Strafrecht: Vorlagebeschluss des 5. Strafsenates zur Amtsträgereigenschaft von Vertragsärzten

bei uns veröffentlicht am11.04.2015

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Zusammenfassung des Autors
Stellt ein Vertragsarzt einen Amtsträger oder Beauftragten der Krankenkassen dar?
Der BGH hat mit Beschluss vom 20.07.2011 (Az: 5 StR 115/11) folgendes entschieden:


Tatbestand

Die für ein Pharmaunternehmen zuständige Referentin R. praktizierte ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Vertrieb. Danach sollte der verschreibende Arzt 5% der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür erhalten, dass er Arzneimittel dieses Unternehmens verordnete. Die Zahlungen wurden als Honorar für fiktive wissenschaftliche Vorträge ausgewiesen.

Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als Bestechung im geschäftlichen Verkehr im Sinne von § 299 StGB gewertet. Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB hat es verneint, weil Vertragsärzte nicht als Amtsträger angesehen werden könnten.


Entscheidungsgründe

Der 5. Strafsenat legt dem Großen Senat für Strafsachen die Frage vor, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgabe der Verordnung von Arzneimitteln als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB oder – hilfsweise – jedenfalls als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr handelt. Diese Frage ist grundsätzlich im Sinne des § 132 Abs. 4 GVG. Sie knüpft an die Vorlage des 3. Strafsenats an (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 3 StR 458/10) und erweitert für den Großen Senat die Entscheidungsgrundlage.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2011 beschlossen:

Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung folgender Fragen vor:

Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung von Arzneimitteln) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB?

Hilfsweise für den Fall der Verneinung von Frage 1: Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung von Arzneimitteln) im Sinne des § 299 StGB als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr?


Gründe:

Das Landgericht Hamburg hat den Mitangeklagten B. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in sieben Fällen und die Angeklagte R. wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 16 Fällen jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Während der Mitangeklagte B. das Urteil nicht angefochten hat, wendet sich die Angeklagte R. hiergegen mit ihrer Revision. Die Staatsanwaltschaft, die zunächst die Anordnung des Verfalls gegen den Arbeitgeber der Angeklagten R. , die „ra. “ GmbH (im Folgenden: Ra. ), erstmals mit ihrer Revision beantragt hatte, hat ihr Rechtsmittel zwischenzeitlich zurückgenommen.

Der 5. Strafsenat hält die zu erwartende Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen, dem der 3. Strafsenat mit Beschluss vom 5. Mai 2011 (3 StR 458/10) inhaltlich identische Fragen vorgelegt hat, in dieser Sache für vorgreiflich. Er legt deshalb die Sache ebenfalls dem Großen Senat für Strafsachen mit den aus der Beschlussformel ersichtlichen Rechtsfragen vor.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Die Angeklagte R. ist als Pharmareferentin für Ra. tätig. Diese praktizierte seit spätestens 1997 unter dem Schlagwort „Verordnungsmanagement“ ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Vertrieb. Der verschreibende Arzt sollte 5 % der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür erhalten, dass er Arzneimittel von Ra. verschrieb. Entsprechende Verabredungen trafen die einzelnen Außendienstmitarbeiter. Die Zahlungen wurden als Honorar für wissenschaftliche Vorträge getarnt, die tatsächlich nicht stattfanden. Zugleich erhielt der Arzt, der sich diesem „Verordnungsmanagement“ angeschlossen hatte, das EDV-System „DOCexpert“ kostenfrei. Dieses ermöglichte es ihm, das jeweils geeignete Ra. -Medikament schnell aufzufinden. Das Programm sah ferner die Möglichkeit vor, die Ersetzung des verordneten Arzneimittels durch wirkstoffgleiche billigere Arzneimittel auszuschließen, was B. aber nicht wahrnahm. Zudem erlaubte das System den Außendienstmitarbeitern, die Verordnungen entsprechender Ra. -Arzneimittel festzustellen und die für den Arzt entstandenen Prämien auszurechnen. Danach erfolgte dann die Vergütung der Ärzte.

B. , der als Vertragsarzt an der kassenärztlichen Versorgung teilnahm, erhielt zwischen dem 12. Februar 2004 und dem 18. August 2005 von der Angeklagten R. in sieben Fällen Schecks in einer Gesamthöhe von über 10.000 €, wobei die Zahlungen zum Schein als Gegenleistung für tatsächlich nicht stattgefundene Fortbildungs- bzw. Schulungsveranstaltungen deklariert wurden. Zwischen den beiden Angeklagten bestand bei den jeweiligen Scheckübergaben Einigkeit, dass die Zahlungen nicht nur der Honorierung der Verordnungspraxis in der Vergangenheit dienen, sondern zugleich einen Anreiz für die weitere vorrangige Verschreibung von Ra. -Arzneimitteln schaffen sollten.

Die Angeklagte R. übergab an weitere (gesondert verfolgte) Vertragsärzte Schecks, die auf demselben „Verordnungsmanagement“ und Verabredungssystem beruhten. So erhielt D. im selben Zeitraum in sechs Fällen Schecks über insgesamt knapp 6.900 €, die eine Gemeinschaftspraxis betreibenden Vertragsärztinnen L. und S. in zwei Fällen Schecks über insgesamt 1.000 €.

Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) gewertet, wobei es hinsichtlich jeder einzelnen Scheckzahlung von einer eigenständigen Bestechungstat ausgegangen ist.

Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB hat das Landgericht verneint. Die Vertragsärzte könnten nicht als Amtsträger im Sinne des § 334 Abs. 1 StGB angesehen werden, weil sie ungeachtet ihrer kassenärztlichen Zulassung nach § 95 SGB V nicht zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellt seien. Maßgeblich müsse eine Gesamtbetrachtung sein. Da der Vertragsarzt sich in seiner Aufgabenerfüllung im Wesentlichen frei entfalten könne und ihm ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Entscheidungsbefugnis zugestanden werde, nehme ihn die Allgemeinheit auch nicht als „verlängerten Arm der Verwaltung“ wahr.

Das Landgericht hat hingegen eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 2 StGB angenommen. Die Vertragsärzte seien Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs im Sinne des § 299 Abs. 1 StGB.

Ihre Beauftragung ergebe sich aufgrund der gesetzlichen Stellung des Vertragsarztes, die ihn berechtige, für die Krankenkassen zu handeln. Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung schulde die Krankenkasse dem Versicherten die Zurverfügungstellung von Medikamenten (§§ 31, 34 SGB V). Mit der entsprechenden Verordnung erfülle der Vertragsarzt diese der Krankenkasse nach dem Sachleistungsprinzip obliegende Verpflichtung (§ 2 Abs. 1, 2 SGB V). Insoweit sei der Vertragsarzt ein gesetzlicher Leistungserbringer für die Krankenkassen. Hinzu komme, dass der Vertragsarzt nach §§ 12, 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu einer wirtschaftlich angemessenen Versorgung der Versicherten verpflichtet sei. Diesen Auftrag habe er gegenüber dem Kostenträger zu beachten, auf dessen Rechnung er die Verordnungen treffe. Dieser Regelungszusammenhang rechtfertige es, den Vertragsarzt trotz seiner beruflichen Eigenständigkeit im Hinblick auf die Verordnung von Arzneimitteln auch als Beauftragten der Krankenkassen anzusehen. Bedenken gegen diese Auslegung unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG ergäben sich nicht, weil eine gesetzlich normierte Pflicht, die Krankenkasse bei der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten zu unterstützen, schon nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch als gesetzlicher Auftrag bezeichnet werden könne. Die Beauftragtenstellung im Sinne des § 299 Abs. 1 StGB setze keinen personalen Bezug voraus.

Die Krankenkassen seien – ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Organisationsform – als „geschäftliche Betriebe“ anzusehen. Insofern dürfe nicht an die Organisationsform angeknüpft werden. Entscheidend sei vielmehr, dass sich die Krankenkassen beim Bezug von Arzneimitteln nicht anders verhielten als andere Marktteilnehmer. Da die Krankenkasse nach den Grundsätzen eines Erwerbsgeschäfts handele, sei sie als geschäftlicher Betrieb anzusehen.

Die Angeklagte habe mit den Vertragsärzten eine Unrechtsvereinbarung getroffen, weil die genannten Vertragsärzte einen Vorteil dafür angenommen und zugleich sich versprechen lassen hätten, dass sie Ra. bei dem Bezug von Waren durch die Krankenkassen bevorzugten. Maßgeblich sei hier eine wirtschaftliche Betrachtung. Da die Krankenkasse mit der Abgabe der verschriebenen Arzneimittel gegenüber ihren Versicherten die ihr obliegende gesetzliche Verpflichtung erfülle, müsse sie wirtschaftlich als Bezieherin der Arzneimittel angesehen werden.

Der Vertragsarzt handele dabei auch im geschäftlichen Verkehr. Zwar stelle die Verordnung des Vertragsarztes, soweit sie einen gesetzlichen Versicherten betrifft, öffentlich-rechtliches Handeln dar. Dies stehe einer Anwendung des § 299 StGB jedoch nicht entgegen. Es reiche aus, wenn die öffentliche Hand in gleichgeordneter Weise am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehme. Schutzgut des § 299 StGB sei die Freiheit des Wettbewerbs. Hier liege eine Beeinflussung des Wettbewerbs durch Ra. im Verhältnis zu deren Wettbewerbern vor, die durch einen Beauftragten der gesetzlichen Krankenkassen bewirkt werde. Eine solche Handlung erfolge jedoch nicht im Rahmen eines für das öffentliche Recht typischen Subordinationsverhältnisses.

Das Landgericht hat – ausgehend von einem Anteil der Privatversicherten und Selbstzahler in Höhe von 15 % – jeweils 80 % der durch die Schecks zugewendeten Summen den gesetzlich Versicherten zugeordnet und dementsprechend den Schuldumfang bestimmt.

Der 5. Strafsenat legt dem Großen Senat für Strafsachen die Frage vor, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgabe der Verordnung von Arzneimitteln als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB oder – hilfsweise – jedenfalls als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr handelt. Diese Frage ist grundsätzlich im Sinne des § 132 Abs. 4 GVG. Sie knüpft an die Vorlage des 3. Strafsenats an (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 3 StR 458/10) und erweitert für den Großen Senat die Entscheidungsgrundlage.

Die Vorlagefragen sind für die Beurteilung der Revision der Angeklagten vorrangig entscheidungserheblich. Wären sie beide zu verneinen, käme eine Durchentscheidung auf Freispruch in Betracht. Wäre die Alternativfrage zu bejahen, führte dies – sofern kein weiterer Rechtsfehler vorliegt – zur Verwerfung der Revision. Bei Bejahung der Primärfrage wäre eine Schuldspruchänderung oder eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zu erwägen.

Die beiden Sachverhalte enthalten – abgesehen von der gesonderten Problematik des selbständigen Verfallsverfahrens im Fall des 3. Strafsenats – im Rahmen der eigentlichen Problembetrachtung möglicherweise beachtliche Abweichungen.

Die Rechtslage bei der Verordnung von Arzneimitteln unterscheidet sich von der bei Hilfsmitteln, die der Vorlage des 3. Strafsenats zugrunde liegt (TENS-Geräte). Bei den dort verordneten TENS-Geräten handelt es sich um Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die der ärztlichen Verordnung unterliegen (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V). Allerdings betrifft die Verordnung in der Regel nur das Hilfsmittel an sich, nicht jedoch das konkrete Hilfsmittel eines bestimmten Herstellers. Fraglich ist deshalb, ob das Sammeln der Verordnungen und die Übersendung an den Leistungserbringer (den Hersteller und Vermieter der TENS-Geräte) in den unmittelbaren Aufgabenbereich des Vertragsarztes fällt.

Hinzu kommt, dass dem Vertragsarzt das Letztentscheidungsrecht fehlt. Soweit nämlich keine vertragliche Regelung zwischen dem Leistungserbringer und der gesetzlichen Krankenkasse besteht, ist – so der Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats (Rn. 60 ff.) – der Versicherte nicht berechtigt, die Verordnung bei einem Leistungserbringer einzureichen. Im dortigen Fall war zudem vor der Abgabe eines Geräts die Bewilligung der Krankenkasse einzuholen (Beschluss Rn. 6). In diesem Fall stellt sich deshalb die Frage, ob der Vertragsarzt auch dann noch im öffentlich-rechtlich geprägten Bereich der im Rahmen des Sachleistungsprinzips für die Krankenkasse zu erbringenden ärztlichen Leistungen handelt oder ob auch gegebenenfalls solche unmittelbar hiermit verbundenen Tätigkeiten, die aufgrund seiner Stellung als Vertragsarzt nur ermöglicht werden, für die Annahme einer Amtsträgerstellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB (hilfsweise der Annahme einer Beauftragung im Sinne des § 299 StGB) ausreichen.

Hiervon unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation einer Arzneimittelverschreibung. Die Verordnung bezog sich nach den Feststellungen des Landgerichts auf konkret vorgegebene Arzneimittel. Das Landgericht hat lediglich – in Anwendung des Zweifelsatzes – angenommen, dass der Mitangeklagte von der Möglichkeit eines Ausschlusses wirkstoffgleicher Arzneimittel („aut idem-Verordnungen“) nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b SGB V keinen Gebrauch gemacht hat. Deshalb war der nach § 129 Abs. 1 SGB V das Arzneimittel abgebende Apotheker grundsätzlich zur Abgabe des preisgünstigeren Arzneimittels verpflichtet.

Abgesehen davon, dass die Apotheker hiervon – insbesondere im Graubereich – nicht immer Gebrauch machen, ändert eine solche Ersetzungsmöglichkeit aber nichts daran, dass die Verordnung von Arzneimitteln die verantwortliche Entscheidung des Arztes zugunsten eines konkreten Produkts darstellt und zu dem Kernbereich ärztlicher Tätigkeit zählt, die der Vertragsarzt gegenüber dem Versicherten erbringt. Dies ergibt sich schon aus der ihm eingeräumten Möglichkeit, eine Ersetzung durch den Apotheker auszuschließen. Zudem bleibt bei einander entsprechenden Preisen oder, wenn – worauf das Landgericht zutreffend hinweist – aufgrund der medizinischen Indikation ein Wettbewerb zwischen verschiedenen zur Therapie geeigneten Medikamenten besteht, deren Wirkstoffe voneinander abweichen, die uneingeschränkte Auswahlbefugnis des Vertragsarztes erhalten.

Der Senat setzt sein Verfahren im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen nicht aus, sondern legt die Sache seinerseits dem Großen Senat vor. Durch die unterschiedliche Fallkonstellation kann eine Vertiefung der dort zu erörternden Rechtsfragen erreicht werden. Dabei stimmt der Senat dem Ansatz des 3. Strafsenats zu, mit der Vorlage insbesondere im Bereich des Pharmamarketings zu einer einheitlichen, sich an entsprechenden Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen orientierende Handhabung der Praxis zu gelangen.



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Referenzen

5 StR 115/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 20. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2011

beschlossen:
Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung folgender Fragen vor: 1. Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung von Arzneimitteln) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB? 2. Hilfsweise für den Fall der Verneinung von Frage 1: Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung von Arzneimitteln) im Sinne des § 299 StGB als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr? G r ü n d e
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Das Landgericht Hamburg hat den Mitangeklagten B. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in sieben Fällen und die Angeklagte R. wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 16 Fällen jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Während der Mitangeklagte B. das Urteil nicht angefochten hat, wendet sich die Angeklagte R. hiergegen mit ihrer Revision. Die Staatsanwaltschaft, die zunächst die Anordnung des Verfalls gegen den Arbeitgeber der Angeklag- ten R. , die „ra. “ GmbH (im Folgenden: Ra. ), erstmals mit ihrer Revision beantragt hatte, hat ihr Rechtsmittel zwischenzeitlich zurückgenommen.
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Der 5. Strafsenat hält die zu erwartende Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen, dem der 3. Strafsenat mit Beschluss vom 5. Mai 2011 (3 StR 458/10) inhaltlich identische Fragen vorgelegt hat, in dieser Sache für vorgreiflich. Er legt deshalb die Sache ebenfalls dem Großen Senat für Strafsachen mit den aus der Beschlussformel ersichtlichen Rechtsfragen vor.

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Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
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1. Die Angeklagte R. ist als Pharmareferentin für Ra. tätig. Diese praktizierte seit spätestens 1997 unter dem Schlagwort „Verord- nungsmanagement“ ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Vertrieb. Der verschreibende Arzt sollte 5 % der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür erhalten, dass er Arzneimittel von Ra. verschrieb. Entsprechende Verabredungen trafen die einzelnen Außendienstmitarbeiter. Die Zahlungen wurden als Honorar für wissenschaftliche Vorträge getarnt, die tatsächlich nicht stattfanden. Zugleich erhielt der Arzt, der sich diesem „Verordnungsmanagement“ angeschlossen hatte, das EDV-System „DOCexpert“ kostenfrei. Dieses ermöglichte es ihm, das jeweils geeignete Ra. -Medikament schnell aufzufinden. Das Programm sah ferner die Möglichkeit vor, die Ersetzung des verordneten Arzneimittels durch wirkstoffgleiche billigere Arzneimittel auszuschließen, was B. aber nicht wahrnahm. Zudem erlaubte das System den Außendienstmitarbeitern, die Verordnungen entsprechender Ra. -Arzneimittel festzustellen und die für den Arzt entstandenen Prämien auszurechnen. Danach erfolgte dann die Vergütung der Ärzte.
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B. , der als Vertragsarzt an der kassenärztlichen Versorgung teilnahm, erhielt zwischen dem 12. Februar 2004 und dem 18. August 2005 von der Angeklagten R. in sieben Fällen Schecks in einer Gesamthöhe von über 10.000 €, wobei die Zahlungen zum Schein als Gegenleistung für tatsächlich nicht stattgefundene Fortbildungs- bzw. Schulungsveranstaltungen deklariert wurden. Zwischen den beiden Angeklagten bestand bei den jeweiligen Scheckübergaben Einigkeit, dass die Zahlungen nicht nur der Honorierung der Verordnungspraxis in der Vergangenheit dienen, sondern zugleich einen Anreiz für die weitere vorrangige Verschreibung von Ra. -Arzneimitteln schaffen sollten.
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Die Angeklagte R. übergab an weitere (gesondert verfolgte) Vertragsärzte Schecks, die auf demselben „Verordnungsmanagement“ und Verabredungssystem beruhten. So erhielt D. im selben Zeitraum in sechs Fällen Schecks über insgesamt knapp 6.900 €, die eine Gemeinschaftspraxis betreibenden Vertragsärztinnen L. und S. in zwei Fällen Schecks über insgesamt 1.000 €.
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2. Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) gewertet, wobei es hinsichtlich jeder einzelnen Scheckzahlung von einer eigenständigen Bestechungstat ausgegangen ist.
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a) Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB hat das Landgericht verneint. Die Vertragsärzte könnten nicht als Amtsträger im Sinne des § 334 Abs. 1 StGB angesehen werden, weil sie ungeachtet ihrer kassenärztlichen Zulassung nach § 95 SGB V nicht zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellt seien. Maßgeblich müsse eine Gesamtbetrachtung sein. Da der Vertragsarzt sich in seiner Aufgabenerfüllung im Wesentlichen frei entfalten könne und ihm ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Entscheidungsbefugnis zugestanden werde, nehme ihn die Allgemeinheit auch nicht als „verlängerten Arm der Verwaltung“ wahr.
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b) Das Landgericht hat hingegen eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 2 StGB angenommen. Die Vertragsärzte seien Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs im Sinne des § 299 Abs. 1 StGB.
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Ihre Beauftragung ergebe sich aufgrund der gesetzlichen Stellung des Vertragsarztes, die ihn berechtige, für die Krankenkassen zu handeln. Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung schulde die Krankenkasse dem Versicherten die Zurverfügungstellung von Medikamenten (§§ 31, 34 SGB V). Mit der entsprechenden Verordnung erfülle der Vertragsarzt diese der Krankenkasse nach dem Sachleistungsprinzip obliegende Verpflichtung (§ 2 Abs. 1, 2 SGB V). Insoweit sei der Vertragsarzt ein gesetzlicher Leistungserbringer für die Krankenkassen. Hinzu komme, dass der Vertragsarzt nach §§ 12, 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu einer wirtschaftlich angemessenen Versorgung der Versicherten verpflichtet sei. Diesen Auftrag habe er gegenüber dem Kostenträger zu beachten, auf dessen Rechnung er die Verordnungen treffe. Dieser Regelungszusammenhang rechtfertige es, den Vertragsarzt trotz seiner beruflichen Eigenständigkeit im Hinblick auf die Verordnung von Arzneimitteln auch als Beauftragten der Krankenkassen anzusehen. Bedenken gegen diese Auslegung unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG ergäben sich nicht, weil eine gesetzlich normierte Pflicht, die Krankenkasse bei der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten zu unterstützen, schon nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch als gesetzlicher Auftrag bezeichnet werden könne. Die Beauftragtenstellung im Sinne des § 299 Abs. 1 StGB setze keinen personalen Bezug voraus.
11
Die Krankenkassen seien – ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Organisationsform – als „geschäftliche Betriebe“ anzusehen. Insofern dürfe nicht an die Organisationsform angeknüpft werden. Entscheidend sei viel- mehr, dass sich die Krankenkassen beim Bezug von Arzneimitteln nicht anders verhielten als andere Marktteilnehmer. Da die Krankenkasse nach den Grundsätzen eines Erwerbsgeschäfts handele, sei sie als geschäftlicher Betrieb anzusehen.
12
Die Angeklagte habe mit den Vertragsärzten eine Unrechtsvereinbarung getroffen, weil die genannten Vertragsärzte einen Vorteil dafür angenommen und zugleich sich versprechen lassen hätten, dass sie Ra. bei dem Bezug von Waren durch die Krankenkassen bevorzugten. Maßgeblich sei hier eine wirtschaftliche Betrachtung. Da die Krankenkasse mit der Abgabe der verschriebenen Arzneimittel gegenüber ihren Versicherten die ihr obliegende gesetzliche Verpflichtung erfülle, müsse sie wirtschaftlich als Bezieherin der Arzneimittel angesehen werden.
13
Der Vertragsarzt handele dabei auch im geschäftlichen Verkehr. Zwar stelle die Verordnung des Vertragsarztes, soweit sie einen gesetzlichen Versicherten betrifft, öffentlich-rechtliches Handeln dar. Dies stehe einer Anwendung des § 299 StGB jedoch nicht entgegen. Es reiche aus, wenn die öffentliche Hand in gleichgeordneter Weise am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehme. Schutzgut des § 299 StGB sei die Freiheit des Wettbewerbs. Hier liege eine Beeinflussung des Wettbewerbs durch Ra. im Verhältnis zu deren Wettbewerbern vor, die durch einen Beauftragten der gesetzlichen Krankenkassen bewirkt werde. Eine solche Handlung erfolge jedoch nicht im Rahmen eines für das öffentliche Recht typischen Subordinationsverhältnisses.
14
3. Das Landgericht hat – ausgehend von einem Anteil der Privatversicherten und Selbstzahler in Höhe von 15 % – jeweils 80 % der durch die Schecks zugewendeten Summen den gesetzlich Versicherten zugeordnet und dementsprechend den Schuldumfang bestimmt.

II.


15
Der 5. Strafsenat legt dem Großen Senat für Strafsachen die Frage vor, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgabe der Verordnung von Arzneimitteln als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB oder – hilfsweise – jedenfalls als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr handelt. Diese Frage ist grundsätzlich im Sinne des § 132 Abs. 4 GVG. Sie knüpft an die Vorlage des 3. Strafsenats an (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 3 StR 458/10) und erweitert für den Großen Senat die Entscheidungsgrundlage.
16
1. Die Vorlagefragen sind für die Beurteilung der Revision der Angeklagten vorrangig entscheidungserheblich. Wären sie beide zu verneinen, käme eine Durchentscheidung auf Freispruch in Betracht. Wäre die Alternativfrage zu bejahen, führte dies – sofern kein weiterer Rechtsfehler vorliegt – zur Verwerfung der Revision. Bei Bejahung der Primärfrage wäre eine Schuldspruchänderung oder eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zu erwägen.
17
2. Die beiden Sachverhalte enthalten – abgesehen von der gesonderten Problematik des selbständigen Verfallsverfahrens im Fall des 3. Strafsenats – im Rahmen der eigentlichen Problembetrachtung möglicherweise beachtliche Abweichungen.
18
a) Die Rechtslage bei der Verordnung von Arzneimitteln unterscheidet sich von der bei Hilfsmitteln, die der Vorlage des 3. Strafsenats zugrunde liegt (TENS-Geräte). Bei den dort verordneten TENS-Geräten handelt es sich um Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die der ärztlichen Verordnung unterliegen (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V). Allerdings betrifft die Verordnung in der Regel nur das Hilfsmittel an sich, nicht jedoch das konkrete Hilfsmittel eines bestimmten Herstellers. Fraglich ist deshalb, ob das Sammeln der Verordnungen und die Übersendung an den Leistungserbringer (den Hersteller und Vermieter der TENS-Geräte) in den unmittelbaren Aufgabenbereich des Vertragsarztes fällt.
19
Hinzu kommt, dass dem Vertragsarzt das Letztentscheidungsrecht fehlt. Soweit nämlich keine vertragliche Regelung zwischen dem Leistungserbringer und der gesetzlichen Krankenkasse besteht, ist – so der Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats (Rn. 60 ff.) – der Versicherte nicht berechtigt, die Verordnung bei einem Leistungserbringer einzureichen. Im dortigen Fall war zudem vor der Abgabe eines Geräts die Bewilligung der Krankenkasse einzuholen (Beschluss Rn. 6). In diesem Fall stellt sich deshalb die Frage, ob der Vertragsarzt auch dann noch im öffentlich-rechtlich geprägten Bereich der im Rahmen des Sachleistungsprinzips für die Krankenkasse zu erbringenden ärztlichen Leistungen handelt oder ob auch gegebenenfalls solche unmittelbar hiermit verbundenen Tätigkeiten, die aufgrund seiner Stellung als Vertragsarzt nur ermöglicht werden, für die Annahme einer Amtsträgerstellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB (hilfsweise der Annahme einer Beauftragung im Sinne des § 299 StGB) ausreichen.
20
b) Hiervon unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation einer Arzneimittelverschreibung. Die Verordnung bezog sich nach den Feststellungen des Landgerichts auf konkret vorgegebene Arzneimittel. Das Landgericht hat lediglich – in Anwendung des Zweifelsatzes – angenommen, dass der Mitangeklagte von der Möglichkeit eines Ausschlusses wirkstoffgleicher Arzneimittel („aut idem-Verordnungen“) nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b SGB V keinen Gebrauch gemacht hat. Deshalb war der nach § 129 Abs. 1 SGB V das Arzneimittel abgebende Apotheker grundsätzlich zur Abgabe des preisgünstigeren Arzneimittels verpflichtet.
21
Abgesehen davon, dass die Apotheker hiervon – insbesondere im Graubereich – nicht immer Gebrauch machen, ändert eine solche Ersetzungsmöglichkeit aber nichts daran, dass die Verordnung von Arzneimitteln die verantwortliche Entscheidung des Arztes zugunsten eines konkreten Produkts darstellt und zu dem Kernbereich ärztlicher Tätigkeit zählt, die der Vertragsarzt gegenüber dem Versicherten erbringt. Dies ergibt sich schon aus der ihm eingeräumten Möglichkeit, eine Ersetzung durch den Apotheker auszuschließen. Zudem bleibt bei einander entsprechenden Preisen oder, wenn – worauf das Landgericht zutreffend hinweist – aufgrund der medizinischen Indikation ein Wettbewerb zwischen verschiedenen zur Therapie geeigneten Medikamenten besteht, deren Wirkstoffe voneinander abweichen, die uneingeschränkte Auswahlbefugnis des Vertragsarztes erhalten.
22
3. Der Senat setzt sein Verfahren im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen nicht aus, sondern legt die Sache seinerseits dem Großen Senat vor. Durch die unterschiedliche Fallkonstellation kann eine Vertiefung der dort zu erörternden Rechtsfragen erreicht werden. Dabei stimmt der Senat dem Ansatz des 3. Strafsenats zu, mit der Vorlage insbesondere im Bereich des Pharmamarketings zu einer einheitlichen , sich an entsprechenden Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen orientierende Handhabung der Praxis zu gelangen.
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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 458/10
vom
5. Mai 2011
in dem selbstständigen Verfallsverfahren
gegen
wegen Anordnung von Wertersatzverfall
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 17. März 2011 in der Sitzung am 5. Mai 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
(nur in der Hauptverhandlung am 17. März 2011)
als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

beschlossen:
Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung folgender Fragen vor: 1. Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB? 2. Hilfsweise für den Fall der Verneinung von Frage 1: Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) im Sinne des § 299 StGB als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen?

