliche Entwertung der Rechtsposition durch Zeitablauf bei (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 29 mwN ). Insofern ist das LSG im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums in nicht zu beanstandender Weise von einer eher durchschnittlichen Bedeutung ausgegangen. Die Klägerin bezog während des laufenden Verfahrens bereits Entschädigungsleistungen nach einer MdE von 80 sowie eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und war in ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht gefährdet. Im Streit standen nur noch die im Vergleich damit weniger gewichtige Erhöhung nach dem Maximalwert einer MdE von 100 sowie die Gewährung einer höheren Grundrente auch für einen Zeitpunkt vor Antragstellung.

35

Die zugrundeliegenden Feststellungen hat das LSG verfahrensfehlerfrei getroffen. Das angefochtene Urteil beruht entgegen dem Vorbringen der Revision nicht auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG (§ 103 SGG). Es ist nicht ersichtlich, dass sich das LSG auf dem Boden seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen (vgl zB BSG Urteil vom 10.6.1975 - 9 RV 124/74 - BSGE 40, 49 = SozR 3100 § 30 Nr 7; BSG Urteil vom 17.2.2005 - B 13 RJ 31/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 3 RdNr 21 f; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 103 RdNr 20 mwN). Soweit die Klägerin dem LSG in diesem Zusammenhang vorwirft, es habe feststellen müssen, ob unter den besonderen Umständen des Einzelfalls jegliches Verfahren und dessen Länge für sie - die Klägerin - überdurchschnittlich belastend gewesen sei, verkennt sie bereits, dass es für die Bedeutung des Verfahrens allein auf einen Maßstab objektivierter Betrachtung ankommt (BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 7/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 10 RdNr 30 mwN).

36

cc) Ebenso wenig sind Rechtsfehler zu erkennen, soweit das LSG einen durchschnittlichen bis leicht überdurchschnittlichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeitsgrad des Ausgangsverfahrens wegen Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz - OEG) angenommen hat, ua wegen der Bewertung bestimmter anerkannter Schädigungsfolgen mit einer MdE von mehr als 80 unter Berücksichtigung widerstreitender Gutachten (zur Komplexität der rechtlichen Aufarbeitung lange zurückliegender OEG-Sachverhalte vgl auch EGMR Urteil vom 21.10.2010 - Individualbeschwerde Nr 2651/07 Sch./Deutschland - Juris RdNr 30).

37

dd) Das LSG hat eine dem Verhalten der Klägerin zurechenbare Verlängerung der Ausgangsverfahren zutreffend in der Zeit des erfolglosen Wartens auf die Klagebegründung gesehen, welche die Klägerin in Aussicht gestellt hatte. Solche durch zulässiges Prozessverhalten, wie zB Fristverlängerungsanträge, herbeigeführte Verfahrensverzögerungen fallen in den Verantwortungsbereich des Betroffenen und werden nicht dem Staat zugerechnet (vgl BGH Urteil vom 13.2.2014 - III ZR 311/13 - MDR 2014, 526 mwN; zur Erschwerung richterlicher Tätigkeit durch Fristverlängerungsanträge vgl auch EGMR Urteil vom 29.5.1986 - Individualbeschwerde Nr 9384/81, 9/1984/81/128 D./Deutschland - NJW 1989, 652, 654).

38

ee) Das LSG als Entschädigungsgericht hat schließlich zutreffend die Prozessleitung sowohl des SG als auch des LSG als Berufungsgericht im Ausgangsverfahren in seine Erwägungen einbezogen. Denn über die in § 198 GVG explizit genannten Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit hinaus hängt die Unangemessenheit der Verfahrensdauer wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen (vgl § 200 GVG), also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 13.8.2012 - 1 BvR 1098/11 - Juris; BSG U rteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 34).

39

ff) Das Entschädigungsgericht ist, soweit es um die Würdigung dieser Prozessleitung durch die Gerichte des Ausgangsverfahrens geht, von einem zutreffenden richterlichen Überprüfungsmaßstab sowie dem Erfordernis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ausgegangen. Es hat dabei den Ausgangsgerichten zu Recht eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden und seine materiell-rechtlichen Annahmen nicht überprüft. Ebenso wenig hat das Entschädigungsgericht das weite, mit zunehmender Verfahrensdauer allerdings schrumpfende Ermessen des Ausgangsgerichts bei der Verfahrensleitung verkannt (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 36 mwN und RdNr 37 unter Hinweis auf BVerfG).

40

(1) Die Berücksichtigung dieser Maßstäbe durch das Entschädigungsgericht im Rahmen der Bewertung der Umstände des Einzelfalls im Ausgangsverfahren ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Entschädigungsgericht - wie ausgeführt - die Monate des Wartens auf die Klagebegründung nicht einer unzureichenden Prozessleitung des SG zu geordnet (s unter II.4.c dd).

41

(2) Auch in Bezug auf die Zeiten, in denen das Gericht des Ausgangsverfahrens auf ergänzende Stellungnahmen oder Gutachten von Sachverständigen wartete, ist die Anwendung des dargestellten Prüfungsmaßstabs unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zu beanstanden. Wird eine Verzögerung durch das Verhalten Dritter ausgelöst, kommt es darauf an, inwieweit dies dem Gericht zugerechnet werden kann, insbesondere, weil es seinerseits von zumutbaren Beschleunigungshandlungen abgesehen hat (vgl zB BSG Urteile vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 9/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 6 RdNr 37 und - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 41). Nach diesen Maßstäben ist das Entschädigungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass in den Monaten Januar bis März 2004, in denen das SG auf die ergänzende Stellungnahme des Gutachters im Verwaltungsverfahren wartete, ohne ihm dafür zunächst eine Frist gesetzt zu haben, keine entschädigungsrelevante Liegezeit zu sehen ist. Trotz des generellen Beschleunigungsgebots sind die Gerichte zur Fristsetzung nicht verpflichtet (vgl § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 411 Abs 1 ZPO). Bei der Entscheidung, ob und welche Frist einem Sachverständigen zu setzen ist, handelt es sich um eine Maßnahme der materiellen Verfahrensleitung. Sie setzt eine tatsächliche und rechtliche Bewertung voraus, die in den Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit fällt. Solche Entscheidungen können deshalb nur dann die Feststellung einer Verfahrensverzögerung rechtfertigen, wenn die richterliche Bewertung vor dem Hintergrund der jeweils geltenden Prozessordnung und/oder des materiellen Rechts unvertretbar und unter keinem Gesichtspunkt verständlich erscheint (vgl OLG Frankfurt Urteil vom 10.7.2013 - 4 EntV 3/13 - Juris mwN). So stellt sich der Fall nicht dar. Das SG hatte dem Gutachter zwar zunächst keine Frist gesetzt, aber nach Ablauf von drei Monaten nach Erteilung des Auftrags zur ergänzenden Stellungnahme den Sachverständigen wiederholt erinnert, zuletzt unter Fristsetzung und Vernehmungsandrohung. Dieses Vorgehen erscheint weder unvertretbar noch unter keinem Gesichtspunkt verständlich. In sozialgerichtlichen Verfahren kann erfahrungsgemäß mit dem Eingang eines medizinischen Gutachtens nicht vor Ablauf von drei Monaten gerechnet werden und wird daher typischerweise regelmäßig erst nach vier bis fünf Monaten eine Sachstandsanfrage an den jeweiligen Gutachter gerichtet (vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 4.9.2013 - L 37 SF 65/12 EK U - Juris RdNr 41; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 6.12.2013 - L 37 SF 2/13 EK U - NZS 2014, 30 ). Die Tatsachengerichte entgegen § 411 Abs 1 ZPO und entgegen der richterlichen Unabhängigkeit zu einer Fristsetzung zu drängen und vertretbare Wartezeiten andernfalls als entschädigungsrelevante Liegezeiten zu werten, ist nicht angezeigt. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck. Vielmehr verlangt gerade das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht (BVerfG Beschluss vom 11.6.1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277, 291; BVerfG Beschluss vom 12.2.1992 - 1 BvL 1/89 - BVerfGE 85, 337, 345; BVerfG Kammerbeschluss vom 6.5.1997 - 1 BvR 711/96 - NJW 1997, 2811, 2812; BVerfG Kammerbeschluss vom 26.4.1999 - 1 BvR 467/99 - NJW 1999, 2582, 2583). Dazu dienen auch vertretbare Zeiträume, die das Gericht - und sei es nur durch angemessene interne Wiedervorlagefristen - einem Sachverständigen einräumt, um als weisungsgebundener Gehilfe des Gerichts den Streitgegenstand in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären. Das Unterlassen einer Fristsetzung für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens kann dann nicht zu einer Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots führen, wenn das Gericht auf eine zeitnahe Erledigung drängt bzw sachgerechte Gründe für eine Verzögerung gegeben sind (KG Berlin Beschluss vom 31.1.2017 - 13 WF 12/17 - Juris).

42

Auch in Bezug auf die Monate September 2004 bis Juli 2005, in denen das SG auf das Gutachten des von Amts wegen bestellten Sachverständigen wartete, ist die Anwendung des dargestellten Prüfungsmaßstabs durch das Entschädigungsgericht nicht zu beanstanden. Das Entschädigungsgericht durfte es als nicht entschädigungsrelevant bewerten, dass das SG an den Sachverständigen erstmals im Januar 2005 eine Sachstandsanfrage richtete, nachdem es ihn im September 2004 zum Sachverständigen ernannt hatte. Auch das Abfassen eines Gutachtens erfordert Zeit. Daher weist die Wertung des Entschädigungsgerichts, die zweite Sachstandsanfrage im Juli 2005 sei vertretbar gewesen, nachdem der Begutachtungstermin für Mai 2005 vorgesehen gewesen war, ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Das Absehen des SG, in dieser Konstellation Ordnungsmittel anzudrohen, führt ebenfalls noch nicht zu einer dem Staat zurechenbaren Verfahrensverzögerung. Nach den Feststellungen des Entschädigungsgerichts hat das SG zu dem in angemessenen Zeitabständen wiederholt den Kontakt zu dem Sachverständigen gesucht, der wiederum auf die Anfragen stets reagiert und erkennen lassen hat, er arbeite auf die Fertigstellung des Gutachtens hin. Im Interesse der Rechtsstaatlichkeit darf das Gericht zudem beim Einsatz von Zwangsmitteln Augenmaß walten lassen. Eine vorschnelle Drohung mit Zwangsmaßnahmen lässt zumindest befürchten, das Gutachten werde nicht in der gebotenen Gründlichkeit und damit Qualität erstattet werden (vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.5.2015 - L 37 SF 37/12 EK VH - Juris RdNr 164; LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 13.2.2013 - L 12 SF 3/12 EK AL - Juris RdNr 48) oder der Gutachter werde von der Übernahme weiterer Aufträge abgeschreckt.

43

(3) Das Entschädigungsgericht hat schließlich zu Recht die Monate Januar 2007 sowie Januar 2008 und 2009 nicht als entschädigungsrelevante Liegezeiten gewertet. Zwar hat das SG nach den Feststellungen der Vorinstanz die ergänzende Stellungnahme des antragsgemäß bestellten Sachverständigen im Dezember 2006 den Beteiligten (nur) zur Kenntnis übersandt, dennoch begegnet es keinen Bedenken, dass das Entschädigungsgericht das Bestehen eines Entschädigungstatbestandes erst ab Februar 2007 - dh nach einer sechswöchigen Frist zur möglichen Stellungnahme - angenommen hat. Denn die Übersendung eines Schriftsatzes, eines Gutachtens oÄ an die Beteiligten zur Kenntnis beinhaltet stets die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die Entscheidung des Gerichts, im Hinblick auf eine mögliche Stellungnahme zunächst nicht weitere Maßnahmen zur Verfahrensförderung zu ergreifen, unterliegt grundsätzlich noch seiner Entscheidungsprärogative und ist - mit Ausnahme unvertretbarer oder schlechthin unverständlicher Wartezeiten - weder durch das Entschädigungs- noch durch das Revisionsgericht als Verfahrensverzögerung zu bewerten. Das Entschädigungsgericht ist davon ausgegangen, das SG habe aus seiner - allein maßgeblichen - Ex-ante-Sicht eine Replik eines der Beteiligten auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen nicht ausschließen können. Diese Einschätzung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Nichts anderes gilt für den Monat Januar 2009, nachdem das LSG als Berufungsgericht die Berufungserwiderung des Beklagten der Klägerin im Dezember 2008 (nur) zur Kenntnis und freigestellter Stellungnahme übersandt hatte.

44

(4) Ebenso wenig ist im Ergebnis die Wertung des Entschädigungsgerichts zu beanstanden, den Monat Mai 2008 nicht als unangemessene Liegezeit anzusehen. Die Feststellungen des LSG zu den Umständen der Entscheidung (im April 2008) und der Zustellung ihrer schriftlichen Gründe (im Juni 2008) lassen bereits nicht erkennen, dass das SG im Mai 2008 untätig gewesen wäre. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus § 134 Abs 2 S 1 SGG keine überlange Verfahrensdauer für diesen Monat herleiten. Diese Soll-Vorschrift billigt dem Gericht gerade einen Zeitraum für die Formulierung und die Niederschrift des Urteils zu. Diese gesetzlich definierte Aktivitätszeit kann daher auch nicht der allgemeinen, vom Senat zugestandenen Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugeordnet werden.

45

Im Übrigen löst nicht jede Überschreitung der durchschnittlichen oder gar der optimalen Verfahrensdauer - auch einzelner Verfahrensabschnitte wie hier der Urteilsabsetzung und -zustellung - bereits einen Entschädigungsanspruch aus. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Vorrang- und Beschleunigungsgebot ist - wie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich betont - nicht von dem Maßstab eines "idealen Richters" auszugehen, sondern vielmehr anhand des konkreten Einzelfalls ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl BT-Drucks 18/9092 S 19). Selbst wenn das Urteil nach § 134 Abs 2 S 1 SGG vor Ablauf eines Monats - vom Tag der Verkündung an gerechnet - vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden soll, erweist sich der hier zweimonatige Verfahrensabschnitt von Urteilsverkündung bis Urteilszustellung als nicht entschädigungsrelevant.

