Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 458/10
vom
5. Mai 2011
in dem selbstständigen Verfallsverfahren
gegen
wegen Anordnung von Wertersatzverfall
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 17. März 2011 in der Sitzung am 5. Mai 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
(nur in der Hauptverhandlung am 17. März 2011)
als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

beschlossen:
Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung folgender Fragen vor: 1. Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB? 2. Hilfsweise für den Fall der Verneinung von Frage 1: Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) im Sinne des § 299 StGB als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen?

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft, gegen die P. GmbH (im Folgenden: Verfallsbeteiligte) in einem selbst- ständigen Verfallsverfahren Wertersatz in Höhe von 350.225 € für verfallen zu erklären, nach mündlicher Verhandlung durch das angefochtene Urteil "als unzulässig" verworfen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung der §§ 261, 244 Abs. 2 StPO und des materiellen Rechts.
2
Der Senat beabsichtigt, der Revision auf die Sachrüge stattzugeben. Er legt die Sache indes vorab gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung über die aus der Beschlussformel ersichtlichen Rechtsfragen vor, deren Beantwortung für den Urteilsspruch des Senats ausschlaggebend ist. Diese Fragen haben grundsätzliche Bedeutung; ihre Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

A.

3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Die Verfallsbeteiligte handelte mit sog. TENS-Geräten. Dies sind kompakte , batteriegetriebene Geräte, die etwa bei der Schmerzbehandlung, der Muskelstimulation sowie der Behandlung von Harninkontinenz zum Einsatz kommen; sie werden den Patienten zur häuslichen Eigenanwendung zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um Hilfsmittel im Sinne der sozialrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Krankenversicherung.
5
Die Rechtsvorgängerin der Verfallsbeteiligten schloss am 1. November 2000 mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse Niedersachsen (im Folgenden: AOKN) eine Vereinbarung nach § 127 SGB V über die Versorgung der Versicherten mit TENS-Geräten, in welche die Verfallsbeteiligte eintrat. In dem Vertrag war u.a. bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte das freie Wahlrecht der Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern zu beachten hatte und Verordnungen nur unmittelbar vom Versicherten oder einer von diesem beauftragten Person entgegennehmen sollte. Die Geräte standen im Eigentum der AOKN; sie wurden von der Verfallsbeteiligten verwahrt und den Versicherten leihweise überlassen. Hierfür erhielt die Verfallsbeteiligte von der AOKN ein festgelegtes Entgelt. Außerdem war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Leistungserbringung die Genehmigung der AOKN oder der von dieser benannten Stelle einholen musste. In § 11 der Vereinbarung hieß es: "Versicherte dürfen nicht motiviert oder beeinflusst werden, bestimmte Verordnungen von Vertragsärzten zu fordern. Gleichfalls darf der Leistungserbringer von sich aus den Vertragsarzt in seiner Verordnungsweise nicht beeinflussen."
6
Zum 1. April 2007 wurde diese Vereinbarung durch einen neuen Vertrag ersetzt. Danach wurde das Eigentum an den Geräten der AOKN lediglich sicherungshalber übertragen. Die Vergütung der Verfallsbeteiligten für die Überlassung der Geräte an die Versicherten richtete sich nach Versorgungspauschalen. Auch in diesem Vertrag war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Abgabe eines Geräts an einen Versicherten die Bewilligung der AOKN einzuholen hatte. Schließlich lautete § 18 Abs. 1 der Vereinbarung: "Der Leistungserbringer darf nicht Ärzte oder Versicherte zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung von Hilfsmitteln oder Versorgungspauschalen motivieren oder beeinflussen oder in einer anderen personenbezogenen Weise werben. Zahlungen des Leistungserbringers für die vorgenannten Zwecke an verordnende Ärzte sind unzulässig."
7
Die Verfallsbeteiligte bediente sich für den Vertrieb ihres Warensortiments diverser Handelsvertreter, die als Vergütung für von ihnen vermittelte Geschäfte eine Provision erhielten. Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten gab den Handelsvertretern ein Geschäftsmodell vor. Dieses sah vor, dass einem niedergelassenen Arzt, der ein hochwertiges medizinisches Gerät für seine Praxis von der Verfallsbeteiligten mietete oder leaste, das hierfür zu zahlende Entgelt anteilig erstattet oder vollständig erlassen wurde, wenn er im Gegenzug Verordnungen für den Bezug eines TENS-Gerätes ausstellte und der Verfallsbeteiligten zukommen ließ. Die Ärzte erhielten spezielle Briefkuverts, mit denen die in der Arztpraxis ausgestellten und dort gesammelten Verordnungen an die Verfallsbeteiligte übersandt werden konnten. Abhängig von der Art des dem Arzt überlassenen Gerätes mussten für dessen kostenfreie Nutzung monatlich 15 bis 30 Verordnungen über ein TENS-Gerät ausgestellt werden; einer Verordnung wurde der Gegenwert von zehn Euro beigemessen. Im Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 26. November 2008 gingen der Verfallsbeteiligten insgesamt 70.045 verrechnungsfähige Verordnungen von niedergelassenen Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet zu. Belegbare Anhaltspunkte dafür , dass von den Ärzten auch in solchen Fällen Verordnungen ausgestellt wurden , in denen hierfür keine medizinische Indikation bestand, ergaben sich nicht.
8
Das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Bestechung wurde im Dezember 2009 von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dass dieser bei der Wertung, ob das von ihm initiierte Geschäftsmodell einen Straftatbestand verletzt, einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen sei.
9
Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet nach der Auffassung des Landgerichts eine selbstständige Verfallsanordnung aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) bzw. der Bestechung (§ 334 StGB) nicht verwirklicht worden seien. Die gesetzlichen Krankenkassen seien zwar geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB; der dort weiter vorausgesetzte Vorteil liege in der Verrechnung des Entgelts, welches von den Ärzten für die Überlassung von medizinischen Geräten zu entrichten war, mit den von ihnen ausgestellten Verordnungen für den Bezug von TENS-Geräten. Die Vertragsärzte seien jedoch nicht als Angestellte oder Beauftragte der Krankenkassen anzusehen. Der Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter der Krankenkasse stehe hier entgegen, dass dieser bei der Verordnung von Hilfsmitteln - im Gegensatz zur Rechtslage bei Arzneimitteln, wo er regelmäßig das konkrete Medikament festlege - durch das Ausstellen der Verordnung kein für die Krankenkasse verbindliches Votum abgeben könne, welcher Anbieter zum Zuge komme; es fehle somit die erforderliche "Letztentscheidungszuständigkeit". Die AOKN habe auf diese Prüfung auch nicht im Vorhinein verzichtet; sie habe sich vielmehr in den Verträgen mit der Verfallsbeteiligten eine Prüfung im Einzelfall vorbehalten, mithin die Entscheidungsbefugnis nicht vorab aus der Hand gegeben. Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB scheitere daran, dass der Vertragsarzt kein Amtsträger sei. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB seien nicht erfüllt. Der erforderliche öffentlichrechtliche Bestellungsakt könne nicht in dem Zulassungsbeschluss des Zulassungsausschusses nach § 95 SGB V gesehen werden. Dieser führe nicht zu einer Anbindung des Vertragsarztes an die gesetzlichen Krankenkassen in der Form, dass der Vertragsarzt bei einer Gesamtbetrachtung als "verlängerter Arm des Staates" erscheine. Dieser sei vielmehr nur Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung. Er entscheide allein über die medizinische Notwendigkeit einer Krankenbehandlung und sei einem beliebigen Leistungserbringer gleichzusetzen, dessen sich die gesetzliche Krankenkasse zur Erfüllung ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten bediene.
10
II. Die - insoweit vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision ist der Auffassung, die niedergelassenen Vertragsärzte seien als Beauftragte der Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB anzusehen. Dies gelte auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln. Eine "Letztentscheidungsbefugnis" des Beauftragten sei nicht erforderlich. Sie meint zudem, die Vertragsärzte seien auch Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Die gesetzlichen Krankenkassen erfüllten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und bedienten sich hierzu der Vertragsärzte; es sei deshalb nicht notwendig, den einzelnen Vertragsarzt als "verlängerten Arm des Staates" anzusehen. Die Vertragsärzte sei- en auch dazu bestellt, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung vorzunehmen; der Bestellungsakt liege in der Zulassung nach § 95 SGB V. Diese Zulassung führe zu einer Einbindung des Vertragsarztes in das System der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch zu einer organisatorischen Eingliederung des Arztes in die Struktur der jeweiligen Krankenkasse. Es ergebe sich für den Vertragsarzt ein verbindlich vorgegebener Rahmen, innerhalb dessen er bei der Erfüllung der den gesetzlichen Krankenkassen obliegenden öffentlichen Aufgabe der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung mitwirke.

B.

11
Der Senat hält die Revision der Staatsanwaltschaft für zulässig und - mit der Sachrüge - für begründet. Nach seiner Auffassung handelt ein niedergelassener , für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Verordnung von Hilfsmitteln (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, so dass die Zuwendung ihm im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit gewährter Vorteile den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) oder den der Bestechung (§ 334 StGB) erfüllen kann. Die weiteren Voraussetzungen für die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte sind nach den bisherigen Feststellungen zumindest nicht ausgeschlossen. Im Einzelnen:
12
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig. Zwar hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung den Antrag der Staatsanwaltschaft durch Urteil "als unzulässig" verworfen, während § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO eine solche Form der Entscheidung an sich nur bei zulässigen Anträgen der Staatsanwaltschaft vorsieht. Dies bedeutet indes nicht, dass es sich bei dem Erkenntnis des Landgerichts der Sache nach um einen Beschluss gemäß § 441 Abs. 2 StPO handelt, gegen den nach dieser Bestimmung als statthaftes Rechtsmittel allein die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht eröffnet wäre (zum zulässigen Rechtsmittel bei fehlerhafter Bezeichnung der anzufechtenden Entscheidung vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 296 Rn. 12 mwN).
13
Dabei kann dahinstehen, ob der Auffassung des Landgerichts zu folgen ist, das nach § 76a Abs. 1 StGB für die selbstständige Anordnung des Wertersatzverfalls erforderliche Vorliegen einer Straftat sei nicht nur materiellrechtliche Voraussetzung dieser Maßnahme, sondern auch eine in jeder Lage des Verfahrens zu beachtende Prozessvoraussetzung für das selbstständige Verfallsverfahren. Das Landgericht, das den Antrag zunächst für zulässig erachtet hat, war nach § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO befugt, eine mündliche Verhandlung anzuordnen. Diese hätte es - wenn sich die von ihm angenommene Unzulässigkeit des Antrags vor der mündlichen Verhandlung herausgestellt hätte - zwar wieder absetzen und durch Beschluss entscheiden können (LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 11; KK/Schmidt, 6. Aufl., § 441 Rn. 7; SK-StPO/Weßlau, Stand Dezember 2007, § 441 Rn. 6). Nach deren Durchführung war es jedoch aus den von ihm dargelegten zutreffenden Gründen rechtlich zumindest nicht daran gehindert, durch Urteil zu entscheiden, nachdem sich nunmehr - aus seiner Sicht - die Unzulässigkeit des Antrags herausgestellt hatte (aA LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 22).
14
II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist nach Auffassung des Senats auch begründet.
15
1. Die Voraussetzungen, unter denen ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den § 440 Abs. 1, § 442 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76a StGB zulässig ist, liegen vor.
16
a) Die Einziehung und der Verfall können nach § 76a Abs. 1 StGB dann selbstständig angeordnet werden, wenn wegen einer Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Dabei kommen grundsätzlich nur solche Hinderungsgründe in Betracht, welche die materielle Strafbarkeit der Tat als solche ebenso wie auch ihre verfahrensrechtliche Verfolgbarkeit unberührt lassen und lediglich ihre faktische Sanktionierung unmöglich machen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Täter nicht ermittelt oder nicht erreicht werden kann, etwa weil er sich verborgen hält oder sich unerreichbar im Ausland befindet. Die selbstständige Anordnung kommt dagegen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Verfolgung einer Person rechtliche Gründe entgegenstehen (OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 1994 - OJs 47/92, NStZ-RR 1996, 209; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 5).
17
Handelt der Täter schuldlos, so steht nach diesen Maßgaben seiner Verurteilung kein tatsächliches, sondern ein rechtliches Hindernis entgegen. Der Wortlaut des § 76a StGB legt es deshalb zwar zunächst nahe, dass in solchen Fällen ein selbstständiges Verfallsverfahren ausscheidet. Dem steht allerdings entgegen, dass der Verfall nach § 73 Abs. 1 StGB schon bei einer rechtswidrig begangenen Anknüpfungstat angeordnet werden kann; ein schuldhaftes Handeln des Täters ist insoweit nicht erforderlich. Wollte man deshalb bei einer ohne Schuld begangenen Straftat das selbstständige Verfallsverfahren nach § 76a StGB ausschließen, so käme jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - die Schuldlosigkeit bereits im Ermittlungsverfahren zu Tage tritt und die Staatsanwaltschaft deshalb an der Erhebung der Anklage gehindert ist, die Anordnung des Verfalls nicht in Betracht, obwohl die materiellen Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies widerspräche indes dem Regelungsgehalt des § 76a Abs. 1 StGB; denn die Norm will die Anordnung des Verfalls gerade ohne Rücksicht auf die persönliche Verfolgbarkeit des Täters ermöglichen , wenn die Voraussetzungen der Maßnahme vorliegen. Deshalb ist die Regelung bei angemessener Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks dahin zu verstehen, dass beim Verfall das schuldlose Handeln des Täters einem tatsächlichen Verfolgungshindernis gleich steht. Hieraus folgt, dass die Anordnung des Verfalls im selbstständigen Verfahren auch dann in Betracht kommt, wenn der Täter bei Begehung der Tat etwa schuldunfähig ist oder einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 76a Rn. 10; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 7; SSW-StGB/Burghart, § 76a Rn. 8).
18
b) Es ist davon auszugehen, dass die Durchführung eines subjektiven Verfahrens hier unmöglich war. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht die Nichtverfolgbarkeit einer bestimmten Person als Verfahrensvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen im Wege des Freibeweises nachzuprüfen hat (OLG Hamm, Urteil vom 30. Juni 1953 - (1) 2 Ss 300/53, NJW 1953, 1683, 1684; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. März 1967 - (1) Ss 840/66, NJW 1967, 1142, 1143; LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 440 Rn. 17; KK-Schmidt, StPO, 6. Aufl., § 440 Rn. 3), oder ob die Entscheidungskompetenz darüber, ob eine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann, nach der Grundkonzeption des Strafprozessrechts auch in diesem Zusammenhang der Staatsanwaltschaft zusteht mit der Folge, dass das Gericht deren Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Verfallsverfahrens nur dann als unzulässig verwerfen kann, wenn sich aus der Begründung des Antrags oder aus den Akten ohne Weiteres ergibt, dass die Annahme der Staatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen nicht zutrifft oder auf einem Rechtsirrtum beruht (OLG Celle, Beschluss vom 11. Juli 1958 - 2 Ws 169/58, NJW 1958, 1837; OLG Hamm, Urteil vom 11. Juni 1970 - 2 Ss 51/70, NJW 1970, 1754, 1755; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 440 Rn. 8; Radtke /Hohmann/Kiethe, StPO, § 440 Rn. 10). Denn der Senat hat sich im Wege des Freibeweises davon überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund , dass die nahezu allgemeine Auffassung in Rechtsprechung und Lite- ratur zur Tatzeit dahin ging, dass das hier angewandte Geschäftsmodell straflos sei, zu Recht davon ausgegangen ist, dass der anwaltlich entsprechend beratene Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten einem Verbotsirrtum unterlegen war, den er nicht vermeiden konnte.
19
2. Nach den bisherigen Feststellungen ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm über die Handelsvertreter betriebene Geschäftsmodell zumindest den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB) rechtswidrig verwirklicht hat; demgemäß könnte der Wert des hierdurch von der Verfallsbeteiligten Erlangten gegen diese für verfallen erklärt werden (§ 73 Abs. 1 und 3, §§ 73a, 73b, 76a Abs. 1 StGB).
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a) Die Vertragsärzte werden bei Erfüllung ihrer Verpflichtung zur vertragsärztlichen Versorgung der Patienten (hier: Verordnung von Hilfsmitteln, § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne der § 333 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB tätig; denn sie sind insoweit dazu bestellt, im Auftrag einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (vgl. Pragal/Apfel, A&R 2007, 10, 16 f.; Neupert, NJW 2006, 2811; aA etwa Fischer aaO § 11 Rn. 22c; AnwK-StGB/Tsambikakis, § 11 Rn. 42;Geis, wistra 2007, 361, 363 ff.; Klötzer, NStZ 2008, 12, 16; Reese, PharmR 2006, 92, 94; Taschke, StV 2005, 406, 409).
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aa) Die gesetzlichen Krankenkassen sind sonstige Stellen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
22
(1) Unter einer sonstigen Stelle ist eine behördenähnliche Institution zu verstehen, die selbst zwar keine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn, aber rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben mitzuwirken (BGH, Urteile vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 293; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 18. April 2007 - 5 StR 506/06, NJW 2007, 2932, 2933). Zu den öffentlichen Aufgaben gehören dabei nicht nur solche der Eingriffs- und Leistungsverwaltung, sondern auch diejenigen der staatlichen Daseinsvorsorge (BGH, Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199, 201; Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
23
(2) Dafür, dass die gesetzlichen Krankenkassen als derartige behördenähnliche Institutionen anzusehen sind, spricht bereits ihre Organisationsform. Sie sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 SGB V). Dieser öffentlichrechtlichen Organisationsform kommt im Rahmen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zwar keine allein ausschlaggebende Aussagekraft zu; sie hat allerdings eine erhebliche indizielle Bedeutung (BGH, Urteile vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
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Darüber hinaus wirken die Krankenkassen in der Sache bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge mit. Nach § 1 Satz 1 SGB V kommt der gesetzlichen Krankenversicherung die Aufgabe zu, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Um diese Ziele zu erreichen, stellen die Krankenkassen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Versicherten - unter im SGB V näher bestimmten Voraussetzungen - bestimmte Leistungen zur Verfügung. Sie nehmen damit in dem gegliederten System der sozialen Sicherung in Deutschland im Rahmen der Gesundheitsfürsorge eine wesentliche Aufgabe wahr (zur Amtsträgereigenschaft eines Vorstands einer betrieblichen Krankenkasse vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 3 StR 460/03, NStZ 2005, 214).
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(3) Es kann dahinstehen, ob die Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben derart einer staatlichen Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbetrachtung der sie kennzeichnenden Merkmale als "verlängerter Arm" des Staates erscheinen; denn für ihre Eigenschaft als sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB kommt es darauf nicht entscheidend an. Dieses Abgrenzungskriterium hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für den Bereich der Tätigkeit privatrechtlich organisierter Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand entwickelt, weil es in diesem Zusammenhang eines aussagekräftigen Unterscheidungsmerkmals von staatlichem und privatem Handeln bedarf. Auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Organisationsformen des öffentlichen Rechts ist es deshalb nicht übertragbar (BGH, Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202,

212).

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(4) Die für die Begründung einer Amtsträgereigenschaft weiter erforderliche Bestellung der Vertragsärzte zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ist ebenfalls zu bejahen.
27
(a) Die Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB setzt nach ihrem Wortsinn keinen förmlichen Akt voraus. Sie ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Tätigkeiten und ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (BGH, Urteile vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 101 ff.; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 299; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 42 f.).
28
(b) Nach diesem Maßstab erfüllt die Zulassung der Ärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V die Voraussetzungen einer Bestellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
29
(aa) Diese Zulassung ergeht in der Form eines Verwaltungsakts und damit als hoheitliche Maßnahme. Über sie entscheidet nach § 96 SGB V ein durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen errichteter Zulassungsausschuss , dem Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl angehören (§ 96 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Aufgrund dieses über die allgemeinen Anforderungen hinausgehend sogar ausdrücklichen, formalisierten Bestellungsakts werden die mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundenen besonderen Kompetenzen und Verhaltenspflichten ohne Weiteres nach außen deutlich (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 313).
30
(bb) Die Zulassung bewirkt zunächst, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Bildung von Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 77 SGB V durch die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung hat zur Folge, dass Rechtsbeziehungen regelmäßig zwischen den Krankenkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen und nur in Ausnahmefällen direkt zwischen Vertragsarzt sowie Krankenkasse bestehen (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 25 f.; Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 69 Rn. 28 f.; Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 39, § 3 Rn. 57; Schnapp in Festschrift Herzberg, 2008, S. 795, 801; vgl. auch die schematischen Darstellungen bei Krauskopf/Sproll, SGB V, Stand Juni 2010, § 72 Rn. 12; Kasseler Kommentar /Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand April 2008, § 72 Rn. 16). Jedoch greift der vor diesem Hintergrund von Teilen des Schrifttums gezogene Schluss zu kurz, die Zulassung bewirke allenfalls eine für die Begründung der Amtsträgereigenschaft des Vertragsarztes nicht ausreichende organisatorische Anbindung an die Kassenärztliche Vereinigung, nicht aber eine solche an die Krankenkasse (vgl. Klötzer, NStZ 2008, 12, 16). Die Kassenärztlichen Vereinigungen handeln mit den Krankenkassen Gesamtvergütungen (§ 85 SGB V) für die Leistungen ihrer Mitglieder aus und verteilen diese Vergütung an die Mitglieder. Die Einbindung der Vertragsärzte in diese Organisation betrifft somit in erster Linie den Teilbereich ihrer Vergütung. Die Wirkungen der kassenärztlichen Zulassung erschöpfen sich aber nicht in der Herstellung dieser Verbindung ; sie gehen vielmehr weit darüber hinaus.
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Die Zulassung führt nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V ebenfalls dazu, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet wird. Dies hat zwar nicht zur Folge, dass zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen oder den kassenärztlichen Vereinigungen ein Dienstverhältnis begründet wird; es bewirkt jedoch, dass der Vertragsarzt in ein "subtil organisiertes öffentlich-rechtliches System" (BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 39 f.) einbezogen wird. Im Rahmen dieses Systems übt der Vertragsarzt mit der Behandlung der Versicherten eine ihm im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung übertragene öffentliche Aufgabe aus (vgl. BVerfG, aaO 39). Dabei ist er in einer für die Begründung einer Amtsträgerstellung ausreichenden Weise in die öffentlichrechtliche Organisation der Krankenkassen eingegliedert.
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(aaa) Der Vertragsarzt nimmt zunächst einen wesentlichen Teil der Aufgaben wahr, die den Krankenkassen und damit der öffentlichen Verwaltung im Rahmen des deutschen Gesundheitssystems zugewiesen sind.
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Er übernimmt u.a. die Pflicht, die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten gegen die Krankenkassen auf ärztliche Behandlung (§ 11 i.V.m. § 27 SGB V) zu befriedigen. Nach § 19 Satz 1 SGB IV werden die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts anderes ergibt. Nach den § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 33 SGB V haben die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Krankenbehandlung, u.a. in der Form der Versorgung mit Hilfsmitteln. Die entsprechenden Leistungen werden den Versicherten von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen und nicht als Geldleistungen in der Form der (nachträglichen) Kostenerstattung (§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 1 SGB V). Da die Krankenkassen die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer) und schließen mit diesen auf Grund der sog. Leistungsverschaffungspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1991 - 1 RR 7/88, BSGE 69, 170, 173) Verträge über die Erbringung der Leistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 3, §§ 69 ff. SGB V; BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 54/00 R, BSGE 88, 20, 26 f.; vgl. auch Becker/Kingreen/Joussen, SGB V, 2. Aufl., § 95 Rn. 5; Kasseler Kommentar/Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand Januar 2010, § 95 Rn. 76). Als Bestandteil der Krankenbehandlung sind auch Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel als Sachleistung zu erbringen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Ein derartiger Sachleistungsanspruch kann grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Vertragsarzt das Arznei- oder Hilfsmittel auf Kassenrezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt; denn die §§ 31 ff. SGB V gewähren keine unmittelbar durchsetzba- ren Ansprüche auf "Versorgung" mit von dem Versicherten gewählten Arzneioder Hilfsmitteln, sondern ausfüllungsbedürftige Rahmenrechte. Ein bestimmtes Arznei- oder Hilfsmittel kann der Versicherte daher erst dann beanspruchen , wenn es ihm als ärztliche Behandlungsmaßnahme in Konkretisierung des gesetzlichen Rahmenrechts vom Vertragsarzt verordnet wird. Dem korrespondieren die Regelungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in den §§ 72 ff. SGB V. Der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ist dabei in § 73 Abs. 2 SGB V näher umschrieben; diese umfasst nach § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V auch die hier relevante Verordnung von Hilfsmitteln.
34
Somit hat ausschließlich der jeweils vom Versicherten frei gewählte Vertragsarzt die Kompetenz, die medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalls der Krankheit für den Versicherten und die Krankenkasse verbindlich festzustellen. Diese Rechtsmacht erstreckt sich - soweit in Vorschriften des Leistungserbringungsrechts (§§ 69 ff. SGB V i.V.m. nachrangigem Recht) nichts Abweichendes bestimmt ist - ferner darauf, im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2, § 92 SGB V) mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse (nur) im Leistungsverhältnis zum Versicherten festzusetzen, welche nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 278).
35
Dieses sozialrechtliche Regelungsgefüge weist dem Vertragsarzt bei der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten insbesondere im Rahmen der Verordnungstätigkeit eine Schlüsselstellung zu. Dies gilt unabhängig davon, ob man mit der früheren Rechtsprechung den Vertragsarzt bei der Verordnung einer Sachleistung als Vertreter der Krankenkasse ansieht, der im Regelfall mit Wirkung für und gegen diese eine Willenserklärung zum Abschluss eines Ver- trages abgibt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 19; BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 200), oder ob man mit der neueren, jedenfalls den Bereich der Arzneimittel betreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln die Konstruktion eines in jedem Einzelfall abzuschließenden , den Versicherten begünstigenden Vertrages für entbehrlich hält und statt dessen eine öffentlichrechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung der Beteiligten direkt aus den Vorschriften des SGB V, insbesondere § 129 SGB V, herleitet (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, 161 f.). Denn die durch das Bundessozialgericht vorgenommene dogmatische Neubestimmung der Rechtsgrundlage ändert nichts daran, dass die vertragsärztliche Verordnung das gesetzliche Rahmenrecht des Versicherten auf Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln konkretisiert. Mithin kommt der Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nach der neuen Ausrichtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine zentrale Funktion im Bereich der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit Arznei- und Hilfsmitteln zu (so ausdrücklich BSG aaO S. 163; vgl. auch Frister /Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, 2011, S. 303 f., Rn. 355; aA Manthey GesR 2010, 601).
36
Mit Blick auf diese Schlüsselposition hat bereits die bisherige Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 18 f.) als auch des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 277 f., 280 f.; vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 199 f.; vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96, BSGE 79, 190, 194) - nach Auffassung des Senats zu Recht - den Vertragsarzt als einen mit öffentlichrechtlicher Rechtsmacht "beliehenen" Verwaltungsträger bezeichnet. Hieran anschließend wird auch in der Literatur verschiedentlich eine Beleihung des Vertragsarztes mit Hoheits- rechten angenommen (vgl. Schnapp/Wigge/Neumann, Handbuch des Vertragsarztrechts , 2. Aufl., § 13 Rn. 17; Spickhoff/Schuhr, Medizinrecht, StGB § 266 Rn. 29; Schwerdtfeger, NZS 1998, 97, 101; Becker/Kingreen/Axer, SGB V, 2. Aufl., § 31 Rn. 11; Spellbrink, NZS 1999, 1, 2, spricht insofern vom "Quasi-Amtswalter"; aA Hess, Bitburger Gespräche Jahrbuch 1996, 67, 77; Steege in Festschrift Bundessozialgericht, 2004, 517, 524 f.).
37
(bbb) Daneben bestehen weitere Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen. So müssen etwa nach § 43b Abs. 1 Satz 1 SGB V die Leistungserbringer Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse verrechnen. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V ("Praxisgebühr") hat der Leistungserbringer gemäß § 43b Abs. 2 SGB V einzubehalten; sein Vergütungsanspruch reduziert sich entsprechend. Nach § 294 SGB V hat der Vertragsarzt als Leistungserbringer "die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben" aufzuzeichnen und mitzuteilen. Im Regelfall werden - sofern keine Selektivverträge ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen geschlossen sind - Daten gemäß § 295 SGB V vom Vertragsarzt an die Kassenärztliche Vereinigung und von dort an die Krankenkassen übermittelt. Aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä ergibt sich zudem die Pflicht des Vertragsarztes, "die zur Durchführung der Aufgaben der Krankenkassen erforderlichen schriftlichen Informationen […] auf Verlangen den Krankenkassen zu übermitteln". Die Krankenkassen überwachen (neben den Kassenärztlichen Vereinigungen) nach § 106 Abs. 1 SGB V die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratung und Prüfungen. Dazu bilden die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen Prüfungsstellen sowie einen paritätisch besetzten Beschwerdeausschuss. Soweit der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat, kommen als Rechtsfolge eine gezielte Beratung oder Honorarkürzungen in Betracht. Unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 3a SGB V steht einer Krankenkasse ein direkter Schadensersatzanspruch gegen den Vertragsarzt zu. Ferner ist ein Vertragsarzt zur "peinlich genauen Abrechnung" verpflichtet, da ansonsten das entsprechende Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen gestört wird (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - 6 RKa 70/91, BSGE 73, 234, 237; vgl. auch Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 383). Nach § 106a Abs. 1 SGB V prüft neben der Kassenärztlichen Vereinigung auch die Krankenkasse die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Gemäß § 106a Abs. 3 SGB V erstreckt sich der Prüfungsumfang der Krankenkassen u.a. auf das Bestehen ihrer Leistungspflicht sowie die Plausibilität von Art und Umfang der abgerechneten Leistungen.
38
(ccc) Angesichts dieser engen Verbindungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten spricht nicht entscheidend gegen deren Amtsträgereigenschaft , dass nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Krankenkassen und u.a. die Ärzte zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Patienten zusammenwirken (aA Taschke, StV 2005, 406, 409). Diese Formulierung des Gesetzes vermag die aufgezeigten vielfältigen Rechtsbeziehungen zwischen Vertragsärzten und Krankenkassen nicht in Frage zu stellen. Vor deren Hintergrund ist die Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nicht lediglich als aus dem Bereich hoheitlicher Aufgaben ausgegliederte, organisatorische Bewältigung der medizinisch notwendigen Behandlung des Versicherten einzuordnen (aA Klötzer, NStZ 2008, 12, 16).
39
(cc) Der Umstand, dass der Vertragsarzt mit der Zulassung potentiell mit einer Vielzahl von Krankenkassen - und damit nicht nur mit einer einzigen sonstigen Stelle - in Beziehung tritt, hindert die Annahme seiner Amtsträgereigenschaft im Ergebnis nicht. Diese Besonderheit ist letztlich Folge der historischen Entwicklung des Systems der gesetzlichen Krankenkassen. Während das Verhältnis zwischen den Ärzten und den Krankenkassen ursprünglich durch den Abschluss einzelner privatrechtlicher Verträge geprägt war, wurde die Zulassung später nicht mehr zu einer einzelnen Krankenkasse, sondern zu allen RVO-Kassen vorgenommen (vgl. etwa Verordnung über die kassenärztliche Versorgung vom 14. Januar 1932; RGBl. I S. 19; zur geschichtlichen Entwicklung BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 31 ff.). Mit der Zulassung wird der Vertragsarzt mithin von jeder einzelnen Krankenkasse beauftragt - und ist auch ihr gegenüber verpflichtet -, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken. Dabei wird dieses Rechtsverhältnis nicht mehr durch einzelvertragliche Regelungen, sondern durch das Gesetz und die in dessen Rahmen abgeschlossenen Kollektivverträge zwischen den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen (bzw. deren jeweiligen Zusammenschlüssen ) ausgestaltet, die für den Vertragsarzt mit seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verbindlich werden (§ 95 Abs. 4 Satz 2 SGB

V).

40
(dd) Soweit es weiter für erforderlich gehalten wird, dass die Bestellung zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit führt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105; zweifelnd etwa SIS-Eser, StGB, 28. Aufl., § 11 Rn. 20, 25 mwN), ist dieses Kriterium bei der auf Dauer angelegten Zulassung eines Vertragsarztes ohne Weiteres zu bejahen.
41
(ee) Die Amtsträgereigenschaft eines Vertragsarztes wird nach alldem auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser seine Tätigkeit freiberuflich und bezüglich der Behandlungs- und Verordnungstätigkeit weisungsunabhängig ausübt (aA Geis, wistra 2007, 361, 364; Taschke, StV 2005, 406, 409); denn die freiberufliche Ausübung der übertragenen Aufgaben steht der Amts- trägereigenschaft jedenfalls dann nicht entgegen, wenn im Übrigen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, NJW 1998, 2373: freiberuflich tätiger Bauingenieur ). Maßgebend ist deshalb auch insoweit, dass die Vertragsärzte durch ihre Zulassung in relevanter Weise in die öffentlichrechtlichen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten eingebunden werden.
42
b) Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 333 Abs. 1 StGB sind erfüllt.
43
aa) Den Vertragsärzten wurden im Rahmen des praktizierten Geschäftsmodells mit den vereinbarten Zuwendungen Vorteile gewährt.
44
bb) Dies geschah für deren Dienstausübung. Nach den Feststellungen wurden die Zuwendungen zwar nicht dafür geleistet, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V), sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Sie bildeten deshalb keine unmittelbare Gegenleistung für eine Tätigkeit, die den Vertragsärzten im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten übertragen ist, sondern für eine solche, die hiermit in einem engen Zusammenhang steht. Dies reicht indes aus.
45
Zur Dienstausübung sind zunächst jedenfalls Handlungen zu zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt, d.h. Handlungen, die zu den dienstlichen Obliegenheiten gehören und in amtlicher Eigenschaft vorgenommen werden (BGH, Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 280). Darüber hinaus fallen unter das Tatbestandsmerkmal der Dienstausübung aber auch solche Tätigkeiten, die ihrer Natur nach zu dem Amt oder dem Dienst des Amtsträgers in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb seines Aufgabenbereiches liegen (BGH, Ur- teile vom 5. September 1952 - 4 StR 885/51, BGHSt 3, 143, 145; vom 19. Dezember 1957 - 4 StR 485/57, BGHSt 11, 125, 127; vom 3. Februar 1960 - 4 StR 437/59, BGHSt 14, 123, 125; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 - 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 598).
46
Nach diesem Maßstab wird auch das Sammeln der Verordnungen und Weiterleiten an die Verfallsbeteiligte erfasst. Diese Tätigkeit stellt zwar keine unmittelbare Amtshandlung dar; sie stand jedoch mit der Verordnung der Hilfsmittel in einem engen Zusammenhang. Sie war die Voraussetzung dafür, dass die Vertragsärzte im Anschluss die Verordnungen der Verfallsbeteiligten zukommen ließen; sie wurde ihnen somit gerade durch ihre amtliche Stellung ermöglicht und stellt keine außerhalb des Aufgabenbereichs des Amtsträgers liegende Privathandlung dar.
47
cc) Eine Unrechtsvereinbarung liegt ebenfalls vor; denn den Vertragsärzten wurden die Vorteile vereinbarungsgemäß gerade als Gegenleistung für die beschriebene Dienstausübung gewährt.
48
c) Damit ist dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Verfall von Wertersatz anzuordnen.
49
aa) Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten handelte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB für die Verfallsbeteiligte.
50
bb) Die Verfallsbeteiligte hat auch etwas erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1, 3 StGB. Erlangt ist der Wert des mit dem Zugang der Verordnung des TENS-Geräts erlangten "Auftrags", für die Krankenkasse ein derartiges Gerät an den jeweiligen Patienten auszuleihen (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB V), mithin der zum Zeitpunkt der "Auftragserteilung" hieraus zu erwartende wirtschaftliche Gewinn (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 310; vom 29. Juni 2006 - 5 StR 482/05, NStZ-RR 2006, 338; Fischer aaO § 73 Rn. 11 mwN auch zur Gegenansicht). Das neue Tatgericht wird diesen Wert nach einer Zurückverweisung der Sache gegebenenfalls gemäß § 73b StGB zu schätzen haben. Es wird in diesem Zusammenhang ebenfalls ergänzende Feststellungen etwa zu den Vereinbarungen bezüglich der neben der AOKN involvierten Krankenkassen sowie dazu zu treffen haben, ob die Verfallsbeteiligte alle Verordnungen, welche die Vertragsärzte ihr zukommen ließen , aufgrund des von ihr betriebenen Geschäftsmodells erlangte.

C.

51
Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den Großen Senat für Strafsachen nach § 132 Abs. 4 GVG sind gegeben.
52
Die Beantwortung der Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben, hier konkret bei der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB handelt, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt und kann sich in einer Vielzahl von Verfahren erneut stellen. Ihre Beantwortung wirkt deshalb richtungsweisend für die Rechtsanwendung im Bereich der strafrechtlichen Verfolgung des sog. Pharmamarketing. Dabei ist mit Blick auf die erheblichen Auswirkungen eine möglichst einheitliche, sich an entsprechenden Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen orientierende Handhabung der Praxis geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 324 f.; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 128).
53
Die Vorlage ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Sie zielt auf die Festlegung neuer Auslegungsgrundsätze, als deren Folge sich ein geändertes Verständnis der Stellung des Vertragsarztes im Verhältnis zu den Krankenkassen ergibt.

D.

54
Sollte der Große Senat für Strafsachen entgegen der Ansicht des vorlegenden Senats die Amtsträgereigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes bei der Verordnung von Hilfsmitteln verneinen, so hängt der Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft davon ab, ob der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm praktizierte Geschäftsmodell tatbestandlich und rechtswidrig zumindest Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) begangen hat (zur Subsidiarität des § 12 UWG aF, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, gegenüber den Amtsdelikten vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 403; Beschluss vom 10. Februar 1994 - 1 StR 792/93, NStZ 1994, 277), und daher auf dieser Grundlage die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte in Betracht kommt. Auch dies wäre nach Auffassung des vorlegenden Senats zu bejahen. Indes handelt es sich bei der Frage, ob der niedergelassene Vertragsarzt insoweit als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen anzuerkennen ist, ebenfalls um eine solche von grundsätzlicher Bedeutung, die der Senat zur Fortbildung des Rechts dem Großen Senat für Strafsachen hilfsweise für den Fall unterbreitet, dass dieser die hauptsächlich gestellte Vorlegungsfrage verneint.
55
I. Handeln Vertragsärzte bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht als Amtsträger, so werden sie insoweit jedenfalls als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB tätig.
56
Beauftragter nach dieser Vorschrift ist nach gefestigter, ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur, wer, ohne Geschäftsinhaber oder Angestellter zu sein, für einen Geschäftsbetrieb befugtermaßen tätig wird und dabei aufgrund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen des Betriebes, die den Waren- oder Leistungsaustausch betreffen , Einfluss zu nehmen (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16 mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor. Hierzu gilt im Einzelnen:
57
1. In der strafrechtlichen Literatur hat - soweit ersichtlich - erstmals Pragal (NStZ 2005, 133) die Meinung vertreten, die Vertragsärzte seien als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen anzusehen, und dies in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Stellung der Vertragsärzte im Rahmen des Untreuetatbestands nach § 266 StGB (BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17; vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 569) insbesondere damit begründet, sie seien bei der Ausstellung einer Verordnung als Vertreter der Kassen tätig. Diese Auffassung hat im Schrifttum in der Folgezeit überwiegend Kritik hervorgerufen (Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Geis, wistra 2005, 369; ders., GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2007, 361; Klötzer, NStZ 2008, 12; Kölbel, wistra 2009, 129, 132; Reese, PharmR 2006, 92, 96 ff.; Sahan, ZIS 2007, 69; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.), wird mittlerweile jedoch von einer wachsenden Zahl von Autoren im Ergebnis geteilt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10b ff.; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 18; NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c; Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586 ff.; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirt- schaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 293 ff. Rn. 348 ff.; wohl auch S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 8; offen Badle, NJW 2008, 1028, 1033). Ihr hat sich in neuerer Zeit das Oberlandesgericht Braunschweig (Beschluss vom 23. Februar 2010 - Ws 17/10, NStZ 2010, 392) - wenn auch für die konkrete Entscheidung nicht tragend und ohne nähere Begründung - angeschlossen. Diese Entscheidung ist teilweise auf Zustimmung (Dannecker, GesR 2010, 281; Schmidt, NStZ 2010, 393; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 299 Rn. 353), wohl überwiegend jedoch auf Ablehnung (Brockhaus /Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418; Dieners, PharmR 2010, 232; Geis, wistra 2010, 280; Schneider, StV 2010, 366; ders., HRRS 2010, 241, 245 ff.; Sobotta, GesR 2010, 471; Steinhilper, MedR 2010, 499; Warntjen /Schelling, PharmR 2010, 509; Weidhaas, ZMGR 2010, 199) gestoßen.
58
2. Die Beauftragteneigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen bei der Verordnung von Hilfsmitteln ergibt sich maßgebend aus einer sachgerechten Bewertung der Bedeutung , die einer solchen Verordnung nach dem sozialrechtlichen Regelungsgefüge zukommt:
59
Wie bereits dargelegt hat der Vertragsarzt bei der Verordnung eines Arznei- oder Hilfsmittels eine zentrale Stellung inne. Seine Verordnung ist für die Begründung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten "conditio sine qua non" und damit sowohl für diesen als auch für die betreffende Krankenkasse von essentieller Bedeutung. Bereits diese Schlüsselstellung rechtfertigt den Schluss, dass der Vertragsarzt mit dem Ausstellen einer Verordnung über ein Arznei- oder Hilfsmittel auf die Entscheidung der Krankenkasse, dem Versicherten eine derartige Sachleistung zu gewähren, kraft der ihm durch das Kas- senarztrecht verliehenen Kompetenzen in ganz wesentlicher Weise Einfluss nimmt und somit die Voraussetzungen einer Beauftragtenstellung erfüllt.
60
3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht daran, dass der die Verordnung ausstellende Arzt regelmäßig nicht letztverbindlich über die Gewährung einer bestimmten Sachleistung entscheidet.
61
Der Strafkammer ist zwar dahin zuzustimmen, dass nach dem SGB V die Frage, ob eine Sachleistung der vorherigen Beantragung bei und Bewilligung durch die zuständige Krankenkasse bedarf, in der Weise geregelt ist, dass die vorherige Beantragung und Bewilligung der Leistung die Regel und das Absehen hiervon die Ausnahme ist. Falls nichts anderes bestimmt oder etwa durch einen Vertrag zwischen dem Leistungserbringer und der gesetzlichen Krankenkasse nach § 127 SGB V vereinbart ist, muss der Versicherte deshalb die Verordnung bei der Krankenkasse einreichen und diese darüber entscheiden, ob sie das verordnete Hilfsmittel bewilligt. Bis zu dieser Bewilligung ist der Versicherte nicht berechtigt, die Verordnung bei einem Leistungserbringer einzureichen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2009 - L 11 KR 5031/09 ER-B, Rn. 31 f. - zitiert nach juris).
62
Eine derartige Letztentscheidungszuständigkeit, wie sie das Landgericht als erforderlich erachtet, ist indes nach der allgemeinen, in ständiger Rechtsprechung verwendeten Umschreibung nicht Voraussetzung für die Beauftragtenstellung nach § 299 StGB; vielmehr genügt es, dass der Beauftragte auf die Entscheidung des Betriebes über den Warenaustausch Einfluss hat. Es besteht kein Anlass, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hiervon abzugehen. Dies würde zu einer in der Sache nicht gerechtfertigten Privilegierung der Vertragsärzte führen, die zudem Sinn und Zweck der Norm widerspräche. Be- reits in der Rechtsprechung zu § 12 UWG, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, war es allgemein anerkannt, dass der Beauftragtenbegriff weit auszulegen ist, weil ihm innerhalb des Tatbestandes eine Auffangfunktion zukommen soll (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401;LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16). Mit der Verlagerung der Strafbestimmung in das Strafgesetzbuch durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl. I S. 2038) war eine Einschränkung nicht verbunden. Der Gesetzgeber wollte vielmehr das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, dass es sich auch bei Korruption im geschäftlichen Bereich um eine Kriminalitätsform handelt, die nicht nur die Wirtschaft selbst betrifft, sondern Ausdruck eines allgemeinen sozialethisch zu missbilligenden Verhaltens ist (BR-Drucks. 553/96, 32). Mit diesen Grundsätzen wäre die von der Strafkammer vertretene Restriktion nicht vereinbar.
63
4. Auch die weiteren, von Teilen des Schrifttums gegen eine Beauftragtenstellung ins Feld geführten Argumente führen im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung:
64
a) Dies gilt zunächst, soweit darauf abgestellt wird, der niedergelassene Arzt übe eine freiberufliche Tätigkeit aus (vgl. etwa Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 421; Klötzer, NStZ 2008, 12, 14; Reese, PharmR 2006, 92, 97; Sobotta, GesR 2010, 471, 474; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.); denn ein selbstständiges gewerbliches oder freiberufliches Tätigwerden steht der Einordnung des Betreffenden als Beauftragter ebenso wenig entgegen wie seiner Qualifizierung als Amtsträger. Für einen Beauftragten nach § 299 StGB ist es vielmehr geradezu typisch, dass er - im Gegensatz zum Angestellten - nicht in den geschäftlichen Betrieb eingegliedert ist, sondern mit der Wahrnehmung des Auftrags zugleich eine eigene geschäftliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 104; Schmidt, NStZ 2010, 393, 395). Während sich die Angestellteneigenschaft regelmäßig aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis ergibt, liegt der Beauftragung im Sinne des § 299 StGB typischerweise ein Geschäftsbesorgungs- oder Werkvertrag zugrunde. Als Beauftragte gelten deshalb z.B. selbstständige Handelsvertreter (BGH, Urteil vom 27. März 1968 - I ZR 163/65, NJW 1968, 1572, 1573) oder ein freiberuflich tätiger Prüf- und Planungsingenieur (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105). Auch freiberuflich tätige Architekten oder Unternehmensberater kommen als Beauftragte in Betracht (MünchKommStGB /Diemer/Krick, § 299 Rn. 5; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 299 Rn. 2). In diesem Zusammenhang würde es somit ebenfalls eine in der Sache nicht gerechtfertigte Privilegierung darstellen, wollte man den Vertragsarzt aus dem Anwendungsbereich des § 299 StGB herausnehmen, weil er seine Tätigkeit freiberuflich ausübt.
65
b) Die Anwendung des § 299 StGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Vertragsarzt regelmäßig Inhaber der eigenen ärztlichen Praxis und damit eines Betriebes im Sinne der genannten Vorschrift ist (aA Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 196). Denn der Betriebsinhaber kann sich wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar machen, wenn er zugleich für einen anderen geschäftlichen Betrieb tätig wird und für den Einfluss auf dessen Entscheidungen unberechtigte oder sachfremde Vorteile erhält (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23b); von der Strafbarkeit ausgenommen ist lediglich die Vorteilsannahme eines Betriebsinhabers bezüglich seines eigenen Betriebes (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10c).
66
c) Gegen die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter im Sinne des § 299 StGB spricht weiter nicht, dass seine Befugnis, auf die Entscheidung des Betriebes Einfluss zu nehmen, nicht auf einem Rechtsgeschäft beruht.
67
Insbesondere der Wortlaut der Norm erfordert eine solche restriktive Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Beauftragter" nicht (aA Sahan, ZIS 2007, 69, 72; vgl. auch Reese, PharmR 2006, 92, 98). Dies ergibt sich schon mit Blick auf § 266 StGB, der ausdrücklich von einem "behördlichen" Auftrag spricht (so zu Recht LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 17). Eine Auslegung , die nicht nur die rechtsgeschäftliche Beauftragung erfasst, hält sich deshalb in den Grenzen des natürlichen Wortsinns und verstößt nicht gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG.
68
Mit Blick vor allem auf das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut sowie Sinn und Zweck der Norm ist die rechtliche Grundlage, auf der die Berechtigung beruht, nicht maßgebend (aA Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.; Reese, PharmR 2006, 92, 96). § 299 StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 2 mwN) und schützt - zumindest vorrangig - den freien Wettbewerb (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 1 mwN). Dieser ist immer dann in Gefahr, wenn Personen die Befugnis haben, den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im geschäftlichen Verkehr zu beeinflussen, dessen wirtschaftliche Folgen nicht sie selbst treffen, sondern die ein anderer zu tragen hat. Demgegenüber ist es nicht von Bedeutung, auf welcher rechtlichen Grundlage die betreffenden Personen tätig werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beauftragte die tatsächliche Möglichkeit hat, die betrieblichen Entscheidungen über den Erwerb von Waren oder Leistungen unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und es ihm im Interesse des Betriebes verwehrt ist, Leistungen der anderen Vertragsseite anzunehmen (Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587). Auch außenstehende Personen können somit Beauftragte sein, wenn sie in der Lage sind, Entscheidungen für den Betrieb zu beeinflussen (vgl. Schmidt, NStZ 2010, 393, 394). Es kommt allein auf das unlautere Tätigwerden des Beauftragten für den Geschäftsherrn an, ohne dass dieses Verhalten dem Geschäfts- herrn zugerechnet werden muss (NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23a). Deshalb kommt neben der Beauftragung durch ein Rechtsgeschäft auch in Betracht , dass sich die Beauftragtenstellung - wie etwa bei einem Insolvenzverwalter (Fischer aaO § 299 Rn. 10a) - aus einer gerichtlichen Bestellung, einer gesetzlichen Regelung oder einem Verwaltungsakt ergibt. Somit genügt es, dass die Befugnis des Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen auf der Zulassung durch den nach § 96 SGB V gebildeten Ausschuss gründet, dessen Mitglieder von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen bestellt werden.
69
d) Aus den dargelegten Gründen erfordert der Tatbestand des § 299 StGB erst recht nicht, dass der Beauftragte ein ihm von demGeschäftsherrn entgegen gebrachtes Vertrauen missbraucht (zutreffend Schmidt, NStZ 2010, 393, 394 f.; aA Geis, GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2005, 369, 370; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.). Der Wortlaut des § 299 StGB gibt für eine derartige Einschränkung nichts her. Eswiderspräche dem Wesen der Vorschrift als Straftat gegen den freien Wettbewerb, wollte man die Beauftragtenstellung nur bei einem derart engen persönlichen Verhältnis zwischen dem Beauftragten und dem Betriebsinhaber bejahen.
70
e) Die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter wird auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser bei der Auswahl des Arznei- oder Hilfsmittels nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der gesetzlichen Krankenkassen zu wahren, sondern sich vor allem am Wohl seines Patienten zu orientieren hat (aA Geis, wistra 2005, 369, 370; Sahan, ZIS 2007, 69, 73 f.; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.). Zwar hat er diesen sachkundig zu beraten und dadurch in die Lage zu versetzen, sein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Behandlung auszuüben. Jedoch ändert diese Verpflichtung des Vertragsarztes nichts daran, dass er mit der Verordnung von Arznei- oder Hilfsmitteln - jedenfalls auch - Einfluss auf die Leistungsgewährung durch die gesetzliche Krankenversicherung nimmt und deshalb - insoweit vergleichbar einem als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt - als deren Beauftragter handelt (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23c; ders., GesR 2010, 281, 284).
71
f) Die Beauftragtenstellung der Vertragsärzte scheidet weiter ebenso wie ihre Amtsträgereigenschaft nicht wegen der Einschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen in das sozialrechtliche Versorgungssystem aus (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10d f.; Dannecker, GesR 2010, 281, 284; aA SSWStGB /Rosenau, § 299 Rn. 11; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 420). Diese vermag an der die Beauftragteneigenschaft begründenden Schlüsselstellung der Vertragsärzte bei der Verordnung einer Sachleistung nichts zu ändern. Auch in anderen Fällen, etwa bei einem Testamentsvollstrecker oder Insolvenzverwalter, wird eine rechtliche Beziehung zwischen Beauftragtem und "Auftraggeber" nicht verlangt (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; Dannecker , GesR 2010, 281, 284). § 299 StGB stellt insoweit lediglich auf den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ab. Somit kommt es ausschließlich darauf an, dass der Vertragsarzt durch die Verordnung des Hilfsmittels Einfluss auf die Entscheidung der Krankenkasse nimmt, dem Versicherten diese Leistung zu gewähren. Eine darüber hinausgehende Beziehung zwischen Vertragsarzt und gesetzlicher Krankenkasse ist unerheblich; insbesondere eine Weisungsbefugnis der Krankenkasse ist nicht erforderlich (so zu Recht etwa Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587).
72
g) Der Senat muss schließlich nicht entscheiden, ob ein Privatarzt bei der Verschreibung eines Arznei- oder Hilfsmittels als Beauftragter der privaten Krankenversicherung angesehen werden kann. Verneint man dies (vgl. hierzu NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c mwN; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.), schiede in dieser Fallkonstellation trotz der Entgegennahme bzw. Gewährung von Vorteilen als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung die Strafbarkeit der Beteiligten nach § 299 StGB aus. Die dann gegebene Ungleichbehandlung von Vertrags- und Privatärzten zeigt zwar möglicherweise bezüglich der Rechtslage bei der privatärztlichen Patientenversorgung eine strafrechtliche Lücke auf, die nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann; sie rechtfertigt es indes nicht, im Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit ein der Norm unterfallendes , den lauteren Wettbewerb gefährdendes Verhalten aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herauszunehmen (Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 108; aA Schneider, StV 2010, 366, 368; Steinhilper, MedR 2010, 499, 501).
73
II. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 299 Abs. 2 StGB wurden nach den Feststellungen in rechtswidriger Weise verwirklicht.
74
1. Die gesetzlichen Krankenkassen sind geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB. Dieser Begriff umfasst jede auf gewisse Dauer ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsleben, die sich durch Austausch von Leistungen und Gegenleistungen vollzieht. Rein wohltätigen oder sozialen Zwecken dienende Betriebe fallen ebenfalls unter die Norm, soweit sie wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten. Dasselbe gilt für öffentliche Behörden, soweit sie sich am Wirtschaftsverkehr beteiligen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 4, 6; NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 26). Danach werden auch die gesetzlichen Krankenkassen erfasst (vgl. schon RG, Urteil vom 29. Januar 1934 - 2 D 1293/33, RGSt 68, 70, 74; BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 402; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 19); denn sie können ihren Versorgungsauftrag gegenüber den Versicherten nur durch Leistungsaustausch ins- besondere mit Apotheken und Pharmaunternehmen erfüllen (vgl. Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586).
75
2. Durch die Verrechnung des Entgelts, das für die Überlassung von in der jeweiligen Praxis der Vertragsärzte eingesetzten medizinischen Geräten eigentlich an die Verfallsbeteiligte zu leisten gewesen wäre, mit den Verordnungen über die TENS-Geräte, wurde den betroffenen Ärzten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Grundlage einer Unrechtsvereinbarung ein Vorteil als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie die Verfallsbeteiligte bei dem Bezug von Waren in unlauterer Weise bevorzugten.
76
3. Der Tatbestand wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zuwendungen nicht dafür geleistet wurden, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V),sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Die Beauftragung der Vertragsärzte umfasst zwar - soweit in diesem Zusammenhang von Belang - nur die Verordnung des Hilfsmittels als solche. Die hier nach dem praktizierten Geschäftsmodell honorierte Tätigkeit der Vertragsärzte stellt somit keine unmittelbare Ausführung ihres Auftrages dar. Die Erwägungen , die im Rahmen der Amtsdelikte dazu führen, dass zur Dienstausübung nicht nur diejenigen Tätigkeiten zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt (s. oben B. II. 2.b) bb)), gelten jedoch entsprechend. Nach Sinn und Zweck des § 299 StGB werden deshalb auch solche Tätigkeiten erfasst, die ihrer Natur nach zu dem Auftrag in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb des durch die Beauftragung zugewiesenen Aufgabenbereichs liegen. Ein derart enger Zusammenhang ist hier gegeben.
77
4. Die Krankenkassen sind bei der gebotenen wirtschaftlich-faktischen Betrachtungsweise auch als Bezieher einer gewerblichen Leistung im Sinne des § 299 StGB anzusehen unabhängig davon, ob im jeweiligen Einzelfall aufgrund der ärztlichen Verordnung ein TENS-Gerät von der Verfallsbeteiligten überhaupt neu angeschafft werden musste und in das (Sicherungs-) Eigentum der AOKN überging oder ein bereits vorhandenes Gerät erneut verwendet werden konnte. Diese besteht in der nach Maßgabe der Verträge zwischen der Verfallsbeteiligten und der AOKN von dieser zu vergütenden Ausleihe des Geräts durch die Verfallsbeteiligte an den Patienten (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB

V).

78
III. Damit ist auch insoweit dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Wertersatzverfall anzuordnen. Hierzu wird auf die Darlegungen unter B. II. 2. c) verwiesen.
79
IV. Auch die Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgaben, hier konkret der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) - so er dabei nicht ohnehin als Amtsträger handelt - als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen tätig wird, ist eine solche von grundlegender Bedeutung, für deren - hilfsweise - Beantwortung die Sache gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Fortbildung des Rechts vorzulegen ist. Die Ausführungen unter C. gelten insoweit entsprechend. Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


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Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 28 Ärztliche und zahnärztliche Behandlung


(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 72 Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung


(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 295 Übermittlungspflichten und Abrechnung bei ärztlichen Leistungen


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Strafgesetzbuch - StGB | § 299 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens 1. einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprech

Strafgesetzbuch - StGB | § 334 Bestechung


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Strafgesetzbuch - StGB | § 76a Selbständige Einziehung


(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vor

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 1 Solidarität und Eigenverantwortung


Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenver

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 96 Zulassungsausschüsse


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(1) Zur Erfüllung der ihnen durch dieses Buch übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung bilden die Vertragsärzte für den Bereich jedes Landes eine Kassenärztliche und eine Kassenzahnärztliche Vereinigung (Kassenärztliche Vereinigungen).

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(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn 1. er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,2. ihm das Erlangte a) unent

Strafgesetzbuch - StGB | § 333 Vorteilsgewährung


(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewähr

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Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abw

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 294 Pflichten der Leistungserbringer


Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringu

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 490/07 vom 19. Juni 2008 Nachschlagewerk: ja nur zu I. BGHSt: ja nur zu I. Veröffentlichung: ja nur zu I. ___________________________________ StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; §§ 331 - 334 Z

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juni 2000 - 5 StR 268/99

bei uns veröffentlicht am 22.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES 5 StR 268/99 URTEIL vom 22. Juni 2000 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen Bestechlichkeit u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 21. und 22. Juni 2000, an d

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2005 - 5 StR 119/05

bei uns veröffentlicht am 02.12.2005

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266; AO § 393 1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von §
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Mai 2011 - 3 StR 458/10.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2011 - 5 StR 115/11

bei uns veröffentlicht am 20.07.2011

5 StR 115/11 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 20. Juli 2011 in der Strafsache gegen wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2011 beschlossen: Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2019 - 1 StR 320/18

bei uns veröffentlicht am 18.09.2019

BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB § 76a Abs. 4 Anordnungsvoraussetzung für die selbständige Einziehung nach § 76a Abs. 4 StGB ist, dass zum Zeitpunkt der Sicherstellung bereits ein Verdacht wegen einer Katalogtat nac

Referenzen

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften schließen im Wege von Vertragsverhandlungen Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. Darüber hinaus können die Vertragsparteien in den Verträgen nach Satz 1 auch einen Ausgleich der Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie vereinbaren. Dabei haben Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften jedem Leistungserbringer oder Verband oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. In den Verträgen nach Satz 1 sind eine hinreichende Anzahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln, die Qualität der Hilfsmittel, die notwendige Beratung der Versicherten und die sonstigen zusätzlichen Leistungen im Sinne des § 33 Absatz 1 Satz 5 sicherzustellen und ist für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Den Verträgen sind mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und Produkte zugrunde zu legen. Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist auf einem geeigneten Portal der Europäischen Union oder mittels einem vergleichbaren unionsweit publizierenden Medium unionsweit öffentlich bekannt zu machen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt bis zum 30. September 2020 ein einheitliches, verbindliches Verfahren zur unionsweiten Bekanntmachung der Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, fest. Über die Inhalte abgeschlossener Verträge einschließlich der Vertragspartner sind andere Leistungserbringer auf Nachfrage unverzüglich zu informieren. Werden nach Abschluss des Vertrages die Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte nach § 139 Absatz 2 durch Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses verändert, liegt darin eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die die Vertragsparteien zur Vertragsanpassung oder Kündigung berechtigt.

(1a) Im Fall der Nichteinigung wird der streitige Inhalt der Verträge nach Absatz 1 auf Anruf einer der Verhandlungspartner durch eine von den jeweiligen Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten ab Bestimmung der Schiedsperson festgelegt. Eine Nichteinigung nach Satz 1 liegt vor, wenn mindestens einer der Vertragspartner intensive Bemühungen zur Erreichung eines Vertrages auf dem Verhandlungswege nachweisen kann. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Schiedsperson gilt als bestimmt, sobald sie sich gegenüber den Vertragspartnern zu ihrer Bestellung bereiterklärt hat. Der bisherige Vertrag und die bisherigen Preise gelten bis zur Entscheidung durch die Schiedsperson fort. Legt die Schiedsperson Preise fest, hat sie diese so festzusetzen, dass eine in der Qualität gesicherte, ausreichende, zweckmäßige sowie wirtschaftliche Versorgung gewährleistet ist. Zur Ermittlung hat die Schiedsperson insbesondere die Kalkulationsgrundlagen der jeweiligen Verhandlungspartner und die marktüblichen Preise zu berücksichtigen. Die Verhandlungspartner sind verpflichtet, der Schiedsperson auf Verlangen alle für die zu treffende Festlegung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch die Aufsichtsbehörde haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts sind gegen den Vertragspartner zu richten. Der von der Schiedsperson festgelegte Vertragsinhalt oder von der Schiedsperson festgelegte einzelne Bestimmungen des Vertrages gelten bis zur gerichtlichen Ersetzung oder gerichtlichen Feststellung der Unbilligkeit weiter.

