Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Juli 2012 - 3 S 351/11

bei uns veröffentlicht am04.07.2012

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen, soweit das Bundesverwaltungsgericht über diese noch nicht entschieden hat, die Klägerin und die Beigeladene ebenfalls je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und die Beigeladene begehren die Verpflichtung des beklagten Landes, für die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten die Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein ...-Einrichtungshaus einschließlich ergänzender Fachmärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die von der Beigeladenen beabsichtigte Errichtung eines ...-Einrich-tungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf der Gemarkung der Klägerin unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der R... Straße/R... Straße. Der geplante Standort liegt überwiegend im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt, und - zu einem geringen Teil - im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Baisert“. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft ......- ... ... vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: ...-Gutachten 2007 - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrele-vante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente. Für das ...-Einrichtungshaus sind ca. 2.300 Stellplätze vorgesehen. Die Klägerin ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) als Mittelzentrum eingestuft.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des LEP 2002 und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raum-ordnungsrechtliche Kongruenzgebot. Die beantragte Zielabweichung sei unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletzt würden.
Die von der Klägerin erhobene Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung entgegenstehen, hilfsweise auf Verpflichtung des Beklagten, die vorsorglich beantragte Zielabweichung zuzulassen, wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - ab.
Der Senat hat mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - (VBlBW 2010, 357) die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot hätten Zielqualität. Das Ansiedlungsvorhaben widerspreche diesen verbindlichen Zielen. Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Ziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstoße, könne offenbleiben. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene hätten keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung i.S.d. § 24 LplG berühre. Wegen der weiteren Begründung wird auf das in den VBlBW 2010, 357 abgedruckte Urteil des Senats verwiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die - vom Senat zugelassenen - Revisionen mit Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 - (BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821) das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zwar sei die Auffassung des Senats, dass das Vorhaben dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und dem Kongruenzgebot als Ziele des Landesentwicklungsplans widerspreche, nicht zu beanstanden. Jedoch müsse über die Verpflichtungsklage der Klägerin, eine Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans zuzulassen, erneut entschieden werden. Die Auffassung des Senats, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehörten, die "als Grundzüge der Planung" die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, sei als Ergebnis der Auslegung des LEP, der dem irreversiblen Landesrecht angehöre, zwar bindend. Die Schlussfolgerung, dass ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert werde, in jedem Fall die planerische Grundentscheidung berühre, verkenne aber, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankomme, ob die Grundzüge der Planung berührt würden. Daraus, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlaubten, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (NVwZ 2011, 821) verwiesen.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
1. das vorangegangene Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - abzuändern und
2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 zu verpflichten, die beantragte Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen;
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3. festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft; fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen;
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4. die Anträge zu 2. und 3. auf die Verwirklichung ausschließlich des ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken.
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Weiterhin erklärt die Klägerin, sie schließe sich dem Klagantrag Ziff. 6 der Beigeladenen an.
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Zur Begründung verweist die Klägerin hinsichtlich des Kongruenzgebots, des Integrationsgebots und des Beeinträchtigungsverbots auf ihr Vorbringen und das der Beigeladenen vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe, dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und dem Bundesverwaltungsgericht. Die Zielabweichung vom Kongruenzgebot sei begründet, da die Region Mittlerer Oberrhein „...-mäßig“ unterversorgt sei, das Oberzentrum Karlsruhe trotz intensiver Suche keinen geeigneten Standort für einen ...-Möbelmarkt habe anbieten können, Möbelhäuser wie ... branchenüblich den Verflechtungsbereich der Standortgemeinden überschritten und mit den „Markenartikeln“ in der jeweiligen Innenstadt regelmäßig gar nicht in Konkurrenz träten, sondern unter Umständen sogar deren Geschäft belebten, die Klägerin unter den Gesichtspunkten Entwicklungsdynamik, Arbeitsplatzzentralität und Einzelhandelszentralität de facto bereits die Merkmale eines kleineren Oberzentrums aufweise und sie im Interesse des Erhalts der Einzelhandelszentralität und der Funktion der Innenstadt sowie zur Sicherstellung einer verbrauchernahen Versorgung bereits seit 2001 in einer Vielzahl von Fällen bauplanerische Festsetzungen i.S.d. Ausschlusses des Einzelhandels oder seiner Begrenzung getroffen habe. Ergänzend sei zu nennen, dass die autobahnnahe, überaus verkehrsgünstige Lage des geplanten Vorhabens an der Kreuzung einer Nord-Süd- und einer Ost-West-Achse im Herzen der Region und damit auch im Herzen des Verflechtungsbereichs des Oberzentrums Karlsruhe liege. Gegenüber einem ...-Markt im Oberzentrum sei mit allenfalls geringfügigen, auf jeden Fall aber nicht spürbaren Mehrverkehr zu rechnen. Weiterhin sei auf die Notwendigkeit der Bildung eines Gegengewichts im Sinne eines besonders attraktiven Einzelhandelsangebots gegenüber dem unmittelbaren an der Grenze der Region in R.../Elsass errichteten FOC hinzuweisen. Schließlich erschwere die Vielzahl zentraler Orte bzw. Mittelzentren auf engem Raum mit räumlich begrenzten Verflechtungsbereichen die Einhaltung des Kongruenzgebots. Bei der Entscheidung über die Abweichung von Soll-Zielen des Kongruenzgebots und des Integrationsgebots dürften diese raumordnerischen Zielvorgaben nicht gewissermaßen absolut betrachtet werden. Sie müssten vielmehr mit der gemeindlichen Planungshoheit, der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Standortwahl der Vorhaben-trägerin und mit der Niederlassungsfreiheit in ein angemessenes Verhältnis gesetzt werden. Unter Berücksichtigung all dessen könne die Ermessensentscheidung der Raumordnungsbehörde danach eigentlich nur auf eine „Zulassung der Abweichung“ lauten. Dies gelte insbesondere deshalb, weil das Beeinträchtigungsverbot nicht tangiert werde. Schließlich werde der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten, eine Zielabweichung nicht zuzulassen, den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit insbesondere von Einzelhandelsgroßbetrieben nicht gerecht. Die Erforderlichkeit raumordnungsrechtlicher Vorgaben für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe müsse konkret belegt bzw. durch die Angabe genauer Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Dem genüge die Heranziehung der Anhalts-werte im Einzelhandelserlass nicht.
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Die Beigeladene beantragt zuletzt,
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das Urteil des VG Karlsruhe vom 26.06.2008 - 2 K 2099/07 - abzuändern und
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1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2007 zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...- Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Zielen aus Plansatz 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg und Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Kongruenzgebote) beantragt hat, und
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 weder Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg noch die Plansätze 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung entgegenstehen,
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg und den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat,
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4. weiter hilfsweise den Bescheid des Beklagten, Regierungspräsidium Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 erneut zu entscheiden,
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5. die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken;
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6. höchst hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 267 AEUV einzuholen, zu folgenden Fragen:
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a) Ist Art. 49 i.V.m. Art. 54 und Art. 63 AEUV dahin auszulegen, dass die dort gewährleistete Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit einer Vorschrift des nationalen Rechts entgegenstehen, die die Ansiedlung einer großflächigen Einzelhandelseinrichtung verbietet, sofern mehr als 30 % des Umsatzes dieser Einzelhandelseinrichtung durch Kunden generiert werden, die ihren Wohnsitz außerhalb eines festgelegten Verflechtungsbereichs der Standortgemeinde haben?
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b) Sind Art. 49 i.V.m. Art. 54 und Art. 63 AEUV dahin auszulegen, dass die dort niedergelegte Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, die die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente außerhalb bestimmter in der Landes- oder Regionalplanung festgelegter integrierter Lagen verbietet?
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Zur Begründung trägt die Beigeladene im Wesentlichen vor:
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Der Widerspruch des ...-Ansiedlungsvorhabens zum landes- und regionalplanerischen Kongruenzgebot könne im Wege der Zielabweichung ausgeräumt werden, da die Voraussetzungen der Zielabweichung vorlägen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei am Standort R... raumordnerisch vertretbar. Sowohl die regionale Situation als auch die Besonderheiten des ...-Ansiedlungsvorhabens seien derart atypisch, dass eine Vorbildwirkung für andere Fälle nicht entstehe. Die raumstrukturelle Besonderheit sei durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren (Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl) auf engem Raum gekennzeichnet. Dies habe zur Folge, dass das 30 %-Kriterium aus Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 leicht sehr weit überschritten werde. Diese atypische Situation sei mit der Lage im übrigen Geltungsbereich des LEP 2002 sowie im nördlichen Verbandsgebiet des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein nicht vergleichbar. ...-Einrichtungshäuser seien im Bereich des großflächigen Einzelhandels singulär. Das Ansiedlungsvorhaben berühre auch nicht Grundzüge der Planung. Dies gelte sowohl für die allgemeine Struktur des Zentrale-Orte-Konzepts als auch für die konkreten planerischen Ziele, die mit den Regelungen des Kongruenzgebots verfolgt würden, und insbesondere unter Berücksichtigung des höherrangigen Rechts der Europäischen Union. Auch andere Ziele der Raumordnung stünden dem ...-Ansiedlungsvorhaben nicht entgegen. Ein ...-Einrichtungshaus entspreche dem definierten Versorgungs-auftrag des Mittelzentrums R..., weil es sich um eine Einkaufsmöglichkeit des gehobenen Bedarfs und um kein Spezialfachgeschäft handle, das typisch für ein Oberzentrum wäre (Plansatz 2.5.9 Abs. 1 Satz 1 LEP 2002). Der Zweck des Kongruenzgebots werde nicht wesentlich tangiert, weil eine Zersiedelung oder ein Verstoß gegen den Grundsatz flächensparender Raumnutzung am konkreten Standort in Rastatt - in unmittelbarer Nähe der BAB 5 als zentraler Infrastrukturachse - nicht zu befürchten sei. Auch das Ziel der Verkehrsvermeidung werde durch das Vorhaben nicht gefährdet, sondern sogar befördert. Die Fahrtzeit zu den nächstgelegenen ...-Einrichtungshäusern in Walldorf und Freiburg werde durch das Ansiedlungsvorhaben für die in 60-Minuten-Fahrzeitradius lebenden ca. 1,2 Millionen Einwohner insgesamt um ca. 32 % verkürzt. Die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses in Karlsruhe als dem nach dem Kongruenzgebot „idealtypischen“ Alternativstandort im Oberzentrum Karlsruhe würde zu keiner höheren Reduzierung der ...-Kundenverkehre führen. Vor diesem Hintergrund sei die Zulassung einer Zielabweichung auch unionsrechtlich geboten. Das dem Grunde nach anerkannte Interesse an der effektiven Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur und der Vermeidung unnötigen Verkehrs rechtfertige eine Beschränkung der unionsrechtlich gewährleisteten Niederlassungsfreiheit nur dann, wenn die Ausgestaltungen des Kongruenzgebots im konkreten Fall zur Erreichung dieser Ziele auch tatsächlich erforderlich seien. Dies müsse durch eine Untersuchung belegt sein, woran es vorliegend im Übrigen fehle.