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft, gegen die P. GmbH (im Folgenden: Verfallsbeteiligte) in einem selbst- ständigen Verfallsverfahren Wertersatz in Höhe von 350.225 € für verfallen zu erklären, nach mündlicher Verhandlung durch das angefochtene Urteil "als unzulässig" verworfen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung der §§ 261, 244 Abs. 2 StPO und des materiellen Rechts.
2
Der Senat beabsichtigt, der Revision auf die Sachrüge stattzugeben. Er legt die Sache indes vorab gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung über die aus der Beschlussformel ersichtlichen Rechtsfragen vor, deren Beantwortung für den Urteilsspruch des Senats ausschlaggebend ist. Diese Fragen haben grundsätzliche Bedeutung; ihre Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

A.

3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Die Verfallsbeteiligte handelte mit sog. TENS-Geräten. Dies sind kompakte , batteriegetriebene Geräte, die etwa bei der Schmerzbehandlung, der Muskelstimulation sowie der Behandlung von Harninkontinenz zum Einsatz kommen; sie werden den Patienten zur häuslichen Eigenanwendung zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um Hilfsmittel im Sinne der sozialrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Krankenversicherung.
5
Die Rechtsvorgängerin der Verfallsbeteiligten schloss am 1. November 2000 mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse Niedersachsen (im Folgenden: AOKN) eine Vereinbarung nach § 127 SGB V über die Versorgung der Versicherten mit TENS-Geräten, in welche die Verfallsbeteiligte eintrat. In dem Vertrag war u.a. bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte das freie Wahlrecht der Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern zu beachten hatte und Verordnungen nur unmittelbar vom Versicherten oder einer von diesem beauftragten Person entgegennehmen sollte. Die Geräte standen im Eigentum der AOKN; sie wurden von der Verfallsbeteiligten verwahrt und den Versicherten leihweise überlassen. Hierfür erhielt die Verfallsbeteiligte von der AOKN ein festgelegtes Entgelt. Außerdem war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Leistungserbringung die Genehmigung der AOKN oder der von dieser benannten Stelle einholen musste. In § 11 der Vereinbarung hieß es: "Versicherte dürfen nicht motiviert oder beeinflusst werden, bestimmte Verordnungen von Vertragsärzten zu fordern. Gleichfalls darf der Leistungserbringer von sich aus den Vertragsarzt in seiner Verordnungsweise nicht beeinflussen."
6
Zum 1. April 2007 wurde diese Vereinbarung durch einen neuen Vertrag ersetzt. Danach wurde das Eigentum an den Geräten der AOKN lediglich sicherungshalber übertragen. Die Vergütung der Verfallsbeteiligten für die Überlassung der Geräte an die Versicherten richtete sich nach Versorgungspauschalen. Auch in diesem Vertrag war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Abgabe eines Geräts an einen Versicherten die Bewilligung der AOKN einzuholen hatte. Schließlich lautete § 18 Abs. 1 der Vereinbarung: "Der Leistungserbringer darf nicht Ärzte oder Versicherte zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung von Hilfsmitteln oder Versorgungspauschalen motivieren oder beeinflussen oder in einer anderen personenbezogenen Weise werben. Zahlungen des Leistungserbringers für die vorgenannten Zwecke an verordnende Ärzte sind unzulässig."
7
Die Verfallsbeteiligte bediente sich für den Vertrieb ihres Warensortiments diverser Handelsvertreter, die als Vergütung für von ihnen vermittelte Geschäfte eine Provision erhielten. Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten gab den Handelsvertretern ein Geschäftsmodell vor. Dieses sah vor, dass einem niedergelassenen Arzt, der ein hochwertiges medizinisches Gerät für seine Praxis von der Verfallsbeteiligten mietete oder leaste, das hierfür zu zahlende Entgelt anteilig erstattet oder vollständig erlassen wurde, wenn er im Gegenzug Verordnungen für den Bezug eines TENS-Gerätes ausstellte und der Verfallsbeteiligten zukommen ließ. Die Ärzte erhielten spezielle Briefkuverts, mit denen die in der Arztpraxis ausgestellten und dort gesammelten Verordnungen an die Verfallsbeteiligte übersandt werden konnten. Abhängig von der Art des dem Arzt überlassenen Gerätes mussten für dessen kostenfreie Nutzung monatlich 15 bis 30 Verordnungen über ein TENS-Gerät ausgestellt werden; einer Verordnung wurde der Gegenwert von zehn Euro beigemessen. Im Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 26. November 2008 gingen der Verfallsbeteiligten insgesamt 70.045 verrechnungsfähige Verordnungen von niedergelassenen Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet zu. Belegbare Anhaltspunkte dafür , dass von den Ärzten auch in solchen Fällen Verordnungen ausgestellt wurden , in denen hierfür keine medizinische Indikation bestand, ergaben sich nicht.
8
Das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Bestechung wurde im Dezember 2009 von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dass dieser bei der Wertung, ob das von ihm initiierte Geschäftsmodell einen Straftatbestand verletzt, einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen sei.
9
Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet nach der Auffassung des Landgerichts eine selbstständige Verfallsanordnung aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) bzw. der Bestechung (§ 334 StGB) nicht verwirklicht worden seien. Die gesetzlichen Krankenkassen seien zwar geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB; der dort weiter vorausgesetzte Vorteil liege in der Verrechnung des Entgelts, welches von den Ärzten für die Überlassung von medizinischen Geräten zu entrichten war, mit den von ihnen ausgestellten Verordnungen für den Bezug von TENS-Geräten. Die Vertragsärzte seien jedoch nicht als Angestellte oder Beauftragte der Krankenkassen anzusehen. Der Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter der Krankenkasse stehe hier entgegen, dass dieser bei der Verordnung von Hilfsmitteln - im Gegensatz zur Rechtslage bei Arzneimitteln, wo er regelmäßig das konkrete Medikament festlege - durch das Ausstellen der Verordnung kein für die Krankenkasse verbindliches Votum abgeben könne, welcher Anbieter zum Zuge komme; es fehle somit die erforderliche "Letztentscheidungszuständigkeit". Die AOKN habe auf diese Prüfung auch nicht im Vorhinein verzichtet; sie habe sich vielmehr in den Verträgen mit der Verfallsbeteiligten eine Prüfung im Einzelfall vorbehalten, mithin die Entscheidungsbefugnis nicht vorab aus der Hand gegeben. Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB scheitere daran, dass der Vertragsarzt kein Amtsträger sei. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB seien nicht erfüllt. Der erforderliche öffentlichrechtliche Bestellungsakt könne nicht in dem Zulassungsbeschluss des Zulassungsausschusses nach § 95 SGB V gesehen werden. Dieser führe nicht zu einer Anbindung des Vertragsarztes an die gesetzlichen Krankenkassen in der Form, dass der Vertragsarzt bei einer Gesamtbetrachtung als "verlängerter Arm des Staates" erscheine. Dieser sei vielmehr nur Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung. Er entscheide allein über die medizinische Notwendigkeit einer Krankenbehandlung und sei einem beliebigen Leistungserbringer gleichzusetzen, dessen sich die gesetzliche Krankenkasse zur Erfüllung ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten bediene.
10
II. Die - insoweit vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision ist der Auffassung, die niedergelassenen Vertragsärzte seien als Beauftragte der Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB anzusehen. Dies gelte auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln. Eine "Letztentscheidungsbefugnis" des Beauftragten sei nicht erforderlich. Sie meint zudem, die Vertragsärzte seien auch Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Die gesetzlichen Krankenkassen erfüllten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und bedienten sich hierzu der Vertragsärzte; es sei deshalb nicht notwendig, den einzelnen Vertragsarzt als "verlängerten Arm des Staates" anzusehen. Die Vertragsärzte sei- en auch dazu bestellt, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung vorzunehmen; der Bestellungsakt liege in der Zulassung nach § 95 SGB V. Diese Zulassung führe zu einer Einbindung des Vertragsarztes in das System der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch zu einer organisatorischen Eingliederung des Arztes in die Struktur der jeweiligen Krankenkasse. Es ergebe sich für den Vertragsarzt ein verbindlich vorgegebener Rahmen, innerhalb dessen er bei der Erfüllung der den gesetzlichen Krankenkassen obliegenden öffentlichen Aufgabe der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung mitwirke.

B.

11
Der Senat hält die Revision der Staatsanwaltschaft für zulässig und - mit der Sachrüge - für begründet. Nach seiner Auffassung handelt ein niedergelassener , für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Verordnung von Hilfsmitteln (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, so dass die Zuwendung ihm im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit gewährter Vorteile den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) oder den der Bestechung (§ 334 StGB) erfüllen kann. Die weiteren Voraussetzungen für die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte sind nach den bisherigen Feststellungen zumindest nicht ausgeschlossen. Im Einzelnen:
12
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig. Zwar hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung den Antrag der Staatsanwaltschaft durch Urteil "als unzulässig" verworfen, während § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO eine solche Form der Entscheidung an sich nur bei zulässigen Anträgen der Staatsanwaltschaft vorsieht. Dies bedeutet indes nicht, dass es sich bei dem Erkenntnis des Landgerichts der Sache nach um einen Beschluss gemäß § 441 Abs. 2 StPO handelt, gegen den nach dieser Bestimmung als statthaftes Rechtsmittel allein die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht eröffnet wäre (zum zulässigen Rechtsmittel bei fehlerhafter Bezeichnung der anzufechtenden Entscheidung vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 296 Rn. 12 mwN).
13
Dabei kann dahinstehen, ob der Auffassung des Landgerichts zu folgen ist, das nach § 76a Abs. 1 StGB für die selbstständige Anordnung des Wertersatzverfalls erforderliche Vorliegen einer Straftat sei nicht nur materiellrechtliche Voraussetzung dieser Maßnahme, sondern auch eine in jeder Lage des Verfahrens zu beachtende Prozessvoraussetzung für das selbstständige Verfallsverfahren. Das Landgericht, das den Antrag zunächst für zulässig erachtet hat, war nach § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO befugt, eine mündliche Verhandlung anzuordnen. Diese hätte es - wenn sich die von ihm angenommene Unzulässigkeit des Antrags vor der mündlichen Verhandlung herausgestellt hätte - zwar wieder absetzen und durch Beschluss entscheiden können (LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 11; KK/Schmidt, 6. Aufl., § 441 Rn. 7; SK-StPO/Weßlau, Stand Dezember 2007, § 441 Rn. 6). Nach deren Durchführung war es jedoch aus den von ihm dargelegten zutreffenden Gründen rechtlich zumindest nicht daran gehindert, durch Urteil zu entscheiden, nachdem sich nunmehr - aus seiner Sicht - die Unzulässigkeit des Antrags herausgestellt hatte (aA LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 22).
14
II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist nach Auffassung des Senats auch begründet.
15
1. Die Voraussetzungen, unter denen ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den § 440 Abs. 1, § 442 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76a StGB zulässig ist, liegen vor.
16
a) Die Einziehung und der Verfall können nach § 76a Abs. 1 StGB dann selbstständig angeordnet werden, wenn wegen einer Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Dabei kommen grundsätzlich nur solche Hinderungsgründe in Betracht, welche die materielle Strafbarkeit der Tat als solche ebenso wie auch ihre verfahrensrechtliche Verfolgbarkeit unberührt lassen und lediglich ihre faktische Sanktionierung unmöglich machen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Täter nicht ermittelt oder nicht erreicht werden kann, etwa weil er sich verborgen hält oder sich unerreichbar im Ausland befindet. Die selbstständige Anordnung kommt dagegen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Verfolgung einer Person rechtliche Gründe entgegenstehen (OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 1994 - OJs 47/92, NStZ-RR 1996, 209; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 5).
17
Handelt der Täter schuldlos, so steht nach diesen Maßgaben seiner Verurteilung kein tatsächliches, sondern ein rechtliches Hindernis entgegen. Der Wortlaut des § 76a StGB legt es deshalb zwar zunächst nahe, dass in solchen Fällen ein selbstständiges Verfallsverfahren ausscheidet. Dem steht allerdings entgegen, dass der Verfall nach § 73 Abs. 1 StGB schon bei einer rechtswidrig begangenen Anknüpfungstat angeordnet werden kann; ein schuldhaftes Handeln des Täters ist insoweit nicht erforderlich. Wollte man deshalb bei einer ohne Schuld begangenen Straftat das selbstständige Verfallsverfahren nach § 76a StGB ausschließen, so käme jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - die Schuldlosigkeit bereits im Ermittlungsverfahren zu Tage tritt und die Staatsanwaltschaft deshalb an der Erhebung der Anklage gehindert ist, die Anordnung des Verfalls nicht in Betracht, obwohl die materiellen Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies widerspräche indes dem Regelungsgehalt des § 76a Abs. 1 StGB; denn die Norm will die Anordnung des Verfalls gerade ohne Rücksicht auf die persönliche Verfolgbarkeit des Täters ermöglichen , wenn die Voraussetzungen der Maßnahme vorliegen. Deshalb ist die Regelung bei angemessener Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks dahin zu verstehen, dass beim Verfall das schuldlose Handeln des Täters einem tatsächlichen Verfolgungshindernis gleich steht. Hieraus folgt, dass die Anordnung des Verfalls im selbstständigen Verfahren auch dann in Betracht kommt, wenn der Täter bei Begehung der Tat etwa schuldunfähig ist oder einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 76a Rn. 10; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 7; SSW-StGB/Burghart, § 76a Rn. 8).
18
b) Es ist davon auszugehen, dass die Durchführung eines subjektiven Verfahrens hier unmöglich war. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht die Nichtverfolgbarkeit einer bestimmten Person als Verfahrensvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen im Wege des Freibeweises nachzuprüfen hat (OLG Hamm, Urteil vom 30. Juni 1953 - (1) 2 Ss 300/53, NJW 1953, 1683, 1684; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. März 1967 - (1) Ss 840/66, NJW 1967, 1142, 1143; LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 440 Rn. 17; KK-Schmidt, StPO, 6. Aufl., § 440 Rn. 3), oder ob die Entscheidungskompetenz darüber, ob eine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann, nach der Grundkonzeption des Strafprozessrechts auch in diesem Zusammenhang der Staatsanwaltschaft zusteht mit der Folge, dass das Gericht deren Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Verfallsverfahrens nur dann als unzulässig verwerfen kann, wenn sich aus der Begründung des Antrags oder aus den Akten ohne Weiteres ergibt, dass die Annahme der Staatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen nicht zutrifft oder auf einem Rechtsirrtum beruht (OLG Celle, Beschluss vom 11. Juli 1958 - 2 Ws 169/58, NJW 1958, 1837; OLG Hamm, Urteil vom 11. Juni 1970 - 2 Ss 51/70, NJW 1970, 1754, 1755; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 440 Rn. 8; Radtke /Hohmann/Kiethe, StPO, § 440 Rn. 10). Denn der Senat hat sich im Wege des Freibeweises davon überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund , dass die nahezu allgemeine Auffassung in Rechtsprechung und Lite- ratur zur Tatzeit dahin ging, dass das hier angewandte Geschäftsmodell straflos sei, zu Recht davon ausgegangen ist, dass der anwaltlich entsprechend beratene Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten einem Verbotsirrtum unterlegen war, den er nicht vermeiden konnte.
19
2. Nach den bisherigen Feststellungen ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm über die Handelsvertreter betriebene Geschäftsmodell zumindest den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB) rechtswidrig verwirklicht hat; demgemäß könnte der Wert des hierdurch von der Verfallsbeteiligten Erlangten gegen diese für verfallen erklärt werden (§ 73 Abs. 1 und 3, §§ 73a, 73b, 76a Abs. 1 StGB).
20
a) Die Vertragsärzte werden bei Erfüllung ihrer Verpflichtung zur vertragsärztlichen Versorgung der Patienten (hier: Verordnung von Hilfsmitteln, § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne der § 333 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB tätig; denn sie sind insoweit dazu bestellt, im Auftrag einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (vgl. Pragal/Apfel, A&R 2007, 10, 16 f.; Neupert, NJW 2006, 2811; aA etwa Fischer aaO § 11 Rn. 22c; AnwK-StGB/Tsambikakis, § 11 Rn. 42;Geis, wistra 2007, 361, 363 ff.; Klötzer, NStZ 2008, 12, 16; Reese, PharmR 2006, 92, 94; Taschke, StV 2005, 406, 409).
21
aa) Die gesetzlichen Krankenkassen sind sonstige Stellen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
22
(1) Unter einer sonstigen Stelle ist eine behördenähnliche Institution zu verstehen, die selbst zwar keine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn, aber rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben mitzuwirken (BGH, Urteile vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 293; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 18. April 2007 - 5 StR 506/06, NJW 2007, 2932, 2933). Zu den öffentlichen Aufgaben gehören dabei nicht nur solche der Eingriffs- und Leistungsverwaltung, sondern auch diejenigen der staatlichen Daseinsvorsorge (BGH, Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199, 201; Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
23
(2) Dafür, dass die gesetzlichen Krankenkassen als derartige behördenähnliche Institutionen anzusehen sind, spricht bereits ihre Organisationsform. Sie sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 SGB V). Dieser öffentlichrechtlichen Organisationsform kommt im Rahmen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zwar keine allein ausschlaggebende Aussagekraft zu; sie hat allerdings eine erhebliche indizielle Bedeutung (BGH, Urteile vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
24
Darüber hinaus wirken die Krankenkassen in der Sache bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge mit. Nach § 1 Satz 1 SGB V kommt der gesetzlichen Krankenversicherung die Aufgabe zu, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Um diese Ziele zu erreichen, stellen die Krankenkassen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Versicherten - unter im SGB V näher bestimmten Voraussetzungen - bestimmte Leistungen zur Verfügung. Sie nehmen damit in dem gegliederten System der sozialen Sicherung in Deutschland im Rahmen der Gesundheitsfürsorge eine wesentliche Aufgabe wahr (zur Amtsträgereigenschaft eines Vorstands einer betrieblichen Krankenkasse vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 3 StR 460/03, NStZ 2005, 214).
25
(3) Es kann dahinstehen, ob die Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben derart einer staatlichen Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbetrachtung der sie kennzeichnenden Merkmale als "verlängerter Arm" des Staates erscheinen; denn für ihre Eigenschaft als sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB kommt es darauf nicht entscheidend an. Dieses Abgrenzungskriterium hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für den Bereich der Tätigkeit privatrechtlich organisierter Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand entwickelt, weil es in diesem Zusammenhang eines aussagekräftigen Unterscheidungsmerkmals von staatlichem und privatem Handeln bedarf. Auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Organisationsformen des öffentlichen Rechts ist es deshalb nicht übertragbar (BGH, Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202,

212).