(2) Den Verträgen nach Absatz 1 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Hierbei sind entsprechend Absatz 1 Satz 1 Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträgen, die mit Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer abgeschlossen wurden, können auch Verbände und sonstige Zusammenschlüsse der Leistungserbringer beitreten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für fortgeltende Verträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen wurden. § 126 Abs. 1a und 2 bleibt unberührt.

(3) Soweit für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach Absatz 1 mit Leistungserbringern bestehen oder durch Vertragspartner eine Versorgung der Versicherten in einer für sie zumutbaren Weise nicht möglich ist, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer; Absatz 1 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend. Sie kann vorher auch bei anderen Leistungserbringern in pseudonymisierter Form Preisangebote einholen. In den Fällen des § 33 Abs. 1 Satz 5 gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, können in den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden.

(5) Die Leistungserbringer haben die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung zu beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen nach § 33 Absatz 1 Satz 1 und 5 für die konkrete Versorgungssituation im Einzelfall geeignet und notwendig sind. Die Leistungserbringer haben die Beratung nach Satz 1 schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und sich durch Unterschrift der Versicherten bestätigen zu lassen. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 127 zu regeln. Im Falle des § 33 Absatz 1 Satz 9 sind die Versicherten vor der Wahl der Hilfsmittel oder zusätzlicher Leistungen auch über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten zu informieren. Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten über die zur Versorgung berechtigten Vertragspartner und über die wesentlichen Inhalte der Verträge zu informieren. Abweichend von Satz 1 informieren die Krankenkassen ihre Versicherten auf Nachfrage, wenn diese bereits einen Leistungserbringer gewählt oder die Krankenkassen auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. Sie können auch den Vertragsärzten entsprechende Informationen zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen haben die wesentlichen Inhalte der Verträge nach Satz 1 für Versicherte anderer Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen.

(7) Die Krankenkassen überwachen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer nach diesem Gesetz. Zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen nach Satz 1 erforderlichen einrichtungsbezogenen Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von den Versicherten unterzeichnete Bestätigung über die Durchführung der Beratung nach Absatz 5 Satz 1 vorzulegen. Soweit es für Prüfungen nach Satz 1 erforderlich ist und der Versicherte schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, können die Krankenkassen von den Leistungserbringern auch die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung einzelner Versicherter anfordern. Die Leistungserbringer sind insoweit zur Datenübermittlung verpflichtet. Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße der Leistungserbringer gegen ihre vertraglichen und gesetzlichen Pflichten nach diesem Gesetz angemessen geahndet werden. Schwerwiegende Verstöße sind der Stelle, die das Zertifikat nach § 126 Absatz 1a Satz 2 erteilt hat, mitzuteilen.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung ab, in denen insbesondere Regelungen zum Umfang der Stichprobenprüfungen in den jeweiligen Produktbereichen, zu möglichen weiteren Überwachungsinstrumenten und darüber getroffen werden, wann Auffälligkeiten anzunehmen sind.

(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene geben bis zum 31. Dezember 2017 gemeinsam Rahmenempfehlungen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Durchführung und Abrechnung der Versorgung mit Hilfsmitteln ab. Kommt eine Einigung bis zum Ablauf der nach Satz 1 bestimmten Frist nicht zustande, wird der Empfehlungsinhalt durch eine von den Empfehlungspartnern nach Satz 1 gemeinsam zu benennende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Empfehlungspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene je zur Hälfte. In den Empfehlungen können auch Regelungen über die in § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 genannten Inhalte getroffen werden. § 139 Absatz 2 bleibt unberührt. In den Empfehlungen sind auch die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verordnungen von Leistungen nach § 33 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese Dienste zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86. Die Empfehlungen nach Satz 1 sind den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 zugrunde zu legen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.

(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.

(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.

(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 490/07
vom
19. Juni 2008
Nachschlagewerk: ja nur zu I.
BGHSt: ja nur zu I.
Veröffentlichung: ja nur zu I.
___________________________________
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; §§ 331 - 334
Zur Amtsträgereigenschaft eines selbständigen Ingenieurs, der aufgrund eines
Dienstvertrages langfristig bei einer 100-prozentigen Tochter der Deutsche Bahn AG
im Konzernbereich Fahrweg (jetzt: DB Netz AG) beim Um- oder Ausbau des Streckennetzes
tätig ist (Fortführung von BGHSt 49, 214).
BGH, Urt. vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - LG Hildesheim
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. Bestechlichkeit u. a.
zu 2. Bestechung u. a.
zu 3. Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
29. Mai 2008 in der Sitzung am 19. Juni 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 29. Mai 2008 -
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 29. Mai 2008 -
als Vertreter des Angeklagten R.,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 29. Mai 2008 -
als Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. April 2007 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten P. und D. betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die insoweit entstandenen Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten R. fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Mit der Anklageschrift ist den Angeklagten P. und D. der Vorwurf der Bestechlichkeit bzw. Bestechung in drei Fällen, bei dem Angeklagten D. in einem Fall in Tateinheit stehend mit Anstiftung zur Untreue und zum Betrug, sowie allen drei Angeklagten der Vorwurf des Betruges, bei dem Angeklagten P. in Tateinheit stehend mit Untreue, gemacht worden. Das Landgericht hat den Sachverhalt im Eröffnungsbeschluss abweichend gewertet und die Anklage im Fall 1 der Anklageschrift (B. VIII. der Urteilsgründe) wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr durch die Angeklagten D. und P. und in den Fällen 2-4 der Anklageschrift (B. IX. der Urteilsgründe ) wegen einer prozessualen Tat des Betruges durch alle drei Angeklagten, hinsichtlich des Angeklagten P. darüber hinaus wegen einer tateinheitlich hierzu begangenen Untreue zugelassen. Durch das angefochtene Urteil hat es die Angeklagten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat bezüglich der Angeklagten P. und D. Erfolg, hinsichtlich des Angeklagten R. ist es unbegründet.

I.


2
Die Revision dringt mit der Sachrüge durch, soweit das Landgericht eine Strafbarkeit der Angeklagten P. und D. nach den §§ 331 ff. StGB mit der Begründung abgelehnt hat, der Angeklagte P. sei zur Tatzeit kein Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB gewesen.
3
1. Die Strafkammer hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte P. , ein ehemaliger, auf eigenen Wunsch aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedener Bundesbahnbeamter, war ab Februar 1996 als selbständiger Ingenieur bei der Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit GmbH (im Folgenden: PBDE), einer 100-prozentigen Tochter der Deutschen Bahn AG (im Folgenden: DB AG) beschäftigt. Unternehmensgegenstand der innerhalb der DB AG dem Bereich Fahrweg zugeordneten Gesellschaft war die Vorbereitung und Steuerung von Planung, Bauvorbereitung, Baudurchführung und Bauüberwachung insbesondere der Schienenverkehrsprojekte "Deutsche Einheit" einschließlich der Vergabe, der Koordinierung und der Abwicklung aller Arbeiten auf der Grundlage von zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DB AG geschlossenen Finanzierungsvereinbarungen. Mit Wirkung zum 1. Juli 1999 wurde die PBDE aus dem Vermögen der DB AG ausgegliedert und mit sämtlichen bestehenden Vertragsverhältnissen in das Vermögen der DB Netz AG überführt.
5
Dem Angeklagten P. war durch den "im Namen und für Rechnung der Deutschen Bahn AG" geschlossenen Ingenieurvertrag mit der PBDE eine zuvor vakante Stelle übertragen worden. Er erbrachte zunächst Leistungen im Bereich Streckenplanung/Baulenkung/Abrechnung beim Bau der Schnellbahnstrecke Hannover-Berlin im Planungsabschnitt 01 und war u. a. für die Vorbereitung von Vergaben zuständig. Nach einer internen Bekanntmachung hatte er alle Befugnisse wie ein interner Mitarbeiter und arbeitete unter der Stellenbezeichnung "S 142". Anfang Juli 1999 wurde der Vertrag rückwirkend zum 1. Mai 1999 auf die Nachtragsbearbeitung auch im Planungsabschnitt 02 der Strecke erweitert.
6
Der Angeklagte D. war Geschäftsführer der GP Baugesellschaft mbH & Co. KG (später GP Baugesellschaft mbH, im Folgenden: GP), die unter seiner Leitung ihr Umsatzvolumen im Bereich Erd- und Tiefbauarbeiten wesentlich steigerte und Aufträge öffentlicher und privater Auftraggeber abwickelte , darunter mehrere Projekte für die DB AG.
7
Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Erweiterung eines Auftrags zur Durchführung von Erdarbeiten im Planungsabschnitt 01 um 13,5 Mio. DM, für die die PBDE der GP als Mitglied einer aus mehreren Unternehmen bestehenden Arbeitsgemeinschaft (ARGE) den Zuschlag erteilt hatte, erhielt der Angeklagte P. von der GP einen Scheck über 130.000 DM mit einem unzutreffenden Verwendungszweck. Einige Monate später erstellte er über diesen Betrag eine rückdatierte Scheinrechnung an die GP. Im Planungsabschnitt 02, in dem die GP als Mitglied einer anderen ARGE ebenfalls mit Erdarbeiten betraut war, meldete sie mehrere Nachträge an, unter anderem wegen Baubehinderung durch Sperrung einer Ortsdurchfahrt in Höhe von über 3 Mio. DM. Nachdem der Nachtrag mehrfach - auf Seiten der PBDE koordiniert durch den Angeklagten P. - verhandelt und die Forderung auf ca. 1,9 Mio. DM reduziert worden war, verfasste der Angeklagte P. einen befürwortenden Vergabevermerk und stellte an dem Tag, an dem auch alle anderen Verantwortlichen bei der PBDE diesen unterzeichnet hatten, der GP eine Rechnung über 90.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer, die er mit einem unzutreffenden Rechnungstext versah. Die GP überwies etwa einen Monat später an den Angeklagten P. 90.000 DM; am selben Tag stellte sie der PBDE die abgesprochene Rechnung für den Nachtrag über ca. 1,9 Mio. DM.
8
2. Die Auffassung des Landgerichts, auf Grundlage dieser Feststellungen komme eine Verurteilung der Angeklagten P. und D. wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung (§§ 332, 334 StGB) nicht in Betracht, weil es sich bei dem Angeklagten P. nicht um einen Amtsträger gehandelt habe, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte P. war Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, denn er war bei der PBDE als einer sonstigen Stelle im Sinne der Vorschrift zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellt.
9
a) Bei den von der PBDE ausgeschriebenen und unter ihrer Leitung durchgeführten Gleisbaumaßnahmen handelte es sich um Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Der Ausbau und die Erhaltung des Schienennetzes gehören zu den Aufgaben der Leistungsverwaltung einschließlich der Daseinsvorsorge, die nach ständiger Rechtsprechung zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB gezählt werden (BGHSt 31, 264, 268; 38, 199, 201 f.; 43, 370, 375; 49, 214, 220 ff.). Trotz der (teilweisen) Privatisierung der deutschen Eisenbahnen stellt das Eisenbahnwesen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHSt 49, 214, 221 ff.) und der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (Rudolphi/Stein in SK-StGB § 11 Rdn. 27; Radtke in MünchKomm-StGB § 11 Rdn. 41; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht S. 637 f.; Hommelhoff/Schmidt-Aßmann ZHR 160 [1996] 521, 537; jew. m. w. N.; aA Cantzler, Strafrechtliche Auswirkungen der Privatisierung von Verwaltungsaufgaben S. 14 f., 114) eine öffentliche Aufgabe dar. Dies gilt insbesondere für die von der PBDE nach ihrem Unternehmensgegenstand entfalteten Tätigkeiten der Planung, Bauvorbereitung, Baudurchführung und Bauüberwachung von Schienenverkehrsprojekten. Nach der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung in Art. 87e Abs. 4 GG gewährleistet der Bund beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes die Berücksichtigung des Allgemeinwohls. Gesellschaften, die den Bau, das Unterhalten und das Betreiben von Schienenwegen zum Geschäftszweck haben, verbleiben dauerhaft zumindest mehrheitlich im Eigentum des Bundes (Art. 87e Abs. 3 Satz 2, 3 GG). Durch diese Regelungen, die erst im Gesetzgebungsverfahren Aufnahme in den Gesetzentwurf fanden, sollte ein Ausgleich zu der Forderung der Länder, das Schienennetz im unmittelbaren Bundeseigentum zu belassen, geschaffen und die politische Verantwortung des Bundes für die Infrastruktur sichergestellt werden (BTDrucks. 12/6280 S. 8). Sie zeigen, dass ein vollständiger Rückzug des Bundes aus dem Eisenbahnwesen trotz der Überführung des Eisenbahn- vermögens in Wirtschaftsunternehmen nicht gewollt war und insbesondere die hier in Rede stehenden Neubaumaßnahmen von Schienenwegen als Teil des Ausbaus der Infrastruktur vorrangig dem Allgemeinwohl dienen und damit eine öffentliche Aufgabe darstellen.

10
b) Bei der PBDE handelte es sich um eine sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
11
Unter einer sonstigen Stelle versteht man eine behördenähnliche Institution , die unabhängig von ihrer Organisationsform befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen mitzuwirken, ohne dabei eine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein. Ist eine Einrichtung der Öffentlichen Hand in der Form einer juristischen Person des Privatrechts organisiert, müssen bei ihr Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen; sie muss nach ständiger Rechtsprechung bei einer Gesamtbetrachtung "als verlängerter Arm des Staates erscheinen" (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; 50, 299, 303; BGH NStZ 2006, 628, 630). In die Gesamtbetrachtung sind alle wesentlichen Merkmale der Gesellschaft einzubeziehen, namentlich, ob diese gewerblich tätig ist und mit anderen im Wettbewerb steht (BGHSt 38, 199, 204), ob im Gesellschaftsvertrag eine öffentliche Zwecksetzung festgeschrieben ist (BGHSt 43, 370, 372 f.), ob sie im Eigentum der Öffentlichen Hand steht und ihre Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln finanziert wird (BGHSt 45, 16, 20) sowie in welchem Umfang staatliche Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten bestehen (BGHSt 43, 370, 378 f.; 45, 16, 20 f.; 49, 214, 224 f.).
12
Bei einer Gesamtbetrachtung aller die PBDE prägenden Merkmale ergibt sich, dass sie als "verlängerter Arm des Staates" zu werten, damit einer Behör- de gleichzustellen ist und deshalb eine sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB darstellt:
13
Die Gesellschaft stand im Tatzeitraum im alleinigen (mittelbaren) Bundeseigentum , weil die Bundesrepublik sämtliche Anteile an der DB AG hielt, die zunächst unmittelbar und ab Juli 1999 mittelbar über die DB Netz AG zu 100 % Muttergesellschaft der PBDE war. Dementsprechend verfügte der Bund über Aufsichtsbefugnisse sowohl gegenüber der DB AG als auch unmittelbar im Aufsichtsrat der PBDE.
14
Zwar ist die alleinige Inhaberschaft sowie eine Rahmen- und Globalsteuerung der Gesellschaft durch den Staat für die Annahme einer "sonstigen Stelle" noch nicht ausreichend (BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; 49, 214, 226). Jedoch ergibt die gebotene Gesamtschau der folgenden besonderen Umstände, dass die PBDE einer Behörde gleichsteht:
15
aa) Die finanziellen Mittel zur Durchführung der Schienenverkehrsprojekte wurden nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils der PBDE über die DB AG aufgrund der zwischen dieser und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Rahmen- und Einzelfinanzierungsvereinbarungen in Form von zinslosen Darlehen oder nicht rückzahlbaren Baukostenzuschüssen vollständig durch den Bund zur Verfügung gestellt.
16
bb) Die PBDE wurde nicht gewerblich tätig und stand zu anderen Unternehmen nicht im Wettbewerb. Sie erwirtschaftete - anders als dies ein privatwirtschaftliches Konkurrenzunternehmen hätte tun müssen - mit ihrer Planungsund Koordinierungstätigkeit keine Erträge, sondern setzte die ihr zur Verfügung gestellten Mittel zur Realisierung der Schienenprojekte und damit zur Erfüllung der dem Bund gemäß Art. 87e GG obliegenden und von diesem finanzierten Gemeinwohlaufgabe ein. Auf dem Gebiet des Ausbaus der Schieneninfrastruktur bestand - und besteht bis heute - kein Wettbewerb, weil es an konkurrierenden Auftraggebern fehlt. Aus diesem Grund wird die im Zuge der Umsetzung der zweiten Stufe der Bahnreform gegründete DB Netz AG vergaberechtlich als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Satz 1 Nr. 2 GWB angesehen, weil ihr Unternehmensbereich der klassischen Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand zuzuordnen ist und sie nicht gewerblich tätig wird (Vergabekammer des Bundes, VergabeR 2004, 365, 367; Battis/Kersten, WuW 2005, 493, 497 ff.). Die für die Muttergesellschaft der PBDE maßgeblichen Grundsätze gelten für die PBDE entsprechend.
17
cc) Aus dem Gesellschaftsvertrag der PBDE ergibt sich zudem eine öffentliche Zwecksetzung, weil darin die Umsetzung der vom Bund zu gewährleistenden und zu finanzierenden Schienenverkehrsprojekte als (alleiniger) Unternehmensgegenstand festgeschrieben ist. Soweit darüber hinaus als Unternehmensgegenstand die Realisierung der Projekte "Deutsche Einheit" genannt werden, dienten diese in besonderem Maße der Erfüllung des Gemeinwohlauftrages des Bundes: Die Forderung nach einer technischen und organisatorischen Angleichung der beiden Deutschen Bahnen nach der Wiedervereinigung (Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn) geht auf Art. 26 Abs. 3 des Einigungsvertrages zurück. Dementsprechend ist nach § 8 Abs. 1 Satz 3 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) der Ausbaustand der Schienenwege in den neuen Bundesländern an den in den alten Bundesländern anzupassen. Der Bedarfsplan gemäß § 1 Abs. 1 BSWAG in der zur Tatzeit gültigen Fassung vom 15. November 1993 (BGBl 1993 I S. 1875 f.) wies das von der PBDE ausgeführte Projekt der Ausbau- / Neubaustrecke Hannover-Berlin als vordringlichen Bedarf aus.
18
dd) Aus der engen Verzahnung von öffentlicher Aufgabe, öffentlicher Finanzierung und öffentlichem Gesellschaftszweck ergeben sich im Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben des BSWAG umfangreiche Einflussmöglichkeiten und Steuerungsmechanismen des Staates gegenüber der PBDE: Welche Strecken neu bzw. ausgebaut werden, legt der Bund durch den Bedarfsplan zum BSWAG fest. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes erfolgt durch vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte Fünfjahrespläne, die die Grundlage der Aufstellung von Ausbauplänen für die Bundesschienenwege bilden (§ 5 Abs. 1 BSWAG). Nicht darin aufgeführte Strecken können gemäß § 6 BSWAG nur in Ausnahmefällen aufgrund eines unvorhergesehenen Verkehrsbedarfs in die Ausbaupläne aufgenommen werden. Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen , wobei die Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen werden (§ 4 Abs. 1 BSWAG).
19
Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BSWAG finanziert der Bund den Bau, den Ausbau sowie Ersatzinvestitionen, die DB AG trägt gemäß § 8 Abs. 4 BSWAG lediglich die Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung ihrer Schienenwege. Die Durchführung und die Finanzierung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Baumaßnahmen geschieht gemäß § 9 BSWAG auf der Grundlage von öffentlich -rechtlichen Verträgen zwischen der DB AG und der den Neu- oder Ausbau finanzierenden Gebietskörperschaft, d. h. in aller Regel dem Bund, in denen konkrete Vorgaben für die Verwendung der Gelder gemacht werden (BGHSt 49, 214, 224). Durch die grundsätzliche Befugnis zur Festlegung der von der PBDE durchzuführenden Baumaßnahmen war eine weitere Einflussnahme des Staates damit auch über die Mittelvergabe gegeben, ohne die der PBDE kein Kapital zur Durchführung ihrer Geschäftstätigkeit verblieb.
20
Auch der Gesellschaftsvertrag der PBDE sah Einflussmöglichkeiten des Bundes vor. In den aus mindestens fünf Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat konnten sowohl das Bundesministerium für Verkehr als auch das Bundesministerium für Finanzen jeweils ein Aufsichtsratsmitglied entsenden. Nach § 14 Abs. 2 bzw. § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages oblag es dem Aufsichtsrat, "den von der Geschäftsführung aufgestellten Wirtschaftsplan (…) und einen davon abhängigen Plan, der die vom Eisenbahn-Bundesamt der DB AG zugewiesenen Haushaltsmittel des Bundes sowie deren Verwendung für das kommende Geschäftsjahr ausweist", zu beschließen. Im Aufsichtsrat konnten "Maßnahmen von grundsätzlicher und finanzieller Bedeutung" nicht gegen die Stimmen des Bundes beschlossen werden (§ 7 Abs. 3 bzw. § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ). Zu den Einflussmöglichkeiten aufgrund der Regelungen des BSWAG und der Steuerung über die Mittelvergabe bestand damit zumindest eine Sperrminorität des Bundes im Aufsichtsrat der PBDE, durch die er die Einhaltung seiner Vorgaben kontrollieren konnte.
21
ee) Nach alledem ist es ohne Bedeutung, dass die beiden Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat in der Minderheit waren und deshalb - wie das Landgericht ausführt - keine Wünsche und Vorstellungen gegen den Willen der Geschäftsführung durchsetzen konnten. Die aufgezeigten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten bereits weit im Vorfeld einer etwaigen Entscheidung des Aufsichtsrats belegen für den Geschäftsbereich der PBDE eine hinreichend konkrete staatliche Steuerung, die im Zusammenhang mit der ausschließlich staatlichen Mittelherkunft, der fehlenden Wettbewerbssituation und der im Vordergrund stehenden öffentlichen Aufgabe der Gewährleistung der Schieneninfrastruktur die Einordnung der PBDE als sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB tragen. Schon diese Umstände unterscheiden den hier zu beurteilenden Sachverhalt wesentlich von dem vom Landgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht herangezogenen Fall, dass sich ein Privater mit einer Sperrminorität an einer Gesellschaft beteiligt, die auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge tätig wird und mehrheitlich im staatlichen oder kommunalen Eigentum steht (vgl. BGHSt 50, 299). Es kommt hinzu, dass zwar nur zwei Aufsichtsratsmitglieder unmittelbar vom Bund entsandt wurden, jedoch aufgrund des alleinigen Anteilseigentums des Bundes an der DB AG und damit mittelbar auch an der PBDE die nicht unmittelbar vom Bund bestimmte Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder nicht einem privaten Dritten, der vom Staat völlig unabhängig ist, gleichgesetzt werden kann.
22
c) Das Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2004 (BGHSt 49, 214), mit dem er für die DB AG als Ganzes die Eigenschaft einer "sonstigen Stelle" verneint hat, steht nicht entgegen. In dieser Entscheidung ist für die mit der zweiten Stufe der Bahnreform im Jahr 1999 als Konzerntochter der DB AG gegründete, ausschließlich für den Bereich Fahrweg zuständige DB Netz AG ausdrücklich offen gelassen worden, ob diese einer derartigen staatlichen Steuerung unterliegt, dass sie als "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB einzustufen ist (BGHSt aaO S. 226 f.). Daraus wird deutlich, dass in diesem Urteil auch keine Festlegungen für die Einordnung solcher - nicht in den Blick genommener - selbständiger Tochterunternehmen der DB AG getroffen werden sollten, die schon vor der zweiten Stufe der Bahnreform ausschließlich im Teilbereich Fahrweg tätig waren.
23
Auch das vom Landgericht aus dem genannten Urteil herangezogene Argument, die DB AG sei bis zur zweiten Stufe der Bahnreform als einheitliches Unternehmen aufgetreten, müsse daher als Ganzes beurteilt werden und könne als Unternehmenseinheit nicht als "sonstige Stelle" nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB angesehen werden, führt für die PBDE nicht weiter. Denn unabhängig davon, ob § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB mit dem Begriff der "sonstigen Stelle" bei privatrechtlichen Einrichtungen tatsächlich ausschließlich Unternehmen oder Gesellschaften als Ganzes bezeichnet oder nicht doch auch deren abgrenzbare Untereinheiten umfasst, handelte es sich bei der PBDE um eine eigene Rechtspersönlichkeit, die daher nicht allein deshalb - jedenfalls bis zum Inkrafttreten der zweiten Stufe der Bahnreform - derselben rechtlichen Einordnung wie die DB AG unterliegen kann oder gar muss, weil sie eine 100-prozentige Tochter der DB AG war (dies trifft im Übrigen jetzt auch auf die DB Netz AG zu) und diese als einheitliches Unternehmen auftrat.
24
Es bedarf nach alledem auch keiner weiteren Erörterung, ob der in einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geforderte weitergehende, insbesondere gesellschaftsrechtlich verankerte Einfluss der Öffentlichen Hand auf die laufenden Geschäfte und Einzelentscheidungen (BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; 49, 214, 226) stets maßgeblich für die Gleichstellung einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft mit einer Behörde ist. Der Senat hätte Bedenken, diesem Kriterium ein solch entscheidendes Gewicht beizumessen. Dem steht zunächst entgegen, dass der Gesetzgeber mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte "unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform" durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) klargestellt hat, dass die Wahl der Organisationsform - privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich - für sich gesehen nicht zur Abgrenzung einer "sonstigen Stelle" von nichtstaatlichen Einrichtungen herangezogen werden kann. Dann verbietet sich aber auch ein vorrangiges Abstellen auf die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung von Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Darüber hinaus sind Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages bereits für den bei einer solchen Gesellschaft Angestellten oftmals nicht zu überblicken; erst recht gilt das für einen außenstehenden Dritten. Damit ist aber für die möglichen Täter eines Bestechungsdelikts ein - nach der zitierten Rechtsprechung maßgebliches - Kriterium, das die Amtsträgerschaft und damit gegebenenfalls die Strafbarkeit begründet, nicht oder nur schwer erkennbar. Nicht zuletzt im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG neigt der Senat deshalb dazu, hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeiten des Staates nicht zu verlangen, dass sich aus gesellschaftsrechtlichen Regelungen ein Einfluss der Öffentlichen Hand auf konkrete Einzelentscheidungen im Tagesgeschäft ergeben muss (vgl. dazu Radtke in MünchKomm-StGB § 11 Rdn. 55; Heinrich NStZ 2005, 197, 201; kritisch zum Erfordernis der staatlichen Steuerung auch Rudolphi/Stein in SK-StGB § 11 Rdn. 30 a).
25
d) Der Angeklagte P. war nach den Feststellungen des Landgerichts auch zum Amtsträger bestellt. Die öffentlich-rechtliche Bestellung ist von der rein privatrechtlichen Beauftragung abzugrenzen und muss zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit oder einer organisatorischen Eingliederung in die Behördenstruktur führen, ohne dass es freilich eines förmlichen Bestellungsaktes bedarf (BGHSt 43, 96, 102; Fischer, StGB 55. Aufl. § 11 Rdn. 20 m. w. N.). Bei dem Angeklagten P. lag sowohl eine längerfristige Tätigkeit über mehrere Jahre als auch eine Eingliederung in die Struktur der PBDE vor, in der er die Stelle "S 142" bekleidete. Dies wurde durch die interne Mitteilung, dass er über die gleichen Befugnisse wie ein Mitarbeiter verfügte, auch schriftlich dokumentiert.
26
Die Auffassung des Landgerichts, dass es eines Bestellungsaktes mit Warnfunktion bedurft hätte, beruht auf der rechtsfehlerhaften Annahme, bei der PBDE habe es sich jedenfalls bis zur Eingliederung in die DB Netz AG nicht um eine sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB gehandelt; sie trifft deshalb ebenfalls nicht zu.
27
3. Aufgrund der rechtsfehlerhaften Verneinung der Amtsträgerschaft des Angeklagten P. war das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben, soweit es die Angeklagten P. und D. betrifft. Dies gilt auch hinsichtlich des zweiten Tatkomplexes, in dem das Landgericht an sich rechtsfehlerfrei (s. dazu unten II.) auch diese beiden Angeklagten vom Vorwurf des Betruges bzw. der Untreue freigesprochen hat. Es hat aber insoweit den festgestellten Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit bzw. Bestechung rechtlich unzutreffend gewürdigt. Um dem neuen Tatrichter eine unabhängige und widerspruchsfreie Beurteilung zu ermöglichen, hat der Senat deshalb die Feststellungen insgesamt aufgehoben, soweit sie die Angeklagten P. und D. betreffen.

II.


28
Das Urteil hat hingegen Bestand, soweit das Landgericht den Angeklagten R. im zweiten Tatkomplex vom Vorwurf des Betruges aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat.
29
Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge hat aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Auch die Sachrüge dringt nicht durch:
30
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beweiswürdigung weder lückenhaft, noch weist sie sonstige Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat aufgrund einer umfassenden Würdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Indizien eingehend begründet, warum es sich insbesondere von einer vorsätzlichen Täuschungshandlung nicht hat überzeugen können. Maßgeblich hat es dabei darauf abgestellt, dass die Umstände, die für und gegen die Berechtigung der geltend gemachten Nachtragsforderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach sprachen, den maßgeblichen Entscheidungsträgern innerhalb der PBDE aufgrund der Vielzahl von Verhandlungen über diese Forderung und des umfangreichen Schriftwechsels darüber bekannt waren. Rechtsfehlerfrei hat es zudem berücksichtigt, dass für die Beurteilung der Frage , ob die Forderung dem Grunde nach berechtigt war, seitens der PBDE eine Rechtsanwaltskanzlei eingeschaltet worden und eine bewusste Falschinformation dieser Kanzlei nicht feststellbar war. Zur Höhe der Forderung hat sich die Strafkammer auf das Gutachten des in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen berufen und in rechtsfehlerfreier Weise berücksichtigt, dass auch dem Rechnungsprüfer der PBDE die offensichtlichen Rechenfehler des Angeklagten R. sowie die fehlende Nachvollziehbarkeit der Forderung in Bezug zu der Urkalkulation nicht aufgefallen waren. Angesichts dieser Umstände kam es auf die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Forderung der GP tatsächlich bestand oder zivilgerichtlich durchsetzbar gewesen wäre, nicht mehr entscheidend an. Aus diesem Grund genügen auch die Ausführungen der Strafkammer, mit denen sie die wesentlichen Ausführungen des Sachverständigengutachtens wiedergegeben hat, den revisionsrechtlichen Anforderungen.
31
Soweit die Staatsanwaltschaft einzelne Indizien herausgreift und stärker zu Lasten des Angeklagten wertet oder sich gegen Feststellungen wendet, die das Landgericht aus dem Sachverständigengutachten herleitet, handelt es sich um den im Revisionsverfahren unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen.
Becker Pfister von Lienen
RiBGH Hubert und RiBGH Dr. Schäfer befinden sich im Urlaub und sind daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks
ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 24. Juni und 9. Juli 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J. ,
Rechtsanwalt N. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten K. L. ,
Rechtsanwalt L. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger für die Angeklagte G. L. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 9. Juli 2009 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz; dieser entfällt.
2. Auf die Revision der Angeklagten G. L. wird das genannte Urteil
a) im Schuldspruch gegen diese Angeklagte dahin abgeändert , dass sie der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch gegen diese Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafaussprüche, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. L. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall in Höhe von knapp 1,5 Mio. Euro angeordnet. Gegen seine mitangeklagte Ehefrau G. L. hat es wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen die Verurteilungen jeweils mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben die aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolge.

A.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Durch am 28. November 2000 in Kraft getretenes Gesetz vom 21. November 2000 (HmbGVBI 2000 S. 349 – HmbRAVersG) wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Freien und Hansestadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet (i. F.: Versorgungswerk). Mit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk können angestellte Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden. Zum Leitungsorgan der Körperschaft wurde ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Verwaltungsausschuss gesetzlich bestimmt, dessen Mitglieder durch die Mitgliederversammlung zu wählen waren.
4
Die Mitgliederversammlung beschloss im April 2001 die Satzung des Versorgungswerks, die nach Genehmigung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Justizbehörde im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Juli 2001 in Kraft trat.
5
Auf derselben Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte L. , ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsbeistand und als solcher Mitglied der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses gewählt. Zu den Hauptaufgaben des Verwaltungsausschusses gehörte die Prüfung von Geldanlagemöglichkeiten für das durch die Mitgliedsbeiträge eingenommene Kapital des Versorgungswerks.
6
Die Wahl des Angeklagten entsprach einem bereits vor der Gründung des Versorgungswerks mit dem anderweitig verfolgten D. gefassten Tatplan. Der Angeklagte sollte die Stellung im Verwaltungsausschuss unter Missachtung der ihm als Organwalter der Körperschaft obliegenden Pflichten im Interesse der P. N. L. AG (i. F.: P. ) dazu ausnutzen, das Vermögen des Versorgungswerks bei der P. anzulegen. Im Gegenzug sollte er durch D. , den Bezirksdirektor der P. , verdeckt einen als „Vermittlungsprovision“ deklarierten Anteil erhalten.
7
Die weitere Geschäftsabwicklung folgte einer durch den Angeklagten und D. bereits seit langem gepflogenen Übung. Der Angeklagte beriet seit vielen Jahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eine Vielzahl vermögender Mandanten auch in Bezug auf Kapitalanlagen. Diesen verschaffte er jedenfalls in der Zeit ab 1994 unter Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung diverse Versicherungsverträge der P. und erhielt dafür von D. heimlich „Provisionen“. Gemäß dieser Übung sollten auch im Falle des Versorgungswerks die erwarteten „Provisionsbeträge“ auf das Konto eines dem Angeklagten nahe stehenden Dritten fließen, hier auf das einer von der in den Tatplan eingeweihten Ehefrau des Angeklagten, der Mitangeklagten G. L. , beherrschten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der neben ihr nur noch ihr Vater, der frühere Mitangeklagte G. , zu einem Prozent beteiligt war.
8
Innerhalb des Verwaltungsausschusses wurden zum Zweck der Arbeitsteilung Referate gebildet. Dem Angeklagten wurden dabei gemeinsam mit dem Zeugen C. die Bereiche „Vermögensverwaltung/Finanzen“ übertragen. Das Referat war schwerpunktmäßig für Fragen der Kapitalanlage und für Verhandlungen mit deren Anbietern verantwortlich. Das dem Angeklagten seitens der übrigen Ausschussmitglieder zugeschriebene besondere Fachwissen im Kapitalanlagegeschäft und sein dominantes Auftreten innerhalb des Ausschusses führten schnell zu seiner faktischen Leitungsfunktion (UA S. 16) innerhalb des Referats.
9
Unter Ausnutzung dieser Position gelang es dem Angeklagten, die P. als Vertragspartner ins Gespräch zu bringen. Allerdings scheiterte sein Plan, das gesamte zur Verfügung stehende Kapital des Versorgungswerks unter gleichzeitiger Auslagerung der Kapitalverwaltung bei der P. anzulegen, am Mehrheitsvotum des Verwaltungsausschusses. Dieser beschloss nämlich, die Anlage aufzuteilen und lediglich ein Drittel des Gesamtkapitals bei einer Versicherung anzulegen. Um seinen erhofften Anteil zu erhöhen, erstrebte der Angeklagte als Mitglied der Hamburger Steuerberaterkammer indes noch den Anschluss der dortigen Steuerberater an das anwaltliche Versorgungswerk, ohne dass dies später umgesetzt wurde.
10
Er erklärte den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, dass das von der P. dem Versorgungswerk angebotene Kapitalanlageprodukt die gewünschte Mindestverzinsung von 3,5 % biete und keine weiteren Verwaltungsgebühren oder sonstige Kosten anfallen würden. Tatsächlich war ihm jedoch ebenso wie D. bekannt, dass sich dieser Garantiezins nicht auf die effektive Rendite bezog, sondern auf das Kapital, das nach Abzug der beträchtlichen Kosten angelegt werden würde. Hiernach blieb den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses verborgen, dass ihnen ein normales Tarifprodukt der Versicherung zu im Hinblick auf den Umfang des Projekts nicht besonders günstigen Konditionen angeboten wurde. Beide verschwiegen, dass die Versicherung angesichts der zu erwartenden erheblichen Beiträge grundsätzlich zu Verhandlungen und zum Gewähren – rechtlich zulässiger – günstigerer Bedingungen bereit gewesen wäre. Dies hätte namentlich dann gegolten, wenn die Versicherung nicht die an den Angeklagten zu zahlende „Provision“ hätte einkalkulieren müssen.
11
Nach Anhörung auch anderer Anbieter unterzeichneten der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses B. und der Angeklagte als stellvertretender Vorsitzender im November 2001 den von der P. angebotenen Rentenversicherungsvertrag. Im Frühjahr des Jahres 2002 überwies die P. auf Veranlassung D. s verabredungsgemäß die mit 3,2 % der vorgesehenen Gesamtkapitalanlage bemessene „Provision“ für den Angeklagten in Höhe von knapp 900.000 Euro auf das von der Mitangeklagten G. L. geführte Konto der genannten Gesellschaft, das erst kurz zuvor, nämlich am 5. März 2002, auf den Namen „Unternehmensberatung L. “ eröffnet worden war.
12
Da das Beitragsaufkommen des Versorgungswerks schnell die Prognosen übertraf, kamen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses überein, einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen. Abermals setzte sich der Angeklagte für die P. ein; er erklärte auf einer Sitzung des Organs erneut der Wahrheit zuwider, dass bei einem Abschluss mit der P. Provisionen nicht anfallen würden. Der Verwaltungsausschuss beschloss , einen weiteren Rentenversicherungsvertrag bei der P. zu ähnlichen Konditionen abzuschließen, den der Zeuge B. und der Angeklagte im August 2002 unterzeichneten. Wie zuvor mit D. vereinbart , überwies die P. im September 2002 die „Vermittlungsprovision“ in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro auf das Konto der von der wiederum eingeweihten Mitangeklagten G. L. beherrschten Gesellschaft, das zwischenzeitlich auf den Namen „G. G. F. “ umge- schrieben worden war. Ebenso wie die zuvor gezahlte Provision wurde der Betrag vom Angeklagten L. , der ohne weiteres Zugriff auf die Gelder erhielt, in Windkraftanlagen investiert.
13
Nach Aufdeckung der verheimlichten Zahlungen an den Angeklagten wurden die Versicherungsverträge mit der P. rückabgewickelt. Die bis dahin eingezahlten Beiträge von rund 11,8 Mio. Euro wurden dem Versorgungswerk – ohne Zinsen und Überschussbeteiligungen – im Oktober 2004 rückerstattet.

B.


14
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Ergänzend gilt Folgendes:
15
I. Hinsichtlich der Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO, die Ablehnungsgesuche vom 26. Juni 2007 betreffen, ist ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben.
16
1. Diesen Rügen liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
17
Am dritten Sitzungstag, dem 26. Juni 2007, wurde nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“
18
Wegen dieser Äußerung lehnten die Angeklagten K. und G. L. die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
19
2. Die Revisionen verstehen die Äußerung dahin, dass die Strafkammer die Angeklagten verurteilen und die Verteidigung hiergegen Revision einlegen werde; sollte diese Revision vom Bundesgerichtshof verworfen werden , würde auch das nunmehr abgetrennte Verfahren gegen den Mitangeklagten G. vor der Strafkammer fortgeführt werden. Denn nur dann könne es ein „Wiedersehen“ geben.
20
3. Die Rügen greifen im Ergebnis nicht durch. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.
21
Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein be- stimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.
22
II. Auch im Zusammenhang mit einer Fristsetzung des Vorsitzenden zur Stellung weiterer Beweisanträge liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht vor.
23
1. Den zugehörigen Rügen, die Ablehnungsgesuche vom 9. Juli 2007 betreffen, liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
24
Nachdem die Hauptverhandlung vom 18. Juni bis zum 9. Juli 2007 an neun Sitzungstagen durchgeführt worden war, wurde das Verfahren am 9. Juli 2007 gegen den Mitangeklagten D. durch Beschluss der Strafkammer „aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung“ abgetrennt, da das „Verfahren gegen den geständigen Angeklagten … entscheidungsreif“ sei. Der Vorsitzende ordnete die Fortsetzung in dem abgetrennten Verfahren für denselben Tag um 11.00 Uhr an und traf anschließend die Anordnung: „Die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen wird bestimmt bis Dienstag, den 10. Juli 2007, 10.00 Uhr.“ An den vorausgegangenen Sitzungstagen vom 2. und 3. Juli 2007 waren die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden , nach Vernehmung zweier noch zu hörender Zeugen sei „gegebenenfalls damit zu rechnen, dass die Schlussanträge zu halten sein“ würden.
25
Wegen der Fristsetzung und der Abtrennung gegen den Mitangeklagten D. lehnten die Angeklagten K. und G. L. sämtliche Mitglieder des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
26
2. Die Revisionen erblicken in der angeordneten Fristsetzung eine Missachtung des Rechts der Angeklagten auf sachgerechte Verteidigung und auf ein faires Verfahren, die in so „massiver, grober und nicht mehr verständlicher Weise“ vorliege, dass die Angeklagten nicht davon ausgehen konnten, die Richter seien in der Entscheidung noch offen. Vielmehr habe für die Angeklagten der Schluss nahe gelegen, das Gericht wolle unter Preisgabe elementarer Verteidigungsrechte so rasch wie möglich zur Verurteilung kommen.
27
3. Auch diese Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
28
a) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hatte der Strafkammervorsitzende für seine Fristsetzung die Erwägungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 51, 333, 344) herangezogen. Die – in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebilligte (vgl. BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2) und näher ausgeführte (BGHSt 52, 355) – Verfahrensweise einer Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht ablehnbar sind, steht vor allem nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nämlich nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf (vgl. selbst für einen Extremfall BGHR StPO § 244 Abs. 3 Missbrauch 2). Vielmehr verfolgt sie das Ziel stringenter, dem Zügigkeitsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK verpflichteter Verfahrenserledigung, sucht den dysfunktionalen Einsatz des Beweisantragsrechts zur Prozessverschleppung zu verhindern und schafft in den Gerichten zustehender Erweiterung und Änderung bisheriger Rechtsprechung zu dem entsprechenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 2, § 245 Abs. 3 Satz 3 StPO einen Weg zu sachgerechter Vorbereitung leichterer Ablehnung grundlos spät gestellter Beweisanträge.
29
Im Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen versteht es sich freilich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen (s. den Sondermaßstab des § 229 Abs. 2 StPO; vgl. BGHSt 52, 355, 362) und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Zudem wird Anlass für die in Frage stehende Fristsetzung überhaupt nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO; vgl. BGHSt aaO S. 363). Das letztgenannte Erfordernis ist Konsequenz der Funktion der betroffenen Verfahrensweise als Vorbereitung späterer, leichter begründbarer ablehnender Entscheidungen über nach Fristablauf gestellte Beweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 6, § 34 StPO).
30
b) Es liegt auf der Hand, dass die restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen bei der die Richterablehnung veranlassenden Fristsetzung vorliegend nicht vollständig erfüllt waren. Diese erfolgte nach weniger als zehn Verhandlungstagen, wobei mit ihrer Anordnung eine ausdrückliche Begründung für einen berechtigten Verdacht von Prozessverschleppung nicht verbunden war. Besonders ins Gewicht fällt darüber hinaus, dass die Frist eklatant kurz gesetzt war.
31
c) Der Verfahrensfehler begründet gleichwohl noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt ungeachtet dessen, dass Verfahrensfehler, die mit einer Einschränkung besonders wesentlicher Verteidigungsrechte ein- hergehen, eher als sonstige Verfahrensfehler eine Richterablehnung nach § 24 StPO zu rechtfertigen in der Lage sind.
32
Maßgebend zu berücksichtigen ist das die Richterablehnung veranlassende Verfahrensgeschehen. Ihr waren Äußerungen der Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung vorausgegangen, die angesichts des gesamten bisherigen Verteidigungsverhaltens (UA S. 30 ff.) als Ankündigung einer überschießend offensiven Verteidigung verstanden werden konnten (vgl. insbesondere UA S. 35); das vorangegangene Antragsverhalten in der Hauptverhandlung schon vor der Fristsetzung war jedenfalls nicht geeignet, einen solchen verständlichen Argwohn zu zerstreuen. Aufgrund der bereits zuvor seitens des Gerichts angekündigten Möglichkeit eines alsbaldigen Abschlusses der Beweisaufnahme traf die kurze Frist die Verteidigung nicht gänzlich unvorbereitet. Da angesichts der bevorstehenden Ferienzeit beträchtliche Verfahrensunterbrechungen konkret drohten, war ein Streben des Vorsitzenden nach alsbaldigem Verfahrensabschluss erklärlich. Die beanstandete Verfahrensweise bezog sich auf eine neue, prinzipiell berechtigte, indes noch nicht näher ausgestaltete Rechtsprechung.
33
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände ist in der rechtsfehlerhaften Fristsetzung keine derart gravierende Vernachlässigung berechtigter Verteidigungsbelange zu sehen, dass deshalb die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass dem mit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Verhalten eine unbedachte, nicht unbedenkliche Äußerung des Vorsitzenden am dritten Hauptverhandlungstag (oben B. I.) vorausgegangen war, und ungeachtet dessen, dass die Fristsetzung just zu dem Zeitpunkt erfolgte, als sich mit der prozessual für sich nicht zu beanstandenden Ankündigung einer Erledigung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten D. im Wege der Verständigung für die Angeklagten K. und G. L. eine grundlegend neue Prozesssituation ergab, wenngleich dies eine noch kritischere Sicht auf die Kürze der gesetzten Frist veranlasst.
34
Es bleibt trotz alledem bei dem Grundsatz, dass ein Verfahrensverstoß , der auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, allein noch keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. BGHSt 48, 4, 8), sondern nur dann, wenn eine Entscheidung abwegig ist oder der Anschein der Willkür erweckt wird. So weit geht das die Richterablehnung veranlassende Vorgehen des Strafkammervorsitzenden letztlich doch nicht.
35
III. Die Verfahrensrügen wegen Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens erweisen sich auch deshalb gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO als unzulässig, weil die Revisionen den von der Strafkammer in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 12. und 26. Oktober 2007 (Protokollanlagen 114 und 145) in Bezug genommenen Beschluss vom 12. Oktober 2007 (Protokollanlage 116) in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rügevortrag weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt haben. In der Sache sind die Rügen angesichts der mit Hilfe von Versicherungsfachleuten getroffenen Feststellungen zu ungenutzten vorhandenen Verhandlungsspielräumen bei der Ausgestaltung der in Frage stehenden Geldanlagen für den Schuldspruch nicht durchgreifend. Die Strafaussprüche haben ohnehin keinen Bestand.
36
IV. Der frühere Mitangeklagte D. hatte sich wiederholt in der Hauptverhandlung bis zur Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zur Sache geäußert. Zumal danach sind sämtliche auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Rügen, mit denen allein anhand der für ihn abgegebenen, von ihm als Einlassung anerkannten und als Anlage zu Protokoll genommenen Verteidigererklärung die Urteilsausführungen zum Inhalt seines Ge ständnisses beanstandet werden sollen, wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hervorgehoben hat, im Ansatz verfehlt (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vgl. auch BGHSt 52, 175, 180).

C.