46

(5) Entsprechendes gilt für den Monat Juli 2013, in dem die Klägerin eine entschädigungsrelevante Verzögerung nach Verkündung des Berufungsurteils sieht. Umstände, aus denen sich ergibt, dass das Berufungsgericht in diesem Monat untätig geblieben sei, hat das Entschädigungsgericht ebenfalls nicht festgestellt und die Revision nicht vorgebracht.

47

(6) Die Feststellungen des Entschädigungsgerichts tragen auch nicht die Auffassung der Revision, die Grenzen des prozessualen Ermessensspielraums habe das Berufungsgericht im Ausgangsverfahren zu weit gezogen, soweit es die Zeiten betrifft, in denen dieses während einer Aktenanforderung das Ausgangsverfahren nicht betrieben hat (Januar und Februar 2011). Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass ein Gericht regelmäßig erst nach Sichtung der erstinstanzlichen Gerichtsakte und der Verwaltungsakten beurteilen kann, ob und ggf welche weiteren Verfahrensakten beigezogen werden sollen. Zeiten, in denen ein Gericht auf angeforderte Akten wartet, sind daher regelmäßig nicht als entschädigungsrelevante Inaktivitätszeiten zu werten, falls nicht das Gebot der Verfahrensbeschleunigung ausnahmsweise bereits vorher verfahrensfördernde Maßnahmen gebietet. Zwar hatte das Ausgangsverfahren im Zeitpunkt der umstrittenen Aktenanforderung bereits fast neun Jahre gedauert. Gleichwohl durfte das Entschädigungsgericht ein Abwarten des Akteneingangs durch das Berufungsgericht im Ausgangsverfahren noch für vertretbar halten. Den Gerichten des Ausgangsverfahrens war ihre besondere Verpflichtung, sich wegen der langen Verfahrensdauer um eine Beschleunigung zu bemühen, ersichtlich bewusst und sie haben danach auch gehandelt. Das zeigt die rasche zeitliche Abfolge von Aktenanforderung (Januar 2011) und -übersendung (Februar 2011). Entsprechendes gilt für die weiteren Aktenanforderungen des LSG (März bzw April 2012) und deren Übersendung durch das SG (April bzw Juni 2012). Denn für die Beurteilung der richterlichen Handlungen ist entscheidend, wie das Gericht die Sach- und Rechtslage aus seiner Ex-ante-Sicht einschätzen durfte; es kommt nicht darauf an, wie sich der Verfahrenslauf im Nachhinein bei einer Ex-post-Betrachtung darstellt (vgl BFH Urteil vom 7.5.2014 - X K 11/13 - HFR 2014, 1005 ).

48

(7) Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts, auf die Anforderungen des SG (Oktober und November 2011) hin diesem im November 2011 die angeforderten Akten kurzfristig zu überlassen, stellt sich nicht als schlechthin unvertretbar dar. Das hat das Entschädigungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen.

49

d) Ein entschädigungsfähiger immaterieller Nachteil der Klägerin iS des § 198 Abs 1 S 1 GVG ist schon aufgrund der nicht widerlegten Vermutung des § 198 Abs 1 S 1 GVG anzunehmen. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist nicht möglich (§ 198 Abs 2 S 2, Abs 4 S 1 GVG).

50

e) Die Entscheidung des Entschädigungsgerichts, nicht von dem in § 198 Abs 2 S 3 GVG vorgesehenen Regelbetrag von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung eines Verfahrens abzuweichen, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. § 198 Abs 2 S 4 GVG eröffnet nur für atypische Sonderfälle die Möglichkeit, von der 1200 Euro-Pauschale nach oben oder nach unten abzuweichen(vgl dazu im Einzelnen BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 37 ff).

51

Das zu beurteilende Ausgangsverfahren hebt sich indes nicht durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen ab. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die besondere emotionale Betroffenheit der jeweiligen Kläger keine Besonderheit und als solche zur Anhebung der gesetzlichen Entschädigungspauschale grundsätzlich nicht geeignet. Das Gefühl der Klägerin, ein Opfer staatlicher Institutionen - auch der Gerichte und der ärztlichen Sachverständigen - zu sein, mag aus ihrer rein persönlichen Sicht verständlich sein. Subjektive Kriterien sind aber nicht geeignet, einen atypischen Sonderfall iS des § 198 Abs 2 S 4 GVG zu begründen. Das widerspräche dem Sinn und Zweck sowie dem Pauschalierungskonzept der Norm. In Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR soll der Entschädigungsanspruch des § 198 GVG dem Rechtsuchenden für die entstandenen Verzögerungen eines Gerichtsverfahrens eine angemessene Entschädigung gewähren(vgl BT-Drucks 17/3802 S 1). Sie soll die verzögerte Entscheidungsfindung und die daraus folgenden immateriellen Nachteile ausgleichen. Die Entschädigung hat dagegen keinen Bezug zu sonstigen negativen Empfindungen, die das Gerichtsverfahren aus anderen Gründen in der Person des jeweiligen Klägers ausgelöst haben mag. Der Gesetzgeber hat die Frage nach der Bemessung der Entschädigung für immaterielle Nachteile durch Pauschalierung gelöst und dabei den weitgehenden Verzicht auf eine Differenzierung im Einzelfall in Kauf genommen zugunsten der Vorteile einer Pauschalierung. Damit wollte er Streitigkeiten um die Höhe der Entschädigung und eine zusätzliche Belastung für die Gerichte vermeiden. Überdies können durch die Pauschalierung die Entschädigungsverfahren zügiger abgeschlossen werden, was auch im Interesse der Betroffenen liegt (vgl BT-Drucks 17/3802 S 20). Nur bei einer Beschränkung auf objektive Gesichtspunkte kann der legitime Zweck erreicht werden, die Gerichte nicht durch aufwändige Ermittlungen im Entschädigungsverfahren zusätzlich zu belasten und letztere so zügig abzuschließen.

52

Die dem gefundenen Ergebnis zugrundeliegenden Feststellungen hat das LSG auch hier verfahrensfehlerfrei getroffen. Das angefochtene Urteil beruht entgegen dem Vorbringen der Revision nicht auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Die Klägerin beanstandet, das LSG habe ihren in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 gestellten Beweisantrag nicht übergehen dürfen. Es habe vielmehr feststellen müssen, ob unter den besonderen Umständen des Einzelfalls jegliches Verfahren und dessen Länge für sie - die Klägerin - subjektiv überdurchschnittlich belastend gewesen sei. Diese Rüge verkennt indes, dass sich die Entschädigungshöhe pauschal nach § 198 Abs 2 S 3 GVG richtet; nur in atypischen Fällen iS von § 198 Abs 2 S 4 GVG darf davon abgewichen werden(vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5 RdNr 53; BSG Urteil vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - BSGE 118, 102 = SozR 4-1720 § 198 Nr 9, RdNr 37 f). Die Revisionsbegründung lässt indes schon nicht erkennen, durch welche entschädigungsrelevanten Besonderheiten sich das vorliegende Verfahren in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Verfahren abheben könnte. In Opferentschädigungsverfahren ist die psychische Belastung des Betroffenen üblicherweise keine Besonderheit und deshalb auch nicht geeignet, eine Atypik zu begründen. Hiervon ausgehend musste sich das LSG nicht zu weiteren Ermittlungen im Sinne eines Gutachtens über die psychische Belastung der Klägerin gedrängt fühlen.

53

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 183 S 6 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

54

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 1 und Abs 3 S 1, § 63 Abs 2 S 1 GKG. Der Streitwert entspricht der im Revisionsverfahren noch geltend gemachten Entschädigungssumme.

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 198


(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 202


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Zivilprozessordnung - ZPO | § 547 Absolute Revisionsgründe


Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 551 Revisionsbegründung


(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen. (2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 106


(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

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Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 201


(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 41 Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;2.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 155


(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen. (2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhe

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 60


(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 200


Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, haftet das Land. Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind, haftet der Bund. Für Staatsanwaltschaften und Finan

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 58


(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit wird durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht bestimmt, 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhi

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 134


(1) Das Urteil ist vom Vorsitzenden zu unterschreiben. (2) Das Urteil soll vor Ablauf eines Monats, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden. Im Falle des § 170a verlängert sich die Frist u

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 104


Der Vorsitzende übermittelt eine Abschrift der Klage an die übrigen Beteiligten; in Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens ist die Klage zuzustellen. Zugleich mit der Zustellung

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Tenor Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen die Richter des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen wird als unzulässig verworfen.

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Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. Juni 2013 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bereits ab dem 1.1.1991 sowie über einen Anspruch auf Gewährung einer Grundrente ab dem 1.2.2003 nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 100 anstelle eines zuerkannten GdS von 80 (Bescheid vom 15.12.2000 in Gestalt des Bescheides vom 28.9.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2002).

2

Die 1955 geborene Klägerin wurde seit ihrem 13. Lebensjahr in der Zeit von 1968 bis 1979 durch ihren Vater im Beitrittsgebiet sexuell missbraucht. Aus dieser Inzestbeziehung ging die 1979 geborene und am 9.1.2003 verstorbene Tochter S. hervor. Im Rahmen des Klageverfahrens hat das SG Schwerin Beweis erhoben ua durch Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 15.3.2004, eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. F. nebst testpsychologischen Zusatzgutachtens vom 8.8.2005 sowie ergänzenden Stellungnahmen vom 26.9. und 10.11.2005 und eines fachpsychiatrischen Gutachtens des Dipl.-Med. S. gemäß § 109 SGG vom 11.9.2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18.12.2006. Mit Urteil vom 18.4.2008 (S 6 VE 3/02) hat das SG die Beklagte verurteilt, bei der Klägerin aufgrund der Schädigungsfolgen einen GdS vom 1.1.1991 bis 31.1.2003 von 80 und ab dem 1.2.2003 von 100 festzustellen. Ferner sei festzustellen, dass für die Schädigungsfolgen ab dem 1.1.1991 ein Anspruch auf Heilbehandlung bestehe sowie ein Anspruch auf Grundrente nach einem GdS von 80 bis 31.1.2003 und ab 1.2.2003 nach einem GdS von 100 unter Abweisung der Klage im Übrigen.

3

Mit Urteil vom 26.6.2013 hat das LSG Mecklenburg-Vorpommern das Urteil des SG abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil die Klägerin erst ab Eingang ihres Antrages im Juni 1998, ab dem 1.6.1998, einen Anspruch auf Versorgung nach einem GdS von 80 habe. Ein "Rückgriff" nach § 60 Abs 1 S 3 BVG, mit der Folge, dass auch die "Fiktion" einer Antragstellung der Klägerin bis zum 31.12.1993 und dem daraus folgenden Beginn der Gewährung einer Beschädigtenrente bereits ab dem 1.1.1991 eingreife, sei ausgeschlossen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil die Klägerin nicht aufgrund "höherer Gewalt" an einer Antragstellung vor Juni 1998 gehindert gewesen sei. Entgegen den Bekundungen des Sachverständigen S. habe eine den Willen ausschließende Erkrankung bei der Klägerin nicht vorgelegen. Nach den Bekundungen von Dr. L., Herrn S. und Dr. F. sowie den Umständen der Lebensführung der Klägerin bis zum Juni 1998 lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese unter einer den Willen ausschließenden Erkrankung gelitten habe, die dann bzw ab Juni 1998 nicht mehr vorgelegen habe. Der Senat habe sich daher nicht veranlasst gesehen, Dr. L. und Dipl.-Med. S. nochmals ergänzend dazu anzuhören, ob die Klägerin gehindert gewesen sei, vor Juni 1998 einen Antrag nach dem OEG zu stellen.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt, die sie mit dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), einer Abweichung der Entscheidung des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) von den Urteilen des BSG vom 28.4.2005 (B 9a/9 VG 1/04 R), vom 30.9.2009 (B 9 VG 3/08 R), vom 23.10.1985 (9a RVg 4/83) und vom 18.2.2004 (B 10 EG 8/03 R) sowie von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) begründet.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden.

6

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

7

Die Klägerin hält folgende Frage für klärungsbedürftig:

Findet der § 60 Abs 1 BVG auch Anwendung, wenn das Opfer unverschuldet nicht in der Lage war, den Antrag fristgerecht zu stellen, aber das Opfer zum Zeitpunkt der Schädigung seinen Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatte und die Schädigung bereits vor 1990 abgeschlossen war?

8

Die Klägerin hat damit keine bestimmte Rechtsfrage formuliert, die sich bezogen auf den vorliegenden Fall als klärungsbedürftig und klärungsfähig darstellt. Denn die aufgeworfene Frage betrifft im Wesentlichen die Einschätzung der Hinderung an einer fristgemäßen Antragstellung durch höhere Gewalt; diese wird in der Frage unterstellt. Die Klägerin legt auch, die Klärungsbedürftigkeit der von ihr mittelbar angesprochenen rechtlichen Problematik nicht unter Auswertung der auch vom LSG angeführten Rechtsprechung des BSG näher dar. Denn das BSG hat mit Urteil vom 10.12.2003 (B 9 VJ 2/02 R - BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr 1) bereits entschieden, dass sich eine Rückwirkung des Leistungsantrags nach § 60 Abs 1 S 2 und 3 BVG verbietet, wenn im Zeitpunkt der Schädigung eine den Versorgungsanspruch begründende Regelung noch nicht gegolten hat, wie dies im Beitrittsgebiet beim OEG und BVG vor Wirksamwerden des Einigungsvertrages der Fall war. Die bloße Unkenntnis über anspruchsbegründende Umstände und Rechtsnormen stellt auch dann keinen Umstand höherer Gewalt iS des § 27 Abs 3 SGB X dar, wenn sie im Wesentlichen auf einer mangelnden Aufklärung der betroffenen Personen durch die zuständigen staatlichen Stellen beruhte(vgl auch BSG vom 11.5.2000 - B 13 RJ 85/98 R = BSGE 86, 153 = SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 18). Mit dieser Rechtsprechung hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt und auch nicht dargelegt, weshalb ein weitergehender Klärungsbedarf vorliegen sollte. Dies ist jedoch erforderlich, wenn die von der Klägerin (vermeintlich) aufgeworfene rechtliche Fragestellung bereits höchstrichterlich beantwortet ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65) oder wenn sich für die Antwort in höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte finden lassen (vgl BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).