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Das ...-Ansiedlungsvorhaben entspreche den Vorgaben des landesplanerischen und des regionalplanerischen Beeinträchtigungsverbots, da es weder die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich noch die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde oder anderer Zentraler Orte im Einzugsbereich in rechtlich relevanter Weise beeinträchtige. Das ...-Gutachten Mai 2007 weise plausibel nach, dass die Anhaltspunkte von Ziff. 3.2.2.3 Abs. 3 des Einzelhandelserlasses 2001 zur Ermittlung etwaiger Beeinträchtigungen (10 %- und 20 %-Schwellen) weder für das Möbelkernsortiment noch für die zentrenrelevanten oder die nicht-zentrenrele-vanten Nebensortimente in erheblicher Weise überschritten würden. Die Stellungnahme der ... vom 13.05.2011 bestätige, dass die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens hinsichtlich der Flächenproduktivität von ...-Einrichtungshäusern und bezüglich des Einzelhandelsbesatzes im Einzugsgebiet nach wie vor aktuell seien. Entwicklungen, die höhere als die seinerzeit berechneten Umsatzumverteilungen erwarten ließen, habe es im Einzugsgebiet nicht gegeben.
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Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten auch einen Anspruch auf Zulassung der Zielabweichung vom Kongruenzgebot. Die Ermessensreduzierung auf Null ergebe sich aus der kommunalen Planungshoheit der Klägerin. Durch eine strikte Anwendung des Kongruenzgebots werde die kommunale Planungshoheit der Klägerin unverhältnismäßig beschränkt. Grund hierfür seien die besonderen raumstrukturellen Gegebenheiten im südlichen Verbandsgebiet der Region Mittlerer Oberrhein, nämlich die Ansammlung zahlreicher Mittelzentren auf engem Raum. Hierauf weise die Begründung des Regionalplans hinsichtlich der Anwendung der Schwellenwerte des Einzelhandelserlasses zur Auslegung des Kongruenzgebots auch ausdrücklich hin (Nr. 2.5.3 [3] Satz 2 LEP 2001). Ferner gebiete die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit der schwedischen Muttergesellschaft der Beigeladenen die Zulassung der Zielabweichung vom Kongruenzgebot. Die Beigeladene habe verschiedene Standorte im benachbarten Oberzentrum Karlsruhe unter Berücksichtigung zahlreicher Varianten geprüft und gleichwohl keinen geeigneteren Standort gefunden. Werde die Ansiedlung der Beigeladenen - wie hier - an einem der wenigen geeigneten Standorte durch die strikte Anwendung des Kongruenzgebots vereitelt - und zwar ohne, dass die mit dem Kongruenzgebot verfolgten verkehrlichen und umweltpolitischen Ziele gefährdet wären oder Beeinträchtigungen der zentralen örtlichen Funktionen drohten - so verletzte dies die Beigeladene in ihrer Niederlassungsfreiheit.
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Die landes- und regionalplanerischen Regelungen des Integrationsgebots seien bereits deshalb keine verbindlichen Ziele der Raumordnung, weil sie nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht zu rechtfertigen seien, wie dies für Eingriffe in die von Art. 28 Abs. 2 GG garantierte kommunale Planungshoheit erforderlich sei. Es gehe nicht um Fragen der Standortentscheidung zwischen verschiedenen Gemeinden, sondern um rein innergemeindliche Ansiedlungsfragen. Die lokale Standortfestlegung für großflächige Einzelhandelseinrichtungen sei eine klassische Aufgabe des Städtebaus und damit der kommunalen Bauleitplanung. Hieraus ergebe sich ferner, dass dem Landesgesetzgeber für die Regelung eines Integrationsgebots auch die Gesetzgebungskompetenz fehle. Der Bundesgesetzgeber habe im Baugesetzbuch und der BauNVO den bodenrechtlichen Rahmen für die Zulässigkeit der Ansiedlung großflächigen Einzelhandels abschließend geregelt. Weiterhin sei das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Sätze 2 und 3 LEP 2002 aufgrund seiner Soll-Formulierung zu unbestimmt, um für sich genommen ein Ziel der Raumordnung zu sein. Auch wenn man den Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 als kombiniertes Beeinträchtigungsverbot mit Integrationsgebot verstehe, widerspreche dem das Ansiedlungsvorhaben nicht.
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Die regionalplanerischen Ausgestaltungen des Integrationsgebots (Plansatz 2.5.3 [4] und Plansatz 2.5.3 [5] des Regionalplans) stünden dem ...-Ansiedlungsvorhaben ebenfalls nicht entgegen, da das Angebot weit überwiegend aus nicht-zentrenrelevanten Sortimenten bestehen solle. Die Regelung im Plansatz 2.5.3 [5] des Regionalplans enthalte kein verbindliches Ziel der Raumordnung. Es mangle ferner an der hinreichenden Bestimmtheit. Zwar befinde sich das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht in einem Vorbehaltsgebiet i.S.v. Plansatz 2.5.3 [5] Satz 3 des Regionalplans. Satz 2 spreche indessen nicht davon, dass diese Nutzungen nur in städtebaulichen Randlagen zulässig seien. Ferner bestehe außerhalb festgelegter Vorbehaltsgebiete keine Ausschlusswirkung. Soweit der Bescheid des Beklagten auf die 800 m²-Grenze für zentrenrelevante Sortimente abstelle, fehle es an einer rechtlichen Grundlage im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan. Darüber hinaus stehe das Unionsrecht dieser Auslegung des Integrationsgebots entgegen.
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Selbst wenn die landes- und/oder regionalplanerischen Ausgestaltungen des Integrationsgebots verbindliche Ziele der Raumordnung darstellten, lägen die Voraussetzungen der Zielabweichung vor. Das Vorhaben sei raumordnerisch vertretbar. Es handle sich um eine städtebauliche Randlage. Der Bereich des Plangebiets werde durch gewerbliche Nutzungen einschließlich Einzelhandelsnutzungen geprägt. Es verfüge über eine hervorragende verkehrliche Anbindung. Es handle sich also gerade nicht um einen Standort „auf der grünen Wiese“, an dem eine Zersiedelung der Landschaft zu befürchten wäre oder aufwendige Erschließungsmaßnahmen erforderlich würden. Die hohen infra-strukturellen Standortanforderungen seien eine spezifische Eigenschaft von ...-Einrichtungshäusern, so dass auch insoweit keine negative Vorbildwirkung zu erwarten sei. Die Grundzüge der Planung seien gleichfalls nicht berührt, da das Integrationsgebot nicht durch überörtliche Interessen gerechtfertigt sei. Das Integrationsgebot könne daher kein „Grundkonzept“ der raumordnerischen Planung darstellen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben wahre auch die Funktionsfähigkeit zentralörtlicher Versorgungskerne i.S.v. Nr. 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses 2001, da geeignete Flächen in der Innenstadt R... nicht zur Verfügung stünden und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Innenstadt ausgeschlossen sei. Durch die Zulassung der Zielabweichung vom Integrationsgebot würden auch deshalb keine Grundzüge der Planung berührt, weil eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungshäusern aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten sei. Es bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Denn ansonsten würde die kommunale Planungshoheit der Klägerin und die Niederlassungsfreiheit der schwedischen Muttergesellschaft der Beigeladenen verletzt. Der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit der Beigeladenen sei um so schwerwiegender, als ...-Einrichtungshäuser aufgrund der mit ihnen verbundenen Ziel- und Quellverkehre typischerweise nicht in integrierten Lagen angesiedelt werden könnten. Sie seien daher regelmäßig auf verkehrlich gut erschlossene Standorte angewiesen, wie sie in städtebaulichen Randlagen anzutreffen seien.
31 
Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Das Vorhabens würde am geplanten Standort das Kongruenzgebot gravierend verletzen. Das Vorhaben sei auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 LEP 2002 nicht vereinbar. Das Integrationsgebot habe Zielqualität. Es sei genau wie das Kongruenzgebot als Soll-Vorschrift gefasst, nenne aber im Gegensatz zu diesem die Ausnahmen ausdrücklich mit. Bei dem „...-Einrichtungshaus“ handle es sich gerade nicht um ein „klassisches Möbelhaus“ mit keinem oder nur geringem zentrenrelevanten Randsortiment, sondern um ein Warenhaus mit dem Schwerpunkt auf Wohnen und Einrichten. Der Verkaufsflächenanteil beim Kernsortiment „Möbel“ betrage ca. 66 %. Für zentrenrelevante Sortimente werde eine Verkaufsfläche von 8.350 m² vorgehalten. Bei dem vorgesehenen Standort handle es sich ersichtlich nicht um eine integrierte Lage. Das Vorhaben widerspreche auch dem Beeinträchtigungsverbot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002. Die von der Beigeladenen vorgelegte Wirkungsanalyse im Gutachten der ... Mai 2007 beruhe hinsichtlich der Umverteilungswirkungen in den zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sortimenten auf einer Fehleinschätzung. Denn es sei fehlerhaft von einer Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses von 2.820 bzw. 2.860,-- EUR/m² ausgegangen. Die Flächenproduktivität betrage indessen 3.600,-- EUR/m². Das Marktgutachten habe in seiner Berechnungsmethode einen durchschnittlichen Umsatz pro ...-Haus ermittelt und auf das in R... geplante, jedoch deutlich größere Haus übertragen. Hierbei gehe es von einer offensichtlich unrichtigen Annahme aus, dass der Umfang der Verkaufsflächen keinen Einfluss auf den erzielten Umsatz eines ...-Einrichtungshauses habe. Ferner fehle sowohl eine allgemeine Beschreibung wie auch eine in einzelnen Schritten nachvollziehbare Dokumentation des Rechenweges für die Berechnung der potentiellen wettbewerblichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens. Des Weiteren habe das Marktgutachten die konkrete städtebauliche Situation der betroffenen Versorgungsbereiche, die Größe und Marktstellung der in den betroffenen Versorgungsbereichen vorhandenen Einzelhandelsbetriebe, den Umfang, Art und Qualität der angebotenen Sortimente und ihre Auswirkungen auf die Innenstadt nicht hinreichend gewürdigt. Durch die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen umfangreichen zentrenrelevanten Sortimente würden die Innenstädte von R... und G... nachhaltig beeinträchtigt und die Bemühungen zur Stärkung dieser Innenstädte zunichte gemacht. Im Weiteren könnten die der Wirkungsanalyse der ... zugrunde liegenden Bestandsdaten aus 2006 bzw. Anfangs 2007 nicht mehr aussagekräftig sein. Insbesondere in der Innenstadt der Klägerin hätten zwei große Einzelhandelsbetriebe mit umfangreichen Verkaufsflächen und einer entsprechenden Magnetfunktion ihren Betrieb aufgegeben (Kaufhaus S... und M...). Das Verhältnis von Verkaufsflächen in der Innenstadt zu Flächen in städtebaulichen Randlagen weise in R... mittlerweile ein Verhältnis von etwa 1 : 2 auf, was bedeute, dass sich in städtebaulichen Randlagen inzwischen doppelt so viele Verkaufsflächen wie in der Innenstadt befänden. Durch diese Schwächung des zentralörtlichen Versorgungskerns und durch den Wegfall zweier wesentlicher Magnetbetriebe seien die Auswirkungen des geplanten Vorhabens insbesondere wegen dort angebotenen zentrenrelevanten Sortimente deutlich gravierender einzuschätzen als noch im Jahr 2007. Darüber hinaus sei auf das im benachbarten elsässischen R... gebaute FOC mit zentrenrelevanten Sortimenten auf mehreren 10.000 m² Verkaufsflächen hinzuweisen. Schließlich verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben auch gegen einzelhandelsbezogene Festlegungen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003. Betroffen seien das Kongruenzgebot, das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot. Ein Anspruch auf Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens bestehe nicht. Mangels Planbarkeit des Ansiedlungsvorhabens bestehe keine raumordnerische Vertretbarkeit. Die Schaffung des Planungsrechts für ein Projekt dieser Größenordnung mit einem so großen Einzugsgebiet und mit einem solchen Umfang an zentrenrelevanten Sortimenten in städtebaulicher Randlage eines Mittelzentrums würde die landesplanerische Einzelhandelskonzeption konterkarieren. Das Ansiedlungsvorhaben berühre auch die Grundzüge der Planung. Die planerische Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans bzw. des Regionalplans werde von den oben angeführten einzelnen Zielen getragen. Diese zur raumordnerischen Steuerung des regionalbedeutsamen Einzelhandels austarierte Konzeption der einzelhandelsbezogenen Ge- und Verbote bilden in ihrer Gesamtheit die Grundzüge der Planung.