37
Die von beiden Angeklagten erhobenen Sachrügen sind teilweise erfolgreich.
38
I. Das Landgericht hat den Angeklagten L. als stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks zutreffend als Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen und rechtsfehlerfrei wegen Bestechlichkeit verurteilt.
39
1. Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
40
a) Es spricht viel dafür, dass das Versorgungswerk eine Behörde im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 1 StGB ist. Jedenfalls ist sie eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.
41
Das Versorgungswerk wurde durch Gesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Über das typischerweise öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verhältnis der Körperschaft zu ihren Mitgliedern hinaus besteht in weiten Teilen eine Zwangsmitgliedschaft. Sämtliche Mitglieder der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer sind – soweit sie das 45. Lebensjahr nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 und 2 HmbRAVersG) – Pflichtmitglieder und können auf Antrag von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden. Überdies besitzen die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks als Organ der Körperschaft Verwaltungsaktqualität und unterliegen nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. §§ 7, 8 der Satzung) verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Schließlich untersteht das Versorgungswerk, wie im Sozialversicherungsrecht üblich (vgl. nur § 393 Abs. 1 SGB III; §§ 87, 88 Abs. 1 SGB IV; § 141 SGB VII), staatlicher Rechtsaufsicht (§ 7 Abs. 1 HmbRAVersG) und der Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. §§ 105 ff. LHO, HmbGVBl 1971 S. 261).
42
Diese durch das Landgericht fehlerfrei festgestellten Umstände streiten dafür, das Versorgungswerk – wie dies auch für andere Träger der Sozialversicherung angenommen wird (RGSt 76, 105, 107; 76, 209, 211; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 97; aM BGHZ 25, 186, 193 [zu § 29 GBO]) – als Behörde im strafrechtlichen Sinn einzustufen (zu den verschiedenen Begriffsbestimmungen Radtke aaO). Die Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB erfüllt sind.
43
Eine sonstige Stelle ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein (vgl. nur BGHSt 43, 370, 376; 52, 290, 293). Der Organisationsform der Stelle kommt dabei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu (Fischer, StGB 56. Aufl. § 11 Rdn. 19 m.w.N.). Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede , so ist dieser Organisationsform indes eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen (ähnlich Welp, Festschrift für Lackner 1987 S. 761, 780). Schon nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nämlich vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können (Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 11. Mai 1973, BT-Drucks 7/550 S. 209). Andere Schlüsse lässt entgegen der Ansicht der Revision auch die Entscheidung des Senats zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers einer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) allein beherrschten privatrechtlich organisierten Gesellschaft (BGHSt 46, 310) nicht zu. Dort hat der Senat ebenfalls maßgeblich auf die rechtliche und tatsächliche Eingliederung der Stelle in die Staatsverwaltung abgestellt und sie mit dem Hinweis auf die Sonderstellung des BRK abgelehnt (BGHSt aaO S. 314). Beim BRK handelt es sich nämlich um eine sogenannte Formalkörperschaft , die zwar in die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gekleidet ist, ohne dass jedoch bei ihrer Einrichtung an eine organisatorische Eingliederung in die Staatsverwaltung gedacht war (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, 5. Aufl. § 81 Rdn. 38 und § 87 Rdn. 13; BGH aaO m.w.N.). Die deshalb mangelnde staatliche Lenkung konnte durch die gleichwohl bestehende staatliche Rechtsaufsicht über das BRK nicht kompensiert werden (BGHSt aaO S. 315). Nur in diesem spezifischen Kontext wurde in jener Entscheidung das Fehlen einer Fachaufsicht stützend herangezogen. Das Kriterium ist indessen nicht generell ein maßgebliches Beweiszeichen für eine fehlende Eingliederung der betreffenden Stelle in die Staatsverwaltung.
44
b) Das Versorgungswerk nimmt auch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland (BVerfGE 113, 1, 25; BVerwG NJW-RR 2001, 785, 786; NJW 1997, 1634; Groepper NJW 1999, 3008; Hahn GewArch 2002, 441; 2008, 49, 52). Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. Trotz bestehender Unterschiede zum System der gesetzlichen Rentenversicherung ist die berufsständische Versorgung mit jenem gleichwertig (vgl. nur den Befreiungstatbestand § 6 SGB VI und dazu Kreikebohm, SGB VI 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Beide haben eine von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängige angemessene Versorgung im Alter zum Ziel.
45
c) Die Feststellungen der Strafkammer tragen auch die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Begründung einer Amtsträ- gereigenschaft erforderliche Bestellung des Angeklagten L. zur Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
46
aa) Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (st. Rspr., vgl. nur – unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte – BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).
47
bb) Jedenfalls durch seine Wahl in den Verwaltungsausschuss durch die Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte für vier Jahre (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung) mit der eigenständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tatsächlich betraut; er war damit in die Organisation der Körperschaft längerfristig fest eingegliedert. Der Verwaltungsausschuss leitet das Versorgungswerk und ist für die Durchführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung verantwortlich sowie verpflichtet, innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers der Mitgliederversammlung vorzulegen (§ 6 Abs. 1 der Satzung).
48
cc) Soweit die Revisionen – insbesondere in Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 3 StPO) gekleidet – eine fehlende Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer angeblich unwirksamen Gründung des Versorgungswerks und einer rechtsfehlerhaften – im Übrigen, soweit ersichtlich, von niemandem angefochtenen – Wahl des Angeklagten zum stellvertreten- den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses geltend machen, bleiben sie ohne Erfolg. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatbestandlich ohne Bedeutung. Die Verletzung von Rechtsvorschriften im Innenverhältnis zwischen Stelle und Betroffenem lässt die Frage der Amtsträgereigenschaft unberührt; entscheidend ist vielmehr die – hier erfolgte – tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 29; Hilgendorf in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 36; Rudolphi/Stein in SK StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 31a; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 57; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht 2001 S. 544). Dessen ungeachtet offenbaren weder der Revisionsvortrag noch die angegriffenen Feststellungen einen Rechtsmangel im Rahmen der Gründung des Versorgungswerks (vgl. zudem zu dessen Unerheblichkeit: BVerfGE 3, 41, 44 [Gemeinderat]; 1, 14, 38 [Landtag]; BVerwGE 108, 169, 176; BVerwG NVwZ 2003, 995, 996; Seifert , Bundeswahlrecht 3. Aufl. Art. 41 Rdn. 14 sowie Hahn GewArch 2003, 217, 219 und Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 90 Rdn. 9).
49
Die in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung gegen die Annahme einer Amtsträgereigenschaft des Angeklagten L. ins Feld geführte Behauptung, die als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses B. und C. hätten keine Aussagegenehmigung erhalten, obwohl ihnen eine solche, wären sie und der Angeklagte L. Amtsträger gewesen, hätte erteilt werden müssen , ist falsch: Es wurden Aussagegenehmigungen erteilt und zu den Akten genommen (vgl. Bl. 446 d.A.).
50
d) Entgegen der Ansicht der Revisionen wird die Idee des freien Berufs durch die Annahme der Amtsträgereigenschaft eines im Verwaltungsausschuss eines Rechtsanwaltsversorgungswerks tätigen Rechtsanwalts nicht in Frage gestellt. Soweit dieses freiwillig übernommene Ehrenamt überhaupt auf seine anwaltliche Selbständigkeit Auswirkungen haben sollte, entbehren die entsprechenden Regelungen jedenfalls sämtlich einer berufsre- gelnden Tendenz. Im Zusammenhang mit der anwaltlichen Selbstverwaltung übernommene – typischerweise der staatlichen Rechtsaufsicht unterstehende (Tettinger, Kammerrecht 1997 S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht 17. Aufl. § 23 Rdn. 45) – Tätigkeiten lassen insbesondere wegen ihrer Rechtspflegefunktion die freie Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit unberührt (vgl. zur Behördeneigenschaft des Vorstands einer Anwaltskammer schon RGSt 47, 394, 395; RG JW 1936, 1604; BGH NJW 2000, 3004, 3005 m.w.N.).
51
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht auch den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung angenommen. Zwar reicht es hierfür grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Das hat die Strafkammer aber auch nicht verkannt. Freilich ist die Feststellung sehr knapp, es sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er „aufgrund seiner Stellung im Versorgungswerk dazu berufen war, das gesetzliche Ziel der Altersvorsorge zu verfolgen“ (UA S. 14). Jedoch wird diese Feststellung ergänzt durch weitere Ausführungen im Urteil , wonach sich der Angeklagte dieser besonderen Pflichtenstellung bewusst war (UA S. 108) und es – zumindest aufgrund der Ausgestaltung des Versorgungswerks als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, des stark formalisierten „Gründungsverfahrens“ sowie des Handelns der „Organwalter“ in Ausfüllung der ihnen zugewiesenen Positionen – „für den Angeklagten … klar gewesen (war), dass er dazu berufen war, in verantwortlicher Position bei der Erfüllung einer dem Versorgungswerk als Selbstverwaltungskörperschaft unter Einschluss hoheitlicher Befugnisse zugewiesenen Aufgabe mitzuwirken“ (UA S. 106). Diese Wertungen fußen ersichtlich auf einer Gesamtschau der Urteilsgründe und dem in Rede stehenden förmlichen Bestellungsakt des Angeklagten durch seine Wahl in das Selbstverwaltungsorgan der Körperschaft.
52
Die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses machte für den rechtskundigen Angeklagten seine besondere Pflichtenstellung gegenüber und innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft greifbar. Dies gilt insbesondere angesichts der ihm übertragenen teilweise hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse gegenüber den Zwangsmitgliedern. So wurden Anträge auf Befreiung von der Mitgliedschaft unter Mitwirkung des Angeklagten schriftlich in Form eines mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes beschieden (UA S. 12 f.). Die Auswahl der Anlageform gehörte, was dem Angeklagten fraglos bewusst war, sogar zum Kernbereich der Tätigkeit des Versorgungswerks.
53
3. Die Angriffe der Revisionen gegen die von der Strafkammer angenommene Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und D. in Bezug auf pflichtwidrige Diensthandlungen des Angeklagten gehen fehl.
54
a) Der Einwand, der Vorschlag des Angeklagten habe sich im Rahmen des ihm eröffneten Ermessensspielraums gehalten, greift bereits im Ansatz zu kurz. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt (BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; 48, 44, 46; BGH NStZ-RR 2008, 13). Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). So liegt der Fall hier.
55
aa) Der Angeklagte handelte als Ermessensbeamter im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Strafkammer war ihm sowie dem Zeugen C. die Vorauswahl möglicher Kapitalanlageprodukte seitens der übrigen Verwaltungsausschussmitglieder übertragen worden. Beide sollten die notwendigen Informationen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung des Verwaltungsausschusses einholen. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass dem Angeklagten hier auf Grund seiner Wirtschaftsprüfererfahrungen und seines dominanten Auftretens „faktische Leitungsfunktion“ zukam. Er kontrollierte und prägte daher die Vorauswahl und nahm durch seine deutliche Positionierung für das Angebot der P. auf die Entscheidungsfindung Einfluss. Ihm stand mithin sowohl bei der Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Anlageprodukts durch den Verwaltungsausschuss als auch im Rahmen der späteren Abstimmung des Gremiums ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. dazu BGHSt 47, 260, 263 mit Anm. Wohlers JR 2003, 161; BGH NStZ-RR 2008, 13, 14).
56
bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts steht außer Frage, dass sich der Angeklagte bereit gezeigt hat, die vereinbarten Vorteile bei den ihm obliegenden Ermessensentscheidungen maßgebend in die Waagschale zu legen (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Bezugspunkte der Unrechtsvereinbarung sind die dem Verwaltungsausschuss unterbreiteten Vorschläge, bei der P. ein – für das Versorgungswerk zudem eher ungünstiges – Kapitalanlageprodukt abzuschließen, sowie das Abstimmungsverhalten des Angeklagten zugunsten der P. im Verwaltungsausschuss. Der Angeklagte hat die Unrechtsvereinbarung durch die genannten pflichtwidrigen Diensthandlungen dann auch tatsächlich umgesetzt und dafür Vorteile großen Ausmaßes bezogen (§ 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Eine mögliche – hier indes fern liegende – sachliche Rechtfertigung der Entscheidung ist ohne Belang (Fischer aaO § 332 Rdn. 14).
57
b) Nicht durchgreifend ist auch der weitere Einwand der Revisionen, die Vereinbarung wirtschaftlich günstigerer Konditionen hätte gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (sogenanntes Provisionsabgabeverbot; Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8. März 1934, VerAfP 1934, 99, 100; zu deren Fortgeltung als Bundesrechtsverordnung vgl. BGHZ 93, 177, 178 f.; 159, 334, 338 f.; BGH NStZ 2001, 545) verstoßen. Dies gilt schon deswegen, weil dem Angeklagten im Rahmen des § 332 StGB vorgeworfen wird, dass er wegen der in Aussicht stehenden Schmiergeldzahlun- gen und damit sachwidrig dafür eingetreten ist, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Geldanlagemöglichkeiten gerade den Abschluss von Rentenversicherungsverträgen bei der P. zu wählen.
58
II. Die gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Einwände der Revisionen, insbesondere zum entstandenen Untreueschaden, greifen nicht durch.
59
1. Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht nach § 266 Abs. 1 StGB, die mit der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 332 StGB korrespondiert , durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines für das Vermögen des Versorgungswerks vorteilhaften Vertragsabschlusses aus finanziellem Eigeninteresse nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen (vgl. BGHSt 31, 232, 235; BGH NStZ 2003, 540, 541). Diesen Maßstab hat das Landgericht beachtet. Ohne dass hierdurch der tatbestandliche Vermögensnachteil zu bestimmen wäre, hat es in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausgehandelten Vertragskonditionen aus mehreren Gründen für das Versorgungswerk ungünstig waren: Zum einen wurde die gewollte Verzinsung des eingezahlten Kapitals mit mindestens 3,5 % nicht erreicht, sondern lediglich eine effektive Verzinsung von weniger als 2 %. Zum anderen barg die Konstruktion eines Rentenversicherungsvertrages, bei dem allein der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses versichert war, ein erhebliches Risiko, weil bei einem Ableben der versicherten Person vor Vertragsende zwar die eingezahlten Beträge zurückerstattet worden wären, aber die vertraglich vorgesehene Verzinsung nicht angefallen wäre (UA S. 18 f.).
60
Das Tatgericht hat bei der Bestimmung des Vermögensnachteils zunächst erwogen, ob der Untreueschaden unter Heranziehung der Höhe der „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldzahlungen) bestimmt werden kann. Eine solche Schadensberechnung ist anerkannt sowohl beim Eingehungsbetrug in Form des sogenannten Ausschreibungs- oder Submissionsbetrugs, bei dem der Vermögensschaden in der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Auftragssumme und dem Preis liegt, der bei Beachtung der für das Auftragsvergabeverfahren geltenden Vorschriften erzielbar gewesen wäre , als auch in den Fällen freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen (vgl. BGHSt 47, 83, 88 f.; vgl. auch BGHSt 49, 317, 332 f.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. Hiernach hätte für das Tatgericht die Annahme nahe gelegen, auch bei Bestimmung des dem Versorgungswerk entstandenen Schadens die gezahlten „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldbeträge) zu berücksichtigen, weil solche absprachebedingten Zahlungen eine günstigere Preisgestaltung verhindert haben. Dass ohne diese Zahlungen erheblich günstigere Konditionen für das Versorgungswerk hätten erreicht werden können, ist von der Strafkammer festgestellt worden. Damit war die vereitelte Ersparnis nicht nur eine vage Hoffnung , sondern es bestand eine gesicherte Aussicht auf einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag, die als eine werthaltige Vermögensposition (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541) anzusehen ist.
61
2. Die Einwendungen der Revisionen aus § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (oben I. 3. b) greifen nicht durch. Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei den von der Strafkammer festgestellten Verhandlungsmöglichkeiten um davon erfasste Begünstigungsverträge handelte. Die Verhandlungen mit der P. hätten nämlich nicht zwingend die Besserstellung des Versorgungswerks zulasten der Versichergemeinschaft zum Ergebnis haben müssen (zum Zweck der Vorschrift Prölss, VAG 12. Aufl. § 81 Rdn. 74 ff.). Selbst wenn aber die Verhandlungen eine Begünstigung des Versorgungswerks im Sinne des § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG zum Gegenstand gehabt haben sollten, wären diese Abweichungen von einem bestehenden Tarifprodukt nicht von vornherein als unzulässig anzusehen gewesen. Versicherungsrechtlich anerkannt ist die Erlaubnisfähigkeit von Begünstigungsverträgen, sofern diese sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Prölss aaO § 81 Rdn. 82; Fahr/Kaulbach /Bähr, VAG 4. Aufl. § 81 Rdn. 35). Das soll wegen möglicher Kostenersparnisse namentlich bei Kollektivlebensversicherungen gelten (vgl. Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen [BAV] 3/94 II. Nr. 2.2, VerBAV 1/1995, S. 4). Vergleichbar liegt der Fall hier. Obwohl mit dem Versorgungswerk kein Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern Versicherungsnehmer das Versorgungswerk und versicherte Person allein der seinerzeitige Vorsitzende des Verwaltungsausschusses war (UA S. 22), hätte die P. aufgrund der „trotz des hohen Prämienvolumens geringen Verwaltungskosten … auf der Grundlage der dann für diesen Einzelfall vorzunehmenden … Berechnungen einen rechtlich zulässigen individuell begünstigenden Vertrag“ (UA S. 113 f.) oder einen so genannten Nettotarif anbieten können, der auf der Grundlage der nicht anfallenden „Provision“ und anderer eingesparter Kosten zu kalkulieren gewesen wäre. Zumindest soweit die dadurch sachlich gerechtfertigten eingeräumten Konditionen sich durch den Vertrag selbst getragen und keine Subventionierung durch die Versichertengemeinschaft zur Folge gehabt hätten (vgl. Anlage zur Richtlinie 3/94 des BAV Nr. I. Nr. 1.4, aaO S. 5), durfte die Kammer auch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit mit § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG und einer damit bestehenden Genehmigungsfähigkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgehen. Dass die P. grundsätzlich bereit war, eine solche Vertragsgestaltung bei der Aufsichtsbehörde anzumelden oder aufsichtsrechtlich genehmigen zu lassen, hat das Landgericht mit Hilfe sachverständiger Zeugen aus dem Versicherungsbereich rechtsfehlerfrei festgestellt.
62
3. Die Strafkammer hat jedoch wegen aus dem Provisionsabgabeverbot hergeleiteter rechtlicher Bedenken, der Besonderheiten versicherungs- mathematischer Berechnungen und der von ihr sonst als notwendig erachteten Hinzuziehung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen von einer exakten Schadensberechnung Abstand genommen und ist von einem Vermögensnachteil von – „was den Schuldspruch trägt“ (UA S. 114) – mindestens einem Euro ausgegangen; der Nachteil erreiche „jedoch in keinem Fall die Höhe der Schmiergeldzahlungen“ (UA S. 126). Der ersichtlich nicht ernst gemeinte, überzogen formulierte Ausgangspunkt einer Schadenshöhe von einem Euro – der, wenn er eine seriöse Sachverhaltsvariante wäre, schwerlich einen Untreueschaden belegen könnte – steht in offenem Widerspruch zu der klaren Urteilsfeststellung, dass die Möglichkeit zu beträchtlich günstigerer Vertragsgestaltung pflichtwidrig ausgelassen wurde (UA S. 21, 65, 108, 113). Diese Feststellung sollte mit der Wendung ersichtlich auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wollte das Tatgericht damit bloß vermitteln , dass seines Erachtens „angesichts der tateinheitlich begangenen Bestechungsdelikte … der Höhe des Nachteils … auf der Ebene der Strafzumessung keine Bedeutung“ (UA S. 114) zukomme. Bei solchem Verständnis der Urteilsbegründung stellt der Umstand, dass es das Tatgericht nicht wenigstens unternommen hat, die ungefähre Schadenshöhe auf der ihm zu Gebote stehenden, wenngleich konkret als unvollkommen erachteten Grundlage mit aller gebotenen Vorsicht zu schätzen, die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Schuldspruchs wegen tateinheitlicher Untreue nicht in Frage.
63
III. Soweit die Revision der Angeklagten G. L. mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, weil die Strafkammer aufgrund der vorhandenen Indizien nicht hätte die Überzeugung gewinnen können, dass die Angeklagte Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk hatte und sie bei der unterstützenden Billigung der verdeckten Zahlungsweise im Vorfeld der Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden sei, bleibt die Revision zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue ohne Erfolg, dringt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit durch.
64
1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, die – zum Anklagevorwurf schweigende – Angeklagte habe zumindest in Grundzügen um die Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk und seine damit verbundenen Pflichten gewusst und die mit D. bestehende Unrechtsvereinbarung gekannt, auf folgende Indizien und Wertungen:
65
Die Angeklagte hat am 5. März 2002 das Konto eröffnet, auf das kurze Zeit später die erste für den Angeklagten L. bestimmte Zahlung der P. fast in Millionenhöhe überwiesen worden ist, welche die Dimension früherer verdeckter Provisionszahlungen deutlich überschritt. Vor Eingang der zweiten Provisionszahlung veranlasste sie noch die Umbenennung des Kontoinhabers. Die Angeklagte ist gelernte Bankkauffrau und Steuerfachgehilfin. Das Landgericht hält es schlechterdings nicht für vorstellbar , dass sie keinerlei Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk gehabt hat. Angesichts des Umfangs der Provisionszahlungen ist es bei lebensnaher Betrachtung zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte vor den Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden ist.
66
2. Der von der Strafkammer gezogene Schluss auf eine Gehilfenstellung der Angeklagten G. L. ist hinsichtlich der Untreue möglich (vgl. zum Maßstab BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt), und zwar vor folgendem Hintergrund: Der Angeklagte L. hatte sich in den Jahren zuvor unter standeswidriger Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an den Kapitalanlagen seiner Mandanten persönlich bereichert. Er hatte als „stiller Vermittler“ diverse Versicherungsverträge für die P. vermittelt und im Gegenzug wie ein Versicherungsvertreter Provisionen erhalten. Diese waren zunächst bar, später dann auf Konten der „G. GbR“, bei der die Angeklagte zu 99 % Gesellschafterin war und bei der sie für die Bankgeschäfte zuständig war, überwiesen worden (UA S. 7 bis 10). Die auch im Vergleich zu früheren entsprechenden Provisionen au- ßergewöhnliche Höhe des auf verdecktem Zahlungsweg überwiesenen Betrags auch in Verbindung mit der kurz zuvor erfolgten Eröffnung des betreffenden Kontos durch die Angeklagte rechtfertigt den Schluss auf eine vorherige Absprache mit hinreichender Hintergrundinformation über den Zahlungsanlass gegenüber der in den Zahlungsfluss erwiesenermaßen eingebundenen Angeklagten. Dass bei der außergewöhnlichen Höhe des Betrages womöglich nicht nur Steuerhinterziehungsabsichten bestanden, sondern eine Vermögensschädigung des für die „Provision“ maßgeblichen Vertragspartners der Versicherung bewirkt werden konnte, für den – wie sie ersichtlich wusste – ihr Ehemann tätig war, beruht bei aller Kürze der Urteilsbegründung zu diesen Umständen auf ausreichend tatsachenfundierten tatgerichtlichen Schlüssen. Die Annahme eines wenigstens bedingten Untreuevorsatzes der Angeklagten im Rahmen ihrer Beihilfehandlung ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
67
3. Diese Indizien und Wertungen sind jedoch nicht genügend aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Überführung der Angeklagten hinsichtlich einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bestechlichkeit.
68
Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bestechlichkeit an den Nachweis des Vorsatzes zum Tatbestandsmerkmal Amtsträger über die Tatsachenkenntnis hinausgehende Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 11 Amtsträger 14). Der Täter muss eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben. Gleiche Anforderungen sind an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, wenn nicht derjenige des Täters, sondern der eines Gehilfen in Frage steht. Die – ohnehin überaus knappen – Ausführungen des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten belegen weder ausreichend deren erforderliche spezifische Kenntnis von den Umständen , wonach es sich bei dem Versorgungswerk um eine „sonstige Stelle“ handelt, noch von den Umständen, aus denen sich eine Amtsträgerstellung ihres Ehemannes herleiten ließ.
69
4. Da die Angeklagte bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und liquide Beweismittel für ein neues Tatgericht nicht ersichtlich sind, mit denen sich der Bestechlichkeitsvorsatz bei der Angeklagten tragfähig belegen ließe, hat der Senat im Sinne einer Einschränkung des Schuldspruchs auf bloße Beihilfe zur Untreue durchzuentscheiden. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, weil die Strafkammer bei der Strafzumessung maßgebliches Gewicht auf das Amtsdelikt gelegt hat.
70
IV. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. hat keinen Bestand.
71
Ungeachtet des durch den außergewöhnlichen Umfang der inkriminierten Provisionen geprägten Gewichts der jeweils nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB zu ahndenden Taten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gegen den unbestraften Angeklagten, der seine gesamte bisherige berufliche Grundlage infolge der Verurteilung einbüßen wird, für lange zurückliegende Taten, deren negative wirtschaftliche Folgen für das geschädigte anwaltliche Versorgungswerk wesentlich rückgängig gemacht wurden (vgl. zu alledem UA S. 116 f.), hoch, wenngleich nicht bereits allein ihrer Höhe wegen beanstandungswürdig. Jedoch ist zu besorgen, dass sich die widersprüchlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Höhe des Untreueschadens – Auslassen weitaus besserer Anlagekonditionen einerseits (UA S. 21, 65, 108, 113), bloße Anlastung eines Schadens von einem Euro andererseits (UA S. 114) – zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafbemessung dadurch ihrerseits widersprüchlich und unzulänglich begründet ist.
72
Die Höhe des Untreueschadens bestimmt wesentlich das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung (BGH wistra 2002, 420, 421; 2007, 259, 261): Ein bloßer Ermessensfehler bei der sachwidrig von einem verborgenen Schmiergeldangebot motivierten Auswahl des Vertragspartners einer Geldanlage , der keinen Vermögensschaden der Anstellungskörperschaft nach sich zieht, weist – obwohl er ohne weiteres den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt – ein geringeres Maß an Pflichtwidrigkeit auf als ein gleiches, indes zusätzlich noch beträchtlich schädigendes Fehlverhalten. Zwar hat das Landgericht die Vermögensschadenshöhe als Strafzumessungsfaktor gar nicht benannt; es hat – nahezu wie bei einer Verfahrensweise nach § 154a StPO – das tateinheitliche Vergehen nach § 266 StGB bei der Strafzumessung unerwähnt gelassen. Dem Urteil ist indes bei rechtem Verständnis ein maßgeblicher Schaden im Sinne von § 266 StGB zu entnehmen und nicht nur ein „Scheinschaden“ von einem Euro. Danach besteht im Blick auf die beträchtliche Strafhöhe Grund für die Besorgnis, dass eben doch eine solche erhöhte Pflichtwidrigkeit der Amtspflichtverletzung der Strafzumessung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass hierfür ein Mindestschaden bestimmt worden wäre.
73
Zudem könnten mehrere von Negativwertungen geprägte Wendungen im Rahmen der Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen („Gelegenheit, Stellung im Verwaltungsausschuss ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil auszunutzen und sich persönlich dadurch so umfassend wie möglich zu bereichern“ sowie „ungeliebte Kuh so weit wie möglich zu melken“, UA S. 13; „Pakt besiegelt“, UA S. 14; „wie Alberich über den Nibelungenhort wachte der Angeklagte L. eifersüchtig“, UA S. 15) darauf hindeuten, das Landgericht habe den Angeklagten jenseits des tatsachenfundiert festgestellten gravierenden Tatunrechts noch weiter abwerten wollen. Bei dieser Sachlage vermag auch der Umstand, dass durch den Wegfall des Verfalls ein angenommener Milderungsgrund (UA S. 117) nicht fortbesteht, den Mangel eines widersprüchlich und unzulänglich bezeichneten Schadens im Rahmen der Strafzumessung nicht aufzuwiegen. Der Senat weist indes darauf hin, dass das bislang festgestellte von hohem korrupten Gewinnstreben bestimmte Tatunrecht fraglos die Verhängung einer empfindlichen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe erfordert.
74
V. Der angeordnete Wertersatzverfall kann – insoweit in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – in dem nicht nach Maßgabe des § 111i StPO n. F. zu beurteilenden Altfall (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 1) keinen Bestand haben. Ihm steht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen.
75
1. Dem Versorgungswerk kann als Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zustehen. Solche Ansprüche auf die Herausgabe von Bestechungslohn sollen letztlich die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen daher grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 2007, 222, 223; 2008, 262 m.w.N.). Ob die fallspezifischen Bedenken des Landgerichts gegen die Annahme eines entsprechenden Anspruchs aus besonderen versicherungsrechtlichen Erwägungen durchgreifen , bedarf keiner Entscheidung. Dies liegt indes eher fern, weil sich aus dem Provisionsabgabeverbot für den Angeklagten im Verhältnis zum Versorgungswerk kein Grund ableiten lässt, die Schmiergelder behalten zu dürfen. Abgesehen davon liegt angesichts der Höhe des bei der P. angelegten Kapitals auf der Hand, dass auch sonst beträchtliche – eben nicht etwa mit einem Euro bemessbare – Forderungen des Versorgungswerks gegen den Angeklagten bestehen.
76
2. Zudem kommt in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der P. entstandenen Schadens dieser nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zusteht. Der gesondert verfolgte D. hat durch die von vornherein ungerechtfertigten Provisionsauszahlungen zugunsten des Angeklagten L. nahe liegend die P. geschädigt. Hieran war der Angeklagte L. beteiligt, der deshalb der P. ebenfalls schadensersatzpflichtig wäre. Die konkrete Vertragsentwicklung belegt, dass es hier fern läge anzunehmen, Gewinne der P. aus den mit dem Versorgungswerk abgeschlossenen Versiche- rungsverträgen könnten der Annahme eines Schadens infolge der zu Unrecht geleisteten Provisionszahlungen entgegenstehen.
Basdorf Raum Schaal Schneider König
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Ein Mitarbeiter einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft
ist kein Amtsträger, wenn die Wohnungsbaugesellschaft nur
einer von vielen Anbietern von Wohnraum ist, der mit städtischen
Belegungsrechten belastet ist (im Anschluss an
BGHSt 38, 199).
BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 506/06
LG Hildesheim –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 18. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. April
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
alsVertreterinderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt L.
alsVerteidigerdes Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt H.
alsVerteidigerdesA ngeklagten D. ,
Rechtsanwalt Ba.
alsVerteidigerdesAngek lagten W. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten B. gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 5. Juli 2006 werden mit der Maßgabe verworfen , dass die jeweiligen Verurteilungen wegen tateinheitlicher Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (B. ) bzw. wegen tateinheitlicher Bestechung im geschäftlichen Verkehr (G. , D. und W. ) entfallen. Die Angeklagten sind damit wie folgt verurteilt:
a) Der Angeklagte B. ist schuldig des Betrugs in Tateinheit mit Untreue in 108 Fällen, der Steuerhinterziehung in drei Fällen und der versuchten Steuerhinterziehung.

b) Der Angeklagte G. ist schuldig des Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in 89 Fällen.

c) Der Angeklagte D. ist schuldig des Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in elf Fällen.

d) Der Angeklagte W. ist schuldig des Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in acht Fällen.
2. Der Angeklagte B. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten durch diese Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue und mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 108 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen und versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es wegen Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue und mit Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 89 Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorentscheidung eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt, gegen den Angeklagten D. wegen Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue und mit Bestechung im geschäftlichen Verkehr in elf Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie gegen den Angeklagten W. wegen Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue und mit Bestechung im geschäftlichen Verkehr in acht Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Die Vollstreckung der drei zuletzt genannten Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten B. und der Staatsanwaltschaft, die mit ihren Revisionen, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, beanstandet, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung eines Amtsträgers (§ 332/§ 334 StGB) verurteilt sind. Sämtliche Rechtsmittel bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Lediglich die Schuldsprüche sind, wie aus dem Tenor ersichtlich, teilweise zu berichtigen und neu zu fassen.

I.


2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte B. war seit 1996 bei der G. B. H. GmbH (GBH), einem 1927 gegründeten kommunalen Wohnungsunternehmen, als „technischer Bestandsbetreuer“ für die Unterhaltung des Wohnungsbestandes verantwortlich und hatte Reparatur- sowie Renovierungsarbeiten zu vergeben. Die Stadt Hannover hielt fast 90 % der Gesellschaftsanteile an der GBH, im Übrigen war Anteilseignerin die Stadtsparkasse. Die Landeshauptstadt stellte gemäß der Satzung zwölf von 15 Aufsichtsratsmitgliedern, deren Amtszeit sich nach der Wahlperiode des Stadtrats bestimmte. Bei den ihr zugewiesenen Geschäften in der Wohnungswirtschaft hatte die GBH den „Grundsatz sozialer Verantwortung für die sozial schwachen Schichten der Bevölkerung“ zu beachten (§ 2 Nr. 3 Satz 2 der Satzung).
4
Um den Satzungszweck des § 2 („sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der Bevölkerung Hannovers mit dem Schwerpunkt öffentlich geförderter Wohnungsbau“) zu erfüllen, besaß die Stadt Hannover im Tatzeitraum 1999 bis 2002 ein Belegungsrecht an 10.000 Wohnungen von einem von der GBH verwalteten Gesamtbestand von 14.000 Wohnungen , die mit öffentlichen Fördermitteln errichtet worden waren. Die mit einem Belegungsrecht belasteten Wohnungen konnten nur mit einem von der Stadtverwaltung vergebenen Bezugsschein gemietet werden. Daneben hatte die Stadt Hannover Belegungsrechte bei etwa 100 anderen privaten Vermietern oder Wohnungsbaugesellschaften. Mieter mit solchen Bezugsscheinen wurden gleichmäßig auf alle Wohnungsanbieter verteilt. Im Übrigen verwaltete die GBH den Wohnungsbestand nach erwerbswirtschaftlichen Gesichtspunkten unter Beachtung des Mietspiegels, um zur Konsolidierung des Haushalts der Landeshauptstadt Hannover beizutragen.
5
Der Angeklagte B. war zunächst städtischer Angestellter und wurde nach BAT vergütet. „Nach Umstrukturierung“ der GBH wurde er als „Bezirksleiter Technik“ und stellvertretender Geschäftsstellenleiter des Stadtbereichs Stöcken nach einem Haustarif bezahlt. Aus privaten Geldnöten vereinbarte der Angeklagte B. ab 1999 mit dem ihm bekannten Angeklagten G. , einem Malermeister, Rechnungen über tatsächlich nicht erbrachte Werkleistungen bei der Kasse der GBH einzureichen, um anschließend den ausgezahlten Werklohn (ohne Umsatzsteueranteil) unter sich aufzuteilen. Insgesamt 89 von dem Mitangeklagten G. ausgestellte Scheinrechnungen gab der Angeklagte B. zur Kasse, nachdem er sie abgezeichnet und die erforderliche Unterschrift eines weiteren Mitarbeiters eingeholt hatte, von dem er im Einzelfall wusste, dass dieser als Vertreter des eigentlich zuständigen, aber verhinderten Kollegen die Rechnung nicht sachlich prüfen konnte. In gleicher Weise erhielt der Angeklagte B. von den Mitangeklagten D. und W. elf bzw. acht Scheinrechnungen, deren Beträge sie sich nach Auszahlung durch die GBH teilten. Insgesamt verursachte der Angeklagte B. einen Schaden von rund 440.000 € zu Lasten der GBH.
6
Der Angeklagte B. verschwieg gegenüber dem Finanzamt die ihm aus den vorgenannten Taten zugeflossenen Erlöse und verkürzte damit Einkommensteuer für 1999 bis 2001 von insgesamt fast 90.000 DM. Für das Jahr 2002 wurde die Einkommensteuer mit Hilfe der Erkenntnisse aus dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren noch vor Abschluss der allgemeinen Veranlagungsarbeiten im April 2004 zutreffend festgesetzt.
7
2. Das Landgericht hat die Amtsdelikte der §§ 331 ff. StGB nicht angewendet , da die GBH nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB anzusehen sei. Dies hat das Landgericht insbesondere damit begründet, dass die Stadt Hannover die Wohnungsversorgung für sozial schwächere Mieter in gleicher Weise über die anderen Wohnungsanbieter sichergestellt und sich die GBH folglich nicht mehr von den anderen Anbietern unterschieden habe, zumal sie Erträge zur Entlastung des Stadthaus- halts erwirtschaften sollte. In der öffentlichen Wahrnehmung sei der GBH keine öffentliche Aufgabenerfüllung mehr zugekommen.

II.


8
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagte B. führt lediglich dazu, dass im Schuldspruch die Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in den Fällen II. 1 bis II. 108 der Urteilsgründe jeweils entfällt.
9
1. Die Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB wird von den Feststellungen nicht getragen. Gleichwohl lässt dieser Rechtsfehler die verhängten Einzelstrafen unberührt.
10
a) Nach § 299 Abs. 1 StGB ist unter anderem Tatbestandsvoraussetzung , dass der Bestochene den Vorteil als Gegenleistung für eine Bevorzugung bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die Tatbestandsmerkmale „Bevorzugung“ und „Wettbewerb“ setzen also mindestens zwei Konkurrenten voraus, von denen einer, nämlich der Vorteilsgeber oder ein von diesem bestimmter Dritter, nach der mit dem Bestochenen getroffenen Unrechtsvereinbarung gegenüber dem Mitbewerber besser gestellt werden soll. Dabei muss der benachteiligte Mitbewerber in der Unrechtsvereinbarung nicht der Person nach bestimmt sein, solange feststeht, dass es überhaupt wenigstens einen anderen Konkurrenten gibt (BGHR StGB § 299 Abs. 2 Geschäftlicher Verkehr 1 m.w.N.; BGH wistra 2003, 385, 386).
11
b) Die Urteilsfeststellungen belegen auch nicht in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Strafzumessungserwägungen, dass der Angeklagte B. bei der „Vergabe“ der Scheinaufträge an die Mitangeklagten andere Unternehmer übergangen hat. Dies erscheint auch von vornherein insofern ausgeschlossen, als tatsächlich keine Werkleistungen erbracht werden soll- ten und es insoweit keine (lautere) Wettbewerbssituation gab, in der der Angeklagte B. die Mitangeklagten gegenüber den „Angeboten“ anderer Handwerker oder Maler „bevorzugen“ konnte. Schließlich geben die Feststellungen insgesamt nichts dafür her, dass der Angeklagte B. gegenüber den Mitangeklagten G. und D. die Vergabe von tatsächlich zu erbringenden Werkarbeiten von deren Beteiligung an den fingierten Rechnungen abhängig machte.
12
c) Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die Fälle II. 101 bis II. 108 der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte W. davon ausging, weitere tatsächlich zu erfüllende Werkaufträge nur dann zu erhalten, wenn er dem Angeklagten B. das Ausstellen der Scheinrechnungen zusagte. Dies reicht nicht aus, um die Strafbarkeit des Angeklagten B. nach § 299 Abs. 1 StGB bei den insoweit allein maßgeblichen Tathandlungen des „Forderns“ der fingierten Rechnungen, des „Sichversprechenlassens“ mit der Entgegennahme der Zusage und des „Annehmens“ bei Aufteilung der Taterlöse zu bejahen. Denn insoweit belegen die Feststellungen nicht mehr, als dass der Angeklagte B. die Gelegenheit nutzen wollte, den Angeklagten W. zum Beteiligten und Mitnutznießer von Untreue- und Betrugstaten zu machen, nicht indes eine (zustande gekommene oder zumindest erstrebte ) Unrechtsvereinbarung.
13
d) Der Senat schließt angesichts des Zeitablaufs und der konkreten Umstände des Einzelfalls aus, dass in einer neuen Verhandlung weitergehende Feststellungen möglich wären, die eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr rechtfertigen könnten.
14
2. Die Überprüfung des Urteils zeigt keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten B. auf, soweit er sich gegen die Verurteilung wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in 108 Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung wendet. Anzumerken ist insoweit nur Folgendes:
15
a) Die Feststellungen in den Fällen II. 1 bis II. 108 der Urteilsgründe belegen ausreichend, dass sich sowohl der Kollege des Angeklagten im Rahmen der Gegenzeichnung der Scheinrechnungen als auch die Kassenmitarbeiter der GBH bei Auszahlung der „Werklöhne“ in einem Irrtum befanden. Zwar beschränkte sich der Prüfungsumfang der Kassenmitarbeiter auf die erforderlichen Abzeichnungen der Angestellten der GBH, die die Werklohnrechnungen in sachlicher Hinsicht zu prüfen hatten. Beide gingen jedoch – zumindest in der Form des sachgedanklichen Mitbewusstseins (vgl. dazu BGH wistra 2007, 102, 105, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; Tröndle /Fischer, StGB 54. Aufl. § 263 Rdn. 35) – davon aus, dass es sich um Rechnungen mit einem realen Hintergrund, mithin also nicht um bloße Scheinrechungen handelte.
16
b) Das Landgericht hat zwischen Betrug und Untreue zutreffend Tateinheit angenommen, weil der Angeklagte B. schon bei Vornahme der Täuschungshandlungen in einem Treueverhältnis zu der GBH stand und der Tat deshalb ein zusätzlicher Unrechtsgehalt zukam (BGH wistra 1991, 218, 219 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
17
c) Die Annahme von Tatmehrheit wird durch die Feststellungen getragen. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe reichte der Angeklagte B. die 108 Scheinrechnungen einzeln bei der Kasse der GBH ein.
18
3. Trotz des berichtigten Schuldspruchs haben die vom Landgericht auch in den Fällen II. 1 bis II. 108 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen Bestand. Das Landgericht hat die Einzelstrafen zutreffend gemäß § 52 Abs. 2 StGB dem Gesetz mit der schwersten Strafandrohung entnommen, hier also dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB von sechs Monaten bis zehn Jahren, den das Landgericht im Hinblick auf die Spielsucht des Angeklagten B. gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert hat. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht die Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nicht strafschärfend in Ansatz gebracht. Es hat die Höhe der Einzelstrafen allein mit solchen Umständen begründet, die der Verurteilung wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue zuzurechnen sind.

III.


19
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die die Verurteilung des Angeklagten B. wegen Steuerhinterziehung wirksam von ihrem Revisionsangriff ausgenommen hat, sind im Wesentlichen unbegründet.
20
1. Die Staatsanwaltschaft erstrebt ohne Erfolg eine Verurteilung der Angeklagten wegen Amtsdelikten nach §§ 331 ff. StGB.
21
a) Der Bundesgerichtshof hat bereits in einer früheren Entscheidung (BGHSt 38, 199) den Geschäftsführer eines in Rechtsform einer GmbH geführten , auf dem Gebiet des Wohnungsbaus tätigen landeseigenen Unternehmens nicht als Amtsträger im Sinne der §§ 331 ff. StGB angesehen. Er hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Wohnungsbaugesellschaft privatrechtlich organisiert sei. Dies spreche gegen eine Amtsträgerschaft , auch wenn es Ausnahmefälle geben mag, in denen der Bürger zur Befriedigung grundlegender Lebensbedürfnisse ohne Ausweichmöglichkeiten auf die Leistungen einer von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in privatrechtlicher Form organisierten Einrichtung angewiesen sei (BGHSt 38, 199, 204). Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) ist § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB insoweit erweitert worden, als die Wörter „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ eingefügt wurden (Art. 1 Nr. 1). Auch diese Erstreckung des Amtsträgerbegriffes auf privatrechtliche Organisationsformen führt nicht dazu, dass die Mitarbeiter der GBH, obwohl die Gesellschaft von der Stadt Hannover letztlich vollständig beherrscht wird, als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen werden könnten.
22
b) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen, und zwar unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform. Sonstige Stellen sind behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (BGHSt 49, 214, 219; 43, 370, 375 ff.). Auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand können demnach „sonstige Stellen“ sein. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht bereits dann der Fall, wenn sie Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehmen. Hinzukommen müssen weitere aussagekräftige Unterscheidungskriterien, um privates von staatlichem Handeln abzugrenzen. Eine Gleichstellung mit Behörden ist besonders dann gerechtfertigt , wenn die juristische Person des Privatrechts bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher bzw. kommunaler Steuerung unterliegt, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint (BGH wistra 2007, 17; BGHSt 49, 214, 219; BGHSt 50, 299, 303).
23
c) Hier ist das Landgericht rechtsfehlerfrei zu der Auffassung gelangt, dass der Angeklagte B. als technischer Bestandsbetreuer schon objektiv nicht als Amtsträger anzusehen ist, weil er bei einer juristischen Person des Privatrechts beschäftigt ist, die keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erledigt.
24
aa) Die Wohnungsfürsorge ist eine öffentliche Aufgabe, deren Erfüllung einem Hoheitsträger zugewiesen ist. Diese Aufgabe nimmt die Stadtverwaltung wahr, indem sie an sozial schwache Bürger Berechtigungsscheine vergibt und einzelne Wohnungen mit Belegungsrechten belastet. An diesem Vorgang ist jedoch die GBH nicht unmittelbar beteiligt, weil sie weder über die Erteilung einer Berechtigung entscheidet noch über die Bedingun- gen bestimmt, die mit den Berechtigungsscheinen verbunden sind. Diese Entscheidungszuständigkeiten begründen den hoheitlichen Charakter der Aufgabe. In diese Verwaltungsvorgänge ist die GBH jedoch nicht eingebunden. Vielmehr stellt die GBH lediglich Teile ihres Wohnungsbestandes für den entsprechenden Begünstigtenkreis zur Verfügung. Insoweit unterscheidet sich das Handeln der GBH nicht von demjenigen anderer Wohnungseigentümer , deren Wohnungen unter einem entsprechenden Belegungsrecht der Stadt Hannover stehen. Dass dies bei der GBH in einer deutlich höheren Größenordnung geschieht, weil etwa 70 % ihres Wohnungsbestandes unter das Belegungsrecht der Kommune fällt, ändert qualitativ an der grundsätzlichen Austauschbarkeit der Leistungen nichts.
25
bb) Allerdings enthält das angefochtene Urteil keine Ausführungen dazu , ob und in welchem Umfang die Eigentümer solcher Wohnungen, die einer entsprechenden Bindung unterliegen, von der Stadt Hannover Leistungen erhalten oder einer besonderen Förderung unterliegen. Die fehlende Darlegung der Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zwischen der Stadt Hannover und den Eigentümern der sozialgebundenen Wohnungen begründet hier jedoch keinen wesentlichen Mangel, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils nötigen könnte. Maßgeblich ist insoweit nämlich in erster Linie der Umstand, dass die in der Zurverfügungstellung der Wohnung liegende Leistung der GBH keine der staatlichen Sphäre zugeordnete Leistung ist und durch gleichwertige Leistungen anderer Wohnungseigentümer ersetzt werden könnte. Dies nimmt dem Handeln der GBH den hoheitlichen Charakter.
26
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden Belegungsrechte der Stadt Hannover bei etwa 100 anderen Wohnungseigentümern begründet, wozu auch weitere Baugesellschaften mit eigenem Wohnungsbestand rechnen. Demnach besteht kein – für die Erledigung hoheitlicher Aufgaben typisches – Aufgabenfeld der Staatsverwaltung, das lediglich in einer privatrechtlichen Organisationsform abgewickelt wird. Vielmehr verschafft sich die Kommune in Erfüllung ihrer eigenen Sozialverpflichtung Wohnungen, wobei sie unter mehreren Wohnungsanbietern auswählen kann. Für diese Beschaffung mit Wohnraum ist ein Markt eröffnet, auf dem neben der GBH letztlich auch andere Wohnungseigentümer Wohnraum für soziale Zwecke zur Verfügung stellen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass – so der vom Landgericht als Zeuge einvernommene Stadtkämmerer We. – die Belegung der Wohnungen im marktgerechten Wettbewerb unter Berücksichtigung aller Eigentümer von geförderten Wohnungen erfolgt. Bei einer solchen Sachverhaltskonstellation fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger städtischer Inhaberschaft stellt letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt dar, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat (vgl. BGHSt 50, 299, 307). Die Entstehung wettbewerblicher Strukturen im Zusammenhang mit der Vergabe sozialgebundener Wohnungen im Raum Hannover wird im Übrigen durch den Umstand belegt, dass auch die Verwertung von Wohnungen, die mit Belegungsrechten der Stadt belastet sind, gewinnbringend sein kann, wie das Beispiel der GBH zeigt.
27
cc) Die soziale Zielsetzung der GBH, die in der Satzung niedergelegt ist, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Allerdings ist der Staatsanwaltschaft zuzugeben, dass diesem Umstand Indizcharakter für eine Aufgabe zukommen kann, die typischerweise durch die öffentliche Verwaltung wahrgenommen wird. Das Gewicht dieses Gesichtspunktes vermindert sich im vorliegenden Fall jedoch dadurch deutlich, dass die GBH nach den Feststellungen des Landgerichts erwerbswirtschaftlich tätig ist und auch tatsächlich erhebliche Gewinne erzielt hat. Weiterhin wurden in den Haushaltsplanungen der Stadt Hannover bis 2009 jährliche Gewinnerwartungen in Höhe von 4 % des Eigenkapitals eingestellt. Obwohl eine Gewinnerzielungsabsicht ebenso wenig wie tatsächlich erzielte Gewinne der Einstufung als öffentliche Aufgabe entgegenstehen (BGHSt 49, 214, 221; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7), relativiert ihr Vorhandensein doch die in der Satzung festgelegte soziale Zweckbindung. Abgesehen davon, dass eine solche soziale Zielstel- lung nur ein einzelner Gesichtspunkt innerhalb der vorzunehmenden Gesamtbewertung (BGHSt 50, 299, 305) sein könnte, kommt ihr auch deshalb keine wesentliche Bedeutung zu, weil die GBH tatsächlich beträchtliche Gewinne erwirtschaftet hat.
28
dd) Schließlich hat das Landgericht zutreffend in seine Gesamtbewertung einbezogen, dass die GBH von der Bevölkerung als eine von 100 Wohnungseigentümern und Anbietern auf dem Wohnungsmarkt, nicht aber als verlängerter Arm des Staates wahrgenommen wird. Die GBH tritt – wie andere gewerbliche Unternehmen auch – auf dem Markt werbend auf und operiert nach außen wie andere private Wohnungsbauunternehmen. Dieses Erscheinungsbild der GBH in der Öffentlichkeit ist angesichts des von den §§ 331 ff. StGB geschützten Rechtsguts berücksichtigungsfähig (BGHSt 49, 214, 227). Die Amtsdelikte schützen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität von Trägern staatlicher Institutionen (BGHSt aaO; 43, 370, 377). Wird das privatrechtlich strukturierte Unternehmen nicht als Teil der Staatsverwaltung angesehen, weil eine Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht mehr deutlich wird, verliert sich vor dem Hintergrund des durch die Amtsdelikte verfolgten Strafzwecks auch im Korruptionsfalle das Bedürfnis nach einer Ahndung gemäß §§ 331 ff. StGB.
29
3. Der Schuldspruch in den Fällen II. 1 bis II. 108 der Urteilsgründe ist gemäß § 301 StPO auch bei den Nichtrevidenten G. , D. und W. dahingehend zu berichtigen, dass die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr entfallen. Aus den gleichen Gründen, wie beim Angeklagten B. ausgeführt, haben diese Schuldspruchberichtigungen jedoch keinen Einfluss auf die verhängten Strafen.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

(1) Die Krankenkassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung.

(2) Die Krankenversicherung ist in folgende Kassenarten gegliedert:

Allgemeine Ortskrankenkassen,
Betriebskrankenkassen,
Innungskrankenkassen,
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Träger der Krankenversicherung der Landwirte,
die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der Krankenversicherung (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See),
Ersatzkassen.

(3) Im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung arbeiten die Krankenkassen und ihre Verbände sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen.

(4) Die Krankenkassen haben bei der Durchführung ihrer Aufgaben und in ihren Verwaltungsangelegenheiten sparsam und wirtschaftlich zu verfahren und dabei ihre Ausgaben so auszurichten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten.

(5) Im Jahr 2023 dürfen sich die sächlichen Verwaltungsausgaben der einzelnen Krankenkasse nicht um mehr als 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöhen. Die Begrenzung nach Satz 1 gilt nicht für sächliche Verwaltungsausgaben, die wegen der Durchführung der Sozialversicherungswahlen einschließlich der Teilnahme am Modellprojekt zur Durchführung von Online-Wahlen und der Kostenumlage für dieses Modellprojekt nach § 194a Absatz 3 entstehen, sowie für Aufwendungen für Datentransparenz nach den §§ 303a bis 303e.

(6) (weggefallen)

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks
ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 24. Juni und 9. Juli 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J. ,
Rechtsanwalt N. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten K. L. ,
Rechtsanwalt L. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger für die Angeklagte G. L. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 9. Juli 2009 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz; dieser entfällt.
2. Auf die Revision der Angeklagten G. L. wird das genannte Urteil
a) im Schuldspruch gegen diese Angeklagte dahin abgeändert , dass sie der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch gegen diese Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafaussprüche, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. L. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall in Höhe von knapp 1,5 Mio. Euro angeordnet. Gegen seine mitangeklagte Ehefrau G. L. hat es wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen die Verurteilungen jeweils mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben die aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolge.

A.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Durch am 28. November 2000 in Kraft getretenes Gesetz vom 21. November 2000 (HmbGVBI 2000 S. 349 – HmbRAVersG) wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Freien und Hansestadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet (i. F.: Versorgungswerk). Mit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk können angestellte Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden. Zum Leitungsorgan der Körperschaft wurde ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Verwaltungsausschuss gesetzlich bestimmt, dessen Mitglieder durch die Mitgliederversammlung zu wählen waren.
4
Die Mitgliederversammlung beschloss im April 2001 die Satzung des Versorgungswerks, die nach Genehmigung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Justizbehörde im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Juli 2001 in Kraft trat.
5
Auf derselben Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte L. , ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsbeistand und als solcher Mitglied der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses gewählt. Zu den Hauptaufgaben des Verwaltungsausschusses gehörte die Prüfung von Geldanlagemöglichkeiten für das durch die Mitgliedsbeiträge eingenommene Kapital des Versorgungswerks.
6
Die Wahl des Angeklagten entsprach einem bereits vor der Gründung des Versorgungswerks mit dem anderweitig verfolgten D. gefassten Tatplan. Der Angeklagte sollte die Stellung im Verwaltungsausschuss unter Missachtung der ihm als Organwalter der Körperschaft obliegenden Pflichten im Interesse der P. N. L. AG (i. F.: P. ) dazu ausnutzen, das Vermögen des Versorgungswerks bei der P. anzulegen. Im Gegenzug sollte er durch D. , den Bezirksdirektor der P. , verdeckt einen als „Vermittlungsprovision“ deklarierten Anteil erhalten.
7
Die weitere Geschäftsabwicklung folgte einer durch den Angeklagten und D. bereits seit langem gepflogenen Übung. Der Angeklagte beriet seit vielen Jahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eine Vielzahl vermögender Mandanten auch in Bezug auf Kapitalanlagen. Diesen verschaffte er jedenfalls in der Zeit ab 1994 unter Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung diverse Versicherungsverträge der P. und erhielt dafür von D. heimlich „Provisionen“. Gemäß dieser Übung sollten auch im Falle des Versorgungswerks die erwarteten „Provisionsbeträge“ auf das Konto eines dem Angeklagten nahe stehenden Dritten fließen, hier auf das einer von der in den Tatplan eingeweihten Ehefrau des Angeklagten, der Mitangeklagten G. L. , beherrschten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der neben ihr nur noch ihr Vater, der frühere Mitangeklagte G. , zu einem Prozent beteiligt war.
8
Innerhalb des Verwaltungsausschusses wurden zum Zweck der Arbeitsteilung Referate gebildet. Dem Angeklagten wurden dabei gemeinsam mit dem Zeugen C. die Bereiche „Vermögensverwaltung/Finanzen“ übertragen. Das Referat war schwerpunktmäßig für Fragen der Kapitalanlage und für Verhandlungen mit deren Anbietern verantwortlich. Das dem Angeklagten seitens der übrigen Ausschussmitglieder zugeschriebene besondere Fachwissen im Kapitalanlagegeschäft und sein dominantes Auftreten innerhalb des Ausschusses führten schnell zu seiner faktischen Leitungsfunktion (UA S. 16) innerhalb des Referats.
9
Unter Ausnutzung dieser Position gelang es dem Angeklagten, die P. als Vertragspartner ins Gespräch zu bringen. Allerdings scheiterte sein Plan, das gesamte zur Verfügung stehende Kapital des Versorgungswerks unter gleichzeitiger Auslagerung der Kapitalverwaltung bei der P. anzulegen, am Mehrheitsvotum des Verwaltungsausschusses. Dieser beschloss nämlich, die Anlage aufzuteilen und lediglich ein Drittel des Gesamtkapitals bei einer Versicherung anzulegen. Um seinen erhofften Anteil zu erhöhen, erstrebte der Angeklagte als Mitglied der Hamburger Steuerberaterkammer indes noch den Anschluss der dortigen Steuerberater an das anwaltliche Versorgungswerk, ohne dass dies später umgesetzt wurde.
10
Er erklärte den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, dass das von der P. dem Versorgungswerk angebotene Kapitalanlageprodukt die gewünschte Mindestverzinsung von 3,5 % biete und keine weiteren Verwaltungsgebühren oder sonstige Kosten anfallen würden. Tatsächlich war ihm jedoch ebenso wie D. bekannt, dass sich dieser Garantiezins nicht auf die effektive Rendite bezog, sondern auf das Kapital, das nach Abzug der beträchtlichen Kosten angelegt werden würde. Hiernach blieb den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses verborgen, dass ihnen ein normales Tarifprodukt der Versicherung zu im Hinblick auf den Umfang des Projekts nicht besonders günstigen Konditionen angeboten wurde. Beide verschwiegen, dass die Versicherung angesichts der zu erwartenden erheblichen Beiträge grundsätzlich zu Verhandlungen und zum Gewähren – rechtlich zulässiger – günstigerer Bedingungen bereit gewesen wäre. Dies hätte namentlich dann gegolten, wenn die Versicherung nicht die an den Angeklagten zu zahlende „Provision“ hätte einkalkulieren müssen.
11
Nach Anhörung auch anderer Anbieter unterzeichneten der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses B. und der Angeklagte als stellvertretender Vorsitzender im November 2001 den von der P. angebotenen Rentenversicherungsvertrag. Im Frühjahr des Jahres 2002 überwies die P. auf Veranlassung D. s verabredungsgemäß die mit 3,2 % der vorgesehenen Gesamtkapitalanlage bemessene „Provision“ für den Angeklagten in Höhe von knapp 900.000 Euro auf das von der Mitangeklagten G. L. geführte Konto der genannten Gesellschaft, das erst kurz zuvor, nämlich am 5. März 2002, auf den Namen „Unternehmensberatung L. “ eröffnet worden war.
12
Da das Beitragsaufkommen des Versorgungswerks schnell die Prognosen übertraf, kamen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses überein, einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen. Abermals setzte sich der Angeklagte für die P. ein; er erklärte auf einer Sitzung des Organs erneut der Wahrheit zuwider, dass bei einem Abschluss mit der P. Provisionen nicht anfallen würden. Der Verwaltungsausschuss beschloss , einen weiteren Rentenversicherungsvertrag bei der P. zu ähnlichen Konditionen abzuschließen, den der Zeuge B. und der Angeklagte im August 2002 unterzeichneten. Wie zuvor mit D. vereinbart , überwies die P. im September 2002 die „Vermittlungsprovision“ in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro auf das Konto der von der wiederum eingeweihten Mitangeklagten G. L. beherrschten Gesellschaft, das zwischenzeitlich auf den Namen „G. G. F. “ umge- schrieben worden war. Ebenso wie die zuvor gezahlte Provision wurde der Betrag vom Angeklagten L. , der ohne weiteres Zugriff auf die Gelder erhielt, in Windkraftanlagen investiert.
13
Nach Aufdeckung der verheimlichten Zahlungen an den Angeklagten wurden die Versicherungsverträge mit der P. rückabgewickelt. Die bis dahin eingezahlten Beiträge von rund 11,8 Mio. Euro wurden dem Versorgungswerk – ohne Zinsen und Überschussbeteiligungen – im Oktober 2004 rückerstattet.

B.


14
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Ergänzend gilt Folgendes:
15
I. Hinsichtlich der Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO, die Ablehnungsgesuche vom 26. Juni 2007 betreffen, ist ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben.
16
1. Diesen Rügen liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
17
Am dritten Sitzungstag, dem 26. Juni 2007, wurde nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“
18
Wegen dieser Äußerung lehnten die Angeklagten K. und G. L. die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
19
2. Die Revisionen verstehen die Äußerung dahin, dass die Strafkammer die Angeklagten verurteilen und die Verteidigung hiergegen Revision einlegen werde; sollte diese Revision vom Bundesgerichtshof verworfen werden , würde auch das nunmehr abgetrennte Verfahren gegen den Mitangeklagten G. vor der Strafkammer fortgeführt werden. Denn nur dann könne es ein „Wiedersehen“ geben.
20
3. Die Rügen greifen im Ergebnis nicht durch. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.
21
Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein be- stimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.
22
II. Auch im Zusammenhang mit einer Fristsetzung des Vorsitzenden zur Stellung weiterer Beweisanträge liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht vor.
23
1. Den zugehörigen Rügen, die Ablehnungsgesuche vom 9. Juli 2007 betreffen, liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
24
Nachdem die Hauptverhandlung vom 18. Juni bis zum 9. Juli 2007 an neun Sitzungstagen durchgeführt worden war, wurde das Verfahren am 9. Juli 2007 gegen den Mitangeklagten D. durch Beschluss der Strafkammer „aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung“ abgetrennt, da das „Verfahren gegen den geständigen Angeklagten … entscheidungsreif“ sei. Der Vorsitzende ordnete die Fortsetzung in dem abgetrennten Verfahren für denselben Tag um 11.00 Uhr an und traf anschließend die Anordnung: „Die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen wird bestimmt bis Dienstag, den 10. Juli 2007, 10.00 Uhr.“ An den vorausgegangenen Sitzungstagen vom 2. und 3. Juli 2007 waren die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden , nach Vernehmung zweier noch zu hörender Zeugen sei „gegebenenfalls damit zu rechnen, dass die Schlussanträge zu halten sein“ würden.
25
Wegen der Fristsetzung und der Abtrennung gegen den Mitangeklagten D. lehnten die Angeklagten K. und G. L. sämtliche Mitglieder des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
26
2. Die Revisionen erblicken in der angeordneten Fristsetzung eine Missachtung des Rechts der Angeklagten auf sachgerechte Verteidigung und auf ein faires Verfahren, die in so „massiver, grober und nicht mehr verständlicher Weise“ vorliege, dass die Angeklagten nicht davon ausgehen konnten, die Richter seien in der Entscheidung noch offen. Vielmehr habe für die Angeklagten der Schluss nahe gelegen, das Gericht wolle unter Preisgabe elementarer Verteidigungsrechte so rasch wie möglich zur Verurteilung kommen.
27
3. Auch diese Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
28
a) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hatte der Strafkammervorsitzende für seine Fristsetzung die Erwägungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 51, 333, 344) herangezogen. Die – in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebilligte (vgl. BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2) und näher ausgeführte (BGHSt 52, 355) – Verfahrensweise einer Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht ablehnbar sind, steht vor allem nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nämlich nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf (vgl. selbst für einen Extremfall BGHR StPO § 244 Abs. 3 Missbrauch 2). Vielmehr verfolgt sie das Ziel stringenter, dem Zügigkeitsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK verpflichteter Verfahrenserledigung, sucht den dysfunktionalen Einsatz des Beweisantragsrechts zur Prozessverschleppung zu verhindern und schafft in den Gerichten zustehender Erweiterung und Änderung bisheriger Rechtsprechung zu dem entsprechenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 2, § 245 Abs. 3 Satz 3 StPO einen Weg zu sachgerechter Vorbereitung leichterer Ablehnung grundlos spät gestellter Beweisanträge.
29
Im Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen versteht es sich freilich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen (s. den Sondermaßstab des § 229 Abs. 2 StPO; vgl. BGHSt 52, 355, 362) und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Zudem wird Anlass für die in Frage stehende Fristsetzung überhaupt nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO; vgl. BGHSt aaO S. 363). Das letztgenannte Erfordernis ist Konsequenz der Funktion der betroffenen Verfahrensweise als Vorbereitung späterer, leichter begründbarer ablehnender Entscheidungen über nach Fristablauf gestellte Beweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 6, § 34 StPO).
30
b) Es liegt auf der Hand, dass die restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen bei der die Richterablehnung veranlassenden Fristsetzung vorliegend nicht vollständig erfüllt waren. Diese erfolgte nach weniger als zehn Verhandlungstagen, wobei mit ihrer Anordnung eine ausdrückliche Begründung für einen berechtigten Verdacht von Prozessverschleppung nicht verbunden war. Besonders ins Gewicht fällt darüber hinaus, dass die Frist eklatant kurz gesetzt war.
31
c) Der Verfahrensfehler begründet gleichwohl noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt ungeachtet dessen, dass Verfahrensfehler, die mit einer Einschränkung besonders wesentlicher Verteidigungsrechte ein- hergehen, eher als sonstige Verfahrensfehler eine Richterablehnung nach § 24 StPO zu rechtfertigen in der Lage sind.
32
Maßgebend zu berücksichtigen ist das die Richterablehnung veranlassende Verfahrensgeschehen. Ihr waren Äußerungen der Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung vorausgegangen, die angesichts des gesamten bisherigen Verteidigungsverhaltens (UA S. 30 ff.) als Ankündigung einer überschießend offensiven Verteidigung verstanden werden konnten (vgl. insbesondere UA S. 35); das vorangegangene Antragsverhalten in der Hauptverhandlung schon vor der Fristsetzung war jedenfalls nicht geeignet, einen solchen verständlichen Argwohn zu zerstreuen. Aufgrund der bereits zuvor seitens des Gerichts angekündigten Möglichkeit eines alsbaldigen Abschlusses der Beweisaufnahme traf die kurze Frist die Verteidigung nicht gänzlich unvorbereitet. Da angesichts der bevorstehenden Ferienzeit beträchtliche Verfahrensunterbrechungen konkret drohten, war ein Streben des Vorsitzenden nach alsbaldigem Verfahrensabschluss erklärlich. Die beanstandete Verfahrensweise bezog sich auf eine neue, prinzipiell berechtigte, indes noch nicht näher ausgestaltete Rechtsprechung.
33
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände ist in der rechtsfehlerhaften Fristsetzung keine derart gravierende Vernachlässigung berechtigter Verteidigungsbelange zu sehen, dass deshalb die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass dem mit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Verhalten eine unbedachte, nicht unbedenkliche Äußerung des Vorsitzenden am dritten Hauptverhandlungstag (oben B. I.) vorausgegangen war, und ungeachtet dessen, dass die Fristsetzung just zu dem Zeitpunkt erfolgte, als sich mit der prozessual für sich nicht zu beanstandenden Ankündigung einer Erledigung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten D. im Wege der Verständigung für die Angeklagten K. und G. L. eine grundlegend neue Prozesssituation ergab, wenngleich dies eine noch kritischere Sicht auf die Kürze der gesetzten Frist veranlasst.
34
Es bleibt trotz alledem bei dem Grundsatz, dass ein Verfahrensverstoß , der auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, allein noch keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. BGHSt 48, 4, 8), sondern nur dann, wenn eine Entscheidung abwegig ist oder der Anschein der Willkür erweckt wird. So weit geht das die Richterablehnung veranlassende Vorgehen des Strafkammervorsitzenden letztlich doch nicht.
35
III. Die Verfahrensrügen wegen Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens erweisen sich auch deshalb gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO als unzulässig, weil die Revisionen den von der Strafkammer in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 12. und 26. Oktober 2007 (Protokollanlagen 114 und 145) in Bezug genommenen Beschluss vom 12. Oktober 2007 (Protokollanlage 116) in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rügevortrag weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt haben. In der Sache sind die Rügen angesichts der mit Hilfe von Versicherungsfachleuten getroffenen Feststellungen zu ungenutzten vorhandenen Verhandlungsspielräumen bei der Ausgestaltung der in Frage stehenden Geldanlagen für den Schuldspruch nicht durchgreifend. Die Strafaussprüche haben ohnehin keinen Bestand.
36
IV. Der frühere Mitangeklagte D. hatte sich wiederholt in der Hauptverhandlung bis zur Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zur Sache geäußert. Zumal danach sind sämtliche auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Rügen, mit denen allein anhand der für ihn abgegebenen, von ihm als Einlassung anerkannten und als Anlage zu Protokoll genommenen Verteidigererklärung die Urteilsausführungen zum Inhalt seines Ge ständnisses beanstandet werden sollen, wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hervorgehoben hat, im Ansatz verfehlt (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vgl. auch BGHSt 52, 175, 180).

C.