9

Zur formgerechten Rüge eines Zulassungsgrundes der Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, auf den sich die Klägerin hier ebenfalls beruft, ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin eine Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss also darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die Berufungsentscheidung tragende Abweichung in deren rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Sie muss einen abstrakten Rechtssatz des vorinstanzlichen Urteils und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht dagegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Rechtsprechung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29).

10

Diesen Begründungserfordernissen genügt die Beschwerde nicht. Sie trägt zunächst im Wesentlichen vor, es liege eine Abweichung des LSG von den Urteilen des BSG vom 28.4.2005 (B 9a/9 VG 1/04 R) und vom 30.9.2009 (B 9 VG 3/08 R) vor, weil das LSG die Frage einer "Rückwirkung" der Antragstellung nicht nach § 60 Abs 1 S 3 BVG beurteile, sondern nach § 27 Abs 3 SGB X. Allerdings hat die Klägerin weder aus dem angefochtenen Urteil des LSG noch aus den benannten Urteilen des BSG je abstrakte Rechtssätze herausgearbeitet, die sich widersprechen könnten. Auch hinsichtlich der weiteren behaupteten Abweichung des LSG von dem Urteil des BSG vom 23.10.1985 (9a RVg 4/83) hat die Klägerin aus dem angefochtenen Urteil des LSG keinen abstrakten Rechtssatz herausgearbeitet, der dem von ihr benannten Rechtssatz des BSG grundsätzlich widersprechen könnte. Sofern die Klägerin schließlich eine Abweichung des Urteils des LSG von der Entscheidung des BSG vom 18.2.2004 (B 10 EG 8/03 R) behauptet, weil nach dieser Rechtsprechung höhere Gewalt jedes Geschehen darstelle, das auch durch die größtmögliche, von dem Betroffenen unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung vernünftigerweise zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht habe abgewendet werden können, reichen ihre Darlegungen gleichfalls nicht aus. Hierzu stellt die Klägerin den vermeintlichen Rechtssatz aus der Entscheidung des LSG auf:

"Allerdings muss der Betroffene aufgrund seiner Krankheit gehindert gewesen sein, seine rechtlichen Angelegenheiten innerhalb bestehender Fristen selbst vorzunehmen bzw. letztlich eine die Willenskraft ausschließende Krankheit (z.B. Bewusstlosigkeit) vorhanden sein … Es lassen sich … keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die Klägerin unter einer den Willen ausschließenden Erkrankung gelitten hat, die dann bzw. ab Juni 1998 nicht mehr vorlag."

11

Damit hat die Klägerin keinen abstrakten Rechtssatz aufgezeigt, sondern über eine tatrichterliche Einschätzung des LSG berichtet, ohne eine Abweichung des LSG von einem herausgearbeiteten Grundsatz des BSG darzulegen. Im Grunde behauptet die Klägerin nur, das LSG habe die Rechtsprechung des BSG nicht genügend berücksichtigt oder im Einzelfall falsch angewandt. Ein solcher Mangel stellte jedoch, selbst wenn er vorläge, keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG dar(vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26). Es ist nicht zulässiger Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde, ob das LSG richtig entschieden hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).

12

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - auch darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Vorgaben hat die Klägerin nicht hinreichend Rechnung getragen.

13

Soweit die Klägerin sinngemäß eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts (§ 103 SGG) rügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung, (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 35, 45; BSG SozR 1500 § 160a Nr 24, 34).

14

Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Zwar bezeichnet sie einen in der mündlichen Verhandlung vom 26.6.2013 vor dem LSG gestellten und protokollierten Beweisantrag, die Gutachter Dr. L. und Dipl.-Med. S. zu den beiden Fragestellungen ergänzend anzuhören, ob bei der Klägerin ein GdS von 100 festzustellen ist und ob diese gehindert war, vor Juni 1998 einen Antrag nach dem OEG zu stellen. Allerdings hat sie es unterlassen darzulegen, weshalb sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, diesen beantragten weiteren Beweis zu erheben und welches Ergebnis im Falle einer erneuten Befragung der Sachverständigen zu erwarten gewesen wäre (sog Entscheidungserheblichkeit). Denn das LSG ist als letztinstanzliche Tatsacheninstanz nur dann einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, wenn es sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweisantrag zu erheben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Insoweit hätte es des klägerseitigen Vortrags bedurft, weshalb nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des LSG erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden haben soll (vgl Becker, Die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG [Teil II], SGb 2007, 328, 332 zu RdNr 188 unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 14.12.1999 - B 2 U 311/99 B - mwN). Dies hat die Klägerin versäumt, da sie inhaltlich eine Auseinandersetzung mit der Begründung des LSG in dessen Entscheidung vermissen lässt, weshalb dieses sich nicht hat veranlasst gesehen, Dr. L. und Dipl.-Med. S. nochmals ergänzend anzuhören. Die bloße Darlegung, weshalb aus ihrer Sicht weitere Ermittlungen erforderlich gewesen wären, entspricht dem obengenannten Erfordernis nicht (vgl BSG Beschluss vom 4.12.2006 - B 2 U 227/06 B - RdNr 3). Tatsächlich kritisiert die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG), womit sie nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen kann.

15

Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) durch das LSG darin sieht, dass dieses ihren Beweisantrag übergangen habe, genügt ihr Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungserfordernissen. § 62 SGG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör(Art 103 Abs 1 GG). Die Vorschrift soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (s § 128 Abs 2 SGG; vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Das Gericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist nur dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (BVerfGE, aaO), zB wenn ein Gericht das Gegenteil des Vorgebrachten - ohne entsprechende Beweisaufnahme - annimmt, oder den Vortrag eines Beteiligten als nicht existent behandelt (vgl BVerfGE 22, 267, 274), oder wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern der Tatsachenvortrag nach der Rechtsauffassung des Gerichts nicht unerheblich ist (BVerfGE 86, 133, 146). Art 103 Abs 1 GG schützt indes nicht davor, dass ein Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (BVerfGE 64, 1, 12; 76, 93, 98).

16

Mit der lediglich pauschal angebrachten Behauptung, das LSG habe sich mit ihren Argumenten dem gestellten Beweisantrag nicht ausreichend auseinandergesetzt und in rechtswidriger Art und Weise die weitere Beweiserhebung abgelehnt, hat die Klägerin eine Verletzung des § 62 SGG nicht schlüssig dargestellt. Die Klägerin hat es versäumt unter Darlegung der Rechtsauffassung des LSG die konkret erläuterungsbedürftigen Punkte zu benennen, wegen derer die genannten Sachverständigen nochmals befragt werden sollen und dass diese Fragen objektiv sachdienlich sind auf Grundlage der Rechtsauffassung des LSG. Hierzu hätte die Klägerin angeben müssen, inwiefern sie unter keinen Umständen mit der vom LSG getroffenen Sachentscheidung habe rechnen können. Es besteht nämlich insbesondere gegenüber rechtskundig vertretenen Beteiligten - wie vorliegend - weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage, noch die Pflicht, bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen. Das Gericht kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in seiner nachfolgenden Beratung erst gefunden werden soll, nicht vorwegnehmen. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG Beschlüsse vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93 - HVBG-Info 1994, 209; vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - SozR 3-1500 § 153 Nr 1 und vom 17.2.1999 - B 2 U 141/98 B - HVBG-Info 1999, 3700; BVerfGE 66, 116, 147; 74, 1, 5; 86, 133, 145). Da bereits mehrere Stellungnahmen verschiedener Sachverständiger wie vom LSG in seiner Entscheidung benannt auch zu der von der Klägerin aufgeworfenen Beweisfrage vorgelegen haben, konnte die Klägerin nicht denknotwendig davon ausgehen, dass das LSG die von ihr aufgeworfene Frage weiterhin für klärungsbedürftig halten würde. So hat das SG bereits mit Schreiben vom 24.8.2005 den Gutachter Dr. F. gebeten, zu der Frage, ob die Klägerin vor dem Jahr 1998 an einer Antragstellung aus psychischen Gründen gehindert gewesen sei, Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist dann auch am 26.9.2005 erfolgt. Insoweit hätte die Klägerin weiter darlegen müssen, weshalb eine Antwort auf die von ihr gestellte Frage nicht bereits vorliegt.

17

Schließlich sieht die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes des fairen Verfahrens (Art 6 Abs 1 S 1 Europäische Menschenrechtskonvention) durch das LSG darin, dass dessen Entscheidung durch die unangemessene Verfahrensdauer beeinflusst worden sei. Denn erst als die Klägerin eine Entschädigungsklage gemäß § 198 GVG eingereicht habe, sei umgehend ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei auch deswegen auf die Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme verzichtet worden. Aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin wird nicht deutlich, inwiefern die Berufungsentscheidung vom 26.6.2013 auf einem derartigen Verfahrensmangel beruhen kann. Die Auffassung des 4. Senats des BSG (SozR 4-1500 § 160a Nr 11), dass eine überlange Verfahrensdauer mit einer Verfahrensrüge gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG geltend gemacht werden könne, ohne darlegen zu müssen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensfehler beruht, ist überholt(BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 18). Dementsprechend hätte die Klägerin zumindest kurz darlegen müssen, welche andere Entwicklung das Verfahren ohne den behaupteten Verfahrensmangel genommen hätte (vgl BSG Beschluss vom 3.1.2013 - B 9 V 46/11 B - RdNr 9). Daran fehlt es hier.

18

Soweit die Klägerin letztlich einen angeblichen Verstoß gegen § 547 Nr 6 ZPO darin sieht, dass das LSG nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung des Urteils dieses mit Entscheidungsgründen übersandt habe, hat sie einen Verfahrensmangel ebenfalls nicht ausreichend dargelegt(vgl hierzu insgesamt: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 10 mwN). Ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin selbst ausführt, dass die Ausfertigung des Urteils des LSG nach vier Monaten und 25 Tagen nach dessen Verkündung erfolgt sei, lässt sie jedwede Auseinandersetzung mit § 547 Nr 6 ZPO und der dazu ergangenen Rechtsprechung vermissen. Die Behauptung dieses Verfahrensfehlers wird ohne Begründung in den Raum gestellt, obwohl vergleichbar dem rechtlichen Gehör auch hier gilt, dass die Voraussetzungen des § 547 Nr 6 ZPO nicht schon dann vorliegen, wenn Urteilsgründe unrichtig, unzureichend oder unvollständig sind(Heßler in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 547 RdNr 7 mwN).

19

Die Verwerfung der Beschwerde folgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Der Vorsitzende übermittelt eine Abschrift der Klage an die übrigen Beteiligten; in Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens ist die Klage zuzustellen. Zugleich mit der Zustellung oder Mitteilung ergeht die Aufforderung, sich schriftlich zu äußern; § 90 gilt entsprechend. Für die Äußerung kann eine Frist gesetzt werden, die nicht kürzer als ein Monat sein soll. Die Aufforderung muß den Hinweis enthalten, daß auch verhandelt und entschieden werden kann, wenn die Äußerung nicht innerhalb der Frist eingeht. Soweit das Gericht die Übersendung von Verwaltungsakten anfordert, soll diese binnen eines Monats nach Eingang der Aufforderung bei dem zuständigen Verwaltungsträger erfolgen. Die Übersendung einer beglaubigten Abschrift oder einer beglaubigten elektronischen Abschrift, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des zuständigen Verwaltungsträgers versehen ist, steht der Übersendung der Originalverwaltungsakten gleich, sofern nicht das Gericht die Übersendung der Originalverwaltungsakten wünscht.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Das Urteil ist vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(2) Das Urteil soll vor Ablauf eines Monats, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden. Im Falle des § 170a verlängert sich die Frist um die zur Anhörung der ehrenamtlichen Richter benötigte Zeit.

(3) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Verkündung oder Zustellung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit wird durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht bestimmt,

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist,
2.
wenn mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiß ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist,
3.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben,
4.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben,
5.
wenn eine örtliche Zuständigkeit weder nach den §§ 57 bis 57b noch nach einer anderen gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmung gegeben ist.

(2) Zur Feststellung der Zuständigkeit kann jedes mit dem Rechtsstreit befaßte Gericht und jeder am Rechtsstreit Beteiligte das im Rechtszug höhere Gericht anrufen, das ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann.

Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen die Richter des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen wird als unzulässig verworfen.

Die Anträge des Antragstellers auf "Bestimmung eines zuständigen LSG gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGG" werden als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Der Antragsteller hat vor dem SG Köln und dem LSG Nordrhein-Westfalen in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine Beitragsforderung der Anspruchsgegnerin beantragt. Den Antrag hat das SG mit Beschluss vom 2.4.2012, die Beschwerde das LSG mit Beschluss vom 13.8.2012 zurückgewiesen. Das Hauptsacheverfahren ist beim SG Köln unter dem Aktenzeichen S 34 KR 717/12 rechtshängig.

2

Mit Schreiben vom 30.9.2012 hat der Antragsteller mitgeteilt, er hege wegen schwerwiegender Mängel des Beschlusses des LSG "Zweifel an der Unabhängigkeit des Gerichts und beantrage, dieses wegen Besorgnis der Befangenheit seiner Richter und den anderen genannten Gründen abzulehnen" und rufe das BSG gemäß § 58 Abs 2 SGG zur Feststellung der Zuständigkeit eines anderen LSG an. Zugleich möchte er sein Schreiben als Aufsichtsbeschwerde über das LSG gewertet wissen. Mit Schreiben vom 28.10.2012 hat er zusätzlich die "Bestimmung eines zuständigen LSG gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGG für das Hauptsacheverfahren" beantragt.

3

II. 1. Das ausdrücklich an das BSG gerichtete Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen die Richter des LSG Nordrhein-Westfalen ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. Nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 44 Abs 1 ZPO ist das Gesuch bei dem Gericht anzubringen, dem der Richter, gegen den es sich richtet, angehört.