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Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Klägerin und die Beigeladenen haben, soweit hierüber der Senat nicht bereits mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - rechtskräftig entschieden hat, auch im Weiteren keinen Erfolg.
36 
Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens noch können sie Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags verlangen (A.). Ihre Klage auf Feststellung, dass der Ansiedelung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten das Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg (B.) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (C.) als Ziel der Raumordnung nicht entgegenstehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dies gilt auch für die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von diesem Ziel der Raumordnung (D. und E.). Die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindlichem Ziel der Raumordnung zuwiderläuft, ist ebenso unzulässig wie die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage, eine entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (F.). Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig (G.).
A.
37 
Der Berufungsantrag Ziffer 2 der Klägerin und die Berufungsanträge Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 kann nicht zugelassen werden; es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist daher im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
38 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -, NVwZ 2010, 133; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
39 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des LEP 2002 zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (I.) noch auf Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags (II.).
40 
Nach § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG kann die höhere Raum-ordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordne-rischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Nach § 24 Satz 2 LplG sind antragsbefugt die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben.
41 
1. a.) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) - revisionsrechtlich insoweit bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris) - entschieden, dass das aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, ein verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ist. Hieran ist festzuhalten.
42 
b.) Des Weiteren hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O) ausgeführt, dass das Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung mit dem im LEP 2002 festgelegten Gehalt nicht gegen die kommunale Planungshoheit der Klägerin als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung verstößt (ebenso BVerwG vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris). Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
43 
c.) Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass die die Berufsausübungsfreiheit der Beigeladenen einschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mit Art. 12 GG vereinbar sind. Denn sie beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
44 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O., juris Rn. 58, insoweit bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.) ausgeführt:
45 
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zen-tralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in Bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).“
46 
Hieran hält der Senat auch in Ansehung der Einwände der Klägerin und der Beigeladenen fest.
47 
d.) Schließlich hat der Senat entschieden, dass die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 auch mit Unionsrecht vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002 ist gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordne-rischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24.03.2011 – C-400/08 -, BauR 2011, 1117; Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
48 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., vgl. Rn. 22 - 24) ausgeführt, die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland beruhten auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie seien auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine vorgehenden Ausführungen zu Art. 12 GG (unter A. I. 1. c.)).
49 
Diese Erwägungen zur gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten gleichermaßen für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und für die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) vom 24.03.2011 (- C-400/08 -, BauR 2011, 1117) fest. In dieser hat der EuGH ausgeführt, dass Beschränkungen in Bezug auf den Standort und die Größe von Einzelhandelseinrichtungen geeignete Mittel seien, um Ziele der Raumordnung und des Umweltschutzes zu erreichen. Unter diesen Umständen müsse - so der Gerichtshof weiter unter Hinweis auf sein Urteil vom 22.12.2008 (- C-161/07 -, Slg. 2008, I-10671, Rn. 36) - ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geltend machen kann, eine Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen. Mit den Darlegungen unter A. I. 1. c.) wird diesen Maßgaben hinreichend Rechnung getragen. Sie legen nicht nur die Rechtfertigungsgründe dar sondern zeigen auch die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im Einzelnen auf. Die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien, weil Einzelhandelsgroßprojekte ein Beein-trächtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Diese Erkenntnis beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, die in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001(im Folgenden: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001), in § 34 Abs. 3, § 11 Abs. 3 BauNVO sowie in der Begründung des LEP 2002 (vgl. z. B. Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) ihren Niederschlag gefunden hat.
50 
2. Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen verstößt ferner gegen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip [vgl. hierzu zusammenfassend Kluth, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 157]) und das aus ihm abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich - wie der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) ausgeführt hat - ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein, weil sein Einzugsbereich unter Berücksichtigung der Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 (30 %-Schwellenwert) im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich überschreitet. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 stammen bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... als dem maßgebenden Verflechtungsbereich (siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b), mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb. Bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses beläuft sich der Marktanteil sogar nur auf ca. 10 bis 11 % aus dem Mittelbereich R..., so dass rund 90 % dessen zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet werden (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil des Senats vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357).
51 
3. Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der In-frastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 [S. B22]). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 16.10.2010, a.a.O. Rn. 27).
52 
4. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 bleibt ohne Erfolg.
53 
Der Senat kann hierbei im Ergebnis unerörtert lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG insoweit erfüllt sind, als die Zielabweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist (a.)). Denn die Zielabweichung zur Realisierung des mit dem Kongruenzgebot unvereinbaren Ansiedlungsvorhaben scheitert daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung im Sinne des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG berührt werden (b.)).
54 
a.) Die Vertretbarkeit unter raumordnerischen Gesichtspunkten als erste Voraussetzung für eine Zielabweichungsentscheidung dürfte, ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden muss, wohl vorliegen. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist anzunehmen, wenn die Zielabweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung planbar gewesen wäre, wenn also der Weg der Planung statt der Abweichung gewählt worden wäre. Ein durch die förmliche Raumplanung nicht zu erzielendes Ergebnis kann auch nicht im Wege der Abweichung erreicht werden. Nur solche Gründe können eine Zielabweichung als vertretbar rechtfertigen, die nicht bereits bei der Planfeststellung erörtert und nicht bewusst zurückgestellt worden sind. Denn in einem solchen Fall hat der Plangeber eine Aussage gegen die raumordnerische Zulassung der fraglichen Maßnahme getroffen, an die die Raumordnungsbehörde gebunden bleibt (vgl. zu alledem Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6 Rn. 115).
55 
Gemessen daran dürfte eine raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens wohl gegeben sein. Auch der LEP 2002 geht in seinem Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 von der Planbarkeit der angestrebten Abweichungsentscheidung aus. Zwar sollen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Im 2. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 wird dieses Ziel insoweit ergänzt, als derartige Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Damit bringt der LEP 2002 zum Ausdruck, dass Einzelhandelsgroßprojekte - wie das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen - jedenfalls grundsätzlich auch in einem Mittelzentrum wie der Klägerin raumordnungsrechtlich planbar gewesen wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Plangeber nach den weiteren Zielvorgaben im LEP 2002 in Ergänzung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten aufgestellt hat.
56 
b.). Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot ist jedoch ungeachtet der Frage, ob sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, deshalb nicht zulassungsfähig, weil dadurch die Grundzüge der Planung des LEP 2002 berührt werden.
57 
Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil vom 04.08.2009 - 4 CN 4.08 -, BVerwGE 134, 264; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66).
58 
Mit Blick auf das hier in Rede stehende Kongruenzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem hinsichtlich der Zulassung einer Zielabweichung zurückverweisendem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, a.a.O.) ausgeführt, für ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, komme es für die Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren sei nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den raumordnerischen Besonderheiten Rechnung tragenden Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Denn das Kongruenzgebot erweise sich nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beanspruche.
59 
Nach diesen Maßgaben stellt das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in der konkreten Planungssituation keinen Härtefall dar, der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufgrund raumordnerischer Besonderheiten eine Zielabweichung trotz Verstoßes gegen das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung rechtfertigt.
60 
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.), insoweit revisionsrechtlich unbeanstandet, festgestellt, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot als eine tragende Ausformung des zen-tralörtlichen Gliederungsprinzips nicht nur geringfügig, sondern gravierend beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung noch einmal darauf hinzuweisen, dass es vorliegend nicht nur um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses geht. Das hier in Rede stehende Gesamtvorhaben der Beigeladenen umfasst neben dem ...-Einrichtungshaus („Möbelkaufhaus“) auch die Ansiedlung weiterer gegenüber dem klassischen ...-Einrichtungshaus branchenfremder Fachmärkte (Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt) mit einer Gesamt-Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² auf einer Fläche von ca. 12 ha. Bei der gebotenen gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... 82 % der zu erwartenden Umsätze werden außerhalb des Mittelzentrums R...t generiert. Noch deutlicher wird die Überschreitung des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs, wenn nur das Gesamtsortiment des ...-Einrich-tungshauses in den Blick genommen wird. Hier werden nur ca. 10 bis 11 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden aus dem Mittelzentrum R..., hingegen 90 % der zu erwartenden Umsätze außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet.
61 
bb) Der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen, die fehlende Vorbildwirkung des Vorhabens gebiete im vorliegenden Einzelfall eine Zielabweichung, kann nicht gefolgt werden. Gerade hier zeigt sich die unzulässige Blickverengung allein auf das ...-Einrichtungshaus. Selbst wenn man der Meinung der Beigeladenen folgen wollte, im Bereich des großflächigen Einzelhandels nähmen ...-Einrichtungshäuser eine Sonderstellung ein, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es mit dem mit den Berufungsanträgen Ziffer 2 der Klägerin und Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen verfolgten Zielabweichungsverfahren nicht um ein singuläres ...-Einrichtungshaus geht, sondern um ein Konglomerat von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehend aus ...-Einrichtungshaus und weiteren - insoweit branchenfremden - Fachmärkten, die als eine - wirtschaftliche - Einheit verwirklicht werden sollen. Gerade dieses Geschäftsmodell - ein Magnetbetrieb und weitere „Trabantenbetriebe“ - würde eine erhebliche Vorbildwirkung entfalten und damit eine Durchbrechung der im Landesentwicklungsplan 2002 zum Ausdruck kommenden tragenden Raumordnungsstruktur bewirken (zur Präjudizwirkung vgl. auch Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6, Rn. 121; HessVGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230; Hager, BauR 2011, 1093).
62 
Zutreffend weisen die Klägerin und Beigeladene zwar in diesem Zusammenhang auf die raumstrukturellen Besonderheiten im Bereich des Mittelzentrums R... hin. Diese raumordnerische Situation ist durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren auf engen Raum gekennzeichnet, nämlich der Mittelzentren Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl. Anders jedoch als die Klägerin und die Beigeladene meinen, würde das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in seiner Gesamtheit diese besondere raumordnerische Struktur ganz erheblich belasten und die durch den LEP 2002 geplante Mittelzentrenstruktur geradezu auflösen zugunsten des Mittelzentrums R... Die mit dem Kongruenzgebot verfolgte Stärkung aller Zentren würde mit der Zulassung des Ansiedlungsvorhaben im Ergebnis konterkariert. Die Entwicklungsbereiche der benachbarten Zentren würden erheblich betroffen. Die Raumordnungsstruktur des LEP 2002 hat gerade auch zum Ziel, die Entwicklungsmöglichkeiten der weiteren Mittelzentren zu gewährleisten und damit auch deren bereits ins Werk gesetzten Anstrengungen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer urbanen Strukturen abzusichern. Andererseits könnte jedes der aufgeführten Mittelzentren unter Hinweis auf das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit gleichen Gründen eine Zielabweichung für ein vergleichbares Vorhaben verlangen, dem mit Blick auf Art. 3 GG nur schwer gegenzusteuern wäre. Denn die Situation ist für diese Mittelzentren insoweit identisch, als ihnen jeweils nur ein kleiner Mittelbereich zugeordnet ist. Ein „Windhundrennen“ um Großvorhaben zwischen den Zentren wäre die unausweichliche Folge. Die Vorbildwirkung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen würde daher eine Entwicklung auslösen, die den in seinen raumordnerischen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommenden Planungsgrundsätzen des LEP 2002 grundlegend zuwiderliefe und ihn in letzter Konsequenz funktionslos machte. Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 07.12.2005 - 3 S 2693/04 - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Entscheidend für die dort vom Senat bestätigte Zielabweichungsentscheidung des Beklagten war die Raumbedeutsamkeit, dass der Standort des Sondergebiets teilweise auch die Funktion einer Nahversorgung erfüllte. Ferner waren für das Gebiet ca. 1.000 Wohneinheiten für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, deren Versorgung das Vorhaben ebenfalls dienen sollte. Der geplante Standort des Gesamtvorhabens der Beigeladenen weist diese Besonderheiten indessen nicht auf.