37
Die von beiden Angeklagten erhobenen Sachrügen sind teilweise erfolgreich.
38
I. Das Landgericht hat den Angeklagten L. als stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks zutreffend als Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen und rechtsfehlerfrei wegen Bestechlichkeit verurteilt.
39
1. Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
40
a) Es spricht viel dafür, dass das Versorgungswerk eine Behörde im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 1 StGB ist. Jedenfalls ist sie eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.
41
Das Versorgungswerk wurde durch Gesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Über das typischerweise öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verhältnis der Körperschaft zu ihren Mitgliedern hinaus besteht in weiten Teilen eine Zwangsmitgliedschaft. Sämtliche Mitglieder der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer sind – soweit sie das 45. Lebensjahr nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 und 2 HmbRAVersG) – Pflichtmitglieder und können auf Antrag von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden. Überdies besitzen die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks als Organ der Körperschaft Verwaltungsaktqualität und unterliegen nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. §§ 7, 8 der Satzung) verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Schließlich untersteht das Versorgungswerk, wie im Sozialversicherungsrecht üblich (vgl. nur § 393 Abs. 1 SGB III; §§ 87, 88 Abs. 1 SGB IV; § 141 SGB VII), staatlicher Rechtsaufsicht (§ 7 Abs. 1 HmbRAVersG) und der Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. §§ 105 ff. LHO, HmbGVBl 1971 S. 261).
42
Diese durch das Landgericht fehlerfrei festgestellten Umstände streiten dafür, das Versorgungswerk – wie dies auch für andere Träger der Sozialversicherung angenommen wird (RGSt 76, 105, 107; 76, 209, 211; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 97; aM BGHZ 25, 186, 193 [zu § 29 GBO]) – als Behörde im strafrechtlichen Sinn einzustufen (zu den verschiedenen Begriffsbestimmungen Radtke aaO). Die Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB erfüllt sind.
43
Eine sonstige Stelle ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein (vgl. nur BGHSt 43, 370, 376; 52, 290, 293). Der Organisationsform der Stelle kommt dabei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu (Fischer, StGB 56. Aufl. § 11 Rdn. 19 m.w.N.). Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede , so ist dieser Organisationsform indes eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen (ähnlich Welp, Festschrift für Lackner 1987 S. 761, 780). Schon nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nämlich vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können (Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 11. Mai 1973, BT-Drucks 7/550 S. 209). Andere Schlüsse lässt entgegen der Ansicht der Revision auch die Entscheidung des Senats zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers einer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) allein beherrschten privatrechtlich organisierten Gesellschaft (BGHSt 46, 310) nicht zu. Dort hat der Senat ebenfalls maßgeblich auf die rechtliche und tatsächliche Eingliederung der Stelle in die Staatsverwaltung abgestellt und sie mit dem Hinweis auf die Sonderstellung des BRK abgelehnt (BGHSt aaO S. 314). Beim BRK handelt es sich nämlich um eine sogenannte Formalkörperschaft , die zwar in die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gekleidet ist, ohne dass jedoch bei ihrer Einrichtung an eine organisatorische Eingliederung in die Staatsverwaltung gedacht war (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, 5. Aufl. § 81 Rdn. 38 und § 87 Rdn. 13; BGH aaO m.w.N.). Die deshalb mangelnde staatliche Lenkung konnte durch die gleichwohl bestehende staatliche Rechtsaufsicht über das BRK nicht kompensiert werden (BGHSt aaO S. 315). Nur in diesem spezifischen Kontext wurde in jener Entscheidung das Fehlen einer Fachaufsicht stützend herangezogen. Das Kriterium ist indessen nicht generell ein maßgebliches Beweiszeichen für eine fehlende Eingliederung der betreffenden Stelle in die Staatsverwaltung.
44
b) Das Versorgungswerk nimmt auch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland (BVerfGE 113, 1, 25; BVerwG NJW-RR 2001, 785, 786; NJW 1997, 1634; Groepper NJW 1999, 3008; Hahn GewArch 2002, 441; 2008, 49, 52). Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. Trotz bestehender Unterschiede zum System der gesetzlichen Rentenversicherung ist die berufsständische Versorgung mit jenem gleichwertig (vgl. nur den Befreiungstatbestand § 6 SGB VI und dazu Kreikebohm, SGB VI 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Beide haben eine von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängige angemessene Versorgung im Alter zum Ziel.
45
c) Die Feststellungen der Strafkammer tragen auch die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Begründung einer Amtsträ- gereigenschaft erforderliche Bestellung des Angeklagten L. zur Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
46
aa) Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (st. Rspr., vgl. nur – unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte – BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).
47
bb) Jedenfalls durch seine Wahl in den Verwaltungsausschuss durch die Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte für vier Jahre (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung) mit der eigenständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tatsächlich betraut; er war damit in die Organisation der Körperschaft längerfristig fest eingegliedert. Der Verwaltungsausschuss leitet das Versorgungswerk und ist für die Durchführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung verantwortlich sowie verpflichtet, innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers der Mitgliederversammlung vorzulegen (§ 6 Abs. 1 der Satzung).
48
cc) Soweit die Revisionen – insbesondere in Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 3 StPO) gekleidet – eine fehlende Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer angeblich unwirksamen Gründung des Versorgungswerks und einer rechtsfehlerhaften – im Übrigen, soweit ersichtlich, von niemandem angefochtenen – Wahl des Angeklagten zum stellvertreten- den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses geltend machen, bleiben sie ohne Erfolg. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatbestandlich ohne Bedeutung. Die Verletzung von Rechtsvorschriften im Innenverhältnis zwischen Stelle und Betroffenem lässt die Frage der Amtsträgereigenschaft unberührt; entscheidend ist vielmehr die – hier erfolgte – tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 29; Hilgendorf in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 36; Rudolphi/Stein in SK StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 31a; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 57; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht 2001 S. 544). Dessen ungeachtet offenbaren weder der Revisionsvortrag noch die angegriffenen Feststellungen einen Rechtsmangel im Rahmen der Gründung des Versorgungswerks (vgl. zudem zu dessen Unerheblichkeit: BVerfGE 3, 41, 44 [Gemeinderat]; 1, 14, 38 [Landtag]; BVerwGE 108, 169, 176; BVerwG NVwZ 2003, 995, 996; Seifert , Bundeswahlrecht 3. Aufl. Art. 41 Rdn. 14 sowie Hahn GewArch 2003, 217, 219 und Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 90 Rdn. 9).
49
Die in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung gegen die Annahme einer Amtsträgereigenschaft des Angeklagten L. ins Feld geführte Behauptung, die als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses B. und C. hätten keine Aussagegenehmigung erhalten, obwohl ihnen eine solche, wären sie und der Angeklagte L. Amtsträger gewesen, hätte erteilt werden müssen , ist falsch: Es wurden Aussagegenehmigungen erteilt und zu den Akten genommen (vgl. Bl. 446 d.A.).
50
d) Entgegen der Ansicht der Revisionen wird die Idee des freien Berufs durch die Annahme der Amtsträgereigenschaft eines im Verwaltungsausschuss eines Rechtsanwaltsversorgungswerks tätigen Rechtsanwalts nicht in Frage gestellt. Soweit dieses freiwillig übernommene Ehrenamt überhaupt auf seine anwaltliche Selbständigkeit Auswirkungen haben sollte, entbehren die entsprechenden Regelungen jedenfalls sämtlich einer berufsre- gelnden Tendenz. Im Zusammenhang mit der anwaltlichen Selbstverwaltung übernommene – typischerweise der staatlichen Rechtsaufsicht unterstehende (Tettinger, Kammerrecht 1997 S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht 17. Aufl. § 23 Rdn. 45) – Tätigkeiten lassen insbesondere wegen ihrer Rechtspflegefunktion die freie Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit unberührt (vgl. zur Behördeneigenschaft des Vorstands einer Anwaltskammer schon RGSt 47, 394, 395; RG JW 1936, 1604; BGH NJW 2000, 3004, 3005 m.w.N.).
51
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht auch den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung angenommen. Zwar reicht es hierfür grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Das hat die Strafkammer aber auch nicht verkannt. Freilich ist die Feststellung sehr knapp, es sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er „aufgrund seiner Stellung im Versorgungswerk dazu berufen war, das gesetzliche Ziel der Altersvorsorge zu verfolgen“ (UA S. 14). Jedoch wird diese Feststellung ergänzt durch weitere Ausführungen im Urteil , wonach sich der Angeklagte dieser besonderen Pflichtenstellung bewusst war (UA S. 108) und es – zumindest aufgrund der Ausgestaltung des Versorgungswerks als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, des stark formalisierten „Gründungsverfahrens“ sowie des Handelns der „Organwalter“ in Ausfüllung der ihnen zugewiesenen Positionen – „für den Angeklagten … klar gewesen (war), dass er dazu berufen war, in verantwortlicher Position bei der Erfüllung einer dem Versorgungswerk als Selbstverwaltungskörperschaft unter Einschluss hoheitlicher Befugnisse zugewiesenen Aufgabe mitzuwirken“ (UA S. 106). Diese Wertungen fußen ersichtlich auf einer Gesamtschau der Urteilsgründe und dem in Rede stehenden förmlichen Bestellungsakt des Angeklagten durch seine Wahl in das Selbstverwaltungsorgan der Körperschaft.
52
Die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses machte für den rechtskundigen Angeklagten seine besondere Pflichtenstellung gegenüber und innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft greifbar. Dies gilt insbesondere angesichts der ihm übertragenen teilweise hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse gegenüber den Zwangsmitgliedern. So wurden Anträge auf Befreiung von der Mitgliedschaft unter Mitwirkung des Angeklagten schriftlich in Form eines mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes beschieden (UA S. 12 f.). Die Auswahl der Anlageform gehörte, was dem Angeklagten fraglos bewusst war, sogar zum Kernbereich der Tätigkeit des Versorgungswerks.
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3. Die Angriffe der Revisionen gegen die von der Strafkammer angenommene Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und D. in Bezug auf pflichtwidrige Diensthandlungen des Angeklagten gehen fehl.
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a) Der Einwand, der Vorschlag des Angeklagten habe sich im Rahmen des ihm eröffneten Ermessensspielraums gehalten, greift bereits im Ansatz zu kurz. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt (BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; 48, 44, 46; BGH NStZ-RR 2008, 13). Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). So liegt der Fall hier.
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aa) Der Angeklagte handelte als Ermessensbeamter im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Strafkammer war ihm sowie dem Zeugen C. die Vorauswahl möglicher Kapitalanlageprodukte seitens der übrigen Verwaltungsausschussmitglieder übertragen worden. Beide sollten die notwendigen Informationen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung des Verwaltungsausschusses einholen. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass dem Angeklagten hier auf Grund seiner Wirtschaftsprüfererfahrungen und seines dominanten Auftretens „faktische Leitungsfunktion“ zukam. Er kontrollierte und prägte daher die Vorauswahl und nahm durch seine deutliche Positionierung für das Angebot der P. auf die Entscheidungsfindung Einfluss. Ihm stand mithin sowohl bei der Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Anlageprodukts durch den Verwaltungsausschuss als auch im Rahmen der späteren Abstimmung des Gremiums ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. dazu BGHSt 47, 260, 263 mit Anm. Wohlers JR 2003, 161; BGH NStZ-RR 2008, 13, 14).
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bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts steht außer Frage, dass sich der Angeklagte bereit gezeigt hat, die vereinbarten Vorteile bei den ihm obliegenden Ermessensentscheidungen maßgebend in die Waagschale zu legen (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Bezugspunkte der Unrechtsvereinbarung sind die dem Verwaltungsausschuss unterbreiteten Vorschläge, bei der P. ein – für das Versorgungswerk zudem eher ungünstiges – Kapitalanlageprodukt abzuschließen, sowie das Abstimmungsverhalten des Angeklagten zugunsten der P. im Verwaltungsausschuss. Der Angeklagte hat die Unrechtsvereinbarung durch die genannten pflichtwidrigen Diensthandlungen dann auch tatsächlich umgesetzt und dafür Vorteile großen Ausmaßes bezogen (§ 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Eine mögliche – hier indes fern liegende – sachliche Rechtfertigung der Entscheidung ist ohne Belang (Fischer aaO § 332 Rdn. 14).
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b) Nicht durchgreifend ist auch der weitere Einwand der Revisionen, die Vereinbarung wirtschaftlich günstigerer Konditionen hätte gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (sogenanntes Provisionsabgabeverbot; Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8. März 1934, VerAfP 1934, 99, 100; zu deren Fortgeltung als Bundesrechtsverordnung vgl. BGHZ 93, 177, 178 f.; 159, 334, 338 f.; BGH NStZ 2001, 545) verstoßen. Dies gilt schon deswegen, weil dem Angeklagten im Rahmen des § 332 StGB vorgeworfen wird, dass er wegen der in Aussicht stehenden Schmiergeldzahlun- gen und damit sachwidrig dafür eingetreten ist, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Geldanlagemöglichkeiten gerade den Abschluss von Rentenversicherungsverträgen bei der P. zu wählen.
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II. Die gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Einwände der Revisionen, insbesondere zum entstandenen Untreueschaden, greifen nicht durch.
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1. Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht nach § 266 Abs. 1 StGB, die mit der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 332 StGB korrespondiert , durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines für das Vermögen des Versorgungswerks vorteilhaften Vertragsabschlusses aus finanziellem Eigeninteresse nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen (vgl. BGHSt 31, 232, 235; BGH NStZ 2003, 540, 541). Diesen Maßstab hat das Landgericht beachtet. Ohne dass hierdurch der tatbestandliche Vermögensnachteil zu bestimmen wäre, hat es in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausgehandelten Vertragskonditionen aus mehreren Gründen für das Versorgungswerk ungünstig waren: Zum einen wurde die gewollte Verzinsung des eingezahlten Kapitals mit mindestens 3,5 % nicht erreicht, sondern lediglich eine effektive Verzinsung von weniger als 2 %. Zum anderen barg die Konstruktion eines Rentenversicherungsvertrages, bei dem allein der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses versichert war, ein erhebliches Risiko, weil bei einem Ableben der versicherten Person vor Vertragsende zwar die eingezahlten Beträge zurückerstattet worden wären, aber die vertraglich vorgesehene Verzinsung nicht angefallen wäre (UA S. 18 f.).
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Das Tatgericht hat bei der Bestimmung des Vermögensnachteils zunächst erwogen, ob der Untreueschaden unter Heranziehung der Höhe der „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldzahlungen) bestimmt werden kann. Eine solche Schadensberechnung ist anerkannt sowohl beim Eingehungsbetrug in Form des sogenannten Ausschreibungs- oder Submissionsbetrugs, bei dem der Vermögensschaden in der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Auftragssumme und dem Preis liegt, der bei Beachtung der für das Auftragsvergabeverfahren geltenden Vorschriften erzielbar gewesen wäre , als auch in den Fällen freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen (vgl. BGHSt 47, 83, 88 f.; vgl. auch BGHSt 49, 317, 332 f.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. Hiernach hätte für das Tatgericht die Annahme nahe gelegen, auch bei Bestimmung des dem Versorgungswerk entstandenen Schadens die gezahlten „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldbeträge) zu berücksichtigen, weil solche absprachebedingten Zahlungen eine günstigere Preisgestaltung verhindert haben. Dass ohne diese Zahlungen erheblich günstigere Konditionen für das Versorgungswerk hätten erreicht werden können, ist von der Strafkammer festgestellt worden. Damit war die vereitelte Ersparnis nicht nur eine vage Hoffnung , sondern es bestand eine gesicherte Aussicht auf einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag, die als eine werthaltige Vermögensposition (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541) anzusehen ist.
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2. Die Einwendungen der Revisionen aus § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (oben I. 3. b) greifen nicht durch. Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei den von der Strafkammer festgestellten Verhandlungsmöglichkeiten um davon erfasste Begünstigungsverträge handelte. Die Verhandlungen mit der P. hätten nämlich nicht zwingend die Besserstellung des Versorgungswerks zulasten der Versichergemeinschaft zum Ergebnis haben müssen (zum Zweck der Vorschrift Prölss, VAG 12. Aufl. § 81 Rdn. 74 ff.). Selbst wenn aber die Verhandlungen eine Begünstigung des Versorgungswerks im Sinne des § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG zum Gegenstand gehabt haben sollten, wären diese Abweichungen von einem bestehenden Tarifprodukt nicht von vornherein als unzulässig anzusehen gewesen. Versicherungsrechtlich anerkannt ist die Erlaubnisfähigkeit von Begünstigungsverträgen, sofern diese sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Prölss aaO § 81 Rdn. 82; Fahr/Kaulbach /Bähr, VAG 4. Aufl. § 81 Rdn. 35). Das soll wegen möglicher Kostenersparnisse namentlich bei Kollektivlebensversicherungen gelten (vgl. Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen [BAV] 3/94 II. Nr. 2.2, VerBAV 1/1995, S. 4). Vergleichbar liegt der Fall hier. Obwohl mit dem Versorgungswerk kein Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern Versicherungsnehmer das Versorgungswerk und versicherte Person allein der seinerzeitige Vorsitzende des Verwaltungsausschusses war (UA S. 22), hätte die P. aufgrund der „trotz des hohen Prämienvolumens geringen Verwaltungskosten … auf der Grundlage der dann für diesen Einzelfall vorzunehmenden … Berechnungen einen rechtlich zulässigen individuell begünstigenden Vertrag“ (UA S. 113 f.) oder einen so genannten Nettotarif anbieten können, der auf der Grundlage der nicht anfallenden „Provision“ und anderer eingesparter Kosten zu kalkulieren gewesen wäre. Zumindest soweit die dadurch sachlich gerechtfertigten eingeräumten Konditionen sich durch den Vertrag selbst getragen und keine Subventionierung durch die Versichertengemeinschaft zur Folge gehabt hätten (vgl. Anlage zur Richtlinie 3/94 des BAV Nr. I. Nr. 1.4, aaO S. 5), durfte die Kammer auch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit mit § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG und einer damit bestehenden Genehmigungsfähigkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgehen. Dass die P. grundsätzlich bereit war, eine solche Vertragsgestaltung bei der Aufsichtsbehörde anzumelden oder aufsichtsrechtlich genehmigen zu lassen, hat das Landgericht mit Hilfe sachverständiger Zeugen aus dem Versicherungsbereich rechtsfehlerfrei festgestellt.
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3. Die Strafkammer hat jedoch wegen aus dem Provisionsabgabeverbot hergeleiteter rechtlicher Bedenken, der Besonderheiten versicherungs- mathematischer Berechnungen und der von ihr sonst als notwendig erachteten Hinzuziehung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen von einer exakten Schadensberechnung Abstand genommen und ist von einem Vermögensnachteil von – „was den Schuldspruch trägt“ (UA S. 114) – mindestens einem Euro ausgegangen; der Nachteil erreiche „jedoch in keinem Fall die Höhe der Schmiergeldzahlungen“ (UA S. 126). Der ersichtlich nicht ernst gemeinte, überzogen formulierte Ausgangspunkt einer Schadenshöhe von einem Euro – der, wenn er eine seriöse Sachverhaltsvariante wäre, schwerlich einen Untreueschaden belegen könnte – steht in offenem Widerspruch zu der klaren Urteilsfeststellung, dass die Möglichkeit zu beträchtlich günstigerer Vertragsgestaltung pflichtwidrig ausgelassen wurde (UA S. 21, 65, 108, 113). Diese Feststellung sollte mit der Wendung ersichtlich auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wollte das Tatgericht damit bloß vermitteln , dass seines Erachtens „angesichts der tateinheitlich begangenen Bestechungsdelikte … der Höhe des Nachteils … auf der Ebene der Strafzumessung keine Bedeutung“ (UA S. 114) zukomme. Bei solchem Verständnis der Urteilsbegründung stellt der Umstand, dass es das Tatgericht nicht wenigstens unternommen hat, die ungefähre Schadenshöhe auf der ihm zu Gebote stehenden, wenngleich konkret als unvollkommen erachteten Grundlage mit aller gebotenen Vorsicht zu schätzen, die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Schuldspruchs wegen tateinheitlicher Untreue nicht in Frage.
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III. Soweit die Revision der Angeklagten G. L. mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, weil die Strafkammer aufgrund der vorhandenen Indizien nicht hätte die Überzeugung gewinnen können, dass die Angeklagte Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk hatte und sie bei der unterstützenden Billigung der verdeckten Zahlungsweise im Vorfeld der Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden sei, bleibt die Revision zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue ohne Erfolg, dringt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit durch.
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1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, die – zum Anklagevorwurf schweigende – Angeklagte habe zumindest in Grundzügen um die Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk und seine damit verbundenen Pflichten gewusst und die mit D. bestehende Unrechtsvereinbarung gekannt, auf folgende Indizien und Wertungen:
65
Die Angeklagte hat am 5. März 2002 das Konto eröffnet, auf das kurze Zeit später die erste für den Angeklagten L. bestimmte Zahlung der P. fast in Millionenhöhe überwiesen worden ist, welche die Dimension früherer verdeckter Provisionszahlungen deutlich überschritt. Vor Eingang der zweiten Provisionszahlung veranlasste sie noch die Umbenennung des Kontoinhabers. Die Angeklagte ist gelernte Bankkauffrau und Steuerfachgehilfin. Das Landgericht hält es schlechterdings nicht für vorstellbar , dass sie keinerlei Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk gehabt hat. Angesichts des Umfangs der Provisionszahlungen ist es bei lebensnaher Betrachtung zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte vor den Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden ist.
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2. Der von der Strafkammer gezogene Schluss auf eine Gehilfenstellung der Angeklagten G. L. ist hinsichtlich der Untreue möglich (vgl. zum Maßstab BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt), und zwar vor folgendem Hintergrund: Der Angeklagte L. hatte sich in den Jahren zuvor unter standeswidriger Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an den Kapitalanlagen seiner Mandanten persönlich bereichert. Er hatte als „stiller Vermittler“ diverse Versicherungsverträge für die P. vermittelt und im Gegenzug wie ein Versicherungsvertreter Provisionen erhalten. Diese waren zunächst bar, später dann auf Konten der „G. GbR“, bei der die Angeklagte zu 99 % Gesellschafterin war und bei der sie für die Bankgeschäfte zuständig war, überwiesen worden (UA S. 7 bis 10). Die auch im Vergleich zu früheren entsprechenden Provisionen au- ßergewöhnliche Höhe des auf verdecktem Zahlungsweg überwiesenen Betrags auch in Verbindung mit der kurz zuvor erfolgten Eröffnung des betreffenden Kontos durch die Angeklagte rechtfertigt den Schluss auf eine vorherige Absprache mit hinreichender Hintergrundinformation über den Zahlungsanlass gegenüber der in den Zahlungsfluss erwiesenermaßen eingebundenen Angeklagten. Dass bei der außergewöhnlichen Höhe des Betrages womöglich nicht nur Steuerhinterziehungsabsichten bestanden, sondern eine Vermögensschädigung des für die „Provision“ maßgeblichen Vertragspartners der Versicherung bewirkt werden konnte, für den – wie sie ersichtlich wusste – ihr Ehemann tätig war, beruht bei aller Kürze der Urteilsbegründung zu diesen Umständen auf ausreichend tatsachenfundierten tatgerichtlichen Schlüssen. Die Annahme eines wenigstens bedingten Untreuevorsatzes der Angeklagten im Rahmen ihrer Beihilfehandlung ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
67
3. Diese Indizien und Wertungen sind jedoch nicht genügend aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Überführung der Angeklagten hinsichtlich einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bestechlichkeit.
68
Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bestechlichkeit an den Nachweis des Vorsatzes zum Tatbestandsmerkmal Amtsträger über die Tatsachenkenntnis hinausgehende Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 11 Amtsträger 14). Der Täter muss eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben. Gleiche Anforderungen sind an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, wenn nicht derjenige des Täters, sondern der eines Gehilfen in Frage steht. Die – ohnehin überaus knappen – Ausführungen des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten belegen weder ausreichend deren erforderliche spezifische Kenntnis von den Umständen , wonach es sich bei dem Versorgungswerk um eine „sonstige Stelle“ handelt, noch von den Umständen, aus denen sich eine Amtsträgerstellung ihres Ehemannes herleiten ließ.
69
4. Da die Angeklagte bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und liquide Beweismittel für ein neues Tatgericht nicht ersichtlich sind, mit denen sich der Bestechlichkeitsvorsatz bei der Angeklagten tragfähig belegen ließe, hat der Senat im Sinne einer Einschränkung des Schuldspruchs auf bloße Beihilfe zur Untreue durchzuentscheiden. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, weil die Strafkammer bei der Strafzumessung maßgebliches Gewicht auf das Amtsdelikt gelegt hat.
70
IV. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. hat keinen Bestand.
71
Ungeachtet des durch den außergewöhnlichen Umfang der inkriminierten Provisionen geprägten Gewichts der jeweils nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB zu ahndenden Taten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gegen den unbestraften Angeklagten, der seine gesamte bisherige berufliche Grundlage infolge der Verurteilung einbüßen wird, für lange zurückliegende Taten, deren negative wirtschaftliche Folgen für das geschädigte anwaltliche Versorgungswerk wesentlich rückgängig gemacht wurden (vgl. zu alledem UA S. 116 f.), hoch, wenngleich nicht bereits allein ihrer Höhe wegen beanstandungswürdig. Jedoch ist zu besorgen, dass sich die widersprüchlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Höhe des Untreueschadens – Auslassen weitaus besserer Anlagekonditionen einerseits (UA S. 21, 65, 108, 113), bloße Anlastung eines Schadens von einem Euro andererseits (UA S. 114) – zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafbemessung dadurch ihrerseits widersprüchlich und unzulänglich begründet ist.
72
Die Höhe des Untreueschadens bestimmt wesentlich das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung (BGH wistra 2002, 420, 421; 2007, 259, 261): Ein bloßer Ermessensfehler bei der sachwidrig von einem verborgenen Schmiergeldangebot motivierten Auswahl des Vertragspartners einer Geldanlage , der keinen Vermögensschaden der Anstellungskörperschaft nach sich zieht, weist – obwohl er ohne weiteres den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt – ein geringeres Maß an Pflichtwidrigkeit auf als ein gleiches, indes zusätzlich noch beträchtlich schädigendes Fehlverhalten. Zwar hat das Landgericht die Vermögensschadenshöhe als Strafzumessungsfaktor gar nicht benannt; es hat – nahezu wie bei einer Verfahrensweise nach § 154a StPO – das tateinheitliche Vergehen nach § 266 StGB bei der Strafzumessung unerwähnt gelassen. Dem Urteil ist indes bei rechtem Verständnis ein maßgeblicher Schaden im Sinne von § 266 StGB zu entnehmen und nicht nur ein „Scheinschaden“ von einem Euro. Danach besteht im Blick auf die beträchtliche Strafhöhe Grund für die Besorgnis, dass eben doch eine solche erhöhte Pflichtwidrigkeit der Amtspflichtverletzung der Strafzumessung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass hierfür ein Mindestschaden bestimmt worden wäre.
73
Zudem könnten mehrere von Negativwertungen geprägte Wendungen im Rahmen der Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen („Gelegenheit, Stellung im Verwaltungsausschuss ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil auszunutzen und sich persönlich dadurch so umfassend wie möglich zu bereichern“ sowie „ungeliebte Kuh so weit wie möglich zu melken“, UA S. 13; „Pakt besiegelt“, UA S. 14; „wie Alberich über den Nibelungenhort wachte der Angeklagte L. eifersüchtig“, UA S. 15) darauf hindeuten, das Landgericht habe den Angeklagten jenseits des tatsachenfundiert festgestellten gravierenden Tatunrechts noch weiter abwerten wollen. Bei dieser Sachlage vermag auch der Umstand, dass durch den Wegfall des Verfalls ein angenommener Milderungsgrund (UA S. 117) nicht fortbesteht, den Mangel eines widersprüchlich und unzulänglich bezeichneten Schadens im Rahmen der Strafzumessung nicht aufzuwiegen. Der Senat weist indes darauf hin, dass das bislang festgestellte von hohem korrupten Gewinnstreben bestimmte Tatunrecht fraglos die Verhängung einer empfindlichen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe erfordert.
74
V. Der angeordnete Wertersatzverfall kann – insoweit in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – in dem nicht nach Maßgabe des § 111i StPO n. F. zu beurteilenden Altfall (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 1) keinen Bestand haben. Ihm steht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen.
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1. Dem Versorgungswerk kann als Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zustehen. Solche Ansprüche auf die Herausgabe von Bestechungslohn sollen letztlich die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen daher grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 2007, 222, 223; 2008, 262 m.w.N.). Ob die fallspezifischen Bedenken des Landgerichts gegen die Annahme eines entsprechenden Anspruchs aus besonderen versicherungsrechtlichen Erwägungen durchgreifen , bedarf keiner Entscheidung. Dies liegt indes eher fern, weil sich aus dem Provisionsabgabeverbot für den Angeklagten im Verhältnis zum Versorgungswerk kein Grund ableiten lässt, die Schmiergelder behalten zu dürfen. Abgesehen davon liegt angesichts der Höhe des bei der P. angelegten Kapitals auf der Hand, dass auch sonst beträchtliche – eben nicht etwa mit einem Euro bemessbare – Forderungen des Versorgungswerks gegen den Angeklagten bestehen.
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2. Zudem kommt in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der P. entstandenen Schadens dieser nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zusteht. Der gesondert verfolgte D. hat durch die von vornherein ungerechtfertigten Provisionsauszahlungen zugunsten des Angeklagten L. nahe liegend die P. geschädigt. Hieran war der Angeklagte L. beteiligt, der deshalb der P. ebenfalls schadensersatzpflichtig wäre. Die konkrete Vertragsentwicklung belegt, dass es hier fern läge anzunehmen, Gewinne der P. aus den mit dem Versorgungswerk abgeschlossenen Versiche- rungsverträgen könnten der Annahme eines Schadens infolge der zu Unrecht geleisteten Provisionszahlungen entgegenstehen.
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Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und unter Berücksichtigung von geschlechts-, alters- und behinderungsspezifischen Besonderheiten auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 490/07
vom
19. Juni 2008
Nachschlagewerk: ja nur zu I.
BGHSt: ja nur zu I.
Veröffentlichung: ja nur zu I.
___________________________________
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; §§ 331 - 334
Zur Amtsträgereigenschaft eines selbständigen Ingenieurs, der aufgrund eines
Dienstvertrages langfristig bei einer 100-prozentigen Tochter der Deutsche Bahn AG
im Konzernbereich Fahrweg (jetzt: DB Netz AG) beim Um- oder Ausbau des Streckennetzes
tätig ist (Fortführung von BGHSt 49, 214).
BGH, Urt. vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07 - LG Hildesheim
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. Bestechlichkeit u. a.
zu 2. Bestechung u. a.
zu 3. Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
29. Mai 2008 in der Sitzung am 19. Juni 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 29. Mai 2008 -
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 29. Mai 2008 -
als Vertreter des Angeklagten R.,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 29. Mai 2008 -
als Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. April 2007 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten P. und D. betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die insoweit entstandenen Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten R. fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Mit der Anklageschrift ist den Angeklagten P. und D. der Vorwurf der Bestechlichkeit bzw. Bestechung in drei Fällen, bei dem Angeklagten D. in einem Fall in Tateinheit stehend mit Anstiftung zur Untreue und zum Betrug, sowie allen drei Angeklagten der Vorwurf des Betruges, bei dem Angeklagten P. in Tateinheit stehend mit Untreue, gemacht worden. Das Landgericht hat den Sachverhalt im Eröffnungsbeschluss abweichend gewertet und die Anklage im Fall 1 der Anklageschrift (B. VIII. der Urteilsgründe) wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr durch die Angeklagten D. und P. und in den Fällen 2-4 der Anklageschrift (B. IX. der Urteilsgründe ) wegen einer prozessualen Tat des Betruges durch alle drei Angeklagten, hinsichtlich des Angeklagten P. darüber hinaus wegen einer tateinheitlich hierzu begangenen Untreue zugelassen. Durch das angefochtene Urteil hat es die Angeklagten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat bezüglich der Angeklagten P. und D. Erfolg, hinsichtlich des Angeklagten R. ist es unbegründet.

I.


2
Die Revision dringt mit der Sachrüge durch, soweit das Landgericht eine Strafbarkeit der Angeklagten P. und D. nach den §§ 331 ff. StGB mit der Begründung abgelehnt hat, der Angeklagte P. sei zur Tatzeit kein Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB gewesen.
3
1. Die Strafkammer hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte P. , ein ehemaliger, auf eigenen Wunsch aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedener Bundesbahnbeamter, war ab Februar 1996 als selbständiger Ingenieur bei der Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit GmbH (im Folgenden: PBDE), einer 100-prozentigen Tochter der Deutschen Bahn AG (im Folgenden: DB AG) beschäftigt. Unternehmensgegenstand der innerhalb der DB AG dem Bereich Fahrweg zugeordneten Gesellschaft war die Vorbereitung und Steuerung von Planung, Bauvorbereitung, Baudurchführung und Bauüberwachung insbesondere der Schienenverkehrsprojekte "Deutsche Einheit" einschließlich der Vergabe, der Koordinierung und der Abwicklung aller Arbeiten auf der Grundlage von zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DB AG geschlossenen Finanzierungsvereinbarungen. Mit Wirkung zum 1. Juli 1999 wurde die PBDE aus dem Vermögen der DB AG ausgegliedert und mit sämtlichen bestehenden Vertragsverhältnissen in das Vermögen der DB Netz AG überführt.
5
Dem Angeklagten P. war durch den "im Namen und für Rechnung der Deutschen Bahn AG" geschlossenen Ingenieurvertrag mit der PBDE eine zuvor vakante Stelle übertragen worden. Er erbrachte zunächst Leistungen im Bereich Streckenplanung/Baulenkung/Abrechnung beim Bau der Schnellbahnstrecke Hannover-Berlin im Planungsabschnitt 01 und war u. a. für die Vorbereitung von Vergaben zuständig. Nach einer internen Bekanntmachung hatte er alle Befugnisse wie ein interner Mitarbeiter und arbeitete unter der Stellenbezeichnung "S 142". Anfang Juli 1999 wurde der Vertrag rückwirkend zum 1. Mai 1999 auf die Nachtragsbearbeitung auch im Planungsabschnitt 02 der Strecke erweitert.
6
Der Angeklagte D. war Geschäftsführer der GP Baugesellschaft mbH & Co. KG (später GP Baugesellschaft mbH, im Folgenden: GP), die unter seiner Leitung ihr Umsatzvolumen im Bereich Erd- und Tiefbauarbeiten wesentlich steigerte und Aufträge öffentlicher und privater Auftraggeber abwickelte , darunter mehrere Projekte für die DB AG.
7
Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Erweiterung eines Auftrags zur Durchführung von Erdarbeiten im Planungsabschnitt 01 um 13,5 Mio. DM, für die die PBDE der GP als Mitglied einer aus mehreren Unternehmen bestehenden Arbeitsgemeinschaft (ARGE) den Zuschlag erteilt hatte, erhielt der Angeklagte P. von der GP einen Scheck über 130.000 DM mit einem unzutreffenden Verwendungszweck. Einige Monate später erstellte er über diesen Betrag eine rückdatierte Scheinrechnung an die GP. Im Planungsabschnitt 02, in dem die GP als Mitglied einer anderen ARGE ebenfalls mit Erdarbeiten betraut war, meldete sie mehrere Nachträge an, unter anderem wegen Baubehinderung durch Sperrung einer Ortsdurchfahrt in Höhe von über 3 Mio. DM. Nachdem der Nachtrag mehrfach - auf Seiten der PBDE koordiniert durch den Angeklagten P. - verhandelt und die Forderung auf ca. 1,9 Mio. DM reduziert worden war, verfasste der Angeklagte P. einen befürwortenden Vergabevermerk und stellte an dem Tag, an dem auch alle anderen Verantwortlichen bei der PBDE diesen unterzeichnet hatten, der GP eine Rechnung über 90.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer, die er mit einem unzutreffenden Rechnungstext versah. Die GP überwies etwa einen Monat später an den Angeklagten P. 90.000 DM; am selben Tag stellte sie der PBDE die abgesprochene Rechnung für den Nachtrag über ca. 1,9 Mio. DM.
8
2. Die Auffassung des Landgerichts, auf Grundlage dieser Feststellungen komme eine Verurteilung der Angeklagten P. und D. wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung (§§ 332, 334 StGB) nicht in Betracht, weil es sich bei dem Angeklagten P. nicht um einen Amtsträger gehandelt habe, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte P. war Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, denn er war bei der PBDE als einer sonstigen Stelle im Sinne der Vorschrift zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellt.
9
a) Bei den von der PBDE ausgeschriebenen und unter ihrer Leitung durchgeführten Gleisbaumaßnahmen handelte es sich um Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Der Ausbau und die Erhaltung des Schienennetzes gehören zu den Aufgaben der Leistungsverwaltung einschließlich der Daseinsvorsorge, die nach ständiger Rechtsprechung zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB gezählt werden (BGHSt 31, 264, 268; 38, 199, 201 f.; 43, 370, 375; 49, 214, 220 ff.). Trotz der (teilweisen) Privatisierung der deutschen Eisenbahnen stellt das Eisenbahnwesen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHSt 49, 214, 221 ff.) und der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (Rudolphi/Stein in SK-StGB § 11 Rdn. 27; Radtke in MünchKomm-StGB § 11 Rdn. 41; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht S. 637 f.; Hommelhoff/Schmidt-Aßmann ZHR 160 [1996] 521, 537; jew. m. w. N.; aA Cantzler, Strafrechtliche Auswirkungen der Privatisierung von Verwaltungsaufgaben S. 14 f., 114) eine öffentliche Aufgabe dar. Dies gilt insbesondere für die von der PBDE nach ihrem Unternehmensgegenstand entfalteten Tätigkeiten der Planung, Bauvorbereitung, Baudurchführung und Bauüberwachung von Schienenverkehrsprojekten. Nach der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung in Art. 87e Abs. 4 GG gewährleistet der Bund beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes die Berücksichtigung des Allgemeinwohls. Gesellschaften, die den Bau, das Unterhalten und das Betreiben von Schienenwegen zum Geschäftszweck haben, verbleiben dauerhaft zumindest mehrheitlich im Eigentum des Bundes (Art. 87e Abs. 3 Satz 2, 3 GG). Durch diese Regelungen, die erst im Gesetzgebungsverfahren Aufnahme in den Gesetzentwurf fanden, sollte ein Ausgleich zu der Forderung der Länder, das Schienennetz im unmittelbaren Bundeseigentum zu belassen, geschaffen und die politische Verantwortung des Bundes für die Infrastruktur sichergestellt werden (BTDrucks. 12/6280 S. 8). Sie zeigen, dass ein vollständiger Rückzug des Bundes aus dem Eisenbahnwesen trotz der Überführung des Eisenbahn- vermögens in Wirtschaftsunternehmen nicht gewollt war und insbesondere die hier in Rede stehenden Neubaumaßnahmen von Schienenwegen als Teil des Ausbaus der Infrastruktur vorrangig dem Allgemeinwohl dienen und damit eine öffentliche Aufgabe darstellen.

10
b) Bei der PBDE handelte es sich um eine sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
11
Unter einer sonstigen Stelle versteht man eine behördenähnliche Institution , die unabhängig von ihrer Organisationsform befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen mitzuwirken, ohne dabei eine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein. Ist eine Einrichtung der Öffentlichen Hand in der Form einer juristischen Person des Privatrechts organisiert, müssen bei ihr Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen; sie muss nach ständiger Rechtsprechung bei einer Gesamtbetrachtung "als verlängerter Arm des Staates erscheinen" (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; 50, 299, 303; BGH NStZ 2006, 628, 630). In die Gesamtbetrachtung sind alle wesentlichen Merkmale der Gesellschaft einzubeziehen, namentlich, ob diese gewerblich tätig ist und mit anderen im Wettbewerb steht (BGHSt 38, 199, 204), ob im Gesellschaftsvertrag eine öffentliche Zwecksetzung festgeschrieben ist (BGHSt 43, 370, 372 f.), ob sie im Eigentum der Öffentlichen Hand steht und ihre Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln finanziert wird (BGHSt 45, 16, 20) sowie in welchem Umfang staatliche Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten bestehen (BGHSt 43, 370, 378 f.; 45, 16, 20 f.; 49, 214, 224 f.).
12
Bei einer Gesamtbetrachtung aller die PBDE prägenden Merkmale ergibt sich, dass sie als "verlängerter Arm des Staates" zu werten, damit einer Behör- de gleichzustellen ist und deshalb eine sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB darstellt:
13
Die Gesellschaft stand im Tatzeitraum im alleinigen (mittelbaren) Bundeseigentum , weil die Bundesrepublik sämtliche Anteile an der DB AG hielt, die zunächst unmittelbar und ab Juli 1999 mittelbar über die DB Netz AG zu 100 % Muttergesellschaft der PBDE war. Dementsprechend verfügte der Bund über Aufsichtsbefugnisse sowohl gegenüber der DB AG als auch unmittelbar im Aufsichtsrat der PBDE.
14
Zwar ist die alleinige Inhaberschaft sowie eine Rahmen- und Globalsteuerung der Gesellschaft durch den Staat für die Annahme einer "sonstigen Stelle" noch nicht ausreichend (BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; 49, 214, 226). Jedoch ergibt die gebotene Gesamtschau der folgenden besonderen Umstände, dass die PBDE einer Behörde gleichsteht:
15
aa) Die finanziellen Mittel zur Durchführung der Schienenverkehrsprojekte wurden nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils der PBDE über die DB AG aufgrund der zwischen dieser und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Rahmen- und Einzelfinanzierungsvereinbarungen in Form von zinslosen Darlehen oder nicht rückzahlbaren Baukostenzuschüssen vollständig durch den Bund zur Verfügung gestellt.
16
bb) Die PBDE wurde nicht gewerblich tätig und stand zu anderen Unternehmen nicht im Wettbewerb. Sie erwirtschaftete - anders als dies ein privatwirtschaftliches Konkurrenzunternehmen hätte tun müssen - mit ihrer Planungsund Koordinierungstätigkeit keine Erträge, sondern setzte die ihr zur Verfügung gestellten Mittel zur Realisierung der Schienenprojekte und damit zur Erfüllung der dem Bund gemäß Art. 87e GG obliegenden und von diesem finanzierten Gemeinwohlaufgabe ein. Auf dem Gebiet des Ausbaus der Schieneninfrastruktur bestand - und besteht bis heute - kein Wettbewerb, weil es an konkurrierenden Auftraggebern fehlt. Aus diesem Grund wird die im Zuge der Umsetzung der zweiten Stufe der Bahnreform gegründete DB Netz AG vergaberechtlich als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Satz 1 Nr. 2 GWB angesehen, weil ihr Unternehmensbereich der klassischen Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand zuzuordnen ist und sie nicht gewerblich tätig wird (Vergabekammer des Bundes, VergabeR 2004, 365, 367; Battis/Kersten, WuW 2005, 493, 497 ff.). Die für die Muttergesellschaft der PBDE maßgeblichen Grundsätze gelten für die PBDE entsprechend.
17
cc) Aus dem Gesellschaftsvertrag der PBDE ergibt sich zudem eine öffentliche Zwecksetzung, weil darin die Umsetzung der vom Bund zu gewährleistenden und zu finanzierenden Schienenverkehrsprojekte als (alleiniger) Unternehmensgegenstand festgeschrieben ist. Soweit darüber hinaus als Unternehmensgegenstand die Realisierung der Projekte "Deutsche Einheit" genannt werden, dienten diese in besonderem Maße der Erfüllung des Gemeinwohlauftrages des Bundes: Die Forderung nach einer technischen und organisatorischen Angleichung der beiden Deutschen Bahnen nach der Wiedervereinigung (Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn) geht auf Art. 26 Abs. 3 des Einigungsvertrages zurück. Dementsprechend ist nach § 8 Abs. 1 Satz 3 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) der Ausbaustand der Schienenwege in den neuen Bundesländern an den in den alten Bundesländern anzupassen. Der Bedarfsplan gemäß § 1 Abs. 1 BSWAG in der zur Tatzeit gültigen Fassung vom 15. November 1993 (BGBl 1993 I S. 1875 f.) wies das von der PBDE ausgeführte Projekt der Ausbau- / Neubaustrecke Hannover-Berlin als vordringlichen Bedarf aus.
18
dd) Aus der engen Verzahnung von öffentlicher Aufgabe, öffentlicher Finanzierung und öffentlichem Gesellschaftszweck ergeben sich im Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben des BSWAG umfangreiche Einflussmöglichkeiten und Steuerungsmechanismen des Staates gegenüber der PBDE: Welche Strecken neu bzw. ausgebaut werden, legt der Bund durch den Bedarfsplan zum BSWAG fest. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes erfolgt durch vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte Fünfjahrespläne, die die Grundlage der Aufstellung von Ausbauplänen für die Bundesschienenwege bilden (§ 5 Abs. 1 BSWAG). Nicht darin aufgeführte Strecken können gemäß § 6 BSWAG nur in Ausnahmefällen aufgrund eines unvorhergesehenen Verkehrsbedarfs in die Ausbaupläne aufgenommen werden. Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen , wobei die Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen werden (§ 4 Abs. 1 BSWAG).
19
Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BSWAG finanziert der Bund den Bau, den Ausbau sowie Ersatzinvestitionen, die DB AG trägt gemäß § 8 Abs. 4 BSWAG lediglich die Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung ihrer Schienenwege. Die Durchführung und die Finanzierung der in den Bedarfsplan aufgenommenen Baumaßnahmen geschieht gemäß § 9 BSWAG auf der Grundlage von öffentlich -rechtlichen Verträgen zwischen der DB AG und der den Neu- oder Ausbau finanzierenden Gebietskörperschaft, d. h. in aller Regel dem Bund, in denen konkrete Vorgaben für die Verwendung der Gelder gemacht werden (BGHSt 49, 214, 224). Durch die grundsätzliche Befugnis zur Festlegung der von der PBDE durchzuführenden Baumaßnahmen war eine weitere Einflussnahme des Staates damit auch über die Mittelvergabe gegeben, ohne die der PBDE kein Kapital zur Durchführung ihrer Geschäftstätigkeit verblieb.
20
Auch der Gesellschaftsvertrag der PBDE sah Einflussmöglichkeiten des Bundes vor. In den aus mindestens fünf Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat konnten sowohl das Bundesministerium für Verkehr als auch das Bundesministerium für Finanzen jeweils ein Aufsichtsratsmitglied entsenden. Nach § 14 Abs. 2 bzw. § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages oblag es dem Aufsichtsrat, "den von der Geschäftsführung aufgestellten Wirtschaftsplan (…) und einen davon abhängigen Plan, der die vom Eisenbahn-Bundesamt der DB AG zugewiesenen Haushaltsmittel des Bundes sowie deren Verwendung für das kommende Geschäftsjahr ausweist", zu beschließen. Im Aufsichtsrat konnten "Maßnahmen von grundsätzlicher und finanzieller Bedeutung" nicht gegen die Stimmen des Bundes beschlossen werden (§ 7 Abs. 3 bzw. § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ). Zu den Einflussmöglichkeiten aufgrund der Regelungen des BSWAG und der Steuerung über die Mittelvergabe bestand damit zumindest eine Sperrminorität des Bundes im Aufsichtsrat der PBDE, durch die er die Einhaltung seiner Vorgaben kontrollieren konnte.
21
ee) Nach alledem ist es ohne Bedeutung, dass die beiden Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat in der Minderheit waren und deshalb - wie das Landgericht ausführt - keine Wünsche und Vorstellungen gegen den Willen der Geschäftsführung durchsetzen konnten. Die aufgezeigten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten bereits weit im Vorfeld einer etwaigen Entscheidung des Aufsichtsrats belegen für den Geschäftsbereich der PBDE eine hinreichend konkrete staatliche Steuerung, die im Zusammenhang mit der ausschließlich staatlichen Mittelherkunft, der fehlenden Wettbewerbssituation und der im Vordergrund stehenden öffentlichen Aufgabe der Gewährleistung der Schieneninfrastruktur die Einordnung der PBDE als sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB tragen. Schon diese Umstände unterscheiden den hier zu beurteilenden Sachverhalt wesentlich von dem vom Landgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht herangezogenen Fall, dass sich ein Privater mit einer Sperrminorität an einer Gesellschaft beteiligt, die auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge tätig wird und mehrheitlich im staatlichen oder kommunalen Eigentum steht (vgl. BGHSt 50, 299). Es kommt hinzu, dass zwar nur zwei Aufsichtsratsmitglieder unmittelbar vom Bund entsandt wurden, jedoch aufgrund des alleinigen Anteilseigentums des Bundes an der DB AG und damit mittelbar auch an der PBDE die nicht unmittelbar vom Bund bestimmte Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder nicht einem privaten Dritten, der vom Staat völlig unabhängig ist, gleichgesetzt werden kann.
22
c) Das Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2004 (BGHSt 49, 214), mit dem er für die DB AG als Ganzes die Eigenschaft einer "sonstigen Stelle" verneint hat, steht nicht entgegen. In dieser Entscheidung ist für die mit der zweiten Stufe der Bahnreform im Jahr 1999 als Konzerntochter der DB AG gegründete, ausschließlich für den Bereich Fahrweg zuständige DB Netz AG ausdrücklich offen gelassen worden, ob diese einer derartigen staatlichen Steuerung unterliegt, dass sie als "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB einzustufen ist (BGHSt aaO S. 226 f.). Daraus wird deutlich, dass in diesem Urteil auch keine Festlegungen für die Einordnung solcher - nicht in den Blick genommener - selbständiger Tochterunternehmen der DB AG getroffen werden sollten, die schon vor der zweiten Stufe der Bahnreform ausschließlich im Teilbereich Fahrweg tätig waren.
23
Auch das vom Landgericht aus dem genannten Urteil herangezogene Argument, die DB AG sei bis zur zweiten Stufe der Bahnreform als einheitliches Unternehmen aufgetreten, müsse daher als Ganzes beurteilt werden und könne als Unternehmenseinheit nicht als "sonstige Stelle" nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB angesehen werden, führt für die PBDE nicht weiter. Denn unabhängig davon, ob § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB mit dem Begriff der "sonstigen Stelle" bei privatrechtlichen Einrichtungen tatsächlich ausschließlich Unternehmen oder Gesellschaften als Ganzes bezeichnet oder nicht doch auch deren abgrenzbare Untereinheiten umfasst, handelte es sich bei der PBDE um eine eigene Rechtspersönlichkeit, die daher nicht allein deshalb - jedenfalls bis zum Inkrafttreten der zweiten Stufe der Bahnreform - derselben rechtlichen Einordnung wie die DB AG unterliegen kann oder gar muss, weil sie eine 100-prozentige Tochter der DB AG war (dies trifft im Übrigen jetzt auch auf die DB Netz AG zu) und diese als einheitliches Unternehmen auftrat.
24
Es bedarf nach alledem auch keiner weiteren Erörterung, ob der in einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geforderte weitergehende, insbesondere gesellschaftsrechtlich verankerte Einfluss der Öffentlichen Hand auf die laufenden Geschäfte und Einzelentscheidungen (BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; 49, 214, 226) stets maßgeblich für die Gleichstellung einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft mit einer Behörde ist. Der Senat hätte Bedenken, diesem Kriterium ein solch entscheidendes Gewicht beizumessen. Dem steht zunächst entgegen, dass der Gesetzgeber mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte "unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform" durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) klargestellt hat, dass die Wahl der Organisationsform - privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich - für sich gesehen nicht zur Abgrenzung einer "sonstigen Stelle" von nichtstaatlichen Einrichtungen herangezogen werden kann. Dann verbietet sich aber auch ein vorrangiges Abstellen auf die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung von Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Darüber hinaus sind Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages bereits für den bei einer solchen Gesellschaft Angestellten oftmals nicht zu überblicken; erst recht gilt das für einen außenstehenden Dritten. Damit ist aber für die möglichen Täter eines Bestechungsdelikts ein - nach der zitierten Rechtsprechung maßgebliches - Kriterium, das die Amtsträgerschaft und damit gegebenenfalls die Strafbarkeit begründet, nicht oder nur schwer erkennbar. Nicht zuletzt im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG neigt der Senat deshalb dazu, hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeiten des Staates nicht zu verlangen, dass sich aus gesellschaftsrechtlichen Regelungen ein Einfluss der Öffentlichen Hand auf konkrete Einzelentscheidungen im Tagesgeschäft ergeben muss (vgl. dazu Radtke in MünchKomm-StGB § 11 Rdn. 55; Heinrich NStZ 2005, 197, 201; kritisch zum Erfordernis der staatlichen Steuerung auch Rudolphi/Stein in SK-StGB § 11 Rdn. 30 a).
25
d) Der Angeklagte P. war nach den Feststellungen des Landgerichts auch zum Amtsträger bestellt. Die öffentlich-rechtliche Bestellung ist von der rein privatrechtlichen Beauftragung abzugrenzen und muss zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit oder einer organisatorischen Eingliederung in die Behördenstruktur führen, ohne dass es freilich eines förmlichen Bestellungsaktes bedarf (BGHSt 43, 96, 102; Fischer, StGB 55. Aufl. § 11 Rdn. 20 m. w. N.). Bei dem Angeklagten P. lag sowohl eine längerfristige Tätigkeit über mehrere Jahre als auch eine Eingliederung in die Struktur der PBDE vor, in der er die Stelle "S 142" bekleidete. Dies wurde durch die interne Mitteilung, dass er über die gleichen Befugnisse wie ein Mitarbeiter verfügte, auch schriftlich dokumentiert.
26
Die Auffassung des Landgerichts, dass es eines Bestellungsaktes mit Warnfunktion bedurft hätte, beruht auf der rechtsfehlerhaften Annahme, bei der PBDE habe es sich jedenfalls bis zur Eingliederung in die DB Netz AG nicht um eine sonstige Stelle im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB gehandelt; sie trifft deshalb ebenfalls nicht zu.
27
3. Aufgrund der rechtsfehlerhaften Verneinung der Amtsträgerschaft des Angeklagten P. war das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben, soweit es die Angeklagten P. und D. betrifft. Dies gilt auch hinsichtlich des zweiten Tatkomplexes, in dem das Landgericht an sich rechtsfehlerfrei (s. dazu unten II.) auch diese beiden Angeklagten vom Vorwurf des Betruges bzw. der Untreue freigesprochen hat. Es hat aber insoweit den festgestellten Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit bzw. Bestechung rechtlich unzutreffend gewürdigt. Um dem neuen Tatrichter eine unabhängige und widerspruchsfreie Beurteilung zu ermöglichen, hat der Senat deshalb die Feststellungen insgesamt aufgehoben, soweit sie die Angeklagten P. und D. betreffen.

II.


28
Das Urteil hat hingegen Bestand, soweit das Landgericht den Angeklagten R. im zweiten Tatkomplex vom Vorwurf des Betruges aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat.
29
Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge hat aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Auch die Sachrüge dringt nicht durch:
30
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beweiswürdigung weder lückenhaft, noch weist sie sonstige Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat aufgrund einer umfassenden Würdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Indizien eingehend begründet, warum es sich insbesondere von einer vorsätzlichen Täuschungshandlung nicht hat überzeugen können. Maßgeblich hat es dabei darauf abgestellt, dass die Umstände, die für und gegen die Berechtigung der geltend gemachten Nachtragsforderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach sprachen, den maßgeblichen Entscheidungsträgern innerhalb der PBDE aufgrund der Vielzahl von Verhandlungen über diese Forderung und des umfangreichen Schriftwechsels darüber bekannt waren. Rechtsfehlerfrei hat es zudem berücksichtigt, dass für die Beurteilung der Frage , ob die Forderung dem Grunde nach berechtigt war, seitens der PBDE eine Rechtsanwaltskanzlei eingeschaltet worden und eine bewusste Falschinformation dieser Kanzlei nicht feststellbar war. Zur Höhe der Forderung hat sich die Strafkammer auf das Gutachten des in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen berufen und in rechtsfehlerfreier Weise berücksichtigt, dass auch dem Rechnungsprüfer der PBDE die offensichtlichen Rechenfehler des Angeklagten R. sowie die fehlende Nachvollziehbarkeit der Forderung in Bezug zu der Urkalkulation nicht aufgefallen waren. Angesichts dieser Umstände kam es auf die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Forderung der GP tatsächlich bestand oder zivilgerichtlich durchsetzbar gewesen wäre, nicht mehr entscheidend an. Aus diesem Grund genügen auch die Ausführungen der Strafkammer, mit denen sie die wesentlichen Ausführungen des Sachverständigengutachtens wiedergegeben hat, den revisionsrechtlichen Anforderungen.
31
Soweit die Staatsanwaltschaft einzelne Indizien herausgreift und stärker zu Lasten des Angeklagten wertet oder sich gegen Feststellungen wendet, die das Landgericht aus dem Sachverständigengutachten herleitet, handelt es sich um den im Revisionsverfahren unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen.
Becker Pfister von Lienen
RiBGH Hubert und RiBGH Dr. Schäfer befinden sich im Urlaub und sind daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks
ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 24. Juni und 9. Juli 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J. ,
Rechtsanwalt N. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten K. L. ,
Rechtsanwalt L. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger für die Angeklagte G. L. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 9. Juli 2009 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz; dieser entfällt.
2. Auf die Revision der Angeklagten G. L. wird das genannte Urteil
a) im Schuldspruch gegen diese Angeklagte dahin abgeändert , dass sie der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch gegen diese Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafaussprüche, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. L. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall in Höhe von knapp 1,5 Mio. Euro angeordnet. Gegen seine mitangeklagte Ehefrau G. L. hat es wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen die Verurteilungen jeweils mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben die aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolge.

A.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Durch am 28. November 2000 in Kraft getretenes Gesetz vom 21. November 2000 (HmbGVBI 2000 S. 349 – HmbRAVersG) wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Freien und Hansestadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet (i. F.: Versorgungswerk). Mit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk können angestellte Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden. Zum Leitungsorgan der Körperschaft wurde ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Verwaltungsausschuss gesetzlich bestimmt, dessen Mitglieder durch die Mitgliederversammlung zu wählen waren.
4
Die Mitgliederversammlung beschloss im April 2001 die Satzung des Versorgungswerks, die nach Genehmigung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Justizbehörde im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Juli 2001 in Kraft trat.
5
Auf derselben Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte L. , ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsbeistand und als solcher Mitglied der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses gewählt. Zu den Hauptaufgaben des Verwaltungsausschusses gehörte die Prüfung von Geldanlagemöglichkeiten für das durch die Mitgliedsbeiträge eingenommene Kapital des Versorgungswerks.
6
Die Wahl des Angeklagten entsprach einem bereits vor der Gründung des Versorgungswerks mit dem anderweitig verfolgten D. gefassten Tatplan. Der Angeklagte sollte die Stellung im Verwaltungsausschuss unter Missachtung der ihm als Organwalter der Körperschaft obliegenden Pflichten im Interesse der P. N. L. AG (i. F.: P. ) dazu ausnutzen, das Vermögen des Versorgungswerks bei der P. anzulegen. Im Gegenzug sollte er durch D. , den Bezirksdirektor der P. , verdeckt einen als „Vermittlungsprovision“ deklarierten Anteil erhalten.
7
Die weitere Geschäftsabwicklung folgte einer durch den Angeklagten und D. bereits seit langem gepflogenen Übung. Der Angeklagte beriet seit vielen Jahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eine Vielzahl vermögender Mandanten auch in Bezug auf Kapitalanlagen. Diesen verschaffte er jedenfalls in der Zeit ab 1994 unter Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung diverse Versicherungsverträge der P. und erhielt dafür von D. heimlich „Provisionen“. Gemäß dieser Übung sollten auch im Falle des Versorgungswerks die erwarteten „Provisionsbeträge“ auf das Konto eines dem Angeklagten nahe stehenden Dritten fließen, hier auf das einer von der in den Tatplan eingeweihten Ehefrau des Angeklagten, der Mitangeklagten G. L. , beherrschten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der neben ihr nur noch ihr Vater, der frühere Mitangeklagte G. , zu einem Prozent beteiligt war.
8
Innerhalb des Verwaltungsausschusses wurden zum Zweck der Arbeitsteilung Referate gebildet. Dem Angeklagten wurden dabei gemeinsam mit dem Zeugen C. die Bereiche „Vermögensverwaltung/Finanzen“ übertragen. Das Referat war schwerpunktmäßig für Fragen der Kapitalanlage und für Verhandlungen mit deren Anbietern verantwortlich. Das dem Angeklagten seitens der übrigen Ausschussmitglieder zugeschriebene besondere Fachwissen im Kapitalanlagegeschäft und sein dominantes Auftreten innerhalb des Ausschusses führten schnell zu seiner faktischen Leitungsfunktion (UA S. 16) innerhalb des Referats.
9
Unter Ausnutzung dieser Position gelang es dem Angeklagten, die P. als Vertragspartner ins Gespräch zu bringen. Allerdings scheiterte sein Plan, das gesamte zur Verfügung stehende Kapital des Versorgungswerks unter gleichzeitiger Auslagerung der Kapitalverwaltung bei der P. anzulegen, am Mehrheitsvotum des Verwaltungsausschusses. Dieser beschloss nämlich, die Anlage aufzuteilen und lediglich ein Drittel des Gesamtkapitals bei einer Versicherung anzulegen. Um seinen erhofften Anteil zu erhöhen, erstrebte der Angeklagte als Mitglied der Hamburger Steuerberaterkammer indes noch den Anschluss der dortigen Steuerberater an das anwaltliche Versorgungswerk, ohne dass dies später umgesetzt wurde.
10
Er erklärte den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, dass das von der P. dem Versorgungswerk angebotene Kapitalanlageprodukt die gewünschte Mindestverzinsung von 3,5 % biete und keine weiteren Verwaltungsgebühren oder sonstige Kosten anfallen würden. Tatsächlich war ihm jedoch ebenso wie D. bekannt, dass sich dieser Garantiezins nicht auf die effektive Rendite bezog, sondern auf das Kapital, das nach Abzug der beträchtlichen Kosten angelegt werden würde. Hiernach blieb den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses verborgen, dass ihnen ein normales Tarifprodukt der Versicherung zu im Hinblick auf den Umfang des Projekts nicht besonders günstigen Konditionen angeboten wurde. Beide verschwiegen, dass die Versicherung angesichts der zu erwartenden erheblichen Beiträge grundsätzlich zu Verhandlungen und zum Gewähren – rechtlich zulässiger – günstigerer Bedingungen bereit gewesen wäre. Dies hätte namentlich dann gegolten, wenn die Versicherung nicht die an den Angeklagten zu zahlende „Provision“ hätte einkalkulieren müssen.
11
Nach Anhörung auch anderer Anbieter unterzeichneten der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses B. und der Angeklagte als stellvertretender Vorsitzender im November 2001 den von der P. angebotenen Rentenversicherungsvertrag. Im Frühjahr des Jahres 2002 überwies die P. auf Veranlassung D. s verabredungsgemäß die mit 3,2 % der vorgesehenen Gesamtkapitalanlage bemessene „Provision“ für den Angeklagten in Höhe von knapp 900.000 Euro auf das von der Mitangeklagten G. L. geführte Konto der genannten Gesellschaft, das erst kurz zuvor, nämlich am 5. März 2002, auf den Namen „Unternehmensberatung L. “ eröffnet worden war.
12
Da das Beitragsaufkommen des Versorgungswerks schnell die Prognosen übertraf, kamen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses überein, einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen. Abermals setzte sich der Angeklagte für die P. ein; er erklärte auf einer Sitzung des Organs erneut der Wahrheit zuwider, dass bei einem Abschluss mit der P. Provisionen nicht anfallen würden. Der Verwaltungsausschuss beschloss , einen weiteren Rentenversicherungsvertrag bei der P. zu ähnlichen Konditionen abzuschließen, den der Zeuge B. und der Angeklagte im August 2002 unterzeichneten. Wie zuvor mit D. vereinbart , überwies die P. im September 2002 die „Vermittlungsprovision“ in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro auf das Konto der von der wiederum eingeweihten Mitangeklagten G. L. beherrschten Gesellschaft, das zwischenzeitlich auf den Namen „G. G. F. “ umge- schrieben worden war. Ebenso wie die zuvor gezahlte Provision wurde der Betrag vom Angeklagten L. , der ohne weiteres Zugriff auf die Gelder erhielt, in Windkraftanlagen investiert.
13
Nach Aufdeckung der verheimlichten Zahlungen an den Angeklagten wurden die Versicherungsverträge mit der P. rückabgewickelt. Die bis dahin eingezahlten Beiträge von rund 11,8 Mio. Euro wurden dem Versorgungswerk – ohne Zinsen und Überschussbeteiligungen – im Oktober 2004 rückerstattet.

B.