26
(4) Die für die Begründung einer Amtsträgereigenschaft weiter erforderliche Bestellung der Vertragsärzte zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ist ebenfalls zu bejahen.
27
(a) Die Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB setzt nach ihrem Wortsinn keinen förmlichen Akt voraus. Sie ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Tätigkeiten und ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (BGH, Urteile vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 101 ff.; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 299; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 42 f.).
28
(b) Nach diesem Maßstab erfüllt die Zulassung der Ärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V die Voraussetzungen einer Bestellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
29
(aa) Diese Zulassung ergeht in der Form eines Verwaltungsakts und damit als hoheitliche Maßnahme. Über sie entscheidet nach § 96 SGB V ein durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen errichteter Zulassungsausschuss , dem Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl angehören (§ 96 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Aufgrund dieses über die allgemeinen Anforderungen hinausgehend sogar ausdrücklichen, formalisierten Bestellungsakts werden die mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundenen besonderen Kompetenzen und Verhaltenspflichten ohne Weiteres nach außen deutlich (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 313).
30
(bb) Die Zulassung bewirkt zunächst, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Bildung von Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 77 SGB V durch die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung hat zur Folge, dass Rechtsbeziehungen regelmäßig zwischen den Krankenkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen und nur in Ausnahmefällen direkt zwischen Vertragsarzt sowie Krankenkasse bestehen (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 25 f.; Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 69 Rn. 28 f.; Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 39, § 3 Rn. 57; Schnapp in Festschrift Herzberg, 2008, S. 795, 801; vgl. auch die schematischen Darstellungen bei Krauskopf/Sproll, SGB V, Stand Juni 2010, § 72 Rn. 12; Kasseler Kommentar /Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand April 2008, § 72 Rn. 16). Jedoch greift der vor diesem Hintergrund von Teilen des Schrifttums gezogene Schluss zu kurz, die Zulassung bewirke allenfalls eine für die Begründung der Amtsträgereigenschaft des Vertragsarztes nicht ausreichende organisatorische Anbindung an die Kassenärztliche Vereinigung, nicht aber eine solche an die Krankenkasse (vgl. Klötzer, NStZ 2008, 12, 16). Die Kassenärztlichen Vereinigungen handeln mit den Krankenkassen Gesamtvergütungen (§ 85 SGB V) für die Leistungen ihrer Mitglieder aus und verteilen diese Vergütung an die Mitglieder. Die Einbindung der Vertragsärzte in diese Organisation betrifft somit in erster Linie den Teilbereich ihrer Vergütung. Die Wirkungen der kassenärztlichen Zulassung erschöpfen sich aber nicht in der Herstellung dieser Verbindung ; sie gehen vielmehr weit darüber hinaus.
31
Die Zulassung führt nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V ebenfalls dazu, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet wird. Dies hat zwar nicht zur Folge, dass zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen oder den kassenärztlichen Vereinigungen ein Dienstverhältnis begründet wird; es bewirkt jedoch, dass der Vertragsarzt in ein "subtil organisiertes öffentlich-rechtliches System" (BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 39 f.) einbezogen wird. Im Rahmen dieses Systems übt der Vertragsarzt mit der Behandlung der Versicherten eine ihm im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung übertragene öffentliche Aufgabe aus (vgl. BVerfG, aaO 39). Dabei ist er in einer für die Begründung einer Amtsträgerstellung ausreichenden Weise in die öffentlichrechtliche Organisation der Krankenkassen eingegliedert.
32
(aaa) Der Vertragsarzt nimmt zunächst einen wesentlichen Teil der Aufgaben wahr, die den Krankenkassen und damit der öffentlichen Verwaltung im Rahmen des deutschen Gesundheitssystems zugewiesen sind.
33
Er übernimmt u.a. die Pflicht, die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten gegen die Krankenkassen auf ärztliche Behandlung (§ 11 i.V.m. § 27 SGB V) zu befriedigen. Nach § 19 Satz 1 SGB IV werden die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts anderes ergibt. Nach den § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 33 SGB V haben die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Krankenbehandlung, u.a. in der Form der Versorgung mit Hilfsmitteln. Die entsprechenden Leistungen werden den Versicherten von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen und nicht als Geldleistungen in der Form der (nachträglichen) Kostenerstattung (§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 1 SGB V). Da die Krankenkassen die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer) und schließen mit diesen auf Grund der sog. Leistungsverschaffungspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1991 - 1 RR 7/88, BSGE 69, 170, 173) Verträge über die Erbringung der Leistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 3, §§ 69 ff. SGB V; BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 54/00 R, BSGE 88, 20, 26 f.; vgl. auch Becker/Kingreen/Joussen, SGB V, 2. Aufl., § 95 Rn. 5; Kasseler Kommentar/Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand Januar 2010, § 95 Rn. 76). Als Bestandteil der Krankenbehandlung sind auch Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel als Sachleistung zu erbringen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Ein derartiger Sachleistungsanspruch kann grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Vertragsarzt das Arznei- oder Hilfsmittel auf Kassenrezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt; denn die §§ 31 ff. SGB V gewähren keine unmittelbar durchsetzba- ren Ansprüche auf "Versorgung" mit von dem Versicherten gewählten Arzneioder Hilfsmitteln, sondern ausfüllungsbedürftige Rahmenrechte. Ein bestimmtes Arznei- oder Hilfsmittel kann der Versicherte daher erst dann beanspruchen , wenn es ihm als ärztliche Behandlungsmaßnahme in Konkretisierung des gesetzlichen Rahmenrechts vom Vertragsarzt verordnet wird. Dem korrespondieren die Regelungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in den §§ 72 ff. SGB V. Der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ist dabei in § 73 Abs. 2 SGB V näher umschrieben; diese umfasst nach § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V auch die hier relevante Verordnung von Hilfsmitteln.
34
Somit hat ausschließlich der jeweils vom Versicherten frei gewählte Vertragsarzt die Kompetenz, die medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalls der Krankheit für den Versicherten und die Krankenkasse verbindlich festzustellen. Diese Rechtsmacht erstreckt sich - soweit in Vorschriften des Leistungserbringungsrechts (§§ 69 ff. SGB V i.V.m. nachrangigem Recht) nichts Abweichendes bestimmt ist - ferner darauf, im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2, § 92 SGB V) mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse (nur) im Leistungsverhältnis zum Versicherten festzusetzen, welche nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 278).
35
Dieses sozialrechtliche Regelungsgefüge weist dem Vertragsarzt bei der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten insbesondere im Rahmen der Verordnungstätigkeit eine Schlüsselstellung zu. Dies gilt unabhängig davon, ob man mit der früheren Rechtsprechung den Vertragsarzt bei der Verordnung einer Sachleistung als Vertreter der Krankenkasse ansieht, der im Regelfall mit Wirkung für und gegen diese eine Willenserklärung zum Abschluss eines Ver- trages abgibt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 19; BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 200), oder ob man mit der neueren, jedenfalls den Bereich der Arzneimittel betreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln die Konstruktion eines in jedem Einzelfall abzuschließenden , den Versicherten begünstigenden Vertrages für entbehrlich hält und statt dessen eine öffentlichrechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung der Beteiligten direkt aus den Vorschriften des SGB V, insbesondere § 129 SGB V, herleitet (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, 161 f.). Denn die durch das Bundessozialgericht vorgenommene dogmatische Neubestimmung der Rechtsgrundlage ändert nichts daran, dass die vertragsärztliche Verordnung das gesetzliche Rahmenrecht des Versicherten auf Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln konkretisiert. Mithin kommt der Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nach der neuen Ausrichtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine zentrale Funktion im Bereich der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit Arznei- und Hilfsmitteln zu (so ausdrücklich BSG aaO S. 163; vgl. auch Frister /Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, 2011, S. 303 f., Rn. 355; aA Manthey GesR 2010, 601).
36
Mit Blick auf diese Schlüsselposition hat bereits die bisherige Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 18 f.) als auch des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 277 f., 280 f.; vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 199 f.; vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96, BSGE 79, 190, 194) - nach Auffassung des Senats zu Recht - den Vertragsarzt als einen mit öffentlichrechtlicher Rechtsmacht "beliehenen" Verwaltungsträger bezeichnet. Hieran anschließend wird auch in der Literatur verschiedentlich eine Beleihung des Vertragsarztes mit Hoheits- rechten angenommen (vgl. Schnapp/Wigge/Neumann, Handbuch des Vertragsarztrechts , 2. Aufl., § 13 Rn. 17; Spickhoff/Schuhr, Medizinrecht, StGB § 266 Rn. 29; Schwerdtfeger, NZS 1998, 97, 101; Becker/Kingreen/Axer, SGB V, 2. Aufl., § 31 Rn. 11; Spellbrink, NZS 1999, 1, 2, spricht insofern vom "Quasi-Amtswalter"; aA Hess, Bitburger Gespräche Jahrbuch 1996, 67, 77; Steege in Festschrift Bundessozialgericht, 2004, 517, 524 f.).
37
(bbb) Daneben bestehen weitere Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen. So müssen etwa nach § 43b Abs. 1 Satz 1 SGB V die Leistungserbringer Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse verrechnen. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V ("Praxisgebühr") hat der Leistungserbringer gemäß § 43b Abs. 2 SGB V einzubehalten; sein Vergütungsanspruch reduziert sich entsprechend. Nach § 294 SGB V hat der Vertragsarzt als Leistungserbringer "die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben" aufzuzeichnen und mitzuteilen. Im Regelfall werden - sofern keine Selektivverträge ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen geschlossen sind - Daten gemäß § 295 SGB V vom Vertragsarzt an die Kassenärztliche Vereinigung und von dort an die Krankenkassen übermittelt. Aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä ergibt sich zudem die Pflicht des Vertragsarztes, "die zur Durchführung der Aufgaben der Krankenkassen erforderlichen schriftlichen Informationen […] auf Verlangen den Krankenkassen zu übermitteln". Die Krankenkassen überwachen (neben den Kassenärztlichen Vereinigungen) nach § 106 Abs. 1 SGB V die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratung und Prüfungen. Dazu bilden die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen Prüfungsstellen sowie einen paritätisch besetzten Beschwerdeausschuss. Soweit der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat, kommen als Rechtsfolge eine gezielte Beratung oder Honorarkürzungen in Betracht. Unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 3a SGB V steht einer Krankenkasse ein direkter Schadensersatzanspruch gegen den Vertragsarzt zu. Ferner ist ein Vertragsarzt zur "peinlich genauen Abrechnung" verpflichtet, da ansonsten das entsprechende Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen gestört wird (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - 6 RKa 70/91, BSGE 73, 234, 237; vgl. auch Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 383). Nach § 106a Abs. 1 SGB V prüft neben der Kassenärztlichen Vereinigung auch die Krankenkasse die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Gemäß § 106a Abs. 3 SGB V erstreckt sich der Prüfungsumfang der Krankenkassen u.a. auf das Bestehen ihrer Leistungspflicht sowie die Plausibilität von Art und Umfang der abgerechneten Leistungen.
38
(ccc) Angesichts dieser engen Verbindungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten spricht nicht entscheidend gegen deren Amtsträgereigenschaft , dass nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Krankenkassen und u.a. die Ärzte zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Patienten zusammenwirken (aA Taschke, StV 2005, 406, 409). Diese Formulierung des Gesetzes vermag die aufgezeigten vielfältigen Rechtsbeziehungen zwischen Vertragsärzten und Krankenkassen nicht in Frage zu stellen. Vor deren Hintergrund ist die Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nicht lediglich als aus dem Bereich hoheitlicher Aufgaben ausgegliederte, organisatorische Bewältigung der medizinisch notwendigen Behandlung des Versicherten einzuordnen (aA Klötzer, NStZ 2008, 12, 16).
39
(cc) Der Umstand, dass der Vertragsarzt mit der Zulassung potentiell mit einer Vielzahl von Krankenkassen - und damit nicht nur mit einer einzigen sonstigen Stelle - in Beziehung tritt, hindert die Annahme seiner Amtsträgereigenschaft im Ergebnis nicht. Diese Besonderheit ist letztlich Folge der historischen Entwicklung des Systems der gesetzlichen Krankenkassen. Während das Verhältnis zwischen den Ärzten und den Krankenkassen ursprünglich durch den Abschluss einzelner privatrechtlicher Verträge geprägt war, wurde die Zulassung später nicht mehr zu einer einzelnen Krankenkasse, sondern zu allen RVO-Kassen vorgenommen (vgl. etwa Verordnung über die kassenärztliche Versorgung vom 14. Januar 1932; RGBl. I S. 19; zur geschichtlichen Entwicklung BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 31 ff.). Mit der Zulassung wird der Vertragsarzt mithin von jeder einzelnen Krankenkasse beauftragt - und ist auch ihr gegenüber verpflichtet -, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken. Dabei wird dieses Rechtsverhältnis nicht mehr durch einzelvertragliche Regelungen, sondern durch das Gesetz und die in dessen Rahmen abgeschlossenen Kollektivverträge zwischen den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen (bzw. deren jeweiligen Zusammenschlüssen ) ausgestaltet, die für den Vertragsarzt mit seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verbindlich werden (§ 95 Abs. 4 Satz 2 SGB

V).

40
(dd) Soweit es weiter für erforderlich gehalten wird, dass die Bestellung zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit führt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105; zweifelnd etwa SIS-Eser, StGB, 28. Aufl., § 11 Rn. 20, 25 mwN), ist dieses Kriterium bei der auf Dauer angelegten Zulassung eines Vertragsarztes ohne Weiteres zu bejahen.
41
(ee) Die Amtsträgereigenschaft eines Vertragsarztes wird nach alldem auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser seine Tätigkeit freiberuflich und bezüglich der Behandlungs- und Verordnungstätigkeit weisungsunabhängig ausübt (aA Geis, wistra 2007, 361, 364; Taschke, StV 2005, 406, 409); denn die freiberufliche Ausübung der übertragenen Aufgaben steht der Amts- trägereigenschaft jedenfalls dann nicht entgegen, wenn im Übrigen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, NJW 1998, 2373: freiberuflich tätiger Bauingenieur ). Maßgebend ist deshalb auch insoweit, dass die Vertragsärzte durch ihre Zulassung in relevanter Weise in die öffentlichrechtlichen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten eingebunden werden.
42
b) Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 333 Abs. 1 StGB sind erfüllt.
43
aa) Den Vertragsärzten wurden im Rahmen des praktizierten Geschäftsmodells mit den vereinbarten Zuwendungen Vorteile gewährt.
44
bb) Dies geschah für deren Dienstausübung. Nach den Feststellungen wurden die Zuwendungen zwar nicht dafür geleistet, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V), sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Sie bildeten deshalb keine unmittelbare Gegenleistung für eine Tätigkeit, die den Vertragsärzten im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten übertragen ist, sondern für eine solche, die hiermit in einem engen Zusammenhang steht. Dies reicht indes aus.
45
Zur Dienstausübung sind zunächst jedenfalls Handlungen zu zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt, d.h. Handlungen, die zu den dienstlichen Obliegenheiten gehören und in amtlicher Eigenschaft vorgenommen werden (BGH, Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 280). Darüber hinaus fallen unter das Tatbestandsmerkmal der Dienstausübung aber auch solche Tätigkeiten, die ihrer Natur nach zu dem Amt oder dem Dienst des Amtsträgers in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb seines Aufgabenbereiches liegen (BGH, Ur- teile vom 5. September 1952 - 4 StR 885/51, BGHSt 3, 143, 145; vom 19. Dezember 1957 - 4 StR 485/57, BGHSt 11, 125, 127; vom 3. Februar 1960 - 4 StR 437/59, BGHSt 14, 123, 125; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 - 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 598).
46
Nach diesem Maßstab wird auch das Sammeln der Verordnungen und Weiterleiten an die Verfallsbeteiligte erfasst. Diese Tätigkeit stellt zwar keine unmittelbare Amtshandlung dar; sie stand jedoch mit der Verordnung der Hilfsmittel in einem engen Zusammenhang. Sie war die Voraussetzung dafür, dass die Vertragsärzte im Anschluss die Verordnungen der Verfallsbeteiligten zukommen ließen; sie wurde ihnen somit gerade durch ihre amtliche Stellung ermöglicht und stellt keine außerhalb des Aufgabenbereichs des Amtsträgers liegende Privathandlung dar.
47
cc) Eine Unrechtsvereinbarung liegt ebenfalls vor; denn den Vertragsärzten wurden die Vorteile vereinbarungsgemäß gerade als Gegenleistung für die beschriebene Dienstausübung gewährt.
48
c) Damit ist dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Verfall von Wertersatz anzuordnen.
49
aa) Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten handelte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB für die Verfallsbeteiligte.
50
bb) Die Verfallsbeteiligte hat auch etwas erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1, 3 StGB. Erlangt ist der Wert des mit dem Zugang der Verordnung des TENS-Geräts erlangten "Auftrags", für die Krankenkasse ein derartiges Gerät an den jeweiligen Patienten auszuleihen (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB V), mithin der zum Zeitpunkt der "Auftragserteilung" hieraus zu erwartende wirtschaftliche Gewinn (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 310; vom 29. Juni 2006 - 5 StR 482/05, NStZ-RR 2006, 338; Fischer aaO § 73 Rn. 11 mwN auch zur Gegenansicht). Das neue Tatgericht wird diesen Wert nach einer Zurückverweisung der Sache gegebenenfalls gemäß § 73b StGB zu schätzen haben. Es wird in diesem Zusammenhang ebenfalls ergänzende Feststellungen etwa zu den Vereinbarungen bezüglich der neben der AOKN involvierten Krankenkassen sowie dazu zu treffen haben, ob die Verfallsbeteiligte alle Verordnungen, welche die Vertragsärzte ihr zukommen ließen , aufgrund des von ihr betriebenen Geschäftsmodells erlangte.

C.

51
Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den Großen Senat für Strafsachen nach § 132 Abs. 4 GVG sind gegeben.
52
Die Beantwortung der Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben, hier konkret bei der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB handelt, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt und kann sich in einer Vielzahl von Verfahren erneut stellen. Ihre Beantwortung wirkt deshalb richtungsweisend für die Rechtsanwendung im Bereich der strafrechtlichen Verfolgung des sog. Pharmamarketing. Dabei ist mit Blick auf die erheblichen Auswirkungen eine möglichst einheitliche, sich an entsprechenden Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen orientierende Handhabung der Praxis geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 324 f.; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 128).
53
Die Vorlage ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Sie zielt auf die Festlegung neuer Auslegungsgrundsätze, als deren Folge sich ein geändertes Verständnis der Stellung des Vertragsarztes im Verhältnis zu den Krankenkassen ergibt.

D.

54
Sollte der Große Senat für Strafsachen entgegen der Ansicht des vorlegenden Senats die Amtsträgereigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes bei der Verordnung von Hilfsmitteln verneinen, so hängt der Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft davon ab, ob der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm praktizierte Geschäftsmodell tatbestandlich und rechtswidrig zumindest Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) begangen hat (zur Subsidiarität des § 12 UWG aF, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, gegenüber den Amtsdelikten vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 403; Beschluss vom 10. Februar 1994 - 1 StR 792/93, NStZ 1994, 277), und daher auf dieser Grundlage die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte in Betracht kommt. Auch dies wäre nach Auffassung des vorlegenden Senats zu bejahen. Indes handelt es sich bei der Frage, ob der niedergelassene Vertragsarzt insoweit als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen anzuerkennen ist, ebenfalls um eine solche von grundsätzlicher Bedeutung, die der Senat zur Fortbildung des Rechts dem Großen Senat für Strafsachen hilfsweise für den Fall unterbreitet, dass dieser die hauptsächlich gestellte Vorlegungsfrage verneint.
55
I. Handeln Vertragsärzte bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht als Amtsträger, so werden sie insoweit jedenfalls als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB tätig.
56
Beauftragter nach dieser Vorschrift ist nach gefestigter, ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur, wer, ohne Geschäftsinhaber oder Angestellter zu sein, für einen Geschäftsbetrieb befugtermaßen tätig wird und dabei aufgrund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen des Betriebes, die den Waren- oder Leistungsaustausch betreffen , Einfluss zu nehmen (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16 mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor. Hierzu gilt im Einzelnen:
57
1. In der strafrechtlichen Literatur hat - soweit ersichtlich - erstmals Pragal (NStZ 2005, 133) die Meinung vertreten, die Vertragsärzte seien als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen anzusehen, und dies in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Stellung der Vertragsärzte im Rahmen des Untreuetatbestands nach § 266 StGB (BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17; vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 569) insbesondere damit begründet, sie seien bei der Ausstellung einer Verordnung als Vertreter der Kassen tätig. Diese Auffassung hat im Schrifttum in der Folgezeit überwiegend Kritik hervorgerufen (Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Geis, wistra 2005, 369; ders., GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2007, 361; Klötzer, NStZ 2008, 12; Kölbel, wistra 2009, 129, 132; Reese, PharmR 2006, 92, 96 ff.; Sahan, ZIS 2007, 69; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.), wird mittlerweile jedoch von einer wachsenden Zahl von Autoren im Ergebnis geteilt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10b ff.; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 18; NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c; Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586 ff.; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirt- schaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 293 ff. Rn. 348 ff.; wohl auch S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 8; offen Badle, NJW 2008, 1028, 1033). Ihr hat sich in neuerer Zeit das Oberlandesgericht Braunschweig (Beschluss vom 23. Februar 2010 - Ws 17/10, NStZ 2010, 392) - wenn auch für die konkrete Entscheidung nicht tragend und ohne nähere Begründung - angeschlossen. Diese Entscheidung ist teilweise auf Zustimmung (Dannecker, GesR 2010, 281; Schmidt, NStZ 2010, 393; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 299 Rn. 353), wohl überwiegend jedoch auf Ablehnung (Brockhaus /Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418; Dieners, PharmR 2010, 232; Geis, wistra 2010, 280; Schneider, StV 2010, 366; ders., HRRS 2010, 241, 245 ff.; Sobotta, GesR 2010, 471; Steinhilper, MedR 2010, 499; Warntjen /Schelling, PharmR 2010, 509; Weidhaas, ZMGR 2010, 199) gestoßen.
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2. Die Beauftragteneigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen bei der Verordnung von Hilfsmitteln ergibt sich maßgebend aus einer sachgerechten Bewertung der Bedeutung , die einer solchen Verordnung nach dem sozialrechtlichen Regelungsgefüge zukommt:
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Wie bereits dargelegt hat der Vertragsarzt bei der Verordnung eines Arznei- oder Hilfsmittels eine zentrale Stellung inne. Seine Verordnung ist für die Begründung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten "conditio sine qua non" und damit sowohl für diesen als auch für die betreffende Krankenkasse von essentieller Bedeutung. Bereits diese Schlüsselstellung rechtfertigt den Schluss, dass der Vertragsarzt mit dem Ausstellen einer Verordnung über ein Arznei- oder Hilfsmittel auf die Entscheidung der Krankenkasse, dem Versicherten eine derartige Sachleistung zu gewähren, kraft der ihm durch das Kas- senarztrecht verliehenen Kompetenzen in ganz wesentlicher Weise Einfluss nimmt und somit die Voraussetzungen einer Beauftragtenstellung erfüllt.
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3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht daran, dass der die Verordnung ausstellende Arzt regelmäßig nicht letztverbindlich über die Gewährung einer bestimmten Sachleistung entscheidet.
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Der Strafkammer ist zwar dahin zuzustimmen, dass nach dem SGB V die Frage, ob eine Sachleistung der vorherigen Beantragung bei und Bewilligung durch die zuständige Krankenkasse bedarf, in der Weise geregelt ist, dass die vorherige Beantragung und Bewilligung der Leistung die Regel und das Absehen hiervon die Ausnahme ist. Falls nichts anderes bestimmt oder etwa durch einen Vertrag zwischen dem Leistungserbringer und der gesetzlichen Krankenkasse nach § 127 SGB V vereinbart ist, muss der Versicherte deshalb die Verordnung bei der Krankenkasse einreichen und diese darüber entscheiden, ob sie das verordnete Hilfsmittel bewilligt. Bis zu dieser Bewilligung ist der Versicherte nicht berechtigt, die Verordnung bei einem Leistungserbringer einzureichen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2009 - L 11 KR 5031/09 ER-B, Rn. 31 f. - zitiert nach juris).
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Eine derartige Letztentscheidungszuständigkeit, wie sie das Landgericht als erforderlich erachtet, ist indes nach der allgemeinen, in ständiger Rechtsprechung verwendeten Umschreibung nicht Voraussetzung für die Beauftragtenstellung nach § 299 StGB; vielmehr genügt es, dass der Beauftragte auf die Entscheidung des Betriebes über den Warenaustausch Einfluss hat. Es besteht kein Anlass, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hiervon abzugehen. Dies würde zu einer in der Sache nicht gerechtfertigten Privilegierung der Vertragsärzte führen, die zudem Sinn und Zweck der Norm widerspräche. Be- reits in der Rechtsprechung zu § 12 UWG, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, war es allgemein anerkannt, dass der Beauftragtenbegriff weit auszulegen ist, weil ihm innerhalb des Tatbestandes eine Auffangfunktion zukommen soll (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401;LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16). Mit der Verlagerung der Strafbestimmung in das Strafgesetzbuch durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl. I S. 2038) war eine Einschränkung nicht verbunden. Der Gesetzgeber wollte vielmehr das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, dass es sich auch bei Korruption im geschäftlichen Bereich um eine Kriminalitätsform handelt, die nicht nur die Wirtschaft selbst betrifft, sondern Ausdruck eines allgemeinen sozialethisch zu missbilligenden Verhaltens ist (BR-Drucks. 553/96, 32). Mit diesen Grundsätzen wäre die von der Strafkammer vertretene Restriktion nicht vereinbar.
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4. Auch die weiteren, von Teilen des Schrifttums gegen eine Beauftragtenstellung ins Feld geführten Argumente führen im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung:
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a) Dies gilt zunächst, soweit darauf abgestellt wird, der niedergelassene Arzt übe eine freiberufliche Tätigkeit aus (vgl. etwa Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 421; Klötzer, NStZ 2008, 12, 14; Reese, PharmR 2006, 92, 97; Sobotta, GesR 2010, 471, 474; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.); denn ein selbstständiges gewerbliches oder freiberufliches Tätigwerden steht der Einordnung des Betreffenden als Beauftragter ebenso wenig entgegen wie seiner Qualifizierung als Amtsträger. Für einen Beauftragten nach § 299 StGB ist es vielmehr geradezu typisch, dass er - im Gegensatz zum Angestellten - nicht in den geschäftlichen Betrieb eingegliedert ist, sondern mit der Wahrnehmung des Auftrags zugleich eine eigene geschäftliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 104; Schmidt, NStZ 2010, 393, 395). Während sich die Angestellteneigenschaft regelmäßig aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis ergibt, liegt der Beauftragung im Sinne des § 299 StGB typischerweise ein Geschäftsbesorgungs- oder Werkvertrag zugrunde. Als Beauftragte gelten deshalb z.B. selbstständige Handelsvertreter (BGH, Urteil vom 27. März 1968 - I ZR 163/65, NJW 1968, 1572, 1573) oder ein freiberuflich tätiger Prüf- und Planungsingenieur (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105). Auch freiberuflich tätige Architekten oder Unternehmensberater kommen als Beauftragte in Betracht (MünchKommStGB /Diemer/Krick, § 299 Rn. 5; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 299 Rn. 2). In diesem Zusammenhang würde es somit ebenfalls eine in der Sache nicht gerechtfertigte Privilegierung darstellen, wollte man den Vertragsarzt aus dem Anwendungsbereich des § 299 StGB herausnehmen, weil er seine Tätigkeit freiberuflich ausübt.
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b) Die Anwendung des § 299 StGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Vertragsarzt regelmäßig Inhaber der eigenen ärztlichen Praxis und damit eines Betriebes im Sinne der genannten Vorschrift ist (aA Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 196). Denn der Betriebsinhaber kann sich wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar machen, wenn er zugleich für einen anderen geschäftlichen Betrieb tätig wird und für den Einfluss auf dessen Entscheidungen unberechtigte oder sachfremde Vorteile erhält (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23b); von der Strafbarkeit ausgenommen ist lediglich die Vorteilsannahme eines Betriebsinhabers bezüglich seines eigenen Betriebes (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10c).
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c) Gegen die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter im Sinne des § 299 StGB spricht weiter nicht, dass seine Befugnis, auf die Entscheidung des Betriebes Einfluss zu nehmen, nicht auf einem Rechtsgeschäft beruht.
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Insbesondere der Wortlaut der Norm erfordert eine solche restriktive Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Beauftragter" nicht (aA Sahan, ZIS 2007, 69, 72; vgl. auch Reese, PharmR 2006, 92, 98). Dies ergibt sich schon mit Blick auf § 266 StGB, der ausdrücklich von einem "behördlichen" Auftrag spricht (so zu Recht LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 17). Eine Auslegung , die nicht nur die rechtsgeschäftliche Beauftragung erfasst, hält sich deshalb in den Grenzen des natürlichen Wortsinns und verstößt nicht gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG.
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Mit Blick vor allem auf das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut sowie Sinn und Zweck der Norm ist die rechtliche Grundlage, auf der die Berechtigung beruht, nicht maßgebend (aA Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.; Reese, PharmR 2006, 92, 96). § 299 StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 2 mwN) und schützt - zumindest vorrangig - den freien Wettbewerb (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 1 mwN). Dieser ist immer dann in Gefahr, wenn Personen die Befugnis haben, den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im geschäftlichen Verkehr zu beeinflussen, dessen wirtschaftliche Folgen nicht sie selbst treffen, sondern die ein anderer zu tragen hat. Demgegenüber ist es nicht von Bedeutung, auf welcher rechtlichen Grundlage die betreffenden Personen tätig werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beauftragte die tatsächliche Möglichkeit hat, die betrieblichen Entscheidungen über den Erwerb von Waren oder Leistungen unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und es ihm im Interesse des Betriebes verwehrt ist, Leistungen der anderen Vertragsseite anzunehmen (Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587). Auch außenstehende Personen können somit Beauftragte sein, wenn sie in der Lage sind, Entscheidungen für den Betrieb zu beeinflussen (vgl. Schmidt, NStZ 2010, 393, 394). Es kommt allein auf das unlautere Tätigwerden des Beauftragten für den Geschäftsherrn an, ohne dass dieses Verhalten dem Geschäfts- herrn zugerechnet werden muss (NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23a). Deshalb kommt neben der Beauftragung durch ein Rechtsgeschäft auch in Betracht , dass sich die Beauftragtenstellung - wie etwa bei einem Insolvenzverwalter (Fischer aaO § 299 Rn. 10a) - aus einer gerichtlichen Bestellung, einer gesetzlichen Regelung oder einem Verwaltungsakt ergibt. Somit genügt es, dass die Befugnis des Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen auf der Zulassung durch den nach § 96 SGB V gebildeten Ausschuss gründet, dessen Mitglieder von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen bestellt werden.
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d) Aus den dargelegten Gründen erfordert der Tatbestand des § 299 StGB erst recht nicht, dass der Beauftragte ein ihm von demGeschäftsherrn entgegen gebrachtes Vertrauen missbraucht (zutreffend Schmidt, NStZ 2010, 393, 394 f.; aA Geis, GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2005, 369, 370; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.). Der Wortlaut des § 299 StGB gibt für eine derartige Einschränkung nichts her. Eswiderspräche dem Wesen der Vorschrift als Straftat gegen den freien Wettbewerb, wollte man die Beauftragtenstellung nur bei einem derart engen persönlichen Verhältnis zwischen dem Beauftragten und dem Betriebsinhaber bejahen.
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e) Die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter wird auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser bei der Auswahl des Arznei- oder Hilfsmittels nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der gesetzlichen Krankenkassen zu wahren, sondern sich vor allem am Wohl seines Patienten zu orientieren hat (aA Geis, wistra 2005, 369, 370; Sahan, ZIS 2007, 69, 73 f.; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.). Zwar hat er diesen sachkundig zu beraten und dadurch in die Lage zu versetzen, sein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Behandlung auszuüben. Jedoch ändert diese Verpflichtung des Vertragsarztes nichts daran, dass er mit der Verordnung von Arznei- oder Hilfsmitteln - jedenfalls auch - Einfluss auf die Leistungsgewährung durch die gesetzliche Krankenversicherung nimmt und deshalb - insoweit vergleichbar einem als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt - als deren Beauftragter handelt (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23c; ders., GesR 2010, 281, 284).
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f) Die Beauftragtenstellung der Vertragsärzte scheidet weiter ebenso wie ihre Amtsträgereigenschaft nicht wegen der Einschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen in das sozialrechtliche Versorgungssystem aus (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10d f.; Dannecker, GesR 2010, 281, 284; aA SSWStGB /Rosenau, § 299 Rn. 11; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 420). Diese vermag an der die Beauftragteneigenschaft begründenden Schlüsselstellung der Vertragsärzte bei der Verordnung einer Sachleistung nichts zu ändern. Auch in anderen Fällen, etwa bei einem Testamentsvollstrecker oder Insolvenzverwalter, wird eine rechtliche Beziehung zwischen Beauftragtem und "Auftraggeber" nicht verlangt (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; Dannecker , GesR 2010, 281, 284). § 299 StGB stellt insoweit lediglich auf den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ab. Somit kommt es ausschließlich darauf an, dass der Vertragsarzt durch die Verordnung des Hilfsmittels Einfluss auf die Entscheidung der Krankenkasse nimmt, dem Versicherten diese Leistung zu gewähren. Eine darüber hinausgehende Beziehung zwischen Vertragsarzt und gesetzlicher Krankenkasse ist unerheblich; insbesondere eine Weisungsbefugnis der Krankenkasse ist nicht erforderlich (so zu Recht etwa Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587).
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g) Der Senat muss schließlich nicht entscheiden, ob ein Privatarzt bei der Verschreibung eines Arznei- oder Hilfsmittels als Beauftragter der privaten Krankenversicherung angesehen werden kann. Verneint man dies (vgl. hierzu NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c mwN; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.), schiede in dieser Fallkonstellation trotz der Entgegennahme bzw. Gewährung von Vorteilen als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung die Strafbarkeit der Beteiligten nach § 299 StGB aus. Die dann gegebene Ungleichbehandlung von Vertrags- und Privatärzten zeigt zwar möglicherweise bezüglich der Rechtslage bei der privatärztlichen Patientenversorgung eine strafrechtliche Lücke auf, die nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann; sie rechtfertigt es indes nicht, im Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit ein der Norm unterfallendes , den lauteren Wettbewerb gefährdendes Verhalten aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herauszunehmen (Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 108; aA Schneider, StV 2010, 366, 368; Steinhilper, MedR 2010, 499, 501).
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II. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 299 Abs. 2 StGB wurden nach den Feststellungen in rechtswidriger Weise verwirklicht.
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1. Die gesetzlichen Krankenkassen sind geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB. Dieser Begriff umfasst jede auf gewisse Dauer ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsleben, die sich durch Austausch von Leistungen und Gegenleistungen vollzieht. Rein wohltätigen oder sozialen Zwecken dienende Betriebe fallen ebenfalls unter die Norm, soweit sie wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten. Dasselbe gilt für öffentliche Behörden, soweit sie sich am Wirtschaftsverkehr beteiligen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 4, 6; NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 26). Danach werden auch die gesetzlichen Krankenkassen erfasst (vgl. schon RG, Urteil vom 29. Januar 1934 - 2 D 1293/33, RGSt 68, 70, 74; BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 402; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 19); denn sie können ihren Versorgungsauftrag gegenüber den Versicherten nur durch Leistungsaustausch ins- besondere mit Apotheken und Pharmaunternehmen erfüllen (vgl. Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586).
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2. Durch die Verrechnung des Entgelts, das für die Überlassung von in der jeweiligen Praxis der Vertragsärzte eingesetzten medizinischen Geräten eigentlich an die Verfallsbeteiligte zu leisten gewesen wäre, mit den Verordnungen über die TENS-Geräte, wurde den betroffenen Ärzten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Grundlage einer Unrechtsvereinbarung ein Vorteil als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie die Verfallsbeteiligte bei dem Bezug von Waren in unlauterer Weise bevorzugten.
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3. Der Tatbestand wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zuwendungen nicht dafür geleistet wurden, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V),sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Die Beauftragung der Vertragsärzte umfasst zwar - soweit in diesem Zusammenhang von Belang - nur die Verordnung des Hilfsmittels als solche. Die hier nach dem praktizierten Geschäftsmodell honorierte Tätigkeit der Vertragsärzte stellt somit keine unmittelbare Ausführung ihres Auftrages dar. Die Erwägungen , die im Rahmen der Amtsdelikte dazu führen, dass zur Dienstausübung nicht nur diejenigen Tätigkeiten zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt (s. oben B. II. 2.b) bb)), gelten jedoch entsprechend. Nach Sinn und Zweck des § 299 StGB werden deshalb auch solche Tätigkeiten erfasst, die ihrer Natur nach zu dem Auftrag in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb des durch die Beauftragung zugewiesenen Aufgabenbereichs liegen. Ein derart enger Zusammenhang ist hier gegeben.
77
4. Die Krankenkassen sind bei der gebotenen wirtschaftlich-faktischen Betrachtungsweise auch als Bezieher einer gewerblichen Leistung im Sinne des § 299 StGB anzusehen unabhängig davon, ob im jeweiligen Einzelfall aufgrund der ärztlichen Verordnung ein TENS-Gerät von der Verfallsbeteiligten überhaupt neu angeschafft werden musste und in das (Sicherungs-) Eigentum der AOKN überging oder ein bereits vorhandenes Gerät erneut verwendet werden konnte. Diese besteht in der nach Maßgabe der Verträge zwischen der Verfallsbeteiligten und der AOKN von dieser zu vergütenden Ausleihe des Geräts durch die Verfallsbeteiligte an den Patienten (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB

V).

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III. Damit ist auch insoweit dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Wertersatzverfall anzuordnen. Hierzu wird auf die Darlegungen unter B. II. 2. c) verwiesen.
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IV. Auch die Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgaben, hier konkret der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) - so er dabei nicht ohnehin als Amtsträger handelt - als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen tätig wird, ist eine solche von grundlegender Bedeutung, für deren - hilfsweise - Beantwortung die Sache gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Fortbildung des Rechts vorzulegen ist. Die Ausführungen unter C. gelten insoweit entsprechend. Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 458/10
vom
5. Mai 2011
in dem selbstständigen Verfallsverfahren
gegen
wegen Anordnung von Wertersatzverfall
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 17. März 2011 in der Sitzung am 5. Mai 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
(nur in der Hauptverhandlung am 17. März 2011)
als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

beschlossen:
Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung folgender Fragen vor: 1. Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB? 2. Hilfsweise für den Fall der Verneinung von Frage 1: Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) im Sinne des § 299 StGB als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen?

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft, gegen die P. GmbH (im Folgenden: Verfallsbeteiligte) in einem selbst- ständigen Verfallsverfahren Wertersatz in Höhe von 350.225 € für verfallen zu erklären, nach mündlicher Verhandlung durch das angefochtene Urteil "als unzulässig" verworfen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung der §§ 261, 244 Abs. 2 StPO und des materiellen Rechts.
2
Der Senat beabsichtigt, der Revision auf die Sachrüge stattzugeben. Er legt die Sache indes vorab gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung über die aus der Beschlussformel ersichtlichen Rechtsfragen vor, deren Beantwortung für den Urteilsspruch des Senats ausschlaggebend ist. Diese Fragen haben grundsätzliche Bedeutung; ihre Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

A.

3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Die Verfallsbeteiligte handelte mit sog. TENS-Geräten. Dies sind kompakte , batteriegetriebene Geräte, die etwa bei der Schmerzbehandlung, der Muskelstimulation sowie der Behandlung von Harninkontinenz zum Einsatz kommen; sie werden den Patienten zur häuslichen Eigenanwendung zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um Hilfsmittel im Sinne der sozialrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Krankenversicherung.
5
Die Rechtsvorgängerin der Verfallsbeteiligten schloss am 1. November 2000 mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse Niedersachsen (im Folgenden: AOKN) eine Vereinbarung nach § 127 SGB V über die Versorgung der Versicherten mit TENS-Geräten, in welche die Verfallsbeteiligte eintrat. In dem Vertrag war u.a. bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte das freie Wahlrecht der Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern zu beachten hatte und Verordnungen nur unmittelbar vom Versicherten oder einer von diesem beauftragten Person entgegennehmen sollte. Die Geräte standen im Eigentum der AOKN; sie wurden von der Verfallsbeteiligten verwahrt und den Versicherten leihweise überlassen. Hierfür erhielt die Verfallsbeteiligte von der AOKN ein festgelegtes Entgelt. Außerdem war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Leistungserbringung die Genehmigung der AOKN oder der von dieser benannten Stelle einholen musste. In § 11 der Vereinbarung hieß es: "Versicherte dürfen nicht motiviert oder beeinflusst werden, bestimmte Verordnungen von Vertragsärzten zu fordern. Gleichfalls darf der Leistungserbringer von sich aus den Vertragsarzt in seiner Verordnungsweise nicht beeinflussen."
6
Zum 1. April 2007 wurde diese Vereinbarung durch einen neuen Vertrag ersetzt. Danach wurde das Eigentum an den Geräten der AOKN lediglich sicherungshalber übertragen. Die Vergütung der Verfallsbeteiligten für die Überlassung der Geräte an die Versicherten richtete sich nach Versorgungspauschalen. Auch in diesem Vertrag war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Abgabe eines Geräts an einen Versicherten die Bewilligung der AOKN einzuholen hatte. Schließlich lautete § 18 Abs. 1 der Vereinbarung: "Der Leistungserbringer darf nicht Ärzte oder Versicherte zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung von Hilfsmitteln oder Versorgungspauschalen motivieren oder beeinflussen oder in einer anderen personenbezogenen Weise werben. Zahlungen des Leistungserbringers für die vorgenannten Zwecke an verordnende Ärzte sind unzulässig."
7
Die Verfallsbeteiligte bediente sich für den Vertrieb ihres Warensortiments diverser Handelsvertreter, die als Vergütung für von ihnen vermittelte Geschäfte eine Provision erhielten. Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten gab den Handelsvertretern ein Geschäftsmodell vor. Dieses sah vor, dass einem niedergelassenen Arzt, der ein hochwertiges medizinisches Gerät für seine Praxis von der Verfallsbeteiligten mietete oder leaste, das hierfür zu zahlende Entgelt anteilig erstattet oder vollständig erlassen wurde, wenn er im Gegenzug Verordnungen für den Bezug eines TENS-Gerätes ausstellte und der Verfallsbeteiligten zukommen ließ. Die Ärzte erhielten spezielle Briefkuverts, mit denen die in der Arztpraxis ausgestellten und dort gesammelten Verordnungen an die Verfallsbeteiligte übersandt werden konnten. Abhängig von der Art des dem Arzt überlassenen Gerätes mussten für dessen kostenfreie Nutzung monatlich 15 bis 30 Verordnungen über ein TENS-Gerät ausgestellt werden; einer Verordnung wurde der Gegenwert von zehn Euro beigemessen. Im Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 26. November 2008 gingen der Verfallsbeteiligten insgesamt 70.045 verrechnungsfähige Verordnungen von niedergelassenen Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet zu. Belegbare Anhaltspunkte dafür , dass von den Ärzten auch in solchen Fällen Verordnungen ausgestellt wurden , in denen hierfür keine medizinische Indikation bestand, ergaben sich nicht.
8
Das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Bestechung wurde im Dezember 2009 von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dass dieser bei der Wertung, ob das von ihm initiierte Geschäftsmodell einen Straftatbestand verletzt, einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen sei.
9
Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet nach der Auffassung des Landgerichts eine selbstständige Verfallsanordnung aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) bzw. der Bestechung (§ 334 StGB) nicht verwirklicht worden seien. Die gesetzlichen Krankenkassen seien zwar geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB; der dort weiter vorausgesetzte Vorteil liege in der Verrechnung des Entgelts, welches von den Ärzten für die Überlassung von medizinischen Geräten zu entrichten war, mit den von ihnen ausgestellten Verordnungen für den Bezug von TENS-Geräten. Die Vertragsärzte seien jedoch nicht als Angestellte oder Beauftragte der Krankenkassen anzusehen. Der Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter der Krankenkasse stehe hier entgegen, dass dieser bei der Verordnung von Hilfsmitteln - im Gegensatz zur Rechtslage bei Arzneimitteln, wo er regelmäßig das konkrete Medikament festlege - durch das Ausstellen der Verordnung kein für die Krankenkasse verbindliches Votum abgeben könne, welcher Anbieter zum Zuge komme; es fehle somit die erforderliche "Letztentscheidungszuständigkeit". Die AOKN habe auf diese Prüfung auch nicht im Vorhinein verzichtet; sie habe sich vielmehr in den Verträgen mit der Verfallsbeteiligten eine Prüfung im Einzelfall vorbehalten, mithin die Entscheidungsbefugnis nicht vorab aus der Hand gegeben. Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB scheitere daran, dass der Vertragsarzt kein Amtsträger sei. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB seien nicht erfüllt. Der erforderliche öffentlichrechtliche Bestellungsakt könne nicht in dem Zulassungsbeschluss des Zulassungsausschusses nach § 95 SGB V gesehen werden. Dieser führe nicht zu einer Anbindung des Vertragsarztes an die gesetzlichen Krankenkassen in der Form, dass der Vertragsarzt bei einer Gesamtbetrachtung als "verlängerter Arm des Staates" erscheine. Dieser sei vielmehr nur Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung. Er entscheide allein über die medizinische Notwendigkeit einer Krankenbehandlung und sei einem beliebigen Leistungserbringer gleichzusetzen, dessen sich die gesetzliche Krankenkasse zur Erfüllung ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten bediene.
10
II. Die - insoweit vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision ist der Auffassung, die niedergelassenen Vertragsärzte seien als Beauftragte der Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB anzusehen. Dies gelte auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln. Eine "Letztentscheidungsbefugnis" des Beauftragten sei nicht erforderlich. Sie meint zudem, die Vertragsärzte seien auch Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Die gesetzlichen Krankenkassen erfüllten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und bedienten sich hierzu der Vertragsärzte; es sei deshalb nicht notwendig, den einzelnen Vertragsarzt als "verlängerten Arm des Staates" anzusehen. Die Vertragsärzte sei- en auch dazu bestellt, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung vorzunehmen; der Bestellungsakt liege in der Zulassung nach § 95 SGB V. Diese Zulassung führe zu einer Einbindung des Vertragsarztes in das System der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch zu einer organisatorischen Eingliederung des Arztes in die Struktur der jeweiligen Krankenkasse. Es ergebe sich für den Vertragsarzt ein verbindlich vorgegebener Rahmen, innerhalb dessen er bei der Erfüllung der den gesetzlichen Krankenkassen obliegenden öffentlichen Aufgabe der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung mitwirke.

B.

11
Der Senat hält die Revision der Staatsanwaltschaft für zulässig und - mit der Sachrüge - für begründet. Nach seiner Auffassung handelt ein niedergelassener , für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Verordnung von Hilfsmitteln (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, so dass die Zuwendung ihm im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit gewährter Vorteile den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) oder den der Bestechung (§ 334 StGB) erfüllen kann. Die weiteren Voraussetzungen für die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte sind nach den bisherigen Feststellungen zumindest nicht ausgeschlossen. Im Einzelnen:
12
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig. Zwar hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung den Antrag der Staatsanwaltschaft durch Urteil "als unzulässig" verworfen, während § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO eine solche Form der Entscheidung an sich nur bei zulässigen Anträgen der Staatsanwaltschaft vorsieht. Dies bedeutet indes nicht, dass es sich bei dem Erkenntnis des Landgerichts der Sache nach um einen Beschluss gemäß § 441 Abs. 2 StPO handelt, gegen den nach dieser Bestimmung als statthaftes Rechtsmittel allein die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht eröffnet wäre (zum zulässigen Rechtsmittel bei fehlerhafter Bezeichnung der anzufechtenden Entscheidung vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 296 Rn. 12 mwN).
13
Dabei kann dahinstehen, ob der Auffassung des Landgerichts zu folgen ist, das nach § 76a Abs. 1 StGB für die selbstständige Anordnung des Wertersatzverfalls erforderliche Vorliegen einer Straftat sei nicht nur materiellrechtliche Voraussetzung dieser Maßnahme, sondern auch eine in jeder Lage des Verfahrens zu beachtende Prozessvoraussetzung für das selbstständige Verfallsverfahren. Das Landgericht, das den Antrag zunächst für zulässig erachtet hat, war nach § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO befugt, eine mündliche Verhandlung anzuordnen. Diese hätte es - wenn sich die von ihm angenommene Unzulässigkeit des Antrags vor der mündlichen Verhandlung herausgestellt hätte - zwar wieder absetzen und durch Beschluss entscheiden können (LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 11; KK/Schmidt, 6. Aufl., § 441 Rn. 7; SK-StPO/Weßlau, Stand Dezember 2007, § 441 Rn. 6). Nach deren Durchführung war es jedoch aus den von ihm dargelegten zutreffenden Gründen rechtlich zumindest nicht daran gehindert, durch Urteil zu entscheiden, nachdem sich nunmehr - aus seiner Sicht - die Unzulässigkeit des Antrags herausgestellt hatte (aA LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 22).
14
II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist nach Auffassung des Senats auch begründet.
15
1. Die Voraussetzungen, unter denen ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den § 440 Abs. 1, § 442 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76a StGB zulässig ist, liegen vor.
16
a) Die Einziehung und der Verfall können nach § 76a Abs. 1 StGB dann selbstständig angeordnet werden, wenn wegen einer Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Dabei kommen grundsätzlich nur solche Hinderungsgründe in Betracht, welche die materielle Strafbarkeit der Tat als solche ebenso wie auch ihre verfahrensrechtliche Verfolgbarkeit unberührt lassen und lediglich ihre faktische Sanktionierung unmöglich machen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Täter nicht ermittelt oder nicht erreicht werden kann, etwa weil er sich verborgen hält oder sich unerreichbar im Ausland befindet. Die selbstständige Anordnung kommt dagegen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Verfolgung einer Person rechtliche Gründe entgegenstehen (OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 1994 - OJs 47/92, NStZ-RR 1996, 209; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 5).
17
Handelt der Täter schuldlos, so steht nach diesen Maßgaben seiner Verurteilung kein tatsächliches, sondern ein rechtliches Hindernis entgegen. Der Wortlaut des § 76a StGB legt es deshalb zwar zunächst nahe, dass in solchen Fällen ein selbstständiges Verfallsverfahren ausscheidet. Dem steht allerdings entgegen, dass der Verfall nach § 73 Abs. 1 StGB schon bei einer rechtswidrig begangenen Anknüpfungstat angeordnet werden kann; ein schuldhaftes Handeln des Täters ist insoweit nicht erforderlich. Wollte man deshalb bei einer ohne Schuld begangenen Straftat das selbstständige Verfallsverfahren nach § 76a StGB ausschließen, so käme jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - die Schuldlosigkeit bereits im Ermittlungsverfahren zu Tage tritt und die Staatsanwaltschaft deshalb an der Erhebung der Anklage gehindert ist, die Anordnung des Verfalls nicht in Betracht, obwohl die materiellen Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies widerspräche indes dem Regelungsgehalt des § 76a Abs. 1 StGB; denn die Norm will die Anordnung des Verfalls gerade ohne Rücksicht auf die persönliche Verfolgbarkeit des Täters ermöglichen , wenn die Voraussetzungen der Maßnahme vorliegen. Deshalb ist die Regelung bei angemessener Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks dahin zu verstehen, dass beim Verfall das schuldlose Handeln des Täters einem tatsächlichen Verfolgungshindernis gleich steht. Hieraus folgt, dass die Anordnung des Verfalls im selbstständigen Verfahren auch dann in Betracht kommt, wenn der Täter bei Begehung der Tat etwa schuldunfähig ist oder einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 76a Rn. 10; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 7; SSW-StGB/Burghart, § 76a Rn. 8).
18
b) Es ist davon auszugehen, dass die Durchführung eines subjektiven Verfahrens hier unmöglich war. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht die Nichtverfolgbarkeit einer bestimmten Person als Verfahrensvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen im Wege des Freibeweises nachzuprüfen hat (OLG Hamm, Urteil vom 30. Juni 1953 - (1) 2 Ss 300/53, NJW 1953, 1683, 1684; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. März 1967 - (1) Ss 840/66, NJW 1967, 1142, 1143; LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 440 Rn. 17; KK-Schmidt, StPO, 6. Aufl., § 440 Rn. 3), oder ob die Entscheidungskompetenz darüber, ob eine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann, nach der Grundkonzeption des Strafprozessrechts auch in diesem Zusammenhang der Staatsanwaltschaft zusteht mit der Folge, dass das Gericht deren Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Verfallsverfahrens nur dann als unzulässig verwerfen kann, wenn sich aus der Begründung des Antrags oder aus den Akten ohne Weiteres ergibt, dass die Annahme der Staatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen nicht zutrifft oder auf einem Rechtsirrtum beruht (OLG Celle, Beschluss vom 11. Juli 1958 - 2 Ws 169/58, NJW 1958, 1837; OLG Hamm, Urteil vom 11. Juni 1970 - 2 Ss 51/70, NJW 1970, 1754, 1755; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 440 Rn. 8; Radtke /Hohmann/Kiethe, StPO, § 440 Rn. 10). Denn der Senat hat sich im Wege des Freibeweises davon überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund , dass die nahezu allgemeine Auffassung in Rechtsprechung und Lite- ratur zur Tatzeit dahin ging, dass das hier angewandte Geschäftsmodell straflos sei, zu Recht davon ausgegangen ist, dass der anwaltlich entsprechend beratene Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten einem Verbotsirrtum unterlegen war, den er nicht vermeiden konnte.
19
2. Nach den bisherigen Feststellungen ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm über die Handelsvertreter betriebene Geschäftsmodell zumindest den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB) rechtswidrig verwirklicht hat; demgemäß könnte der Wert des hierdurch von der Verfallsbeteiligten Erlangten gegen diese für verfallen erklärt werden (§ 73 Abs. 1 und 3, §§ 73a, 73b, 76a Abs. 1 StGB).
20
a) Die Vertragsärzte werden bei Erfüllung ihrer Verpflichtung zur vertragsärztlichen Versorgung der Patienten (hier: Verordnung von Hilfsmitteln, § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne der § 333 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB tätig; denn sie sind insoweit dazu bestellt, im Auftrag einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (vgl. Pragal/Apfel, A&R 2007, 10, 16 f.; Neupert, NJW 2006, 2811; aA etwa Fischer aaO § 11 Rn. 22c; AnwK-StGB/Tsambikakis, § 11 Rn. 42;Geis, wistra 2007, 361, 363 ff.; Klötzer, NStZ 2008, 12, 16; Reese, PharmR 2006, 92, 94; Taschke, StV 2005, 406, 409).
21
aa) Die gesetzlichen Krankenkassen sind sonstige Stellen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
22
(1) Unter einer sonstigen Stelle ist eine behördenähnliche Institution zu verstehen, die selbst zwar keine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn, aber rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben mitzuwirken (BGH, Urteile vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 293; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 18. April 2007 - 5 StR 506/06, NJW 2007, 2932, 2933). Zu den öffentlichen Aufgaben gehören dabei nicht nur solche der Eingriffs- und Leistungsverwaltung, sondern auch diejenigen der staatlichen Daseinsvorsorge (BGH, Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199, 201; Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
23
(2) Dafür, dass die gesetzlichen Krankenkassen als derartige behördenähnliche Institutionen anzusehen sind, spricht bereits ihre Organisationsform. Sie sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 SGB V). Dieser öffentlichrechtlichen Organisationsform kommt im Rahmen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zwar keine allein ausschlaggebende Aussagekraft zu; sie hat allerdings eine erhebliche indizielle Bedeutung (BGH, Urteile vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
24
Darüber hinaus wirken die Krankenkassen in der Sache bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge mit. Nach § 1 Satz 1 SGB V kommt der gesetzlichen Krankenversicherung die Aufgabe zu, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Um diese Ziele zu erreichen, stellen die Krankenkassen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Versicherten - unter im SGB V näher bestimmten Voraussetzungen - bestimmte Leistungen zur Verfügung. Sie nehmen damit in dem gegliederten System der sozialen Sicherung in Deutschland im Rahmen der Gesundheitsfürsorge eine wesentliche Aufgabe wahr (zur Amtsträgereigenschaft eines Vorstands einer betrieblichen Krankenkasse vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 3 StR 460/03, NStZ 2005, 214).
25
(3) Es kann dahinstehen, ob die Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben derart einer staatlichen Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbetrachtung der sie kennzeichnenden Merkmale als "verlängerter Arm" des Staates erscheinen; denn für ihre Eigenschaft als sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB kommt es darauf nicht entscheidend an. Dieses Abgrenzungskriterium hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für den Bereich der Tätigkeit privatrechtlich organisierter Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand entwickelt, weil es in diesem Zusammenhang eines aussagekräftigen Unterscheidungsmerkmals von staatlichem und privatem Handeln bedarf. Auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Organisationsformen des öffentlichen Rechts ist es deshalb nicht übertragbar (BGH, Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202,

212).