63 
cc) Das Vorbringen der Beigeladenen, trotz intensiver Suche sei im Oberzentrum Karlsruhe für das Ansiedelungsvorhaben kein geeigneter Standort gefunden worden, vermag – selbst wenn dies zuträfe – keinen eine Abweichungsentscheidung rechtfertigenden Härtefall zu begründen.
64 
Die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit steht der Geeignetheit eines raumordnerischen Ziels grundsätzlich nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 18). Die Raumordnung durch Zuordnung und Mischung der Raumnutzungen und Raumfunktionen ist - auch mit Blick auf die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit - allein Aufgabe des (Mitglied)Staates, nicht aber einzelner Unternehmen. Denn andernfalls hätte dieses es in der Hand, durch entsprechende Dimensionierung eines Vorhabens die auch unionsrechtlich geforderte und geförderte Raumplanung der Mitgliedstaaten (vgl. insoweit Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK – vom 10. Mai 1999) zu durchkreuzen und „planlos“ den Raum zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann die Raumplanung, wenn sie - wie der LEP 2002 - von gemeinwohlorientierten Zielen wie dem Umwelt- und Ressourcenschutz durch Verhinderung enormen Flächenverbrauchs sowie dem Landschaftsschutz durch Vermeidung großflächiger Zersiedelungen - gerade des städtischen Umlands - getragen ist, auch zur Folge haben, das bestimmte Ansiedlungsvorhaben an bestimmten Standorten im Ergebnis ausgeschlossen sind (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248). Erst recht stellt ein nach der Raumordnung rechtlich an einem bestimmten Standort zulässiges, aber faktisch dort aufgrund der beabsichtigten Größe und der vom Unternehmen selbst definierten Anforderungen an Lage und Infrastruktur nicht verwirklichbares Vorhaben keinen Härtefall dar. Diese Fallkonstellation verleiht einem Unternehmen auch nicht unter Berufung auf die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und unter Abkehr der legitimen Raumplanung des Mitgliedstaats und dem wohlbegründeten Raumordnungsgefüge das Recht, einen seinen eigengesetzten Anforderungen genügenden Standort in der Raumschaft auszuwählen.
65 
dd) Die von der Beigeladenen vorgetragene Verkehrsreduzierung zeigt gleichfalls keinen eine Zielabweichung vom Kongruenzgebot gebietenden Härtefall auf. Die Einschätzung einer Verkehrsreduzierung mag hinsichtlich des geplanten ...-Einrichtungshauses im Verhältnis zu den vorhandenen ...-Unternehmen in Walldorf, Mannheim, Freiburg, Sindelfingen und Straßburg zutreffen. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Einwohner im Einzugsbereich des geplanten Standorts Raststatt ganz überwiegend das dortige ...-Einrichtungshauses anfahren würden. Die behauptete Verkehrsreduzierung beschränkt sich indessen allein auf das ...-Einrichtungshaus. Sie gilt indessen nicht für das hier allein zu beurteilende Gesamtvorhaben. Überdies übersehen die Klägerin und die Beigeladene hierbei, dass das Verkehrsaufkommen, das durch das ...-Einrichtungshaus - geplant sind ca. 2.300 Stellplätze - und erst recht durch das Gesamtvorhaben ausgelöst werden wird, die bestehende Verkehrsinfrastruktur des Mittelzentrums R... deutlich überfordert. Hiervon geht auch das Verkehrsgutachten des Ingenieurbüros ... ... ..., ... ... ... ... ... vom Mai 2007 (Untersuchung zum Raumordnungsverfahren zur verkehrlichen Erschließung des geplanten ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten im Gewerbegebiet Lochfeld in R...) aus, das die Beigeladene ihrem Antrag auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 beigefügt hat. Danach seien - bezogen allein auf das ...-Einrichtungshaus - Verkehrsströme in einer Größenordnung von ca. 10.400 Kfz/24 h als DTV (normaler Werktag) zu erwarten. Die Anschlussstelle Rastatt (Nord) an die BAB 5 (Nr. 49) über die B 462 sei bereits heute regelmäßig überlastet. Eine weitere Verschärfung dieses Missstandes würde sich nicht nur bei zusätzlichen Gewerbeansiedlungen sondern darüber hinaus bei der Ansiedlung ... (allein) verschärfen. Das ...-Einrichtungshaus wie auch das Gesamtvorhaben lassen sich nach diesen Feststellungen ohne bedeutsame Änderungen und Neubau von Straßenverkehrsanlagen daher nicht verwirklichen. Zur Lösung der zu erwartenden Verkehrsprobleme wird in dem Verkehrsgutachten Mai 2007 der Neubau einer Anschlussstelle Rastatt-Mitte oder alternativ dazu den Ausbau der Anschlussstelle Nr. 49 zu einem „Kleeblatt“ und einen Umbau des Knotenpunktes B 462/K 3716 vorgeschlagen. In beiden Varianten soll zusätzlich die K 3716 parallel zur BAB 5 verlegt werden.
66 
Die vorstehenden Ausführungen unter (aa) bis (dd) zeigen, dass eine Abweichung vom Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht zulassungsfähig ist, weil es einen wesentlichen Teil der Grundzüge der Planung darstellt und diese durch eine Abweichungsentscheidung auch berührt würden, da keine einen Härtefall begründenden besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen. Allein der Umstand, dass das dem Konzentrationsgebot und dem Kongruenzgebot inne wohnende Ziel eines schonenden Flächen-und Ressourcenverbrauchs vorliegend deshalb in den Hintergrund tritt, weil der Standort des Ansiedlungsvorhabens durch die Bebauungspläne „Lochfeld“ und „Im Baisert“ überplant ist, vermag die aufgezeigten nachteiligen raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf das Vorliegen eines Härtefalls nicht auszugleichen. Überdies ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die durch die Ziele des LEP 2002 auch bezweckte Ressourcenschonung folgendes zu bedenken: Nach den Zielen des LEP 2002 werden entsprechend dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem Kongruenzgebot zugunsten von Einzelhandelsgroßprojekten in den Oberzentren Stand-orte für deren Ansiedlung raumplanerisch vorgehalten. Zielabweichungen im Einzelfall hinsichtlich nachgeordneter Zentren änderten an diesem raumordnungsrechtlichen Tatbestand nichts. Die Inanspruchnahme von Flächen in nachgeordneten Zentren durch Einzelhandelsgroßprojekte wird nicht durch eine entsprechende Verminderung von entsprechenden Flächen in Oberzentren gewissermaßen „ausgeglichen“. In der Summation führen daher Zielabweichungen in einer Gesamtbilanz zu einem vom LEP 2002 gerade nicht gewollten höheren Flächenverbrauch.
67 
c.) Ungeachtet dessen, dass eine Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 24 Satz 1 LplG für das Gesamtansiedlungsvorhaben der Beigeladenen schon deshalb zwingend ausscheidet, weil eine Abweichung vom Kongruenzgebot mangels Vorliegens eines Härtefalls Grundzüge der Planung berühren würde, ist eine Zielabweichung ferner deshalb unzulässig, weil das Vorhaben auch gegen das landesplanerische Integrationsgebot verstößt.
68 
Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 kommen für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Frage.
69 
aa) Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Dem steht nicht entgegen, dass diese landesplanerische Aussage als Soll-Vorschrift gefasst ist. Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491; vgl. auch Urteile vom 22.06.2011 - 4 CN 4.10 -, BVerwGE 140, 54 = NVwZ 2011, 1468 und vom 10.11.2011 - 4 CN 9.10 -, NVwZ 2012, 315) ausgeführt hat - nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Muss-Vorschriften ausgestaltet sind, sondern auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. Diese erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).
70 
Nach Maßgabe dessen ist die als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussage im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Denn der Plangeber hat in dem Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich eine Ausnahme von der Zielbindung benannt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber anhand des Einzelhandelserlasses hinreichend bestimmbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.04.2012 - 8 S 1739/10 -, juris). Aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 folgt im Umkehrschluss, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen. In diesem Sinn ist auch der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 zu verstehen.
71 
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstößt das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
72 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtritz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
73 
Dem Integrationsgebot fehlt es nicht an einem es legitimierenden überörtlichen raumordnungsrechtlichen Bezug, der den Eingriff in die kommunale Planungshoheit rechtfertigt. Das Integrationsgebot gehört zum überörtlichen und zusammenfassenden Regelungsgegenstand der Raumordnung und ist als inhaltliche Ausgestaltung innergemeindlicher Siedlungsschwerpunkte nicht nur eine städtebauliche und rein örtliche Aufgabe. Das Integrationsgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Kongruenzgebot und das Beein-trächtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren entschieden, dass es, wenn diese insbesondere wegen ihrer Größe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinausgehen, gerechtfertigt sein kann, sie einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und planerisch nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen. Eine solche Zielfestlegung schließe es zwar für das gesamte Gebiet einer Gemeinde, die nicht Oberzentrum ist, aus, die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren planerisch zuzulassen; da die Zielfestlegung lediglich eine eng umgrenzte Nutzungsart ausschließe, verbleibe der Gemeinde jedoch substanzieller Raum für eine anderweitige Bauleitplanung (BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Diese Entscheidung betraf die Errichtung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums (Designer-Outlet-Center in S...; vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, NdsVBl 2006, 71) mit einer Verkaufsfläche von zunächst 10.000 m² in einer ersten Ausbaustufe, sodann in einer zweiten Ausbaustufe auf insgesamt 20.000 m². Angesichts der Größe der Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² des geplanten Gesamtvorhabens der Beigeladenen, einer Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von mindestens 5.450 m², wobei das ...-Einrichtungshaus allein eine Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 4.650 m² vorsieht (hierbei ist die - zwischen den Beteiligten streitige - Zuordnung von Leuchten und Teppichen zu den zentrenrelevanten Sortimenten noch nicht berücksichtigt; bei deren Einbeziehung ergäbe sich eine Verkaufsfläche von 8.450 m² zentren-relevanter Sortimente) besteht kein qualitativer Unterschied zu dem vom BVerwG entschiedenen Hersteller-Direktverkaufszentrums. Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zentrenrelevanten Sortimenten des ...-Einrichtungshauses nicht um dem Kernsortiment „Möbel“ hinsichtlich Umsatz und Verkaufsfläche deutlich untergeordnete sog. Randsortimente handelt (siehe hierzu Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. ff., insbesondere Rn. 94 zu sog. Möbelmärkten und -Häusern mit breitgefächerten Nicht-Möbel-Sortiment; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.1998 - 7a D 108/96.NE -, NVwZ 1999, 79). Gegen das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 bestehen daher mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG weder allgemein noch im konkreten das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Einzelfall verfassungsrechtliche Bedenken.