14
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Ergänzend gilt Folgendes:
15
I. Hinsichtlich der Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO, die Ablehnungsgesuche vom 26. Juni 2007 betreffen, ist ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben.
16
1. Diesen Rügen liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
17
Am dritten Sitzungstag, dem 26. Juni 2007, wurde nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“
18
Wegen dieser Äußerung lehnten die Angeklagten K. und G. L. die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
19
2. Die Revisionen verstehen die Äußerung dahin, dass die Strafkammer die Angeklagten verurteilen und die Verteidigung hiergegen Revision einlegen werde; sollte diese Revision vom Bundesgerichtshof verworfen werden , würde auch das nunmehr abgetrennte Verfahren gegen den Mitangeklagten G. vor der Strafkammer fortgeführt werden. Denn nur dann könne es ein „Wiedersehen“ geben.
20
3. Die Rügen greifen im Ergebnis nicht durch. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.
21
Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein be- stimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.
22
II. Auch im Zusammenhang mit einer Fristsetzung des Vorsitzenden zur Stellung weiterer Beweisanträge liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht vor.
23
1. Den zugehörigen Rügen, die Ablehnungsgesuche vom 9. Juli 2007 betreffen, liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
24
Nachdem die Hauptverhandlung vom 18. Juni bis zum 9. Juli 2007 an neun Sitzungstagen durchgeführt worden war, wurde das Verfahren am 9. Juli 2007 gegen den Mitangeklagten D. durch Beschluss der Strafkammer „aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung“ abgetrennt, da das „Verfahren gegen den geständigen Angeklagten … entscheidungsreif“ sei. Der Vorsitzende ordnete die Fortsetzung in dem abgetrennten Verfahren für denselben Tag um 11.00 Uhr an und traf anschließend die Anordnung: „Die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen wird bestimmt bis Dienstag, den 10. Juli 2007, 10.00 Uhr.“ An den vorausgegangenen Sitzungstagen vom 2. und 3. Juli 2007 waren die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden , nach Vernehmung zweier noch zu hörender Zeugen sei „gegebenenfalls damit zu rechnen, dass die Schlussanträge zu halten sein“ würden.
25
Wegen der Fristsetzung und der Abtrennung gegen den Mitangeklagten D. lehnten die Angeklagten K. und G. L. sämtliche Mitglieder des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
26
2. Die Revisionen erblicken in der angeordneten Fristsetzung eine Missachtung des Rechts der Angeklagten auf sachgerechte Verteidigung und auf ein faires Verfahren, die in so „massiver, grober und nicht mehr verständlicher Weise“ vorliege, dass die Angeklagten nicht davon ausgehen konnten, die Richter seien in der Entscheidung noch offen. Vielmehr habe für die Angeklagten der Schluss nahe gelegen, das Gericht wolle unter Preisgabe elementarer Verteidigungsrechte so rasch wie möglich zur Verurteilung kommen.
27
3. Auch diese Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
28
a) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hatte der Strafkammervorsitzende für seine Fristsetzung die Erwägungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 51, 333, 344) herangezogen. Die – in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebilligte (vgl. BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2) und näher ausgeführte (BGHSt 52, 355) – Verfahrensweise einer Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht ablehnbar sind, steht vor allem nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nämlich nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf (vgl. selbst für einen Extremfall BGHR StPO § 244 Abs. 3 Missbrauch 2). Vielmehr verfolgt sie das Ziel stringenter, dem Zügigkeitsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK verpflichteter Verfahrenserledigung, sucht den dysfunktionalen Einsatz des Beweisantragsrechts zur Prozessverschleppung zu verhindern und schafft in den Gerichten zustehender Erweiterung und Änderung bisheriger Rechtsprechung zu dem entsprechenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 2, § 245 Abs. 3 Satz 3 StPO einen Weg zu sachgerechter Vorbereitung leichterer Ablehnung grundlos spät gestellter Beweisanträge.
29
Im Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen versteht es sich freilich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen (s. den Sondermaßstab des § 229 Abs. 2 StPO; vgl. BGHSt 52, 355, 362) und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Zudem wird Anlass für die in Frage stehende Fristsetzung überhaupt nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO; vgl. BGHSt aaO S. 363). Das letztgenannte Erfordernis ist Konsequenz der Funktion der betroffenen Verfahrensweise als Vorbereitung späterer, leichter begründbarer ablehnender Entscheidungen über nach Fristablauf gestellte Beweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 6, § 34 StPO).
30
b) Es liegt auf der Hand, dass die restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen bei der die Richterablehnung veranlassenden Fristsetzung vorliegend nicht vollständig erfüllt waren. Diese erfolgte nach weniger als zehn Verhandlungstagen, wobei mit ihrer Anordnung eine ausdrückliche Begründung für einen berechtigten Verdacht von Prozessverschleppung nicht verbunden war. Besonders ins Gewicht fällt darüber hinaus, dass die Frist eklatant kurz gesetzt war.
31
c) Der Verfahrensfehler begründet gleichwohl noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt ungeachtet dessen, dass Verfahrensfehler, die mit einer Einschränkung besonders wesentlicher Verteidigungsrechte ein- hergehen, eher als sonstige Verfahrensfehler eine Richterablehnung nach § 24 StPO zu rechtfertigen in der Lage sind.
32
Maßgebend zu berücksichtigen ist das die Richterablehnung veranlassende Verfahrensgeschehen. Ihr waren Äußerungen der Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung vorausgegangen, die angesichts des gesamten bisherigen Verteidigungsverhaltens (UA S. 30 ff.) als Ankündigung einer überschießend offensiven Verteidigung verstanden werden konnten (vgl. insbesondere UA S. 35); das vorangegangene Antragsverhalten in der Hauptverhandlung schon vor der Fristsetzung war jedenfalls nicht geeignet, einen solchen verständlichen Argwohn zu zerstreuen. Aufgrund der bereits zuvor seitens des Gerichts angekündigten Möglichkeit eines alsbaldigen Abschlusses der Beweisaufnahme traf die kurze Frist die Verteidigung nicht gänzlich unvorbereitet. Da angesichts der bevorstehenden Ferienzeit beträchtliche Verfahrensunterbrechungen konkret drohten, war ein Streben des Vorsitzenden nach alsbaldigem Verfahrensabschluss erklärlich. Die beanstandete Verfahrensweise bezog sich auf eine neue, prinzipiell berechtigte, indes noch nicht näher ausgestaltete Rechtsprechung.
33
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände ist in der rechtsfehlerhaften Fristsetzung keine derart gravierende Vernachlässigung berechtigter Verteidigungsbelange zu sehen, dass deshalb die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass dem mit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Verhalten eine unbedachte, nicht unbedenkliche Äußerung des Vorsitzenden am dritten Hauptverhandlungstag (oben B. I.) vorausgegangen war, und ungeachtet dessen, dass die Fristsetzung just zu dem Zeitpunkt erfolgte, als sich mit der prozessual für sich nicht zu beanstandenden Ankündigung einer Erledigung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten D. im Wege der Verständigung für die Angeklagten K. und G. L. eine grundlegend neue Prozesssituation ergab, wenngleich dies eine noch kritischere Sicht auf die Kürze der gesetzten Frist veranlasst.
34
Es bleibt trotz alledem bei dem Grundsatz, dass ein Verfahrensverstoß , der auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, allein noch keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. BGHSt 48, 4, 8), sondern nur dann, wenn eine Entscheidung abwegig ist oder der Anschein der Willkür erweckt wird. So weit geht das die Richterablehnung veranlassende Vorgehen des Strafkammervorsitzenden letztlich doch nicht.
35
III. Die Verfahrensrügen wegen Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens erweisen sich auch deshalb gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO als unzulässig, weil die Revisionen den von der Strafkammer in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 12. und 26. Oktober 2007 (Protokollanlagen 114 und 145) in Bezug genommenen Beschluss vom 12. Oktober 2007 (Protokollanlage 116) in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rügevortrag weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt haben. In der Sache sind die Rügen angesichts der mit Hilfe von Versicherungsfachleuten getroffenen Feststellungen zu ungenutzten vorhandenen Verhandlungsspielräumen bei der Ausgestaltung der in Frage stehenden Geldanlagen für den Schuldspruch nicht durchgreifend. Die Strafaussprüche haben ohnehin keinen Bestand.
36
IV. Der frühere Mitangeklagte D. hatte sich wiederholt in der Hauptverhandlung bis zur Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zur Sache geäußert. Zumal danach sind sämtliche auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Rügen, mit denen allein anhand der für ihn abgegebenen, von ihm als Einlassung anerkannten und als Anlage zu Protokoll genommenen Verteidigererklärung die Urteilsausführungen zum Inhalt seines Ge ständnisses beanstandet werden sollen, wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hervorgehoben hat, im Ansatz verfehlt (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vgl. auch BGHSt 52, 175, 180).

C.


37
Die von beiden Angeklagten erhobenen Sachrügen sind teilweise erfolgreich.
38
I. Das Landgericht hat den Angeklagten L. als stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks zutreffend als Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen und rechtsfehlerfrei wegen Bestechlichkeit verurteilt.
39
1. Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
40
a) Es spricht viel dafür, dass das Versorgungswerk eine Behörde im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 1 StGB ist. Jedenfalls ist sie eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.
41
Das Versorgungswerk wurde durch Gesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Über das typischerweise öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verhältnis der Körperschaft zu ihren Mitgliedern hinaus besteht in weiten Teilen eine Zwangsmitgliedschaft. Sämtliche Mitglieder der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer sind – soweit sie das 45. Lebensjahr nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 und 2 HmbRAVersG) – Pflichtmitglieder und können auf Antrag von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden. Überdies besitzen die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks als Organ der Körperschaft Verwaltungsaktqualität und unterliegen nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. §§ 7, 8 der Satzung) verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Schließlich untersteht das Versorgungswerk, wie im Sozialversicherungsrecht üblich (vgl. nur § 393 Abs. 1 SGB III; §§ 87, 88 Abs. 1 SGB IV; § 141 SGB VII), staatlicher Rechtsaufsicht (§ 7 Abs. 1 HmbRAVersG) und der Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. §§ 105 ff. LHO, HmbGVBl 1971 S. 261).
42
Diese durch das Landgericht fehlerfrei festgestellten Umstände streiten dafür, das Versorgungswerk – wie dies auch für andere Träger der Sozialversicherung angenommen wird (RGSt 76, 105, 107; 76, 209, 211; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 97; aM BGHZ 25, 186, 193 [zu § 29 GBO]) – als Behörde im strafrechtlichen Sinn einzustufen (zu den verschiedenen Begriffsbestimmungen Radtke aaO). Die Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB erfüllt sind.
43
Eine sonstige Stelle ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein (vgl. nur BGHSt 43, 370, 376; 52, 290, 293). Der Organisationsform der Stelle kommt dabei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu (Fischer, StGB 56. Aufl. § 11 Rdn. 19 m.w.N.). Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede , so ist dieser Organisationsform indes eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen (ähnlich Welp, Festschrift für Lackner 1987 S. 761, 780). Schon nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nämlich vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können (Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 11. Mai 1973, BT-Drucks 7/550 S. 209). Andere Schlüsse lässt entgegen der Ansicht der Revision auch die Entscheidung des Senats zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers einer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) allein beherrschten privatrechtlich organisierten Gesellschaft (BGHSt 46, 310) nicht zu. Dort hat der Senat ebenfalls maßgeblich auf die rechtliche und tatsächliche Eingliederung der Stelle in die Staatsverwaltung abgestellt und sie mit dem Hinweis auf die Sonderstellung des BRK abgelehnt (BGHSt aaO S. 314). Beim BRK handelt es sich nämlich um eine sogenannte Formalkörperschaft , die zwar in die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gekleidet ist, ohne dass jedoch bei ihrer Einrichtung an eine organisatorische Eingliederung in die Staatsverwaltung gedacht war (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, 5. Aufl. § 81 Rdn. 38 und § 87 Rdn. 13; BGH aaO m.w.N.). Die deshalb mangelnde staatliche Lenkung konnte durch die gleichwohl bestehende staatliche Rechtsaufsicht über das BRK nicht kompensiert werden (BGHSt aaO S. 315). Nur in diesem spezifischen Kontext wurde in jener Entscheidung das Fehlen einer Fachaufsicht stützend herangezogen. Das Kriterium ist indessen nicht generell ein maßgebliches Beweiszeichen für eine fehlende Eingliederung der betreffenden Stelle in die Staatsverwaltung.
44
b) Das Versorgungswerk nimmt auch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland (BVerfGE 113, 1, 25; BVerwG NJW-RR 2001, 785, 786; NJW 1997, 1634; Groepper NJW 1999, 3008; Hahn GewArch 2002, 441; 2008, 49, 52). Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. Trotz bestehender Unterschiede zum System der gesetzlichen Rentenversicherung ist die berufsständische Versorgung mit jenem gleichwertig (vgl. nur den Befreiungstatbestand § 6 SGB VI und dazu Kreikebohm, SGB VI 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Beide haben eine von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängige angemessene Versorgung im Alter zum Ziel.
45
c) Die Feststellungen der Strafkammer tragen auch die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Begründung einer Amtsträ- gereigenschaft erforderliche Bestellung des Angeklagten L. zur Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
46
aa) Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (st. Rspr., vgl. nur – unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte – BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).
47
bb) Jedenfalls durch seine Wahl in den Verwaltungsausschuss durch die Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte für vier Jahre (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung) mit der eigenständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tatsächlich betraut; er war damit in die Organisation der Körperschaft längerfristig fest eingegliedert. Der Verwaltungsausschuss leitet das Versorgungswerk und ist für die Durchführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung verantwortlich sowie verpflichtet, innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers der Mitgliederversammlung vorzulegen (§ 6 Abs. 1 der Satzung).
48
cc) Soweit die Revisionen – insbesondere in Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 3 StPO) gekleidet – eine fehlende Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer angeblich unwirksamen Gründung des Versorgungswerks und einer rechtsfehlerhaften – im Übrigen, soweit ersichtlich, von niemandem angefochtenen – Wahl des Angeklagten zum stellvertreten- den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses geltend machen, bleiben sie ohne Erfolg. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatbestandlich ohne Bedeutung. Die Verletzung von Rechtsvorschriften im Innenverhältnis zwischen Stelle und Betroffenem lässt die Frage der Amtsträgereigenschaft unberührt; entscheidend ist vielmehr die – hier erfolgte – tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 29; Hilgendorf in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 36; Rudolphi/Stein in SK StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 31a; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 57; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht 2001 S. 544). Dessen ungeachtet offenbaren weder der Revisionsvortrag noch die angegriffenen Feststellungen einen Rechtsmangel im Rahmen der Gründung des Versorgungswerks (vgl. zudem zu dessen Unerheblichkeit: BVerfGE 3, 41, 44 [Gemeinderat]; 1, 14, 38 [Landtag]; BVerwGE 108, 169, 176; BVerwG NVwZ 2003, 995, 996; Seifert , Bundeswahlrecht 3. Aufl. Art. 41 Rdn. 14 sowie Hahn GewArch 2003, 217, 219 und Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 90 Rdn. 9).
49
Die in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung gegen die Annahme einer Amtsträgereigenschaft des Angeklagten L. ins Feld geführte Behauptung, die als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses B. und C. hätten keine Aussagegenehmigung erhalten, obwohl ihnen eine solche, wären sie und der Angeklagte L. Amtsträger gewesen, hätte erteilt werden müssen , ist falsch: Es wurden Aussagegenehmigungen erteilt und zu den Akten genommen (vgl. Bl. 446 d.A.).
50
d) Entgegen der Ansicht der Revisionen wird die Idee des freien Berufs durch die Annahme der Amtsträgereigenschaft eines im Verwaltungsausschuss eines Rechtsanwaltsversorgungswerks tätigen Rechtsanwalts nicht in Frage gestellt. Soweit dieses freiwillig übernommene Ehrenamt überhaupt auf seine anwaltliche Selbständigkeit Auswirkungen haben sollte, entbehren die entsprechenden Regelungen jedenfalls sämtlich einer berufsre- gelnden Tendenz. Im Zusammenhang mit der anwaltlichen Selbstverwaltung übernommene – typischerweise der staatlichen Rechtsaufsicht unterstehende (Tettinger, Kammerrecht 1997 S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht 17. Aufl. § 23 Rdn. 45) – Tätigkeiten lassen insbesondere wegen ihrer Rechtspflegefunktion die freie Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit unberührt (vgl. zur Behördeneigenschaft des Vorstands einer Anwaltskammer schon RGSt 47, 394, 395; RG JW 1936, 1604; BGH NJW 2000, 3004, 3005 m.w.N.).
51
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht auch den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung angenommen. Zwar reicht es hierfür grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Das hat die Strafkammer aber auch nicht verkannt. Freilich ist die Feststellung sehr knapp, es sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er „aufgrund seiner Stellung im Versorgungswerk dazu berufen war, das gesetzliche Ziel der Altersvorsorge zu verfolgen“ (UA S. 14). Jedoch wird diese Feststellung ergänzt durch weitere Ausführungen im Urteil , wonach sich der Angeklagte dieser besonderen Pflichtenstellung bewusst war (UA S. 108) und es – zumindest aufgrund der Ausgestaltung des Versorgungswerks als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, des stark formalisierten „Gründungsverfahrens“ sowie des Handelns der „Organwalter“ in Ausfüllung der ihnen zugewiesenen Positionen – „für den Angeklagten … klar gewesen (war), dass er dazu berufen war, in verantwortlicher Position bei der Erfüllung einer dem Versorgungswerk als Selbstverwaltungskörperschaft unter Einschluss hoheitlicher Befugnisse zugewiesenen Aufgabe mitzuwirken“ (UA S. 106). Diese Wertungen fußen ersichtlich auf einer Gesamtschau der Urteilsgründe und dem in Rede stehenden förmlichen Bestellungsakt des Angeklagten durch seine Wahl in das Selbstverwaltungsorgan der Körperschaft.
52
Die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses machte für den rechtskundigen Angeklagten seine besondere Pflichtenstellung gegenüber und innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft greifbar. Dies gilt insbesondere angesichts der ihm übertragenen teilweise hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse gegenüber den Zwangsmitgliedern. So wurden Anträge auf Befreiung von der Mitgliedschaft unter Mitwirkung des Angeklagten schriftlich in Form eines mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes beschieden (UA S. 12 f.). Die Auswahl der Anlageform gehörte, was dem Angeklagten fraglos bewusst war, sogar zum Kernbereich der Tätigkeit des Versorgungswerks.
53
3. Die Angriffe der Revisionen gegen die von der Strafkammer angenommene Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und D. in Bezug auf pflichtwidrige Diensthandlungen des Angeklagten gehen fehl.
54
a) Der Einwand, der Vorschlag des Angeklagten habe sich im Rahmen des ihm eröffneten Ermessensspielraums gehalten, greift bereits im Ansatz zu kurz. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt (BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; 48, 44, 46; BGH NStZ-RR 2008, 13). Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). So liegt der Fall hier.
55
aa) Der Angeklagte handelte als Ermessensbeamter im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Strafkammer war ihm sowie dem Zeugen C. die Vorauswahl möglicher Kapitalanlageprodukte seitens der übrigen Verwaltungsausschussmitglieder übertragen worden. Beide sollten die notwendigen Informationen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung des Verwaltungsausschusses einholen. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass dem Angeklagten hier auf Grund seiner Wirtschaftsprüfererfahrungen und seines dominanten Auftretens „faktische Leitungsfunktion“ zukam. Er kontrollierte und prägte daher die Vorauswahl und nahm durch seine deutliche Positionierung für das Angebot der P. auf die Entscheidungsfindung Einfluss. Ihm stand mithin sowohl bei der Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Anlageprodukts durch den Verwaltungsausschuss als auch im Rahmen der späteren Abstimmung des Gremiums ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. dazu BGHSt 47, 260, 263 mit Anm. Wohlers JR 2003, 161; BGH NStZ-RR 2008, 13, 14).
56
bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts steht außer Frage, dass sich der Angeklagte bereit gezeigt hat, die vereinbarten Vorteile bei den ihm obliegenden Ermessensentscheidungen maßgebend in die Waagschale zu legen (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Bezugspunkte der Unrechtsvereinbarung sind die dem Verwaltungsausschuss unterbreiteten Vorschläge, bei der P. ein – für das Versorgungswerk zudem eher ungünstiges – Kapitalanlageprodukt abzuschließen, sowie das Abstimmungsverhalten des Angeklagten zugunsten der P. im Verwaltungsausschuss. Der Angeklagte hat die Unrechtsvereinbarung durch die genannten pflichtwidrigen Diensthandlungen dann auch tatsächlich umgesetzt und dafür Vorteile großen Ausmaßes bezogen (§ 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Eine mögliche – hier indes fern liegende – sachliche Rechtfertigung der Entscheidung ist ohne Belang (Fischer aaO § 332 Rdn. 14).
57
b) Nicht durchgreifend ist auch der weitere Einwand der Revisionen, die Vereinbarung wirtschaftlich günstigerer Konditionen hätte gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (sogenanntes Provisionsabgabeverbot; Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8. März 1934, VerAfP 1934, 99, 100; zu deren Fortgeltung als Bundesrechtsverordnung vgl. BGHZ 93, 177, 178 f.; 159, 334, 338 f.; BGH NStZ 2001, 545) verstoßen. Dies gilt schon deswegen, weil dem Angeklagten im Rahmen des § 332 StGB vorgeworfen wird, dass er wegen der in Aussicht stehenden Schmiergeldzahlun- gen und damit sachwidrig dafür eingetreten ist, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Geldanlagemöglichkeiten gerade den Abschluss von Rentenversicherungsverträgen bei der P. zu wählen.
58
II. Die gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Einwände der Revisionen, insbesondere zum entstandenen Untreueschaden, greifen nicht durch.
59
1. Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht nach § 266 Abs. 1 StGB, die mit der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 332 StGB korrespondiert , durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines für das Vermögen des Versorgungswerks vorteilhaften Vertragsabschlusses aus finanziellem Eigeninteresse nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen (vgl. BGHSt 31, 232, 235; BGH NStZ 2003, 540, 541). Diesen Maßstab hat das Landgericht beachtet. Ohne dass hierdurch der tatbestandliche Vermögensnachteil zu bestimmen wäre, hat es in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausgehandelten Vertragskonditionen aus mehreren Gründen für das Versorgungswerk ungünstig waren: Zum einen wurde die gewollte Verzinsung des eingezahlten Kapitals mit mindestens 3,5 % nicht erreicht, sondern lediglich eine effektive Verzinsung von weniger als 2 %. Zum anderen barg die Konstruktion eines Rentenversicherungsvertrages, bei dem allein der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses versichert war, ein erhebliches Risiko, weil bei einem Ableben der versicherten Person vor Vertragsende zwar die eingezahlten Beträge zurückerstattet worden wären, aber die vertraglich vorgesehene Verzinsung nicht angefallen wäre (UA S. 18 f.).
60
Das Tatgericht hat bei der Bestimmung des Vermögensnachteils zunächst erwogen, ob der Untreueschaden unter Heranziehung der Höhe der „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldzahlungen) bestimmt werden kann. Eine solche Schadensberechnung ist anerkannt sowohl beim Eingehungsbetrug in Form des sogenannten Ausschreibungs- oder Submissionsbetrugs, bei dem der Vermögensschaden in der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Auftragssumme und dem Preis liegt, der bei Beachtung der für das Auftragsvergabeverfahren geltenden Vorschriften erzielbar gewesen wäre , als auch in den Fällen freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen (vgl. BGHSt 47, 83, 88 f.; vgl. auch BGHSt 49, 317, 332 f.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. Hiernach hätte für das Tatgericht die Annahme nahe gelegen, auch bei Bestimmung des dem Versorgungswerk entstandenen Schadens die gezahlten „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldbeträge) zu berücksichtigen, weil solche absprachebedingten Zahlungen eine günstigere Preisgestaltung verhindert haben. Dass ohne diese Zahlungen erheblich günstigere Konditionen für das Versorgungswerk hätten erreicht werden können, ist von der Strafkammer festgestellt worden. Damit war die vereitelte Ersparnis nicht nur eine vage Hoffnung , sondern es bestand eine gesicherte Aussicht auf einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag, die als eine werthaltige Vermögensposition (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541) anzusehen ist.
61
2. Die Einwendungen der Revisionen aus § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (oben I. 3. b) greifen nicht durch. Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei den von der Strafkammer festgestellten Verhandlungsmöglichkeiten um davon erfasste Begünstigungsverträge handelte. Die Verhandlungen mit der P. hätten nämlich nicht zwingend die Besserstellung des Versorgungswerks zulasten der Versichergemeinschaft zum Ergebnis haben müssen (zum Zweck der Vorschrift Prölss, VAG 12. Aufl. § 81 Rdn. 74 ff.). Selbst wenn aber die Verhandlungen eine Begünstigung des Versorgungswerks im Sinne des § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG zum Gegenstand gehabt haben sollten, wären diese Abweichungen von einem bestehenden Tarifprodukt nicht von vornherein als unzulässig anzusehen gewesen. Versicherungsrechtlich anerkannt ist die Erlaubnisfähigkeit von Begünstigungsverträgen, sofern diese sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Prölss aaO § 81 Rdn. 82; Fahr/Kaulbach /Bähr, VAG 4. Aufl. § 81 Rdn. 35). Das soll wegen möglicher Kostenersparnisse namentlich bei Kollektivlebensversicherungen gelten (vgl. Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen [BAV] 3/94 II. Nr. 2.2, VerBAV 1/1995, S. 4). Vergleichbar liegt der Fall hier. Obwohl mit dem Versorgungswerk kein Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern Versicherungsnehmer das Versorgungswerk und versicherte Person allein der seinerzeitige Vorsitzende des Verwaltungsausschusses war (UA S. 22), hätte die P. aufgrund der „trotz des hohen Prämienvolumens geringen Verwaltungskosten … auf der Grundlage der dann für diesen Einzelfall vorzunehmenden … Berechnungen einen rechtlich zulässigen individuell begünstigenden Vertrag“ (UA S. 113 f.) oder einen so genannten Nettotarif anbieten können, der auf der Grundlage der nicht anfallenden „Provision“ und anderer eingesparter Kosten zu kalkulieren gewesen wäre. Zumindest soweit die dadurch sachlich gerechtfertigten eingeräumten Konditionen sich durch den Vertrag selbst getragen und keine Subventionierung durch die Versichertengemeinschaft zur Folge gehabt hätten (vgl. Anlage zur Richtlinie 3/94 des BAV Nr. I. Nr. 1.4, aaO S. 5), durfte die Kammer auch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit mit § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG und einer damit bestehenden Genehmigungsfähigkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgehen. Dass die P. grundsätzlich bereit war, eine solche Vertragsgestaltung bei der Aufsichtsbehörde anzumelden oder aufsichtsrechtlich genehmigen zu lassen, hat das Landgericht mit Hilfe sachverständiger Zeugen aus dem Versicherungsbereich rechtsfehlerfrei festgestellt.
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3. Die Strafkammer hat jedoch wegen aus dem Provisionsabgabeverbot hergeleiteter rechtlicher Bedenken, der Besonderheiten versicherungs- mathematischer Berechnungen und der von ihr sonst als notwendig erachteten Hinzuziehung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen von einer exakten Schadensberechnung Abstand genommen und ist von einem Vermögensnachteil von – „was den Schuldspruch trägt“ (UA S. 114) – mindestens einem Euro ausgegangen; der Nachteil erreiche „jedoch in keinem Fall die Höhe der Schmiergeldzahlungen“ (UA S. 126). Der ersichtlich nicht ernst gemeinte, überzogen formulierte Ausgangspunkt einer Schadenshöhe von einem Euro – der, wenn er eine seriöse Sachverhaltsvariante wäre, schwerlich einen Untreueschaden belegen könnte – steht in offenem Widerspruch zu der klaren Urteilsfeststellung, dass die Möglichkeit zu beträchtlich günstigerer Vertragsgestaltung pflichtwidrig ausgelassen wurde (UA S. 21, 65, 108, 113). Diese Feststellung sollte mit der Wendung ersichtlich auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wollte das Tatgericht damit bloß vermitteln , dass seines Erachtens „angesichts der tateinheitlich begangenen Bestechungsdelikte … der Höhe des Nachteils … auf der Ebene der Strafzumessung keine Bedeutung“ (UA S. 114) zukomme. Bei solchem Verständnis der Urteilsbegründung stellt der Umstand, dass es das Tatgericht nicht wenigstens unternommen hat, die ungefähre Schadenshöhe auf der ihm zu Gebote stehenden, wenngleich konkret als unvollkommen erachteten Grundlage mit aller gebotenen Vorsicht zu schätzen, die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Schuldspruchs wegen tateinheitlicher Untreue nicht in Frage.
63
III. Soweit die Revision der Angeklagten G. L. mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, weil die Strafkammer aufgrund der vorhandenen Indizien nicht hätte die Überzeugung gewinnen können, dass die Angeklagte Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk hatte und sie bei der unterstützenden Billigung der verdeckten Zahlungsweise im Vorfeld der Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden sei, bleibt die Revision zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue ohne Erfolg, dringt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit durch.
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1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, die – zum Anklagevorwurf schweigende – Angeklagte habe zumindest in Grundzügen um die Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk und seine damit verbundenen Pflichten gewusst und die mit D. bestehende Unrechtsvereinbarung gekannt, auf folgende Indizien und Wertungen:
65
Die Angeklagte hat am 5. März 2002 das Konto eröffnet, auf das kurze Zeit später die erste für den Angeklagten L. bestimmte Zahlung der P. fast in Millionenhöhe überwiesen worden ist, welche die Dimension früherer verdeckter Provisionszahlungen deutlich überschritt. Vor Eingang der zweiten Provisionszahlung veranlasste sie noch die Umbenennung des Kontoinhabers. Die Angeklagte ist gelernte Bankkauffrau und Steuerfachgehilfin. Das Landgericht hält es schlechterdings nicht für vorstellbar , dass sie keinerlei Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk gehabt hat. Angesichts des Umfangs der Provisionszahlungen ist es bei lebensnaher Betrachtung zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte vor den Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden ist.
66
2. Der von der Strafkammer gezogene Schluss auf eine Gehilfenstellung der Angeklagten G. L. ist hinsichtlich der Untreue möglich (vgl. zum Maßstab BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt), und zwar vor folgendem Hintergrund: Der Angeklagte L. hatte sich in den Jahren zuvor unter standeswidriger Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an den Kapitalanlagen seiner Mandanten persönlich bereichert. Er hatte als „stiller Vermittler“ diverse Versicherungsverträge für die P. vermittelt und im Gegenzug wie ein Versicherungsvertreter Provisionen erhalten. Diese waren zunächst bar, später dann auf Konten der „G. GbR“, bei der die Angeklagte zu 99 % Gesellschafterin war und bei der sie für die Bankgeschäfte zuständig war, überwiesen worden (UA S. 7 bis 10). Die auch im Vergleich zu früheren entsprechenden Provisionen au- ßergewöhnliche Höhe des auf verdecktem Zahlungsweg überwiesenen Betrags auch in Verbindung mit der kurz zuvor erfolgten Eröffnung des betreffenden Kontos durch die Angeklagte rechtfertigt den Schluss auf eine vorherige Absprache mit hinreichender Hintergrundinformation über den Zahlungsanlass gegenüber der in den Zahlungsfluss erwiesenermaßen eingebundenen Angeklagten. Dass bei der außergewöhnlichen Höhe des Betrages womöglich nicht nur Steuerhinterziehungsabsichten bestanden, sondern eine Vermögensschädigung des für die „Provision“ maßgeblichen Vertragspartners der Versicherung bewirkt werden konnte, für den – wie sie ersichtlich wusste – ihr Ehemann tätig war, beruht bei aller Kürze der Urteilsbegründung zu diesen Umständen auf ausreichend tatsachenfundierten tatgerichtlichen Schlüssen. Die Annahme eines wenigstens bedingten Untreuevorsatzes der Angeklagten im Rahmen ihrer Beihilfehandlung ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
67
3. Diese Indizien und Wertungen sind jedoch nicht genügend aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Überführung der Angeklagten hinsichtlich einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bestechlichkeit.
68
Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bestechlichkeit an den Nachweis des Vorsatzes zum Tatbestandsmerkmal Amtsträger über die Tatsachenkenntnis hinausgehende Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 11 Amtsträger 14). Der Täter muss eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben. Gleiche Anforderungen sind an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, wenn nicht derjenige des Täters, sondern der eines Gehilfen in Frage steht. Die – ohnehin überaus knappen – Ausführungen des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten belegen weder ausreichend deren erforderliche spezifische Kenntnis von den Umständen , wonach es sich bei dem Versorgungswerk um eine „sonstige Stelle“ handelt, noch von den Umständen, aus denen sich eine Amtsträgerstellung ihres Ehemannes herleiten ließ.
69
4. Da die Angeklagte bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und liquide Beweismittel für ein neues Tatgericht nicht ersichtlich sind, mit denen sich der Bestechlichkeitsvorsatz bei der Angeklagten tragfähig belegen ließe, hat der Senat im Sinne einer Einschränkung des Schuldspruchs auf bloße Beihilfe zur Untreue durchzuentscheiden. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, weil die Strafkammer bei der Strafzumessung maßgebliches Gewicht auf das Amtsdelikt gelegt hat.
70
IV. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. hat keinen Bestand.
71
Ungeachtet des durch den außergewöhnlichen Umfang der inkriminierten Provisionen geprägten Gewichts der jeweils nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB zu ahndenden Taten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gegen den unbestraften Angeklagten, der seine gesamte bisherige berufliche Grundlage infolge der Verurteilung einbüßen wird, für lange zurückliegende Taten, deren negative wirtschaftliche Folgen für das geschädigte anwaltliche Versorgungswerk wesentlich rückgängig gemacht wurden (vgl. zu alledem UA S. 116 f.), hoch, wenngleich nicht bereits allein ihrer Höhe wegen beanstandungswürdig. Jedoch ist zu besorgen, dass sich die widersprüchlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Höhe des Untreueschadens – Auslassen weitaus besserer Anlagekonditionen einerseits (UA S. 21, 65, 108, 113), bloße Anlastung eines Schadens von einem Euro andererseits (UA S. 114) – zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafbemessung dadurch ihrerseits widersprüchlich und unzulänglich begründet ist.
72
Die Höhe des Untreueschadens bestimmt wesentlich das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung (BGH wistra 2002, 420, 421; 2007, 259, 261): Ein bloßer Ermessensfehler bei der sachwidrig von einem verborgenen Schmiergeldangebot motivierten Auswahl des Vertragspartners einer Geldanlage , der keinen Vermögensschaden der Anstellungskörperschaft nach sich zieht, weist – obwohl er ohne weiteres den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt – ein geringeres Maß an Pflichtwidrigkeit auf als ein gleiches, indes zusätzlich noch beträchtlich schädigendes Fehlverhalten. Zwar hat das Landgericht die Vermögensschadenshöhe als Strafzumessungsfaktor gar nicht benannt; es hat – nahezu wie bei einer Verfahrensweise nach § 154a StPO – das tateinheitliche Vergehen nach § 266 StGB bei der Strafzumessung unerwähnt gelassen. Dem Urteil ist indes bei rechtem Verständnis ein maßgeblicher Schaden im Sinne von § 266 StGB zu entnehmen und nicht nur ein „Scheinschaden“ von einem Euro. Danach besteht im Blick auf die beträchtliche Strafhöhe Grund für die Besorgnis, dass eben doch eine solche erhöhte Pflichtwidrigkeit der Amtspflichtverletzung der Strafzumessung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass hierfür ein Mindestschaden bestimmt worden wäre.
73
Zudem könnten mehrere von Negativwertungen geprägte Wendungen im Rahmen der Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen („Gelegenheit, Stellung im Verwaltungsausschuss ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil auszunutzen und sich persönlich dadurch so umfassend wie möglich zu bereichern“ sowie „ungeliebte Kuh so weit wie möglich zu melken“, UA S. 13; „Pakt besiegelt“, UA S. 14; „wie Alberich über den Nibelungenhort wachte der Angeklagte L. eifersüchtig“, UA S. 15) darauf hindeuten, das Landgericht habe den Angeklagten jenseits des tatsachenfundiert festgestellten gravierenden Tatunrechts noch weiter abwerten wollen. Bei dieser Sachlage vermag auch der Umstand, dass durch den Wegfall des Verfalls ein angenommener Milderungsgrund (UA S. 117) nicht fortbesteht, den Mangel eines widersprüchlich und unzulänglich bezeichneten Schadens im Rahmen der Strafzumessung nicht aufzuwiegen. Der Senat weist indes darauf hin, dass das bislang festgestellte von hohem korrupten Gewinnstreben bestimmte Tatunrecht fraglos die Verhängung einer empfindlichen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe erfordert.
74
V. Der angeordnete Wertersatzverfall kann – insoweit in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – in dem nicht nach Maßgabe des § 111i StPO n. F. zu beurteilenden Altfall (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 1) keinen Bestand haben. Ihm steht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen.
75
1. Dem Versorgungswerk kann als Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zustehen. Solche Ansprüche auf die Herausgabe von Bestechungslohn sollen letztlich die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen daher grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 2007, 222, 223; 2008, 262 m.w.N.). Ob die fallspezifischen Bedenken des Landgerichts gegen die Annahme eines entsprechenden Anspruchs aus besonderen versicherungsrechtlichen Erwägungen durchgreifen , bedarf keiner Entscheidung. Dies liegt indes eher fern, weil sich aus dem Provisionsabgabeverbot für den Angeklagten im Verhältnis zum Versorgungswerk kein Grund ableiten lässt, die Schmiergelder behalten zu dürfen. Abgesehen davon liegt angesichts der Höhe des bei der P. angelegten Kapitals auf der Hand, dass auch sonst beträchtliche – eben nicht etwa mit einem Euro bemessbare – Forderungen des Versorgungswerks gegen den Angeklagten bestehen.
76
2. Zudem kommt in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der P. entstandenen Schadens dieser nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zusteht. Der gesondert verfolgte D. hat durch die von vornherein ungerechtfertigten Provisionsauszahlungen zugunsten des Angeklagten L. nahe liegend die P. geschädigt. Hieran war der Angeklagte L. beteiligt, der deshalb der P. ebenfalls schadensersatzpflichtig wäre. Die konkrete Vertragsentwicklung belegt, dass es hier fern läge anzunehmen, Gewinne der P. aus den mit dem Versorgungswerk abgeschlossenen Versiche- rungsverträgen könnten der Annahme eines Schadens infolge der zu Unrecht geleisteten Provisionszahlungen entgegenstehen.
Basdorf Raum Schaal Schneider König

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Zur Beschlußfassung und Entscheidung in Zulassungssachen errichten die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung oder für Teile dieses Bezirks (Zulassungsbezirk) einen Zulassungsausschuß für Ärzte und einen Zulassungsausschuß für Zahnärzte.

(2) Die Zulassungsausschüsse bestehen aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte und ihre Stellvertreter werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vertreter der Krankenkassen und ihre Stellvertreter von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestellt. Die Mitglieder der Zulassungsausschüsse führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen. Die Zulassungsausschüsse beschließen mit einfacher Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.

(2a) Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden haben in den Verfahren, in denen der Zulassungsausschuss für Ärzte eine der folgenden Entscheidungen trifft, ein Mitberatungsrecht:

1.
ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3,
2.
Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a,
3.
Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze auf Grundlage der Entscheidungen der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden nach § 103 Absatz 2 Satz 4,
4.
Ablehnung einer Nachbesetzung nach § 103 Absatz 4 Satz 10,
5.
Ermächtigung von Ärzten und Einrichtungen,
6.
Befristung einer Zulassung nach § 19 Absatz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und
7.
Verlegung eines Vertragsarztsitzes oder einer genehmigten Anstellung nach § 24 Absatz 7 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte.
Das Mitberatungsrecht umfasst auch das Recht auf frühzeitige Information über die Verfahrensgegenstände, das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen einschließlich des Rechts zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung sowie das Recht zur Stellung verfahrensleitender Anträge.

(3) Die Geschäfte der Zulassungsausschüsse werden bei den Kassenärztlichen Vereinigungen geführt. Die Kosten der Zulassungsausschüsse werden, soweit sie nicht durch Gebühren gedeckt sind, je zur Hälfte von den Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen andererseits getragen.

(4) Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse können die am Verfahren beteiligten Ärzte und Einrichtungen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen den Berufungsausschuß anrufen. Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
§ 301; UWG § 12 Abs. 2 aF
1.) Der Geschäftsführer einer GmbH, deren einziger Gesellschafter das Bayerische
Rote Kreuz als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ist kein Amtsträger im
2.) Die Staatsanwaltschaft kann das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung
von Amts wegen noch bejahen, wenn nach Ablauf der Strafantragsfrist
das absolute in ein relatives Antragsdelikt umgewandelt wird (§ 12 Abs. 2, § 22
BGH, Urt. v. 15. März 2001 – 5 StR 454/00
LG München I –
IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 454/00
URTEIL
vom 15. März 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 14. und 15. März 2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Tepperwien,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt am Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte H und L
als Verteidiger des Angeklagten Hi ,
Rechtsanwalt W
als Verteidiger des Angeklagten V ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 15. März 2001 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. April 2000 werden verworfen.
Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Revisionen, die Staatskasse diejenigen der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten Hi wegen Angestelltenbestechlichkeit in vier Fällen, Untreue in 13 Fällen und Einkommensteuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Angeklagten V hat es wegen Angestelltenbestechlichkeit in 13 Fällen, Untreue in 19 Fällen, Einkommensteuerhinterziehung in vier Fällen und wegen Betrugs schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verhängt. Von weiteren Anklagepunkten hat das Landgericht die Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil haben beide Angeklagte in vollem Umfang Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren – vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertretenen – Revisionen bei beiden Angeklagten gegen den Schuldspruch sowie gegen die Freisprüche hinsichtlich weiterer Einzeltaten, insgesamt gegen die Strafzumessung und die Nichtanordnung des Verfalls. Sämtliche Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

A.


Das angefochtene Urteil enthält folgende Ausführungen:

I.


Der Angeklagte Hi war von 1973 bis Anfang 1997 Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK).
Das BRK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Diese Rechtsform wurde dem BRK durch Entschließung des Bayerischen Ministerpräsidenten vom 27. Juli 1945 verliehen; durch bayerisches Landesgesetz vom 16. Juli 1986 wurden der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bestätigt und das BRK der Rechtsaufsicht des bayerischen Staatsministeriums des Inneren unterstellt (Art. 1 des Gesetzes). Nach Art. 2 Satz 2 des vorgenannten Landesgesetzes nimmt das BRK unter anderem Aufgaben im Gesundheits- und Wohlfahrtswesen wahr. Nach seiner Satzung ist es gemeinnützig. Mit Gesellschaftsvertrag vom 12. August 1960 gründete das BRK den Blutspendedienst (BSD) in der Rechtsform einer GmbH, wobei sich der BSD der Gemeinnützigkeit verpflichtete. Einziger Gesellschafter war das BRK. Der Angeklagte Hi war zugleich Hauptgeschäftsführer des BSD.
Der Angeklagte V war von 1982 bis zum 30. Juni 1997 Geschäftsführer des BSD und hierbei für den kaufmännischen Bereich zuständig.
Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten in nicht verjährter Zeit folgende Straftaten begangen:
1. Der Angeklagte V war seit 1985 innerhalb des BSD für die Geschäftsbeziehung mit der Firma A verantwortlich, die Testseren für die Untersuchung von Spenderblut anbot. Er forderte von seinem für die Firma A handelnden Geschäftspartner, dem Zeugen Al , Zahlungen und
andere geldwerte Vorteile. Da die Firma A eine langfristige Kundenbeziehung mit dem BSD auf einem möglichst hohen Preisniveau anstrebte, ging sie auf das Ansinnen des Angeklagten ein.
Die Firma A übernahm die Zahlung der Kosten für eine von einem Reisebüro am 28. Dezember 1995 in Rechnung gestellte Flugreise nach Washington in Höhe von 33.000 DM, die der AngeklagteV gemeinsam mit seiner Ehefrau unternommen hatte. Seit 1989 erhielt der Angeklagte V zudem von der Firma A aufgrund von Beraterverträgen, ohne hierfür eine äquivalente Gegenleistung zu erbringen, Geldbeträge in der Größenordnung von insgesamt 220.000 DM. Mit Schreiben vom 6. März 1996 forderte er weitere 30.800 DM für die von ihm abzuführende 14-prozentige Mehrwertsteuer auf die gezahlten Beraterhonorare. Der Angeklagte erhielt von der Firma A auch diese Summe.
In Absprache mit dem Angeklagten V und dem Zeugen A stellte der Zeuge J namens der Firma L der Firma A eine Rechnung über die Lieferung von 1,2 Millionen Werbebechern in Höhe von 600.000 DM. Tatsächlich war der Auftrag jedoch nach der Lieferung von 150.000 mit Werbeaufdrucken des BSD versehenen Bechern storniert worden. Die für die Abrechnung zuständigen Mitarbeiter der Firma A bezahlten in der Annahme, sämtliche Becher seien an den BSD geliefert worden , etwa 540.000 DM zuviel. Der Angeklagte V erhielt hieraus einen Anteil in Höhe von 120.000 DM.
2. Der Angeklagte V war auch zuständig für die Geschäftsbeziehung des BSD zur Firma T . Der BSD kaufte pro Jahr durchschnittlich knapp 200.000 Blutbeutel vonT ein. Ab dem Jahr 1990 forderte der Angeklagte V Zahlungen oder andere geldwerte Vorteile. Er versprach dafür, der Firma T als Gegenleistung in den Preisverhandlungen entgegenzukommen und sie gegenüber Konkurrenten zu bevorzugen.

a) Der Angeklagte V erhielt zwischen Dezember 1995 und 1997 insgesamt sechs Barzahlungen in Höhe von 3 x 38.000 DM, 23.000, 20.000 und 10.000 DM.

b) Bei einem Stückpreis der (Vierfach-)Blutbeutel von durchschnittlich 13 DM im Einkauf hatte T für Leistungen an den Angeklagten V pro Blutbeutel 0,50 DM einkalkuliert. Dies wußte der Angeklagte auch, weil er sich hiernach erkundigt hatte, um seine Forderungen an T danach bemessen zu können. Jedenfalls um diesen Rückstellungsbetrag hätte die Firma T ihre Leistungen billiger anbieten können.
Aufgrund der überteuerten Ankäufe der Blutbeutel entstand dem BSD im Zeitraum von November 1993 bis Ende März 1994 ein Schaden von 34.000 DM. In den folgenden Abrechnungszeiträumen, die in der Regel vom 1. April bis zum 31. März des Folgejahres liefen, erlitt der BSD weitere Vermögensnachteile in Höhe von 100.000 DM (1994/95), 95.000 DM (1995/96) und 190.000 DM (1996 bis 31. März 1998).
3. Der BSD kaufte von der Firma D Testseren der Herstellerfirma I . Gesellschafter der Firma D waren die Zeugen S und G , die auch für die Firmen E und Z zeichnungsberechtigt waren. Über die Firmen E und Z bezog der BSD Blutbeutel. In der Geschäftsbeziehung mit den von S und G repräsentierten Firmen führten die Angeklagten Hi und V gemeinsam die Verhandlungen. Die beiden Angeklagten forderten von S und G die Zuwendung finanzieller Vorteile. S und G erbrachten diese auch, um dadurch eine Bevorzugung gegenüber Konkurrenzfirmen zu erreichen. Jeder der Angeklagten erhielt in dem Zeitraum zwischen Dezember 1995 und Dezember 1996 vier Barzahlungen in Höhe von 480.000 DM, 75.000 DM, 39.000 DM und 96.000 DM.
4. Die Angeklagten hatten mit S und G ein Gesamtsystem umsatzabhängiger Vergütungen vereinbart, auf dessen Grundlage auch die vorgenannten Zahlungen erfolgt sind. Zwar differierte die Ausgestaltung im einzelnen je nach Produkt. Den Angeklagten war jedoch jeweils angesichts des Umfangs der Leistungen bewußt, daß die Firmen ihre Produkte – jedenfalls um diesen Schmiergeldanteil gekürzt – günstiger an den BSD geliefert hätten. Im einzelnen entstand dabei dem BSD aufgrund der Leistungen an die Angeklagten folgender Schaden:

a) Die Firma D v erabredete mit den Angeklagten vor Beginn des jeweiligen Geschäftsjahrs, daß jedem der beiden Angeklagten fünf Prozent des Nettoumsatzes rückvergütet werden sollten. Hierdurch entstand ein Vermögensnachteil zu Lasten des BSD im Jahre 1993 (Zeitraum 15. Oktober bis 20. Dezember) in Höhe von 20.000 DM, für das Jahr 1994 in Höhe von 85.000 DM, für das Jahr 1995 in Höhe von 110.000 DM, für das Jahr 1996 in Höhe von 120.000 DM und für 1997 in Höhe von 42.000 DM.

b) Hinsichtlich eines sogenannten Capture-R-Tests erhielten die Angeklagten zunächst eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 25 Prozent pro Person , die später auf fünf Prozent für jeden Angeklagten reduziert wurde. Insgesamt entstand dadurch dem BSD ein Schaden in Höhe von 280.000 DM (Juli bis Dezember 1994), von 270.000 DM (Januar bis Ende April 1995) und ein Schaden von 657.000 DM für den Zeitraum von Mai 1995 bis Dezember 1997, nachdem für diesen Zeitraum eine Skontogewährung von zwei Prozent vereinbart wurde.

c) Die Angeklagten verkauften für den BSD Blutplasma an die Firma D Insoweit handelten die beiden Angeklagten einen an jeden von ihnen abzuführenden Betrag von 5 DM pro Liter Blutplasma aus. Im Hinblick auf ihre Umsatzbeteiligung erzielten sie zu Lasten des BSD einen um diesen Betrag verringerten Literpreis von 140 bis 160 DM. Für den Abrechnungszeitraum von Oktober 1993 bis Ende 1993 entstand so ein Schaden von
170.000 DM, wegen der zu niedrigen Preisvereinbarung im Jahre 1994 verringerten sich die Einnahmen des BSD um 550.000 DM; für 1995 entstand noch ein Schaden von 40.000 DM.

d) Die Angeklagten verhandelten mit den die Firma Z repräsentierenden Zeugen S und G über den Erwerb von Blutbeuteln. Auch insoweit vereinbarten sie eine Rückvergütung pro gekauftem Blutbeutel, wobei ihnen bewußt war, daß die vom BSD zu zahlenden Preise um diesen Betrag überhöht waren. Für 150.000 eingekaufte Nutricel-Beutel zum Preis von jeweils 16 DM pro Stück erhielt jeder Angeklagte 100.000 DM. Für jeden Leukotrap-Beutel zu einem Kaufpreis von 65 bis 75 DM vereinnahmten die Angeklagten V und Hi jeweils 2,50 DM pro Blutbeutel. Im Abrechnungszeitraum vom 19. November bis 14. Dezember 1993 entstand dem BSD ein Schaden von 97.000 DM, für 1994 in Höhe von 400.000 DM, für 1995 in Höhe von 480.000 DM und für 1996 ein Schaden in Höhe von 450.000 DM. Im Jahr 1997 wurde der BSD durch die schon 1996 getroffene Preisabsprache, an welcher der Angeklagte Hi jedoch in Folge seines Ausscheidens nicht mehr beteiligt war, um 200.000 DM geschädigt.
5. Beide Angeklagte gaben die in den J ahren 1993 bis 1996 vereinnahmten Geldbeträge nicht in ihren Einkommensteuererklärungen an, obwohl sie hierzu – wie sie auch wußten – verpflichtet waren. Soweit sie von S und G in der Schweiz Geldbeträge erhielten, auf die von diesen eine Quellensteuer in Höhe von 25 Prozent abgeführt wurde, haben sie auch die abgezogene Quellensteuer gegenüber dem Finanzamt verheimlicht. Der Angeklagte Hi hinterzog somit für den Veranlagungszeitraum 1993: 60.000 DM, für 1994: 90.000 DM, für 1995: 200.000 DM und für 1996: 50.000 DM. Der Angeklagte V bewirkte eine Steuerverkürzung für den Veranlagungszeitraum 1993 von 50.000 DM, für 1994 von 80.000 DM und für 1995 von 150.000 DM. Für das Jahr 1996 belief sich der Verkürzungsbetrag auf 65.000 DM.

II.


Das Landgericht hat den Erhalt der einzelnen Schmiergelder jeweils als Angestelltenbestechlichkeit nach § 12 Abs. 2 UWG aF gewertet. Eine Bestechlichkeit nach § 332 StGB liege dagegen nicht vor, weil die Angeklagten keine Amtsträger gewesen seien, auch wenn das BRK die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts habe. Das BRK übe keine hoheitliche Tätigkeit aus und sei kein Teil der öffentlichen Verwaltung. Zwar sei der nach § 22 UWG aF erforderliche Strafantrag nicht gestellt worden , nach der Neufassung dieser Bestimmung in § 301 StGB genüge jedoch auch die – in der Hauptverhandlung erfolgte – Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses durch die Staatsanwaltschaft. Die spätere Umgestaltung eines Antragsdelikts in ein Offizialdelikt sei verfassungsrechtlich unbedenklich.
Die maßgebliche Verjährungsfrist hat das Landgericht nach der Strafdrohung des § 12 UWG aF (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) bestimmt. Diese betrage mithin gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 5 StGB drei Jahre. Da die Verjährung bezüglich der Tatkomplexe der von G und S repräsentierten Firmen frühestens durch Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts München vom 15. Oktober 1998 unterbrochen worden sei, seien alle vor dem 15. Oktober 1995 begangenen Taten der Angestelltenbestechlichkeit verjährt. Hinsichtlich der Taten des Angeklagten V im Zusammenhang mit den Firmen A undT hätten erstmals die Haftbefehle des Amtsgerichts München vom 3. November 1998 (bzgl. Firma A ) und vom 23. November 1998 (bzgl. Firma T ) die Verjährung unterbrochen.
Die genannten Preisabsprachen mit den Firmen T und den von G und S repräsentierten Firmen D , E und Z erfüllen nach Auffassung des Landgerichts den Tatbestand der Untreue. Es hat die einzelnen Preisabsprachen und die jeweils hierauf erfolgte Gesamtabrech-
nung als einheitliche Tat gewertet. Den insoweit anzusetzenden Nachteil hat es nach den gezahlten Schmiergeldern bestimmt, weil die Angeklagten aufgrund ihrer Vermögensbetreuungspflicht gehalten gewesen wären, diese Beträge zu einer für den BSD günstigeren Preisgestaltung zu nutzen. Die fünfjährige Verjährungsfrist für die Untreue sei wiederum frühestens durch die Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts München vom 15. Oktober 1998, hinsichtlich des Fallkomplexes T erst durch den Haftbefehl gegen den Angeklagten V vom 3. November 1998 unterbrochen worden. Deshalb könnten für Preisvereinbarungen aus den Jahren 1992/1993 nur noch solche Abrechnungen berücksichtigt werden, die nach dem 15. Oktober bzw. 3. November 1993 vorgenommen worden seien.
Die Strafkammer hat im Hinblick auf die unterlassene Angabe der Schmiergelder in den Einkommensteuererklärungen den Tatbestand der Steuerhinterziehung als erfüllt angesehen. Die vereinnahmten Provisionen seien steuerpflichtige Einkünfte. Anders als bei dem Angeklagten Hi , bei dem das Landgericht die Provisionen als „sonstige Einkünfte“ gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 7 EStG behandelt hat, hat es bei dem Angeklagten V im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb angenommen.
Den Angeklagten V hat das Landgericht hinsichtlich der absprachegemäßen Weiterleitung der Rechnung für nicht mehr gelieferte Werbebecher wegen Betrugs verurteilt. Bezüglich des Vorwurfs von Betrugshandlungen wegen weiterer fingierter Rechnungen vom 17. August 1992 und 2. Juli 1993 zu Lasten der Firma A hat es den Angeklagten V freigesprochen , weil insoweit Verjährung eingetreten sei.
Weiterhin hat die Strafkammer die Angeklagten freigesprochen, weil zwei weitere Zahlungen von 136.957,33 DM (Dezember 1993) und von 203.642,67 DM (1994) nicht nachweisbar gewesen seien.
Schließlich hat das Landgericht den Angeklagten V v om Vorwurf der Untreue im Hinblick auf Preisabsprachen mit der Firma A freigesprochen.

B.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.