4

2. Auch die Anträge auf Bestimmung eines zuständigen LSG sind als unzulässig zu verwerfen. Bezüglich des Verfahrens L 11 KR 220/12 B ER ist eine Zuständigkeitsbestimmung schon deshalb unzulässig, weil dieses Verfahren durch den Beschluss des LSG vom 13.8.2012 bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch bezüglich des Hauptsacheverfahrens liegen die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das BSG nicht vor. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das SG Köln iS von § 58 Abs 1 Nr 1 SGG oder das LSG Nordrhein-Westfalen an der Ausübung der Gerichtsbarkeit in diesem Falle rechtlich oder tatsächlich gehindert sein könnten, wie dies der Antragsteller unter Hinweis auf ein ungenügendes "lesen, verstehen und beachten" seiner Darlegungen durch das LSG geltend macht. Eine solche Verhinderung könnte erst angenommen werden, wenn der Antragsteller alle Richter des SG Köln und in einem nachfolgenden Berufungsverfahren so viele Richter des LSG Nordrhein-Westfalen erfolgreich wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hätte, dass über die Sache nicht mehr entschieden werden könnte (vgl OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5.2.1996 - 5 F 49/95 - NVwZ-RR 1997, 143). Dies trägt der Antragsteller weder vor, noch bestehen Anhaltspunkte hierfür.

5

3. Soweit der Antragsteller sein Schreiben vom 30.9.2012 als "Aufsichtsbeschwerde über das LSG" gewertet wissen will, ist darauf hinzuweisen, dass das BSG allein zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen einzelne Entscheidungen der SG und LSG in dem durch das Gesetz bestimmten Umfang berufen ist. Eine Aufsicht über diese Gerichte übt es nicht aus.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, haftet das Land. Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind, haftet der Bund. Für Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden in Fällen des § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 311/13
Verkündet am:
13. Februar 2014
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer (§§ 198 ff
GVG) ist auf das gerichtliche Verfahren nach §§ 109 ff StVollzG unmittelbar
anzuwenden.

b) Für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist unter dem
Gesichtspunkt der Mitverursachung wesentlich, wie sich der Entschädigungskläger
im Ausgangsverfahren verhalten hat. Dabei kommt es auf eine
Prozessverschleppungsabsicht oder eine sonstige Vorwerfbarkeit des Prozessverhaltens
nicht an.
BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - III ZR 311/13 - OLG Frankfurt am Main
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Reiter

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff StVollzG in Anspruch.
2
Der Kläger verbüßt in der Justizvollzugsanstalt B. eine lebenslange Freiheitsstrafe. Ein im Jahre 2002 im Strafvollzug begonnenes Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität H. betrieb er zunächst als Freizeitmaßnahme und setzte es ab Juli 2007 als Vollzeitstudent fort.
3
Ende 2008 teilte die Fernuniversität H. dem Kläger mit, dass die ordnungsgemäße Weiterführung des Studiums künftig einen Personal Computer mit Internetanschluss voraussetze. Mit Schreiben vom 1. September 2009 beantragte der Kläger gegenüber der Justizvollzugsanstalt B. die zeitnahe Einrichtung eines eingeschränkten ("getunnelten") Onlinezugangs zu den Internetseiten der Fernuniversität H. . Daraufhin erhielt er vom pädagogischen Dienst der Vollzugsanstalt die Zusage, dass er einen Laptop erhalten werde, um einen eingeschränkten Internetzugang vom Haftraum aus nutzen zu können. Die Installation des Internetzugangs sollte nach dem damaligen Planungsstand bis Ende Oktober 2009 erfolgen.
4
Mit Bescheid vom 11. Januar 2010 widerrief die Justizvollzugsanstalt B. wegen ungenügender Leistungen sowohl die Genehmigung des Studiums als Vollzeitmaßnahme als auch die Kostenübernahmeerklärung für das Fernstudium. Seitdem setzt der Kläger, der den Rücknahmebescheid erfolglos angegriffen hatte (Beschluss des Landgerichts G. - 2. Strafvollstreckungskammer - vom 4. Mai 2010), das Studium wieder als Freizeitmaßnahme fort.
5
Da er in der Folgezeit weder einen Internetzugang noch einen Laptop erhielt, stellte er mit Schreiben vom 3. Februar 2010 beim Landgericht G. - 2. Strafvollstreckungskammer - Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff StVollzG mit dem Ziel, die Justizvollzugsanstalt B. zu verpflichten , ihm einen eingeschränkten Internetzugang zur Fernuniversität H. einzurichten sowie einen anstaltseigenen Laptop zur Verfügung zu stellen.
6
Nach mehrfachen wechselseitigen Stellungnahmen teilte die Justizvollzugsanstalt B. schließlich mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 mit, dass grundsätzlich nichts gegen die Einrichtung des beantragten Internetzugangs und die Aushändigung eines Laptops spreche. Der Internetzugang könne jedoch aus technischen, außerhalb der Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten der Vollzugsanstalt liegenden Gründen derzeit nicht eingerichtet werden.
7
Mit Schreiben vom 24. März 2011 informierte der Kläger das Landgericht darüber, dass er schwer erkrankt sei, und bat um "globale Fristverlängerung", da er sich in allen offenen Verfahren noch äußern werde.
8
Den Antrag des Klägers vom 30. Mai 2011, eingegangen bei Gericht am 20. Juni 2011, auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 StVollzG, mit dem er die sofortige Einrichtung eines getunnelten Online-Anschlusses begehrte , wies die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 8. November 2011 zurück, da der Kläger nicht gehindert sei, solche Klausuren zu schreiben, für die er in der Vergangenheit bereits Klausurberechtigungen erworben habe, und die Hauptsache durch die einstweilige Anordnung nicht vorweggenommen werden dürfe.
9
In einem Telefonat vom 27. Juli 2011 bat der Kläger die Strafvollstreckungskammer um eine möglichst schnelle Entscheidung in den von ihm als vorrangig angesehenen Verfahren, in denen er Vollzugspläne angefochten hatte.
10
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 erhob er gegenüber dem Landgericht eine "Untätigkeitsrüge".
11
Mit Beschluss vom 17. Januar 2012 verpflichtete das Landgericht G. die Justizvollzugsanstalt B. , dem Kläger die Nutzung eines eingeschränkten Internetzugangs zur Fernuniversität H. zu ermöglichen und ihm einen Laptop zur Nutzung in seinem Haftraum auszuhändigen. Auf Grund der bereits im Jahre 2009 gegebenen Zusage sei das Ermessen der Vollzugsanstalt auf Null reduziert. Diese sei für die Einrichtung und Nutzung des Internetzugangs verantwortlich und habe etwaige technische Schwierigkeiten zu beseitigen.
12
Der Kläger hat geltend gemacht, das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff StVollzG habe unangemessen lange gedauert und sei spätestens im April 2011 entscheidungsreif gewesen.
13
Das Oberlandesgericht hat die auf Zahlung einer Entschädigung für im- materielle Nachteile in Höhe von 2.300 € gerichtete Klage abgewiesen.
14
Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe


15
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


16
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
17
Die Entschädigungsklage sei unbegründet, da das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nicht unangemessen lange im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG gedauert habe.
18
Der prüfungsrelevante Zeitraum, innerhalb dessen das Ausgangsverfahren auf konkrete Phasen der Verzögerung untersucht werden müsse, beginne mit dem Antrag des Klägers vom 3. Februar 2010 und ende mit der Rechtskraft des Beschlusses vom 17. Januar 2012, die am 24. Februar 2012 eingetreten sei (§ 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG). Das Landgericht habe das Verfahren zunächst zeitnah gefördert. Mit dem Schreiben der JVA B. vom 5. Oktober 2010 sei eine gewisse Zäsur des Ausgangsverfahrens eingetreten. Nunmehr hätten dem Landgericht alle entscheidungserheblichen Umstände vorgelegen. Auch wenn zwischen diesem Zeitpunkt und dem Erlass der verfahrensabschließenden Entscheidung 15 Monate lägen, sei das Ausgangsverfahren nicht unangemessen verzögert worden, da dieser Zeitraum unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und insbesondere des Prozessverhaltens des Klägers als vertretbar anzusehen sei. Die aufgeworfenen Rechtsfragen seien als schwierig einzustufen, zumal es dazu keine gesetzlichen Vorgaben und bislang auch keine über allgemein zugängliche Datenbanken aufzufindende Rechtsprechung gebe. Für die sorgfältige rechtliche Prüfung müsse daher - trotz besonderer persönlicher Bedeutung des Rechtsstreits für die Wiedereingliederung des Klägers nach dem Strafvollzug - ein ganz erheblicher Zeitraum angesetzt werden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer müsse auch berücksichtigt werden, dass der Kläger durch sein Prozessverhalten die Verfahrensdauer erheblich verlängert habe.

II.


19
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Durch die Verfahrensführung des Landgerichts ist die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, nicht verletzt worden.
20
1. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer (§§ 198 ff GVG) auf das gerichtliche Verfahren nach §§ 109 ff StVollzG unmittelbar anzuwenden ist.
21
Nach § 2 EGGVG gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und damit auch die Entschädigungsregelung bei überlangen Gerichtsverfahren für die ordentliche Gerichtsbarkeit und deren Ausübung. Davon umfasst sind nach § 13 GVG alle Zivil- und Strafsachen. Auf andere Gerichtsbarkeiten ist das Gerichtsverfassungsgesetz nicht unmittelbar anzuwenden, sondern nur insoweit, als seine Geltung durch Verweisungsnormen ausdrücklich vorgeschrieben ist (zum Beispiel § 173 VwGO, § 202 SGG, § 155 FGO; Ott in Steinbeiß -Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 9).
22
Das gerichtliche Verfahren ist in §§ 109 ff StVollzG nicht abschließend geregelt und entzieht sich einer eindeutigen Einordnung. § 120 Abs. 1 StVollzG verweist zwar ergänzend auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Strafprozessordnung; dies ist jedoch nicht unproblematisch. Denn das Verfahren nach §§ 109 ff StVollzG ähnelt seiner Struktur nach dem Verwaltungsstreitverfahren und ist kein Strafprozess, so dass bei jeder Norm der Strafprozessordnung sorgfältig geprüft werden muss, ob sie für das Strafvollzugsgesetz passt, das heißt mit dem materiellen Strafvollzugsrecht und dem verwaltungs- prozessual ausgestalteten Antragsrecht nach §§ 109 ff StVollzG in Einklang zu bringen ist (AK-StVollzG/Kamann/Spaniol, 6. Aufl., § 120 Rn. 3; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 120 Rn. 1 f). Dies hat zu einer weitgehend richterrechtlichen Ausgestaltung des Verfahrens geführt (Arloth aaO § 120 Rn. 1).
23
Die unmittelbare Geltung des Gerichtsverfassungsgesetzes ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber die gemäß §§ 109 ff StVollzG zu treffenden Entscheidungen den ordentlichen Gerichten (§ 12 GVG) zugewiesen hat. Der zuständige erstinstanzliche Spruchkörper ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts (§ 78a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GVG), der auf Grund der Vollzugsnähe im Rahmen der Entscheidungen nach §§ 462a, 463 StPO auch insoweit besondere Sachkunde zukommt (AK-StVollzG/Kamann/Spaniol aaO § 110 Rn. 1; Arloth aaO § 110 Rn. 1). Über die Rechtsbeschwerde nach § 116 StVollzG entscheidet ein Strafsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Strafvollstreckungskammer ihren Sitz hat (§ 117 StVollzG). Für das Vorlageverfahren nach § 121 Abs. 2 GVG ist der Bundesgerichtshof zuständig. Die vorgenannten Gerichte werden bei Entscheidungen nach §§ 109 ff StVollzG als ordentliche Gerichte tätig (§ 12 GVG) und üben ordentliche Gerichtsbarkeit aus (vgl. Ott aaO § 198 GVG Rn. 9; nicht eindeutig insoweit Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 12 GVG Rn. 4 einerseits sowie Einleitung Rn. 2 und § 2 EGGVG Rn. 2 andererseits

).


24
Für dieses Ergebnis spricht auch, dass §§ 23 ff EGGVG, die im Bereich des Strafvollzugsrechts subsidiär gelten (Arloth aaO Vorbemerkung zu § 108 Rn. 8), die Zuständigkeit der sachnäheren ordentlichen Gerichte für die Überprüfung der in § 23 Abs. 1 EGGVG bezeichneten Maßnahmen abweichend von der Generalklausel des § 40 VwGO bestimmen (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., vor § 23 EGGVG Rn. 1).