74 
cc) Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil - wie die Beigeladene meint - dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle, durch raumordne-rische Ziele innerörtliche Standorte von Einzelhandelsnutzungen festzulegen, und deshalb - insoweit - die der Landesregierung erteilte Ermächtigung verfassungswidrig sei, gemäß § 7 und § 10 LplG durch Rechtsverordnung den Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen.
75 
§ 7 LplG regelt den Inhalt des Landesentwicklungsplans (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LplG). Danach ist der Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen. Er enthält die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Landes. Er enthält ferner Ziele für einzelne raumbedeutsame Vorhaben, die für das Land von Bedeutung sind. Der Landesentwicklungsplan muss mit den in § 2 des Raum-ordnungsgesetzes enthaltenen Grundsätzen in Einklang stehen; er konkretisiert diese Grundsätze. Die Ziele sind durch den Buchstaben »Z«, die Grundsätze sind durch den Buchstaben »G« zu kennzeichnen. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b und d ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten, insbesondere zu Zentralen Orten und Siedlungsentwicklungen. Insbesondere nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. d ROG ist es danach zulässig, dass in einem Raumordnungsplan Festlegungen über Siedlungsentwicklungen getroffen werden, die auch und gerade mit Blick auf die für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Bestimmbarkeit bereichsscharf sein sollen. Aufgrund der Planungsgrundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG und der Festlegungsmöglichkeiten des § 8 Abs. 5 ROG zugunsten gemeindeinterner Festlegungen für den besiedelten wie auch für den nicht besiedelten Bereich hat der für die Raumordnung zuständige Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 i.V.m. Art. 72 GG - ungeachtet der Abweichungsbefugnis der Länder nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG) entschieden, dass ein Raumordnungsplan auch gemeindeinterne Flächennutzungs- und Flächenfunktionszuweisungen treffen darf (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn. 70). Insoweit ergänzt das Raumordnungsgesetz das von dem für das Bodenrecht (einschließlich des Städtebaurechts) gleichfalls zuständigen Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art 72 GG) erlassene Baugesetzbuch. Der Landesgesetzgeber hat in § 7 LplG für den Inhalt des Landesentwicklungsplans, der als Rechtsverordnung erlassen wird (§ 10 LplG), diese Maßgaben des Raumordnungsgesetzes für verbindlich erklärt. Aufgrund dessen maßt sich der Landesgesetzgeber weder im Landesplanungsgesetz noch im Landesentwicklungsplan eine ihm nicht zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung standort- bzw. bereichsbezogener Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsplan an, sondern setzt vielmehr die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes um (vgl. hierzu auch Uechtritz, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 57 ff. 66).
76 
dd). Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 verstößt auch nicht zulasten der Beigeladenen gegen Art. 12 GG. Insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. c.) hier entsprechend.
77 
ee). Der das Integrationsgebot festlegende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 begegnet auch in unionsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Diese gilt sowohl für die Vereinbarkeit des Integrationsgebots als Ziel der Raumordnung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) als auch mit der Dienstleistungsfreiheit(Art. 56 AEUV) als auch mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Auch insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. d.) i.V.m. c). hier entsprechend. Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof herausgestellten Voraussetzungen, unter denen die Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten zulässigerweise eingeschränkt werden darf, ist darauf hinzuweisen, dass die Raumordnungsprinzipien, wie sie in den hier maßgeblichen Zielen des LEP 2002 festgelegt werden, gerade nicht auf rein wirtschaftlichen Erwägungen beruhen. Dem Raumordnungssystem des LEP 2002 liegen keine wirtschaftlichen Motive zugrunde und eine Bedarfsprüfung findet nicht statt. Der Normzweck der Raumplanung ist es weder unmittelbar noch mittelbar, vorhandene Einzelhandelseinrichtungen vor der Ansiedlung neuer Konkurrenz zu schützen. Das raumordnerische Steuerungsinstrumentarium verfolgt eine andere Zielrichtung. Es sind dies die bedeutenden öffentlichen Belange der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes (Ressourcenschonung, Verkehrsvermeidung), Bewahrung der Stadtzentren als Kerne des urbanen Lebens hinsichtlich des Handels, der Begegnung und der Kommunikation sowie schließlich der verbrauchernahen Versorgungssicherheit - und damit mittelbar dem Schutz der Verbraucherinteressen - und zwar insbesondere, aber nicht nur von älteren und behinderten Menschen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Hager, BauR 2011, 1093; Uechtritz, ZfBR 2011, 648; Wiggers, NJW-Spezial, 2011, 556). Im Weiteren ist daran zu erinnern, dass städtebaulich integrierte Standorte im Sinne des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002, an denen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig ausgewiesen werden sollen, nicht nur Innenstädte darstellen. Städtebaulich integrierte Stand-orte können auch andere zentrale Versorgungsbereiche der Standortgemeinde sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308; Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, 2010, 590).
78 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu der beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.10.2010 - 7 B 22.10 -, juris). Das Vorbringen der Beigeladenen, eine Vorlagepflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht zu erkennen gegeben habe, die Streitfrage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn dem Urteil des BVerwG vom 16.12.2010 (a.a.O.) dies zu entnehmen wäre, hat die Beigeladene nichts dafür dargetan, dass das BVerwG auch in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.2011 (a.a.O.) hieran festhalten wolle.
79 
ff) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem in den Sätzen 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 verorteten Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht vereinbar.
80 
(1) Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, dass das Gesamtvorhaben der Beigeladenen nicht an einem städtebaulich integrierten Standort geplant und errichtet werden soll.
81 
(2) Die Ausnahmevoraussetzungen für nicht zentrenrelevante Warensortimente nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 sind vorliegend gleichfalls nicht erfüllt.
82 
Zwar werden in dem ...-Einrichtungshaus, dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt nicht zentrenrelevante Warensortimente auf einer Gesamtfläche von ca. 35.050 m² (20.850 [...-Einrichtungshaus] + 10.300 [Bau- und Gartenmarkt] + 3.900 [Küchenfachmarkt[) angeboten. Gleichzeitig sind aber durch diese drei Einzelvorhaben auf einer Gesamtfläche von ca. 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (einschließlich Nahrungsmittel) vorgesehen. Hierbei mag es sich bei dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt, die zusammen auf einer Fläche von ca. 800 m² zentren-relevante Sortimente anbieten, insgesamt noch um sogenannte Randsortimente handeln, die einer Errichtung in einer städtebaulichen Randlage wohl nicht entgegenstünden. Für das ...-Einrichtungshaus ist dies indessen nicht der Fall. Das ...-Einrichtungshaus beabsichtigt, auf einer Fläche von ca. 4.650 m² zentrenrelevante Sortimente mit - wie bei bestehenden ...-Häusern üblich und gerichtsbekannt - breitester Fächerung anzubieten. Damit nehmen diese von der Beigeladenen als Nebensortimente bezeichneten Warengruppen schon bei einem rein rechnerisch betrachteten Vergleich der Verkaufsflächen ca. 19,4 % der geplanten Verkaufsfläche (ohne Einbeziehung der Fläche für die gastronomischen Angebote) ein. Berücksichtigt man im Rahmen einer gebotenen wertenden Betrachtung zudem, dass es sich bei den Möbeln schwerpunktmäßig um großvolumige Waren handelt, während die sonstigen Sortimente eher kleinvolumige Waren darstellen, tritt die wirtschaftliche Bedeutung der zentrenrelevanten Sortimente noch deutlicher hervor. Vor diesem Hintergrund können die zentrenrelevanten Sortimente nicht mehr als bloße Neben- oder gar Randsortimente zum Kernsortiment „Möbel“ angesehen werden. Diese zentrenrelevanten Sortimente, die eine Vielzahl unterschiedlichster Waren des zentrenrelevanten Sortimentsbereichs bis hin zu Nahrungsmitteln abdecken, stellen vielmehr ein selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) neben dem - weiteren - Kernsortiment „Möbel“ dar.
83 
(3) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspräche auch dann dem Integrationsgebot, wenn man dieses - wie die Klägerin und die Beigeladene meinen - nur unter Einschluss des in Satz 1 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbots als Ziel der Raumordnung begreift. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihren Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Bei dieser - das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot kombinierenden - Betrachtungsweise müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dahingehend verstanden werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten errichtet werden sollen, nicht zentrenrelevante Warensortimente auch in städtebaulichen Randlagen. Von diesem „Soll-Ziel“ könne aber nach der Ausnahmeregelung im Satz 1 immer dann abgewichen werden, wenn das Vorhaben weder durch Lage und Größe noch durch seine Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtige. Dieser Auslegung ist indessen nicht zuzustimmen. Vielmehr führt die Gesamtbetrachtung des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dazu, dass Satz 2 dieses Plansatzes das als Muss-Ziel festgelegte Beeinträchtigungsverbot in Satz 1 im Sinne einer Begründung näher konkretisiert. Zur Sicherung des Beeinträchtigungsverbots sollen Einzelhandelsgroßprojekte deshalb vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Satz 3 dieses Plansatzes macht hiervon für nicht zentrenrelevante Warensortimente insoweit eine Ausnahme, als für sie auch städtebauliche Randlagen in Frage kommen. Das in diesem Zusammenhang gegenüber dem Gesamt-Ansiedlungsvorhaben isoliert zu betrachtende ...-Ansiedlungsvorhaben wird - wie vorgehend ausgeführt und entgegen der Auffassung der Beigeladenen - durch sein Möbelkernsortiment nicht schon entscheidend dahingehend geprägt, dass es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten handelt. Die zentrenrelevanten Sortimente stellen vielmehr ein hinzutretendes selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) dar.
84 
GG) Das Integrationsgebot gehört - neben dem Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem Kongruenzgebot - gleichfalls zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt eine flankierende Maßnahme zur Sicherung des Kongruenzgebots dar. Das aus dem bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitete (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13; Spannowsky, UPR 2003, 248; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025) Kongruenzgebot bezweckt die raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe, zu denen das Gesamtvorhaben der Beigeladenen zweifellos gehört. Zu den weiteren das Zentrale-Orte-Prinzip und das Kongruenzgebot konkretisierenden raumordnerischen Regeln zählt das Integrationsgebot. Dessen Ziel ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Der Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Integrationsgebot, nach dem Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten verwirklicht werden sollen, dient der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem hieraus abgeleiteten Kongruenzgebot beabsichtigten Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris).
85 
hh) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls, der das Grundanliegen des vorgehend dargestellten Integrationsgebots als Ziel der Raumplanung im LEP 2002 unangetastet und deshalb die Grundzüge der Planung trotz Verstoßes des Gesamtvorhaben gegen dieses Ziel unberührt ließe, sind auch in Ansehung des Vorbringens der Klägerin und der Beigeladene nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungs-häusern sei aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten, vermag einen Härtefall nicht zu begründen. Eine Zielabweichung isoliert vom Integrationsgebot als Ziel der Raumplanung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 LplG scheidet daher aus.
86 
ii) Vor dem Hintergrund, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen sowohl gegen das Kongruenzgebot als auch gegen das Integrationsgebot des LEP 2002 verstößt und in beiden Fällen von diesen Zielen der im LEP 2002 zum Ausdruck kommenden Raumordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG nicht abgewichen werden kann, weil dadurch die Grundzüge der Planung dadurch berührt werden, kann der Senat unerörtert lassen, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus auch noch gegen die in den Plansätzen 3.3.1.1 (Z) Satz 2 und Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbote verstößt und ob gegebenenfalls hiervon eine Zielabweichung zugelassen werden müsste.