I.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft zeigen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf.
1. Zutreffend hat das Landgericht bei den Angeklagten keine Bestechlichkeit nach § 332 StGB angenommen, weil sie keine Amtsträger im Sinne dieser Bestimmung waren.

a) Der Begriff des Amtsträgers ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB definiert. Selbst wenn für beide Angeklagte dienstvertraglich durch Bezugnahme beamtenrechtliche Regelungen vereinbart wurden, waren die Angeklagten weder Beamte im statusrechtlichen Sinn noch standen sie in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Sie arbeiteten allein auf privatrechtlicher Grundlage.
In Betracht käme hier deshalb allenfalls eine Amtsträgerstellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Danach handelt auch derjenige als Amtsträger, der sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I, 2038) hat der Gesetzgeber den Tatbestand dahingehend ergänzt, daß die Amtsträgereigenschaft „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten
Organisationsform“ zu beurteilen ist. Damit sollte allerdings keine Ä nderung, sondern lediglich eine gesetzliche Klarstellung verbunden sein (BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Der BSD, für den beide Angeklagte tätig waren, tritt als Privatrechtssubjekt in den Formen des Privatrechts im Rechtsverkehr auf. Ein Handeln in den Formen des Privatrechts schließt eine Amtsträgereigenschaft jedoch dann nicht aus, wenn im Auftrag von Behörden öffentliche Aufgaben wahrgenommen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß die Tätigkeit der Privatrechtssubjekte Merkmale aufweisen, die ihre Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigen könnten (vgl. BGHSt 43, 370; 38, 199). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei staatlicher Steuerung unterliegen, weshalb sie bei einer Gesamtbetrachtung als verlängerter Arm des Staates erscheinen (BGHSt 43, 370; 45, 16).
Damit müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein, um dem Amtsträgerbegriff nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB zu genügen: Einmal muß organisatorisch eine Anbindung an eine Behörde vorhanden sein. Dies kann durch eine längerfristige vertragliche Bindung oder durch einen (auch formfrei möglichen) Bestellungsakt erfolgen. Entscheidend ist, daß für den Normadressaten deutlich wird, daß mit dem Auftrag besondere Verhaltenspflichten verbunden sind (BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 – Amtsträger 4). Zum anderen muß die Tätigkeit auch inhaltlich Elemente aufweisen, die sie mit behördlicher Tätigkeit vergleichbar macht (BGHSt 45, 16). Regelmäßig wird dabei nur die Erfüllung solcher Aufgaben in Betracht gezogen werden können, die ihrer Natur nach typischerweise dem Staat vorbehalten sind.

b) Nach den vorgenannten Grundsätzen scheidet hier die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB aus.
Es ist schon zweifelhaft, ob der Tätigkeitsbereich des BSD überhaupt inhaltlich als Erfüllung öffentlicher Aufgaben angesehen werden könnte. Die
Gesundheitsfürsorge stellt zwar eine solche öffentliche Aufgabe dar. Dies bedeutet aber nicht, daß bereits jeder Rechtsakt, der diesem Zweck im Ergebnis dient, als Teil einer vom Staat zu leistenden Daseinsvorsorge bewertet werden müßte. Selbst wenn es dem Staat obliegt, eine effektive Gesundheitsfürsorge zu gewährleisten, wird nicht jedes zivilrechtliche Geschäft, das in diesem Zusammenhang abgeschlossen wird, als eine dem staatlichen Bereich zugeordnete Tätigkeit zu behandeln sein. So kann der Handel mit Spenderblut – bei entsprechender behördlicher Kontrolle – ohne weiteres auch durch Private erbracht werden, weshalb hier schon gewichtige Bedenken gegen das Vorliegen des inhaltlichen Merkmals der „öffentlichen Aufgabe“ bestehen. Letztlich kann der Senat dies jedoch dahinstehen lassen. Es fehlt bereits an einer organisatorischen Einbindung der Angeklagten in den staatlichen Bereich.
aa) Die Kontrolle durch das BRK als Alleingesellschafter reicht hierfür nicht aus, auch wenn das BRK formell eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Maßgeblich ist nämlich nicht allein der rechtliche Status des BRK, sondern seine rechtliche und tatsächliche Eingliederung in die Staatsverwaltung. Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend einen Beamten einer evangelischen Landeskirche nicht als Amtsträger im Sinne des § 332 StGB in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nrn. 2, 4 StGB angesehen, weil die Kirche – auch im weitesten Sinne – nicht Teil der Staatsverwaltung ist (BGHSt 37, 191, 193).
bb) Ebensowenig ist das BRK – ungeachtet seines Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts – in die Staatsverwaltung integriert. Seine Inkorporierung in die staatliche Organisation in Bayern war mit der Verleihung einer entsprechenden Rechtsstellung auch nicht beabsichtigt. Vielmehr sollte die Erhebung des BRK zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts einen Akt der Anerkennung seiner besonderen Leistungen gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen während der beiden Weltkriege darstellen (vgl. di Fabio , BayVBl. 1999, 449, 451). An eine Übertragung staatlicher Aufgaben war
mit der Verleihung des Körperschaftsrechts nicht gedacht. Es sollte eine juristische Person des öffentlichen Rechts errichtet werden, um dem BRK auf diese Weise zu ermöglichen, die Pflege gesellschaftlicher Interessen besonders wirksam zu gestalten (BayVerfGH, BayVBl. 1962, 181, 182 f.). Die Bedeutung der Verleihung des Körperschaftsrechts liegt deshalb in erster Linie auf einer eher immateriellen Ebene. Aufgrund seiner Tradition, seiner internationalen Ausdehnung und seines humanitären Engagements war gewollt, das BRK als regionale Repräsentanz der Rotkreuz-Bewegung aus der Vielzahl privatrechtlicher Vereinigungen hervorzuheben. Dadurch sollten gleichzeitig die für das BRK handelnden Personen gegenüber den anderen vielfältigen Interessenvertretern aufgewertet werden, ohne daß ihnen damit staatliche Befugnisse eingeräumt wurden. Dementsprechend betrachtet die bayerische Staatsregierung das BRK nicht als Teil der staatlichen Verwaltung ebensowenig wie umgekehrt das BRK sich als Träger von Hoheitsrechten ansieht (vgl. BVerfGE 6, 257, 272). Da der organisatorische Zusammenhang mit der staatlichen Aufgabenerfüllung fehlt, ist die Tätigkeit für eine solche atypische Körperschaft des öffentlichen Rechts keine Tätigkeit für eine Behörde im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB.
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer bestehenden staatlichen Aufsicht. Nach Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes unterfällt dieses der Rechtsaufsicht des bayerischen Staatsministeriums des Inneren. Die Rechtsaufsicht stellt aber nur die Gesetzmäßigkeit des Handelns des BRK sicher. Sie bildet den notwendigen Gegenpol für die Gewährleistung der Selbstverwaltung des BRK, dem ein ausreichender Spielraum verbleiben soll (vgl. die Gesetzesbegründung, Drucksache des Bayerischen Landtages 10/1002, S. 4). Die Beschränkung auf die bloße Überprüfung der Einhaltung des geltenden Rechts läßt die weitgehenden Gestaltungsspielräume des BRK unberührt. Wie eine Vereinigung des privaten Rechts behält das BRK innerhalb der Grenzen des geltenden Rechts seine Autonomie nach innen und s eine operative Gestaltungsfreiheit nach außen. Die Rechtsaufsicht kann damit nicht als Lenkung durch
den Staat oder seine Behörden verstanden werden, was wiederum nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB Voraussetzung für die Gleichstellung mit staatlicher Tätigkeit wäre.
2. Soweit das Landgericht die Angeklagten bezüglich einzelner Anklagepunkte freigesprochen hat, begegnet dies gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken.

a) Hinsichtlich des Tatvorwurfs der Untreue zu Lasten des BSD im Zusammenhang mit der Entgegennahme von Zahlungen von der FirmaA hat das Landgericht sich nicht davon überzeugen können, daß für den Angeklagten V insoweit günstigere Preise für den BSD erzielbar gewesen wären. Jedenfalls sei dies – angesichts auch der von der Firma A gewährten Zusatzleistungen – für den Angeklagten nicht erkennbar gewesen.
aa) Nicht jede Schmiergeldzahlung an einen Angestellten muß sich zwangsläufig bei dessen Arbeitgeber als Schaden auswirken (vgl. BGH NStZ 1995, 233, 234). Solche Zahlungen können auch – ohne daß der Bestechende im gleichen Umfang seine Preise verhandelbar stellen würde – im Hinblick auf noch unbestimmte zukünftige Geschäftsbeziehungen erfolgen oder allgemein der Kundenpflege dienen. Für die Preisgestaltung im Blick auf den jeweiligen Kunden sind nämlich eine Reihe von Faktoren mitbestimmend. Deshalb wird es auch im Einzelfall, je geringer der Umsatzanteil und je niedriger die Beträge in ihrer absoluten Höhe sind, umso gewichtigerer Anhaltspunkte bedürfen, die den Schluß zulassen, daß die Schmiergeldzahlungen in die Kalkulation des Bestechenden eingestellt waren. Nur dann könnten sie sich als Nachteil im Sinne des § 266 StGB zum Schaden des Geschäftsherrn auswirken.
bb) Das Landgericht hat sich hier aufgrund einer Gesamtschau nicht von einem entsprechenden Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des Nachteils im Sinne des § 266 StGB zu überzeugen
vermocht. Daß dabei das Landgericht die Werte der ansonsten von der Firma A z ur Verfügung gestellten Gegenstände und Beratungsleistungen nicht im einzelnen quantifiziert hat, ist unschädlich, weil die objektiven Werte auf die subjektive Vorstellung des Angeklagten nur bedingt Rückschlüsse ermöglichen. Die Angabe einer ungefähren Größenordnung der Zuwendungen ist dem landgerichtlichen Urteil aber zu entnehmen, so daß insoweit die Beweiswürdigung des Landgerichts nachvollziehbar ist. Die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft, die in diesem Zusammenhang urteilsfremde Umstände anführt, vermag keinen Rechtsfehler aufzuzeigen.
cc) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hätten insoweit auch nicht die empfangenen Schmiergelder, die teilweise unter dem Gesichtspunkt der Angestelltenbestechlichkeit abgeurteilt wurden, als Mindestschaden angenommen werden müssen. Anders als in weiteren Fällen, in denen das Landgericht diesen Schluß gezogen hat, besteht im vorliegenden Fall jedoch eine Besonderheit in der Größenordnung der Zahlungen im Verhältnis zu den Gesamtumsätzen. In den Verurteilungsfällen war ein Schmiergeldanteil von fünf Prozent bis über zehn Prozent des Umsatzes gegeben. Es liegt dann aber nahe, daß diese Beträge in die Preisbildung eingegangen sind. Für den Geschäftsherrn ergibt sich daraus gleichzeitig der Nachteil, weil er die Bestechungsgelder seiner Angestellten mitfinanzieren muß.
In Anbetracht eines sich über fünf Jahre verteilenden Umsatzvolumens von wenigstens 60 Millionen DM lag es dann nicht unbedingt nahe, die Zuwendungen an den Angeklagten V in der Größenordnung von 220.000 DM gleichsam automatisch als Schaden des BSD anzusehen. Die Leistungen machten einen Umsatzanteil von weniger als 0,5 Prozent aus. Sie waren überdies auf fünf Jahre verteilt, so daß sie sich kalkulatorisch auch nicht sicher einzelnen Jahrgängen zuordnen ließen.
dd) Schließlich hat das Landgericht auch zutreffend nicht als Untreue gewertet , daß die Angeklagten die empfangenen Schmiergelder nicht an ihren
Dienstherrn weitergeleitet haben. Zwar wäre der Angeklagte V gemäß § 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 in Verbindung mit § 667 BGB insoweit zur Herausgabe verpflichtet (vgl. BGHZ 38, 171, 175; BAG AP Nr. 1 zu § 687 BGB). Eine Verletzung dieser Pflicht stellt jedoch keine Untreue im Sinne des § 266 StGB dar, weil sich die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten nicht auf die Abführung dieser Zahlungen bezieht (BGH wistra 1998, 61; NStZ 1995, 233, 234; NJW 1991, 1069).

b) Soweit das Landgericht die Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen hat, zwei weitere Zahlungen in Höhe von 136.957,33 DM (Dezember 1993) und in Höhe von 203.642,67 DM (1994) als Bestechungsgelder angenommen zu haben, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat insoweit aufgrund der Aussage der Zeugin Se , welche die Kontounterlagen überprüft hat, eine konkrete Auszahlung nicht für erwiesen erachtet. Zwar habe nach dem mit der Firma E ausgehandelten Berechnungsmodus diesbezüglich ein rechnerischer Anspruch bestanden. Im Gegensatz zu anderen Schmiergeldzahlungen konnte nach Aussage der Zeugin jedoch hier ein Geldabfluß nicht festgestellt werden. Wenn sich das Landgericht auf der Grundlage der von der Zeugin ausgewerteten Buchhaltungsunterlagen nicht davon zu überzeugen vermochte, daß die Angeklagten die entsprechenden Geldbeträge auch tatsächlich in Empfang genommen haben, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken.

c) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht den Angeklagten V auch hinsichtlich des Vorwurfs des Betrugs zu Lasten der Firma A wegen der Abrechnung von tatsächlich nicht gedruckten Broschüren nicht verurteilt. Das Landgericht hat insoweit zutreffend Verjährung angenommen.
aa) Die Rechnungstellungen für die tatsächlich nicht gedruckten Broschüren erfolgten im August 1992 und im Juli 1993. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich, daß das Landgericht zwar eine Zahlung der Firma A , aber keinen konkreten Zahlungszeitpunkt feststellen
konnte. Da hinsichtlich der Taten im Zusammenhang mit der Firma A die Verjährung frühestens durch den Haftbefehl vom 3. November 1998 unterbrochen sein konnte, wäre bei einer Zahlung der Firma A vor dem 3. November 1993 die Tat verjährt. Mit dem Erhalt der Rechnungsbeträge ist die Tat gemäß § 78a StGB beendet. Läßt sich keine gesicherte Einordnung des Zahlungszeitpunkts vornehmen, ist nach dem Zweifelssatz, der auch für die die Verjährung begründenden Tatsachen gilt (BGHSt 18, 274), von der für den Angeklagten günstigeren Sachverhaltsalternative auszugehen. Das Landgericht hat deshalb zutreffend zugunsten des Angeklagten V unterstellt , daß die Zahlung auf die Rechnung der Firma A noch in bereits verjährter Zeit erfolgte.
bb) Dabei ist auch ohne Belang, wann der Angeklagte V selbst seinen Beuteanteil aus der Zahlung erlangt hat. Maßgeblich ist die Realisierung des erstrebten Vorteils. Dies ist beim Betrug der Eintritt der beabsichtigten Bereicherung (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. § 78a Rdn. 5). Nach dem Tatplan sollte die Zahlung an den Inhaber der Druckerei und Mittäter der betrügerischen Abrechnungen, den Zeugen J erfolgen. Mit dem Eingang dort war somit der tatbestandliche Erfolg erreicht und der Betrug im Sinne des § 78a StGB beendet. Für einen einzelnen Mittäter ist die Beendigung der Haupttat maßgebend (vgl. Jähnke aaO Rdn. 15). Damit muß aber die möglicherweise sehr viel spätere Auskehr seines Anteils an der Beute außer Betracht bleiben.

d) Zutreffend hat das Landgericht auch im Hinblick auf Zahlungen aus den Beraterverträgen des Angeklagten V mit der Firma A , die 1989 bis 1991 erfolgt sind, Verjährung angenommen und – da eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit nach § 332 StGB ausscheidet – den Angeklagten insoweit freigesprochen.
aa) Die Wertung der Strafkammer, die insoweit für die Zahlungen aus den jeweiligen Beraterverträgen eine selbständige Tat der Angestelltenbestech-
lichkeit angenommen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch soweit die jeweiligen Geldleistungen auf Beraterverträgen beruhten, die in einem inneren Zusammenhang standen, bildeten sie deshalb keine einheitliche Tat. Abgesehen davon, daß die jeweiligen Einzelverträge zeitlich mindestens sechs Monate auseinanderlagen, bezogen sich die hierauf erfolgten Zahlungen auch immer auf die Beeinflussung der jeweils neu zu treffenden unternehmerischen Entscheidungen.
bb) Selbst wenn man aber die Leistungen aufgrund der Beraterverträge wegen einer einheitlichen Unrechtsvereinbarung in ihrer Gesamtheit sähe (vgl. BGHSt 11, 345, 347), würde dies hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Die letzte Zahlung aus diesen Beraterverträgen erfolgte 1991. Die vom Angeklagten V aufgrund dieser Beraterverträge im März 1996 „nachgeforderte Mehrwertsteuer“ steht nur vordergründig in einer Beziehung zu diesen Verträgen, die ersichtlich – wie die bisherige Praxis zeigt – auf der Grundlage absoluter Beträge abgewickelt werden sollten. Konfrontiert wurde der Angeklagte mit seiner Umsatzsteuerzahllast vielmehr erst durch eine entsprechende Aufforderung des Finanzamts München. Insoweit liegt auf der Hand, daß die Mehrwertsteuer fünf Jahre später nicht im Hinblick auf einen fünf Jahre zurückliegenden Vertrag gefordert und gezahlt wurde, sondern um ein zukünftiges Handeln des Angeklagten im Rahmen demnächst zu treffender Preisabsprachen zu beeinflussen. Nach einer hier gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung stellt sich deshalb die Nachforderung der Mehrwertsteuer nicht mehr als Schlußzahlung im Hinblick auf die spätestens 1991 abgewikkelten Beraterverträge dar, sondern als Zahlung auf der Grundlage einer neuen selbständigen Unrechtsvereinbarung.
cc) Hinsichtlich der Angestelltenbestechung knüpft das Landgericht bei der Bestimmung der Verjährungsfrist zutreffend nach § 2 Abs. 3 StGB (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 2 Rdn. 7) an die Strafdrohung des § 12 UWG aF an. Danach beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB drei Jahre. Da die Verjährung insoweit erst durch den Haftbefehl
des Amtsgerichts München vom 3. November 1998 hätte unterbrochen werden können, sind alle vor dem 3. November 1995 begangenen Taten verjährt. Deshalb hat das Landgericht hinsichtlich der Zahlungen aus den Beraterverträgen zutreffend wegen Verjährung freigesprochen und den Angeklagten V nur bezüglich der aufgrund Anforderung vom 6. März 1996 – in nicht verjährter Zeit – erfolgten Zahlung verurteilt.
3. Die Strafzumessung des Landgerichts weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf.

a) Ohne Erfolg bleibt die Beanstandung der Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe zu Unrecht im Wege der internationalen Rechtshilfe erlangte Unterlagen verwertet und sei so bei den abgeurteilten Steuerhinterziehungen von einem zu geringen Schuldumfang ausgegangen. Ob dabei – wie die Staatsanwaltschaft meint – das Landgericht diese Unterlagen unter Verstoß gegen § 72 IRG herangezogen hat, weil die Schweiz als ersuchter Staat dieser Verwertung für Fiskaldelikte ausdrücklich widersprochen habe, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Ein etwaiger Verstoß gegen das Verwertungsverbot aufgrund eines Widerspruchs des ersuchten Staates kann nur mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. BGHSt 34, 334, 341 ff.). Eine entsprechende Umdeutung des Beschwerdevorbringens der Staatsanwaltschaft scheidet hier aus, weil eine Verfahrensrüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt wäre. Es fehlt schon an einer vollständigen Wiedergabe der vom Landgericht verwerteten Unterlagen, bei deren Verwertung das Landgericht gegen einen von der Schweiz erklärten Spezialitätsvorbehalt verstoßen haben soll.

b) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler hinsichtlich der Untreuehandlung des Angeklagten V bezüglich seiner Preisabsprachen im Hinblick auf die Firma T den entstandenen Schaden auf die von ihm konkret erhaltenen Schmiergelder begrenzt. Die Beweiswürdigung insoweit ist weder lückenhaft noch widersprüchlich. Das Landgericht ist von der von ihm für
glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen Seh ausgegangen, wonach man für die Schmiergeldzahlungen an den Angeklagten V eine Rückstellung von 0,50 DM pro Blutbeutel vorgenommen habe. Wenn das Landgericht diesen – dem Angeklagten V auch bekannten – Umstand maßgeblich für die Bemessung des Nachteilsumfanges im Sinne des § 266 StGB herangezogen hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken.

c) Allerdings geht das Landgericht von einem zu geringen Schuldumfang aus, soweit es die Angeklagten wegen Untreue zum Nachteil des BSD in den Fällen der Preisabsprachen mit der Firma D beim Kauf der Testseren, beim Verkauf von Blutplasma sowie hinsichtlich der Preisabsprachen mit den Firmen E bzw. Z beim Erwerb von Blutbeuteln und den Angeklagten V allein bezüglich des Erwerbs von Blutbeuteln über die FirmaT verurteilt hat (B II 4 lit. a, lit. aa – UA S. 39/40; B II 4 lit. c, lit. aa – UA S. 46; B II 4 lit. d, lit. aa – UA S. 48; B II 2 lit. n, lit. aa – UA S. 34).
aa) Das Landgericht rechnet insoweit nur den Nachteil an, der in nicht verjährter Zeit aufgrund vorheriger Preisabsprachen eingetreten ist. Dies ist im Ansatz zutreffend. Jedoch geht das Landgericht von einem falschen Beendigungszeitpunkt aus. Untreue ist erst dann gemäß § 78a StGB beendet, wenn die durch die Schmiergelder zum Nachteil des BSD beeinflußte Preisvereinbarung abgearbeitet und dadurch gegenstandslos geworden ist. Dies kann dann der Fall sein, wenn sie entweder durch eine neue ersetzt oder die Belieferung insoweit eingestellt wurde. Der Nachteil im Sinne des § 266 StGB, der bereits in der Preisvereinbarung im Sinne einer konkreten Vermögensgefährdung angelegt ist, realisiert sich zu Lasten des BSD dann in den überteuerten Einkäufen bzw. (im Fall des Verkaufs des Blutplasmas) in den zu niedrigen Einnahmen. Entsteht aber der Nachteil erst durch verschiedene Ereignisse oder vergrößert er sich durch sie nach und nach, dann ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgebend (BGHR StGB § 78a Satz 1 – Untreue 1). Die Untreuehandlung ist damit erst mit der tatsächlichen Abwicklung des letzten Ein- bzw. Verkaufsfalls aufgrund einer Preisvereinba-
rung beendet. Deshalb hätte das Landgericht den aufgrund der jeweiligen Preisvereinbarung insgesamt entstandenen Schaden zugrunde legen müssen.
bb) Dieser Fehler nötigt indes nicht zur einer Aufhebung des Strafausspruches. Insbesondere angesichts des Umstandes, daß es sich bei diesen Taten um diejenigen handelt, die zeitlich am weitesten zurückliegen, schließt der Senat aus, daß durch den zu gering festgestellten Schuldumfang die Einzelstrafen oder gar die bei beiden Angeklagten gebildeten Gesamtstrafen maßgeblich beeinflußt waren.

d) Schließlich dringt die Staatsanwaltschaft auch mit ihren Beanstandungen gegen einzelne Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht durch.
aa) Zu Recht hat das Landgericht dabei die besonderen Belastungen der Angeklagten strafmildernd gewertet, die mit der länger währenden Hauptverhandlung unter großer Medienpräsenz für sie damit verbunden waren. Anders als bei Personen, die sich an exponierter Stelle in der Öffentlichkeit betätigten (vgl. BGH NJW 2000, 154, 157), bedeutete für die im vorgerückten Alter stehenden Angeklagten, die nicht mediengewohnt waren, die Durchführung des Strafverfahrens bei großem Öffentlichkeitsinteresse eine besondere und zusätzliche Härte.
bb) Auch soweit das Landgericht den Angeklagten zugute hält, sie hätten durch die Taten die erheblichen Einkünfte „kompensieren“ wollen, über die angestellte Ä rzte im BRK verfügen, ist dies im Blick auf § 46 Abs. 2 StGB letztlich noch hinzunehmen.
4. Zu Recht hat das Landgericht bei beiden Angeklagten keinen Verfall der vereinnahmten Schmiergelder angeordnet.

a) Der Anordnung des Verfalls steht hier bei sämtlichen Tatkomplexen mit Ausnahme der von der Firma A gezahlten Schmiergelder § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen, der den Verfall ausschließt, wenn dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Die vereinnahmten Schmiergelder entsprechen hier spiegelbildlich dem aus der begangenen Untreue dem BSD erwachsenen Nachteil. Bei einer solchen Sachverhaltskonstellation gehen die Ersatzansprüche des Verletzten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor (BGH, Urteil vom 6. Februar 2001 – 5 StR 571/00; zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHR StGB § 73 – Verletzter 4). Die Schadensersatzansprüche des BSD gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB hindern deshalb die Anordnung des Verfalls.

b) Bezüglich der von der Firma A erhaltenen Bestechungsgelder hat das Landgericht – wie ausgeführt – rechtsfehlerfrei keine Untreuehandlung feststellen können. Auch insoweit besteht jedoch in dem Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB ein vorrangiger Ersatzanspruch. Verletzter der gewerblichen Bestechung im Sinne des § 12 Abs. 2 UWG aF ist jedenfalls der Geschäftsherr des Bestochenen (vgl. BGHSt 31, 207, 210). Der Anspruch auf Herausgabe der Schmiergelder dient letztlich der Kompensation der Interessen des Geschäftsherrn. Solche Sondervorteile lassen regelmäßig eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Geschäftsherrn besorgen. Deshalb unterfällt der Ersatzanspruch des Geschäftsherrn ebenfalls der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, die eine Anordnung des Verfalls ausschließt. Da das Verhalten des Angeklagten V ihm gegenüber unlauter war, liegt ein innerer Zusammenhang mit dem an den Angeklagten V übertragenen Geschäft des Einkaufs von Spenderblut hier auf der Hand (vgl. BGHR BGB § 667 – Schmiergelder

1).


II.


Die Revisionen der Angeklagten dringen gleichfalls nicht durch.
1. Es liegt hinsichtlich der Verurteilungen wegen Angestelltenbestechlichkeit bei beiden Angeklagten kein Verfahrenshindernis vor.

a) Die Taten nach § 12 Abs. 2 UWG aF waren gemäß § 22 Abs. 1 UWG aF nur auf Antrag verfolgbar. Nach § 22 Abs. 1 UWG aF zählten dabei zum Kreis der Strafantragsberechtigten neben dem Verletzten auch die in § 13 Abs. 1 UWG aF bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände.
Die danach Strafantragsberechtigten haben gegen die Angeklagten keinen Strafantrag gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat allerdings im Rahmen der Hauptverhandlung ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht. Die Regelung des § 22 Abs. 1 UWG aF sah jedoch keine Möglichkeit vor, den fehlenden Strafantrag dadurch zu ersetzen , daß die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht.
Eine solche Möglichkeit hat der Gesetzgeber erst mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I, 2038) geschaffen, das die Strafvorschrift der Angestelltenbestechung insgesamt novelliert hat. Durch dieses zum 20. August 1997 in Kraft getretene Gesetz wurde der Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im gewerblichen Verkehr als § 299 in das Strafgesetzbuch eingefügt und die hierfür maßgebliche Strafdrohung auf bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Gleichzeitig ist in dem ebenfalls neu geschaffenen § 301 StGB auch das Strafantragserfordernis abweichend von § 22 Abs. 1 UWG aF in ein relatives Antragsdelikt umgestaltet worden. Nach § 301 Abs. 1 StGB kann die Staatsanwaltschaft die Tat auch ohne Strafantrag verfolgen, wenn sie wegen des besonderen öf-
fentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

b) Die durch § 301 Abs. 1 StGB neu geschaffene Bestimmung über den Strafantrag umfaßt dabei nicht nur Taten, die unter der Geltung des § 299 StGB begangen wurden. Sie regelt auch für zeitlich vorher liegende, nach § 12 UWG aF strafbare Handlungen das Erfordernis eines Strafantrages. Mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz sind die Regelung des § 301 StGB eingefügt und die ursprüngliche Regelung des § 22 Abs. 1 UWG insoweit verändert worden, als mit der Aufhebung des § 12 UWG auch gleichzeitig die Bezugnahmen in § 22 Abs. 1 und 2 UWG nF auf § 12 UWG entfallen sind. Die Strafantragserfordernisse bestimmen sich deshalb mit dem Inkrafttreten des § 301 StGB allein nach dieser Vorschrift, weil der Gesetzgeber von einer Übergangsregelung abgesehen hat.
Für die Frage der Anwendbarkeit auf nach § 12 UWG aF zu beurteilende Altfälle kommt dabei auch dem Umstand, daß die Regelung des § 301 Abs. 1 StGB auf die „Bestechung und Bestechlichkeit im gewerblichen Verkehr nach § 299“ verweist, keine Bedeutung zu. Die Regelung knüpft über den Strafantrag an den Inhalt des Bestechlichkeitstatbestandes an. Hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen unterscheidet sich § 12 UWG aF allenfalls geringfügig von § 299 StGB. Insoweit besteht die Novellierung der Angestelltenbestechlichkeit insgesamt im wesentlichen neben einer Erhöhung der Strafdrohung in einer Einfügung des Straftatbestandes in das Strafgesetzbuch. Das hiermit erfaßte strafbare Handeln bleibt im Grundsatz unverändert. Die Verlagerung der Strafbestimmung aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in das Strafgesetzbuch beruht ausschließlich auf redaktionellen Gründen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf – BR-Drucks 553/96, S. 18). Die Strafantragsbestimmung des § 301 StGB ist so zu verstehen, daß nicht nur Taten nach § 299 StGB, sondern auch solche nach § 12 UWG aF hiervon erfaßt werden.

c) Das Landgericht ist davon ausgegangen, daß die Strafantragsfrist abgelaufen ist. Ersichtlich hat es dabei ausschließlich auf den BSD abgestellt. Das Landgericht hat dabei übersehen, daß nach § 22 i.V.m. § 13 UWG aF zahlreiche weitere Antragsberechtigte in Betracht kamen. Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Selbst wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Korruptionsbekämpfungsgesetzes die Strafantragsfristen für sämtliche Antragsberechtigten bereits abgelaufen wären, konnte das Strafantragserfordernis noch in der Hauptverhandlung durch die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses seitens der Staatsanwaltschaft ersetzt werden. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weder aus dem Gesichtspunkt des strafrechtlichen Rückwirkungsverbotes nach Art. 103 Abs. 2 GG noch des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG.
aa) Die nach Tatbegehung erfolgte rückwirkende Ä nderung des Antragserfordernisses betrifft allein das Verfahrensrecht, weil nicht die Strafdrohung an sich, sondern lediglich das „Ob“ der Verfolgung berührt wird. Rückwirkende Verschärfungen von Verfahrensvoraussetzungen werden deshalb von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfaßt, weil diese Verfassungsbestimmung nur materiellrechtliche Erweiterungen oder Verschärfungen von Strafvorschriften verbietet (vgl. BGHSt 20, 22, 27). Soweit in der Literatur (vgl. Roxin, Strafrecht AT Band 1 3. Aufl. § 5 Rdn. 58 f.; Jescheck/Weigend Strafrecht AT 5. Aufl. S. 139 f.; Eser in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 2 Rdn. 7) die Auffassung vertreten wird, die gesetzliche Umgestaltung eines Antragsdeliktes in ein Offizialdelikt verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG, weil hierdurch ein staatliches Bestrafungsrecht erst nachträglich geschaffen werde, vermag dies nicht zu überzeugen. Hiergegen spricht schon der Wortlaut des Art. 103 Abs. 2 GG, wonach nicht die Verfolgbarkeit, sondern allein die „Strafbarkeit gesetzlich bestimmt“ sein muß, bevor die Tat begangen wurde (so auch Hassemer in NK § 1 Rdn. 60; Rudolphi in SK-StGB 7. Aufl. § 1 Rdn. 10).
Eine Auslegung im Sinne einer Beschränkung auf die materiellrechtliche Strafbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Verfassungsnorm.
Nach Art. 103 Abs. 2 GG sollen dem Bürger die Grenzen des straffreien Raumes klar vor Augen geführt werden, damit er sein zukünftiges Verhalten daran orientieren kann (BVerfGE 32, 346, 362; Rudolphi aaO). Die Regelung des Art. 103 Abs. 2 GG verbietet dabei nicht nur die rückwirkende Strafbegründung , sondern auch die rückwirkende Strafverschärfung (BVerfGE 25, 269, 285; 81, 132, 135). Das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG erfaßt aber über die Strafnorm hinaus nicht diejenigen Umstände, die letztlich für eine zur Verurteilung führende Strafverfolgung hinzutreten müssen. Zu der Frage einer rückwirkenden Verlängerung von Verjährungszeiträumen, die gleichfalls eine Verfahrensvoraussetzung betrifft, hat das Bundesverfassungsgericht (zuletzt NStZ 2000, 251) mehrmals entschieden, daß das Rückwirkungsverbot nichts über den Zeitraum besagt, während dessen die begangene Straftat verfolgt und geahndet werden kann. Die Bestimmung verhält sich also nur über das „von wann an“, nicht jedoch über das „wie lange“ der Strafverfolgung (BVerfGE 25, 269, 286; 81, 132, 135).
Für die Verfahrensvoraussetzung des Strafantrages gilt nichts anderes (vgl. OLG Hamm NJW 1961, 2030). Hier hängt die Entscheidung über die Durchführung eines Strafverfahrens letztlich von der Willensentscheidung des Antragsberechtigten ab, die im übrigen für den Täter nie mit letzter Sicherheit einschätzbar sein wird. Auch hier steht aber die materiellrechtliche Strafbarkeit im Zeitpunkt der Tatbegehung fest. Damit ist dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG genügt, das nur verlangt, daß die Handlung zum Zeitpunkt der Tatbegehung tatbestandlich mit einer bestimmten Strafdrohung durch ein Strafgesetz hinreichend konkret umschrieben ist. Das Rückwirkungsverbot beschreibt nur den Zeitpunkt, von dem an eine Handlung strafbar ist; es trifft hingegen keine Aussage dazu, ob der Handelnde später auch verfolgt und bestraft wird, zumal dies von vielerlei anderen Umständen abhängt, die nur zum Teil staatlichem Einfluß unterliegen.
bb) Bedeutung kann allerdings eine nachträgliche Ä nderung der verfahrensrechtlichen Regelungen über die Verfolgbarkeit von Straftaten unter dem
Gesichtspunkt des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Gebots der Rechtssicherheit gewinnen.
(1) Aus der Sicht des Bürgers bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz. Der Bürger soll nicht durch die nachträgliche Entwertung von Rechtspositionen oder die plötzliche grundlegende Ä nderung rechtlicher Vorgaben überrascht werden. Insoweit zieht hier der rechtsstaatliche Gedanke der Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns Grenzen (vgl. Sommermann in v. Mangoldt/Klein/Stark GG 4. Aufl. Art. 20 Rdn. 282 ff. mit zahlreichen Nachweisen). Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterscheidet bei der Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einmal danach, inwieweit die durch das Gesetz geänderten Tatbestände bereits abgeschlossen waren (echte bzw. unechte Rückwirkung); zum anderen wird nach der Schutzwürdigkeit des in Anspruch genommenen Vertrauens differenziert (vgl. BVerfGE 25, 269, 290 m.w.N.). Der Staatsbürger soll sich grundsätzlich darauf verlassen können, daß der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände keine ungünstigeren Folgen knüpft, als im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände voraussehbar war (sogenannte echte Rückwirkung). Auch soweit ein an sich noch nicht abgeschlossener Tatbestand durch eine rückwirkende Ä nderung entwertet wird (sogenannte unechte Rückwirkung), kann das Vertrauen des Bürgers Schutz beanspruchen (BVerfG aaO).
Weder für die echte noch erst recht für die unechte Rückwirkung gilt aber der Vertrauensschutz ausnahmslos. Der Bürger kann sich insbesondere auf ein Vertrauen dann nicht berufen, wenn er eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen kann, sein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage also sachlich nicht gerechtfertigt ist (BVerfG aaO, 291; vgl. weiter BVerfGE 76, 256, 356; 32, 111, 123). Ob die durch § 301 StGB bewirkte Umgestaltung eines absoluten in ein relatives Antragsdelikt schutzwürdiges Vertrauen der Angeklagten verletzt, kann deshalb nur danach beurteilt werden, ob sie sich darauf verlassen konnten, daß eine
Verfolgbarkeit ihrer Taten nicht mehr möglich sein werde (vgl. hierzu KG JR 1986, 478). Dies läßt sich aber nur mit Blick auf die bislang geltende Vorschrift bestimmen, die das Antragserfordernis regelte.
(2) Die hierfür maßgebliche Bestimmung des § 22 Abs. 1 i.V.m. § 13 UWG aF läßt ein geschütztes Vertrauen nicht entstehen. Das Strafantragsrecht stand danach nicht nur Verletzten, sondern auch Wettbewerbern und Verbänden zu. Dies führt aus der Sicht des Täters dazu, daß regelmäßig nicht nur eine kaum feststellbare Anzahl von Strafantragsberechtigten vorhanden sein wird. Nach § 77b Abs. 2 StGB beginnt die Antragsfrist zudem erst mit der Kenntniserlangung des Strafantragsberechtigten von der Tat und der Person des Täters. Da für jeden Antragsberechtigten nach § 77b Abs. 3 StGB die Frist gesondert läuft, kann sich der Täter aufgrund des für ihn nicht überschaubaren Fristenlaufes bis zum Eintritt der Verjährung nicht darauf verlassen, daß eine Strafverfolgung durch den Ablauf sämtlicher Antragsfristen ausgeschlossen sein würde.
Aufgrund der Weite des Kreises der nach § 22 UWG aF Strafantragsberechtigten gilt dies unabhängig vom konkreten Einzelfall. Im Hinblick auf den offenen Tatbestand des § 13 UWG aF wird sich faktisch nicht ausschließen lassen, daß noch nicht in Kenntnis gesetzte Antragsberechtigte vorhanden sind. Ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen kann daher nicht entstehen. Ob im Einzelfall tatsächlich alle in Betracht kommenden Strafantragsfristen abgelaufen sind, ist deshalb unerheblich. Selbst wenn man in der Umwandlung eines absoluten in ein relatives Antragsdelikt im Falle des Ablaufs sämtlicher Antragsfristen eine echte Rückwirkung sieht, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen, weil sich der Täter auf den Ablauf aller in Betracht kommender Strafantragsfristen nicht gesichert hätte verlassen dürfen. Es kann niemandem ein Vertrauensschutz zugebilligt werden, der zuverlässig nicht einmal wissen kann, ob eine Strafantragsberechtigung noch fortbesteht, der andererseits aber die Strafbarkeit seines Handelns im Zeitpunkt der Tatbegehung gekannt hat.
(3) Die von der Revision gezogene Parallele zu einer nachträglichen Verlängerung bereits abgelaufener Verjährungsfristen geht fehl. Insoweit bestehen strukturelle Unterschiede im Hinblick auf den Vertrauensschutz zwischen dem Ablauf einer Strafantrags- und einer Verjährungsfrist. Die Verjährung wird durch einen festen Ausgangspunkt – die dem Täter bekannte Beendigung der Tat – und spätestens in der Form der doppelten Verjährungsfrist durch einen festen Endpunkt umgrenzt (§ 78c Abs. 3 StGB). Die Unterbrechungstatbestände knüpfen an einzelne abschließend aufgezählte Handlungen der staatlichen Strafverfolgungsbehörden an, die für den Betroffenen regelmäßig nachvollziehbar sind, so daß sich die konkrete Dauer der Verjährungsfrist auch für den Täter im Einzelfall genau bestimmen läßt (§ 78c StGB). Demgegenüber hängt die Stellung eines Strafantrages vom freien Willensentschluß des Berechtigten ab. Die Frist läuft erst ab seiner Kenntniserlangung von Tat und Täter (§ 77b Abs. 2 StGB). Fristlauf und Strafantrag sind Umstände, die außerhalb staatlicher Einflußsphäre liegen und dem Täter nicht transparent sind; oft wird er nicht einmal von den einzelnen Antragsberechtigten wissen. Im Rahmen der Strafverfolgung wird bei absoluten Antragsdelikten der form- und fristgerecht gestellte Strafantrag als Verfahrensvoraussetzung zu einer objektiven Bedingung der Strafverfolgung, die ihrerseits unabhängig von staatlichem Handeln eintritt.
2. Die Verfahrensrügen des Angeklagten Hi sind sämtlich unzulässig, weil sie nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt wurden.
3. Die von den Angeklagten geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen dringen nicht durch.

a) Das Landgericht mußte insbesondere bei der im vorliegenden Fall gegebenen Beweislage nicht noch umfängliche Ausführungen zur Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen S und G machen und dabei den Gesichtspunkt würdigen, daß gegen die beiden Zeugen ebenfalls Strafverfahren anhängig waren. Eingehende Erörterungen waren hier schon deshalb
entbehrlich, weil die Angeklagten im wesentlichen geständig waren und sich die Zahlungsflüsse aufgrund der Buchhaltungsunterlagen verifizieren ließen.

b) Das Landgericht hat sich – entgegen der Behauptung in der Revisionsbegründung des AngeklagtenHi – auch mit dem Vorsatz der Angeklagten hinsichtlich der abgeurteilten Steuerhinterziehungen auseinandergesetzt. Es hat der Einlassung des Angeklagten Hi , er sei von einer Steuerpflicht in der Schweiz ausgegangen, nicht geglaubt und dabei den Vorsatz der Angeklagten rechtlich bedenkenfrei daraus geschlossen, daß sie Bargeldbeträge forderten und empfangene Gelder auch dann nicht in ihren Einkommensteuererklärungen angegeben haben, wenn sie diese nicht über die Schweiz erhalten haben.

c) Das Landgericht hat sich auch nicht insoweit widersprüchlich verhalten , als es für die Bestechlichkeit und die Steuerhinterziehung unterschiedlich hohe Beträge festgestellt hat. Der Unterschied beruht vielmehr darauf, daß bei der Bemessung des zu versteuernden Einkommens die in der Schweiz abgeführten Quellensteuern mitzuberücksichtigen sind. Diese
Quellensteuern hat das Landgericht – ohne daß hierdurch die Angeklagten rechtsfehlerhaft beschwert wären – dann von der festgestellten Steuerlast in Abzug gebracht.
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(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Zur Erfüllung der ihnen durch dieses Buch übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung bilden die Vertragsärzte für den Bereich jedes Landes eine Kassenärztliche und eine Kassenzahnärztliche Vereinigung (Kassenärztliche Vereinigungen). Bestehen in einem Land mehrere Kassenärztliche Vereinigungen, können sich diese nach Absatz 2 vereinigen.

(2) Mit Zustimmung der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder können sich Kassenärztliche Vereinigungen auf Beschluss ihrer Vertreterversammlungen auch für den Bereich mehrerer Länder vereinigen. Der Beschluss bedarf der Genehmigung der vor der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörden. § 155 Absatz 2, 5 und 6 gilt entsprechend. Die Bundesvereinigung nach Absatz 4 ist vor der Vereinigung zu hören. Die gemeinsame Kassenärztliche Vereinigung kann nach Bereichen der an der Vereinigung beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen getrennte Gesamtverträge längstens für bis zu vier Quartale anwenden. Darüber hinaus können die Vertragspartner der Gesamtverträge unterschiedliche Vergütungen im Einvernehmen mit der zuständigen Aufsichtsbehörde vereinbaren, soweit es zum Ausgleich unterschiedlicher landesrechtlicher Bestimmungen oder aus anderen besonderen Gründen erforderlich ist.

(3) Die zugelassenen Ärzte, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in den zugelassenen medizinischen Versorgungszentren tätigen angestellten Ärzte, die bei Vertragsärzten nach § 95 Abs. 9 und 9a angestellten Ärzte, die in Eigeneinrichtungen nach § 105 Absatz 1a und Absatz 5 Satz 1 angestellten Ärzte und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden ermächtigten Krankenhausärzte sind Mitglieder der für ihren Arztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Voraussetzung der Mitgliedschaft angestellter Ärzte in der für ihren Arztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung ist, dass sie mindestens zehn Stunden pro Woche beschäftigt sind.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen bilden die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (Kassenärztliche Bundesvereinigungen). Die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen können die für sie zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden insbesondere in Fragen der Rechtsetzung kurzzeitig personell unterstützen. Dadurch entstehende Kosten sind ihnen grundsätzlich zu erstatten; Ausnahmen werden in den jeweiligen Gesetzen zur Feststellung der Haushalte von Bund und Ländern festgelegt.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(6) §§ 88, 94 Abs. 1a bis 4 und § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 des Zehnten Buches gelten entsprechend. Wenn eine Kassenärztliche Vereinigung eine andere Kassenärztliche Vereinigung nach Satz 1 in Verbindung mit § 88 des Zehnten Buches beauftragt, eine ihr obliegende Aufgabe wahrzunehmen und hiermit eine Verarbeitung von Sozialdaten durch die Beauftragte verbunden ist, wird die Beauftragte mit dem Empfang der ihr nach § 285 Absatz 3 Satz 7 übermittelten Sozialdaten Verantwortliche. § 80 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und Satz 2 des Zehnten Buches gilt entsprechend, Satz 1 Nummer 1 jedoch mit der Maßgabe, dass nur der Auftragsverarbeiter anzuzeigen ist.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung nichts Abweichendes ergibt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und unter Berücksichtigung von geschlechts-, alters- und behinderungsspezifischen Besonderheiten auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur

1.
Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt
a)
ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder
b)
die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat,
2.
Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, wenn deren für den Versicherten maßgeblicher Abgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b um den folgenden Prozentwert oder Betrag niedriger ist als der Abgabepreis des Bezugsarzneimittels:
a)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis bis einschließlich 100 Euro: mindestens 15 Prozent niedriger,
b)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 100 Euro bis einschließlich 300 Euro: mindestens 15 Euro niedriger,
c)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 300 Euro: mindestens 5 Prozent niedriger;
in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen,
3.
Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen und
4.
Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung.
Bei der Abgabe eines Arzneimittels nach Satz 1 Nummer 1 haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen nach der in § 31 Absatz 4 genannten Rechtsverordnung. Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist; die Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 3 rabattierten Arzneimittels ist der Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 6 rabattierten Arzneimittels gleichgestellt. Eine Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ist auch bei Fertigarzneimitteln vorzunehmen, die für in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen verwendet werden, wenn für das wirkstoffgleiche Arzneimittel eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8c mit Wirkung für die Krankenkasse besteht und sofern in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130a Abs. 8, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen. Abweichend von den Sätzen 3 und 5 können Versicherte gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach Satz 2 erfüllt sind. § 13 Absatz 2 Satz 2 und 12 findet keine Anwendung. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 5 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nummer 2. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und antineoplatische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2021 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet diesen Bericht an den Deutschen Bundestag weiter mit einer eigenen Bewertung zur Beschlussfassung, ob eine Regelung nach Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung des Berichts weiterhin notwendig ist. Die Regelungen für preisgünstige Arzneimittel nach Satz 1 Nummer 1 und den Sätzen 2 bis 7 gelten entsprechend für im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel, für die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 unverzüglich Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 die Arzneimittel, bei denen die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ausgeschlossen ist; dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 für die ärztliche Verordnung Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Die Hinweise sind erstmals bis zum 16. August 2020 zu bestimmen. Spätestens bis zum 16. August 2023 gibt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ebenfalls Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken. Dabei soll der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Zur Umsetzung des Regelungsauftrags erhält der Gemeinsame Bundesausschuss auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker regeln in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere.

(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines nach Maßgabe des Rahmenvertrags nach Absatz 2 abzugebenden Arzneimittels dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert, liegt abweichend von Satz 2 eine Nichtverfügbarkeit vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei dieser vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1.
die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,
2.
die Packungsanzahl,
3.
die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
4.
die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

(3) Der Rahmenvertrag nach Absatz 2 hat Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie

1.
einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, daß von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge dieser Art Rechtswirkung für die dem Verband angehörenden Apotheken haben, oder
2.
dem Rahmenvertrag beitreten.
Apotheken dürfen verordnete Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren.

(4) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist zu regeln, welche Maßnahmen die Vertragspartner auf Landesebene ergreifen können, wenn Apotheken gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 verstoßen. In dem Rahmenvertrag ist zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt; kommt eine Regelung nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Bei gröblichen und wiederholten Verstößen ist vorzusehen, daß Apotheken von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen werden können. Ferner ist vorzusehen, dass Apotheken bei einem gröblichen oder einem wiederholten Verstoß gegen Absatz 3 Satz 3 Vertragsstrafen von bis zu 50 000 Euro für jeden Verstoß erhalten, wobei die Gesamtvertragsstrafe für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang begangene Verstöße 250 000 Euro nicht überschreiten darf. Wird eine Vertragsstrafe nach Satz 4 ausgesprochen, kann vorgesehen werden, dass die Berechtigung zur weiteren Versorgung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt wird. Die Vertragspartner bestimmen im Rahmenvertrag die für die Ahndung von Verstößen gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 oder gegen Absatz 3 Satz 3 zuständige Stelle oder die zuständigen Stellen und regeln das Nähere zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verwendung der vereinnahmten Vertragsstrafen. Kommt eine Regelung nach Satz 4 oder Satz 6 nicht bis zum 30. Juni 2021 zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8.

(4a) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 sind bis zum 31. März 2020 die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verschreibungen von Leistungen nach § 31 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86.

(4b) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Abgabe und Abrechnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen und zur Mitwirkungspflicht der Apotheken nach § 131a Absatz 1 Satz 3.

(4c) Eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ist von den Vertragspartnern nach Absatz 2 sicherzustellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 die Mehrkosten. Das Nähere zur unmittelbaren Abgabe nach den Sätzen 2 und 3 und zur Abrechnung ist im Rahmenvertrag nach Absatz 2 festzulegen.

(4d) Unabhängig von den nach Absatz 4 Satz 2 erster Halbsatz in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 getroffenen Regelungen ist eine Retaxation ausgeschlossen, wenn

1.
die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
2.
das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3.
die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4.
die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5.
die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Sofern entgegen Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Satz 3 eine Ersetzung des verordneten Arzneimittels nicht erfolgt oder die nach Absatz 2a Satz 2 vorgesehenen Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden, ist eine Retaxation des abgegebenen Arzneimittels ausgeschlossen; in diesen Fällen besteht kein Anspruch der abgebenden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung.

(4e) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 einen Bericht zu den Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 4d und zur Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 2a vorzulegen.

(5) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Absatz 3 gilt entsprechend. In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen. Verträge nach Satz 3 in der bis zum 12. Mai 2017 geltenden Fassung werden mit Ablauf des 31. August 2017 unwirksam.

(5a) Bei Abgabe eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels gilt bei Abrechnung nach § 300 ein für die Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis in Höhe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich der Zuschläge nach den §§ 2 und 3 der Arzneimittelpreisverordnung in der am 31. Dezember 2003 gültigen Fassung.

(5b) Apotheken können an vertraglich vereinbarten Versorgungsformen beteiligt werden; die Angebote sind öffentlich auszuschreiben. In Verträgen nach Satz 1 sollen auch Maßnahmen zur qualitätsgesicherten Beratung des Versicherten durch die Apotheke vereinbart werden. In der besonderen Versorgung kann in Verträgen nach Satz 1 das Nähere über Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung für die an der besonderen Versorgung teilnehmenden Versicherten auch abweichend von Vorschriften dieses Buches vereinbart werden.

(5c) Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen der mit der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Grund von Vorschriften nach dem Arzneimittelgesetz vereinbart sind. Für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie haben die Vertragspartner nach Satz 1 die Höhe der Preise nach Satz 1 neu zu vereinbaren. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 oder 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung nach Satz 2 ist bis zum 31. August 2017 zu treffen. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Gelten für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen keine Vereinbarungen über die zu berechnenden Einkaufspreise nach Satz 1, berechnet die Apotheke ihre tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise, höchstens jedoch die Apothekeneinkaufspreise, die bei Abgabe an Verbraucher auf Grund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz, nach Absatz 3 Satz 3 oder auf Grund von Satz 1 gelten, jeweils abzüglich der Abschläge nach § 130a Absatz 1. Kostenvorteile durch die Verwendung von Teilmengen von Fertigarzneimitteln sind zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse können von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen. Sofern eine Apotheke bei der parenteralen Zubereitung aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie einen Betrieb, der nach § 21 Absatz 2 Nummer 1b Buchstabe a erste Alternative des Arzneimittelgesetzes tätig wird, beauftragt, können der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse von der Apotheke auch einen Nachweis über den tatsächlichen Einkaufspreis dieses Betriebs verlangen. Der Anspruch nach Satz 8 umfasst jeweils auch die auf das Fertigarzneimittel und den Gesamtumsatz bezogenen Rabatte. Klagen über den Auskunftsanspruch haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Die Krankenkasse kann ihren Landesverband mit der Prüfung beauftragen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 gelten in den Fällen, in denen ein Wirkstoff zu dem nach den Sätzen 1 bis 5 vereinbarten oder festgesetzten Preis nicht verfügbar ist, die Sätze 6 bis 12 entsprechend.

(5d) Für Leistungen nach § 31 Absatz 6 vereinbaren die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Apothekenzuschläge für die Abgabe als Stoff und für Zubereitungen aus Stoffen gemäß der auf Grund des § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist bis zum 29. Februar 2020 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Absatz 5c Satz 8 und 10 bis 12 gilt entsprechend. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankassen können auch von Arzneimittelgroßhändlern und Arzneimittelimporteuren Nachweise über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Leistungen nach § 31 Absatz 6 verlangen.

(5e) Versicherte haben Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie, insbesondere bei

1.
der Anwendung bestimmter Wirkstoffe, die nur in besonderen Therapiesituationen verordnet werden,
2.
der Behandlung chronischer schwerwiegender Erkrankungen,
3.
der Behandlung von Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und
4.
der Behandlung bestimmter Patientengruppen, die besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.
Diese pharmazeutischen Dienstleistungen können auch Maßnahmen der Apotheken zur Vermeidung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sein und sollen insbesondere die pharmazeutische Betreuung von Patientinnen und Patienten in Gebieten mit geringer Apothekendichte berücksichtigen. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker vereinbart mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung die pharmazeutischen Dienstleistungen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie das Nähere zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, zur Vergütung der erbrachten Dienstleistungen und zu deren Abrechnung. Die Vereinbarung nach Satz 4 ist bis zum 30. Juni 2021 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort.

(5f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bis zum 31. Dezember 2023 die Auswirkungen der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 und 3 auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

(5g) Apotheken können bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wege des Botendienstes je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erheben.

(6) Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker ist verpflichtet, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Satz 4 und Absatz 1a, die zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und die zur Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Abs. 1 und 2 oder zur Erfüllung der Aufgaben nach § 35a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 erforderlichen Daten dem Gemeinsamen Bundesausschuss sowie dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln und auf Verlangen notwendige Auskünfte zu erteilen. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach Absatz 2.

(7) Kommt der Rahmenvertrag nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmten Frist zustande, wird der Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle nach Absatz 8 festgesetzt.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker bilden eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Apotheker in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend.

(9) Die Schiedsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der Mitglieder getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Klagen gegen Festsetzungen der Schiedsstelle haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium für Gesundheit. Es kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren, sein Teilnahmerecht an den Sitzungen sowie über die Verteilung der Kosten regeln.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Versicherte Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen haben Anspruch auf nichtärztliche Leistungen, insbesondere auf psychologische, therapeutische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung durch ein medizinisches Behandlungszentrum nach § 119c erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Dies umfasst auch die im Einzelfall erforderliche Koordinierung von Leistungen.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

Versicherte Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen haben Anspruch auf nichtärztliche Leistungen, insbesondere auf psychologische, therapeutische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung durch ein medizinisches Behandlungszentrum nach § 119c erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Dies umfasst auch die im Einzelfall erforderliche Koordinierung von Leistungen.

Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die übrigen Leistungserbringer sind verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben, die aus der Erbringung, der Verordnung sowie der Abgabe von Versicherungsleistungen entstehen, aufzuzeichnen und gemäß den nachstehenden Vorschriften den Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen mitzuteilen.

(1) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet,

1.
die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten,
2.
in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages und, soweit für die Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich, der Uhrzeit der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden,
3.
in den Abrechnungsunterlagen sowie auf den Vordrucken für die vertragsärztliche Versorgung ihre Arztnummer, in Überweisungsfällen die Arztnummer des überweisenden Arztes und bei der Abrechnung von Leistungen nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 die Arztnummer des Arztes, bei dem der Termin vermittelt wurde, sowie die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 10 maschinenlesbar
aufzuzeichnen und zu übermitteln. Die Diagnosen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 sind nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der jeweiligen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung zu verschlüsseln. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beauftragen, den in Satz 2 genannten Schlüssel um Zusatzkennzeichen zur Gewährleistung der für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen notwendigen Aussagefähigkeit des Schlüssels zu ergänzen. Von Vertragsärzten durchgeführte Operationen und sonstige Prozeduren sind nach dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen Schlüssel zu verschlüsseln. In dem Schlüssel nach Satz 4 können durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auch Voraussetzungen für die Abrechnung der Operationen und sonstigen Prozeduren festgelegt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit gibt den Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen Fassung des Diagnosenschlüssels nach Satz 2 sowie des Prozedurenschlüssels nach Satz 4 im Bundesanzeiger bekannt. Von dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt an sind der Diagnoseschlüssel nach Satz 2 sowie der Operationen- und Prozedurenschlüssel nach Satz 4 verbindlich und für die Abrechnung der erbrachten Leistungen zu verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann bei Auslegungsfragen zu den Diagnosenschlüsseln nach Satz 2 und den Prozedurenschlüsseln nach Satz 4 Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vornehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen. Für das Verfahren der Festlegung des Diagnoseschlüssels nach Satz 2 sowie des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach Satz 4 gibt sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Verfahrensordnung, die der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf und die auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu veröffentlichen ist. Die Angaben nach Satz 1 Nummer 1 sind unter Angabe der Diagnosen sowie unter Nutzung des sicheren Übermittlungsverfahrens nach § 311 Absatz 6 über die Telematikinfrastruktur unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln; dies gilt nicht für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind.

(1a) Für die Erfüllung der Aufgaben nach § 106d sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verpflichtet und befugt, auf Verlangen der Kassenärztlichen Vereinigungen die für die Prüfung erforderlichen Befunde vorzulegen.

(1b) Ärzte, Einrichtungen und medizinische Versorgungszentren, die ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen oder ihren Verbänden Verträge über Modellvorhaben nach § 64e, zu besonderen Versorgungsformen (§ 140a) oder zur Versorgung nach den §§ 73b, 132e oder 132f abgeschlossen haben, psychiatrische Institutsambulanzen sowie Leistungserbringer, die gemäß § 116b Abs. 2 an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmen, übermitteln die in Absatz 1 genannten Angaben, bei Krankenhäusern einschließlich ihres Institutionskennzeichens, an die jeweiligen Krankenkassen im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern; vertragsärztliche Leistungserbringer können in den Fällen des § 116b die Angaben über die Kassenärztliche Vereinigung übermitteln. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit Ausnahme der Datenübermittlung der Leistungserbringer, die gemäß § 116b Absatz 2 an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie der psychiatrischen Institutsambulanzen. Die psychiatrischen Institutsambulanzen übermitteln die Angaben nach Satz 1 zusätzlich an die Datenstelle nach § 21 Absatz 1 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes. Die Selbstverwaltungspartner nach § 17b Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbaren für die Dokumentation der Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen nach Satz 1 sowie für die Durchführung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2b zu beschließenden Bestimmungen bis spätestens zum 1. Januar 2018 einen bundeseinheitlichen Katalog, der nach Art und Umfang der Leistung sowie der zur Leistungserbringung eingesetzten personellen Kapazitäten getrennt nach Berufsgruppen und Fachgebieten differenziert, sowie das Nähere zur Datenübermittlung nach Satz 3; für die Umsetzung des Prüfauftrags nach § 17d Absatz 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbaren sie dabei auch, ob und wie der Prüfauftrag auf der Grundlage der Daten einer Vollerhebung oder einer repräsentativen Stichprobe der Leistungen psychiatrischer Institutsambulanzen sachgerecht zu erfüllen ist. § 21 Absatz 4, Absatz 5 Satz 1 und 2 sowie Absatz 6 des Krankenhausentgeltgesetzes ist für die Vereinbarung zur Datenübermittlung entsprechend anzuwenden. Für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Dokumentation der Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen gilt § 21 Absatz 4 und 6 des Krankenhausentgeltgesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass die Schiedsstelle innerhalb von sechs Wochen entscheidet. Die Schiedsstelle entscheidet innerhalb von sechs Wochen nach Antrag einer Vertragspartei auch über die Tatbestände nach Satz 4 zweiter Halbsatz, zu denen keine Einigung zustande gekommen ist. In Fällen der Verträge nach den §§ 73b und 140a sind als zusätzliche Angabe je Diagnose auch die Vertragsnummern nach § 293a Absatz 1 Satz 4 zu übermitteln; Satz 1 gilt entsprechend.

(2) Für die Abrechnung der Vergütung übermitteln die Kassenärztlichen Vereinigungen im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern den Krankenkassen für jedes Quartal für jeden Behandlungsfall folgende Daten:

1.
Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1, 6 und 7,
2.
Arzt- oder Zahnarztnummer, in Überweisungsfällen die Arzt- oder Zahnarztnummer des überweisenden Arztes und bei der Abrechnung von Leistungen nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 die Arztnummer des Arztes, bei dem der Termin vermittelt wurde,
3.
Art der Inanspruchnahme,
4.
Art der Behandlung,
5.
Tag und, soweit für die Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich, die Uhrzeit der Behandlung,
6.
abgerechnete Gebührenpositionen mit den Schlüsseln nach Absatz 1 Satz 5, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden,
7.
Kosten der Behandlung,
8.
den Nachweis über die Erfüllung der Meldepflicht nach § 36 des Implantateregistergesetzes,
9.
bei der Abrechnung von Leistungen im Rahmen von Verträgen nach den §§ 73b und 140a, an denen eine Kassenärztliche Vereinigung beteiligt ist, je Diagnose die Angabe der jeweiligen Vertragsnummer nach § 293a Absatz 1 Satz 4.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen übermitteln für die Durchführung der Programme nach § 137g die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f festgelegten Angaben versichertenbezogen an die Krankenkassen, soweit sie an der Durchführung dieser Programme beteiligt sind. Die Kassenärztlichen Vereinigungen übermitteln den Krankenkassen die Angaben nach Satz 1 für Versicherte, die an den Programmen nach § 137f teilnehmen, versichertenbezogen. § 137f Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(2a) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie Leistungserbringer, die ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen oder ihren Verbänden Verträge zu besonderen Versorgungsformen (§ 140a) oder zur Versorgung nach § 73b abgeschlossen haben, sowie Leistungserbringer, die gemäß § 116b Abs. 2 an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmen, sind verpflichtet, die Angaben gemäß § 292 aufzuzeichnen und den Krankenkassen zu übermitteln; vertragsärztliche Leistungserbringer können in den Fällen des § 116b die Angaben über die Kassenärztliche Vereinigung übermitteln.

(3) Die Vertragsparteien der Verträge nach § 82 Abs. 1 und § 87 Abs. 1 vereinbaren als Bestandteil dieser Verträge das Nähere über

1.
Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen,
2.
Form und Inhalt der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Vordrucke,
3.
die Erfüllung der Pflichten der Vertragsärzte nach Absatz 1,
4.
die Erfüllung der Pflichten der Kassenärztlichen Vereinigungen nach Absatz 2, insbesondere auch Form, Frist und Umfang der Übermittlung der Abrechnungsunterlagen an die Krankenkassen oder deren Verbände,
5.
Einzelheiten der Datenübermittlung einschließlich einer einheitlichen Datensatzstruktur und der Aufbereitung von Abrechnungsunterlagen nach den §§ 296 und 297.
Die Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbaren bis zum 30. September 2021 eine Verkürzung der Frist der Übermittlung der Abrechnungsunterlagen nach Satz 1 Nummer 4.

(4) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen und medizinischen Versorgungszentren haben die für die Abrechnung der Leistungen notwendigen Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege elektronischer Datenübertragung, die unter Anwendung des sicheren Übermittlungsverfahrens nach § 311 Absatz 6 über die Telematikinfrastruktur erfolgen kann, oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln. Das Nähere regelt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Dies umfasst im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Abrechnung und Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen die Vorgabe von verbindlichen Regelungen zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach Absatz 1 Satz 6 sowie von Prüfmaßstäben erstmals bis zum 30. Juni 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2022. Die Regelungen und die Prüfmaßstäbe nach Satz 3 sind danach jährlich zu aktualisieren; die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat gegenüber den nach Satz 3 zu Beteiligenden das Verfahren nachvollziehbar und transparent zu begründen, Anforderungen für die Zertifizierung von Software, Softwareteilen und Komponenten nach Satz 6 darzulegen und die Erläuterungen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Die Regelungen und die Prüfmaßstäbe nach Satz 3 gelten auch für Leistungserbringer nach § 27b Absatz 3, den §§ 73b, 76 Absatz 1a, den §§ 116, 116a, 116b Absatz 2, den §§ 117 bis 119, 119c, 120 Absatz 1a, den §§ 121a, 137f und 140a sowie für die Leistungserbringung nach § 115b. Die Regelungen und die Prüfmaßstäbe nach Satz 3 sind auch Gegenstand der durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung durchzuführenden Zertifizierung von Software, Softwareteilen und Komponenten, soweit diese außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung zur Anwendung kommen sollen; das Zertifizierungsverfahren hat zudem die Einhaltung der ärztlichen Pflicht zur Übermittlung der Vertragsnummer nach Absatz 1b Satz 8 in Verträgen nach den §§ 73b und 140a zu gewährleisten. Die Vorgabe von verbindlichen Regelungen zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel sowie von Prüfmaßstäben nach Satz 3 und die jährliche Aktualisierung nach Satz 4 sind im Einvernehmen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu beschließen, sofern Schlüssel nach Absatz 1 Satz 6 wesentlich von Leistungserbringern nach Satz 5, mit Ausnahme von Leistungserbringern nach den §§ 73b und 140a, vergeben werden.

(5) (weggefallen)

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

(3) Für die knappschaftliche Krankenversicherung gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, soweit das Verhältnis zu den Ärzten nicht durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach den örtlichen Verhältnissen geregelt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 268/99
URTEIL
vom 22. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 21. und 22. Juni 2000, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Tepperwien
als Vorsitzende,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Vorsitzender Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt T
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt B ,
Rechtsanwalt L
als Verteidiger des Angeklagten R ,
Rechtsanwalt Le ,
Assessor P
als Verteidiger des Angeklagten G ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 22. Juni 2000 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten G wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. November 1998 – soweit er verurteilt worden ist – aufgehoben. Die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten G wird verworfen. Der Angeklagte G wird insgesamt freigesprochen. Die Staatskasse hat seine notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten S und R wird das genannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen – soweit diese Angeklagten verurteilt worden sind – aufgehoben. Ausgenommen sind die Feststellungen zur Bestechung bzw. Bestechlichkeit und Untreue; diese bleiben aufrechterhalten. Insoweit werden die Revisionen der Angeklagten S und R verworfen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , soweit der Angeklagte R freigesprochen worden ist.
4. Im übrigen werden die Revisionen der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten S und R v erworfen. Insoweit hat die Staatskasse die diesen Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
5. Im Umfang der Aufhebung hinsichtlich der Angeklagten S undR wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Bestechlichkeit in elf Fällen, jeweils zugleich wegen eines Verstoßes gegen das Berliner Datenschutzgesetz, in fünf Fällen zugleich wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und in einem weiteren Fall zugleich wegen Untreue zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten R hat es wegen Bestechung, tateinheitlich begangen mit Anstiftung zum Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz , in sieben Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Der Angeklagte G wurde unter Freisprechung im übrigen wegen Anstiftung zum Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz in drei Fällen verwarnt (§ 59 StGB). Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft – teilweise vertreten vom Generalbundesanwalt – haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.


Nach den Feststellungen des Landgerichts kam der Angeklagte R , der in Berlin eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb, mit dem Angeklagten S , einem Polizeibeamten im Bundesgrenzschutz, durch von ihm bearbeitete Mandate in näheren Kontakt. Im Frühjahr 1997 vereinbarten sie in der Kanzlei des Angeklagten R , daß der Angeklagte S unter Aus-
schöpfung seiner dienstlichen Möglichkeiten dem Angeklagten R Wohnanschriften bzw. Aufenthaltsorte von Schuldnern oder Prozeßgegnern kurzfristig mitteilen sollte. Für entsprechende Informationen versprach R dem Angeklagten S geringfügige Geldbeträge von jeweils wenigstens 5,- DM. Der Angeklagte R wies seine Kanzleimitarbeiter wie auch den in seiner Kanzlei als freier Mitarbeiter tätigen Rechtsanwalt, den Angeklagten G , an, bei Fällen ungeklärter Wohn- und Geschäftsanschriften für diesbezügliche Ermittlungen auch den Angeklagten S z u beauftragen. In der Folgezeit kam es zwischen dem 27. August 1997 und Mai 1998 in insgesamt elf Fällen zu Ermittlungen von Wohnanschriften, Aufenthaltsorten und anderen persönlichen Verhältnissen von Schuldnern oder gegnerischen Parteien. Diese Informationen entnahm der Angeklagte S seinem Dienst-PC, der ihm einen Zugriff auf Datenbestände des Bundesgrenzschutzes ermöglichte. Teilweise erlangte er die Informationen auch durch sogenannte Zevis-PAnfragen (Zentrales Verkehrsinformationssystem), die er unter Verwendung falscher Tagebuchnummern über das Grenzschutzamt Frankfurt/Oder veranlaßte. In fünf Fällen, die das Landgericht jeweils als Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses gewertet hat, leitete er Mitteilungen über Inhaftierungen , bestehende Haftbefehle oder beglichene Steuerschulden an die Kanzlei des Angeklagten R weiter. In einem Fall stellte der Angeklagte S bei einer Mobilfunkbetreiberin unter Nennung einer Telefonnummer die Personalien des Anschlußnehmers fest, wobei er eine falsche Tagebuchnummer des Bundesgrenzschutzes verwandte mit der Folge, daß dem Bundesgrenzschutz für die Auskunft das Entgelt von 25,- DM in Rechnung gestellt wurde.
Die Anfragen veranlaßten entweder der Angeklagte R oder der Angeklagte G jeweils durch einen entsprechenden Vermerk in den Handakten , der dann von den Kanzleiangestellten umgesetzt wurde. Soweit der AngeklagteR in den Fällen 1, 2, 4 und 8 der Urteilsgründe freigesprochen wurde, ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Anfragen bei dem AngeklagtenS durch Kanzleibedienstete ohne einen konkreten
Auftrag R erfolgt sind. Der Angeklagte G kannte nach den Feststellungen des Landgerichts die Amtsträgereigenschaft des Angeklagten S nicht, sondern hatte lediglich Gerüchte erfahren, daß es sich um einen ehemaligen Polizeibeamten handele, der jetzt als Privatdetektiv tätig sei. Die Strafkammer ging jedoch davon aus, daß der Angeklagte G zumindest die Möglichkeit in seine Vorstellung aufgenommen hatte, daß der Angeklagte S sich die Daten ohne eine entsprechende Befugnis beschafft habe.