25
2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Oberlandesgericht eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens zu Recht verneint. Die Verfahrensförderung durch das Landgericht weist keine sachwidrigen Lücken auf.
26
a) Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt die Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind, nur beispielhaft ("insbesondere") und ohne abschließenden Charakter (BT-Drucks. 17/3802 S. 18). Weitere gewichtige Beurteilungskriterien sind die Verfahrensführung durch das Gericht sowie die zur Verfahrensbeschleunigung gegenläufigen Rechtsgüter (Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit von Entscheidungen, Beachtung der richterlichen Unabhängigkeit und des gesetzlichen Richters). Erforderlich ist eine umfassende Gesamtabwägung aller Umstände (grundlegend Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, NJW 2014, 220 Rn. 25, 28, 32 ff; vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, BeckRS 2013, 22861 Rn. 37, 40, 43 ff und vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BeckRS 2014, 03167 Rn. 36, 39 f, jeweils zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ).
27
b) Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen , verletzt ist (ausführlich Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 28 ff; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 36 ff und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 35 ff, jeweils mwN).
28
Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte Gesamtverfahrensdauer (vgl. Ott aaO § 198 GVG Rn. 78). Dies hat zur Konsequenz, dass Verzögerungen , die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten eingetreten sind, nicht zwingend die Unangemessenheit der Verfahrensdauer bewirken. Es ist vielmehr im Rahmen einer abschließenden Gesamtabwägung zu überprüfen, ob eingetretene Verzögerungen innerhalb einer späteren Phase des Verfahrens kompensiert wurden (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 30 und vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 41 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 37; Ott aaO § 198 GVG Rn. 79, 97, 100 f). Darüber hinaus wird eine Entschädigung für abschnittsbezogene Verzögerungen, die derart unbedeutend sind, dass sie gegenüber der Gesamtverfahrensdauer nicht ins Gewicht fallen, regelmäßig ausscheiden. Denn die durch die lange Verfahrensdauer verursachte Belastung muss einen gewissen Schweregrad erreichen. Es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus (BSG, NJW 2014, 248 Rn. 26).
29
Die Verfahrensdauer muss vielmehr eine Grenze überschreiten, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 31; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 42 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 38; vgl. BVerfG, NVwZ 2013, 789, 791 f; BVerwG, NJW 2014, 96 Rn. 39; siehe auch BFH, BeckRS 2013, 96642 Rn. 53; BSG aaO: "deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen").
30
c) Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungsund Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben besteht ein Ermessen des verantwortlichen Richters hinsichtlich der Verfahrensgestaltung. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 33; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 44 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 39). Demensprechend wird die Verfahrensführung des Richters im nachfolgenden Entschädigungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (vgl. Senatsurteile vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 14 und vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 45 f). Da der Rechtssuchende keinen Anspruch auf optimale Verfahrensförderung hat (BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10, juris Rn. 16), begründen eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine nach der jeweiligen Prozessordnung vertretbare Verfahrensleitung auch dann keinen Entschädigungsanspruch, wenn sie zu einer Verlängerung des Gerichtsverfahrens geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 46).
31
Erst wenn die Verfahrenslaufzeit, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt ist, in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auch bei Berücksichtigung des weiten richterlichen Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemes- sene Verfahrensdauer vor (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 33; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 44 ff und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 40; BVerwG aaO Rn. 42).
32
d) Bei Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze hält die Beurteilung des Oberlandesgerichts, die Dauer des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff StVollzG sei nicht als unangemessen zu bewerten, den Angriffen der Revision stand.
33
Die Überprüfung der Verfahrensführung im Ausgangsprozess obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, der über die Entschädigungsklage entscheidet. Bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der Verfahrensdauer hat das Revisionsgericht den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu respektieren und ist in seiner Prüfung darauf beschränkt, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (vgl. Senatsurteile vom 4. November 2010 aaO Rn. 18; vom 14. November 2013 aaO Rn. 34 und vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 47; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 546 Rn. 12).
34
Solche Rechtsfehler liegen nicht vor. Die vom Oberlandesgericht an den nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG maßgeblichen Kriterien ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls belegt, dass die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, nicht verletzt worden ist.
35
aa) Entgegen der Auffassung der Revision rechtfertigen die vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen die Annahme, dass die in dem Ausgangsverfahren zu beurteilenden rechtlichen Fragen als schwierig einzustufen sind.
36
Die Einrichtung und technische Ausgestaltung eines (eingeschränkten) Internetzugangs für Strafgefangene betrifft unmittelbar die Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt. Einschlägige Vorschriften finden sich weder im Strafvollzugsgesetz noch in den Vollzugsgesetzen der Länder. § 36 Abs. 1 HStVollzG enthält lediglich die Regelung, dass den Gefangenen Telefongespräche gestattet werden können und aus wichtigen Gründen die Nutzung "anderer Kommunikationsmittel" durch Vermittlung und unter Aufsicht der Anstalt in Betracht kommt. Im Zusammenhang mit der Internetnutzung durch Strafgefangene stellen sich somit viele neue Rechtsfragen, ohne dass auf gesetzliche Vorgaben oder eine gefestigte Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. In der Literatur wird deshalb de lege ferenda die Schaffung einer Norm für erforderlich gehalten, die die Kommunikation über das Internet explizit regelt (AKStVollzG /Joester/Wegner aaO § 32 Rn. 13).
37
Die Strafvollstreckungskammer musste darüber hinaus der Frage nachgehen , ob die Zusage der Vollzugsanstalt aus dem Jahre 2009 durch den zwischenzeitlich erfolgten Widerruf der Genehmigung des Fernstudiums als Vollzeitmaßnahme gegenstandslos geworden ist.
38
Abschließend war die Frage zu beurteilen, ob die Vollzugsanstalt dazu verpflichtet werden konnte, technische Schwierigkeiten bei der Einrichtung eines eingeschränkten Internetzugangs gegebenfalls unter Hinzuziehung externer Fachkräfte zu beseitigen (dazu AK-StVollzG/Däubler/Galli aaO § 37 Rn. 7).

39
Nach alledem ist die Einschätzung des Oberlandesgerichts, dass die Strafvollstreckungskammer über eine im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG schwierige Rechtslage zu befinden hatte, nicht zu beanstanden (vgl. Ott aaO § 198 GVG Rn. 105).
40
bb) Das Oberlandesgericht hat auch berücksichtigt, dass die zeitnahe Entscheidung des Ausgangsverfahrens für den Kläger von besonderer persönlicher Bedeutung war. Die erfolgreiche Absolvierung des Fernstudiums diente seiner beruflichen Wiedereingliederung nach dem Strafvollzug. Ab Mitte Juni 2011 konnten die zum Erwerb von Klausurberechtigungen erforderlichen Einsendearbeiten nur noch online angefertigt werden. Aus dem vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Beschluss des Landgerichts vom 8. November 2011 ergibt sich allerdings auch, dass der Kläger nicht gehindert war, an Klausuren teilzunehmen, für die er bereits in der Vergangenheit Berechtigungen erworben hatte. Demgemäß konnte er eine Verzögerung seines Studiums dadurch vermeiden, dass er zunächst solche Klausuren schrieb. Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass die Strafvollstreckungskammer in ihrem Beschluss vom 4. Mai 2010 den Widerruf der Genehmigung des Fernstudiums als Ausbildungsmaßnahme nach § 37 StVollzG als ermessensfehlerfrei gewertet hat, weil der Kläger nicht willens und in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Leistungsnachweise in angemessener Zeit zu erbringen, und deshalb die Justizvollzugsanstalt den Kläger als ungeeignet für das Studium als Vollzeitmaßnahme ansehen durfte.
41
cc) Vergeblich wendet die Revision ein, die umfangreichen Stellungnahmen , die der Kläger auch nach Eingang des Schreibens der Vollzugsanstalt vom 5. Oktober 2010 abgegeben habe, sowie das parallele Betreiben einer Vielzahl weiterer Verfahren vor der nämlichen Strafvollstreckungskammer hätten bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer nicht berücksichtigt werden dürfen.
42
Die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat, ist unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Mitverursachung wesentlich für die Beurteilung der Verfahrensdauer (BT-Drucks. 17/3802 S. 18). Denn von ihm verursachte Verzögerungen können keine Unangemessenheit der Verfahrensdauer begründen (Ott aaO § 198 GVG Rn. 116). Dabei kommt es auf eine "Prozessverschleppungsabsicht" oder eine sonstige Vorwerfbarkeit des Verhaltens nicht an. Auch durch zulässiges Prozessverhalten herbeigeführte Verfahrensverzögerungen fallen in den Verantwortungsbereich des Betroffenen. Dies gilt beispielsweise für häufige umfangreiche Stellungnahmen und Anfragen, Fristverlängerungsanträge und Anträge auf Ruhenlassen des Verfahrens (Ott aaO § 198 GVG Rn. 117 f). In allen diesen Fällen wird die Zeit, die für das Gericht zur ordnungsgemäßen Reaktion auf ein Prozessverhalten erforderlich ist, nicht dem Staat zugerechnet (Althammer/Schäuble, NJW 2012, 1, 2; Ott aaO § 198 GVG Rn. 118; Roderfeld in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 198 GVG Rn. 12; Stahnecker, Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren, Rn. 52; Zöller/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 198 GVG Rn. 3).
43
Dem Oberlandesgericht ist deshalb auch darin beizupflichten, dass im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung zu bedenken war, dass der Kläger durch zahlreiche umfangreiche Stellungnahmen und Anfragen, die er nach Eingang des Anstaltsschreibens vom 5. Oktober 2010 abgegeben hat, einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand verursacht hat, der nicht in den Verantwortungsbereich des Gerichts fiel. Es kommt hinzu, dass er mit Schreiben vom 24. März 2011 um "globale Fristverlängerung" nachgesucht und im Juli 2011 um eine vorrangige Bearbeitung derjenigen Verfahren gebeten hat, in denen er Vollzugspläne angefochten hatte.
44
Eine weitere Verfahrensverzögerung hat der Kläger dadurch herbeigeführt , dass er während des laufenden Hauptsacheverfahrens zusätzlich den Erlass einer inhaltsgleichen - jedoch vorrangig zu bearbeitenden - einstweiligen Anordnung beantragt hat.
45
dd) Die Wertung des Oberlandesgerichts, dass der Zeitraum von rund 15 Monaten zwischen dem Eingang des Schreibens der Justizvollzugsanstalt B. vom 5. Oktober 2010 und dem das Verfahren beendenden Beschluss vom 17. Januar 2012 noch angemessen war, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
46
Wie bereits dargelegt, ist ein weiteres bedeutsames Kriterium zur Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens die Verfahrensführung durch das Gericht. Zu prüfen ist, ob Verzögerungen, die mit der Verfahrensführung im Zusammenhang stehen, bei Berücksichtigung des dem Gericht zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind. Dabei kann die Verfahrensführung nicht isoliert für sich betrachtet werden. Sie muss vielmehr zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien in Bezug gesetzt werden. Maßgebend ist, ob das Gericht gerade in Relation zu jenen Gesichtspunkten den Anforderungen an eine angemessene Verfahrensdauer in jedenfalls vertretbarer Weise gerecht geworden ist (Senatsurteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 32; vgl. BVerwG aaO Rn 41; Ott aaO § 198 GVG Rn. 127).
47
Die Strafvollstreckungskammer hatte eine schwierige, bislang weitgehend ungeklärte Rechtslage zu beurteilen. Der Kläger hat den Prozessstoff durch zahlreiche Eingaben, die das Gericht inhaltlich erfassen und gegebenfalls zur Stellungnahme an die Justizvollzugsanstalt weiterleiten musste, beträchtlich ausgeweitet. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, die weiteren Stellungnahmen des Klägers seien zur Begründung seines Antrags nicht mehr erforderlich und die Sache seit Oktober 2010 entscheidungsreif gewesen , übersieht sie, dass es nicht darauf ankommt, wie sich der Verfahrenslauf im Nachhinein bei einer Ex-post-Betrachtung darstellt. Entscheidend ist, wie das Gericht die Sach- und Rechtslage aus seiner Ex-ante-Sicht einschätzen durfte (Senatsurteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 32; BVerwG aaO Rn. 41; Ott aaO § 198 GVG Rn. 81). Es war daher schon zur Wahrung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) erforderlich, seine zahlreichen Schreiben zu lesen und auszuwerten sowie den Eingang angekündigter Begründungsergänzungen binnen angemessener Frist abzuwarten. Daneben hatte das Gericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vorrangig zu bearbeiten und musste die zahlreichen vom Kläger parallel betriebenen Verfahren ebenfalls sachgerecht fördern.
48
Die vorgenannten Umstände tragen in der Gesamtschau die Annahme des Oberlandesgerichts, dass der Zeitraum von Oktober 2010 bis Januar 2012 für eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands jedenfalls vertretbar war, um der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung zu tragen. Der dem Gericht eingeräumte Gestaltungsspielraum wurde nicht überschritten.
49
Die Revision irrt, wenn sie meint, das Gericht habe sämtliche bei ihm anhängigen Verfahren in gleicher Weise fördern müssen, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass es durch die weiteren Anträge und Verfahren des Klägers in seiner Arbeit behindert wurde. Der den Gerichten zuzubilligende Gestaltungsspielraum gibt dem erkennenden Richter die Möglichkeit, darüber zu entscheiden , wann er welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. Die besonders intensive Befassung mit einem in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht schwierig erscheinenden Verfahren führt zwangsläufig dazu, dass während dieser Zeit die Förderung anderer diesem Richter zugewiesener Verfahren vorübergehend zurückstehen muss. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht verlangt (Senatsurteil vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 39; BFH aaO Rn. 54). Demgemäß konnte von der Strafvollstreckungskammer nicht erwartet werden, alle vom Kläger betriebenen Verfahren überobligationsmäßig mit gleicher Intensität zu fördern.
50
ee) Berücksichtigt man im Rahmen einer Gesamtabwägung den erheblichen Schwierigkeitsgrad des Verfahrens in rechtlicher Hinsicht, seine Bedeutung für die spätere Resozialisierung des Klägers, dessen zu erheblichen Verzögerungen führendes Prozessverhalten sowie die jedenfalls vertretbare Verfahrensführung durch die Strafvollstreckungskammer, dann erweist sich die An- nahme des Oberlandesgerichts, dass der Rechtsstreit nicht unangemessen verzögert wurde, als rechtsfehlerfrei.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanz:
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 05.06.2013 - 4 EntV 10/12 -

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten eines Landes eingetreten sind, haftet das Land. Für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind, haftet der Bund. Für Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden in Fällen des § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Dauer eines erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahrens.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin begehrte gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger die Gewährung von Rente wegen Berufs- und wegen Erwerbsunfähigkeit. Nachdem der Rentenversicherungsträger ihr eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt, aber den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt hatte, erhob sie am 12. September 2003 Klage beim Sozialgericht mit dem Ziel der Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

3

Nach Eingang der Klageerwiderung, Einholung einer Arbeitgeberauskunft durch das Sozialgericht sowie Eingang einer hierzu angeforderten Stellungnahme der Beklagten des Ausgangsverfahrens teilte das Sozialgericht den Beteiligten mit Schreiben vom 11. Februar 2004 mit, dass das Gericht den Sachverhalt für aufgeklärt halte und bis zur Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung keine weiteren Maßnahmen treffen werde. Auf eine beim Sozialgericht am 23. Februar 2004 eingegangene Anfrage der Beschwerdeführerin, "wann in etwa" mit der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung zu rechnen sei, reagierte das Sozialgericht Anfang März 2004 mit einer Antwort, deren Inhalt sich der Akte des Sozialgerichts nicht entnehmen lässt. In der Folgezeit wurde das Verfahren weder durch das Sozialgericht noch durch die Beschwerdeführerin betrieben.

4

Mit Schreiben vom 23. August 2006 erbat die Beklagte des Ausgangsverfahrens beim Sozialgericht die Rückgabe ihrer eigenen Akte zur Erledigung von Verwaltungsarbeiten, die ihr sodann am 4. September 2006 übersandt wurde. Die Akte ging am 8. März 2007 wieder beim Sozialgericht ein. Zugleich legte die Beklagte des Ausgangsverfahrens einen Bescheid vor, in dem die Rente wegen Berufsunfähigkeit neu berechnet worden war. Dieser Bescheid - so die Beklagte - sei nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

5

Am 17. April 2007 bestimmte das Sozialgericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 15. Mai 2007. Am 25. April 2007 legte die Beklagte des Ausgangsverfahrens dem Sozialgericht erneut unter Hinweis auf § 96 Abs. 1 SGG einen Bescheid vor, in dem die Rente wegen Berufsunfähigkeit neu berechnet worden war.