87 
II. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Deshalb bedurfte es auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG zutreffend verneint hat. Da der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen war, ist der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag auf Neubescheidung daher gleichfalls unbegründet.
88 
Nach den obigen Darlegungen bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein vereinbar ist.
B.
89 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 der Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) als Ziel der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 1. Alt.), haben keinen Erfolg.
90 
Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob diese Berufungsanträge schon deshalb unzulässig sind, weil der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, juris) entsprechend den dort von der Klägerin und der Beigeladenen gestellten Anträgen rechtskräftig entschieden hat, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Gleiches gilt für die Frage, ob für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO besteht, nachdem weder ein Anspruch auf Zielabweichung von den Zielen des LEP 2002 noch ein Anspruch auf Neubescheidung des Zielabweichungsantrags besteht, weil - wie vorstehend ausgeführt - mit Blick auf die Unvereinbarkeit des Ansiedlungsvorhabens mit dem Kongruenzgebot als verbindliches Ziel des LEP 2002 durch eine Zielabweichung die Grundsätze der Planung i. S. d. des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG berührt werden.
91 
Denn diese Berufungsanträge sind jedenfalls unbegründet, wie sich aus den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. c.) ergibt, auf die verwiesen wird.
C.
92 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 den Plansätzen 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 2. Alt.), haben ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt den Berufungsanträgen das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse für den Fall besteht, dass - wie vorliegend - das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit den raumordnerischen Zielen LEP 2002 nicht vereinbar ist.
D.
93 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 3, 1. Alt.), bleiben entsprechend den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. h.) ebenfalls erfolglos.
E.
94 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der beigeladenen Ziffer 3, 2. Alt.), sind bereits unzulässig. Ihnen fehlt das in jedem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund mit der hilfsweise beantragten Zielabweichung von den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein ihre Rechtsstellung hinsichtlich der von ihnen begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat sieht hierfür keine Anhaltspunkte.
F.
95 
Die Berufungsanträge der Klägerin, festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindliches Ziel der Raumordnung zuwiderläuft (Ziffer 3, 1. Hs., 1. Alt.), und fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, eine entsprechende Zielabweichung zuzulassen, sind sowohl hinsichtlich des LEP 2002 als auch hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall besteht, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier:...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits - wie im Urteil des Senats vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) rechtskräftig festgestellt - mit dem aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleiteten und zu seiner Konkretisierung festgelegten Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP und - wie unter A. I. 4. c.) ausgeführt - auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 und 3 LEP 2002 nicht vereinbar ist und ferner eine Zielabweichung von beiden Zielen ausscheidet. Im Übrigen fehlt auch das Rechtsschutzinteresse. Denn auch insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund selbst bei Erfolg ihres Feststellungsantrags ihre Rechtsstellung hinsichtlich der begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedelungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat vermag hierfür keine Anhaltspunkte zu erkennen. Diese Erwägungen gelten für die von der Klägerin begehrte Feststellung hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein wie auch für die weiterhin hilfsweise begehrte Zielabweichung vom Beeinträchtigungsverbot; im Übrigen verweist der Senat insoweit auf seine hier entsprechend geltenden Ausführungen unter C. und E.
G.
96 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig. Dies gilt - in Auslegung dieser Berufungsanträge - sowohl für die damit begehrte Verpflichtung des Beklagten, in entsprechender Anwendung der Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 2 und der Beigeladenen Ziffer 1 für das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte eine Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen (I.), als auch für die beantragte Feststellung, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs. und wohl der Beigeladenen Ziffer 2 jeweils in entsprechender Anwendung; II.), wie auch schließlich für den hilfsweise gestellten Antrag, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und der Beigeladenen Ziffer 4 jeweils in entsprechender Anwendung; III.).
97 
I. Die auf Zulassung einer Abweichung vom Kongruenzgebot gerichtete Verpflichtungsklage bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte ist unzulässig.
98 
1. Die Unzulässigkeit folgt zunächst aus dem Fehlen der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts (vgl. zum Verwaltungsaktcharakter der Zielabweichung BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386), die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, DVBl. 1996, 309; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 -, juris; Urteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504 jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall bezog sich der Antrag der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich beratenen und vertretenen Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent - auch nicht hilfsweise - auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte, sondern vielmehr allein auf das ...-Einrichtungshaus mit begleitenden Fachmärkte. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin, in dem ausdrücklich auf den Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Bezug genommen wird. Auch dieser Antrag hat, wie sich nicht nur aus ihm selbst (vgl. dort unter I. Projektbeschreibung) sondern auch aus den ihm beigefügten Unterlagen (vgl. Märktegutachten, Verkehrsgutachten, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, schalltechnische Untersuchung) ergibt, allein das ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten zum Gegenstand. In Würdigung dessen enthält der Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 nicht gleichsam als ein „Minus“ den Antrag auf Zielabweichung bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne ergänzende Fachmärkte - ebenso wenig wie einen Antrag auf Zielabweichung hinsichtlich eines der Fachmärkte ohne das ...-Einrichtungshaus.
99 
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundes- oder landesrechtlich geordneten Verwaltungsverfahrensrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504). Jedoch nötigen die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes nicht dazu, in Bezug auf die erstrebte Zielabweichung von dem genannten, in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts abzuweichen. Vielmehr spricht das in § 24 Satz 3 LplG sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren gerade für das Gegenteil.
100 
2. Vor diesem Hintergrund kann der Senat unerörtert lassen, ob die Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 der Klägerin und der Beigeladenen eine nach § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung darstellen. Zweifellos treten die Streitgegenstände der Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 selbständig neben die der übrigen Berufungsanträge. Sie stellen ersichtlich diesen gegenüber kein „Minus“ dar; insoweit ist auf die hier entsprechend geltenden vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vorliegen, könnte die Klagänderung nur dann zulässig sein, wenn sie der Senat als sachdienlich erachtete. Dies kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn der Senat die Sachdienlichkeit nämlich bejahte, führte dies ebenfalls zur Unzulässigkeit der geänderten Klage. Denn der Umstand, dass eine Klageänderung zulässig ist, weil das Gericht sie als sachdienlich zugelassen hat, entbindet dieses nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört unter anderem, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 22.02.1980 IV C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 91 Rn. 11; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 38). Wie oben festgestellt, fehlt es vorliegend an dieser Sachurteilsvoraussetzung. Gleiches gilt für die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, die ebenfalls nicht erfüllt sind.
101 
II. Soweit die Klägerin und die Beigeladene mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung die Feststellung begehren, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Inte-grationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, mangelt es an der Statthaftigkeit der Feststellungsklage.
102 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Streitgegenstand der Feststellungsklage muss – soweit nicht die Nichtigkeitsfeststellung in Rede steht – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss – ferner - ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 - 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75; Urteil vom 25.03.2009 - 8 C 1.09 -, NVwZ 2009, 1170; Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 - jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 -, juris).
103 
Daran fehlt es vorliegend. Mit ihren Berufungsanträgen behaupten die Klägerin und die Beigeladene zwar konkludent, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) - zuwiderläuft. Das von der Klägerin und der Beigeladenen behauptete Rechtsverhältnis ist indessen noch nicht in dem - erforderlichen - Sinne verdichtet, dass zwischen ihnen und dem Beklagten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht. Denn der Beklagte war mit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob ein auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränktes Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) – zuwiderläuft, und damit mit dem behaupteten Rechtsverhältnis zuvor noch nicht befasst. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung keine inhaltlich der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen entgegenstehende Auffassung vertreten, sondern für den Senat nachvollziehbar erklärt, die zum Gegenstand der Feststellungsklage gemachte Behauptung zum Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses bedürfe zunächst – nach Vorlage entsprechender Antragsunterlagen – einer eingehenden Prüfung. Diese könne in der mündlichen Verhandlung nicht geleistet werden.
104 
Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen einer vorbeugenden Feststellungsklage ersichtlich nicht vor. Denn Gegenstand dieser besonderen Ausgestaltung der Feststellungsklage sind bestimmte Rechtsfolgen, die sich aus bereits hinreichend konkretisierten Rechtsbeziehungen ergeben. Im vorliegenden Fall liegt weder letzteres vor noch haben die Klägerin und die Beigeladene konkret zu erwartende Rechtsfolgen dargelegt, deren Abwehr zu besorgen sind.
105 
III. Auch die von der Klägerin und der Beigeladenen mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung hilfsweise begehrte Verpflichtung des beklagten Landes, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Im vorliegenden Fall steht das Feststellungsbegehren mit dem hilfsweise verfolgten Verpflichtungsantrag in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass die - vorstehend ausgeführte - Unzulässigkeit des ersteren auch die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich zieht. Ungeachtet dessen ist die - hilfsweise erhobene - Verpflichtungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts fehlt, die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist; insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter G. I. 1., die hier entsprechend gelten.
106 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
107 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
108 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
109 
Beschluss vom 26. Juni 2012
110 
Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 60.000,--EUR und der Streitwert im Berufungsverfahren auf 120.000,-- EUR festgesetzt (§§ 39 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung). Die Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren beruht auf der dort erstmals beantragten Erstreckung aller bisherigen gerichtlichen Anträge auf ein ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte. Den Streitwert diesen neuen Streitgegenstands bemisst der Senat gleichfalls insgesamt mit 60.000,-- EUR. Die Streitwerte waren gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
111 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Klägerin und die Beigeladenen haben, soweit hierüber der Senat nicht bereits mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - rechtskräftig entschieden hat, auch im Weiteren keinen Erfolg.
36 
Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens noch können sie Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags verlangen (A.). Ihre Klage auf Feststellung, dass der Ansiedelung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten das Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg (B.) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (C.) als Ziel der Raumordnung nicht entgegenstehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dies gilt auch für die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von diesem Ziel der Raumordnung (D. und E.). Die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindlichem Ziel der Raumordnung zuwiderläuft, ist ebenso unzulässig wie die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage, eine entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (F.). Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig (G.).
A.
37 
Der Berufungsantrag Ziffer 2 der Klägerin und die Berufungsanträge Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 kann nicht zugelassen werden; es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist daher im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
38 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -, NVwZ 2010, 133; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
39 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des LEP 2002 zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (I.) noch auf Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags (II.).
40 
Nach § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG kann die höhere Raum-ordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordne-rischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Nach § 24 Satz 2 LplG sind antragsbefugt die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben.
41 
1. a.) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) - revisionsrechtlich insoweit bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris) - entschieden, dass das aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, ein verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ist. Hieran ist festzuhalten.
42 
b.) Des Weiteren hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O) ausgeführt, dass das Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung mit dem im LEP 2002 festgelegten Gehalt nicht gegen die kommunale Planungshoheit der Klägerin als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung verstößt (ebenso BVerwG vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris). Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
43 
c.) Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass die die Berufsausübungsfreiheit der Beigeladenen einschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mit Art. 12 GG vereinbar sind. Denn sie beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
44 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O., juris Rn. 58, insoweit bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.) ausgeführt:
45 
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zen-tralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in Bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).“
46 
Hieran hält der Senat auch in Ansehung der Einwände der Klägerin und der Beigeladenen fest.
47 
d.) Schließlich hat der Senat entschieden, dass die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 auch mit Unionsrecht vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002 ist gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordne-rischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24.03.2011 – C-400/08 -, BauR 2011, 1117; Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
48 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., vgl. Rn. 22 - 24) ausgeführt, die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland beruhten auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie seien auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine vorgehenden Ausführungen zu Art. 12 GG (unter A. I. 1. c.)).