B.


Die Revisionen der Angeklagten führen im Fall des Angeklagten G zum Freispruch, hinsichtlich der AngeklagtenR und S haben sie teilweise Erfolg.

I.


Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht bei den Angeklagten R und S ein Vergehen nach dem Berliner Datenschutzgesetz angenommen und den Angeklagten S zudem wegen fünf tateinheitlich begangener Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses verurteilt.
1. Ein Vergehen nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Berliner Datenschutzgesetz liegt nicht vor, weil dieses Gesetz im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Das Berliner Datenschutzgesetz richtet sich nach der dortigen Vorschrift § 2 Abs. 1 nur an die Behörden des Landes Berlin. Insoweit ist das Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) in Abgrenzung zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu sehen, das wiederum als seinen Anwendungsbereich die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen des Bundes regelt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BDSG). Da der Angeklagte S dem Bundesgrenzschutz und damit einer Behörde des Bundes im Sinne des § 2 Abs. 1 BDSG (vgl. Dammann in Simitis, BDSG
4. Aufl. § 2 Rdn. 27) angehört, ist für die Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch ihn das Bundesdatenschutzgesetz anwendbar. Selbst wenn der Angeklagte S , der im wesentlichen auf die Datenbestände des Bundesgrenzschutzes und über das Grenzschutzamt Frankfurt /Oder auf solche des zentralen Verkehrsinformationssystems zugegriffen hat, nach den Feststellungen des Landgerichts im Fall 4 durch eine telefonische Anfrage beim Landeseinwohneramt Berlin die Daten „ergänzt“ und im Fall 9 eine Adresse auf dem Dienstweg über das Landeseinwohneramt Berlin ermittelt hat, könnte eine unbefugte Nutzung dieser Datenbestände der Berliner Landesbehörden nicht den Anwendungsbereich des Berliner Datenschutzgesetzes begründen. Maßgeblich für das anwendbare Recht ist nämlich nicht die verwaltungsrechtliche Zuordnung des Datenbestandes, sondern diejenige des handelnden Anwenders.
2. Soweit die Angeklagten im vorliegenden Fall gegen § 43 BDSG verstoßen haben könnten, liegen die nach § 43 Abs. 4 BDSG erforderlichen Strafanträge nicht vor, so daß insoweit derzeit ein Verfahrenshindernis besteht.

a) Die Strafantragsberechtigung bestimmt sich, weil das Bundesdatenschutzgesetz insoweit keine spezialgesetzliche Regelung enthält, nach der allgemeinen Norm des § 77 Abs. 1 StGB. Danach ist der Verletzte strafantragsbefugt. Wer im Sinne dieser Vorschrift Verletzter ist, richtet sich danach , wer Träger des geschützten Rechtsgutes ist (Jähnke in LK 11. Aufl. § 77 Rdn. 23). Damit hängt die Antragsberechtigung davon ab, in wessen durch den Straftatbestand geschützten Rechtskreis unmittelbar eingegriffen wurde. Das Bundesdatenschutzgesetz enthält in § 1 Abs. 1 eine ausdrückliche Bestimmung seines Schutzzweckes. Danach ist der Zweck dieses Gesetzes , den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Diesem (alleinigen) Schutzzweck des Gesetzes entspricht es, nur der jeweils berührten Person, über deren Daten verfügt wird, eine Strafantrags-
berechtigung einzuräumen. Verletzte im Sinne des § 77 Abs. 1 StGB sind mithin nur diejenigen Personen, über deren personenbezogene Daten der Angeklagte S Auskunft gegeben hat. Diese Personen haben – soweit ersichtlich – bislang keinen Strafantrag gestellt. Ob und gegebenenfalls wann sie jeweils von einer gegen sie gerichteten Straftat Kenntnis erlangt haben, (vgl. § 77b Abs. 2 StGB), kann der Senat aus den Akten nicht ersehen.

b) Der Ermächtigung zur Strafverfolgung durch den Bundesminister des Inneren nach § 353b Abs. 4 Nr. 2 lit. a StGB kann kein Strafantrag nach § 43 Abs. 4 BDSG entnommen werden. Als Oberste Bundesbehörde und Aufsichtsbehörde des Bundesgrenzschutzes repräsentiert der Bundesminister des Inneren zwar den sogenannten „Herrn der Daten“. Auch wenn – gleichsam als zwingende Folge – damit die gesetzliche Aufgabe verbunden ist, den zugunsten des einzelnen durch das Bundesdatenschutzgesetz vorgesehenen Schutz zu gewährleisten, begründet dies zwar beim Bundesgrenzschutz eine Schutzverpflichtung, aber keine eigenständige geschützte Rechtsstellung (Jähnke aaO § 77 Rdn. 28; Dammann aaO § 43 BDSG Rdn. 55; Auernhammer, BDSG, 3. Aufl. § 43 Rdn. 18). Wäre nämlich eine Strafverfolgung aufgrund einer Antragsberechtigung von dritter Seite möglich , müßte der Betroffene unter Umständen gegen seinen Willen durch die Strafverfolgung eine weitere Perpetuierung der Verletzung seines Persönlichkeitrechts hinnehmen. Der Bundesgesetzgeber hat deshalb auch – anders als das Land Berlin – davon abgesehen, dem Datenschutzbeauftragten ein Antragsrecht einzuräumen.

c) Eine Zurückverweisung der Sache zwecks Feststellung der Verfahrensvoraussetzungen ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Tatbestand des § 43 BDSG erkennbar nicht erfüllt wäre. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob von dem Angeklagten S übermittelte personenbezogene Daten offenkundig und damit von der Strafvorschrift des § 43 Abs. 1 BDSG nicht erfaßt waren.
Offenkundig sind solche Daten, von denen verständige Menschen regelmäßig Kenntnis haben oder über die sie sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Sachkunde sicher unterrichten können (Dammann aaO Rdn. 14; Auernhammer aaO Rdn. 3). Fraglos zählen zu den ohne weiteres zu erlangenden Daten solche Informationen, die Gegenstand einer einfachen Melderegisterauskunft gemäß § 21 Abs. 1 MRRG sein können, die auf Antrag grundsätzlich jedem zu gewähren ist (vgl. ferner – sehr weitgehend – BayObLG NJW 1999, 1727 f.; OLG Hamburg NStZ 1998, 358; Dammann aaO Rdn. 14).
In keinem der vorliegenden Fälle hat das Landgericht Feststellungen dazu getroffen, ob die weitergegebenen Anschriften oder Aufenthaltsorte sich auch über eine entsprechende Anfrage bei den Meldebehörden hätten ermitteln lassen. Die auf Veranlassung des Angeklagten R v om Angeklagten S durchgeführten Ermittlungen gingen aufgrund ihrer konkreten Verwendungszwecke über die bloße Feststellung der Meldeanschriften der Betroffenen hinaus. Diese waren für die vom Angeklagten R verfolgten Ziele nicht ohne weiteres ausreichend. Ihm ging es grundsätzlich um die erfolgreiche Bewirkung von Zustellungen oder Vollstreckungsmaßnahmen. Beides setzt die Kenntnis des tatsächlichen Aufenthaltsortes voraus, der insoweit nach §§ 180 ff. ZPO und §§ 758 f. ZPO maßgebend ist, ohne daß es auf die polizeiliche An- und Abmeldung ankäme (vgl. BGH NJW 1978, 1858; Paulus in Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 758 Rdn. 6 ff.). Auf die Feststellung der danach maßgeblichen Aufenthaltsorte bezogen sich die Erhebungen des Angeklagten S .
3. Hinsichtlich des Angeklagten S begegnet die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener fünf Vergehen der Verletzung des Dienstgeheimnisses gleichfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte in den genannten Fällen bezüglich einzelner Prozeßgegner oder Schuldner der
Kanzlei des Angeklagten Inhaftierungen einschließlich der Gefangenenbuchnummer und der Haftdauer bzw. bestehende Vollstreckungshaftbefehle einschließlich der zugrundeliegenden Taten mitgeteilt. In einem Fall (Fall 8) hatte er in Erfahrung gebracht, daß der dortige Schuldner Steuerschulden beglichen habe und im Datenbestand des Bundeskriminalamts erfaßt sei; auch diese Information hatte er an die Anwaltskanzlei weitergeleitet. Die in diesen Fällen mitgeteilten Daten haben – wovon das Landgericht zutreffend ausgeht – Geheimnischarakter im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB. Sie enthielten personenbezogene Umstände, die vertraulich und nicht über einen begrenzten Personenkreis hinaus bekannt waren (vgl. BGHSt 10, 108 f.; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 353b Rdn. 7). Seine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit ergab sich für den Angeklagten S aus der Regelung des § 61 Abs. 1 BBG.

b) Allerdings hat die Strafkammer die Prüfung unterlassen, ob durch die Übermittlungen wichtige öffentliche Interessen gefährdet wurden. Daß die Kenntnis des Angeklagten R v on den vorgenannten Umständen keine wichtigen öffentlichen Interessen gefährdete, sondern allenfalls Interessen der Betroffenen, liegt im vorliegenden Fall auf der Hand (vgl. zur Weitergabe solcher privaten Geheimnisse auch OLG Düsseldorf NJW 1982, 2883 f.; OLG Köln GA 1973, 57 f.).
Eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB käme allenfalls mittelbar in Betracht, wenn durch das Offenbaren der Daten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Bundesgrenzschutzes beeinträchtigt wäre. Eine solche mittelbare Gefährdung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich ausreichen (vgl. BGHSt 11, 401, 404 f.; kritisch hierzu Lenckner in Schönke /Schröder, StGB 25. Aufl. § 353b Rdn. 9).
Die Gefährdung der öffentlichen Interessen ist allerdings auch im Falle mittelbarer Gefährdung immer anhand der Besonderheiten des Einzelfalls zu
beurteilen. Dies ist erforderlich, um dem Merkmal der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen seinen eigenständigen Bedeutungsgehalt zu erhalten. Nähme man bei jeder Weitergabe von Dienstgeheimnissen im Falle ihrer Aufdeckung immer einen wichtige öffentliche Interessen gefährdenden Vertrauensverlust an, entfiele die Korrekturfunktion, die diesem Tatbestandsmerkmal zukommt. Dies wäre nicht mit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers vereinbar. Wie sich schon aus der Beifügung des Adjektivs „wichtig“ ergibt, sollen nur solche Verletzungen eines Dienstgeheimnisses pönalisiert werden, durch deren Preisgabe die Aufgabenerfüllung der Behörde ernstlich beeinträchtigt ist. Da Geheimnisverletzungen von Behördenbediensteten grundsätzlich nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbewehrt sind, entstehen auch bei einer tatbestandseinengenden Auslegung des Merkmals der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen keine Strafbarkeitslücken.
Die hiernach gebotene Gesamtabwägung kann im vorliegenden Fall nicht zur Annahme einer Gefährdung öffentlicher Interessen führen. Im Rahmen der Prüfung eines etwaigen Vertrauensverlustes des Bundesgrenzschutzes in der Öffentlichkeit müssen Inhalt und Umfang der geheimhaltungsbedürftigen Daten, deren in Aussicht genommene Verwendung und die Person des Amtsträgers Berücksichtigung finden. Bei dem Angeklagten S handelte es sich um einen jungen Berufsanfänger in untergeordneter Stellung. Die von ihm übermittelten Informationen sollten ausschließlich dazu verwandt werden, die jeweiligen Aufenthaltsorte von Schuldnern und Prozeßgegnern zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche festzustellen und sollten keinem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden. Bei solcher Zweckbestimmung führt auch die Preisgabe möglicherweise kompromittierender Daten grundsätzlich noch nicht zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen.
Auch unter Berücksichtigung des von der Staatsanwaltschaft angeführten hohen Stellenwerts, der dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung der in staatlichen Dateien erfaßten
Personen zukommt, ist aufgrund der genannten Umstände des Einzelfalls auszuschließen, daß hier in der Öffentlichkeit ein erheblicher Verlust an Vertrauen in die Rechtstreue des Bundesgrenzschutzes eingetreten wäre, der zu einer Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen geführt hätte. Der Umstand , daß es sich um eine Mehrzahl von Fällen handelt, führt vorliegend ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.

c) Soweit bei dem Angeklagten S anstelle einer Strafbarkeit nach § 353b StGB eine solche nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht kommt, fehlt es ebenso wie hinsichtlich des § 43 BDSG am erforderlichen Strafantrag. Antragsberechtigt ist auch hier nur der Verletzte (vgl. dazu Jähnke aaO § 77 Rdn. 28; Tröndle/Fischer aaO § 205 Rdn. 4; vgl. auch BGHZ 115, 123, 125 und BGHZ 122, 115, 117 zum Schutzzweck von § 203 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB; differenzierend Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 205 Rdn. 5).

II.


Die Schuldsprüche gegen den Angeklagten S wegen Bestechlichkeit und Untreue sowie gegen den Angeklagten R wegen Bestechung weisen keinen Rechtsfehler auf. Der Senat, der die Schuldsprüche allein wegen der rechtsfehlerhaften tateinheitlichen Verurteilungen nach dem Berliner Datenschutzgesetz insgesamt aufheben muß, hält daher die den Verurteilungen aus den Straftatbeständen des Strafgesetzbuch zugrunde liegenden Feststellungen aufrecht. Soweit der Angeklagte R v erfahrensrechtlich die Nichteinhaltung von Wahrunterstellungen im Zusammenhang mit seinem Bestechungsvorsatz beanstandet, hat er jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
1. Bei dem Angeklagten S hat das Landgericht zutreffend die Voraussetzungen von Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 StGB bejaht.

a) Jede Weitergabe der ermittelten Anschriften und Aufenthaltsorte, die den Gegenstand der zwischen den Angeklagten R und S getroffenen Absprache bildete, war eine pflichtwidrige Diensthandlung. Angaben zu Anschriften, Kfz-Halterfeststellungen wie auch Erkundigungen zu bestehenden Haftbefehlen betreffen personenbezogene Daten im Sinne der Begriffsbestimmung nach § 3 Abs. 1 BDSG, weil sie Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten Person enthalten. Ob diese Daten anderweitig ebenfalls zu ermitteln sind und mit welchem Aufwand dies geschehen kann, ist für diese Einordnung nicht relevant. Die Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten ist nach § 4 Abs. 1 BDSG nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dies ausdrücklich zuläßt oder der Betroffene einwilligt. Die für die Tätigkeit des Angeklagten maßgeblichen Rechtsvorschriften des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz enthalten keinen entsprechenden Erlaubnistatbestand. Vielmehr darf eine Übermittlung der Daten nach § 32 BGSG grundsätzlich nur unter den dort bezeichneten Voraussetzungen an öffentliche Stellen erfolgen. Lediglich unter den strengen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 BGSG, die im vorliegenden Fall ersichtlich nicht erfüllt sind, können personenbezogene Daten auch an nichtöffentliche Stellen weitergegeben werden.
Entgegen der Auffassung der Verteidigung stellen die Handlungen des Angeklagten jeweils eine Diensthandlung dar. Eine solche liegt bereits dann vor, wenn die Handlung zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört (BGHSt 31, 264, 280; vgl. auch BGH NStZ 1998, 194). Zu dem Tätigkeitskreis des Angeklagten, der als Polizeibeamter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB ist, zählte die polizeiliche Ermittlungsarbeit, weil der Angeklagte S der Ermittlungsgruppe „Wertzeichenfälschung“ zugeordnet war. Insoweit bildete der Umgang mit dem polizeilichen Datenbestand einen wesentlichen Teil seines polizeilichen Arbeitsgebietes. Im übrigen begeht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine pflichtwidrige Diensthandlung im Sinne des § 332 StGB nicht nur derjenige,
der eine Tätigkeit vornimmt, die an sich in den Kreis seiner Amtspflichten fällt, sondern auch, wer seine amtliche Stellung dazu mißbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht. Ein solcher Mißbrauch ist keine Privattätigkeit , sondern eine pflichtwidrige Amtshandlung (BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 – Diensthandlung 1 m.w.N.; entgegen der Ansicht der Verteidigung zu weitgehend RGSt 16, 42). Schon der dem Angeklagten S nach seiner Dienststellung mögliche Zugriff auf die Datensammlungen des Bundesgrenzschutzes erfüllt deshalb im hier vorliegenden Fall seiner mißbräuchlichen Ausnutzung das Merkmal der pflichtwidrigen Diensthandlung.

b) Der Angeklagte S hat hierfür auch einen Vorteil erhalten. Vorteil im Sinne des § 332 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung jede Leistung, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche , rechtliche oder auch nur seine persönliche Lage objektiv verbessert (BGHSt 31, 264, 279; 33, 336, 339; 35, 128, 133; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 – Vorteil 5). Hier erlangte der Angeklagte S für jede Auskunft wenigstens 5,- DM. Die Zahlungen stellten auch jeweils echte Gegenleistungen dar. Sie waren kein bloß vermögensrechtlich neutraler Aufwendungsersatz , weil Aufwendungen allenfalls der Dienstbehörde, nicht aber dem Angeklagten S entstanden waren.
2. Die Ausführungen des Landgerichts zu der von dem Angeklagten R begangenen Bestechung gemäß § 334 StGB in sieben Fällen sind ohne sachlichrechtlichen Fehler. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Diensthandlungen und der Vorteilsgewährung gelten die vorstehenden Ausführungen bezüglich des Angeklagten S entsprechend. Soweit der Angeklagte – teilweise mit urteilsfremdem Vorbringen – dartun will, daß er keine Kenntnis von der Inanspruchnahme dienstlicher Datensammlungen hatte, kann er hiermit im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten R undS nämlich übereingekommen, daß der AngeklagteS
Aufenthaltsorte und Anschriften unter Ausschöpfung seiner dienstlichen Möglichkeiten und unter Inanspruchnahme der verfügbaren EDV-Anlagen ermitteln werde. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung beruht auf einer Gesamtbewertung von Indizien, die mit Wahrunterstellungen zu einzelnen Punkten nicht unvereinbar ist.

III.


Das landgerichtliche Urteil hält bezüglich des Angeklagten G rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf seine Revision war der Angeklagte G – dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – freizusprechen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kannte der Angeklagte G die Amtsträgereigenschaft des Angeklagten R nicht. Soweit das Landgericht jedenfalls einen bedingten Vorsatz des Angeklagten G dahingehend annimmt, daß der Angeklagte S ohne entsprechende Befugnisse die Daten erlangt habe, stellt dies eine bloße Vermutung dar, auf die eine Verurteilung nicht gestützt werden kann (vgl. BGHR StPO § 261 – Überzeugungsbildung 26). Für diese Folgerung nennt das Urteil keine Tatsachengrundlage. Eine solche ist auch den Gesamtumständen nicht zu entnehmen. In den dem Angeklagten G im Urteil zur Last gelegten Fällen (1, 2 und 3) ging es lediglich um Adressenermittlungen, die dieser veranlaßt hatte. Solche sind auch auf legalem Wege durchführbar. Insoweit ist es eher fernliegend, allein aus dem Gegenstand der Auftragserteilung auf einen strafrechtlich relevanten Vorsatz zu schließen. Da hinsichtlich dieses Angeklagten keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, war er vom Senat freizusprechen.

C.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich des Angeklagten R teilweise Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet.

I.


Das landgerichtliche Urteil begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit der Angeklagte R freigesprochen wurde. Insoweit dringt die von der Staatsanwaltschaft erhobene Sachrüge durch, auf die zugleich erhobenen Aufklärungsrügen kommt es danach nicht an.
1. Das Landgericht hat den Freispruch des Angeklagten R hinsichtlich der Fälle 1, 2, 4 und 8 damit begründet, daß ein konkretes Tätigwerden des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnte. Damit hat es seiner umfassenden Kognitionspflicht nicht genügt. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte R freie Mitarbeiter wie auch Kanzleibedienstete angewiesen, in Fällen ungeklärter Wohn- oder Geschäftsanschriften zu deren Ermittlung den Angeklagten S z u beauftragen. Damit hätte sich das Landgericht in den Fällen, in denen eine unmittelbare Veranlassung durch den Angeklagten R nicht gegeben war, jedenfalls mit der naheliegenden Möglichkeit einer Bestechung in mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB) befassen müssen.
Die Angeklagten R und S hatten eine allgemeine Absprache über entsprechende Anschriftenermittlungen gegen Entgelt getroffen. Innerhalb seines Kanzleibetriebes hatte der Angeklagte R aufgrund einer generellen Anordnung die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß durch sein Personal der Angeklagte S dann auch beauftragt wurde. Dabei kam es ihm – zumal solche Adressenermittlungen typischerweise durch das Personal und nicht den Inhaber einer Anwaltskanzlei durchgeführt werden – maßgeblich auch darauf an, den Bereich der Adressenermittlung kostensparend und effektiv möglichst ohne Befassung seiner eigenen Person geregelt zu
wissen. Der Angeklagte R setzte damit – durch einen einzigen Organisationsakt (vgl. BGHR StGB § 52 – Handlung, dieselbe 29) – die Rahmenbedingungen für die Aktivitäten seines Kanzleipersonals und hatte mithin auch eine vom Täterwillen getragene Tatherrschaft, weshalb es offenbleiben könnte, ob sein Kanzleipersonal seinerzeit in Kenntnis der Amtsträgereigenschaft des Angeklagten S diesem Aufträge erteilt hatte (vgl. BGHSt 43, 219, 232; 40, 218, 235 f.).
2. Soweit das Landgericht in den Fällen 6 und 11 hinsichtlich des Angeklagten R ein Vergehen der Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen verneint hat, bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft erfolglos, da es insoweit – wie oben ausgeführt – an einer Haupttat fehlt.
Vergehen der Anstiftung zur Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 Nr. 1, § 26 StGB – für die auch hier der Strafantrag fehlen würde – kommen beim Angeklagten R gleichfalls nicht in Betracht. Es mangelt jedenfalls am erforderlichen Vorsatz. Der Angeklagte R hatte jeweils nur Interesse, mögliche Zustellungsanschriften in Erfahrung zu bringen, welche er für die Rechtsverfolgung benötigte. Auf mit den jeweiligen Anschriften einhergehende Begleitumstände kam es ihm nicht an.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertreten – bleibt im Hinblick auf den Angeklagten G ohne Erfolg. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob der vom Landgericht angeführte fehlende sichere Nachweis einer konkreten Beauftragung durch den AngeklagtenG einen Freispruch in den Fällen 4 und 8 der Urteilsgründe zu tragen vermag. Da der Angeklagte G nach den Feststellungen des Landgerichts kein Wissen bezüglich einer Amtsträgerschaft des Angeklagten S hatte und bei ihm damit – wie oben ausgeführt – auch kein entsprechender Vorsatz bestand, kommt es auf eventuelle Auftragserteilun-
gen nicht an. Schon deshalb dringt auch die von der Staatsanwaltschaft erhobene Aufklärungsrüge nicht durch.

III.


Die gegen den Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Angeklagten S und R gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
1. Der Rechtsfolgenausspruch gegen den Angeklagten S enthält keinen Rechtsfehler zu dessen Vorteil.

a) Allerdings liegen bei dem Angeklagten S die Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor (vgl. zu dieser Norm – teils kritisch – Tröndle/Fischer aaO § 335, Rdn. 8 f.). Da bereits dem Ausgangsfall eine Abrede fortgesetzter Begehung zugrunde lag, sieht der Senat keinen Hinderungsgrund, hier schon vom ersten Fall an die Voraussetzungen des Regelbeispiels zu bejahen.

b) Rechtsfehlerhaft ist nicht, daß das Landgericht bei dem Angeklagten S – mit Ausnahme des Falles 9 – jeweils nur die sich aus dem Strafrahmen des § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB ergebende Mindeststrafe von einem Jahr verhängt hat. Im Gegenteil war es sogar rechtsfehlerhaft, daß der Tatrichter – wenngleich das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB vorlag – einen besonders schweren Fall nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB überhaupt angenommen hat. Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen eines tateinheitlichen Vergehens nach § 353b StGB in keinem Fall erfüllt sind, war der Tatrichter vielmehr in jedem Fall gehalten, angesichts des geringen finanziellen Gewinns des Angeklagten S und der Verwendung der von ihm gelieferten Daten für eine an sich legale Rechtsdurchsetzung, abweichend von der Regel die Strafen dem Strafrahmen des § 332 Abs. 1 StGB zu entnehmen.

c) Die dem Angeklagten S zugebilligte Strafaussetzung zur Bewährung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei begründet. § 56 Abs. 3 StGB stand hier einer Strafaussetzung zur Bewährung offensichtlich nicht entgegen. Zwar wird häufig die berufliche Stellung eines Angeklagten, wenn sie zur Tatbegehung mißbraucht wurde, entsprechende Darlegungen erfordern (vgl. BGHR StGB § 56 Abs. 3 – Verteidigung 6). Dies besagt aber nicht, daß die Strafaussetzung zur Bewährung für verschiedene Berufsgruppen generell ausgeschlossen wäre. Angesichts der zahlreichen für den Angeklagten S s prechenden Umstände bedurfte es einer Erörterung des § 56 Abs. 3 StGB im vorliegenden Fall nicht.
2. Auch der Strafausspruch gegen den Angeklagten R weist keinen Rechtsfehler zu dessen Vorteil auf.

a) Entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht rechtsfehlerfrei das Vorliegen des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit nach § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB verneint. Zwar kann auch der Bestechende selbst gewerbsmäßig handeln, wenn seine Tat auf Einnahmen aus der rechtswidrigen Diensthandlung abzielt (BGHR StGB § 335 Abs. 2 Nr. 3 – Gewerbsmäßig 1; Tröndle/Fischer aaO § 335 Rdn. 10). Die hier in Rede stehenden geringen Beträge rechtfertigen aber die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht.

b) Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht beim Angeklagten R einen minder schweren Fall nach § 334 Abs. 1 Satz 2 StGB angenommen. Soweit das Landgericht angeführt hat, daß der Angeklagte R zur Durchsetzung berechtigter Ansprüche gehandelt habe und von dem bisher nicht vorbestraften Angeklagten als „Bestechungsgelder“ lediglich kleinere Beträge aufgewandt worden seien, sind diese Gesichtspunkte geeignet, einen nach dem gesamten Tatbild von den gewöhnlich vorkommenden Durchschnittsfällen abweichenden Sachverhalt zu indizieren, der die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens begründen kann. Dabei steht der Anwendung eines
minder schweren Falls aus den vorgenannten Gründen nicht entgegen, daß in der Person des Angeklagten S das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht ist.

D.


In der neuen Hauptverhandlung wird zu erwägen sein, inwieweit der begrenzten Bedeutung der Sache und der inzwischen eingetretenen, von den Angeklagten nicht zu vertretenden, weiteren Verfahrensverzögerung durch Verfahrensbeschränkungen nach §§ 154, 154a StPO in angemessener Weise Rechnung getragen werden kann.
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum
5 StR 482/05

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. Juni 2006
in der Strafsache
gegen
- Verfallsbeteiligte: H. G. GmbH & Co. KG,
vertreten durch die Komplementärin -
wegen Anstiftung zur Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 27. und 29. Juni 2006, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
alsVorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Ho. ,
Rechtsanwalt N.
alsVerteidiger,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 29. Juni 2006 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Verfallsbeteiligten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 27. April 2004 im Ausspruch über den Verfall aufgehoben; die Anordnung entfällt.
2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
3. Soweit die Verfallsanordnung aufgehoben wird, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Verfallsbeteiligten. Der Angeklagte trägt die Kosten seiner Revision. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die insoweit dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur Untreue in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus hat es den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 500 Tagessätzen zu je 300 Euro verurteilt. Gegen die Verfallsbeteiligte hat das Landgericht den Verfall (von Wertersatz) in Höhe von 500.000 Euro angeordnet.
2
Die Revision der Verfallsbeteiligten hat Erfolg, die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sind unbegründet.

I.


3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte unterhielt als alleiniger Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten, des in Wuppertal alteingesessenen Bauunternehmens H. G. GmbH & Co. KG (nachfolgend: G. KG), langjährige Geschäftsbeziehungen mit dem gesondert abgeurteilten früheren Mitangeklagten K. . K. – ein frühpensionierter ehemaliger Oberamtsanwalt – betätigte sich erfolgreich im Immobilien- und Baugeschäft und wurde schließlich im Vorstand der beiden gemeinnützigen Stiftungen H. -Stiftung und D. -Stiftung auch tätig, um in dieser Funktion bei zukünftigen Bauvorhaben für eine Auftragsvergabe an die G. KG zu sorgen und sich dadurch verdeckte Provisionen zu verdienen. Aus demselben Beweggrund unterhielt K. jahrelang enge Beziehungen zu den früher mitangeklagten gesondert abgeurteilten Geschäftsführern der G. W. mbH Wuppertal (nachfolgend: GWG) Hi: und S. sowie zu dem ebenfalls früher mitangeklagten gesondert abgeurteilten Prokuristen der GWG St ; K. kam es dabei darauf an, diese durch großzügige Zuwendungen zu einer ihm nützlichen Geschäftspolitik der GWG zu bewegen.
5
Die Geschäftsführer der GWG vergaben an die Gerlich KG unter maßgeblicher Einflussnahme K. s schließlich zwei Generalunternehmeraufträge : einen zur Errichtung des vierten Bauabschnitts eines von der

H.

-Stiftung geplanten Altenwohnheims mit einem Auftragsvolumen von ca. 30 Mio. DM (nachfolgend: Projekt H. -Stiftung) und einen weiteren zur Errichtung eines von der D. -Stiftung geplanten Wohnquartiers für betreutes Altenwohnen mit einem Auftragsvolumen von ca. 28 Mio. DM (nachfolgend: Projekt D. -Stiftung). Beide Geschäftsführer ließen sich bei
der ohne jeden Wettbewerb erfolgten Auftragsvergabe und bei der Verschleierung dieser Tatsache durch Veranstaltung eines Scheinwettbewerbs „für die Akten“ wesentlich von den erheblichen Zuwendungen K. s in Höhe von jeweils mehreren hunderttausend DM leiten. Der Angeklagte wusste von diesen Zuwendungen an die Verantwortlichen der GWG und billigte das Vorgehen von K. , um die Aufträge zu erlangen.
6
Zwischen dem Angeklagten und K. waren Provisionen für die Bauvorhaben H. -Stiftung und D. -Stiftung in Höhe von jeweils 5 % der Auftragssumme vereinbart. Die durch Schmiergeldzahlungen motivierte Auftragsvergabe an die G. KG unter bewusster Ausschaltung jeden Wettbewerbs hat das Landgericht als Untreue von Hi. und S. gegenüber der GWG gewertet, wobei es als Mindestschaden der GWG die mit K. vereinbarten Provisionen angenommen hat. Nach Auffassung des Landgerichts handelte es sich dabei um einen sachfremden Rechnungsposten, der bei wettbewerbskonformer Vergabe nicht in die Kalkulation der G. KG eingeflossen wäre und deshalb letztlich von der GWG nicht habe getragen werden müssen. Die Beteiligung des Angeklagten an dem Zustandekommen der beiden Auftragsvergaben hat das Landgericht jeweils als Anstiftung zur Untreue gewertet.
7
K. erhielt von dem Angeklagten Provisionen für das Projekt

H.

-Stiftung in Höhe von 1, 5 Mio. DM und für das Projekt D -Stiftung in Höhe von 1 Mio. DM. Die Zahlungsabwicklung erfolgte überwiegend über weitere Unternehmen, die der Verfallsbeteiligten entsprechende Scheinrechnungen ausstellten. Vorsteuerbeträge, die in den Scheinrechnungen ausgewiesen waren, machte der Angeklagte als Geschäftsführer der G. KG im Rahmen von Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 1996 bis 1998 geltend. Er erreichte auf diese Weise eine entsprechende Minderung der
Umsatzsteuerzahllast bei der Verfallsbeteiligten um insgesamt etwa 280.000 DM.
8
Im Zusammenhang mit einem Grundstücksverkauf an die GWG im Rahmen des Projekts H. -Stiftung übernahm K. für die von ihm ver-tretene H. -Stiftung das Altlastenrisiko für die Beseitigung von Bodenkontaminierungen, die durch den früheren Betrieb einer Textilfabrik auf dem Grundstück entstanden waren. Als die G. KG bei den Grundstücksarbeiten tatsächlich auf erste Altlasten stieß und deren Beseitigung absprachegemäß der Ha. -Stiftung in Rechnung stellen wollte, sah K. eine weitere Möglichkeit persönlicher Bereicherung. Er erklärte sich gegenüber dem Angeklagten zur Übernahme der Kosten für die Altlastenbeseitigung nur unter der Bedingung einverstanden, dass die Rechnung um einen Betrag erhöht werde, der eine Zahlung von jeweils 100.000 DM an ihn und an den früher Mitangeklagten P , ein weiteres Vorstandsmitglied der H. - Stiftung, ermöglichte. Absprachegemäß rechnete der Angeklagte die Altlastenbeseitigung weit überhöht gegenüber der H. -Stiftung ab, während weit geringere Leistungen im Rahmen der Altlastenbeseitigung erbracht worden waren. Der H. -Stiftung entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von etwa 560.000 DM. Das Landgericht hat die Beteiligung des Angeklagten als Beihilfe zur Untreue gewertet.

II.


9
Lediglich die Revision der Verfallsbeteiligten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die übrigen Revisionen sind unbegründet.
10
1. Revision des Angeklagten
11
a) Die Verfahrensrüge deckt, unabhängig von der Frage, ob sie zulässig erhoben ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), jedenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Auf der Nichtbescheidung des Beweisantrags auf Vernehmung der Zeugin V. kann das Urteil nicht beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO), weil Beweisthema und Beweisziel für die Entscheidung – auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs – ersichtlich ohne Bedeutung wa- ren. Eine Beeinträchtigung des Informationsinteresses des Angeklagten oder seiner Verteidigung durch die Nichtbescheidung dieses Beweisantrags ist – auch unter Berücksichtigung des Verteidigervortrags in der Revisionshauptverhandlung – nicht ersichtlich.
12
b) Die Überprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge des Angeklagten ergibt keinen Rechtsfehler zu seinen Lasten. Der Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
13
Zutreffend hat das Landgericht das Verhalten der früheren Mitangeklagten S. und Hi. im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe durch die GWG jeweils als Untreue angesehen (vgl. die Urteile des Senats vom heutigen Tage 5 StR 484/05 und 485/05). Den Tatentschluss zu diesen Untreuehandlungen hat der Angeklagte bei den beiden Geschäftsführern der GWG vorsätzlich durch die von ihm bewusst ermöglichten Schmiergeldzahlungen K. s und durch die eigene Beteiligung an der Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs im Zusammenhang mit den Auftragsverhandlungen hervorgerufen.
14
2. Revision der Staatsanwaltschaft
15
Die wirksam auf den Strafausspruch und die Nichtanordnung des Verfalls gegen den Angeklagten beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft , die von der Bundesanwaltschaft nicht vertreten wird, hat keinen Erfolg.
16
a) Das Landgericht hat, wie die Bundesanwaltschaft im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, jeweils die richtigen Strafrahmen gewählt und innerhalb der Strafrahmen die wesentlichen Strafzumessungsgesichtspunkte hinreichend erörtert. Die verhängten Strafen lösen sich noch nicht von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein. Auf den Vergleich zu Strafen , die gegen andere Angeklagte in abgetrennten Verfahren verhängt wor- den sind, kann die Revision grundsätzlich nicht gestützt werden. Die Verhängung einer gesonderten Gesamtgeldstrafe neben der Gesamtfreiheitsstrafe nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB hält sich noch im weiten Ermessensspielraum des Tatrichters.
17
b) Das Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls gegen den Angeklagten abgesehen. „Erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der manipulativen Erlangung einer Auftragsvergabe entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht der vereinbarte Werklohn, sondern nur der wirtschaftliche Wert der Auftragserlangung , der sich vorrangig nach dem kalkulierten Gewinn bemisst (vgl. BGHSt 50, 299, 310 ff.). In diesem Umfang stehen jedoch – wie die Bundesanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat – Ansprüche der GWG gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Anordnung des Verfalls (von Wertersatz) entgegen (vgl. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1, § 26 StGB). Nach den landgerichtlichen Feststellungen betrug der Gewinn der Verfallsbeteiligten bei den Projekten H. -Stiftung und D. -Stiftung insgesamt ca. 1,6 Mio. Euro. Es ist nicht ersichtlich, dass der wirtschaftliche Wert des Auftrags wesentlich darüber hinausgegangen wäre. Der Angeklagte hat an die GWG bereits Schadensersatz in Höhe von über 2,7 Mio. Euro für sein Verhalten im Zusammenhang mit den Projekten H. -Stiftung und D. -Stiftung geleistet.
18
3. Revision der Verfallsbeteiligten
19
Die Revision der Verfallsbeteiligten hat Erfolg. Auch zu ihren Gunsten hindert der Vorrang der Verletztenansprüche gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aus den zu 2. b ausgeführten Gründen die Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Schaal

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 1/07
vom
17. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1
Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert
worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter
näherer Bestimmung des Ausmaßes berücksichtigt werden muss, so ist anstelle
der bisher gewährten Strafminderung in der Urteilsformel auszusprechen,
dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil
der verhängten Strafe als vollstreckt gilt.
BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 - Landgericht Oldenburg
wegen besonders schwerer Brandstiftung u. a.
Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Vorsitzende Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof
Basdorf, die Richter am Bundesgerichtshof Maatz, Dr. Miebach,
Dr. Wahl, Dr. Bode, Prof. Dr. Kuckein, die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Gerhardt sowie die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kolz und Becker am
17. Januar 2008 beschlossen:
Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes berücksichtigt werden muss, so ist anstelle der bisher gewährten Strafminderung in der Urteilsformel auszusprechen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt.

Gründe:


I.

1
Die Vorlage des 3. Strafsenats betrifft die Frage, in welcher Weise es im Rechtsfolgenausspruch zu berücksichtigen ist, wenn Strafverfolgungsbehörden das Verfahren gegen den Angeklagten in rechtsstaatswidriger Weise verzögert haben.
2
1. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Strafsache gegen F. (3 StR 50/07) über die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Re- vision der Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Mit ihrem Rechtsmittel beanstandet es die Revisionsführerin als sachlichrechtlichen Mangel, dass das Landgericht zum Ausgleich für eine von ihm zu verantwortende Verzögerung des Verfahrens gegen den Angeklagten auf eine Strafe erkannt hat, die das gesetzliche Mindestmaß unterschreitet.
3
Der Angeklagte hatte einen im Eigentum seiner Mutter stehenden, aber maßgeblich von ihm geleiteten Landgasthof in Brand gesetzt, um Leistungen aus der von seiner Mutter für den Betrieb abgeschlossenen Gebäude-, Inventar - und Ertragsausfallversicherung zu erlangen. Er hatte den Schadensfall der Versicherung gemeldet, diese hatte jedoch keine Zahlungen geleistet.
4
Wegen dieses Sachverhalts hat das Landgericht Oldenburg den Angeklagten der besonders schweren Brandstiftung (§ 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB) und des versuchten Betruges (§ 263 Abs. 1 und 2, §§ 22, 23 StGB) schuldig gesprochen und auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren erkannt. Im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs hat das Landgericht zunächst festgestellt, dass das Verfahren in einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden Weise verzögert worden sei, weil zwischen dem Eingang der Anklageschrift am 5. Oktober 2004 und dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 24. Mai 2006 ein unvertretbar langer Zeitraum gelegen habe. Es hat sodann dargelegt, dass ohne Berücksichtigung dieser Verfahrensverzögerung zur Ahndung der besonders schweren Brandstiftung die in § 306 b Abs. 2 StGB vorgesehene Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe angemessen sei. Da § 306 b StGB keinen Sonderstrafrahmen für minder schwere Fälle vorsehe, sei ein Ausgleich für die Verfahrensverzögerung innerhalb des gesetzlich eröffneten Strafrahmens nicht möglich. Daher sei, um dem Angeklagten die verfassungsrechtlich gebotene Kompensation für die Verletzung des Beschleunigungsgebots zu gewähren, eine Strafrahmenverschiebung in entsprechender Anwendung des § 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Das Landgericht hat demgemäß den Strafrahmen des § 306 b Abs. 2 StGB nach den Maßstäben des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, Nr. 3 StGB gemildert und sodann zur Kompensation der Verfahrensverzögerung statt der an sich verwirkten Einzelfreiheitsstrafe von fünf Jahren eine solche von drei Jahren und zehn Monaten festgesetzt.
5
Für den versuchten Betrug hat es an sich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für angemessen erachtet, wegen der überlangen Verfahrensdauer jedoch auf eine solche von sechs Monaten erkannt. Unter Erhöhung der Einsatzstrafe von drei Jahren und zehn Monaten hat es sodann eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt; ohne die jeweiligen Strafabschläge hätte es eine solche von fünf Jahren und sechs Monaten gebildet.
6
2. Diese Strafzumessung hält der 3. Strafsenat für rechtsfehlerhaft. Er beabsichtigt, auf die Revision der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil im gesamten Strafausspruch aufzuheben.
7
a) Hierbei will er es allerdings im Ausgangspunkt nicht beanstanden, dass das Landgericht im Hinblick auf die zwischen der Anklageerhebung und dem Eröffnungsbeschluss verstrichene Zeit einen von der Justiz zu verantwortenden Verstoß gegen das Gebot der Verfahrensbeschleunigung angenommen und die sich hieraus ergebende Verzögerung des Verfahrens - wenn auch nicht ausdrücklich ziffernmäßig, so doch nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen - auf etwa ein Jahr und sechs Monate bemessen hat. Auch sieht er keinen Verstoß gegen Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung dadurch begründet, dass das Landgericht als Ausgleich für diese Verfahrensverzögerung die für den versuchten Betrug eigentlich als angemessen erachtete Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr um die Hälfte reduziert und auf sechs Monate festgesetzt hat. Ebensowenig liege ein revisibler Bewertungsfehler des Landge- richts darin, dass dieses für das Brandstiftungsdelikt ohne Berücksichtigung der Verzögerung auf die Mindeststrafe von fünf Jahren erkannt hätte.
8
Als berechtigt erachtet der 3. Strafsenat dagegen die Rüge der Revision, das Landgericht habe zur Gewährleistung eines Ausgleichs für die eingetretene Verfahrensverzögerung nicht das gesetzliche Mindestmaß der für das Brandstiftungsdelikt angedrohten Freiheitsstrafe unterschreiten dürfen. Die vom Landgericht vorgenommene entsprechende Anwendung des § 49 Abs. 1 StGB hält er für rechtlich nicht zulässig. Er vertritt die Auffassung, die gebotene Kompensation für den Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot sei insoweit vielmehr in entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB in der Weise vorzunehmen , dass auf die Mindeststrafe als angemessene Strafe zu erkennen und in der Urteilsformel gleichzeitig auszusprechen sei, dass ein bestimmter Teil der Strafe, der dem gebotenen Ausmaß der Kompensation entspricht, als vollstreckt gilt (Vollstreckungslösung).
9
b) Hinsichtlich der Einzelstrafe für die besonders schwere Brandstiftung in dieser Weise zu entscheiden, sieht sich der 3. Strafsenat weder durch Rechtsprechung anderer Strafsenate des Bundesgerichtshofs noch durch die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts gehindert. Ob es möglich wäre, aus der reduzierten Einzelstrafe für den versuchten Betrug und einer teilweise für vollstreckt erklärten Einzelstrafe für das Brandstiftungsdelikt in stimmiger Weise eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, hat der 3. Strafsenat offen gelassen. Denn er ist der Auffassung, dass die durch vorliegende Sonderkonstellation aufgeworfenen Rechtsfragen und das von ihm zu deren Lösung befürwortete Modell Anlass zu einer generellen Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung geben. Diese Prüfung ergebe, dass sich die Vollstreckungslösung allgemein stimmiger in das Rechtsfolgensystem des Strafgesetzbuchs einfüge und der an sich angemessenen Strafe die Funktion belasse, die ihr in daran anknüpfenden Folge- regelungen inner- und außerhalb des Strafrechts zukomme. Er möchte daher dieses Modell generell anwenden und demgemäß auch den Einzelstrafausspruch wegen des versuchten Betruges aufheben. Daher beabsichtigt er zu entscheiden: Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes berücksichtigt werden muss, so ist der Angeklagte gleichwohl zu der nach § 46 StGB angemessenen Strafe zu verurteilen; zugleich ist in der Urteilsformel auszusprechen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt.
10
Da hiermit eine Abkehr von einer bisher einhelligen Rechtsprechung verbunden wäre, hat er dem Großen Senat für Strafsachen die Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Fortbildung des Rechts zur Entscheidung vorgelegt (BGH NJW 2007, 3294).
11
3. Der Generalbundesanwalt hat sich der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats angeschlossen.

II.

12
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 132 Abs. 4 GVG sind gegeben.
13
Die vorgelegte Rechtsfrage ist entscheidungserheblich. Die Ansicht des 3. Strafsenats, es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht es für erforderlich erachtet habe, die Verzögerung des Verfahrens zwischen Anklageerhebung und Eröffnungsbeschluss auf der Rechtsfolgenseite zugunsten des Angeklagten auszugleichen, und hierfür hinsichtlich des Brandstiftungsdelikts innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens keine hinreichende Möglichkeit gesehen habe, ist vertretbar. Auf dieser Grundlage hängt die Revisionsentscheidung davon ab, wie die vorgelegte Rechtsfrage zu beantworten ist. Diese hat auch grundsätzliche Bedeutung. Verstöße der Strafverfolgungsorgane gegen das Gebot zügiger Verfahrenserledigung sind in zunehmendem Maße festzustellen ; die Gründe hierfür hat der Große Senat an dieser Stelle nicht zu erörtern. Die Frage, welche Folgen aus derartigen Verstößen zu ziehen sind, ist regelmäßig Gegenstand tatrichterlicher und revisionsgerichtlicher Entscheidungen. Eine einheitliche Handhabung durch entsprechende Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist daher geboten. Vor diesem Hintergrund erstrebt die Vorlage eine Fortbildung des Rechts; denn sie zielt auf die Festlegung neuer Auslegungsgrundsätze, als deren Folge sich ein von der bisherigen Handhabung abweichendes rechtliches Modell für die Kompensation von Verstößen gegen das Beschleunigungsgebot im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs ergäbe.

III.