26
(4) Die für die Begründung einer Amtsträgereigenschaft weiter erforderliche Bestellung der Vertragsärzte zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ist ebenfalls zu bejahen.
27
(a) Die Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB setzt nach ihrem Wortsinn keinen förmlichen Akt voraus. Sie ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Tätigkeiten und ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (BGH, Urteile vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 101 ff.; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 299; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 42 f.).
28
(b) Nach diesem Maßstab erfüllt die Zulassung der Ärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V die Voraussetzungen einer Bestellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
29
(aa) Diese Zulassung ergeht in der Form eines Verwaltungsakts und damit als hoheitliche Maßnahme. Über sie entscheidet nach § 96 SGB V ein durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen errichteter Zulassungsausschuss , dem Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl angehören (§ 96 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Aufgrund dieses über die allgemeinen Anforderungen hinausgehend sogar ausdrücklichen, formalisierten Bestellungsakts werden die mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundenen besonderen Kompetenzen und Verhaltenspflichten ohne Weiteres nach außen deutlich (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 313).
30
(bb) Die Zulassung bewirkt zunächst, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Bildung von Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 77 SGB V durch die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung hat zur Folge, dass Rechtsbeziehungen regelmäßig zwischen den Krankenkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen und nur in Ausnahmefällen direkt zwischen Vertragsarzt sowie Krankenkasse bestehen (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 25 f.; Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 69 Rn. 28 f.; Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 39, § 3 Rn. 57; Schnapp in Festschrift Herzberg, 2008, S. 795, 801; vgl. auch die schematischen Darstellungen bei Krauskopf/Sproll, SGB V, Stand Juni 2010, § 72 Rn. 12; Kasseler Kommentar /Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand April 2008, § 72 Rn. 16). Jedoch greift der vor diesem Hintergrund von Teilen des Schrifttums gezogene Schluss zu kurz, die Zulassung bewirke allenfalls eine für die Begründung der Amtsträgereigenschaft des Vertragsarztes nicht ausreichende organisatorische Anbindung an die Kassenärztliche Vereinigung, nicht aber eine solche an die Krankenkasse (vgl. Klötzer, NStZ 2008, 12, 16). Die Kassenärztlichen Vereinigungen handeln mit den Krankenkassen Gesamtvergütungen (§ 85 SGB V) für die Leistungen ihrer Mitglieder aus und verteilen diese Vergütung an die Mitglieder. Die Einbindung der Vertragsärzte in diese Organisation betrifft somit in erster Linie den Teilbereich ihrer Vergütung. Die Wirkungen der kassenärztlichen Zulassung erschöpfen sich aber nicht in der Herstellung dieser Verbindung ; sie gehen vielmehr weit darüber hinaus.
31
Die Zulassung führt nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V ebenfalls dazu, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet wird. Dies hat zwar nicht zur Folge, dass zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen oder den kassenärztlichen Vereinigungen ein Dienstverhältnis begründet wird; es bewirkt jedoch, dass der Vertragsarzt in ein "subtil organisiertes öffentlich-rechtliches System" (BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 39 f.) einbezogen wird. Im Rahmen dieses Systems übt der Vertragsarzt mit der Behandlung der Versicherten eine ihm im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung übertragene öffentliche Aufgabe aus (vgl. BVerfG, aaO 39). Dabei ist er in einer für die Begründung einer Amtsträgerstellung ausreichenden Weise in die öffentlichrechtliche Organisation der Krankenkassen eingegliedert.
32
(aaa) Der Vertragsarzt nimmt zunächst einen wesentlichen Teil der Aufgaben wahr, die den Krankenkassen und damit der öffentlichen Verwaltung im Rahmen des deutschen Gesundheitssystems zugewiesen sind.
33
Er übernimmt u.a. die Pflicht, die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten gegen die Krankenkassen auf ärztliche Behandlung (§ 11 i.V.m. § 27 SGB V) zu befriedigen. Nach § 19 Satz 1 SGB IV werden die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts anderes ergibt. Nach den § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 33 SGB V haben die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Krankenbehandlung, u.a. in der Form der Versorgung mit Hilfsmitteln. Die entsprechenden Leistungen werden den Versicherten von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen und nicht als Geldleistungen in der Form der (nachträglichen) Kostenerstattung (§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 1 SGB V). Da die Krankenkassen die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer) und schließen mit diesen auf Grund der sog. Leistungsverschaffungspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1991 - 1 RR 7/88, BSGE 69, 170, 173) Verträge über die Erbringung der Leistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 3, §§ 69 ff. SGB V; BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 54/00 R, BSGE 88, 20, 26 f.; vgl. auch Becker/Kingreen/Joussen, SGB V, 2. Aufl., § 95 Rn. 5; Kasseler Kommentar/Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand Januar 2010, § 95 Rn. 76). Als Bestandteil der Krankenbehandlung sind auch Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel als Sachleistung zu erbringen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Ein derartiger Sachleistungsanspruch kann grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Vertragsarzt das Arznei- oder Hilfsmittel auf Kassenrezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt; denn die §§ 31 ff. SGB V gewähren keine unmittelbar durchsetzba- ren Ansprüche auf "Versorgung" mit von dem Versicherten gewählten Arzneioder Hilfsmitteln, sondern ausfüllungsbedürftige Rahmenrechte. Ein bestimmtes Arznei- oder Hilfsmittel kann der Versicherte daher erst dann beanspruchen , wenn es ihm als ärztliche Behandlungsmaßnahme in Konkretisierung des gesetzlichen Rahmenrechts vom Vertragsarzt verordnet wird. Dem korrespondieren die Regelungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in den §§ 72 ff. SGB V. Der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ist dabei in § 73 Abs. 2 SGB V näher umschrieben; diese umfasst nach § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V auch die hier relevante Verordnung von Hilfsmitteln.
34
Somit hat ausschließlich der jeweils vom Versicherten frei gewählte Vertragsarzt die Kompetenz, die medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalls der Krankheit für den Versicherten und die Krankenkasse verbindlich festzustellen. Diese Rechtsmacht erstreckt sich - soweit in Vorschriften des Leistungserbringungsrechts (§§ 69 ff. SGB V i.V.m. nachrangigem Recht) nichts Abweichendes bestimmt ist - ferner darauf, im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2, § 92 SGB V) mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse (nur) im Leistungsverhältnis zum Versicherten festzusetzen, welche nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 278).
35
Dieses sozialrechtliche Regelungsgefüge weist dem Vertragsarzt bei der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten insbesondere im Rahmen der Verordnungstätigkeit eine Schlüsselstellung zu. Dies gilt unabhängig davon, ob man mit der früheren Rechtsprechung den Vertragsarzt bei der Verordnung einer Sachleistung als Vertreter der Krankenkasse ansieht, der im Regelfall mit Wirkung für und gegen diese eine Willenserklärung zum Abschluss eines Ver- trages abgibt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 19; BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 200), oder ob man mit der neueren, jedenfalls den Bereich der Arzneimittel betreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln die Konstruktion eines in jedem Einzelfall abzuschließenden , den Versicherten begünstigenden Vertrages für entbehrlich hält und statt dessen eine öffentlichrechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung der Beteiligten direkt aus den Vorschriften des SGB V, insbesondere § 129 SGB V, herleitet (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, 161 f.). Denn die durch das Bundessozialgericht vorgenommene dogmatische Neubestimmung der Rechtsgrundlage ändert nichts daran, dass die vertragsärztliche Verordnung das gesetzliche Rahmenrecht des Versicherten auf Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln konkretisiert. Mithin kommt der Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nach der neuen Ausrichtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine zentrale Funktion im Bereich der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit Arznei- und Hilfsmitteln zu (so ausdrücklich BSG aaO S. 163; vgl. auch Frister /Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, 2011, S. 303 f., Rn. 355; aA Manthey GesR 2010, 601).
36
Mit Blick auf diese Schlüsselposition hat bereits die bisherige Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 18 f.) als auch des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 277 f., 280 f.; vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 199 f.; vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96, BSGE 79, 190, 194) - nach Auffassung des Senats zu Recht - den Vertragsarzt als einen mit öffentlichrechtlicher Rechtsmacht "beliehenen" Verwaltungsträger bezeichnet. Hieran anschließend wird auch in der Literatur verschiedentlich eine Beleihung des Vertragsarztes mit Hoheits- rechten angenommen (vgl. Schnapp/Wigge/Neumann, Handbuch des Vertragsarztrechts , 2. Aufl., § 13 Rn. 17; Spickhoff/Schuhr, Medizinrecht, StGB § 266 Rn. 29; Schwerdtfeger, NZS 1998, 97, 101; Becker/Kingreen/Axer, SGB V, 2. Aufl., § 31 Rn. 11; Spellbrink, NZS 1999, 1, 2, spricht insofern vom "Quasi-Amtswalter"; aA Hess, Bitburger Gespräche Jahrbuch 1996, 67, 77; Steege in Festschrift Bundessozialgericht, 2004, 517, 524 f.).
37
(bbb) Daneben bestehen weitere Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen. So müssen etwa nach § 43b Abs. 1 Satz 1 SGB V die Leistungserbringer Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse verrechnen. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V ("Praxisgebühr") hat der Leistungserbringer gemäß § 43b Abs. 2 SGB V einzubehalten; sein Vergütungsanspruch reduziert sich entsprechend. Nach § 294 SGB V hat der Vertragsarzt als Leistungserbringer "die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben" aufzuzeichnen und mitzuteilen. Im Regelfall werden - sofern keine Selektivverträge ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen geschlossen sind - Daten gemäß § 295 SGB V vom Vertragsarzt an die Kassenärztliche Vereinigung und von dort an die Krankenkassen übermittelt. Aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä ergibt sich zudem die Pflicht des Vertragsarztes, "die zur Durchführung der Aufgaben der Krankenkassen erforderlichen schriftlichen Informationen […] auf Verlangen den Krankenkassen zu übermitteln". Die Krankenkassen überwachen (neben den Kassenärztlichen Vereinigungen) nach § 106 Abs. 1 SGB V die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratung und Prüfungen. Dazu bilden die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen Prüfungsstellen sowie einen paritätisch besetzten Beschwerdeausschuss. Soweit der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat, kommen als Rechtsfolge eine gezielte Beratung oder Honorarkürzungen in Betracht. Unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 3a SGB V steht einer Krankenkasse ein direkter Schadensersatzanspruch gegen den Vertragsarzt zu. Ferner ist ein Vertragsarzt zur "peinlich genauen Abrechnung" verpflichtet, da ansonsten das entsprechende Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen gestört wird (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - 6 RKa 70/91, BSGE 73, 234, 237; vgl. auch Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 383). Nach § 106a Abs. 1 SGB V prüft neben der Kassenärztlichen Vereinigung auch die Krankenkasse die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Gemäß § 106a Abs. 3 SGB V erstreckt sich der Prüfungsumfang der Krankenkassen u.a. auf das Bestehen ihrer Leistungspflicht sowie die Plausibilität von Art und Umfang der abgerechneten Leistungen.
38
(ccc) Angesichts dieser engen Verbindungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten spricht nicht entscheidend gegen deren Amtsträgereigenschaft , dass nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Krankenkassen und u.a. die Ärzte zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Patienten zusammenwirken (aA Taschke, StV 2005, 406, 409). Diese Formulierung des Gesetzes vermag die aufgezeigten vielfältigen Rechtsbeziehungen zwischen Vertragsärzten und Krankenkassen nicht in Frage zu stellen. Vor deren Hintergrund ist die Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nicht lediglich als aus dem Bereich hoheitlicher Aufgaben ausgegliederte, organisatorische Bewältigung der medizinisch notwendigen Behandlung des Versicherten einzuordnen (aA Klötzer, NStZ 2008, 12, 16).
39
(cc) Der Umstand, dass der Vertragsarzt mit der Zulassung potentiell mit einer Vielzahl von Krankenkassen - und damit nicht nur mit einer einzigen sonstigen Stelle - in Beziehung tritt, hindert die Annahme seiner Amtsträgereigenschaft im Ergebnis nicht. Diese Besonderheit ist letztlich Folge der historischen Entwicklung des Systems der gesetzlichen Krankenkassen. Während das Verhältnis zwischen den Ärzten und den Krankenkassen ursprünglich durch den Abschluss einzelner privatrechtlicher Verträge geprägt war, wurde die Zulassung später nicht mehr zu einer einzelnen Krankenkasse, sondern zu allen RVO-Kassen vorgenommen (vgl. etwa Verordnung über die kassenärztliche Versorgung vom 14. Januar 1932; RGBl. I S. 19; zur geschichtlichen Entwicklung BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 31 ff.). Mit der Zulassung wird der Vertragsarzt mithin von jeder einzelnen Krankenkasse beauftragt - und ist auch ihr gegenüber verpflichtet -, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken. Dabei wird dieses Rechtsverhältnis nicht mehr durch einzelvertragliche Regelungen, sondern durch das Gesetz und die in dessen Rahmen abgeschlossenen Kollektivverträge zwischen den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen (bzw. deren jeweiligen Zusammenschlüssen ) ausgestaltet, die für den Vertragsarzt mit seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verbindlich werden (§ 95 Abs. 4 Satz 2 SGB

V).

40
(dd) Soweit es weiter für erforderlich gehalten wird, dass die Bestellung zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit führt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105; zweifelnd etwa SIS-Eser, StGB, 28. Aufl., § 11 Rn. 20, 25 mwN), ist dieses Kriterium bei der auf Dauer angelegten Zulassung eines Vertragsarztes ohne Weiteres zu bejahen.
41
(ee) Die Amtsträgereigenschaft eines Vertragsarztes wird nach alldem auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser seine Tätigkeit freiberuflich und bezüglich der Behandlungs- und Verordnungstätigkeit weisungsunabhängig ausübt (aA Geis, wistra 2007, 361, 364; Taschke, StV 2005, 406, 409); denn die freiberufliche Ausübung der übertragenen Aufgaben steht der Amts- trägereigenschaft jedenfalls dann nicht entgegen, wenn im Übrigen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, NJW 1998, 2373: freiberuflich tätiger Bauingenieur ). Maßgebend ist deshalb auch insoweit, dass die Vertragsärzte durch ihre Zulassung in relevanter Weise in die öffentlichrechtlichen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten eingebunden werden.
42
b) Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 333 Abs. 1 StGB sind erfüllt.
43
aa) Den Vertragsärzten wurden im Rahmen des praktizierten Geschäftsmodells mit den vereinbarten Zuwendungen Vorteile gewährt.
44
bb) Dies geschah für deren Dienstausübung. Nach den Feststellungen wurden die Zuwendungen zwar nicht dafür geleistet, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V), sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Sie bildeten deshalb keine unmittelbare Gegenleistung für eine Tätigkeit, die den Vertragsärzten im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten übertragen ist, sondern für eine solche, die hiermit in einem engen Zusammenhang steht. Dies reicht indes aus.
45
Zur Dienstausübung sind zunächst jedenfalls Handlungen zu zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt, d.h. Handlungen, die zu den dienstlichen Obliegenheiten gehören und in amtlicher Eigenschaft vorgenommen werden (BGH, Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 280). Darüber hinaus fallen unter das Tatbestandsmerkmal der Dienstausübung aber auch solche Tätigkeiten, die ihrer Natur nach zu dem Amt oder dem Dienst des Amtsträgers in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb seines Aufgabenbereiches liegen (BGH, Ur- teile vom 5. September 1952 - 4 StR 885/51, BGHSt 3, 143, 145; vom 19. Dezember 1957 - 4 StR 485/57, BGHSt 11, 125, 127; vom 3. Februar 1960 - 4 StR 437/59, BGHSt 14, 123, 125; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 - 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 598).
46
Nach diesem Maßstab wird auch das Sammeln der Verordnungen und Weiterleiten an die Verfallsbeteiligte erfasst. Diese Tätigkeit stellt zwar keine unmittelbare Amtshandlung dar; sie stand jedoch mit der Verordnung der Hilfsmittel in einem engen Zusammenhang. Sie war die Voraussetzung dafür, dass die Vertragsärzte im Anschluss die Verordnungen der Verfallsbeteiligten zukommen ließen; sie wurde ihnen somit gerade durch ihre amtliche Stellung ermöglicht und stellt keine außerhalb des Aufgabenbereichs des Amtsträgers liegende Privathandlung dar.
47
cc) Eine Unrechtsvereinbarung liegt ebenfalls vor; denn den Vertragsärzten wurden die Vorteile vereinbarungsgemäß gerade als Gegenleistung für die beschriebene Dienstausübung gewährt.
48
c) Damit ist dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Verfall von Wertersatz anzuordnen.
49
aa) Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten handelte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB für die Verfallsbeteiligte.
50
bb) Die Verfallsbeteiligte hat auch etwas erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1, 3 StGB. Erlangt ist der Wert des mit dem Zugang der Verordnung des TENS-Geräts erlangten "Auftrags", für die Krankenkasse ein derartiges Gerät an den jeweiligen Patienten auszuleihen (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB V), mithin der zum Zeitpunkt der "Auftragserteilung" hieraus zu erwartende wirtschaftliche Gewinn (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 310; vom 29. Juni 2006 - 5 StR 482/05, NStZ-RR 2006, 338; Fischer aaO § 73 Rn. 11 mwN auch zur Gegenansicht). Das neue Tatgericht wird diesen Wert nach einer Zurückverweisung der Sache gegebenenfalls gemäß § 73b StGB zu schätzen haben. Es wird in diesem Zusammenhang ebenfalls ergänzende Feststellungen etwa zu den Vereinbarungen bezüglich der neben der AOKN involvierten Krankenkassen sowie dazu zu treffen haben, ob die Verfallsbeteiligte alle Verordnungen, welche die Vertragsärzte ihr zukommen ließen , aufgrund des von ihr betriebenen Geschäftsmodells erlangte.

C.

51
Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den Großen Senat für Strafsachen nach § 132 Abs. 4 GVG sind gegeben.
52
Die Beantwortung der Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben, hier konkret bei der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB handelt, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt und kann sich in einer Vielzahl von Verfahren erneut stellen. Ihre Beantwortung wirkt deshalb richtungsweisend für die Rechtsanwendung im Bereich der strafrechtlichen Verfolgung des sog. Pharmamarketing. Dabei ist mit Blick auf die erheblichen Auswirkungen eine möglichst einheitliche, sich an entsprechenden Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen orientierende Handhabung der Praxis geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 324 f.; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 128).
53
Die Vorlage ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Sie zielt auf die Festlegung neuer Auslegungsgrundsätze, als deren Folge sich ein geändertes Verständnis der Stellung des Vertragsarztes im Verhältnis zu den Krankenkassen ergibt.

D.

54
Sollte der Große Senat für Strafsachen entgegen der Ansicht des vorlegenden Senats die Amtsträgereigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes bei der Verordnung von Hilfsmitteln verneinen, so hängt der Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft davon ab, ob der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm praktizierte Geschäftsmodell tatbestandlich und rechtswidrig zumindest Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) begangen hat (zur Subsidiarität des § 12 UWG aF, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, gegenüber den Amtsdelikten vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 403; Beschluss vom 10. Februar 1994 - 1 StR 792/93, NStZ 1994, 277), und daher auf dieser Grundlage die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte in Betracht kommt. Auch dies wäre nach Auffassung des vorlegenden Senats zu bejahen. Indes handelt es sich bei der Frage, ob der niedergelassene Vertragsarzt insoweit als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen anzuerkennen ist, ebenfalls um eine solche von grundsätzlicher Bedeutung, die der Senat zur Fortbildung des Rechts dem Großen Senat für Strafsachen hilfsweise für den Fall unterbreitet, dass dieser die hauptsächlich gestellte Vorlegungsfrage verneint.
55
I. Handeln Vertragsärzte bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht als Amtsträger, so werden sie insoweit jedenfalls als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB tätig.
56
Beauftragter nach dieser Vorschrift ist nach gefestigter, ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur, wer, ohne Geschäftsinhaber oder Angestellter zu sein, für einen Geschäftsbetrieb befugtermaßen tätig wird und dabei aufgrund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen des Betriebes, die den Waren- oder Leistungsaustausch betreffen , Einfluss zu nehmen (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16 mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor. Hierzu gilt im Einzelnen:
57
1. In der strafrechtlichen Literatur hat - soweit ersichtlich - erstmals Pragal (NStZ 2005, 133) die Meinung vertreten, die Vertragsärzte seien als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen anzusehen, und dies in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Stellung der Vertragsärzte im Rahmen des Untreuetatbestands nach § 266 StGB (BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17; vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 569) insbesondere damit begründet, sie seien bei der Ausstellung einer Verordnung als Vertreter der Kassen tätig. Diese Auffassung hat im Schrifttum in der Folgezeit überwiegend Kritik hervorgerufen (Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Geis, wistra 2005, 369; ders., GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2007, 361; Klötzer, NStZ 2008, 12; Kölbel, wistra 2009, 129, 132; Reese, PharmR 2006, 92, 96 ff.; Sahan, ZIS 2007, 69; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.), wird mittlerweile jedoch von einer wachsenden Zahl von Autoren im Ergebnis geteilt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10b ff.; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 18; NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c; Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586 ff.; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirt- schaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 293 ff. Rn. 348 ff.; wohl auch S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 8; offen Badle, NJW 2008, 1028, 1033). Ihr hat sich in neuerer Zeit das Oberlandesgericht Braunschweig (Beschluss vom 23. Februar 2010 - Ws 17/10, NStZ 2010, 392) - wenn auch für die konkrete Entscheidung nicht tragend und ohne nähere Begründung - angeschlossen. Diese Entscheidung ist teilweise auf Zustimmung (Dannecker, GesR 2010, 281; Schmidt, NStZ 2010, 393; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 299 Rn. 353), wohl überwiegend jedoch auf Ablehnung (Brockhaus /Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418; Dieners, PharmR 2010, 232; Geis, wistra 2010, 280; Schneider, StV 2010, 366; ders., HRRS 2010, 241, 245 ff.; Sobotta, GesR 2010, 471; Steinhilper, MedR 2010, 499; Warntjen /Schelling, PharmR 2010, 509; Weidhaas, ZMGR 2010, 199) gestoßen.
58
2. Die Beauftragteneigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen bei der Verordnung von Hilfsmitteln ergibt sich maßgebend aus einer sachgerechten Bewertung der Bedeutung , die einer solchen Verordnung nach dem sozialrechtlichen Regelungsgefüge zukommt:
59
Wie bereits dargelegt hat der Vertragsarzt bei der Verordnung eines Arznei- oder Hilfsmittels eine zentrale Stellung inne. Seine Verordnung ist für die Begründung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten "conditio sine qua non" und damit sowohl für diesen als auch für die betreffende Krankenkasse von essentieller Bedeutung. Bereits diese Schlüsselstellung rechtfertigt den Schluss, dass der Vertragsarzt mit dem Ausstellen einer Verordnung über ein Arznei- oder Hilfsmittel auf die Entscheidung der Krankenkasse, dem Versicherten eine derartige Sachleistung zu gewähren, kraft der ihm durch das Kas- senarztrecht verliehenen Kompetenzen in ganz wesentlicher Weise Einfluss nimmt und somit die Voraussetzungen einer Beauftragtenstellung erfüllt.
60
3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht daran, dass der die Verordnung ausstellende Arzt regelmäßig nicht letztverbindlich über die Gewährung einer bestimmten Sachleistung entscheidet.
61
Der Strafkammer ist zwar dahin zuzustimmen, dass nach dem SGB V die Frage, ob eine Sachleistung der vorherigen Beantragung bei und Bewilligung durch die zuständige Krankenkasse bedarf, in der Weise geregelt ist, dass die vorherige Beantragung und Bewilligung der Leistung die Regel und das Absehen hiervon die Ausnahme ist. Falls nichts anderes bestimmt oder etwa durch einen Vertrag zwischen dem Leistungserbringer und der gesetzlichen Krankenkasse nach § 127 SGB V vereinbart ist, muss der Versicherte deshalb die Verordnung bei der Krankenkasse einreichen und diese darüber entscheiden, ob sie das verordnete Hilfsmittel bewilligt. Bis zu dieser Bewilligung ist der Versicherte nicht berechtigt, die Verordnung bei einem Leistungserbringer einzureichen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2009 - L 11 KR 5031/09 ER-B, Rn. 31 f. - zitiert nach juris).
62
Eine derartige Letztentscheidungszuständigkeit, wie sie das Landgericht als erforderlich erachtet, ist indes nach der allgemeinen, in ständiger Rechtsprechung verwendeten Umschreibung nicht Voraussetzung für die Beauftragtenstellung nach § 299 StGB; vielmehr genügt es, dass der Beauftragte auf die Entscheidung des Betriebes über den Warenaustausch Einfluss hat. Es besteht kein Anlass, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hiervon abzugehen. Dies würde zu einer in der Sache nicht gerechtfertigten Privilegierung der Vertragsärzte führen, die zudem Sinn und Zweck der Norm widerspräche. Be- reits in der Rechtsprechung zu § 12 UWG, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, war es allgemein anerkannt, dass der Beauftragtenbegriff weit auszulegen ist, weil ihm innerhalb des Tatbestandes eine Auffangfunktion zukommen soll (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401;LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16). Mit der Verlagerung der Strafbestimmung in das Strafgesetzbuch durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl. I S. 2038) war eine Einschränkung nicht verbunden. Der Gesetzgeber wollte vielmehr das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, dass es sich auch bei Korruption im geschäftlichen Bereich um eine Kriminalitätsform handelt, die nicht nur die Wirtschaft selbst betrifft, sondern Ausdruck eines allgemeinen sozialethisch zu missbilligenden Verhaltens ist (BR-Drucks. 553/96, 32). Mit diesen Grundsätzen wäre die von der Strafkammer vertretene Restriktion nicht vereinbar.
63
4. Auch die weiteren, von Teilen des Schrifttums gegen eine Beauftragtenstellung ins Feld geführten Argumente führen im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung:
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a) Dies gilt zunächst, soweit darauf abgestellt wird, der niedergelassene Arzt übe eine freiberufliche Tätigkeit aus (vgl. etwa Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 421; Klötzer, NStZ 2008, 12, 14; Reese, PharmR 2006, 92, 97; Sobotta, GesR 2010, 471, 474; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.); denn ein selbstständiges gewerbliches oder freiberufliches Tätigwerden steht der Einordnung des Betreffenden als Beauftragter ebenso wenig entgegen wie seiner Qualifizierung als Amtsträger. Für einen Beauftragten nach § 299 StGB ist es vielmehr geradezu typisch, dass er - im Gegensatz zum Angestellten - nicht in den geschäftlichen Betrieb eingegliedert ist, sondern mit der Wahrnehmung des Auftrags zugleich eine eigene geschäftliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 104; Schmidt, NStZ 2010, 393, 395). Während sich die Angestellteneigenschaft regelmäßig aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis ergibt, liegt der Beauftragung im Sinne des § 299 StGB typischerweise ein Geschäftsbesorgungs- oder Werkvertrag zugrunde. Als Beauftragte gelten deshalb z.B. selbstständige Handelsvertreter (BGH, Urteil vom 27. März 1968 - I ZR 163/65, NJW 1968, 1572, 1573) oder ein freiberuflich tätiger Prüf- und Planungsingenieur (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105). Auch freiberuflich tätige Architekten oder Unternehmensberater kommen als Beauftragte in Betracht (MünchKommStGB /Diemer/Krick, § 299 Rn. 5; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 299 Rn. 2). In diesem Zusammenhang würde es somit ebenfalls eine in der Sache nicht gerechtfertigte Privilegierung darstellen, wollte man den Vertragsarzt aus dem Anwendungsbereich des § 299 StGB herausnehmen, weil er seine Tätigkeit freiberuflich ausübt.
65
b) Die Anwendung des § 299 StGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Vertragsarzt regelmäßig Inhaber der eigenen ärztlichen Praxis und damit eines Betriebes im Sinne der genannten Vorschrift ist (aA Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 196). Denn der Betriebsinhaber kann sich wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar machen, wenn er zugleich für einen anderen geschäftlichen Betrieb tätig wird und für den Einfluss auf dessen Entscheidungen unberechtigte oder sachfremde Vorteile erhält (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23b); von der Strafbarkeit ausgenommen ist lediglich die Vorteilsannahme eines Betriebsinhabers bezüglich seines eigenen Betriebes (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10c).
66
c) Gegen die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter im Sinne des § 299 StGB spricht weiter nicht, dass seine Befugnis, auf die Entscheidung des Betriebes Einfluss zu nehmen, nicht auf einem Rechtsgeschäft beruht.
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Insbesondere der Wortlaut der Norm erfordert eine solche restriktive Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Beauftragter" nicht (aA Sahan, ZIS 2007, 69, 72; vgl. auch Reese, PharmR 2006, 92, 98). Dies ergibt sich schon mit Blick auf § 266 StGB, der ausdrücklich von einem "behördlichen" Auftrag spricht (so zu Recht LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 17). Eine Auslegung , die nicht nur die rechtsgeschäftliche Beauftragung erfasst, hält sich deshalb in den Grenzen des natürlichen Wortsinns und verstößt nicht gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG.
68
Mit Blick vor allem auf das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut sowie Sinn und Zweck der Norm ist die rechtliche Grundlage, auf der die Berechtigung beruht, nicht maßgebend (aA Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.; Reese, PharmR 2006, 92, 96). § 299 StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 2 mwN) und schützt - zumindest vorrangig - den freien Wettbewerb (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 1 mwN). Dieser ist immer dann in Gefahr, wenn Personen die Befugnis haben, den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im geschäftlichen Verkehr zu beeinflussen, dessen wirtschaftliche Folgen nicht sie selbst treffen, sondern die ein anderer zu tragen hat. Demgegenüber ist es nicht von Bedeutung, auf welcher rechtlichen Grundlage die betreffenden Personen tätig werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beauftragte die tatsächliche Möglichkeit hat, die betrieblichen Entscheidungen über den Erwerb von Waren oder Leistungen unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und es ihm im Interesse des Betriebes verwehrt ist, Leistungen der anderen Vertragsseite anzunehmen (Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587). Auch außenstehende Personen können somit Beauftragte sein, wenn sie in der Lage sind, Entscheidungen für den Betrieb zu beeinflussen (vgl. Schmidt, NStZ 2010, 393, 394). Es kommt allein auf das unlautere Tätigwerden des Beauftragten für den Geschäftsherrn an, ohne dass dieses Verhalten dem Geschäfts- herrn zugerechnet werden muss (NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23a). Deshalb kommt neben der Beauftragung durch ein Rechtsgeschäft auch in Betracht , dass sich die Beauftragtenstellung - wie etwa bei einem Insolvenzverwalter (Fischer aaO § 299 Rn. 10a) - aus einer gerichtlichen Bestellung, einer gesetzlichen Regelung oder einem Verwaltungsakt ergibt. Somit genügt es, dass die Befugnis des Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen auf der Zulassung durch den nach § 96 SGB V gebildeten Ausschuss gründet, dessen Mitglieder von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen bestellt werden.
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d) Aus den dargelegten Gründen erfordert der Tatbestand des § 299 StGB erst recht nicht, dass der Beauftragte ein ihm von demGeschäftsherrn entgegen gebrachtes Vertrauen missbraucht (zutreffend Schmidt, NStZ 2010, 393, 394 f.; aA Geis, GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2005, 369, 370; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.). Der Wortlaut des § 299 StGB gibt für eine derartige Einschränkung nichts her. Eswiderspräche dem Wesen der Vorschrift als Straftat gegen den freien Wettbewerb, wollte man die Beauftragtenstellung nur bei einem derart engen persönlichen Verhältnis zwischen dem Beauftragten und dem Betriebsinhaber bejahen.
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e) Die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter wird auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser bei der Auswahl des Arznei- oder Hilfsmittels nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der gesetzlichen Krankenkassen zu wahren, sondern sich vor allem am Wohl seines Patienten zu orientieren hat (aA Geis, wistra 2005, 369, 370; Sahan, ZIS 2007, 69, 73 f.; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.). Zwar hat er diesen sachkundig zu beraten und dadurch in die Lage zu versetzen, sein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Behandlung auszuüben. Jedoch ändert diese Verpflichtung des Vertragsarztes nichts daran, dass er mit der Verordnung von Arznei- oder Hilfsmitteln - jedenfalls auch - Einfluss auf die Leistungsgewährung durch die gesetzliche Krankenversicherung nimmt und deshalb - insoweit vergleichbar einem als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt - als deren Beauftragter handelt (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23c; ders., GesR 2010, 281, 284).
71
f) Die Beauftragtenstellung der Vertragsärzte scheidet weiter ebenso wie ihre Amtsträgereigenschaft nicht wegen der Einschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen in das sozialrechtliche Versorgungssystem aus (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10d f.; Dannecker, GesR 2010, 281, 284; aA SSWStGB /Rosenau, § 299 Rn. 11; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 420). Diese vermag an der die Beauftragteneigenschaft begründenden Schlüsselstellung der Vertragsärzte bei der Verordnung einer Sachleistung nichts zu ändern. Auch in anderen Fällen, etwa bei einem Testamentsvollstrecker oder Insolvenzverwalter, wird eine rechtliche Beziehung zwischen Beauftragtem und "Auftraggeber" nicht verlangt (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; Dannecker , GesR 2010, 281, 284). § 299 StGB stellt insoweit lediglich auf den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ab. Somit kommt es ausschließlich darauf an, dass der Vertragsarzt durch die Verordnung des Hilfsmittels Einfluss auf die Entscheidung der Krankenkasse nimmt, dem Versicherten diese Leistung zu gewähren. Eine darüber hinausgehende Beziehung zwischen Vertragsarzt und gesetzlicher Krankenkasse ist unerheblich; insbesondere eine Weisungsbefugnis der Krankenkasse ist nicht erforderlich (so zu Recht etwa Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587).
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g) Der Senat muss schließlich nicht entscheiden, ob ein Privatarzt bei der Verschreibung eines Arznei- oder Hilfsmittels als Beauftragter der privaten Krankenversicherung angesehen werden kann. Verneint man dies (vgl. hierzu NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c mwN; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.), schiede in dieser Fallkonstellation trotz der Entgegennahme bzw. Gewährung von Vorteilen als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung die Strafbarkeit der Beteiligten nach § 299 StGB aus. Die dann gegebene Ungleichbehandlung von Vertrags- und Privatärzten zeigt zwar möglicherweise bezüglich der Rechtslage bei der privatärztlichen Patientenversorgung eine strafrechtliche Lücke auf, die nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann; sie rechtfertigt es indes nicht, im Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit ein der Norm unterfallendes , den lauteren Wettbewerb gefährdendes Verhalten aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herauszunehmen (Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 108; aA Schneider, StV 2010, 366, 368; Steinhilper, MedR 2010, 499, 501).
73
II. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 299 Abs. 2 StGB wurden nach den Feststellungen in rechtswidriger Weise verwirklicht.
74
1. Die gesetzlichen Krankenkassen sind geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB. Dieser Begriff umfasst jede auf gewisse Dauer ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsleben, die sich durch Austausch von Leistungen und Gegenleistungen vollzieht. Rein wohltätigen oder sozialen Zwecken dienende Betriebe fallen ebenfalls unter die Norm, soweit sie wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten. Dasselbe gilt für öffentliche Behörden, soweit sie sich am Wirtschaftsverkehr beteiligen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 4, 6; NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 26). Danach werden auch die gesetzlichen Krankenkassen erfasst (vgl. schon RG, Urteil vom 29. Januar 1934 - 2 D 1293/33, RGSt 68, 70, 74; BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 402; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 19); denn sie können ihren Versorgungsauftrag gegenüber den Versicherten nur durch Leistungsaustausch ins- besondere mit Apotheken und Pharmaunternehmen erfüllen (vgl. Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586).
75
2. Durch die Verrechnung des Entgelts, das für die Überlassung von in der jeweiligen Praxis der Vertragsärzte eingesetzten medizinischen Geräten eigentlich an die Verfallsbeteiligte zu leisten gewesen wäre, mit den Verordnungen über die TENS-Geräte, wurde den betroffenen Ärzten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Grundlage einer Unrechtsvereinbarung ein Vorteil als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie die Verfallsbeteiligte bei dem Bezug von Waren in unlauterer Weise bevorzugten.
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3. Der Tatbestand wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zuwendungen nicht dafür geleistet wurden, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V),sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Die Beauftragung der Vertragsärzte umfasst zwar - soweit in diesem Zusammenhang von Belang - nur die Verordnung des Hilfsmittels als solche. Die hier nach dem praktizierten Geschäftsmodell honorierte Tätigkeit der Vertragsärzte stellt somit keine unmittelbare Ausführung ihres Auftrages dar. Die Erwägungen , die im Rahmen der Amtsdelikte dazu führen, dass zur Dienstausübung nicht nur diejenigen Tätigkeiten zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt (s. oben B. II. 2.b) bb)), gelten jedoch entsprechend. Nach Sinn und Zweck des § 299 StGB werden deshalb auch solche Tätigkeiten erfasst, die ihrer Natur nach zu dem Auftrag in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb des durch die Beauftragung zugewiesenen Aufgabenbereichs liegen. Ein derart enger Zusammenhang ist hier gegeben.
77
4. Die Krankenkassen sind bei der gebotenen wirtschaftlich-faktischen Betrachtungsweise auch als Bezieher einer gewerblichen Leistung im Sinne des § 299 StGB anzusehen unabhängig davon, ob im jeweiligen Einzelfall aufgrund der ärztlichen Verordnung ein TENS-Gerät von der Verfallsbeteiligten überhaupt neu angeschafft werden musste und in das (Sicherungs-) Eigentum der AOKN überging oder ein bereits vorhandenes Gerät erneut verwendet werden konnte. Diese besteht in der nach Maßgabe der Verträge zwischen der Verfallsbeteiligten und der AOKN von dieser zu vergütenden Ausleihe des Geräts durch die Verfallsbeteiligte an den Patienten (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB

V).

78
III. Damit ist auch insoweit dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Wertersatzverfall anzuordnen. Hierzu wird auf die Darlegungen unter B. II. 2. c) verwiesen.
79
IV. Auch die Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgaben, hier konkret der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) - so er dabei nicht ohnehin als Amtsträger handelt - als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen tätig wird, ist eine solche von grundlegender Bedeutung, für deren - hilfsweise - Beantwortung die Sache gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Fortbildung des Rechts vorzulegen ist. Die Ausführungen unter C. gelten insoweit entsprechend. Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.
vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder
2.
künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.
bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,
2.
soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muß in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.

(2) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinzuwirken.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 458/10
vom
5. Mai 2011
in dem selbstständigen Verfallsverfahren
gegen
wegen Anordnung von Wertersatzverfall
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 17. März 2011 in der Sitzung am 5. Mai 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
(nur in der Hauptverhandlung am 17. März 2011)
als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

beschlossen:
Der Senat legt die Sache nach § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung folgender Fragen vor: 1. Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB? 2. Hilfsweise für den Fall der Verneinung von Frage 1: Handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V; hier: Verordnung eines Hilfsmittels) im Sinne des § 299 StGB als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen?

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft, gegen die P. GmbH (im Folgenden: Verfallsbeteiligte) in einem selbst- ständigen Verfallsverfahren Wertersatz in Höhe von 350.225 € für verfallen zu erklären, nach mündlicher Verhandlung durch das angefochtene Urteil "als unzulässig" verworfen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung der §§ 261, 244 Abs. 2 StPO und des materiellen Rechts.
2
Der Senat beabsichtigt, der Revision auf die Sachrüge stattzugeben. Er legt die Sache indes vorab gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung über die aus der Beschlussformel ersichtlichen Rechtsfragen vor, deren Beantwortung für den Urteilsspruch des Senats ausschlaggebend ist. Diese Fragen haben grundsätzliche Bedeutung; ihre Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

A.

3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Die Verfallsbeteiligte handelte mit sog. TENS-Geräten. Dies sind kompakte , batteriegetriebene Geräte, die etwa bei der Schmerzbehandlung, der Muskelstimulation sowie der Behandlung von Harninkontinenz zum Einsatz kommen; sie werden den Patienten zur häuslichen Eigenanwendung zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um Hilfsmittel im Sinne der sozialrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Krankenversicherung.
5
Die Rechtsvorgängerin der Verfallsbeteiligten schloss am 1. November 2000 mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse Niedersachsen (im Folgenden: AOKN) eine Vereinbarung nach § 127 SGB V über die Versorgung der Versicherten mit TENS-Geräten, in welche die Verfallsbeteiligte eintrat. In dem Vertrag war u.a. bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte das freie Wahlrecht der Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern zu beachten hatte und Verordnungen nur unmittelbar vom Versicherten oder einer von diesem beauftragten Person entgegennehmen sollte. Die Geräte standen im Eigentum der AOKN; sie wurden von der Verfallsbeteiligten verwahrt und den Versicherten leihweise überlassen. Hierfür erhielt die Verfallsbeteiligte von der AOKN ein festgelegtes Entgelt. Außerdem war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Leistungserbringung die Genehmigung der AOKN oder der von dieser benannten Stelle einholen musste. In § 11 der Vereinbarung hieß es: "Versicherte dürfen nicht motiviert oder beeinflusst werden, bestimmte Verordnungen von Vertragsärzten zu fordern. Gleichfalls darf der Leistungserbringer von sich aus den Vertragsarzt in seiner Verordnungsweise nicht beeinflussen."
6
Zum 1. April 2007 wurde diese Vereinbarung durch einen neuen Vertrag ersetzt. Danach wurde das Eigentum an den Geräten der AOKN lediglich sicherungshalber übertragen. Die Vergütung der Verfallsbeteiligten für die Überlassung der Geräte an die Versicherten richtete sich nach Versorgungspauschalen. Auch in diesem Vertrag war bestimmt, dass die Verfallsbeteiligte vor der Abgabe eines Geräts an einen Versicherten die Bewilligung der AOKN einzuholen hatte. Schließlich lautete § 18 Abs. 1 der Vereinbarung: "Der Leistungserbringer darf nicht Ärzte oder Versicherte zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung von Hilfsmitteln oder Versorgungspauschalen motivieren oder beeinflussen oder in einer anderen personenbezogenen Weise werben. Zahlungen des Leistungserbringers für die vorgenannten Zwecke an verordnende Ärzte sind unzulässig."
7
Die Verfallsbeteiligte bediente sich für den Vertrieb ihres Warensortiments diverser Handelsvertreter, die als Vergütung für von ihnen vermittelte Geschäfte eine Provision erhielten. Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten gab den Handelsvertretern ein Geschäftsmodell vor. Dieses sah vor, dass einem niedergelassenen Arzt, der ein hochwertiges medizinisches Gerät für seine Praxis von der Verfallsbeteiligten mietete oder leaste, das hierfür zu zahlende Entgelt anteilig erstattet oder vollständig erlassen wurde, wenn er im Gegenzug Verordnungen für den Bezug eines TENS-Gerätes ausstellte und der Verfallsbeteiligten zukommen ließ. Die Ärzte erhielten spezielle Briefkuverts, mit denen die in der Arztpraxis ausgestellten und dort gesammelten Verordnungen an die Verfallsbeteiligte übersandt werden konnten. Abhängig von der Art des dem Arzt überlassenen Gerätes mussten für dessen kostenfreie Nutzung monatlich 15 bis 30 Verordnungen über ein TENS-Gerät ausgestellt werden; einer Verordnung wurde der Gegenwert von zehn Euro beigemessen. Im Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 26. November 2008 gingen der Verfallsbeteiligten insgesamt 70.045 verrechnungsfähige Verordnungen von niedergelassenen Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet zu. Belegbare Anhaltspunkte dafür , dass von den Ärzten auch in solchen Fällen Verordnungen ausgestellt wurden , in denen hierfür keine medizinische Indikation bestand, ergaben sich nicht.
8
Das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Bestechung wurde im Dezember 2009 von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dass dieser bei der Wertung, ob das von ihm initiierte Geschäftsmodell einen Straftatbestand verletzt, einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen sei.
9
Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet nach der Auffassung des Landgerichts eine selbstständige Verfallsanordnung aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) bzw. der Bestechung (§ 334 StGB) nicht verwirklicht worden seien. Die gesetzlichen Krankenkassen seien zwar geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB; der dort weiter vorausgesetzte Vorteil liege in der Verrechnung des Entgelts, welches von den Ärzten für die Überlassung von medizinischen Geräten zu entrichten war, mit den von ihnen ausgestellten Verordnungen für den Bezug von TENS-Geräten. Die Vertragsärzte seien jedoch nicht als Angestellte oder Beauftragte der Krankenkassen anzusehen. Der Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter der Krankenkasse stehe hier entgegen, dass dieser bei der Verordnung von Hilfsmitteln - im Gegensatz zur Rechtslage bei Arzneimitteln, wo er regelmäßig das konkrete Medikament festlege - durch das Ausstellen der Verordnung kein für die Krankenkasse verbindliches Votum abgeben könne, welcher Anbieter zum Zuge komme; es fehle somit die erforderliche "Letztentscheidungszuständigkeit". Die AOKN habe auf diese Prüfung auch nicht im Vorhinein verzichtet; sie habe sich vielmehr in den Verträgen mit der Verfallsbeteiligten eine Prüfung im Einzelfall vorbehalten, mithin die Entscheidungsbefugnis nicht vorab aus der Hand gegeben. Eine Strafbarkeit nach § 334 StGB scheitere daran, dass der Vertragsarzt kein Amtsträger sei. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB seien nicht erfüllt. Der erforderliche öffentlichrechtliche Bestellungsakt könne nicht in dem Zulassungsbeschluss des Zulassungsausschusses nach § 95 SGB V gesehen werden. Dieser führe nicht zu einer Anbindung des Vertragsarztes an die gesetzlichen Krankenkassen in der Form, dass der Vertragsarzt bei einer Gesamtbetrachtung als "verlängerter Arm des Staates" erscheine. Dieser sei vielmehr nur Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung. Er entscheide allein über die medizinische Notwendigkeit einer Krankenbehandlung und sei einem beliebigen Leistungserbringer gleichzusetzen, dessen sich die gesetzliche Krankenkasse zur Erfüllung ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten bediene.
10
II. Die - insoweit vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision ist der Auffassung, die niedergelassenen Vertragsärzte seien als Beauftragte der Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB anzusehen. Dies gelte auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln. Eine "Letztentscheidungsbefugnis" des Beauftragten sei nicht erforderlich. Sie meint zudem, die Vertragsärzte seien auch Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Die gesetzlichen Krankenkassen erfüllten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und bedienten sich hierzu der Vertragsärzte; es sei deshalb nicht notwendig, den einzelnen Vertragsarzt als "verlängerten Arm des Staates" anzusehen. Die Vertragsärzte sei- en auch dazu bestellt, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung vorzunehmen; der Bestellungsakt liege in der Zulassung nach § 95 SGB V. Diese Zulassung führe zu einer Einbindung des Vertragsarztes in das System der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch zu einer organisatorischen Eingliederung des Arztes in die Struktur der jeweiligen Krankenkasse. Es ergebe sich für den Vertragsarzt ein verbindlich vorgegebener Rahmen, innerhalb dessen er bei der Erfüllung der den gesetzlichen Krankenkassen obliegenden öffentlichen Aufgabe der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung mitwirke.

B.

11
Der Senat hält die Revision der Staatsanwaltschaft für zulässig und - mit der Sachrüge - für begründet. Nach seiner Auffassung handelt ein niedergelassener , für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Verordnung von Hilfsmitteln (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, so dass die Zuwendung ihm im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit gewährter Vorteile den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) oder den der Bestechung (§ 334 StGB) erfüllen kann. Die weiteren Voraussetzungen für die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte sind nach den bisherigen Feststellungen zumindest nicht ausgeschlossen. Im Einzelnen:
12
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig. Zwar hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung den Antrag der Staatsanwaltschaft durch Urteil "als unzulässig" verworfen, während § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO eine solche Form der Entscheidung an sich nur bei zulässigen Anträgen der Staatsanwaltschaft vorsieht. Dies bedeutet indes nicht, dass es sich bei dem Erkenntnis des Landgerichts der Sache nach um einen Beschluss gemäß § 441 Abs. 2 StPO handelt, gegen den nach dieser Bestimmung als statthaftes Rechtsmittel allein die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht eröffnet wäre (zum zulässigen Rechtsmittel bei fehlerhafter Bezeichnung der anzufechtenden Entscheidung vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 296 Rn. 12 mwN).
13
Dabei kann dahinstehen, ob der Auffassung des Landgerichts zu folgen ist, das nach § 76a Abs. 1 StGB für die selbstständige Anordnung des Wertersatzverfalls erforderliche Vorliegen einer Straftat sei nicht nur materiellrechtliche Voraussetzung dieser Maßnahme, sondern auch eine in jeder Lage des Verfahrens zu beachtende Prozessvoraussetzung für das selbstständige Verfallsverfahren. Das Landgericht, das den Antrag zunächst für zulässig erachtet hat, war nach § 441 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO befugt, eine mündliche Verhandlung anzuordnen. Diese hätte es - wenn sich die von ihm angenommene Unzulässigkeit des Antrags vor der mündlichen Verhandlung herausgestellt hätte - zwar wieder absetzen und durch Beschluss entscheiden können (LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 11; KK/Schmidt, 6. Aufl., § 441 Rn. 7; SK-StPO/Weßlau, Stand Dezember 2007, § 441 Rn. 6). Nach deren Durchführung war es jedoch aus den von ihm dargelegten zutreffenden Gründen rechtlich zumindest nicht daran gehindert, durch Urteil zu entscheiden, nachdem sich nunmehr - aus seiner Sicht - die Unzulässigkeit des Antrags herausgestellt hatte (aA LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 22).
14
II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist nach Auffassung des Senats auch begründet.
15
1. Die Voraussetzungen, unter denen ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den § 440 Abs. 1, § 442 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76a StGB zulässig ist, liegen vor.
16
a) Die Einziehung und der Verfall können nach § 76a Abs. 1 StGB dann selbstständig angeordnet werden, wenn wegen einer Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Dabei kommen grundsätzlich nur solche Hinderungsgründe in Betracht, welche die materielle Strafbarkeit der Tat als solche ebenso wie auch ihre verfahrensrechtliche Verfolgbarkeit unberührt lassen und lediglich ihre faktische Sanktionierung unmöglich machen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Täter nicht ermittelt oder nicht erreicht werden kann, etwa weil er sich verborgen hält oder sich unerreichbar im Ausland befindet. Die selbstständige Anordnung kommt dagegen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Verfolgung einer Person rechtliche Gründe entgegenstehen (OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 1994 - OJs 47/92, NStZ-RR 1996, 209; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 5).
17
Handelt der Täter schuldlos, so steht nach diesen Maßgaben seiner Verurteilung kein tatsächliches, sondern ein rechtliches Hindernis entgegen. Der Wortlaut des § 76a StGB legt es deshalb zwar zunächst nahe, dass in solchen Fällen ein selbstständiges Verfallsverfahren ausscheidet. Dem steht allerdings entgegen, dass der Verfall nach § 73 Abs. 1 StGB schon bei einer rechtswidrig begangenen Anknüpfungstat angeordnet werden kann; ein schuldhaftes Handeln des Täters ist insoweit nicht erforderlich. Wollte man deshalb bei einer ohne Schuld begangenen Straftat das selbstständige Verfallsverfahren nach § 76a StGB ausschließen, so käme jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - die Schuldlosigkeit bereits im Ermittlungsverfahren zu Tage tritt und die Staatsanwaltschaft deshalb an der Erhebung der Anklage gehindert ist, die Anordnung des Verfalls nicht in Betracht, obwohl die materiellen Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies widerspräche indes dem Regelungsgehalt des § 76a Abs. 1 StGB; denn die Norm will die Anordnung des Verfalls gerade ohne Rücksicht auf die persönliche Verfolgbarkeit des Täters ermöglichen , wenn die Voraussetzungen der Maßnahme vorliegen. Deshalb ist die Regelung bei angemessener Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks dahin zu verstehen, dass beim Verfall das schuldlose Handeln des Täters einem tatsächlichen Verfolgungshindernis gleich steht. Hieraus folgt, dass die Anordnung des Verfalls im selbstständigen Verfahren auch dann in Betracht kommt, wenn der Täter bei Begehung der Tat etwa schuldunfähig ist oder einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 76a Rn. 10; S/S-Eser, StGB, 28. Aufl., § 76a Rn. 7; SSW-StGB/Burghart, § 76a Rn. 8).
18
b) Es ist davon auszugehen, dass die Durchführung eines subjektiven Verfahrens hier unmöglich war. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht die Nichtverfolgbarkeit einer bestimmten Person als Verfahrensvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen im Wege des Freibeweises nachzuprüfen hat (OLG Hamm, Urteil vom 30. Juni 1953 - (1) 2 Ss 300/53, NJW 1953, 1683, 1684; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. März 1967 - (1) Ss 840/66, NJW 1967, 1142, 1143; LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 440 Rn. 17; KK-Schmidt, StPO, 6. Aufl., § 440 Rn. 3), oder ob die Entscheidungskompetenz darüber, ob eine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann, nach der Grundkonzeption des Strafprozessrechts auch in diesem Zusammenhang der Staatsanwaltschaft zusteht mit der Folge, dass das Gericht deren Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Verfallsverfahrens nur dann als unzulässig verwerfen kann, wenn sich aus der Begründung des Antrags oder aus den Akten ohne Weiteres ergibt, dass die Annahme der Staatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen nicht zutrifft oder auf einem Rechtsirrtum beruht (OLG Celle, Beschluss vom 11. Juli 1958 - 2 Ws 169/58, NJW 1958, 1837; OLG Hamm, Urteil vom 11. Juni 1970 - 2 Ss 51/70, NJW 1970, 1754, 1755; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 440 Rn. 8; Radtke /Hohmann/Kiethe, StPO, § 440 Rn. 10). Denn der Senat hat sich im Wege des Freibeweises davon überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund , dass die nahezu allgemeine Auffassung in Rechtsprechung und Lite- ratur zur Tatzeit dahin ging, dass das hier angewandte Geschäftsmodell straflos sei, zu Recht davon ausgegangen ist, dass der anwaltlich entsprechend beratene Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten einem Verbotsirrtum unterlegen war, den er nicht vermeiden konnte.
19
2. Nach den bisherigen Feststellungen ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm über die Handelsvertreter betriebene Geschäftsmodell zumindest den Tatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 Abs. 1 StGB) rechtswidrig verwirklicht hat; demgemäß könnte der Wert des hierdurch von der Verfallsbeteiligten Erlangten gegen diese für verfallen erklärt werden (§ 73 Abs. 1 und 3, §§ 73a, 73b, 76a Abs. 1 StGB).
20
a) Die Vertragsärzte werden bei Erfüllung ihrer Verpflichtung zur vertragsärztlichen Versorgung der Patienten (hier: Verordnung von Hilfsmitteln, § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne der § 333 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB tätig; denn sie sind insoweit dazu bestellt, im Auftrag einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (vgl. Pragal/Apfel, A&R 2007, 10, 16 f.; Neupert, NJW 2006, 2811; aA etwa Fischer aaO § 11 Rn. 22c; AnwK-StGB/Tsambikakis, § 11 Rn. 42;Geis, wistra 2007, 361, 363 ff.; Klötzer, NStZ 2008, 12, 16; Reese, PharmR 2006, 92, 94; Taschke, StV 2005, 406, 409).
21
aa) Die gesetzlichen Krankenkassen sind sonstige Stellen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
22
(1) Unter einer sonstigen Stelle ist eine behördenähnliche Institution zu verstehen, die selbst zwar keine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinn, aber rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben mitzuwirken (BGH, Urteile vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 293; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 18. April 2007 - 5 StR 506/06, NJW 2007, 2932, 2933). Zu den öffentlichen Aufgaben gehören dabei nicht nur solche der Eingriffs- und Leistungsverwaltung, sondern auch diejenigen der staatlichen Daseinsvorsorge (BGH, Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 StR 338/91, BGHSt 38, 199, 201; Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
23
(2) Dafür, dass die gesetzlichen Krankenkassen als derartige behördenähnliche Institutionen anzusehen sind, spricht bereits ihre Organisationsform. Sie sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 SGB V). Dieser öffentlichrechtlichen Organisationsform kommt im Rahmen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zwar keine allein ausschlaggebende Aussagekraft zu; sie hat allerdings eine erhebliche indizielle Bedeutung (BGH, Urteile vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 41; vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 208).
24
Darüber hinaus wirken die Krankenkassen in der Sache bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge mit. Nach § 1 Satz 1 SGB V kommt der gesetzlichen Krankenversicherung die Aufgabe zu, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Um diese Ziele zu erreichen, stellen die Krankenkassen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Versicherten - unter im SGB V näher bestimmten Voraussetzungen - bestimmte Leistungen zur Verfügung. Sie nehmen damit in dem gegliederten System der sozialen Sicherung in Deutschland im Rahmen der Gesundheitsfürsorge eine wesentliche Aufgabe wahr (zur Amtsträgereigenschaft eines Vorstands einer betrieblichen Krankenkasse vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 3 StR 460/03, NStZ 2005, 214).
25
(3) Es kann dahinstehen, ob die Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben derart einer staatlichen Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbetrachtung der sie kennzeichnenden Merkmale als "verlängerter Arm" des Staates erscheinen; denn für ihre Eigenschaft als sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB kommt es darauf nicht entscheidend an. Dieses Abgrenzungskriterium hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für den Bereich der Tätigkeit privatrechtlich organisierter Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand entwickelt, weil es in diesem Zusammenhang eines aussagekräftigen Unterscheidungsmerkmals von staatlichem und privatem Handeln bedarf. Auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Organisationsformen des öffentlichen Rechts ist es deshalb nicht übertragbar (BGH, Urteil vom 27. November 2009 - 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202,

212).