6

Mit Schreiben vom 26. April 2007 hob das Gericht den Termin zur mündlichen Verhandlung auf Antrag des Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin wieder auf und fragte bei ihr an, ob am Klagebegehren festgehalten werde, obwohl der Beschwerdeführerin aufgrund Hinzuverdienstes ein Zahlbetrag für eine Erwerbsunfähigkeitsrente ohnehin nicht zustünde. Das Sozialgericht bezog sich insoweit auf die beiden die Berufsunfähigkeitsrente betreffenden Neuberechnungsbescheide.

7

Nach Eingang der Antwort der Beschwerdeführerin, dass sie an ihrer Klage festhalte, und nach Einholung einer Stellungnahme der Beklagten des Ausgangsverfahrens und einer weiteren Stellungnahme der Beschwerdeführerin, die beim Sozialgericht am 11. März 2008 einging, bestimmte das Sozialgericht am 10. Oktober 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 5. November 2008. An diesem Tag wies das Sozialgericht die Klage ab.

8

2. Die Berufung wurde vom Landessozialgericht mit Urteil vom 27. Januar 2010 zurückgewiesen. Die vom Landessozialgericht zugelassene Revision wurde vom Bundessozialgericht mit Beschluss vom 8. Februar 2011 verworfen.

9

3. Nachdem die Beschwerdeführerin ihre Verfassungsbeschwerde teilweise zurückgenommen hat, wendet sie sich nur noch gegen die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens und rügt eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass ihr weitere überlange Gerichtsverfahren drohen, also eine Wiederholung der behaupteten Grundrechtsverletzung zu befürchten sei.

II.

10

Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen und als Beklagte des Ausgangsverfahrens die Deutsche Rentenversicherung Bund Stellung genommen.

11

1. Der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen verweist für den Zeitraum vom 24. Februar 2004 bis zum 4. September 2006 auf personelle, auch durch längere Arbeitsunfähigkeitszeiten bedingte Engpässe im richterlichen Bereich bei gleichzeitig hohen Verfahrenszahlen beim Sozialgericht. Für Verfahrensverzögerungen außerhalb des genannten Zeitraums sehe er keine erheblichen Anhaltspunkte.

12

2. Die Deutsche Rentenversicherung Bund verweist darauf, dass das Sozialgericht zu dem Begehren der Beschwerdeführerin, abgesehen von der Anfrage bei deren Arbeitgeber, keinerlei Ermittlungen angestellt habe. Insbesondere seien zu keinem Zeitpunkt medizinische Gutachten in Auftrag gegeben oder Befundberichte angefordert worden. Auch das schließlich ergangene Urteil des Sozialgerichts setze sich mit der Frage der Erwerbsunfähigkeit nicht auseinander. Das Sozialgericht habe also in einem mehr als fünfjährigen Verfahrenszeitraum zum Begehren der Beschwerdeführerin anfangs gar keine, mindestens aber unzureichende Ermittlungen durchgeführt, um es dann ab dem Jahr 2007 völlig aus den Augen zu verlieren. Es habe sich mit dem Rentenbegehren nicht einmal befasst, als die Beschwerdeführerin es in der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2008 mit ihrem Antrag bekräftigt habe. Diese Herangehensweise habe dazu geführt, dass auch die nachfolgenden Instanzen das auf Zahlung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerichtete Begehren der Beschwerdeführerin nicht mehr erörtert hätten. Stattdessen habe sich das Sozialgericht seit dem Jahr 2007 ausschließlich mit der Frage befasst, ob die Deutsche Rentenversicherung Bund befugt gewesen sei, die ohnehin bewilligte und damit gar nicht in Streit stehende Rente der Beschwerdeführerin wegen Berufsunfähigkeit neu festzustellen und die Erstattung von Überzahlungen geltend zu machen. Der Bescheid über die Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrente, der während des Gerichtsverfahrens mehrfach geändert worden sei, sei gar nicht Gegenstand der Klage gewesen. Vielmehr sei nur der Bescheid streitgegenständlich gewesen, mit dem festgestellt worden sei, dass ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht bestehe.

III.

13

Die Akte des Ausgangsverfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

B.

14

Die Verfassungsbeschwerde, die sich nur noch gegen die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens richtet, nachdem die Beschwerdeführerin sie im Übrigen zurückgenommen hat (vgl. zur Zulässigkeit der Teilrücknahme BVerfGE 126, 1 <17 f.>), ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

15

Zwar begegnet die Dauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erheblichen Bedenken (unter I.). Jedoch kann dahinstehen, ob und inwieweit der Umstand, dass die Beschwerdeführerin selbst zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Sozialgericht die weitere Bearbeitung des Verfahrens angemahnt hat, für die Frage, ob Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt ist, von Bedeutung ist. Denn die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (unter II.).

I.

16

1. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht, die Gerichte gegen Handlungen der öffentlichen Gewalt anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>). Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>; 93, 1 <13>). Dem Grundgesetz lassen sich allerdings keine allgemein gültigen Zeitvorgaben dafür entnehmen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist. Vielmehr ist die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>). Dabei können insbesondere die Schwierigkeit der zu entscheidenden Materie, die Notwendigkeit von Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht, die Bedeutung des Verfahrens für die Prozessbeteiligten sowie deren eigenes Prozessverhalten von Bedeutung sein.

17

2. Vor diesem Hintergrund ist die Dauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht nicht mehr angemessen gewesen. Insbesondere ist es bei einer isolierten Betrachtung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar, dass das Sozialgericht das Verfahren über einen Zeitraum von 30 Monaten nicht mehr bearbeitet hat, obwohl es den Beteiligten im Februar 2004 mitgeteilt hatte, dass es die Ermittlungen für abgeschlossen halte. Zwar lässt sich der Verfassung keine konkrete Vorgabe dafür entnehmen, innerhalb welchen Zeitraums nach Abschluss der gerichtlichen Ermittlungen es zu einer mündlichen Verhandlung kommen muss. Aber jedenfalls ein Abwarten von 30 Monaten genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.

18

Im Übrigen ist auch im weiteren Verlauf das Verfahren seitens des Sozialgerichts in einer Weise gehandhabt worden, die - wenn man das Verhalten der Beschwerdeführerin ausblendet - mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren ist. Zwar lagen dem Sozialgericht zwischen Ende August 2006 und März 2007 die Verwaltungsakten der Beklagten des Ausgangsverfahrens nicht vor, weil die Akten anforderungsgemäß an die Beklagte übersandt worden waren. Das Sozialgericht war hierdurch aber nicht daran gehindert, Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts durchzuführen oder das Verfahren abzuschließen, wenn es weitere Ermittlungen weiterhin nicht für notwendig erachtet hätte. Angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bereits erheblichen Dauer des Verfahrens hätte es nötigenfalls Kopien der Verwaltungsakte anlegen müssen. Die verfassungsrechtlich relevante Untätigkeit des Sozialgerichts war erst mit der am 17. April 2007 erfolgten, kurz darauf auf Antrag des Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin aufgehobenen Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung für den 15. Mai 2007 beendet, bevor zwischen dem 11. März 2008 und der Terminsbestimmung am 10. Oktober 2008 erneut eine - vor dem Hintergrund der inzwischen erreichten Verfahrensdauer erhebliche - Phase der gerichtlichen Untätigkeit folgte.

19

Soweit der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen auf die knappe personelle Ausstattung des Sozialgerichts verweist, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Überlastung eines Gerichts fällt - anders als unvorhersehbare Zufälle oder schicksalhafte Ereignisse - in den Verantwortungsbereich der staatlich verfassten Gemeinschaft (vgl. BVerfGE 36, 264 <275>). Es obliegt in ihrem Zuständigkeitsbereich den Ländern, für eine hinreichende materielle und personelle Ausstattung der Gerichte zu sorgen, damit diese ihrem Rechtsprechungsauftrag in einer Weise nachkommen können, die den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt (vgl. BVerfGE 36, 264 <275>; Ibler, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 25 ; Huber, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 19 Rn. 380). Die Länder müssen dabei gegebenenfalls auch auf längere Arbeitsunfähigkeitszeiten beim richterlichen Personal durch geeignete Maßnahmen reagieren.

II.

20

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Beschwerdeführerin hat angesichts des Umstandes, dass das fachgerichtliche Verfahren inzwischen abgeschlossen ist, kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für das Ziel, eine überlange Verfahrensdauer durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 331/10 -, juris, Rn. 16).Ein solches Rechtsschutzbedürfnis kann insbesondere nicht durch die von der Beschwerdeführerin behauptete Gefahr, dass es in zukünftigen, von ihr geführten sozialgerichtlichen Verfahren erneut zu einer überlangen Verfahrensdauer komme, begründet werden. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht unter der früheren Rechtslage ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis wegen Wiederholungsgefahr unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 331/10 -, juris, Rn. 17 ff.). Der Annahme einer Wiederholungsgefahr, die ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis für das Verfassungsbeschwerdeverfahren begründen könnte, steht jedoch mittlerweile das am 3. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) entgegen. Aufgrund dieses Gesetzes stehen auch im sozialgerichtlichen Verfahren fachgerichtliche Rechtsbehelfe gegen überlange Gerichtsverfahren zur Verfügung (§ 202 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz), die den Fortbestand einer für das Verfassungsbeschwerdeverfahren relevanten Wiederholungsgefahr ausschließen.

21

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Das Urteil ist vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(2) Das Urteil soll vor Ablauf eines Monats, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden. Im Falle des § 170a verlängert sich die Frist um die zur Anhörung der ehrenamtlichen Richter benötigte Zeit.

(3) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Verkündung oder Zustellung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin begehrt gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigung wegen der von ihr als unangemessen angesehenen Dauer eines vom 15. Oktober 2009 (Klageeingang) bis zum 24. Januar 2013 (Zustellung des Urteils) vor dem Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahrens.

2

In dem Ausgangsverfahren beantragte die Klägerin die Feststellung, dass sie das Buchführungsprogramm X zur Erstellung ihrer Buchführung in der bisher eingesetzten Version nutzen dürfe, auch wenn dieses keine Daten auf CD-ROMs übertragen könne.

3

Zur Begründung führte sie aus, der Betriebsprüfer habe das Buchführungsprogramm X beanstandet, weil es keinen Datenzugriff bei der Datenträgerüberlassung in Form von gebrannten CD-ROMs ermögliche. Es könnten lediglich Disketten bespielt werden. § 147 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) verpflichte den Steuerpflichtigen indes nicht, sich elektronische Buchführungsprogramme anzuschaffen. Demgegenüber vertrete das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, ein Programm, das die Datenträgerüberlassung mittels CD-ROM nicht ermögliche, dürfe nicht genutzt werden.

4

Am 30. November 2009 beantragte das FA, die Klage als unzulässig zu verwerfen. Eine Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sei nach dessen Abs. 2 ausgeschlossen, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könne. Im Streitfall sei es der Klägerin möglich, sich gegen die Aufforderung zur Datenüberlassung sowie gegen die Befugnisse der Finanzbehörde hinsichtlich des Datenzugriffs mit der Anfechtungsklage zur Wehr zu setzen. Die Klage sei auch unbegründet. Die Finanzbehörde könne verlangen, dass ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt würden (§ 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 AO). Unter dem Begriff "maschinelle Auswertbarkeit" werde der wahlfreie Zugriff auf alle gespeicherten Daten einschließlich der Stammdaten und die Verknüpfung mit Sortier- und Filterfunktion verstanden. Dateien, die vom Unternehmen ausgewählte, also vorgefilterte Datenfelder und -sätze aufführten, jedoch nicht mehr alle steuerlich relevanten Daten enthielten, könnten mangels wahlfreier Zugriffsmöglichkeit nicht akzeptiert werden. Bei dem von der Klägerin eingesetzten Buchführungsprogramm X habe keine Möglichkeit des Datenexports auf externe Datenträger bestanden. Die Prüfungssoftware IDEA habe nicht eingesetzt werden können.

5

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2009, eine Vielzahl ihr bekannter Betriebe arbeiteten mit dem gleichen handelsüblichen Buchführungsprogramm X, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei. Das Betriebsprüfungsprogramm X sei lediglich nicht in der Lage, CD-ROMs zu erstellen. So könne auch die Prüfungssoftware winIDEA eingesetzt werden. Damit sei sowohl der mittelbare als auch der unmittelbare Datenzugriff jederzeit möglich, ebenso wie die Datenträgerüberlassung in Form von Disketten. Mangels eines anfechtbaren Verwaltungsakts könne ihrem Begehren nur durch eine allgemeine Feststellungsklage entsprochen werden.

6

In einem weiteren Schriftsatz vom 19. Januar 2010 erklärte die Klägerin, es sei falsch, wenn das FA vortrage, sie habe es abgelehnt, der Betriebsprüfung externe Datenträger zu überlassen. Sie habe den Betriebsprüfern ausdrücklich Disketten angeboten. Auch hätte die Prüfungssoftware IDEA angewandt werden können; problematisch sei jedoch gewesen, dass die Betriebsprüfer keine Disketten hätten verarbeiten können, da ihnen die Laufwerke fehlten. Dies könne ihr aber nicht angelastet werden. Bei dem erst ab 2002 geltenden Datenzugriff habe der Gesetzgeber es bewusst unterlassen, das Medium vorzuschreiben, auf das die Daten zu extrahieren seien. Sofern das FA behaupte, die Buchführung der Klägerin sei formal nicht ordnungsgemäß gewesen, spiele das für die vorliegende Klage keine Rolle. Die Einwendungen des FA gegen ihr Feststellungsbegehren seien unklar. Diesbezüglich sei ihm eine Ausschlussfrist gemäß § 79b FGO zu setzen. Darüber hinaus erscheine ihr die Klage entscheidungsreif.