14
Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die ihm unterbreitete Rechtsfrage im Ergebnis im Sinne des Vorlegungsbeschlusses.
15
Zwar führt das bisher in der Rechtsprechung praktizierte Modell, dem Angeklagten als Ausgleich für einen rechtsstaatswidrigen Verstoß gegen das Gebot zügiger Verfahrenserledigung einen bezifferten Abschlag auf die an sich verwirkte Strafe zu gewähren, im Regelfall zu einer Kompensation dieses Verstoßes , die nicht nur mit den Vorgaben des Grundgesetzes und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (MRK), sondern auch mit dem nationalen deutschen Straf- und Strafprozess- recht in Einklang steht. Jedoch stößt dieses Modell in besonders gelagerten Fällen an gesetzliche Grenzen. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann die Gewährung der verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Kompensation durch Strafabschlag zu Ergebnissen führen, die den einfachgesetzlichen Rahmen des Strafzumessungsrechts sprengen. Hierdurch wird jedoch die Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) berührt, die durch das StGB vorgegebene Grenzen der Strafenfindung zu achten haben. Deren Überschreitung könnte aus übergeordneten rechtlichen Gesichtspunkten nur dann gerechtfertigt werden, wenn keine andere Möglichkeit der Kompensation zur Verfügung stünde , die die Grundsätze des Strafzumessungsrechts des StGB unberührt lässt. Eine solche liegt mit der Vollstreckungslösung indes vor. Der Große Senat hält daher einen Wechsel zu diesem Modell für geboten. Dies gilt auch deshalb, weil diese Form der Entschädigung gemäß den Vorgaben der MRK, wie sie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) präzisiert worden sind, im Gegensatz zur bisherigen Verfahrensweise in allen Fällen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung eine Kompensation ermöglicht. Die Vollstreckungslösung genügt auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben.
16
Unabhängig hiervon hat die Vollstreckungslösung gegenüber dem Strafabschlagsmodell weitere Vorzüge, die für die Kompensation rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen einen Systemwechsel angezeigt erscheinen lassen. Durch die Trennung von Strafzumessung und Entschädigung belässt sie der unrechts- und schuldangemessenen Strafe die ihr in strafrechtlichen und außerstrafrechtlichen Folgebestimmungen beigelegte Funktion. Darüber hinaus vereinfacht sie die Rechtsfolgenbestimmung.
17
Im Einzelnen:
18
1. Weder die Strafprozessordnung noch das Strafgesetzbuch enthalten Regelungen dazu, welche Rechtsfolgen es nach sich zieht, wenn ein Strafverfahren aus Gründen verzögert wird, die im Verantwortungsbereich des Staates liegen. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Nach dessen Auffassung war eine gesetzliche Verankerung des Beschleunigungsgebots in der Strafprozessordnung entbehrlich, weil bereits Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK die Strafverfolgungsorgane hinreichend zu einer zügigen Durchführung von Ermittlungs- und Strafverfahren verpflichte. Der Beschleunigungsgrundsatz sei daher dem deutschen Strafverfahrensrecht auch ohne ausdrückliche Regelung immanent. Das in Art. 20 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip sowie die Pflicht zur Achtung der Menschenwürde ließen es ebenfalls nicht zu, den Beschuldigten länger als unvermeidbar in der Drucksituation des Strafverfahrens zu belassen. Wie der Grundsatz zügiger Verfahrenserledigung inhaltlich näher zu präzisieren sei und welche Folgen an seine Verletzung anzuknüpfen seien, müsse der Klärung durch Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen werden (vgl. den Entwurf der Bundesregierung vom 2. Mai 1973 für das 1. StVRG, BT-Drucks. 7/551 S. 36 f.).
19
Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Hinzu tritt Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 MRK, wonach jede Person, die aus Anlass eines gegen sie geführten Strafverfahrens von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist hat; wird dieser Anspruch verletzt, so kann sie verlangen, während des Verfahrens (aus der Haft) entlassen zu werden. Regelungen darüber , welche sonstigen Konsequenzen aus einer Verletzung des Rechts auf Verhandlung und Urteil innerhalb angemessener Frist zu ziehen sind, enthält die MRK nicht. Jedoch bestimmt Art. 13 MRK, dass jede Person, die in ihren in der Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, das Recht hat, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben , auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.
20
2. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof zunächst die Auffassung vertreten, die Verletzung des Anspruchs des Angeklagten aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK auf zügige Durchführung des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens begründe zwar kein Verfahrenshindernis, sei jedoch bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Der Spielraum, den das Gesetz insoweit gewähre , reiche aus, um den Belastungen, denen der Angeklagte durch das unangemessen zögerlich geführte Verfahren ausgesetzt gewesen sei, in hinreichender Weise Rechnung zu tragen (BGHSt 24, 239, 242; 27, 274, 275 f.; BGH NStZ 1982, 291, 292 m. w. N.). Dies könne in den gesetzlich vorgesehenen Fällen bis zum Absehen von Strafe, bei Verfahren wegen Vergehen aber auch zur deren Einstellung gemäß § 153 StPO führen; auch ein Gnadenerweis sei in Betracht zu ziehen (BGHSt 24, 239, 242 f.).
21
Danach war es ausreichend, den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK als bestimmenden Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) bei der Abwägung der sonstigen strafmildernden und -schärfenden Aspekte selbständig , auch neben dem schon für sich mildernden Umstand eines langen Zeitraums zwischen Tat und Urteil, zu berücksichtigen (vgl. BGH NStZ 1983, 167; 1986, 217, 218; 1987, 232 f.; 1988, 552; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 2).
22
Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof später im Hinblick auf die Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts modifiziert.
23
a) Der EGMR hat in seinem Urteil vom 15. Juli 1982 (E. ./. Bundesrepublik Deutschland - EuGRZ 1983, 371 ff. m. Anm. Kühne) in zwei gegen die dortigen Beschwerdeführer durchgeführten Strafverfahren eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK durch die deutschen Strafverfolgungsbehörden festgestellt. Hieran anknüpfend hat er es in dem einen der beanstandeten Verfahren nicht als hinreichenden Ausgleich zugunsten der Beschwerdeführer erachtet , dass diesen die Verzögerungen bei der Strafzumessung des landgerichtlichen Urteils ausdrücklich strafmildernd zugute gehalten worden waren; dies sei nicht geeignet, den Beschwerdeführern ihre Opfereigenschaft im Sinne des Art. 25 MRK aF (= Art. 34 MRK nF) zu nehmen, da das Urteil keine hinreichenden Hinweise enthalte, die eine Überprüfung der Berücksichtigung der Verfahrensdauer unter dem Gesichtspunkt der Konvention erlaubten (EGMR EuGRZ 1983, 371, 381). In dem anderen Verfahren gelte das Gleiche, soweit dieses schließlich gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei; denn der Einstellungsbeschluss enthalte keinen Hinweis auf eine Berücksichtigung der Verfahrensverzögerungen (aaO S. 382). Zu der Frage, wie die vermissten "Hinweise" hätten ausgestaltet sein müssen und welche inhaltlichen Anforderungen an die den Beschwerdeführern zu gewährende Kompensation zu stellen gewesen wären, um den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK noch im Rahmen des nationalen Rechts auszugleichen, äußert sich die Entscheidung nicht.
24
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verletzt eine von den Justizbehörden zu verantwortende erhebliche Verzögerung des Strafverfahrens den Beschuldigten auch in seinem verfassungsmäßigen Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie - wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet - in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Ein Strafverfahren von überlanger Dauer könne den Beschuldigten - insbesondere dann, wenn die Dauer durch vermeidbare Verzögerungen seitens der Justizorgane bedingt sei - zusätzlichen fühlbaren Belastungen aussetzen, die in ihren Auswirkungen der Sanktion selbst gleich kämen. Mit zunehmender Verzögerung des Verfahrens gerieten sie in Widerstreit zu dem aus dem Rechtsstaatsgebot abgeleiteten Grundsatz, dass die Strafe verhältnismäßig sein und in einem gerechten Verhältnis zum Verschulden des Täters stehen müsse (BVerfG - Kammer - NJW 1993, 3254, 3255; 1995, 1277 f.; NStZ 2006, 680, 681 = JR 2007, 251 m. Anm. Gaede; vgl. auch BVerfG - Kammer - NJW 1992, 2472, 2473 für das Ordnungswidrigkeitenverfahren). So, wie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz allgemein dazu anhalte, in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen, ob die eingesetzten Mittel der Strafverfolgung und der Bestrafung unter Berücksichtigung der davon ausgehenden Grundrechtsbeschränkungen für den Betroffenen noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen, verpflichte er im Falle eines mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht in Einklang stehenden überlangen Verfahrens zur Prüfung, ob und mit welchen Mitteln der Staat gegen den Betroffenen (noch) strafrechtlich vorgehen kann (BVerfG - Kammer - NJW 2003, 2225; 2003, 2897; BVerfGK 2, 239, 247; vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2005, 3485 zum weiteren Vollzug der Untersuchungshaft).
25
Solange es an einer gesetzlichen Regelung fehle, seien die verfassungsrechtlich gebotenen Konsequenzen zunächst in Anwendung des Straf- und Strafverfahrensrechts zu ziehen. Komme eine angemessene Reaktion auf solche Verfahrensverzögerungen mit vorhandenen prozessualen Mitteln (§§ 153, 153 a, 154, 154 a StPO) nicht in Frage, so sei eine sachgerechte, angemessene Berücksichtigung im Rechtsfolgenausspruch, in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglicherweise durch Absehen von Strafe oder Verwarnung mit Strafvorbehalt, jenseits davon bei der Strafzumessung wie auch gegebenenfalls bei der Strafaussetzung zur Bewährung und bei der Frage der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung regelmäßig verfassungsrechtlich gefordert , aber auch ausreichend (BVerfG - Vorprüfungsausschuss - NJW 1984, 967). Die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung müsse sich bei der Strafzumessung auswirken, wenn sie nicht im Extrembereich zum Vorliegen eines unmittelbar aus dem Rechtsstaatsgebot herzuleitenden Verfahrenshindernisses führe. Dabei liege es schon im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK und dessen Auslegung durch den EGMR nahe, erscheine aber auch mit Blick auf die Bedeutung der vom Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes geforderten Verfahrensbeschleunigung angezeigt, dass die Fachgerichte der Strafgerichtsbarkeit, wenn sie die gebotenen Folgen aus einer Verfahrensverzögerung ziehen, dabei die Verletzung des Beschleunigungsgebots ausdrücklich feststellen und das Ausmaß der Berücksichtigung dieses Umstands näher bestimmen (BVerfG - Vorprüfungsausschuss - NJW 1984, 967; BVerfG - Kammer - 1993, 3254, 3255; 1995, 1277 f.; 2003, 2225 f.; 2003, 2897; BVerfGK 2, 239, 247 f.).
26
Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht dahin präzisiert , dass es nicht genüge, die Verletzung des Beschleunigungsgebots als eigenständigen Strafmilderungsgrund festzustellen und zu berücksichtigen. Vielmehr sei das Ausmaß der vorgenommenen Herabsetzung der Strafe durch Vergleich mit der ohne Berücksichtigung der Verzögerung angemessenen Strafe exakt zu bestimmen (BVerfG - Kammer - NStZ 1997, 591).
27
c) An diese Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts anknüpfend haben die Strafsenate des Bundesgerichtshofs ihre ursprüngliche Spruchpraxis geändert: Ist ein Strafverfahren unter Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK und rechtsstaatliche Grundsätze durch die Strafverfolgungsorgane verzögert worden, so hat der Tatrichter nach der neueren Rechtsprechung zunächst stets Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursache konkret festzustellen und - falls dies zum Ausgleich der vom Beschuldigten erlittenen Belastungen nicht ausreichend ist und andere rechtliche Folgen (Verfahrenseinstellung aus Opportunitätsgründen oder wegen eines Verfahrenshindernisses ) nicht in Betracht kommen - in einem zweiten Schritt das Maß der Kompensation durch Vergleich der an sich verwirkten mit der tatsächlich verhängten Strafe ausdrücklich und konkret zu bestimmen (s. etwa BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 7, 12; BGH NJW 1999, 1198, 1199; NStZ-RR 2000, 343; StV 1998, 377; 2002, 598; wistra 1997, 347; 2001, 177; 2002, 420; StraFo 2003, 247). Dies gilt bei der Bildung einer Gesamtstrafe (§ 54 Abs. 1 StGB) nicht nur für diese, sondern auch für alle zugrunde liegenden Einzelstrafen, soweit das Verfahren hinsichtlich der entsprechenden Taten verzögert worden ist (vgl. BGH NStZ 2002, 589). Der Tatrichter hat somit in den Urteilsgründen für jede Einzeltat zwei Strafen auszuweisen, was sich aus Gründen der Klarheit auch für die Gesamtstrafe empfiehlt (vgl. BGH NStZ 2003, 601). In die Urteilsformel ist allein die reduzierte Strafe aufzunehmen. In welchem Umfang sich dabei der Konventionsverstoß auf das Verfahrensergebnis auswirken muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich auch nach dem - durch die Belastungen des verzögerten Verfahrens geminderten - Maß der Schuld des Angeklagten (vgl. BGHSt 46, 159, 174; s. auch BGH NStZ 1996, 506; 1997, 543, 544; StV 2002, 598).
28
3. An dieser Rechtsprechung wird nicht festgehalten.
29
a) Der Bundesgerichtshof hat im Hinblick auf die Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) stets - ausdrücklich oder jedenfalls der Sache nach - daran festgehalten, dass die Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung mit den Mitteln vorzunehmen ist, die das Straf- oder Strafverfahrensrecht dem Rechtsanwender zur Verfügung stellen. So kommt beispielsweise die Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153 a StPO nur in Betracht , wenn sich der Angeklagte keines Verbrechens schuldig gemacht hat (vgl. BGHSt 24, 239, 242). Ebenso ist ein Ausgleich für die Verfahrensverzögerung durch Strafreduzierung, Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) oder Absehen von Strafe (§ 60 StGB) nur in den Grenzen zulässig, die das Strafgesetzbuch insoweit jeweils setzt (s. BGHSt 27, 274 zu § 59 StGB). Von der ge- setzlich vorgeschriebenen Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe kann aus Kompensationsgründen nicht abgesehen werden (BGH NJW 2006, 1529, 1535; ob hiervon in extremen Fällen Ausnahmen denkbar sind, ist dort offen gelassen worden). All dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG - Vorprüfungsausschuss - NJW 1984, 967; BVerfG - Kammer - 1993, 3254, 3256; 2003, 2897, 2899; NStZ 2006, 680, 681).
30
In Fällen, in denen eine Kompensation nur durch eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafen möglich wäre, gerät die bisher von der Rechtsprechung angewandte Strafabschlagslösung jedoch an ihre Grenzen und läuft Gefahr, das Rechtsfolgensystem des StGB in Frage zu stellen. Dieser Konflikt zwischen Straf- und Strafprozessrecht auf der einen und verfassungs- sowie konventionsrechtlichen Vorgaben auf der anderen Seite muss in einer Weise aufgelöst werden, welche die Bindung der Gerichte an die einfachgesetzlichen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung so weit wie möglich respektiert. Im Bereich der Strafzumessung bedeutet dies, dass die gesetzliche Untergrenze der angedrohten Strafe nur dann unterschritten werden darf, wenn keine andere Möglichkeit zur Verfügung steht, das vom Angeklagten erlittene Verfahrensunrecht in einer nach den Maßstäben des Grundgesetzes und der MRK hinreichenden Weise auszugleichen.
31
Diese Möglichkeit ist mit dem Vollstreckungsmodell jedoch vorhanden, das seine rechtlichen Grundlagen in den Bestimmungen der MRK und deren Entschädigungsprinzip findet sowie den Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 StGB fruchtbar macht (s. unten). Indem es die Kompensation für die von staatlichen Stellen verursachten Verfahrensverzögerungen in einem gesonderten Schritt nach der eigentlichen Strafzumessung vornimmt, respektiert es im Ausgangspunkt die im Gesetz vorgegebenen Mindeststrafen, die nach der Bewertung des Gesetzgebers auch im denkbar mildesten Fall noch einen angemessenen Schuldausgleich gewährleisten (vgl. Kutzner StV 2002, 277, 278). Gleichzeitig eröffnet es die Möglichkeit, die gebotene Entschädigung des Angeklagten für das von ihm erlittene Verfahrensunrecht dennoch zu leisten. Dies gilt selbst im Falle einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Sollte hier ausnahmsweise eine Kompensation einmal geboten sein (vgl. BGH NJW 2006, 1529, 1535), so könnte sie durch Anrechnung auf die Mindestverbüßungsdauer im Sinne des § 57a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorgenommen werden. Die Vollstreckungslösung erübrigt damit von vornherein Überlegungen, ob für besondere Ausnahmefälle ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe oder gar ein Absehen von der gesetzlich vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe (vgl. BGH StV 2002, 598; NJW 2006, 1529, 1535) in Betracht gezogen werden muss, sei es in der Form eines „Härteausgleichs“ (s. für den Fall der nicht - mehr - möglichen Gesamtstrafenbildung BGHSt 31, 102, 104 m. Anm. Loos NStZ 1983, 260; vgl. auch BGHSt 36, 270, 275 f.), sei es durch eine Strafrahmenverschiebung in analoger Anwendung des § 49 Abs. 1 oder 2 StGB (s. Krehl ZIS 2006, 168, 178 f.; StV 2006, 408, 412; Hoffmann-Holland ZIS 2006, 539 f.), wie dies der Bundesgerichtshof in Ausnahmefällen für zulässig erachtet hat, wenn die Verhängung der von § 211 StGB vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe aus anderen Gründen mit dem Übermaßverbot in Widerstreit gerät (vgl. BGHSt 30, 105).
32
b) Die bisher praktizierte Strafabschlagslösung ist aber auch deshalb durch das Vollstreckungsmodell zu ersetzen, weil dieses sich inhaltlich in vollem Umfang an den Kriterien ausrichtet, die nach der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 13, 34 MRK für den Ausgleich rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen maßgeblich sind.
33
aa) Die MRK ist durch das Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG) vom 7. August 1952 (BGBl II 685; ber. 953) unmittelbar geltendes nationales Recht im Range eines einfachen Bundesgesetzes geworden (vgl. etwa BVerfGE 74, 358, 370; 111, 307, 323 f.; BGHSt 45, 321, 329; 46, 178, 186). Ihre Gewährleistungen sind daher durch die deutschen Gerichte wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfGE 111, 307, 323). Hierbei ist auch das Verständnis zu berücksichtigen , das sie in der Rechtsprechung des EGMR gefunden haben. Auf dieser Grundlage ist das nationale Recht unabhängig von dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens nach Möglichkeit im Einklang mit der MRK zu interpretieren (vgl. BVerfGE 74, 358, 370; 111, 307, 324).
34
Nach welchen Kriterien, in welcher Weise und in welchem Umfang eine Verletzung des Anspruchs auf zügige Verfahrenserledigung aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK zu kompensieren ist, um dem Betroffenen seine Opferstellung im Sinne des Art. 34 MRK zu nehmen und damit den jeweiligen Vertragsstaat vor einer Verurteilung zu bewahren, ist in der MRK nicht geregelt und daher vom EGMR den nationalen Fachgerichten nach Maßgabe der jeweiligen Rechtsordnung zur Entscheidung überlassen worden (vgl. EGMR EuGRZ 1983, 371, 382 m. Anm. Kühne; NJW 2001, 2694, 2700, Zf. 159; Pfeiffer in Festschrift Baumann S. 329, 338; Trurnit/Schroth StraFo 2005, 358, 361). Jedoch hat die Rechtsprechung des EGMR hierzu konkretisierende Maßstäbe entwickelt; ihr lassen sich auch deutliche Hinweise dazu entnehmen, welche Formen der Kompensation im Einzelfall eine hinreichende Wiedergutmachung des Konventionsverstoßes bewirken können.
35
Nach dem Konzept der MRK - in der Auslegung des EGMR - dient die Kompensation für eine konventionswidrige Verfahrensverzögerung allein dem Ausgleich eines durch die Verletzung eines Menschenrechts entstandenen objektiven Verfahrensunrechts (Demko HRRS 2005, 283, 295; Krehl ZIS 2006, 168, 178; StV 2006, 408, 412; vgl. Gaede wistra 2004, 166, 168; JR 2007, 254 f.). Sie ist Wiedergutmachung und soll eine Verurteilung des jeweiligen Vertragsstaates wegen der Verletzung des Rechts aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verhindern (Krehl ZIS 2006, 168, 178; s. auch BGH NStZ 1988, 552). Auf diese Wiedergutmachung hat der Betroffene gemäß Art. 13 MRK Anspruch, wenn die Konventionsverletzung nicht präventiv hat verhindert werden können (vgl. EGMR NJW 2001, 2694, 2698 ff., insbes. Zf. 159; Demko HRRS 2005, 403 ff.; Gaede wistra 2004, 166, 171; JR 2007, 254; Meyer-Ladewig MRK 2. Aufl. Art. 13 Rdn. 10, 22). Ist sie geleistet, so entfällt die Opfereigenschaft des Betroffenen im Sinne des Art. 34 MRK (vgl. EGMR StV 2006, 474, 477 f., Zf. 83). Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld sind dabei als solche weder für die Frage relevant, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist (zu den maßgeblichen Kriterien in der Rechtsprechung des EGMR s. Kühne StV 2001, 529, 530 f. m. Nachw.; Demko HRRS 2005, 283, 289 ff.), noch spielen diese Umstände für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (Demko HRRS 2005, 283, 294 f.; Krehl ZIS 2006, 168, 178; StV 2006, 408, 412; vgl. auch Kutzner StV 2002, 277, 283). Diese ist vielmehr allein an der Intensität der Beeinträchtigung des subjektiven Rechts des Betroffenen aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK auszurichten. Durch die Kompensation wird danach eine Art Staatshaftungsanspruch erfüllt, der dem von einem überlangen Strafverfahren betroffenen Angeklagten in gleicher Weise erwachsen kann wie der Partei eines vom Gericht schleppend geführten Zivilprozesses oder einem Bürger , der an einem verzögerten Verwaltungsrechtsstreit beteiligt ist. Dieser Anspruch entsteht auch dann, wenn der Angeklagte freigesprochen wird. Ein unmittelbarer Bezug zu dem vom Angeklagten schuldhaft verwirklichten Unrecht oder sonstigen Strafzumessungskriterien besteht daher nicht.
36
Die Kompensation durch Gewährung eines bezifferten Abschlags auf die an sich verwirkte Strafe knüpft somit nach den Maßstäben der MRK im Ausgangspunkt an ein eher sachfernes Bewertungskriterium an, mag sie auch im Großteil der Fälle dazu führen, dass der gebotene Ausgleich geschaffen wird und damit die Opferstellung des Angeklagten entfällt. Demgegenüber koppelt das Vollstreckungsmodell den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von vornherein von Fragen des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Damit entspricht es nicht nur den Vorgaben der MRK, sondern es vermeidet gleichzeitig die Komplikationen, die sich für die Strafabschlagslösung aus der Bindung des Gerichts an die gesetzlich vorgegebenen Strafuntergrenzen ergeben (s. oben a).
37
bb) Die Vollstreckungslösung genügt auch den inhaltlichen und formellen Anforderungen, die die Art. 13, 34 MRK an eine hinreichende Kompensation stellen.
38
Nach der Rechtsprechung des EGMR verlangt ein angemessener Ausgleich zumindest die ausdrückliche oder jedenfalls sinngemäße Anerkennung des Konventionsverstoßes. Diese kann je nach den Umständen als Kompensation hinreichen; denn der EGMR hat in etlichen Fällen, in denen erst er selbst den Verstoß eines Mitgliedstaats gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ausdrücklich festgestellt hat, diese Feststellung als Ausgleich genügen lassen und dem Betroffenen keine Geldentschädigung nach Art. 41 MRK für immaterielle Einbußen zugesprochen (vgl. EGMR NJW 1984, 2749, 2751 - Ver-waltungsrechtsstreit; 2001, 213, 214 - Zivilrechtsstreit; StV 2005, 475, 477 m. Anm. Pauly - Strafverfahren ). Dies legt es nahe, dass aus der Sicht des EGMR insoweit - das heißt ohne Berücksichtigung etwaiger materieller Schäden - die Opferstellung des Betroffenen bereits durch die nationalen Gerichte aufgehoben worden wäre, wenn sie die entsprechende Feststellung selbst getroffen hätten.
39
Der EGMR hat weiterhin deutlich gemacht, dass die "innerstaatlichen Behörden" durch eine eindeutige und messbare Minderung der Strafe angemessene Wiedergutmachung leisten können (s. - je m. w. Nachw. - EGMR StV 2006, 474, 479 m. Anm. Pauly; Urteil vom 26. Oktober 2006 - Nr. 65655/01, Zf. 24, juris). Dies gelte auch, soweit eine Verletzung des Art. 5 Abs. 3 MRK auszugleichen sei; jedoch müsse dieser Verstoß gesondert anerkannt werden und zu einer selbständigen messbaren Strafmilderung führen (vgl. EGMR StV 2006, 474, 478 m. Anm. Pauly).
40
Zu Weiterem verhält sich der EGMR nicht näher. Nach den in seinen Entscheidungen entwickelten Maßstäben sind aber auch die in der deutschen Rechtsprechung neben der Strafreduktion in Betracht gezogenen Konsequenzen (Annahme eines Verfahrenshindernisses, Strafaussetzung zur Bewährung, Absehen von Maßregeln der Besserung und Sicherung, völlige oder teilweise Verfahrenseinstellung nach strafprozessualen Opportunitätsgrundsätzen) je nach den Umständen erkennbar als hinreichende Wiedergutmachung tauglich. Notwendig ist lediglich der ausdrückliche Hinweis, dass die jeweilige Maßnahme des materiellen oder prozessualen Rechts gerade zur Kompensation des Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot getroffen worden ist (vgl. zu § 154 StPO: EGMR EuGRZ 1983, 371, 382).
41
Nicht ausgeschlossen ist nach den Vorgaben des EGMR auch eine Wiedergutmachung durch Zahlung einer Geldentschädigung (s. dazu etwa Kühne EuGRZ 1983, 392, 383; Scheffler, Die überlange Dauer von Strafverfahren S. 267 ff.; Wohlers JR 1994, 138, 142 f.; Kraatz JR 2006, 403, 407 ff.). Die Rechtsordnungen anderer Vertragsstaaten der MRK enthalten hierzu ausdrückliche Regelungen (etwa Spanien: s. näher Paeffgen StV 2007, 487, 494; Italien: s. näher Ress in Festschrift Müller-Dietz S. 627, 628; Frankreich: s. Kraatz JR 2006, 2003, 2006). Mit den einschlägigen Vorschriften des französischen Rechts hat der EGMR sich bereits mit Blick auf Art. 13 MRK befasst. Er hat dabei eine derartige Form der Wiedergutmachung nicht generell für unzureichend erachtet. Er hat es vielmehr nur nicht für hinreichend belegt angesehen, dass die Bestimmungen nach ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und ihrer konkreten Handhabung in dem zu beurteilenden Fall ein wirksames innerstaatliches Rechtsmittel im Sinne des Art. 13 MRK zur Erlangung einer angemessenen Entschädigung darstellen (Entscheidung vom 26. März 2002, Nr. 48215/99, Zf. 20; s. Kraatz aaO). Das deutsche Recht enthält demgegenüber keine Regelungen , die es den Strafgerichten ermöglichten, eine Geldentschädigung zuzuerkennen. Die Bestimmungen des StrEG können nicht entsprechend herangezogen werden; sie haben abschließenden Charakter. Eine entsprechende Anwendung des § 465 Abs. 2 StPO gäbe keinen ausreichenden Entscheidungsspielraum. Es wäre Sache des Gesetzgebers, eine eindeutige rechtliche Grundlage zu schaffen.
42
Es kann nicht zweifelhaft sein, dass nach den genannten Kriterien auch das Modell, einen angemessenen Teil der Strafe als vollstreckt anzurechnen, den Anforderungen an eine ausreichende Entschädigung gerecht wird. Es zieht neben dem Entschädigungsprinzip der MRK auch den Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 StGB heran; denn ähnlich wie bei der Untersuchungshaft handelt es sich bei den Belastungen, denen der Angeklagte durch die rechtsstaatswidrige Verzögerung des Verfahrens ausgesetzt ist, in erster Linie um immaterielle Nachteile, die allein in der Durchführung des Verfahrens wurzeln. Dies rechtfertigt es, diese Nachteile ähnlich wie die Auswirkungen der Untersuchungshaft durch Anrechnung auf die Strafe auszugleichen (vgl. Kraatz JR 2006, 204, 206; s. auch Theune in LK 12. Aufl. § 46 Rdn. 244; zu § 60 StGB: Jeschek/Weigend, StGB AT 5. Aufl. S. 863; dazu auch Scheffler, Die überlange Dauer von Strafverfahren, S. 224 ff.). Die Kompensation ist jedoch auch nach dem Vollstreckungsmodell bereits im Erkenntnisverfahren vorzu- nehmen. Sie kann nicht den Strafvollstreckungsbehörden überlassen werden; denn da die Entschädigung nicht durch schematische Anrechnung der jeweiligen Verzögerungsdauer auf die Strafe vorzunehmen, sondern aufgrund einer wertenden Betrachtung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu bemessen ist (s. unten IV. 1.), muss sie dem Tatrichter vorbehalten bleiben, dem schon die Feststellung dieser Umstände obliegt (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB).
43
4. Neben all dem sprechen weitere gewichtige Gründe für einen Übergang vom Strafabschlags- auf das Vollstreckungsmodell.
44
a) Da die im Wege der Anrechnung vorgenommene Kompensation einen an dem Entschädigungsgedanken orientierten eigenen rechtlichen Weg neben der Strafzumessung im engeren Sinn darstellt, behält die nach den Maßstäben des § 46 StGB zugemessene und im Urteilstenor auszusprechende Strafe die Funktion, die ihr in anderen strafrechtlichen Bestimmungen, aber auch in außerstrafrechtlichen Regelungen zugewiesen ist. So bleibt - wie nach der gesetzlichen Konzeption des StGB vorgesehen - die dem Unrecht und der Schuld angemessene und nicht eine aus Entschädigungsgründen reduzierte Strafe maßgeblich etwa für die Fragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann (§ 56 Abs. 1 bis 3 StGB), ob die formellen Voraussetzungen für die Verhängung der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 1 bis 3 StGB), deren Vorbehalt (§ 66 a Abs. 1 StGB) oder deren nachträgliche Anordnung (§ 66 b StGB) erfüllt sind, ob der Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts eintritt (§ 45 StGB), ob Führungsaufsicht angeordnet werden kann (§ 68 Abs. 1 StGB), ob Verwarnung mit Strafvorbehalt in Betracht kommt (§ 59 Abs. 1 StGB) oder ob von Strafe abgesehen werden kann (§ 60 StGB) und wann Vollstreckungsverjährung eintritt (§ 79 StGB). Darüber hinaus behält sie die Bedeutung, die ihr in beamtenrechtlichen (§ 24 BRRG; für Richter s. § 24 DRiG) und ausländerrechtlichen (§§ 53, 54 AufenthG) Folgeregelungen beigelegt wird, sowie auch für die Tilgungsfristen nach dem BZRG (s. etwa § 46 BZRG) oder die Eintragungsvoraussetzungen in das Gewerbezentralregister (§ 149 Abs. 2 Nr. 4 GewO).
45
Hierdurch wird der überlangen Verfahrensdauer andererseits jedoch nicht ihre Bedeutung als Strafzumessungsgrund genommen. Sie bleibt als solcher zunächst bedeutsam deswegen, weil allein schon durch einen besonders langen Zeitraum, der zwischen der Tat und dem Urteil liegt, das Strafbedürfnis allgemein abnimmt. Sie behält - unbeschadet der insoweit zutreffenden dogmatischen Einordnung (zum Meinungsstreit s. Paeffgen StV 2007, 487, 490 Fn. 27) - ihre Relevanz aber gerade auch wegen der konkreten Belastungen, die für den Angeklagten mit dem gegen ihn geführten Verfahren verbunden sind und die sich generell um so stärker mildernd auswirken, je mehr Zeit zwischen dem Zeitpunkt, in dem er von den gegen ihn laufenden Ermittlungen erfährt, und dem Verfahrensabschluss verstreicht; diese sind bei der Straffindung unabhängig davon zu berücksichtigen, ob die Verfahrensdauer durch eine rechtsstaatswidrige Verzögerung mitbedingt ist (vgl. BGH NJW 1999, 1198; NStZ 1988, 552; 1992, 229, 230; NStZ-RR 1998, 108). Lediglich der hiermit zwar faktisch eng verschränkte, rechtlich jedoch gesondert zu bewertende und zu entschädigende Gesichtspunkt, dass eine überlange Verfahrensdauer (teilweise) auf einem konventions- und rechtsstaatswidrigen Verhalten der Strafverfolgungsbehörden beruht, wird aus dem Vorgang der Strafzumessung, dem er wesensfremd ist, herausgelöst und durch die bezifferte Anrechnung auf die im Sinne des § 46 StGB angemessene Strafe gesondert ausgeglichen.
46
b) Durch den Übergang zur Vollstreckungslösung wird die Strafenbildung von der Notwendigkeit befreit, einen einzelnen Zumessungsaspekt in mathematisierender Weise durch bezifferten Strafabschlag - gegebenenfalls gesondert für Einzelstrafen und Gesamtstrafe - auszuweisen. Gerade diese rechnerische Vorgehensweise ist zu Recht kritisiert worden (Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 443; ders. in Festschrift Tondorf S. 351, 357 f.; s. auch Gaede JR 2007, 254, 256). Selbst in Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist sie als Fremdkörper in der Strafzumessung (BGH NStZ-RR 2006, 201, 202) sowie systemwidrig (BGH NStZ 2005, 465, 466) bezeichnet und es ist für wünschenswert erachtet worden, diese - ansonsten als rechtlich verfehlt erachtete (BGH NStZ-RR 1999, 101, 102; 2000, 43; 2006, 270, 271; NStZ 2007, 28) - Mathematisierung der Strafenfindung zu überdenken (BGH, Beschl. v. 23. Juni 2006 - 1 ARs 5/04; BGH wistra 2004, 470).
47
Zwar kann die durch Anrechung vorgenommene Kompensation den Rechtsfolgenausspruch - schon wegen der entsprechenden Vorgaben des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - nicht von jeder Mathematisierung freihalten. Jedoch verlagert sie durch ihre Anlehnung an § 51 StGB die Bezifferung der Entschädigung zumindest in einen Bereich, der schon nach der gesetzlichen Konzeption derartigen Berechnungen offen steht und in diesem Rahmen auch eine zahlenmäßige Bewertung verfahrensbedingt erlittener Nachteile kennt (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). Die eigentliche Strafzumessung wird demgegenüber nicht mehr mit ihr wesensfremden Anforderungen belastet. Dies ist insbesondere auch deswegen bedeutsam, weil es nach der neueren Rechtsprechung des EGMR (StV 2006, 474, 478 m. Anm. Pauly) notwendig werden kann, künftig den durch eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung bewirkten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 MRK neben demjenigen gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK gesondert zu kompensieren; dies würde nach dem Strafabschlagsmodell in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Strafzumessung mit zwei Rechenwerken befrachtet werden müßte, im Falle einer Gesamtstrafenbildung auch noch gesondert für jede Einzelstrafe und - unter Vermeidung einer Doppelkompensation - für die Gesamtstrafe.
48
Demgegenüber knüpft das Vollstreckungsmodell die Kompensation ausschließlich an die - für die Vollstreckung allein relevante - Gesamtstrafe an und vereinfacht hierdurch die Rechtsfolgenentscheidung erheblich.
49
5. Die Kompensation durch Anrechnung steht nicht in Widerspruch zu verfassungsrechtlichen Vorgaben. Allerdings findet sich auch in Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Aussage, dass die Belastungen, denen der Angeklagte durch eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ausgesetzt ist, den aus der Verwirklichung des Straftatbestandes abzuleitenden Unrechtsgehalt abmilderten, der dem Angeklagten als Tatschuld angelastet werde, und daher „grundsätzlich“ als Strafmilderungsgrund bei der Strafzumessung zu berücksichtigen seien (s. insb. BVerfG - Kammer - NStZ 2006, 680, 681; vgl. auch BVerfGK 2, 239, 247). Dem kann jedoch nicht entnommen werden, dass die nach der Rechtsprechung des EGMR gebotene Entschädigung des Angeklagten nach den Vorgaben des Grundgesetzes ausschließlich in der Form einer - zusätzlichen - bezifferten Strafmilderung zulässig wäre (vgl. dagegen I. Roxin StV 2008, 14, 16). Anliegen des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht, eine bestimmte dogmatische Sichtweise des einfachgesetzlichen Rechts über die unrechts- und schuldmildernde Wirkung rechtsstaatswidrig verursachter Verfahrenshärten als verfassungsrechtlich allein zulässige festzuschreiben. Ebensowenig will es ersichtlich ein bestimmtes Modell der konventionsrechtlich geforderten Kompensation zum verfassungsrechtlich allein statthaften erklären. Vielmehr geht es dem Bundesverfassungsgericht, wie sich seinen einschlägigen Entscheidungen deutlich entnehmen lässt, allein um die Beachtung des in der Verfassung verankerten Übermaßverbots. In welcher Form die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs durch die Fachgerichte in Anwendung des Straf- oder Strafprozessrechts gewährleistet wird, ist demgegenüber in der Verfassung nicht vorgegeben. Anders wäre es auch kaum erklärbar, dass das Bundesverfassungs- gericht eine kompensierende Berücksichtigung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung auch bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung oder die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung für möglich erachtet. Wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs in der Weise Rechnung getragen, dass die Belastungen, denen der Angeklagte durch das überlange Verfahren ausgesetzt war, zunächst allgemein mildernd in die Strafzumessung einfließen und sodann der besondere Aspekt, dass sie (teilweise) auf rechtsstaatswidrige Verzögerungen seitens der Strafverfolgungsbehörden zurückzuführen sind, im Urteil dadurch Berücksichtigung findet, dass als Entschädigung hierfür ein Teil der Strafe als bereits vollstreckt gilt, so ist damit in gleicher Weise dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot Genüge getan wie durch die bezifferte Reduzierung der Strafe.
50
6. Die Vollstreckungslösung kann nicht nur - sachgerechte - gesetzliche Folgen haben, die sich im Vergleich zur Strafabschlagslösung zum Nachteil des Angeklagten auswirken (s. 4. a), sondern auch solche, die ihm zum Vorteil gereichen ; denn durch die Anrechnung werden bei der Strafzeitberechnung die Halbstrafe und der Zwei-Drittel-Zeitpunkt regelmäßig schneller erreicht, so dass es früher als bisher möglich ist, einen Strafrest zur Bewährung auszusetzen (§ 57 Abs. 1, 2 und 4 StGB). Auch dies ist eine systemgerechte Konsequenz des neuen Modells.
51
Wird die Freiheitsstrafe, die zur Wiedergutmachung teilweise als vollstreckt erklärt wird, von vornherein zur Bewährung ausgesetzt, so ergeben sich keine grundsätzlichen Unterschiede zur bisherigen Rechtslage. Nach beiden Kompensationsmodellen wird die Entschädigung faktisch erst dann wirksam, wenn die Strafe nach einem Bewährungswiderruf vollstreckt werden muss. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzö- gerung neben der Anrechnung auf die Strafe aktuell wirksam auch dadurch auszugleichen, dass im Bewährungsbeschluss ausdrücklich auf Auflagen im Sinne des § 56b Abs. 2 Nr. 2 bis 4 StGB verzichtet wird.
52
Auch sonst ergeben sich durch die Vollstreckungslösung keine bedeutsamen Unterschiede: Kommt nur die Verhängung einer Geldstrafe in Betracht, so ist diese wegen der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nicht mehr um einen bezifferten Abschlag zu ermäßigen, sondern die schuldangemessene Geldstrafe in der Urteilsformel auszusprechen und zugleich festzusetzen, dass ein bezifferter Teil der zugemessenen Tagessätze als bereits vollstreckt gilt. In Fällen, in denen das gebotene Maß der Kompensation die schuldangemessene (Einzel-)Strafe erreicht oder übersteigt, ist - wie bisher - die Anwendung der §§ 59, 60 StGB oder die (teilweise) Einstellung des Verfahrens nach Opportunitätsgrundsätzen zu erwägen (§§ 153, 153a, 154, 154a StPO); gegebenenfalls ist zu prüfen, ob ein aus der Verfassung abzuleitendes Verfahrenshindernis der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht.
53
Die im Bereich des Jugendstrafrechts bestehenden besonderen Probleme werden durch das Vollstreckungsmodell weder beseitigt noch verstärkt. Während sich bisher die Frage stellte, ob von der aus Erziehungsgründen erforderlichen Strafe zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ein bezifferter Abschlag vorgenommen werden darf (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 15), ist nunmehr danach zu fragen, ob es dem Erziehungsgedanken widerstreitet, einen Teil der Strafe als Entschädigung für vollstreckt zu erklären (s. § 52a JGG, ferner § 88 JGG mit größerer Flexibilität für die Reststrafenaussetzung).

IV.

54
Die Strafgerichte haben die erforderliche Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach dem Vollstreckungsmodell somit an folgenden Grundsätzen auszurichten:
55
1. Wie bisher sind zunächst Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen. Diese Feststellung dient zunächst als Grundlage für die Strafzumessung. Der Tatrichter hat insofern in wertender Betrachtung zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil sowie die besonderen Belastungen, denen der Angeklagte wegen der überlangen Verfahrensdauer ausgesetzt war, bei der Straffestsetzung in den Grenzen des gesetzlich eröffneten Strafrahmens mildernd zu berücksichtigen sind. Die entsprechenden Erörterungen sind als bestimmende Zumessungsfaktoren in den Urteilsgründen kenntlich zu machen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); einer Bezifferung des Maßes der Strafmilderung bedarf es nicht.
56
Hieran anschließend ist zu prüfen, ob vor diesem Hintergrund zur Kompensation die ausdrückliche Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung genügt; ist dies der Fall, so muss diese Feststellung in den Urteilsgründen klar hervortreten. Reicht sie dagegen als Entschädigung nicht aus, so hat das Gericht festzulegen, welcher bezifferte Teil der Strafe zur Kompensation der Verzögerung als vollstreckt gilt. Allgemeine Kriterien für diese Festlegung lassen sich nicht aufstellen; entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls, wie der Umfang der staatlich zu verantwortenden Verzögerung, das Maß des Fehlverhaltens der Strafverfolgungsorgane sowie die Auswirkungen all dessen auf den Angeklagten. Jedoch muss es stets im Auge behalten werden, wenn die Verfahrensdauer als solche sowie die hiermit verbundenen Belastun- gen des Angeklagten bereits mildernd in die Strafbemessung eingeflossen sind und es daher in diesem Punkt der Rechtsfolgenbestimmung nur noch um einen Ausgleich für die rechtsstaatswidrige Verursachung dieser Umstände geht. Dies schließt es aus, etwa den Anrechnungsmaßstab des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB heranzuziehen und das Maß der Anrechnung mit dem Umfang der Verzögerung gleichzusetzen; vielmehr wird sich die Anrechnung häufig auf einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu beschränken haben.
57
In die Urteilsformel ist die nach den Kriterien des § 46 StGB zugemessene Strafe aufzunehmen; gleichzeitig ist dort auszusprechen, welcher bezifferte Teil dieser Strafe als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gilt.
58
2. Stehen mehrere Straftaten des Angeklagten zur Aburteilung an, so ist - wie bisher - zunächst zu prüfen, ob und in welchem Umfang das Verfahren bei der Verfolgung aller dieser Delikte rechtsstaatswidrig verzögert worden ist; gegebenenfalls sind insoweit differenzierte Feststellungen zu treffen und der Abstand zwischen Tatzeitpunkt und Urteil sowie die Belastungen des Angeklagten durch die Verfahrensdauer nur bei einigen der festzusetzenden Einzelstrafen mildernd zu berücksichtigen. Allein auf die durch Zusammenfassung der Einzelstrafen gebildete und in der Urteilsformel ausgesprochene Gesamtstrafe ist die Anrechnung vorzunehmen, indem ein bezifferter Teil hiervon im Wege der Kompensation für vollstreckt erklärt wird; denn allein die Gesamtstrafe ist Grundlage der Vollstreckung.
59
Wird die Gesamtstrafe nachträglich aufgelöst, so hat das Gericht, das unter Einbeziehung der dieser zugrunde liegenden Einzelstrafen eine neue Gesamtstrafe zu bilden hat, auch festzusetzen, welcher bezifferte Teil dieser neuen Gesamtstrafe aus Kompensationsgründen als vollstreckt anzurechnen ist.
Hierdurch darf der, wie rechtskräftig festgestellt, von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung betroffene Verurteilte nicht nachträglich schlechter gestellt werden (vgl. § 51 Abs. 2 StGB). Dies gilt entsprechend, wenn die Einzelstrafen des ursprünglichen Urteils in mehrere neu zu bildende Gesamtstrafen einzubeziehen sind. Das zur Entscheidung berufene Gericht hat dann festzulegen , in welchem Umfang die neu auszusprechenden Gesamtstrafen anteilig als vollstreckt gelten. Dabei hat es sich daran zu orientieren, in welchem Umfang in die jeweilige neue Gesamtstrafe Einzelstrafen einfließen, die ursprünglich nach einem rechtsstaatswidrig verzögerten Verfahren festgesetzt worden waren. In der Summe dürfen die für vollstreckt erklärten Teile der neuen Gesamtstrafen nicht hinter der ursprünglich ausgesprochenen Anrechnung zurückbleiben. Hirsch Rissing-vanSaan Basdorf Maatz Miebach Wahl Bode Kuckein Gerhardt Kolz Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 165/03
vom
27. April 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Betrugs u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2004 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten R. , Dr. P. , Dr. St. und Dr. Sch. wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 3. Dezember 2002
a) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft;
b) hinsichtlich der Mitangeklagten und Nichtrevidenten Dr. Ra. und Dr. K. im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilungen wegen tateinheitlich begangenen Betruges in den Fällen B. I. 2. Taten 1 - 8 (Dr. Ra. ) und B. II. 2. Taten 1 - 25 (Dr. K. ) des zweiten Abschnitts der Urteilsgründe jeweils entfallen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Beihilfe zum Betrug in 66 Fällen sowie wegen Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in weiteren 108 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten Dr. P. hat es wegen Betrugs in elf Fällen sowie wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in weiteren 22 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten sowie der Gesamtgeldstrafe von 330 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten Dr. St. und Dr. Sch. wurden wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in 26 Fällen (Dr. St. ) und 23 Fällen (Dr. Sch. ) jeweils zu Gesamtgeldstrafen von 600 Tagessätzen verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge; die Angeklagten Dr. P. , Dr. R. und Dr. Sch. erheben zudem Formalrügen. Die Mitangeklagten Dr. Ra. und Dr. K. revidieren nicht.
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, der teilweise auf die Mitangeklagten zu erstrecken ist (§ 357 StPO). Auf die Verfahrensrügen kommt es danach nicht mehr an.

I.


Nach den Urteilsfeststellungen lieferte der Angeklagte R. den Mitangeklagten - allesamt kassenärztlich zugelassene Augenärzte - Augenlinsen und Medikamente, die diese für die von ihnen ambulant durchgeführten Operationen zur Behandlung des Grauen Star benötigten. Um eine dauerhafte Geschäftsbeziehung zu den Mitangeklagten zu sichern, bot R. ihnen umsatzbezogene Rückvergütungen („kick-backs“) an, die von ihnen angenommen und in bar an sie ausgezahlt wurden. Die später für die verbrauchten Linsen und
Medikamente den „Kostenträgern (Kassenärztliche Vereinigungen, gesetzliche Krankenkassen)“ belasteten Beträge enthielten die jeweiligen Rabattanteile der Ärzte und waren insoweit überhöht. Das Landgericht hat dies im Tatkomplex „Augenlinsen“ als Betrug zum Nachteil der jeweiligen Kostenträger; im Tatkomplex „Medikamente“ - wegen der unterschiedlichen Abrechnungsweise - als Untreue in Tateinheit mit Betrug, jeweils begangen durch die Ärzte als Täter gewertet. Die Tatbeiträge R. s hat es im Tatkomplex „Augenlinsen“ als Beihilfe zum Betrug, im Tatkomplex „Medikamente“ als Mittäterschaft des Betrugs angesehen. Im Hinblick auf das Fehlen einer Vermögensbetreuungspflicht in seiner Person (§ 28 StGB) hat es hinsichtlich der tateinheitlich verwirklichten Untreue im Tatkomplex „Medikamente“ lediglich eine Gehilfenstellung R. s angenommen.

II.


Die von Amts wegen gebotene Überprüfung der Verfahrensvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anklage (BGHR StPO § 200 Abs.1 Satz 1 Tat 1, 2, 3 und 18) deckt ein Verfahrenshindernis nicht auf. Mängel der Anklageschrift , die die Informationsfunktion betreffen, berühren deren Wirksamkeit nicht (vgl. Tolksdorf in KK 5. Aufl. § 200 Rdn. 34).

III.


Demgegenüber halten die Schuldsprüche rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Tatkomplex „Augenlinsen“ (Revidenten R. und Dr. P. ; Nichtrevidenten Dr. Ra. und Dr. K. )
Nach den Feststellungen bestellten die Augenärzte Dr. Ra. , Dr. K. und Dr.P. „bzw. deren Praxispersonal“, die von ihnen benötigten Augenlinsen bei Bedarf bei der R. oHG. Die Lieferungen erfolgten über den gutgläubigen Apotheker V. . Der vorher zwischen R. und den Augenärzten abgesprochene Preis orientierte sich an dem von den gesetzlichen Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen als marktüblich eingestuften Betrag. Diesen Betrag wies R. in der von ihm dem Apotheker V. gestellten Rechnung als anzusetzenden Verkaufspreis aus. V. berechnete diesen Betrag den Augenärzten weiter. Im Rahmen ihrer turnusmäßigen, einzelfall-, das heißt patientenbezogenen Abrechnungen gegenüber den „jeweiligen Kostenträgern“ ließen sich die Augenärzte diesen Betrag erstatten. Nach dem geltenden „Kostenerstattungsprinzip“ standen ihnen indessen nur die tatsächlich verauslagten Kosten zu.
Das Landgericht hat dies im Ansatz rechtlich zutreffend als Täuschungshandlung der Ärzte im Sinne des Betrugstatbestandes zum Nachteil „der Kostenträger“ bewertet, weil die Abrechnung des vollen Preises je Augenlinse die stillschweigende Erklärung enthielt, daß diese Kosten tatsächlich und endgültig angefallen waren. Diese Erklärung war falsch, weil sie die „kickback“ -Zahlungen unberücksichtigt ließ.

a) Die weitergehenden Feststellungen sind jedoch nicht hinreichend individualisiert. Sie begegnen zudem hinsichtlich der Anzahl der Einzeltaten durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Auch bei einer Tatserie ist es erforderlich, die Einzelakte so konkret und individualisiert zu ermitteln und festzustellen, daß sich daraus die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestands für jede Einzeltat ergibt (vgl. BGHSt 40, 374, 376; 36, 320, 321; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 9 und 11). Sind nicht alle Einzelakte konkret feststellbar, so sind jedenfalls Mindestfeststellungen zu treffen, die - bei Zugrundelegung des Zweifelssatzes - auch auf tragfähigen Schätzgrundlagen beruhen können (vgl. BGHSt 10, 208; BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Betrug 1; BGH NStZ 1999, 581).
Handelt es sich um Serienstraftaten des Betruges, müssen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer die schädigende Verfügung getroffen hat und welche Vorstellungen er dabei hatte. Dabei kann die tatrichterliche Überzeugung von betriebsinternen Vorgängen, insbesondere bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen oder Körperschaften, je nach den Umständen, auch durch Vernehmung etwa eines Abteilungsleiters gewonnen werden (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 14). Die pauschale Feststellung des Landgerichts (UA S. 27) „der/die Mitarbeiter(in) des jeweiligen Kostenträgers, dem/der die tatsächlichen Umstände verborgen blieb, veranlaßte irrtumsbedingt die Auszahlung der geltend gemachten Sachkosten an den Augenarzt“ genügt diesen Anforderungen hier nicht. Die Urteilsgründe lassen Ausführungen zum regelmäßigen internen Ablauf bei den „jeweiligen Kostenträgern“ vermissen, aus denen sich eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung zugunsten der Ärzte ergeben könnte. Insoweit entbehren die Feststellungen auch einer ausreichenden Beweisgrundlage. Die Urteilsgründe ergeben nicht, aufgrund welcher Beweismittel die Kammer ihre Überzeugung von einer täuschungsbedingten Vermögensverfügung durch den „jeweiligen Mitarbeiter“ gewonnen hat. Soweit Mitar-
beiter von Leistungsträgern vernommen wurden, geschah dies ersichtlich zu anderen Beweisthemen (UA S. 54).
Die Urteilsgründe verhalten sich auch nicht dazu, welche Leistungsträger konkret geschädigt worden sind. So bleibt offen, ob der Schaden bei den kassenärztlichen Vereinigungen oder den gesetzlichen Krankenkassen eingetreten ist (UA S. 27). Soweit die gesetzlichen Krankenkassen Geschädigte sind, fehlt es an Feststellungen, um welche Krankenkassen es sich handelt. Es liegt auch nahe, daß mehrere (Ersatz-)Kassen betroffen sein können.

b) Hinsichtlich des Angeklagten Dr. P. stellt die Strafkammer - im Rahmen der Beweiswürdigung- zwar fest, dieser habe die Augenlinsen quartalsmäßig gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung Bayern abgerechnet (UA S. 50). An anderer Stelle geht die Kammer aber ersichtlich davon aus, daß die jeweiligen gesetzlichen Krankenkassen getäuscht und zur schädigenden Vermögensverfügung veranlaßt worden seien (UA S. 67 f.). Es bleibt somit unklar , ob insoweit die kassenärztliche Vereinigung Geschädigte war oder diese lediglich eine durch Dr. P. begangene Täuschung an die gesetzliche Krankenkasse vermittelte, die dann eine eigene schädigende Vermögensverfügung traf.
Es bleibt offen, ob jedenfalls Mindestfeststellungen zur Ermittlung der Geschädigten möglich waren. Die Kammer führt aus, daß hinsichtlich des Angeklagten Dr. Ra. und Prof. T. /Frau T. die jeweils geschädigte Krankenkasse nicht festgestellt werden konnte (UA S. 52). Ob dies auch für die durch die übrigen Angeklagten Geschädigten gilt, bleibt offen. Überdies bezieht sich die Kammer in diesem Zusammenhang auf Angaben des Zeugen
KHK E. über erfolglos gebliebene Durchsuchungen (UA S. 52). Alledem entnimmt der Senat, daß Erhebungen über den Schadensumfang bei den potentiell geschädigten Krankenkassen durchgeführt worden sind. Daß Feststellungen dazu von vorneherein aussichtslos gewesen wären, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil z.B. die AOK Bayern im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen konkret bezifferte Schadensersatzansprüche (900.000 DM) gegenüber dem Angeklagten Dr. K. geltend macht (UA S. 14). Dem Urteil läßt sich auch nicht entnehmen, daß die unterbliebene Feststellung der einzelnen Geschädigten auf einer Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2004 - 3 StR 28/04). Soweit die Kammer auf eine turnusmäßige Abrechnung abstellt (UA S. 69), ist dies auch erst nach Ausschöpfung aller Feststellungsmöglichkeiten zulässig.
Darüber hinaus fehlen Feststellungen zum konkreten Geschäftsablauf innerhalb der Arztpraxen im Zusammenhang mit der Erstellung der turnusmäßigen (monatlichen oder quartalsmäßigen) Abrechnungen. So bleibt offen, ob der jeweilige Augenarzt die Abrechnungen selbst vornahm oder dies - näherliegend - nach allgemeiner Anweisung seinem Praxispersonal überließ, was Einfluß auf die Zahl der Einzeltaten haben kann.
Der Senat kann deshalb trotz des rechtsfehlerfrei festgestellten Gesamtschadens nicht ausschließen, daß der Angeklagte auch bei unverändertem Schuldumfang durch die unterbliebenen Feststellungen beschwert ist. Eine von den bisherigen Feststellungen abweichende (höhere) Anzahl von Einzeltaten kann sich auf die hierfür zu verhängenden Einzelstrafen auswirken. Da hieraus eine Gesamtstrafe zu bilden sein wird, kann der Strafausspruch nicht bestehen
bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 - 1 StR 232/01 - insoweit in NStZ 2002, 30 und StV 2002, 21 nicht abgedruckt).

c) Auch hinsichtlich des Angeklagten R. , der jeweils wegen Beihilfe zu den Betrugshandlungen der Angeklagten Dr. Ra. , Dr. K. und Dr. P. verurteilt worden ist, begegnet das Urteil durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Kammer hat die Tathandlungen R. s nicht ausreichend tragfähig festgestellt. Sie hat insoweit die Beihilfetaten R. s mit den Haupttaten der Mitangeklagten Dr. K. , Dr. Ra. und Dr. P. anzahlmäßig gleichgesetzt. Dabei hat sie nicht bedacht, daß bei mehreren Tätern oder Tatbeteiligten für jeden gesondert nach seinem eigenen Tatbeitrag zu beurteilen ist, durch wie viele Handlungen im Sinne von §§ 52, 53 StGB er die Tat gefördert oder begangen hat (st. Rspr. vgl. nur BGHR StGB § 52 Abs.1 in dubio pro reo 7; BGH, Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 StR 453/02; BGH, Beschluß vom 30. März 2004 - 1 StR 99/04). Die einzelnen Tatbeiträge R. s hat sie - von pauschalen Feststellungen zur allgemeinen Vorgehensweise und zum Tatplan abgesehen (vgl. dazu BGHR StGB § 266 Mindestfeststellungen 1) - nicht näher festgestellt. Daß die Tatbeiträge R. s anzahlmäßig den Tathandlungen der Augenärzte entsprechen, liegt schon deshalb fern, weil dieser mit den turnusmäßigen Abrechnungen, in denen die Kammer im Grundsatz rechtsfehlerfrei die Tathandlungen der Ärzte erblickt hat, nichts zu tun h atte. Die Tatbeiträge R. s bestanden demgegenüber in den Lieferungen der Augenlinsen, der Inrechnungstellung überhöhter Verkaufspreise und der Auszahlung der „kickbacks“ aufgrund des zuvor abgesprochenen Tatplans. In wie vielen Einzelakten dies geschah, ist nicht festgestellt. Ohne die überhöhten Rechnungen R. s hätten die Ärzte die Täuschung nicht durchführen können. Ob diese Tatbeiträ-
ge als Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zu bewerten sind, wird deshalb ebenfalls einer erneuten Überprüfung unterliegen.
2. Tatkomplex „Medikamente“

a) Nach den dazu getroffenen Feststellungen bestellten die Augenärzte die von ihnen benötigten Medikamente bei R. im Wege kassenärztlicher Verordnung. Die Auslieferung erfolgte über den Apotheker V. , bei dem das Rezept verblieb. Anschließend reichteV. die Rezepte mit den von R. vorgegebenen überhöhten Preisen einmal monatlich bei der Verrechnungsstelle für Apotheker in München ein, die eine Aufteilung auf die jeweils betroffenen Krankenkassen vornahm. Diese überwiesen den fälligen Betrag an die Verrechnungsstelle , die ihn wiederum an V. auszahlte.

b) Die Strafkammer hat dies im Grundsatz zutreffend als Untreue der angeklagten Ärzte zum Nachteil der jeweiligen Krankenkassen gewertet. Das ergibt sich aus ihrer besonderen Stellung als Vertragsärzte der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kassenärzte treten bei der Verordnung von Arzneimitteln als Vertreter der Krankenkasse auf und geben mit Wirkung für und gegen die Krankenkasse Willenserklärungen zum Abschluß eines Kaufvertrages über die verordneten Medikamente ab (vgl. BGH, Beschluß vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03 - zum Abdruck in BGHSt vorgesehen = NJW 2004, 454 = NStZ 2004, 276 = wistra 2004, 143).
Der Tatbestand der Untreue ist danach hier durch Mißbrauch der Vertretungsmacht erfüllt. Die einzelnen Mißbrauchstaten wurden nach dem festgestellten Grundkonzept von den Augenärzten im Zusammenwirken mit dem An-
geklagten R. dadurch begangen, daß sie die Verordnungen über den Praxisbedarf ausstellten und dem Apotheker V. mit übersetzten Preisangaben durch R. zuleiten ließen. Dadurch verpflichteten sie die Krankenkassen, zu deren Lasten die Verordnungen ausgestellt wurden, die übersetzten Preise an V. zu zahlen und fügten ihnen durch Mißbrauch ihrer Vertretungsmacht Nachteile im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB in Form der schadensgleichen Vermögensgefährdung zu. Da die Vorlage der Verordnung mit den Preisvorgaben in Kenntnis oder Erwartung der Rückvergütungen erfolgte, lag darin jeweils ein Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht, weil die verordneten Medikamente - wie die Ärzte wußten - um die Rabattanteile überteuert waren (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.).
Der von der Strafkammer angenommene, jeweils tateinheitlich begangene Betrug zum Nachteil des Apothekers V. , liegt demgegenüber nicht vor. Es fehlt an einer schadensgleichen Vermögensgefährdung gegenüber dem Apotheker. Der Apotheker, der sich an die ärztliche Verordnung hält, ist in seinem Vertrauen auf Bezahlung des Kaufpreises durch die Krankenkasse geschützt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 132a Nr.3). Von - hier nicht in Betracht kommenden - Ausnahmefällen abgesehen, ist er nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob die ärztliche Verordnung sachlich richtig ist. Die jeweilige Krankenkasse kann dem Apotheker Einwendungen, die die ärztliche Verordnung betreffen, regelmäßig nicht entgegenhalten; ihr steht insoweit kein Leistungsverweigerungsrecht zu (BSGE 77, 194, 206). Zu einer anderen rechtlichen Bewertung geben die bisher von der Kammer getroffenen Feststellungen zu den vertraglichen Beziehungen zwischen Landesapothekerverein und Ortskrankenkasse Baden-Württemberg (vgl. UA S. 54) keinen Anlaß. Die Verordnungen waren
formal ordnungsgemäß ausgestellt. Auch handelte es sich nicht um Fälschungen.
Da der Kaufvertrag zwischen dem ApothekerV. und der jeweiligen Krankenkasse unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter und Zuleitung des Rezeptes über R. mit überhöhten Preisen zustandekam, kann dahinstehen, ob die zeitlich nachfolgende Vorlage des Rezeptes durch den Apotheker als Tatmittler den Betrugstatbestand, sei es zum Nachteil der Krankenkassen oder der Apothekerverrechnungsstelle, erfüllt. Ein solcher Betrug wäre unter den hier vorliegenden Umständen jedenfalls mitbestrafte Nachtat der vorangegangen Untreue (vgl. BGHSt 6, 67; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 10). Sollte der neue Tatrichter insoweit ein betrügerisches Verhalten der Ärzte feststellen, das in deren Person als mitbestraft e Nachtat der Untreue anzusehen ist, so bleibt eine strafbare Tatbeteiligung R. s an dieser Nachtat - auch in Form der Mittäterschaft - grundsätzlich möglich (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 118).

c) Die der Verurteilung zugrundeliegende Anzahl der einzelnen Untreuehandlungen hat indessen keinen Bestand. Sie begegnet den gleichen rechtlichen Bedenken, die gegenüber den Feststellungen zur Anzahl der Einzeltaten im Tatkomplex „Augenlinsen“ bestehen. Im Ansatz zutreffend geht die Kammer davon aus, daß jede einzelne, dem Apotheker V. zugeleitete Verordnung eine Tat darstellt. Da sich zu der genauen Anzahl der Verordnungen jedoch keine Feststellungen mehr treffen ließen, hat die Kammer - insoweit ebenfalls im Ansatz rechtsfehlerfrei - die Anzahl der Einzeltaten nach dem jeweiligen Abrechnungsturnus bestimmt und eingeschränkt. Die Kammer hat
aber auch insoweit keine Feststellungen dazu getroffen, zu Lasten welcher „Kostenträger“ die Verordnungen erfolgten.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß ergänzende Feststellungen möglich sind und diese zu einer höheren Anzahl von Einzeltaten führen können.

d) Hinsichtlich des Angeklagten R. hat das Urteil keinen Bestand, weil die Kammer auch insoweit die Einzeltaten nicht nach dessen Tatbeiträgen festgestellt hat. Da das Angebot der Rückvergütungen von ihm ausging (UA S. 24 und 25) liegt eine Tatbeteiligung als Anstifter zur Untreue nahe.

e) Der Wegfall des Betrugstatbestandes zum Nachteil des Apothekers V. wirkt sich auch auf die Verurteilung der nicht revidierenden Mitangeklagten Dr. Ra. und Dr. K. aus (§ 357 StPO). Die Erstreckung erfolgt nur insoweit , als die Kammer eine fehlerhafte Rechtsanwendung (Verwirklichung des Betrugstatbestandes) auf den festgestellten Sachverhalt vorgenommen hat. Die bezüglich der Nichtrevidenten durch das Landgericht getroffenen Feststellungen sind für das Revisionsgericht, auch im Hinblick auf die Zahl der Einzeltaten , bindend.
Die Änderung der Schuldsprüche führt hier nicht zur Aufh ebung der Strafaussprüche hinsichtlich der Nichtrevidenten. Der Senat schließt aus, daß die Strafkammer bei im übrigen unverändertem Schuldumfang auf geringere Einzel- und Gesamtstrafen erkannt hätte. Die tateinheitliche Verwirklichung von zwei Straftatbeständen (Betrug und Untreue) wurde von ihr nicht strafschärfend
berücksichtigt.
3. Die Sache bedarf nach alledem im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung:
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

a) Das Verschlechterungsverbot steht einer etwaigen Verurteilung R. als s Mittäter oder Anstifter im Tatkomplex „Augenlinsen“ oder als Anstifter zur Untreue im Tatkomplex „Medikamente“ durch den neuen Tatrichter nicht entgegen. Die bisherigen Feststellungen legen eine solche Verschärfung des Schuldspruchs eher nahe, nachdem R. durch die Auszahlung der „kickbacks“ aufgrund des von ihm initiierten Tatplans in allen Fällen einen unverzichtbaren Tatbeitrag leistete.

b) Sollte die neue Hauptverhandlung zur Feststellung einer abweichenden Anzahl von Einzeltaten mit geändertem Unrechtsgehalt führen, steht das Verschlechterungsverbot der Verhängung von höheren als den bisherigen Einzelstrafen nicht entgegen. Der Unrechtsgehalt von dann gegebenenfalls zur Tateinheit verbundenen Taten ist erhöht. Das Verschlechterungsverbot gebietet bei dieser Sachlage nur, daß die Summe der jeweils betroffenen (bisherigen ) Einzelstrafen bei der Bemessung der jeweils neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird. Überdies darf auch die neue Gesamtstrafe nicht höher als die frühere ausfallen (BGH, Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 StR 453/02).

c) Sollte der bisherige Schuldumfang bestehen bleiben, wäre der neue Tatrichter angesichts der äußerst milden Strafen auch im Hinblick auf die bis-
herige Verfahrensdauer nicht gehindert, auf Gesamtstrafen in gleicher Höhe zu erkennen.
Nack Boetticher Kolz Elf Graf

(1) Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften schließen im Wege von Vertragsverhandlungen Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. Darüber hinaus können die Vertragsparteien in den Verträgen nach Satz 1 auch einen Ausgleich der Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie vereinbaren. Dabei haben Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften jedem Leistungserbringer oder Verband oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. In den Verträgen nach Satz 1 sind eine hinreichende Anzahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln, die Qualität der Hilfsmittel, die notwendige Beratung der Versicherten und die sonstigen zusätzlichen Leistungen im Sinne des § 33 Absatz 1 Satz 5 sicherzustellen und ist für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Den Verträgen sind mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und Produkte zugrunde zu legen. Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist auf einem geeigneten Portal der Europäischen Union oder mittels einem vergleichbaren unionsweit publizierenden Medium unionsweit öffentlich bekannt zu machen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt bis zum 30. September 2020 ein einheitliches, verbindliches Verfahren zur unionsweiten Bekanntmachung der Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, fest. Über die Inhalte abgeschlossener Verträge einschließlich der Vertragspartner sind andere Leistungserbringer auf Nachfrage unverzüglich zu informieren. Werden nach Abschluss des Vertrages die Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte nach § 139 Absatz 2 durch Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses verändert, liegt darin eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die die Vertragsparteien zur Vertragsanpassung oder Kündigung berechtigt.

(1a) Im Fall der Nichteinigung wird der streitige Inhalt der Verträge nach Absatz 1 auf Anruf einer der Verhandlungspartner durch eine von den jeweiligen Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten ab Bestimmung der Schiedsperson festgelegt. Eine Nichteinigung nach Satz 1 liegt vor, wenn mindestens einer der Vertragspartner intensive Bemühungen zur Erreichung eines Vertrages auf dem Verhandlungswege nachweisen kann. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Schiedsperson gilt als bestimmt, sobald sie sich gegenüber den Vertragspartnern zu ihrer Bestellung bereiterklärt hat. Der bisherige Vertrag und die bisherigen Preise gelten bis zur Entscheidung durch die Schiedsperson fort. Legt die Schiedsperson Preise fest, hat sie diese so festzusetzen, dass eine in der Qualität gesicherte, ausreichende, zweckmäßige sowie wirtschaftliche Versorgung gewährleistet ist. Zur Ermittlung hat die Schiedsperson insbesondere die Kalkulationsgrundlagen der jeweiligen Verhandlungspartner und die marktüblichen Preise zu berücksichtigen. Die Verhandlungspartner sind verpflichtet, der Schiedsperson auf Verlangen alle für die zu treffende Festlegung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch die Aufsichtsbehörde haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts sind gegen den Vertragspartner zu richten. Der von der Schiedsperson festgelegte Vertragsinhalt oder von der Schiedsperson festgelegte einzelne Bestimmungen des Vertrages gelten bis zur gerichtlichen Ersetzung oder gerichtlichen Feststellung der Unbilligkeit weiter.

(2) Den Verträgen nach Absatz 1 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Hierbei sind entsprechend Absatz 1 Satz 1 Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträgen, die mit Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer abgeschlossen wurden, können auch Verbände und sonstige Zusammenschlüsse der Leistungserbringer beitreten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für fortgeltende Verträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen wurden. § 126 Abs. 1a und 2 bleibt unberührt.

(3) Soweit für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach Absatz 1 mit Leistungserbringern bestehen oder durch Vertragspartner eine Versorgung der Versicherten in einer für sie zumutbaren Weise nicht möglich ist, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer; Absatz 1 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend. Sie kann vorher auch bei anderen Leistungserbringern in pseudonymisierter Form Preisangebote einholen. In den Fällen des § 33 Abs. 1 Satz 5 gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, können in den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden.

(5) Die Leistungserbringer haben die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung zu beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen nach § 33 Absatz 1 Satz 1 und 5 für die konkrete Versorgungssituation im Einzelfall geeignet und notwendig sind. Die Leistungserbringer haben die Beratung nach Satz 1 schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und sich durch Unterschrift der Versicherten bestätigen zu lassen. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 127 zu regeln. Im Falle des § 33 Absatz 1 Satz 9 sind die Versicherten vor der Wahl der Hilfsmittel oder zusätzlicher Leistungen auch über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten zu informieren. Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten über die zur Versorgung berechtigten Vertragspartner und über die wesentlichen Inhalte der Verträge zu informieren. Abweichend von Satz 1 informieren die Krankenkassen ihre Versicherten auf Nachfrage, wenn diese bereits einen Leistungserbringer gewählt oder die Krankenkassen auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. Sie können auch den Vertragsärzten entsprechende Informationen zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen haben die wesentlichen Inhalte der Verträge nach Satz 1 für Versicherte anderer Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen.

(7) Die Krankenkassen überwachen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer nach diesem Gesetz. Zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen nach Satz 1 erforderlichen einrichtungsbezogenen Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von den Versicherten unterzeichnete Bestätigung über die Durchführung der Beratung nach Absatz 5 Satz 1 vorzulegen. Soweit es für Prüfungen nach Satz 1 erforderlich ist und der Versicherte schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, können die Krankenkassen von den Leistungserbringern auch die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung einzelner Versicherter anfordern. Die Leistungserbringer sind insoweit zur Datenübermittlung verpflichtet. Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße der Leistungserbringer gegen ihre vertraglichen und gesetzlichen Pflichten nach diesem Gesetz angemessen geahndet werden. Schwerwiegende Verstöße sind der Stelle, die das Zertifikat nach § 126 Absatz 1a Satz 2 erteilt hat, mitzuteilen.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung ab, in denen insbesondere Regelungen zum Umfang der Stichprobenprüfungen in den jeweiligen Produktbereichen, zu möglichen weiteren Überwachungsinstrumenten und darüber getroffen werden, wann Auffälligkeiten anzunehmen sind.

(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene geben bis zum 31. Dezember 2017 gemeinsam Rahmenempfehlungen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Durchführung und Abrechnung der Versorgung mit Hilfsmitteln ab. Kommt eine Einigung bis zum Ablauf der nach Satz 1 bestimmten Frist nicht zustande, wird der Empfehlungsinhalt durch eine von den Empfehlungspartnern nach Satz 1 gemeinsam zu benennende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Empfehlungspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene je zur Hälfte. In den Empfehlungen können auch Regelungen über die in § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 genannten Inhalte getroffen werden. § 139 Absatz 2 bleibt unberührt. In den Empfehlungen sind auch die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verordnungen von Leistungen nach § 33 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese Dienste zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86. Die Empfehlungen nach Satz 1 sind den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 zugrunde zu legen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Zur Beschlußfassung und Entscheidung in Zulassungssachen errichten die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung oder für Teile dieses Bezirks (Zulassungsbezirk) einen Zulassungsausschuß für Ärzte und einen Zulassungsausschuß für Zahnärzte.

(2) Die Zulassungsausschüsse bestehen aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte und ihre Stellvertreter werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vertreter der Krankenkassen und ihre Stellvertreter von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestellt. Die Mitglieder der Zulassungsausschüsse führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen. Die Zulassungsausschüsse beschließen mit einfacher Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.

(2a) Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden haben in den Verfahren, in denen der Zulassungsausschuss für Ärzte eine der folgenden Entscheidungen trifft, ein Mitberatungsrecht:

1.
ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3,
2.
Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a,
3.
Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze auf Grundlage der Entscheidungen der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden nach § 103 Absatz 2 Satz 4,
4.
Ablehnung einer Nachbesetzung nach § 103 Absatz 4 Satz 10,
5.
Ermächtigung von Ärzten und Einrichtungen,
6.
Befristung einer Zulassung nach § 19 Absatz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und
7.
Verlegung eines Vertragsarztsitzes oder einer genehmigten Anstellung nach § 24 Absatz 7 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte.
Das Mitberatungsrecht umfasst auch das Recht auf frühzeitige Information über die Verfahrensgegenstände, das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen einschließlich des Rechts zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung sowie das Recht zur Stellung verfahrensleitender Anträge.

(3) Die Geschäfte der Zulassungsausschüsse werden bei den Kassenärztlichen Vereinigungen geführt. Die Kosten der Zulassungsausschüsse werden, soweit sie nicht durch Gebühren gedeckt sind, je zur Hälfte von den Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen andererseits getragen.

(4) Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse können die am Verfahren beteiligten Ärzte und Einrichtungen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen den Berufungsausschuß anrufen. Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.