26
(4) Die für die Begründung einer Amtsträgereigenschaft weiter erforderliche Bestellung der Vertragsärzte zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ist ebenfalls zu bejahen.
27
(a) Die Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB setzt nach ihrem Wortsinn keinen förmlichen Akt voraus. Sie ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Tätigkeiten und ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (BGH, Urteile vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 101 ff.; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 299; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHSt 54, 39, 42 f.).
28
(b) Nach diesem Maßstab erfüllt die Zulassung der Ärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V die Voraussetzungen einer Bestellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB.
29
(aa) Diese Zulassung ergeht in der Form eines Verwaltungsakts und damit als hoheitliche Maßnahme. Über sie entscheidet nach § 96 SGB V ein durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen errichteter Zulassungsausschuss , dem Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl angehören (§ 96 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Aufgrund dieses über die allgemeinen Anforderungen hinausgehend sogar ausdrücklichen, formalisierten Bestellungsakts werden die mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundenen besonderen Kompetenzen und Verhaltenspflichten ohne Weiteres nach außen deutlich (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 313).
30
(bb) Die Zulassung bewirkt zunächst, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Bildung von Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 77 SGB V durch die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung hat zur Folge, dass Rechtsbeziehungen regelmäßig zwischen den Krankenkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen und nur in Ausnahmefällen direkt zwischen Vertragsarzt sowie Krankenkasse bestehen (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 25 f.; Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 69 Rn. 28 f.; Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 39, § 3 Rn. 57; Schnapp in Festschrift Herzberg, 2008, S. 795, 801; vgl. auch die schematischen Darstellungen bei Krauskopf/Sproll, SGB V, Stand Juni 2010, § 72 Rn. 12; Kasseler Kommentar /Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand April 2008, § 72 Rn. 16). Jedoch greift der vor diesem Hintergrund von Teilen des Schrifttums gezogene Schluss zu kurz, die Zulassung bewirke allenfalls eine für die Begründung der Amtsträgereigenschaft des Vertragsarztes nicht ausreichende organisatorische Anbindung an die Kassenärztliche Vereinigung, nicht aber eine solche an die Krankenkasse (vgl. Klötzer, NStZ 2008, 12, 16). Die Kassenärztlichen Vereinigungen handeln mit den Krankenkassen Gesamtvergütungen (§ 85 SGB V) für die Leistungen ihrer Mitglieder aus und verteilen diese Vergütung an die Mitglieder. Die Einbindung der Vertragsärzte in diese Organisation betrifft somit in erster Linie den Teilbereich ihrer Vergütung. Die Wirkungen der kassenärztlichen Zulassung erschöpfen sich aber nicht in der Herstellung dieser Verbindung ; sie gehen vielmehr weit darüber hinaus.
31
Die Zulassung führt nach § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V ebenfalls dazu, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet wird. Dies hat zwar nicht zur Folge, dass zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen oder den kassenärztlichen Vereinigungen ein Dienstverhältnis begründet wird; es bewirkt jedoch, dass der Vertragsarzt in ein "subtil organisiertes öffentlich-rechtliches System" (BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 39 f.) einbezogen wird. Im Rahmen dieses Systems übt der Vertragsarzt mit der Behandlung der Versicherten eine ihm im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung übertragene öffentliche Aufgabe aus (vgl. BVerfG, aaO 39). Dabei ist er in einer für die Begründung einer Amtsträgerstellung ausreichenden Weise in die öffentlichrechtliche Organisation der Krankenkassen eingegliedert.
32
(aaa) Der Vertragsarzt nimmt zunächst einen wesentlichen Teil der Aufgaben wahr, die den Krankenkassen und damit der öffentlichen Verwaltung im Rahmen des deutschen Gesundheitssystems zugewiesen sind.
33
Er übernimmt u.a. die Pflicht, die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten gegen die Krankenkassen auf ärztliche Behandlung (§ 11 i.V.m. § 27 SGB V) zu befriedigen. Nach § 19 Satz 1 SGB IV werden die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts anderes ergibt. Nach den § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 33 SGB V haben die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Krankenbehandlung, u.a. in der Form der Versorgung mit Hilfsmitteln. Die entsprechenden Leistungen werden den Versicherten von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen und nicht als Geldleistungen in der Form der (nachträglichen) Kostenerstattung (§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 13 Abs. 1 SGB V). Da die Krankenkassen die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer) und schließen mit diesen auf Grund der sog. Leistungsverschaffungspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1991 - 1 RR 7/88, BSGE 69, 170, 173) Verträge über die Erbringung der Leistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 3, §§ 69 ff. SGB V; BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 54/00 R, BSGE 88, 20, 26 f.; vgl. auch Becker/Kingreen/Joussen, SGB V, 2. Aufl., § 95 Rn. 5; Kasseler Kommentar/Hess, Sozialversicherungsrecht, SGB V, Stand Januar 2010, § 95 Rn. 76). Als Bestandteil der Krankenbehandlung sind auch Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel als Sachleistung zu erbringen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Ein derartiger Sachleistungsanspruch kann grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Vertragsarzt das Arznei- oder Hilfsmittel auf Kassenrezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt; denn die §§ 31 ff. SGB V gewähren keine unmittelbar durchsetzba- ren Ansprüche auf "Versorgung" mit von dem Versicherten gewählten Arzneioder Hilfsmitteln, sondern ausfüllungsbedürftige Rahmenrechte. Ein bestimmtes Arznei- oder Hilfsmittel kann der Versicherte daher erst dann beanspruchen , wenn es ihm als ärztliche Behandlungsmaßnahme in Konkretisierung des gesetzlichen Rahmenrechts vom Vertragsarzt verordnet wird. Dem korrespondieren die Regelungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in den §§ 72 ff. SGB V. Der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ist dabei in § 73 Abs. 2 SGB V näher umschrieben; diese umfasst nach § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V auch die hier relevante Verordnung von Hilfsmitteln.
34
Somit hat ausschließlich der jeweils vom Versicherten frei gewählte Vertragsarzt die Kompetenz, die medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalls der Krankheit für den Versicherten und die Krankenkasse verbindlich festzustellen. Diese Rechtsmacht erstreckt sich - soweit in Vorschriften des Leistungserbringungsrechts (§§ 69 ff. SGB V i.V.m. nachrangigem Recht) nichts Abweichendes bestimmt ist - ferner darauf, im Rahmen und in den Formen der kassenärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2, § 92 SGB V) mit rechtlicher Bindungswirkung für die zuständige Krankenkasse (nur) im Leistungsverhältnis zum Versicherten festzusetzen, welche nach Zweck oder Art bestimmten Dienste oder Sachen zur Krankenbehandlung medizinisch notwendig zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 278).
35
Dieses sozialrechtliche Regelungsgefüge weist dem Vertragsarzt bei der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten insbesondere im Rahmen der Verordnungstätigkeit eine Schlüsselstellung zu. Dies gilt unabhängig davon, ob man mit der früheren Rechtsprechung den Vertragsarzt bei der Verordnung einer Sachleistung als Vertreter der Krankenkasse ansieht, der im Regelfall mit Wirkung für und gegen diese eine Willenserklärung zum Abschluss eines Ver- trages abgibt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 19; BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 200), oder ob man mit der neueren, jedenfalls den Bereich der Arzneimittel betreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch bei der Verordnung von Hilfsmitteln die Konstruktion eines in jedem Einzelfall abzuschließenden , den Versicherten begünstigenden Vertrages für entbehrlich hält und statt dessen eine öffentlichrechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung der Beteiligten direkt aus den Vorschriften des SGB V, insbesondere § 129 SGB V, herleitet (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, 161 f.). Denn die durch das Bundessozialgericht vorgenommene dogmatische Neubestimmung der Rechtsgrundlage ändert nichts daran, dass die vertragsärztliche Verordnung das gesetzliche Rahmenrecht des Versicherten auf Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln konkretisiert. Mithin kommt der Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nach der neuen Ausrichtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine zentrale Funktion im Bereich der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit Arznei- und Hilfsmitteln zu (so ausdrücklich BSG aaO S. 163; vgl. auch Frister /Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, 2011, S. 303 f., Rn. 355; aA Manthey GesR 2010, 601).
36
Mit Blick auf diese Schlüsselposition hat bereits die bisherige Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 18 f.) als auch des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 277 f., 280 f.; vom 17. Januar 1996 - 3 RK 26/94, BSGE 77, 194, 199 f.; vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96, BSGE 79, 190, 194) - nach Auffassung des Senats zu Recht - den Vertragsarzt als einen mit öffentlichrechtlicher Rechtsmacht "beliehenen" Verwaltungsträger bezeichnet. Hieran anschließend wird auch in der Literatur verschiedentlich eine Beleihung des Vertragsarztes mit Hoheits- rechten angenommen (vgl. Schnapp/Wigge/Neumann, Handbuch des Vertragsarztrechts , 2. Aufl., § 13 Rn. 17; Spickhoff/Schuhr, Medizinrecht, StGB § 266 Rn. 29; Schwerdtfeger, NZS 1998, 97, 101; Becker/Kingreen/Axer, SGB V, 2. Aufl., § 31 Rn. 11; Spellbrink, NZS 1999, 1, 2, spricht insofern vom "Quasi-Amtswalter"; aA Hess, Bitburger Gespräche Jahrbuch 1996, 67, 77; Steege in Festschrift Bundessozialgericht, 2004, 517, 524 f.).
37
(bbb) Daneben bestehen weitere Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen. So müssen etwa nach § 43b Abs. 1 Satz 1 SGB V die Leistungserbringer Zahlungen, die Versicherte zu entrichten haben, einziehen und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse verrechnen. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V ("Praxisgebühr") hat der Leistungserbringer gemäß § 43b Abs. 2 SGB V einzubehalten; sein Vergütungsanspruch reduziert sich entsprechend. Nach § 294 SGB V hat der Vertragsarzt als Leistungserbringer "die für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendigen Angaben" aufzuzeichnen und mitzuteilen. Im Regelfall werden - sofern keine Selektivverträge ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen geschlossen sind - Daten gemäß § 295 SGB V vom Vertragsarzt an die Kassenärztliche Vereinigung und von dort an die Krankenkassen übermittelt. Aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä ergibt sich zudem die Pflicht des Vertragsarztes, "die zur Durchführung der Aufgaben der Krankenkassen erforderlichen schriftlichen Informationen […] auf Verlangen den Krankenkassen zu übermitteln". Die Krankenkassen überwachen (neben den Kassenärztlichen Vereinigungen) nach § 106 Abs. 1 SGB V die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratung und Prüfungen. Dazu bilden die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen Prüfungsstellen sowie einen paritätisch besetzten Beschwerdeausschuss. Soweit der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat, kommen als Rechtsfolge eine gezielte Beratung oder Honorarkürzungen in Betracht. Unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 3a SGB V steht einer Krankenkasse ein direkter Schadensersatzanspruch gegen den Vertragsarzt zu. Ferner ist ein Vertragsarzt zur "peinlich genauen Abrechnung" verpflichtet, da ansonsten das entsprechende Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen gestört wird (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - 6 RKa 70/91, BSGE 73, 234, 237; vgl. auch Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 383). Nach § 106a Abs. 1 SGB V prüft neben der Kassenärztlichen Vereinigung auch die Krankenkasse die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Gemäß § 106a Abs. 3 SGB V erstreckt sich der Prüfungsumfang der Krankenkassen u.a. auf das Bestehen ihrer Leistungspflicht sowie die Plausibilität von Art und Umfang der abgerechneten Leistungen.
38
(ccc) Angesichts dieser engen Verbindungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten spricht nicht entscheidend gegen deren Amtsträgereigenschaft , dass nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Krankenkassen und u.a. die Ärzte zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Patienten zusammenwirken (aA Taschke, StV 2005, 406, 409). Diese Formulierung des Gesetzes vermag die aufgezeigten vielfältigen Rechtsbeziehungen zwischen Vertragsärzten und Krankenkassen nicht in Frage zu stellen. Vor deren Hintergrund ist die Verordnungstätigkeit des Vertragsarztes auch nicht lediglich als aus dem Bereich hoheitlicher Aufgaben ausgegliederte, organisatorische Bewältigung der medizinisch notwendigen Behandlung des Versicherten einzuordnen (aA Klötzer, NStZ 2008, 12, 16).
39
(cc) Der Umstand, dass der Vertragsarzt mit der Zulassung potentiell mit einer Vielzahl von Krankenkassen - und damit nicht nur mit einer einzigen sonstigen Stelle - in Beziehung tritt, hindert die Annahme seiner Amtsträgereigenschaft im Ergebnis nicht. Diese Besonderheit ist letztlich Folge der historischen Entwicklung des Systems der gesetzlichen Krankenkassen. Während das Verhältnis zwischen den Ärzten und den Krankenkassen ursprünglich durch den Abschluss einzelner privatrechtlicher Verträge geprägt war, wurde die Zulassung später nicht mehr zu einer einzelnen Krankenkasse, sondern zu allen RVO-Kassen vorgenommen (vgl. etwa Verordnung über die kassenärztliche Versorgung vom 14. Januar 1932; RGBl. I S. 19; zur geschichtlichen Entwicklung BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 - 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 31 ff.). Mit der Zulassung wird der Vertragsarzt mithin von jeder einzelnen Krankenkasse beauftragt - und ist auch ihr gegenüber verpflichtet -, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken. Dabei wird dieses Rechtsverhältnis nicht mehr durch einzelvertragliche Regelungen, sondern durch das Gesetz und die in dessen Rahmen abgeschlossenen Kollektivverträge zwischen den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen (bzw. deren jeweiligen Zusammenschlüssen ) ausgestaltet, die für den Vertragsarzt mit seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verbindlich werden (§ 95 Abs. 4 Satz 2 SGB

V).

40
(dd) Soweit es weiter für erforderlich gehalten wird, dass die Bestellung zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit führt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105; zweifelnd etwa SIS-Eser, StGB, 28. Aufl., § 11 Rn. 20, 25 mwN), ist dieses Kriterium bei der auf Dauer angelegten Zulassung eines Vertragsarztes ohne Weiteres zu bejahen.
41
(ee) Die Amtsträgereigenschaft eines Vertragsarztes wird nach alldem auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser seine Tätigkeit freiberuflich und bezüglich der Behandlungs- und Verordnungstätigkeit weisungsunabhängig ausübt (aA Geis, wistra 2007, 361, 364; Taschke, StV 2005, 406, 409); denn die freiberufliche Ausübung der übertragenen Aufgaben steht der Amts- trägereigenschaft jedenfalls dann nicht entgegen, wenn im Übrigen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97, NJW 1998, 2373: freiberuflich tätiger Bauingenieur ). Maßgebend ist deshalb auch insoweit, dass die Vertragsärzte durch ihre Zulassung in relevanter Weise in die öffentlichrechtlichen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten eingebunden werden.
42
b) Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 333 Abs. 1 StGB sind erfüllt.
43
aa) Den Vertragsärzten wurden im Rahmen des praktizierten Geschäftsmodells mit den vereinbarten Zuwendungen Vorteile gewährt.
44
bb) Dies geschah für deren Dienstausübung. Nach den Feststellungen wurden die Zuwendungen zwar nicht dafür geleistet, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V), sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Sie bildeten deshalb keine unmittelbare Gegenleistung für eine Tätigkeit, die den Vertragsärzten im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten übertragen ist, sondern für eine solche, die hiermit in einem engen Zusammenhang steht. Dies reicht indes aus.
45
Zur Dienstausübung sind zunächst jedenfalls Handlungen zu zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt, d.h. Handlungen, die zu den dienstlichen Obliegenheiten gehören und in amtlicher Eigenschaft vorgenommen werden (BGH, Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 280). Darüber hinaus fallen unter das Tatbestandsmerkmal der Dienstausübung aber auch solche Tätigkeiten, die ihrer Natur nach zu dem Amt oder dem Dienst des Amtsträgers in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb seines Aufgabenbereiches liegen (BGH, Ur- teile vom 5. September 1952 - 4 StR 885/51, BGHSt 3, 143, 145; vom 19. Dezember 1957 - 4 StR 485/57, BGHSt 11, 125, 127; vom 3. Februar 1960 - 4 StR 437/59, BGHSt 14, 123, 125; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 - 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596, 598).
46
Nach diesem Maßstab wird auch das Sammeln der Verordnungen und Weiterleiten an die Verfallsbeteiligte erfasst. Diese Tätigkeit stellt zwar keine unmittelbare Amtshandlung dar; sie stand jedoch mit der Verordnung der Hilfsmittel in einem engen Zusammenhang. Sie war die Voraussetzung dafür, dass die Vertragsärzte im Anschluss die Verordnungen der Verfallsbeteiligten zukommen ließen; sie wurde ihnen somit gerade durch ihre amtliche Stellung ermöglicht und stellt keine außerhalb des Aufgabenbereichs des Amtsträgers liegende Privathandlung dar.
47
cc) Eine Unrechtsvereinbarung liegt ebenfalls vor; denn den Vertragsärzten wurden die Vorteile vereinbarungsgemäß gerade als Gegenleistung für die beschriebene Dienstausübung gewährt.
48
c) Damit ist dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Verfall von Wertersatz anzuordnen.
49
aa) Der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten handelte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB für die Verfallsbeteiligte.
50
bb) Die Verfallsbeteiligte hat auch etwas erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1, 3 StGB. Erlangt ist der Wert des mit dem Zugang der Verordnung des TENS-Geräts erlangten "Auftrags", für die Krankenkasse ein derartiges Gerät an den jeweiligen Patienten auszuleihen (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB V), mithin der zum Zeitpunkt der "Auftragserteilung" hieraus zu erwartende wirtschaftliche Gewinn (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 310; vom 29. Juni 2006 - 5 StR 482/05, NStZ-RR 2006, 338; Fischer aaO § 73 Rn. 11 mwN auch zur Gegenansicht). Das neue Tatgericht wird diesen Wert nach einer Zurückverweisung der Sache gegebenenfalls gemäß § 73b StGB zu schätzen haben. Es wird in diesem Zusammenhang ebenfalls ergänzende Feststellungen etwa zu den Vereinbarungen bezüglich der neben der AOKN involvierten Krankenkassen sowie dazu zu treffen haben, ob die Verfallsbeteiligte alle Verordnungen, welche die Vertragsärzte ihr zukommen ließen , aufgrund des von ihr betriebenen Geschäftsmodells erlangte.

C.

51
Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den Großen Senat für Strafsachen nach § 132 Abs. 4 GVG sind gegeben.
52
Die Beantwortung der Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben, hier konkret bei der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB handelt, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt und kann sich in einer Vielzahl von Verfahren erneut stellen. Ihre Beantwortung wirkt deshalb richtungsweisend für die Rechtsanwendung im Bereich der strafrechtlichen Verfolgung des sog. Pharmamarketing. Dabei ist mit Blick auf die erheblichen Auswirkungen eine möglichst einheitliche, sich an entsprechenden Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen orientierende Handhabung der Praxis geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 324 f.; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 128).
53
Die Vorlage ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Sie zielt auf die Festlegung neuer Auslegungsgrundsätze, als deren Folge sich ein geändertes Verständnis der Stellung des Vertragsarztes im Verhältnis zu den Krankenkassen ergibt.

D.