49 
Diese Erwägungen zur gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten gleichermaßen für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und für die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) vom 24.03.2011 (- C-400/08 -, BauR 2011, 1117) fest. In dieser hat der EuGH ausgeführt, dass Beschränkungen in Bezug auf den Standort und die Größe von Einzelhandelseinrichtungen geeignete Mittel seien, um Ziele der Raumordnung und des Umweltschutzes zu erreichen. Unter diesen Umständen müsse - so der Gerichtshof weiter unter Hinweis auf sein Urteil vom 22.12.2008 (- C-161/07 -, Slg. 2008, I-10671, Rn. 36) - ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geltend machen kann, eine Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen. Mit den Darlegungen unter A. I. 1. c.) wird diesen Maßgaben hinreichend Rechnung getragen. Sie legen nicht nur die Rechtfertigungsgründe dar sondern zeigen auch die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im Einzelnen auf. Die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien, weil Einzelhandelsgroßprojekte ein Beein-trächtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Diese Erkenntnis beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, die in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001(im Folgenden: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001), in § 34 Abs. 3, § 11 Abs. 3 BauNVO sowie in der Begründung des LEP 2002 (vgl. z. B. Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) ihren Niederschlag gefunden hat.
50 
2. Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen verstößt ferner gegen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip [vgl. hierzu zusammenfassend Kluth, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 157]) und das aus ihm abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich - wie der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) ausgeführt hat - ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein, weil sein Einzugsbereich unter Berücksichtigung der Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 (30 %-Schwellenwert) im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich überschreitet. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 stammen bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... als dem maßgebenden Verflechtungsbereich (siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b), mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb. Bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses beläuft sich der Marktanteil sogar nur auf ca. 10 bis 11 % aus dem Mittelbereich R..., so dass rund 90 % dessen zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet werden (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil des Senats vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357).
51 
3. Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der In-frastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 [S. B22]). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 16.10.2010, a.a.O. Rn. 27).
52 
4. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 bleibt ohne Erfolg.
53 
Der Senat kann hierbei im Ergebnis unerörtert lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG insoweit erfüllt sind, als die Zielabweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist (a.)). Denn die Zielabweichung zur Realisierung des mit dem Kongruenzgebot unvereinbaren Ansiedlungsvorhaben scheitert daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung im Sinne des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG berührt werden (b.)).
54 
a.) Die Vertretbarkeit unter raumordnerischen Gesichtspunkten als erste Voraussetzung für eine Zielabweichungsentscheidung dürfte, ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden muss, wohl vorliegen. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist anzunehmen, wenn die Zielabweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung planbar gewesen wäre, wenn also der Weg der Planung statt der Abweichung gewählt worden wäre. Ein durch die förmliche Raumplanung nicht zu erzielendes Ergebnis kann auch nicht im Wege der Abweichung erreicht werden. Nur solche Gründe können eine Zielabweichung als vertretbar rechtfertigen, die nicht bereits bei der Planfeststellung erörtert und nicht bewusst zurückgestellt worden sind. Denn in einem solchen Fall hat der Plangeber eine Aussage gegen die raumordnerische Zulassung der fraglichen Maßnahme getroffen, an die die Raumordnungsbehörde gebunden bleibt (vgl. zu alledem Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6 Rn. 115).
55 
Gemessen daran dürfte eine raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens wohl gegeben sein. Auch der LEP 2002 geht in seinem Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 von der Planbarkeit der angestrebten Abweichungsentscheidung aus. Zwar sollen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Im 2. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 wird dieses Ziel insoweit ergänzt, als derartige Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Damit bringt der LEP 2002 zum Ausdruck, dass Einzelhandelsgroßprojekte - wie das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen - jedenfalls grundsätzlich auch in einem Mittelzentrum wie der Klägerin raumordnungsrechtlich planbar gewesen wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Plangeber nach den weiteren Zielvorgaben im LEP 2002 in Ergänzung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten aufgestellt hat.
56 
b.). Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot ist jedoch ungeachtet der Frage, ob sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, deshalb nicht zulassungsfähig, weil dadurch die Grundzüge der Planung des LEP 2002 berührt werden.
57 
Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil vom 04.08.2009 - 4 CN 4.08 -, BVerwGE 134, 264; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66).
58 
Mit Blick auf das hier in Rede stehende Kongruenzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem hinsichtlich der Zulassung einer Zielabweichung zurückverweisendem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, a.a.O.) ausgeführt, für ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, komme es für die Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren sei nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den raumordnerischen Besonderheiten Rechnung tragenden Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Denn das Kongruenzgebot erweise sich nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beanspruche.
59 
Nach diesen Maßgaben stellt das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in der konkreten Planungssituation keinen Härtefall dar, der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufgrund raumordnerischer Besonderheiten eine Zielabweichung trotz Verstoßes gegen das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung rechtfertigt.
60 
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.), insoweit revisionsrechtlich unbeanstandet, festgestellt, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot als eine tragende Ausformung des zen-tralörtlichen Gliederungsprinzips nicht nur geringfügig, sondern gravierend beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung noch einmal darauf hinzuweisen, dass es vorliegend nicht nur um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses geht. Das hier in Rede stehende Gesamtvorhaben der Beigeladenen umfasst neben dem ...-Einrichtungshaus („Möbelkaufhaus“) auch die Ansiedlung weiterer gegenüber dem klassischen ...-Einrichtungshaus branchenfremder Fachmärkte (Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt) mit einer Gesamt-Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² auf einer Fläche von ca. 12 ha. Bei der gebotenen gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... 82 % der zu erwartenden Umsätze werden außerhalb des Mittelzentrums R...t generiert. Noch deutlicher wird die Überschreitung des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs, wenn nur das Gesamtsortiment des ...-Einrich-tungshauses in den Blick genommen wird. Hier werden nur ca. 10 bis 11 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden aus dem Mittelzentrum R..., hingegen 90 % der zu erwartenden Umsätze außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet.
61 
bb) Der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen, die fehlende Vorbildwirkung des Vorhabens gebiete im vorliegenden Einzelfall eine Zielabweichung, kann nicht gefolgt werden. Gerade hier zeigt sich die unzulässige Blickverengung allein auf das ...-Einrichtungshaus. Selbst wenn man der Meinung der Beigeladenen folgen wollte, im Bereich des großflächigen Einzelhandels nähmen ...-Einrichtungshäuser eine Sonderstellung ein, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es mit dem mit den Berufungsanträgen Ziffer 2 der Klägerin und Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen verfolgten Zielabweichungsverfahren nicht um ein singuläres ...-Einrichtungshaus geht, sondern um ein Konglomerat von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehend aus ...-Einrichtungshaus und weiteren - insoweit branchenfremden - Fachmärkten, die als eine - wirtschaftliche - Einheit verwirklicht werden sollen. Gerade dieses Geschäftsmodell - ein Magnetbetrieb und weitere „Trabantenbetriebe“ - würde eine erhebliche Vorbildwirkung entfalten und damit eine Durchbrechung der im Landesentwicklungsplan 2002 zum Ausdruck kommenden tragenden Raumordnungsstruktur bewirken (zur Präjudizwirkung vgl. auch Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6, Rn. 121; HessVGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230; Hager, BauR 2011, 1093).
62 
Zutreffend weisen die Klägerin und Beigeladene zwar in diesem Zusammenhang auf die raumstrukturellen Besonderheiten im Bereich des Mittelzentrums R... hin. Diese raumordnerische Situation ist durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren auf engen Raum gekennzeichnet, nämlich der Mittelzentren Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl. Anders jedoch als die Klägerin und die Beigeladene meinen, würde das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in seiner Gesamtheit diese besondere raumordnerische Struktur ganz erheblich belasten und die durch den LEP 2002 geplante Mittelzentrenstruktur geradezu auflösen zugunsten des Mittelzentrums R... Die mit dem Kongruenzgebot verfolgte Stärkung aller Zentren würde mit der Zulassung des Ansiedlungsvorhaben im Ergebnis konterkariert. Die Entwicklungsbereiche der benachbarten Zentren würden erheblich betroffen. Die Raumordnungsstruktur des LEP 2002 hat gerade auch zum Ziel, die Entwicklungsmöglichkeiten der weiteren Mittelzentren zu gewährleisten und damit auch deren bereits ins Werk gesetzten Anstrengungen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer urbanen Strukturen abzusichern. Andererseits könnte jedes der aufgeführten Mittelzentren unter Hinweis auf das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit gleichen Gründen eine Zielabweichung für ein vergleichbares Vorhaben verlangen, dem mit Blick auf Art. 3 GG nur schwer gegenzusteuern wäre. Denn die Situation ist für diese Mittelzentren insoweit identisch, als ihnen jeweils nur ein kleiner Mittelbereich zugeordnet ist. Ein „Windhundrennen“ um Großvorhaben zwischen den Zentren wäre die unausweichliche Folge. Die Vorbildwirkung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen würde daher eine Entwicklung auslösen, die den in seinen raumordnerischen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommenden Planungsgrundsätzen des LEP 2002 grundlegend zuwiderliefe und ihn in letzter Konsequenz funktionslos machte. Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 07.12.2005 - 3 S 2693/04 - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Entscheidend für die dort vom Senat bestätigte Zielabweichungsentscheidung des Beklagten war die Raumbedeutsamkeit, dass der Standort des Sondergebiets teilweise auch die Funktion einer Nahversorgung erfüllte. Ferner waren für das Gebiet ca. 1.000 Wohneinheiten für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, deren Versorgung das Vorhaben ebenfalls dienen sollte. Der geplante Standort des Gesamtvorhabens der Beigeladenen weist diese Besonderheiten indessen nicht auf.
63 
cc) Das Vorbringen der Beigeladenen, trotz intensiver Suche sei im Oberzentrum Karlsruhe für das Ansiedelungsvorhaben kein geeigneter Standort gefunden worden, vermag – selbst wenn dies zuträfe – keinen eine Abweichungsentscheidung rechtfertigenden Härtefall zu begründen.
64 
Die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit steht der Geeignetheit eines raumordnerischen Ziels grundsätzlich nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 18). Die Raumordnung durch Zuordnung und Mischung der Raumnutzungen und Raumfunktionen ist - auch mit Blick auf die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit - allein Aufgabe des (Mitglied)Staates, nicht aber einzelner Unternehmen. Denn andernfalls hätte dieses es in der Hand, durch entsprechende Dimensionierung eines Vorhabens die auch unionsrechtlich geforderte und geförderte Raumplanung der Mitgliedstaaten (vgl. insoweit Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK – vom 10. Mai 1999) zu durchkreuzen und „planlos“ den Raum zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann die Raumplanung, wenn sie - wie der LEP 2002 - von gemeinwohlorientierten Zielen wie dem Umwelt- und Ressourcenschutz durch Verhinderung enormen Flächenverbrauchs sowie dem Landschaftsschutz durch Vermeidung großflächiger Zersiedelungen - gerade des städtischen Umlands - getragen ist, auch zur Folge haben, das bestimmte Ansiedlungsvorhaben an bestimmten Standorten im Ergebnis ausgeschlossen sind (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248). Erst recht stellt ein nach der Raumordnung rechtlich an einem bestimmten Standort zulässiges, aber faktisch dort aufgrund der beabsichtigten Größe und der vom Unternehmen selbst definierten Anforderungen an Lage und Infrastruktur nicht verwirklichbares Vorhaben keinen Härtefall dar. Diese Fallkonstellation verleiht einem Unternehmen auch nicht unter Berufung auf die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und unter Abkehr der legitimen Raumplanung des Mitgliedstaats und dem wohlbegründeten Raumordnungsgefüge das Recht, einen seinen eigengesetzten Anforderungen genügenden Standort in der Raumschaft auszuwählen.