7

Hierauf antwortete das FA mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010, in dem es erneut auf die fehlende Zulässigkeit der Feststellungsklage hinwies. Auch sei die Feststellung, die Klägerin dürfe das beschriebene System verwenden, sinnlos, da es ausschließlich darauf ankomme, ob dieses System die Entstehung und Entwicklung der Geschäftsvorfälle sachgerecht wiedergebe (§ 145 Abs. 1 AO) und entsprechend den Bestimmungen des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO genutzt worden sei. In Bezug auf die Begründetheit der Klage trug das FA vor, die Klägerin verkenne die Notwendigkeit, die Daten auf unveränderbaren Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Infolgedessen erfülle das Buchführungsprogramm X in Bezug auf den Datenzugriff in Form der Datenträgerüberlassung nicht die gesetzlichen Anforderungen. Es komme nicht darauf an, dass es der Finanzverwaltung an Diskettenlaufwerken fehle. Nach den einschlägigen Vorschriften der AO (§ 147 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 3 AO) habe der Steuerpflichtige die Kosten für die Lesbarmachung zu tragen.

8

Das FG übersandte diesen Schriftsatz der Klägerin und gab ihr die Möglichkeit, binnen sechs Wochen dazu Stellung zu nehmen. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin bat um Fristverlängerung bis zum 30. April 2010. Mit Schriftsatz von diesem Tag wies die Klägerin neben der Wiederholung von bereits dargelegten Argumenten insbesondere auf die vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung, Stand vom 1. Februar 2005, hin. Danach könnten bei der Datenträgerüberlassung über die Datenträger CD-ROM und DVD hinaus auch Disketten verwendet werden, sofern diese das Dateisystem "MS-DOS" oder "FAT" enthielten. Bei den von der Klägerin angebotenen Disketten handele es sich um entsprechende Disketten, die --im Gegensatz zur Auffassung des FA-- keinerlei Kopierschutz enthielten und den IDEA-Zugriff erlaubten. Beweis könne durch Sachverständigengutachten sowie richterliche Inaugenscheinnahmen erhoben werden.

9

Ebenfalls am 30. April 2010 wies die Klägerin in einem weiteren Schriftsatz, der nicht nur das Ausgangsverfahren, sondern auch andere anhängige Verfahren von ihr wegen Umsatzsteuer, Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und Gewerbesteuermessbeträge vornehmlich der Streitjahre 2005 bis 2007 betraf, darauf hin, dass aus ihrer Sicht das Verfahren wegen des Buchführungsprogramms X für die anderen Verfahren vorgreiflich sei, und regte an, dieses Verfahren vorrangig und separat zu terminieren. Beide Schriftsätze wurden dem FA vom FG mit dem Zusatz zugeleitet, eine Stellungnahme binnen sechs Wochen werde anheimgestellt.

10

Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2010 bat die Klägerin erneut, dem FA eine Ausschlussfrist gemäß § 79b FGO zu setzen.

11

Am 22. Juni 2010 beantragte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Akteneinsicht. Nach erfolgter Akteneinsicht wies die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. August 2010, der dem FA lediglich zur Kenntnis gegeben wurde, erneut auf die Ausschlussfrist nach § 79b FGO hin und warf dem FA die Verschleppung des Prozesses vor.

12

In einem weiteren Schriftsatz vom 31. Januar 2011 trug die Klägerin "ergänzend wie folgt weiter" vor, es gebe für sie handfeste und vor allem finanzielle Gründe, das in Streit stehende Buchführungsprogramm X weiter nutzen zu können. Das bisherige Buchführungsprogramm X gehöre ihr und sie müsse, wenn sie ein neues Programm erwerben würde, nicht nur in Umschulungsmaßnahmen für die in der Buchhaltung tätigen Mitarbeiter investieren, sondern auch jährliche Lizenzen erwerben. Zudem sei zu erwarten, dass das neue Buchhaltungssystem eine neue Hardware erfordere, die dann nicht mehr mit den anderen bestehenden Programmen kompatibel sei. Da das FA nichts Neues vortrage, werde um Entscheidung gebeten.

13

Daraufhin bat der damalige Berichterstatter am 10. Februar 2011 den damaligen Prozessbevollmächtigten um Übersendung des Handbuchs zum Buchführungsprogramm X. Die 747-seitige Kopie wurde dem FG am 15. März 2011 zusammen mit einem Schriftsatz übersandt, in dem die Klägerin u.a. unter Bezugnahme auf die Seite 3 des Handbuchs darauf hinwies, das Buchführungsprogramm X beruhe ausschließlich auf dem DOS-Betriebssystem und arbeite in der vorliegend genutzten Version mit Disketten. Seine Verwerfung lasse sich aus dem Gesetz nicht ableiten und führe für den daraus entstandenen Schaden zu Ersatzansprüchen. Das FG übersandte dem FA dieses Schreiben zur Kenntnis und möglichen Stellungnahme innerhalb von vier Wochen.

14

Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2011 vertrat das FA nunmehr die Auffassung, nicht das Buchführungsprogramm als solches sei beanstandet worden, sondern die Weigerung der Klägerin, die mit dem Programm erstellten elektronischen Buchungsdaten auf einem maschinell auswertbaren Datenträger zur Verfügung zu stellen. Die Betriebsprüfung verfüge durchaus über externe Diskettenlaufwerke, die ein Einlesen der Daten, wenn sie auf Disketten vorgelegt worden wären, ermöglicht hätten. Zu Beginn der Prüfung im Jahr 2006 seien aber keine Disketten mit Buchführungsdaten vorgelegt worden. Entgegen der Behauptung der Klägerin habe die Betriebsprüfung keine Aussagen zur Zulässigkeit bzw. Ordnungsmäßigkeit des Buchführungssystems getroffen.

15

Die Klägerin, der das FG den Schriftsatz mit dem Hinweis auf eine mögliche Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen weiterleitete, wies mit Schreiben vom 18. Juli 2011 diesen Vortrag des FA insbesondere unter Bezugnahme auf den Betriebsprüfungsbericht zurück. Ihrer Meinung nach sei die Sache nun entscheidungsreif und könne --soweit das FA nicht anerkenne-- kurzfristig terminiert werden. Darüber hinaus bitte sie das FA auf diesem Wege um die Erteilung einer verbindlichen Auskunft, ob das Programm nun genutzt werden könne oder nicht. Da die Finanzverwaltung bislang die Auffassung vertreten habe, das Programm sei spätestens seit dem 1. Januar 2002 nicht mehr ordnungsgemäß, traue sie sich nicht, das Programm weiter zu nutzen.

16

Mit Schreiben vom 9. August 2011 wiederholte das FA seine nunmehrige Darstellung, bei der Datenträgerüberlassung dürften auch Disketten verwendet werden, sofern diese das Dateisystem "MS-DOS" oder "FAT" enthielten. Die Klägerin habe jedoch die von ihr als ausreichend angesehenen Disketten nicht innerhalb angemessener Frist vorgelegt. Die Nichtvorlage der Datenträger erlaube die Schlussfolgerung, dass die Aufbewahrungsfristen nicht eingehalten worden seien und die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Zudem werde weiterhin die Auffassung vertreten, die Zulässigkeit der Nutzung eines Buchführungsprogramms könne nicht durch einen gesonderten Verwaltungsakt festgestellt werden.

17

Auf dieses Schreiben antwortete die Klägerin mit einem achtseitigen Schriftsatz vom 26. September 2011, in dem sie größtenteils ihr bisheriges Vorbringen wiederholte. Zusätzlich wies sie darauf hin, dass gegen sie wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 147 Abs. 6 AO ein Verzögerungsgeld gemäß § 146 Abs. 2b AO verhängt werden könnte, für das eine Rückstellung zwingend zu bilden sei. Eine Feststellung, sie könne ihr bisheriges Programm weiter nutzen, obwohl es nach Auffassung des FA nicht dem § 147 Abs. 6 Satz 2 AO entspreche, sei unbedingt erforderlich. Dem FA wurde vom FG erneut die Möglichkeit gewährt, innerhalb von sechs Wochen Stellung zu nehmen.

18

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 wandte sich der damalige Berichterstatter an das FA und bat unter Bezugnahme auf den Inhalt des finanzbehördlichen Schriftsatzes vom 27. Mai 2011, wonach die Eignung des Programms X als solche nicht beanstandet werde, um Mitteilung, ob die von der Klägerin erstrebte Feststellung überhaupt streitig sei.

19

Hierauf antwortete das FA am 10. Januar 2012, zwischen der Klägerin und ihm bestehe derzeit kein Streit darüber, ob die Klägerin das Buchführungsprogramm X nutzen dürfe und auf welche Weise sie ihren Mitwirkungspflichten im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung nachzukommen habe. Allerdings könne das FA keine Aussagen zu der Frage treffen, welche Unterlagen das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A bei einer künftigen Außenprüfung von der Klägerin verlangen werde.

20

Hierauf reagierte die Klägerin mit einem sechsseitigen Schreiben vom 23. Februar 2012, in dem sie erneut erläuterte, dass aus ihrer Sicht die beantragte Feststellung notwendig sei. Dem FA wurde wiederum vom FG die Möglichkeit eingeräumt, sich innerhalb von sechs Wochen hierzu zu äußern.

21

Der am 18. März 2012 für den 26. Juni 2012 terminierte Erörterungstermin musste am 19. Juni 2012 wegen einer Erkrankung des damaligen Berichterstatters aufgehoben werden.

22

Mit dem 13-seitigen Schriftsatz vom 26. Juni 2012 trug die Klägerin "wie folgt weiter" vor. So führte sie u.a. als Beleg für ihre Auffassung, die Datenträgerüberlassung durch Disketten sei zulässig, im Internet veröffentlichte Erläuterungen der Handelskammer Hamburg an. Den wörtlich zitierten Aussagen stellte sie Auszüge aus dem Betriebsprüfungsbericht und aus verschiedenen Schreiben des FA gegenüber. In diesem Schreiben räumte sie ebenfalls ein, dass das Buchführungsprogramm X nicht winIDEA tauglich sei, da die seit Beginn 2002 geforderte Strukturdatenauslese im vorliegenden Fall nicht möglich sei.

23

Am 3. Juli 2012 erläuterte sie "weiter", Grund für die Einführung des § 147 Abs. 6 AO sei gewesen, dass der Prüfer hinsichtlich des Einblicks und der Arbeitsvereinfachung dieselben Programme nutzen dürfe wie das Unternehmen selbst. Dies sei dem FA mehrfach angeboten worden. Das FA habe jedoch weder das Programm der Klägerin noch die mit diesem Programm zu extrahierenden Disketten nutzen wollen. Es gebe keine Norm, die das FA dazu ermächtige, von der Klägerin die Anschaffung eines anderen und neueren PC-Buchführungsprogramms zu verlangen.

24

Am 21. August 2012 führte der damalige Berichterstatter einen Erörterungstermin durch, der nicht nur das Ausgangsverfahren, sondern auch die weiter anhängigen Verfahren der Klägerin wegen Umsatzsteuer, gesonderter Feststellung und Gewerbesteuermessbeträge der Streitjahre 2005 bis 2007 (wegen des Gewerbesteuermessbetrags auch 2008) umfasste. Im Erörterungstermin des Ausgangsverfahrens stellte der Vertreter des FA fest, die Buchführung der Klägerin könne nicht aus dem Grunde verworfen werden, dass das verwendete Buchführungsprogramm X keine CDs/ DVDs erzeugen könne. Nach Auffassung des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin reichte diese Feststellung jedoch nicht aus. Es sei eine weitere explizite Distanzierung von einzelnen Schreiben bzw. Meinungsäußerungen des FA notwendig sowie die Zusicherung der jetzigen und zukünftigen sanktionslosen Anwendbarkeit des Programms.

25

Das FA distanzierte sich im Anschluss an den Erörterungstermin mit Schriftsatz vom 10. September 2012 von einigen seiner Äußerungen in Bezug auf Datenträgerüberlassung, sah sich aber nicht in der Lage, dem Antrag, die jetzige und zukünftige sanktionslose Anwendbarkeit des Programms zuzusichern, zu entsprechen. Zudem vertrat es weiterhin die Auffassung, die Feststellungsklage sei unzulässig.

26

Am 25. September 2012 wurde zur mündlichen Verhandlung zunächst am 9. November 2012 und in Folge am 11. Dezember 2012 geladen. Beide Termine wurden auf Bitten des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin wegen bestehender Terminkollisionen aufgehoben. In Abstimmung mit dem Prozessvertreter der Klägerin fand die mündliche Verhandlung am 15. Januar 2013 --nunmehr mit einem neuen Berichterstatter-- statt. Sie endete mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 638 veröffentlichten Urteil, in dem festgestellt wurde, die Buchführung der Klägerin könne nicht aus dem Grund als formal ordnungswidrig angesehen werden, dass das Buchführungsprogramm X verwendet werde.

27

Nachdem die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26. Juni 2012 die Verzögerung des Ausgangsverfahrens gerügt hatte, hat sie am 26. August 2013 die streitgegenständliche Entschädigungsklage wegen der Dauer des von Oktober 2009 bis zum Januar 2013 geführten Verfahrens erhoben, die von ihr als unangemessen lang angesehen wird. Sie führt dazu aus, sie habe bereits im Januar 2011 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung in der Sache ergehen könne, da das FA in seinen Schriftsätzen lediglich gebetsmühlenartig seinen Vortrag wiederholt habe, ohne dass neues Vorbringen zu erkennen gewesen sei. Die Bitte des damaligen Berichterstatters im Februar 2011, das Handbuch für das Programm X zu übersenden, könne nicht von Belang sein, da in dem abschließenden Urteil erkennbar nicht auf dessen Inhalt abgestellt worden sei. Auch habe das FG nach Erhalt des Handbuchs weder eine Stellungnahme abgegeben noch eine weitere Anordnung erlassen. Die Anfrage des FG im Dezember 2011, ob die von ihr erstrebte Feststellung seitens des FA überhaupt streitig sei, sei zumindest geeignet, den Eindruck zu erwecken, es habe sich mit dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht auseinandergesetzt.

28

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, aufgrund der unangemessen langen Verfahrensdauer des Verfahrens 13 K 3764/09 an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 900 € zu zahlen und
festzustellen, dass das Verfahren 13 K 3764/09 eine unangemessene Verfahrensdauer aufweist.