54
Sollte der Große Senat für Strafsachen entgegen der Ansicht des vorlegenden Senats die Amtsträgereigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes bei der Verordnung von Hilfsmitteln verneinen, so hängt der Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft davon ab, ob der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten durch das von ihm praktizierte Geschäftsmodell tatbestandlich und rechtswidrig zumindest Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) begangen hat (zur Subsidiarität des § 12 UWG aF, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, gegenüber den Amtsdelikten vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 403; Beschluss vom 10. Februar 1994 - 1 StR 792/93, NStZ 1994, 277), und daher auf dieser Grundlage die selbstständige Anordnung von Wertersatzverfall gegen die Verfallsbeteiligte in Betracht kommt. Auch dies wäre nach Auffassung des vorlegenden Senats zu bejahen. Indes handelt es sich bei der Frage, ob der niedergelassene Vertragsarzt insoweit als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen anzuerkennen ist, ebenfalls um eine solche von grundsätzlicher Bedeutung, die der Senat zur Fortbildung des Rechts dem Großen Senat für Strafsachen hilfsweise für den Fall unterbreitet, dass dieser die hauptsächlich gestellte Vorlegungsfrage verneint.
55
I. Handeln Vertragsärzte bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht als Amtsträger, so werden sie insoweit jedenfalls als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB tätig.
56
Beauftragter nach dieser Vorschrift ist nach gefestigter, ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur, wer, ohne Geschäftsinhaber oder Angestellter zu sein, für einen Geschäftsbetrieb befugtermaßen tätig wird und dabei aufgrund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, auf Entscheidungen des Betriebes, die den Waren- oder Leistungsaustausch betreffen , Einfluss zu nehmen (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16 mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor. Hierzu gilt im Einzelnen:
57
1. In der strafrechtlichen Literatur hat - soweit ersichtlich - erstmals Pragal (NStZ 2005, 133) die Meinung vertreten, die Vertragsärzte seien als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen anzusehen, und dies in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Stellung der Vertragsärzte im Rahmen des Untreuetatbestands nach § 266 StGB (BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17; vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 569) insbesondere damit begründet, sie seien bei der Ausstellung einer Verordnung als Vertreter der Kassen tätig. Diese Auffassung hat im Schrifttum in der Folgezeit überwiegend Kritik hervorgerufen (Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Geis, wistra 2005, 369; ders., GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2007, 361; Klötzer, NStZ 2008, 12; Kölbel, wistra 2009, 129, 132; Reese, PharmR 2006, 92, 96 ff.; Sahan, ZIS 2007, 69; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.), wird mittlerweile jedoch von einer wachsenden Zahl von Autoren im Ergebnis geteilt (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10b ff.; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 18; NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c; Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586 ff.; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirt- schaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 293 ff. Rn. 348 ff.; wohl auch S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 8; offen Badle, NJW 2008, 1028, 1033). Ihr hat sich in neuerer Zeit das Oberlandesgericht Braunschweig (Beschluss vom 23. Februar 2010 - Ws 17/10, NStZ 2010, 392) - wenn auch für die konkrete Entscheidung nicht tragend und ohne nähere Begründung - angeschlossen. Diese Entscheidung ist teilweise auf Zustimmung (Dannecker, GesR 2010, 281; Schmidt, NStZ 2010, 393; Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht 2011, S. 299 Rn. 353), wohl überwiegend jedoch auf Ablehnung (Brockhaus /Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418; Dieners, PharmR 2010, 232; Geis, wistra 2010, 280; Schneider, StV 2010, 366; ders., HRRS 2010, 241, 245 ff.; Sobotta, GesR 2010, 471; Steinhilper, MedR 2010, 499; Warntjen /Schelling, PharmR 2010, 509; Weidhaas, ZMGR 2010, 199) gestoßen.
58
2. Die Beauftragteneigenschaft des niedergelassenen Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen bei der Verordnung von Hilfsmitteln ergibt sich maßgebend aus einer sachgerechten Bewertung der Bedeutung , die einer solchen Verordnung nach dem sozialrechtlichen Regelungsgefüge zukommt:
59
Wie bereits dargelegt hat der Vertragsarzt bei der Verordnung eines Arznei- oder Hilfsmittels eine zentrale Stellung inne. Seine Verordnung ist für die Begründung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten "conditio sine qua non" und damit sowohl für diesen als auch für die betreffende Krankenkasse von essentieller Bedeutung. Bereits diese Schlüsselstellung rechtfertigt den Schluss, dass der Vertragsarzt mit dem Ausstellen einer Verordnung über ein Arznei- oder Hilfsmittel auf die Entscheidung der Krankenkasse, dem Versicherten eine derartige Sachleistung zu gewähren, kraft der ihm durch das Kas- senarztrecht verliehenen Kompetenzen in ganz wesentlicher Weise Einfluss nimmt und somit die Voraussetzungen einer Beauftragtenstellung erfüllt.
60
3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter bei der Verordnung von Hilfsmitteln nicht daran, dass der die Verordnung ausstellende Arzt regelmäßig nicht letztverbindlich über die Gewährung einer bestimmten Sachleistung entscheidet.
61
Der Strafkammer ist zwar dahin zuzustimmen, dass nach dem SGB V die Frage, ob eine Sachleistung der vorherigen Beantragung bei und Bewilligung durch die zuständige Krankenkasse bedarf, in der Weise geregelt ist, dass die vorherige Beantragung und Bewilligung der Leistung die Regel und das Absehen hiervon die Ausnahme ist. Falls nichts anderes bestimmt oder etwa durch einen Vertrag zwischen dem Leistungserbringer und der gesetzlichen Krankenkasse nach § 127 SGB V vereinbart ist, muss der Versicherte deshalb die Verordnung bei der Krankenkasse einreichen und diese darüber entscheiden, ob sie das verordnete Hilfsmittel bewilligt. Bis zu dieser Bewilligung ist der Versicherte nicht berechtigt, die Verordnung bei einem Leistungserbringer einzureichen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2009 - L 11 KR 5031/09 ER-B, Rn. 31 f. - zitiert nach juris).
62
Eine derartige Letztentscheidungszuständigkeit, wie sie das Landgericht als erforderlich erachtet, ist indes nach der allgemeinen, in ständiger Rechtsprechung verwendeten Umschreibung nicht Voraussetzung für die Beauftragtenstellung nach § 299 StGB; vielmehr genügt es, dass der Beauftragte auf die Entscheidung des Betriebes über den Warenaustausch Einfluss hat. Es besteht kein Anlass, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hiervon abzugehen. Dies würde zu einer in der Sache nicht gerechtfertigten Privilegierung der Vertragsärzte führen, die zudem Sinn und Zweck der Norm widerspräche. Be- reits in der Rechtsprechung zu § 12 UWG, der Vorgängervorschrift des § 299 StGB, war es allgemein anerkannt, dass der Beauftragtenbegriff weit auszulegen ist, weil ihm innerhalb des Tatbestandes eine Auffangfunktion zukommen soll (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401;LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16). Mit der Verlagerung der Strafbestimmung in das Strafgesetzbuch durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl. I S. 2038) war eine Einschränkung nicht verbunden. Der Gesetzgeber wollte vielmehr das Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, dass es sich auch bei Korruption im geschäftlichen Bereich um eine Kriminalitätsform handelt, die nicht nur die Wirtschaft selbst betrifft, sondern Ausdruck eines allgemeinen sozialethisch zu missbilligenden Verhaltens ist (BR-Drucks. 553/96, 32). Mit diesen Grundsätzen wäre die von der Strafkammer vertretene Restriktion nicht vereinbar.
63
4. Auch die weiteren, von Teilen des Schrifttums gegen eine Beauftragtenstellung ins Feld geführten Argumente führen im Ergebnis nicht zu einer anderen Bewertung:
64
a) Dies gilt zunächst, soweit darauf abgestellt wird, der niedergelassene Arzt übe eine freiberufliche Tätigkeit aus (vgl. etwa Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 195 f.; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 421; Klötzer, NStZ 2008, 12, 14; Reese, PharmR 2006, 92, 97; Sobotta, GesR 2010, 471, 474; Taschke, StV 2005, 406, 410 f.); denn ein selbstständiges gewerbliches oder freiberufliches Tätigwerden steht der Einordnung des Betreffenden als Beauftragter ebenso wenig entgegen wie seiner Qualifizierung als Amtsträger. Für einen Beauftragten nach § 299 StGB ist es vielmehr geradezu typisch, dass er - im Gegensatz zum Angestellten - nicht in den geschäftlichen Betrieb eingegliedert ist, sondern mit der Wahrnehmung des Auftrags zugleich eine eigene geschäftliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 16; Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 104; Schmidt, NStZ 2010, 393, 395). Während sich die Angestellteneigenschaft regelmäßig aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis ergibt, liegt der Beauftragung im Sinne des § 299 StGB typischerweise ein Geschäftsbesorgungs- oder Werkvertrag zugrunde. Als Beauftragte gelten deshalb z.B. selbstständige Handelsvertreter (BGH, Urteil vom 27. März 1968 - I ZR 163/65, NJW 1968, 1572, 1573) oder ein freiberuflich tätiger Prüf- und Planungsingenieur (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105). Auch freiberuflich tätige Architekten oder Unternehmensberater kommen als Beauftragte in Betracht (MünchKommStGB /Diemer/Krick, § 299 Rn. 5; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 299 Rn. 2). In diesem Zusammenhang würde es somit ebenfalls eine in der Sache nicht gerechtfertigte Privilegierung darstellen, wollte man den Vertragsarzt aus dem Anwendungsbereich des § 299 StGB herausnehmen, weil er seine Tätigkeit freiberuflich ausübt.
65
b) Die Anwendung des § 299 StGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Vertragsarzt regelmäßig Inhaber der eigenen ärztlichen Praxis und damit eines Betriebes im Sinne der genannten Vorschrift ist (aA Bernsmann/Schoß, GesR 2005, 193, 196). Denn der Betriebsinhaber kann sich wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar machen, wenn er zugleich für einen anderen geschäftlichen Betrieb tätig wird und für den Einfluss auf dessen Entscheidungen unberechtigte oder sachfremde Vorteile erhält (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23b); von der Strafbarkeit ausgenommen ist lediglich die Vorteilsannahme eines Betriebsinhabers bezüglich seines eigenen Betriebes (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10c).
66
c) Gegen die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter im Sinne des § 299 StGB spricht weiter nicht, dass seine Befugnis, auf die Entscheidung des Betriebes Einfluss zu nehmen, nicht auf einem Rechtsgeschäft beruht.
67
Insbesondere der Wortlaut der Norm erfordert eine solche restriktive Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Beauftragter" nicht (aA Sahan, ZIS 2007, 69, 72; vgl. auch Reese, PharmR 2006, 92, 98). Dies ergibt sich schon mit Blick auf § 266 StGB, der ausdrücklich von einem "behördlichen" Auftrag spricht (so zu Recht LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 17). Eine Auslegung , die nicht nur die rechtsgeschäftliche Beauftragung erfasst, hält sich deshalb in den Grenzen des natürlichen Wortsinns und verstößt nicht gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG.
68
Mit Blick vor allem auf das von § 299 StGB geschützte Rechtsgut sowie Sinn und Zweck der Norm ist die rechtliche Grundlage, auf der die Berechtigung beruht, nicht maßgebend (aA Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.; Reese, PharmR 2006, 92, 96). § 299 StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 2 mwN) und schützt - zumindest vorrangig - den freien Wettbewerb (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 1 mwN). Dieser ist immer dann in Gefahr, wenn Personen die Befugnis haben, den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im geschäftlichen Verkehr zu beeinflussen, dessen wirtschaftliche Folgen nicht sie selbst treffen, sondern die ein anderer zu tragen hat. Demgegenüber ist es nicht von Bedeutung, auf welcher rechtlichen Grundlage die betreffenden Personen tätig werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beauftragte die tatsächliche Möglichkeit hat, die betrieblichen Entscheidungen über den Erwerb von Waren oder Leistungen unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und es ihm im Interesse des Betriebes verwehrt ist, Leistungen der anderen Vertragsseite anzunehmen (Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587). Auch außenstehende Personen können somit Beauftragte sein, wenn sie in der Lage sind, Entscheidungen für den Betrieb zu beeinflussen (vgl. Schmidt, NStZ 2010, 393, 394). Es kommt allein auf das unlautere Tätigwerden des Beauftragten für den Geschäftsherrn an, ohne dass dieses Verhalten dem Geschäfts- herrn zugerechnet werden muss (NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23a). Deshalb kommt neben der Beauftragung durch ein Rechtsgeschäft auch in Betracht , dass sich die Beauftragtenstellung - wie etwa bei einem Insolvenzverwalter (Fischer aaO § 299 Rn. 10a) - aus einer gerichtlichen Bestellung, einer gesetzlichen Regelung oder einem Verwaltungsakt ergibt. Somit genügt es, dass die Befugnis des Vertragsarztes im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen auf der Zulassung durch den nach § 96 SGB V gebildeten Ausschuss gründet, dessen Mitglieder von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen bestellt werden.
69
d) Aus den dargelegten Gründen erfordert der Tatbestand des § 299 StGB erst recht nicht, dass der Beauftragte ein ihm von demGeschäftsherrn entgegen gebrachtes Vertrauen missbraucht (zutreffend Schmidt, NStZ 2010, 393, 394 f.; aA Geis, GesR 2006, 345, 347; ders., wistra 2005, 369, 370; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 419 f.). Der Wortlaut des § 299 StGB gibt für eine derartige Einschränkung nichts her. Eswiderspräche dem Wesen der Vorschrift als Straftat gegen den freien Wettbewerb, wollte man die Beauftragtenstellung nur bei einem derart engen persönlichen Verhältnis zwischen dem Beauftragten und dem Betriebsinhaber bejahen.
70
e) Die Einordnung des Vertragsarztes als Beauftragter wird auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser bei der Auswahl des Arznei- oder Hilfsmittels nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der gesetzlichen Krankenkassen zu wahren, sondern sich vor allem am Wohl seines Patienten zu orientieren hat (aA Geis, wistra 2005, 369, 370; Sahan, ZIS 2007, 69, 73 f.; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.). Zwar hat er diesen sachkundig zu beraten und dadurch in die Lage zu versetzen, sein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Behandlung auszuüben. Jedoch ändert diese Verpflichtung des Vertragsarztes nichts daran, dass er mit der Verordnung von Arznei- oder Hilfsmitteln - jedenfalls auch - Einfluss auf die Leistungsgewährung durch die gesetzliche Krankenversicherung nimmt und deshalb - insoweit vergleichbar einem als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt - als deren Beauftragter handelt (NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 23c; ders., GesR 2010, 281, 284).
71
f) Die Beauftragtenstellung der Vertragsärzte scheidet weiter ebenso wie ihre Amtsträgereigenschaft nicht wegen der Einschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen in das sozialrechtliche Versorgungssystem aus (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 10d f.; Dannecker, GesR 2010, 281, 284; aA SSWStGB /Rosenau, § 299 Rn. 11; Brockhaus/Dann/Teubner/Tsambikakis, wistra 2010, 418, 420). Diese vermag an der die Beauftragteneigenschaft begründenden Schlüsselstellung der Vertragsärzte bei der Verordnung einer Sachleistung nichts zu ändern. Auch in anderen Fällen, etwa bei einem Testamentsvollstrecker oder Insolvenzverwalter, wird eine rechtliche Beziehung zwischen Beauftragtem und "Auftraggeber" nicht verlangt (BGH aaO, BGHSt 2, 396, 401; Dannecker , GesR 2010, 281, 284). § 299 StGB stellt insoweit lediglich auf den Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ab. Somit kommt es ausschließlich darauf an, dass der Vertragsarzt durch die Verordnung des Hilfsmittels Einfluss auf die Entscheidung der Krankenkasse nimmt, dem Versicherten diese Leistung zu gewähren. Eine darüber hinausgehende Beziehung zwischen Vertragsarzt und gesetzlicher Krankenkasse ist unerheblich; insbesondere eine Weisungsbefugnis der Krankenkasse ist nicht erforderlich (so zu Recht etwa Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 587).
72
g) Der Senat muss schließlich nicht entscheiden, ob ein Privatarzt bei der Verschreibung eines Arznei- oder Hilfsmittels als Beauftragter der privaten Krankenversicherung angesehen werden kann. Verneint man dies (vgl. hierzu NK-StGB-Dannecker, § 299 Rn. 23c mwN; Schneider, StV 2010, 366, 367 f.), schiede in dieser Fallkonstellation trotz der Entgegennahme bzw. Gewährung von Vorteilen als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung die Strafbarkeit der Beteiligten nach § 299 StGB aus. Die dann gegebene Ungleichbehandlung von Vertrags- und Privatärzten zeigt zwar möglicherweise bezüglich der Rechtslage bei der privatärztlichen Patientenversorgung eine strafrechtliche Lücke auf, die nur vom Gesetzgeber geschlossen werden kann; sie rechtfertigt es indes nicht, im Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit ein der Norm unterfallendes , den lauteren Wettbewerb gefährdendes Verhalten aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herauszunehmen (Frister in Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen 2010, 99, 108; aA Schneider, StV 2010, 366, 368; Steinhilper, MedR 2010, 499, 501).
73
II. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 299 Abs. 2 StGB wurden nach den Feststellungen in rechtswidriger Weise verwirklicht.
74
1. Die gesetzlichen Krankenkassen sind geschäftliche Betriebe im Sinne des § 299 StGB. Dieser Begriff umfasst jede auf gewisse Dauer ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsleben, die sich durch Austausch von Leistungen und Gegenleistungen vollzieht. Rein wohltätigen oder sozialen Zwecken dienende Betriebe fallen ebenfalls unter die Norm, soweit sie wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten. Dasselbe gilt für öffentliche Behörden, soweit sie sich am Wirtschaftsverkehr beteiligen (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 299 Rn. 4, 6; NK-StGBDannecker , § 299 Rn. 26). Danach werden auch die gesetzlichen Krankenkassen erfasst (vgl. schon RG, Urteil vom 29. Januar 1934 - 2 D 1293/33, RGSt 68, 70, 74; BGH, Urteil vom 13. Mai 1952 - 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 402; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 19); denn sie können ihren Versorgungsauftrag gegenüber den Versicherten nur durch Leistungsaustausch ins- besondere mit Apotheken und Pharmaunternehmen erfüllen (vgl. Böse/Mölders, MedR 2008, 585, 586).
75
2. Durch die Verrechnung des Entgelts, das für die Überlassung von in der jeweiligen Praxis der Vertragsärzte eingesetzten medizinischen Geräten eigentlich an die Verfallsbeteiligte zu leisten gewesen wäre, mit den Verordnungen über die TENS-Geräte, wurde den betroffenen Ärzten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Grundlage einer Unrechtsvereinbarung ein Vorteil als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie die Verfallsbeteiligte bei dem Bezug von Waren in unlauterer Weise bevorzugten.
76
3. Der Tatbestand wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zuwendungen nicht dafür geleistet wurden, dass die Vertragsärzte die Verordnungen über die TENS-Geräte ausstellten (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V),sondern dafür, dass sie diese anschließend der Verfallsbeteiligten zukommen ließen. Die Beauftragung der Vertragsärzte umfasst zwar - soweit in diesem Zusammenhang von Belang - nur die Verordnung des Hilfsmittels als solche. Die hier nach dem praktizierten Geschäftsmodell honorierte Tätigkeit der Vertragsärzte stellt somit keine unmittelbare Ausführung ihres Auftrages dar. Die Erwägungen , die im Rahmen der Amtsdelikte dazu führen, dass zur Dienstausübung nicht nur diejenigen Tätigkeiten zählen, die der Amtsträger in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt (s. oben B. II. 2.b) bb)), gelten jedoch entsprechend. Nach Sinn und Zweck des § 299 StGB werden deshalb auch solche Tätigkeiten erfasst, die ihrer Natur nach zu dem Auftrag in einer inneren Beziehung stehen und nicht völlig außerhalb des durch die Beauftragung zugewiesenen Aufgabenbereichs liegen. Ein derart enger Zusammenhang ist hier gegeben.
77
4. Die Krankenkassen sind bei der gebotenen wirtschaftlich-faktischen Betrachtungsweise auch als Bezieher einer gewerblichen Leistung im Sinne des § 299 StGB anzusehen unabhängig davon, ob im jeweiligen Einzelfall aufgrund der ärztlichen Verordnung ein TENS-Gerät von der Verfallsbeteiligten überhaupt neu angeschafft werden musste und in das (Sicherungs-) Eigentum der AOKN überging oder ein bereits vorhandenes Gerät erneut verwendet werden konnte. Diese besteht in der nach Maßgabe der Verträge zwischen der Verfallsbeteiligten und der AOKN von dieser zu vergütenden Ausleihe des Geräts durch die Verfallsbeteiligte an den Patienten (vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB

V).

78
III. Damit ist auch insoweit dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, gegen die Verfallsbeteiligte den Wertersatzverfall anzuordnen. Hierzu wird auf die Darlegungen unter B. II. 2. c) verwiesen.
79
IV. Auch die Frage, ob ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgaben, hier konkret der Verordnung eines Hilfsmittels (§ 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V) - so er dabei nicht ohnehin als Amtsträger handelt - als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen tätig wird, ist eine solche von grundlegender Bedeutung, für deren - hilfsweise - Beantwortung die Sache gemäß § 132 Abs. 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Fortbildung des Rechts vorzulegen ist. Die Ausführungen unter C. gelten insoweit entsprechend. Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(1) Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur

1.
Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt
a)
ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder
b)
die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat,
2.
Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, wenn deren für den Versicherten maßgeblicher Abgabepreis unter Berücksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b um den folgenden Prozentwert oder Betrag niedriger ist als der Abgabepreis des Bezugsarzneimittels:
a)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis bis einschließlich 100 Euro: mindestens 15 Prozent niedriger,
b)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 100 Euro bis einschließlich 300 Euro: mindestens 15 Euro niedriger,
c)
bei Bezugsarzneimitteln mit einem Abgabepreis von über 300 Euro: mindestens 5 Prozent niedriger;
in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen,
3.
Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen und
4.
Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung.
Bei der Abgabe eines Arzneimittels nach Satz 1 Nummer 1 haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen nach der in § 31 Absatz 4 genannten Rechtsverordnung. Dabei ist die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist; die Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 3 rabattierten Arzneimittels ist der Abgabe eines nach § 130a Absatz 8a Satz 6 rabattierten Arzneimittels gleichgestellt. Eine Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ist auch bei Fertigarzneimitteln vorzunehmen, die für in Apotheken hergestellte parenterale Zubereitungen verwendet werden, wenn für das wirkstoffgleiche Arzneimittel eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8c mit Wirkung für die Krankenkasse besteht und sofern in Verträgen nach Absatz 5 nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinbarung nach § 130a Abs. 8, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen. Abweichend von den Sätzen 3 und 5 können Versicherte gegen Kostenerstattung ein anderes Arzneimittel erhalten, wenn die Voraussetzungen nach Satz 2 erfüllt sind. § 13 Absatz 2 Satz 2 und 12 findet keine Anwendung. Bei der Abgabe von importierten Arzneimitteln und ihren Bezugsarzneimitteln gelten die Sätze 3 und 5 entsprechend; dabei hat die Abgabe eines Arzneimittels, für das eine Vereinbarung nach § 130a Absatz 8 besteht, Vorrang vor der Abgabe nach Satz 1 Nummer 2. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und antineoplatische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2021 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet diesen Bericht an den Deutschen Bundestag weiter mit einer eigenen Bewertung zur Beschlussfassung, ob eine Regelung nach Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung des Berichts weiterhin notwendig ist. Die Regelungen für preisgünstige Arzneimittel nach Satz 1 Nummer 1 und den Sätzen 2 bis 7 gelten entsprechend für im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel, für die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 unverzüglich Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 die Arzneimittel, bei denen die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ausgeschlossen ist; dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 für die ärztliche Verordnung Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit. Die Hinweise sind erstmals bis zum 16. August 2020 zu bestimmen. Spätestens bis zum 16. August 2023 gibt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ebenfalls Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken. Dabei soll der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Zur Umsetzung des Regelungsauftrags erhält der Gemeinsame Bundesausschuss auf Verlangen Einsicht in die Zulassungsunterlagen bei der zuständigen Bundesoberbehörde. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker regeln in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere.

(2a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 können Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines nach Maßgabe des Rahmenvertrags nach Absatz 2 abzugebenden Arzneimittels dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Eine Nichtverfügbarkeit liegt vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert, liegt abweichend von Satz 2 eine Nichtverfügbarkeit vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei dieser vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung im Sinne des § 52b Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz des Arzneimittelgesetzes nicht beschafft werden kann. Apotheken dürfen ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

1.
die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,
2.
die Packungsanzahl,
3.
die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
4.
die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

(3) Der Rahmenvertrag nach Absatz 2 hat Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie

1.
einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, daß von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge dieser Art Rechtswirkung für die dem Verband angehörenden Apotheken haben, oder
2.
dem Rahmenvertrag beitreten.
Apotheken dürfen verordnete Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren.

(4) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist zu regeln, welche Maßnahmen die Vertragspartner auf Landesebene ergreifen können, wenn Apotheken gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 verstoßen. In dem Rahmenvertrag ist zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt; kommt eine Regelung nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Bei gröblichen und wiederholten Verstößen ist vorzusehen, daß Apotheken von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen werden können. Ferner ist vorzusehen, dass Apotheken bei einem gröblichen oder einem wiederholten Verstoß gegen Absatz 3 Satz 3 Vertragsstrafen von bis zu 50 000 Euro für jeden Verstoß erhalten, wobei die Gesamtvertragsstrafe für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang begangene Verstöße 250 000 Euro nicht überschreiten darf. Wird eine Vertragsstrafe nach Satz 4 ausgesprochen, kann vorgesehen werden, dass die Berechtigung zur weiteren Versorgung bis zur vollständigen Begleichung der Vertragsstrafe ausgesetzt wird. Die Vertragspartner bestimmen im Rahmenvertrag die für die Ahndung von Verstößen gegen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1, 2 oder 5 oder gegen Absatz 3 Satz 3 zuständige Stelle oder die zuständigen Stellen und regeln das Nähere zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verwendung der vereinnahmten Vertragsstrafen. Kommt eine Regelung nach Satz 4 oder Satz 6 nicht bis zum 30. Juni 2021 zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8.

(4a) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 sind bis zum 31. März 2020 die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verschreibungen von Leistungen nach § 31 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86.

(4b) Im Rahmenvertrag nach Absatz 2 ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Abgabe und Abrechnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen und zur Mitwirkungspflicht der Apotheken nach § 131a Absatz 1 Satz 3.

(4c) Eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ist von den Vertragspartnern nach Absatz 2 sicherzustellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 die Mehrkosten. Das Nähere zur unmittelbaren Abgabe nach den Sätzen 2 und 3 und zur Abrechnung ist im Rahmenvertrag nach Absatz 2 festzulegen.

(4d) Unabhängig von den nach Absatz 4 Satz 2 erster Halbsatz in dem Rahmenvertrag nach Absatz 2 getroffenen Regelungen ist eine Retaxation ausgeschlossen, wenn

1.
die Dosierangabe auf der Verordnung fehlt,
2.
das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3.
die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4.
die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5.
die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Sofern entgegen Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Satz 3 eine Ersetzung des verordneten Arzneimittels nicht erfolgt oder die nach Absatz 2a Satz 2 vorgesehenen Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden, ist eine Retaxation des abgegebenen Arzneimittels ausgeschlossen; in diesen Fällen besteht kein Anspruch der abgebenden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung.

(4e) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2024 einen Bericht zu den Auswirkungen der Regelungen des Absatzes 4d und zur Einhaltung der Vorgaben nach Absatz 2a vorzulegen.

(5) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Absatz 3 gilt entsprechend. In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen. Verträge nach Satz 3 in der bis zum 12. Mai 2017 geltenden Fassung werden mit Ablauf des 31. August 2017 unwirksam.

(5a) Bei Abgabe eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels gilt bei Abrechnung nach § 300 ein für die Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis in Höhe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich der Zuschläge nach den §§ 2 und 3 der Arzneimittelpreisverordnung in der am 31. Dezember 2003 gültigen Fassung.

(5b) Apotheken können an vertraglich vereinbarten Versorgungsformen beteiligt werden; die Angebote sind öffentlich auszuschreiben. In Verträgen nach Satz 1 sollen auch Maßnahmen zur qualitätsgesicherten Beratung des Versicherten durch die Apotheke vereinbart werden. In der besonderen Versorgung kann in Verträgen nach Satz 1 das Nähere über Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung für die an der besonderen Versorgung teilnehmenden Versicherten auch abweichend von Vorschriften dieses Buches vereinbart werden.

(5c) Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen der mit der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Grund von Vorschriften nach dem Arzneimittelgesetz vereinbart sind. Für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie haben die Vertragspartner nach Satz 1 die Höhe der Preise nach Satz 1 neu zu vereinbaren. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 oder 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung nach Satz 2 ist bis zum 31. August 2017 zu treffen. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Gelten für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen keine Vereinbarungen über die zu berechnenden Einkaufspreise nach Satz 1, berechnet die Apotheke ihre tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise, höchstens jedoch die Apothekeneinkaufspreise, die bei Abgabe an Verbraucher auf Grund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz, nach Absatz 3 Satz 3 oder auf Grund von Satz 1 gelten, jeweils abzüglich der Abschläge nach § 130a Absatz 1. Kostenvorteile durch die Verwendung von Teilmengen von Fertigarzneimitteln sind zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse können von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen. Sofern eine Apotheke bei der parenteralen Zubereitung aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie einen Betrieb, der nach § 21 Absatz 2 Nummer 1b Buchstabe a erste Alternative des Arzneimittelgesetzes tätig wird, beauftragt, können der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankenkasse von der Apotheke auch einen Nachweis über den tatsächlichen Einkaufspreis dieses Betriebs verlangen. Der Anspruch nach Satz 8 umfasst jeweils auch die auf das Fertigarzneimittel und den Gesamtumsatz bezogenen Rabatte. Klagen über den Auskunftsanspruch haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Die Krankenkasse kann ihren Landesverband mit der Prüfung beauftragen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 gelten in den Fällen, in denen ein Wirkstoff zu dem nach den Sätzen 1 bis 5 vereinbarten oder festgesetzten Preis nicht verfügbar ist, die Sätze 6 bis 12 entsprechend.

(5d) Für Leistungen nach § 31 Absatz 6 vereinbaren die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Apothekenzuschläge für die Abgabe als Stoff und für Zubereitungen aus Stoffen gemäß der auf Grund des § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist bis zum 29. Februar 2020 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort. Absatz 5c Satz 8 und 10 bis 12 gilt entsprechend. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Krankassen können auch von Arzneimittelgroßhändlern und Arzneimittelimporteuren Nachweise über die Abnehmer, die abgegebenen Mengen und die vereinbarten Preise für Leistungen nach § 31 Absatz 6 verlangen.

(5e) Versicherte haben Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen durch Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie, insbesondere bei

1.
der Anwendung bestimmter Wirkstoffe, die nur in besonderen Therapiesituationen verordnet werden,
2.
der Behandlung chronischer schwerwiegender Erkrankungen,
3.
der Behandlung von Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und
4.
der Behandlung bestimmter Patientengruppen, die besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.
Diese pharmazeutischen Dienstleistungen können auch Maßnahmen der Apotheken zur Vermeidung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sein und sollen insbesondere die pharmazeutische Betreuung von Patientinnen und Patienten in Gebieten mit geringer Apothekendichte berücksichtigen. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker vereinbart mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung die pharmazeutischen Dienstleistungen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie das Nähere zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, zur Vergütung der erbrachten Dienstleistungen und zu deren Abrechnung. Die Vereinbarung nach Satz 4 ist bis zum 30. Juni 2021 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8. Die Vereinbarung oder der Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort.

(5f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bis zum 31. Dezember 2023 die Auswirkungen der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 und 3 auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

(5g) Apotheken können bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wege des Botendienstes je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erheben.

(6) Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker ist verpflichtet, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Satz 4 und Absatz 1a, die zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und die zur Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Abs. 1 und 2 oder zur Erfüllung der Aufgaben nach § 35a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 erforderlichen Daten dem Gemeinsamen Bundesausschuss sowie dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln und auf Verlangen notwendige Auskünfte zu erteilen. Das Nähere regelt der Rahmenvertrag nach Absatz 2.

(7) Kommt der Rahmenvertrag nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmten Frist zustande, wird der Vertragsinhalt durch die Schiedsstelle nach Absatz 8 festgesetzt.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker bilden eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Apotheker in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend.

(9) Die Schiedsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der Mitglieder getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Klagen gegen Festsetzungen der Schiedsstelle haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium für Gesundheit. Es kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren, sein Teilnahmerecht an den Sitzungen sowie über die Verteilung der Kosten regeln.