LG Köln: Absenkung des Rentenfaktors nicht zulässig

bei uns veröffentlicht am27.04.2023
Zusammenfassung des Autors

Rentenfaktor-Urteil des LG Köln und betriebliche Altersversorgung: 

Das Landgericht Köln hat am 08.02.2023 entschieden, dass eine Absenkung des Rentenfaktors bei einem fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag nicht zulässig ist (LG Köln, 08.02.2023, Az. 26 O 12/22). Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die betriebliche Altersversorgung, denn erstmals ist die Änderung des Rentenfaktors bei einer Betriebsrente gerügt worden. 

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Absenkung des Rentenfaktors von EUR 37,34 pro 10.000 EUR Vertragsguthaben auf EUR 27,97 zulässig war oder nicht. Das Urteil hat eine wegweisende Richtung eingeschlagen und könnte für viele Versicherungsnehmer eines fondsgebundenen Riester-Vertrages von Bedeutung sein. Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung gerade auch für die betriebliche Altersversorgung³.

Das Gericht hat entschieden, dass der Versicherungsnehmer davon ausgehen durfte, dass der ursprünglich genannte Rentenfaktor von EUR 37,34 pro 10.000 EUR verbindlich vereinbart war. Die entsprechende Anpassungsklausel verstoße gegen § 171 VVG, wonach grundsätzlich nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der Regelung des § 163 VVG abgewichen werden darf. 

Das Gericht sah den Nachteil darin, dass der Versicherungsnehmer keine Wahl hatte, ob eine Herabsetzung der Leistung oder Erhöhung der Prämie erfolgte. Außerdem wurden die Voraussetzungen, unter denen der Versicherungsbeitrag angepasst werden darf, unzulässig zum Nachteil des Versicherungsnehmers erweitert. Schließlich sah das Gericht aus diesem Grund in der Treuhänderklausel auch eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, die gegen § 307 BGB verstoße und daher auch aus diesem Grund zur Unwirksamkeit führe.

Das Urteil des Landgerichts Köln ist nicht rechtskräftig geworden und die Versicherungsgesellschaft hat Berufung eingelegt. Der Rechtsstreit wird daher zunächst vom Oberlandesgericht Köln entschieden. Es ist auch möglich, dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs abgewartet werden muss, um die Frage in letzter Instanz zu klären. Die Frage, ob eine Herabsenkung des Rentenfaktors zulässig ist oder nicht, beschäftigt auch andere Gerichte. Ein vergleichbarer Fall soll dem Vernehmen nach demnächst vom Landgericht Stuttgart entschieden werden.

Wenn die Entscheidung bestätigt wird, wäre die jeweilige Versicherungsgesellschaft gerade nicht berechtigt, den Rentenfaktor abzusenken. Die Leistung wäre daher höher als nach den AVB zu erwarten. 

Arbeitgeber sollten jedoch alle Arbeitnehmer/innen über den Inhalt der Entscheidung informieren. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Beschäftigte sich wegen der möglichen Absenkung des Rentenfaktors gegen eine Entgeltumwandlung entschieden haben und diese Beschäftigten möglicherweise ihre Entscheidung überdenken müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits angedeutet, dass ein Arbeitgeber verpflichtet sein könnte, über eine Änderung der Rechtslage zu informieren (BAG, Urteil vom 18.02.2020, 3 AZR 206/18).

Das Landgericht Köln hat ein Urteil gefällt, das noch nicht rechtskräftig geworden ist. Wenn das Urteil aufgehoben wird, könnten Versicherungsgesellschaften unter bestimmten Bedingungen den Rentenfaktor absenken. Arbeitgeber, die für ihre Belegschaft jeweils eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) mit Direktversicherungen eingerichtet haben, sollten ihre arbeitsrechtlichen Versorgungszusagen prüfen. Wenn die Zusage nicht deckungsgleich mit dem bestehenden Finanzierungsinstrument ist, bleibt die Zusage zwar unverändert, aber dies könnte dazu führen, dass die Refinanzierung geringer ausfällt. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers würde dann dazu führen, dass der Arbeitgeber die Lücke zwischen garantiertem Rentenfaktor und abgesenktem Rentenfaktor aus eigenen Mitteln auffüllen müsste. 

Es ist daher sinnvoll, diesen Sachverhalt sofort zu prüfen und nicht erst auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder später auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in einem möglichen anderen Verfahren zu warten.

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Referenzen

Von § 152 Abs. 1 und 2 und den §§ 153 bis 155, 157, 158, 161 und 163 bis 170 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers, der versicherten Person oder des Eintrittsberechtigten abgewichen werden. Für das Verlangen des Versicherungsnehmers auf Umwandlung nach § 165 und für seine Kündigung nach § 168 kann die Schrift- oder die Textform vereinbart werden.

(1) Der Versicherer ist zu einer Neufestsetzung der vereinbarten Prämie berechtigt, wenn

1.
sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat,
2.
die nach den berichtigten Rechnungsgrundlagen neu festgesetzte Prämie angemessen und erforderlich ist, um die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten, und
3.
ein unabhängiger Treuhänder die Rechnungsgrundlagen und die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 überprüft und bestätigt hat.
Eine Neufestsetzung der Prämie ist insoweit ausgeschlossen, als die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der Erst- oder Neukalkulation unzureichend kalkuliert waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies insbesondere anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren statistischen Kalkulationsgrundlagen hätte erkennen müssen.

(2) Der Versicherungsnehmer kann verlangen, dass an Stelle einer Erhöhung der Prämie nach Absatz 1 die Versicherungsleistung entsprechend herabgesetzt wird. Bei einer prämienfreien Versicherung ist der Versicherer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 zur Herabsetzung der Versicherungsleistung berechtigt.

(3) Die Neufestsetzung der Prämie und die Herabsetzung der Versicherungsleistung werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Herabsetzung und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.

(4) Die Mitwirkung des Treuhänders nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 entfällt, wenn die Neufestsetzung oder die Herabsetzung der Versicherungsleistung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.