29

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

30

Zur Begründung führt er aus, unter Zugrundelegung des in den Verfahrensakten dokumentierten Ablaufs des Ausgangsverfahrens liege eine unangemessene Dauer des Verfahrens nicht vor. Dabei könne dahinstehen, ob das vom Berichterstatter angeforderte Handbuch letztlich urteilsrelevant gewesen sei. Die Klägerin habe sich im Laufe des Verfahrens mehrfach auf die Ordnungsmäßigkeit des Buchführungsprogramms X berufen und die Zulässigkeit der Nutzung als vorrangig für andere Verfahren angesehen. Bei dieser Sachlage habe die Anforderung des Handbuchs für den Berichterstatter nahegelegen, und zwar unabhängig davon, ob die Entscheidung letztlich hierauf zu stützen gewesen sei.

31

Lege man die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteil vom 7. November 2013 X K 13/12, BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179) zugrunde, beginne die sog. dritte Phase mit der Anforderung des Handbuchs. Durch Einsicht in das Handbuch habe festgestellt werden sollen, welche Datenverarbeitung und welchen Datenzugriff das von der Klägerin verwendete Programm X zugelassen habe. Das habe den seinerzeitigen Vorträgen der Beteiligten nicht entnommen werden können.

32

Darüber hinaus könne das Verfahren 13 K 3764/09 nicht isoliert von den übrigen finanzgerichtlichen Verfahren der Klägerin und der Eheleute E betrachtet werden. Aus dieser Gesamtschau ergebe sich die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens i.S. des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG. Zum Ende des Jahres 2012 seien im 13. Senat des FG insgesamt 39 Klageverfahren der Klägerin, der Eheleute E bzw. von Herrn E anhängig gewesen. Ein Großteil der Verfahren habe auf der im Ausgangsverfahren streitgegenständlichen Rechtsauffassung des FA beruht, aus der Verwendung des Computerprogramms X sei auf die Ordnungswidrigkeit der Buchführung der Klägerin zu schließen. Der damalige Berichterstatter habe in den Jahren 2011 und 2012 vor der schwierigen Aufgabe gestanden, den Gesamtkomplex einer Lösung zuzuführen. Dabei habe er sich entschieden, die Verfahren mit sowohl verfahrens- als auch materiell-rechtlich sehr komplexen Fragestellungen nicht nacheinander, sondern parallel zu bearbeiten. Es sei sachgerecht gewesen, die Sachbearbeitung dieser Verfahren zu verknüpfen, um zu versuchen, eine Gesamtlösung herbeizuführen. Diese Vorgehensweise unterliege der richterlichen Freiheit, in welche das Entschädigungsgericht nicht eingreifen dürfe.

Entscheidungsgründe

33

II. Die Klage ist unbegründet.

34

Der Klägerin steht weder eine Entschädigung in Höhe von 900 € zu noch kann festgestellt werden, dass das finanzgerichtliche Verfahren 13 K 3764/09 eine unangemessen lange Verfahrensdauer aufweist.

35

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 198 GVG zu, da die Dauer des Verfahrens 13 K 3764/09 nicht unangemessen i.S. des § 198 Abs. 1 GVG war.

36

a) Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Diese gesetzlichen Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts (--BVerfG--, vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 50 ff., auf das zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird).

37

aa) Nach dieser Entscheidung ist der Begriff der "Angemessenheit" für Wertungen offen, die dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einem möglichst zügigen Abschluss des Rechtsstreits einerseits und anderen, ebenfalls hochrangigen sowie verfassungs- und menschenrechtlich verankerten prozessualen Grundsätzen --wie dem Anspruch auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes durch inhaltlich möglichst zutreffende und qualitativ möglichst hochwertige Entscheidungen, der Unabhängigkeit der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter-- Rechnung tragen. Danach darf die zeitliche Grenze bei der Bestimmung der Angemessenheit der Dauer des Ausgangsverfahrens nicht zu eng gezogen werden; dem Ausgangsgericht ist ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens --auch in zeitlicher Hinsicht-- einzuräumen.

38

bb) Zwar schließt es die nach der Konzeption des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG vorzunehmende Einzelfallbetrachtung aus, im Rahmen der Auslegung der genannten Vorschrift konkrete Fristen zu bezeichnen, innerhalb der ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein sollte. Gleichwohl kann nach Auffassung des erkennenden Senats für ein finanzgerichtliches Klageverfahren, das im Vergleich zu dem typischen in dieser Gerichtsbarkeit zu bearbeitenden Verfahren keine wesentlichen Besonderheiten aufweist, die Vermutung aufgestellt werden, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene ("dritte") Phase des Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt.

39

Diese Vermutung gilt jedoch nicht, wenn Umstände erkennbar sind, aus denen eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens folgen könnte. In diesen Fällen ist der gesamte Verfahrensablauf mit seinen entsprechenden Phasen daraufhin zu überprüfen, ob und inwieweit eine unangemessene Verzögerung eingetreten ist.

40

So ist es im Streitfall. Die Frage, ob das bisher von der Klägerin eingesetzte Buchführungsprogramm X ordnungsgemäß war und ist, hatte nicht nur für vergangene, sondern auch für künftige Zeiträume eine erhebliche Bedeutung. Es bestand die Gefahr, dass das FA die Buchführung für eine Vielzahl von Jahren bereits aus dem Grunde als formal ordnungswidrig ansehen würde, dass ein Datentransfer auf CD-ROMs nicht möglich war. Die Möglichkeit, diesem Risiko durch einen Wechsel des Buchführungssystems auszuweichen, wäre unstreitig mit nicht unerheblichen zusätzlichen Kosten verbunden gewesen. Hierauf hat die Klägerin sinngemäß in den Schreiben vom 31. Januar 2011 und 18. Juli 2011 aufmerksam gemacht.

41

cc) Bei der Prüfung der angemessenen Dauer des konkreten Rechtsstreits ist zu berücksichtigen, dass dem Richter zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist. Dementsprechend wird seine Verfahrensführung im Entschädigungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (so Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13. Februar 2014 III ZR 311/13, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2014, 1183, Rz 30, m.w.N.). Da der Rechtssuchende keinen Anspruch auf optimale Verfahrensförderung hat (BVerfG-Beschluss vom 14. Dezember 2010  1 BvR 404/10, juris, Rz 16), begründen eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine nach der jeweiligen Prozessordnung vertretbare Verfahrensleitung auch dann keinen Entschädigungsanspruch, wenn sie zu einer Verlängerung des Gerichtsverfahrens geführt haben (ebenso BGH-Urteil vom 5. Dezember 2013 III ZR 73/13, NJW 2014, 789, Rz 46).

42

Zudem muss die durch die Verfahrensdauer verursachte Belastung einen gewissen Schweregrad erreichen. Es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus. Vielmehr muss die Verfahrensdauer eine Grenze überschreiten, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt (BGH-Urteil in NJW 2014, 789, Rz 42).

43

Zu beachten ist aber auch, dass sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts verdichtet, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 27. Juli 2004  1 BvR 1196/04, NJW 2004, 3320, unter II.2.a, m.w.N.; Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 68).

44

b) Nach unter a dargestellten Grundsätzen war die Dauer des Ausgangsverfahrens nicht unangemessen.

45

aa) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im Streitfall kein einheitliches Bild.

46

So war der Schwierigkeitsgrad der Feststellungsklage wegen der Problematik ihrer Zulässigkeit und vor allem wegen der Unklarheiten über die tatsächlichen technischen Voraussetzungen und Möglichkeiten des eingesetzten Buchführungsprogramms X jedenfalls mindestens als durchschnittlich anzusehen.

47

Hinsichtlich der Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin ist zum einen zu berücksichtigen, dass ihr erkennbar eine schnelle Entscheidung wichtig war. Das Verhalten der Verfahrensbeteiligten hingegen ist durch eine gewisse Widersprüchlichkeit und damit eine verfahrensverlängernde Tendenz gekennzeichnet. Die Klägerin hat sich insofern widersprüchlich verhalten, als sie zum einen auch nach der in ihren Augen bestehenden Entscheidungsreife Akteneinsicht nahm und zum anderen im Anschluss daran dem FG mehrere --zum Teil umfangreiche-- Schriftsätze übersandte, die sie damit einleitete, sie trage "ergänzend" oder "weiter" vor. Infolgedessen musste sich dem damaligen Berichterstatter --trotz der teilweisen Wiederholungen des bisherigen Sachvortrags-- nicht unbedingt der Eindruck aufdrängen, die Argumente seien bereits abschließend ausgetauscht worden. Das FA hat seine Darstellung sowohl im Tatsächlichen als auch im Rechtlichen während des Rechtsstreits erheblich modifiziert, so dass sich die Verfahrensdauer hierdurch ebenfalls verlängerte.

48

bb) Die Würdigung, dass die Verfahrensdauer noch angemessen war, ergibt sich aus einer Betrachtung des konkreten Verfahrensablaufs. Dabei lässt sich das Ausgangsverfahren in drei Abschnitte einteilen.

49

(1) Der erste Abschnitt dauerte circa 16 Monate von der Erhebung der Klage (Mitte Oktober 2009) bis zur Anforderung des Handbuchs im Februar 2011. Diese Phase war --mit einer Unterbrechung von Ende August 2010 bis Ende Januar 2011-- durch einen im Großen und Ganzen kontinuierlichen Schriftsatzaustausch geprägt, in dem sich die Beteiligten zu den Streitpunkten, ob das Programm X ordnungsgemäß und winIDEA-tauglich ist, ob eine Überlassung von Disketten den gesetzlichen Anforderungen genügt und ob die Klägerin überhaupt zu Beginn der Betriebsprüfung die Überlassung von Disketten angeboten hat, nicht immer widerspruchsfrei äußerten.

50

Dass sich die Verfahrensförderung durch das FG mehr als ein Jahr lang darauf beschränkte, der jeweils anderen Partei Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, stellt eine noch vertretbare Verfahrensgestaltung dar. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der oben unter II.1.a bb dargestellten Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin. Diese Relevanz wurde indes erst in den Schriftsätzen vom Januar 2011 und Juli 2011 hinreichend deutlich.

51

Eine unvertretbare Verfahrensgestaltung ist auch nicht deswegen zu bejahen, weil der Berichterstatter der Anregung der Klägerin vom 30. April 2010 nicht gefolgt ist, das Ausgangsverfahren zunächst allein (und zügig) zu terminieren, weil es als vorgreiflich für die anderen anhängigen Verfahren anzusehen sei. Seine Entscheidung, das Verfahren wegen der Ordnungsmäßigkeit des Buchführungsprogramms X nicht unabhängig von den anderen erst später anhängig gewordenen Steuerverfahren der Klägerin zu betreiben, bewegt sich in den Grenzen des richterlichen Gestaltungsspielraums.

52

(2) Der zweite Abschnitt beginnt mit der Anforderung des Handbuchs im Februar 2011. Diese Verfahrenshandlung, die die bestehenden tatsächlichen Unsicherheiten über die Eigenschaften des Buchführungsprogramms X beseitigen sollte, kann nicht als ungeeignet angesehen werden, den Prozess zu fördern. So hat auch die Klägerin den Inhalt des Handbuchs als verfahrensrelevant angesehen, da sie in dem begleitenden Schriftsatz ausdrücklich zum Nachweis der Richtigkeit ihrer Ausführungen auf einen Beleg im Handbuch verwiesen hat.

53

Dass das Urteil letztendlich nicht auf den durch das Handbuch vermittelten Kenntnissen beruht, ist demgegenüber ohne Bedeutung. Im Zeitpunkt seiner Anforderung durch das FG gingen alle Beteiligten davon aus, es komme darauf an, welche Anforderungen die konkrete Datenträgerüberlassung zu erfüllen habe. Für die Beurteilung der richterlichen Handlungen ist entscheidend, wie das Gericht die Sach- und Rechtslage aus seiner Ex-ante-Sicht einschätzen durfte, es kommt nicht darauf an, wie sich der Verfahrenslauf im Nachhinein bei einer Ex-post-Betrachtung darstellt (BGH-Urteil in NJW 2014, 1183, Rz 47, m.w.N.).

54

Im Anschluss an die Übersendung des Handbuchs wurde das Verfahren von den Beteiligten weiter betrieben. Das FG beschränkte sich zwar erneut darauf, den Beteiligten wechselseitig Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auch hier kann aber --wie im ersten Abschnitt-- die Entscheidung des FG zum zeitbeanspruchenden Schriftsatzaustausch vor dem Hintergrund als vertretbar angesehen werden, dass sich das nunmehrige Vorbringen der Beteiligten, insbesondere des FA, in tatsächlicher Hinsicht von dem bisherigen Vorbringen doch erheblich unterschied und der Schriftsatzaustausch insofern Klarheit bringen konnte.

55

(3) Die letzte Phase beginnt mit der Anfrage des FG vom 27. Dezember 2011, ob die erstrebte Feststellung überhaupt streitig sei. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist diese Nachfrage kein Beleg dafür, dass sich der damalige Berichterstatter bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Verfahren inhaltlich nicht beschäftigt hat. Vielmehr gab der Schriftsatzaustausch mit dem im Mai 2011 geänderten Vortrag des FA in der Tat Anlass, entsprechend nachzufragen.

56

Der sich anschließende kurze Schriftsatzwechsel endete Mitte März 2012 mit der Anberaumung eines Erörterungstermins für Mitte Juni 2012. Eine Terminierung mit einem Vorlauf von drei Monaten ist auch unter dem Aspekt, dass sich mit steigender Verfahrensdauer die richterliche Prozessbeschleunigungspflicht verstärkt, als unbedenklich anzusehen.

57

Das Ausgangsverfahren wurde im Anschluss an den wegen Erkrankung des damaligen Berichterstatters auf den 21. August 2012 verschobenen Erörterungstermin relativ zügig einer Entscheidung zugeführt. Dass die das Verfahren mit einem Urteil abschließende mündliche Verhandlung nicht bereits am 9. November 2012, sondern erst am 15. Januar 2013 stattfinden konnte, beruhte auf Terminschwierigkeiten des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin und kann dem FG nicht angelastet werden.

58

2. Da eine Entschädigung bereits wegen der fehlenden unangemessenen Verfahrensdauer nicht gewährt werden kann, ist auch die Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer nicht möglich.

59

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.