65 
dd) Die von der Beigeladenen vorgetragene Verkehrsreduzierung zeigt gleichfalls keinen eine Zielabweichung vom Kongruenzgebot gebietenden Härtefall auf. Die Einschätzung einer Verkehrsreduzierung mag hinsichtlich des geplanten ...-Einrichtungshauses im Verhältnis zu den vorhandenen ...-Unternehmen in Walldorf, Mannheim, Freiburg, Sindelfingen und Straßburg zutreffen. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Einwohner im Einzugsbereich des geplanten Standorts Raststatt ganz überwiegend das dortige ...-Einrichtungshauses anfahren würden. Die behauptete Verkehrsreduzierung beschränkt sich indessen allein auf das ...-Einrichtungshaus. Sie gilt indessen nicht für das hier allein zu beurteilende Gesamtvorhaben. Überdies übersehen die Klägerin und die Beigeladene hierbei, dass das Verkehrsaufkommen, das durch das ...-Einrichtungshaus - geplant sind ca. 2.300 Stellplätze - und erst recht durch das Gesamtvorhaben ausgelöst werden wird, die bestehende Verkehrsinfrastruktur des Mittelzentrums R... deutlich überfordert. Hiervon geht auch das Verkehrsgutachten des Ingenieurbüros ... ... ..., ... ... ... ... ... vom Mai 2007 (Untersuchung zum Raumordnungsverfahren zur verkehrlichen Erschließung des geplanten ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten im Gewerbegebiet Lochfeld in R...) aus, das die Beigeladene ihrem Antrag auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 beigefügt hat. Danach seien - bezogen allein auf das ...-Einrichtungshaus - Verkehrsströme in einer Größenordnung von ca. 10.400 Kfz/24 h als DTV (normaler Werktag) zu erwarten. Die Anschlussstelle Rastatt (Nord) an die BAB 5 (Nr. 49) über die B 462 sei bereits heute regelmäßig überlastet. Eine weitere Verschärfung dieses Missstandes würde sich nicht nur bei zusätzlichen Gewerbeansiedlungen sondern darüber hinaus bei der Ansiedlung ... (allein) verschärfen. Das ...-Einrichtungshaus wie auch das Gesamtvorhaben lassen sich nach diesen Feststellungen ohne bedeutsame Änderungen und Neubau von Straßenverkehrsanlagen daher nicht verwirklichen. Zur Lösung der zu erwartenden Verkehrsprobleme wird in dem Verkehrsgutachten Mai 2007 der Neubau einer Anschlussstelle Rastatt-Mitte oder alternativ dazu den Ausbau der Anschlussstelle Nr. 49 zu einem „Kleeblatt“ und einen Umbau des Knotenpunktes B 462/K 3716 vorgeschlagen. In beiden Varianten soll zusätzlich die K 3716 parallel zur BAB 5 verlegt werden.
66 
Die vorstehenden Ausführungen unter (aa) bis (dd) zeigen, dass eine Abweichung vom Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht zulassungsfähig ist, weil es einen wesentlichen Teil der Grundzüge der Planung darstellt und diese durch eine Abweichungsentscheidung auch berührt würden, da keine einen Härtefall begründenden besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen. Allein der Umstand, dass das dem Konzentrationsgebot und dem Kongruenzgebot inne wohnende Ziel eines schonenden Flächen-und Ressourcenverbrauchs vorliegend deshalb in den Hintergrund tritt, weil der Standort des Ansiedlungsvorhabens durch die Bebauungspläne „Lochfeld“ und „Im Baisert“ überplant ist, vermag die aufgezeigten nachteiligen raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf das Vorliegen eines Härtefalls nicht auszugleichen. Überdies ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die durch die Ziele des LEP 2002 auch bezweckte Ressourcenschonung folgendes zu bedenken: Nach den Zielen des LEP 2002 werden entsprechend dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem Kongruenzgebot zugunsten von Einzelhandelsgroßprojekten in den Oberzentren Stand-orte für deren Ansiedlung raumplanerisch vorgehalten. Zielabweichungen im Einzelfall hinsichtlich nachgeordneter Zentren änderten an diesem raumordnungsrechtlichen Tatbestand nichts. Die Inanspruchnahme von Flächen in nachgeordneten Zentren durch Einzelhandelsgroßprojekte wird nicht durch eine entsprechende Verminderung von entsprechenden Flächen in Oberzentren gewissermaßen „ausgeglichen“. In der Summation führen daher Zielabweichungen in einer Gesamtbilanz zu einem vom LEP 2002 gerade nicht gewollten höheren Flächenverbrauch.
67 
c.) Ungeachtet dessen, dass eine Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 24 Satz 1 LplG für das Gesamtansiedlungsvorhaben der Beigeladenen schon deshalb zwingend ausscheidet, weil eine Abweichung vom Kongruenzgebot mangels Vorliegens eines Härtefalls Grundzüge der Planung berühren würde, ist eine Zielabweichung ferner deshalb unzulässig, weil das Vorhaben auch gegen das landesplanerische Integrationsgebot verstößt.
68 
Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 kommen für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Frage.
69 
aa) Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Dem steht nicht entgegen, dass diese landesplanerische Aussage als Soll-Vorschrift gefasst ist. Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491; vgl. auch Urteile vom 22.06.2011 - 4 CN 4.10 -, BVerwGE 140, 54 = NVwZ 2011, 1468 und vom 10.11.2011 - 4 CN 9.10 -, NVwZ 2012, 315) ausgeführt hat - nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Muss-Vorschriften ausgestaltet sind, sondern auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. Diese erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).
70 
Nach Maßgabe dessen ist die als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussage im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Denn der Plangeber hat in dem Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich eine Ausnahme von der Zielbindung benannt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber anhand des Einzelhandelserlasses hinreichend bestimmbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.04.2012 - 8 S 1739/10 -, juris). Aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 folgt im Umkehrschluss, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen. In diesem Sinn ist auch der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 zu verstehen.
71 
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstößt das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
72 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtritz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
73 
Dem Integrationsgebot fehlt es nicht an einem es legitimierenden überörtlichen raumordnungsrechtlichen Bezug, der den Eingriff in die kommunale Planungshoheit rechtfertigt. Das Integrationsgebot gehört zum überörtlichen und zusammenfassenden Regelungsgegenstand der Raumordnung und ist als inhaltliche Ausgestaltung innergemeindlicher Siedlungsschwerpunkte nicht nur eine städtebauliche und rein örtliche Aufgabe. Das Integrationsgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Kongruenzgebot und das Beein-trächtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren entschieden, dass es, wenn diese insbesondere wegen ihrer Größe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinausgehen, gerechtfertigt sein kann, sie einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und planerisch nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen. Eine solche Zielfestlegung schließe es zwar für das gesamte Gebiet einer Gemeinde, die nicht Oberzentrum ist, aus, die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren planerisch zuzulassen; da die Zielfestlegung lediglich eine eng umgrenzte Nutzungsart ausschließe, verbleibe der Gemeinde jedoch substanzieller Raum für eine anderweitige Bauleitplanung (BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Diese Entscheidung betraf die Errichtung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums (Designer-Outlet-Center in S...; vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, NdsVBl 2006, 71) mit einer Verkaufsfläche von zunächst 10.000 m² in einer ersten Ausbaustufe, sodann in einer zweiten Ausbaustufe auf insgesamt 20.000 m². Angesichts der Größe der Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² des geplanten Gesamtvorhabens der Beigeladenen, einer Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von mindestens 5.450 m², wobei das ...-Einrichtungshaus allein eine Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 4.650 m² vorsieht (hierbei ist die - zwischen den Beteiligten streitige - Zuordnung von Leuchten und Teppichen zu den zentrenrelevanten Sortimenten noch nicht berücksichtigt; bei deren Einbeziehung ergäbe sich eine Verkaufsfläche von 8.450 m² zentren-relevanter Sortimente) besteht kein qualitativer Unterschied zu dem vom BVerwG entschiedenen Hersteller-Direktverkaufszentrums. Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zentrenrelevanten Sortimenten des ...-Einrichtungshauses nicht um dem Kernsortiment „Möbel“ hinsichtlich Umsatz und Verkaufsfläche deutlich untergeordnete sog. Randsortimente handelt (siehe hierzu Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. ff., insbesondere Rn. 94 zu sog. Möbelmärkten und -Häusern mit breitgefächerten Nicht-Möbel-Sortiment; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.1998 - 7a D 108/96.NE -, NVwZ 1999, 79). Gegen das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 bestehen daher mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG weder allgemein noch im konkreten das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Einzelfall verfassungsrechtliche Bedenken.
74 
cc) Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil - wie die Beigeladene meint - dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle, durch raumordne-rische Ziele innerörtliche Standorte von Einzelhandelsnutzungen festzulegen, und deshalb - insoweit - die der Landesregierung erteilte Ermächtigung verfassungswidrig sei, gemäß § 7 und § 10 LplG durch Rechtsverordnung den Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen.
75 
§ 7 LplG regelt den Inhalt des Landesentwicklungsplans (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LplG). Danach ist der Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen. Er enthält die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Landes. Er enthält ferner Ziele für einzelne raumbedeutsame Vorhaben, die für das Land von Bedeutung sind. Der Landesentwicklungsplan muss mit den in § 2 des Raum-ordnungsgesetzes enthaltenen Grundsätzen in Einklang stehen; er konkretisiert diese Grundsätze. Die Ziele sind durch den Buchstaben »Z«, die Grundsätze sind durch den Buchstaben »G« zu kennzeichnen. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b und d ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten, insbesondere zu Zentralen Orten und Siedlungsentwicklungen. Insbesondere nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. d ROG ist es danach zulässig, dass in einem Raumordnungsplan Festlegungen über Siedlungsentwicklungen getroffen werden, die auch und gerade mit Blick auf die für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Bestimmbarkeit bereichsscharf sein sollen. Aufgrund der Planungsgrundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG und der Festlegungsmöglichkeiten des § 8 Abs. 5 ROG zugunsten gemeindeinterner Festlegungen für den besiedelten wie auch für den nicht besiedelten Bereich hat der für die Raumordnung zuständige Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 i.V.m. Art. 72 GG - ungeachtet der Abweichungsbefugnis der Länder nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG) entschieden, dass ein Raumordnungsplan auch gemeindeinterne Flächennutzungs- und Flächenfunktionszuweisungen treffen darf (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn. 70). Insoweit ergänzt das Raumordnungsgesetz das von dem für das Bodenrecht (einschließlich des Städtebaurechts) gleichfalls zuständigen Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art 72 GG) erlassene Baugesetzbuch. Der Landesgesetzgeber hat in § 7 LplG für den Inhalt des Landesentwicklungsplans, der als Rechtsverordnung erlassen wird (§ 10 LplG), diese Maßgaben des Raumordnungsgesetzes für verbindlich erklärt. Aufgrund dessen maßt sich der Landesgesetzgeber weder im Landesplanungsgesetz noch im Landesentwicklungsplan eine ihm nicht zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung standort- bzw. bereichsbezogener Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsplan an, sondern setzt vielmehr die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes um (vgl. hierzu auch Uechtritz, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 57 ff. 66).
76 
dd). Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 verstößt auch nicht zulasten der Beigeladenen gegen Art. 12 GG. Insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. c.) hier entsprechend.
77 
ee). Der das Integrationsgebot festlegende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 begegnet auch in unionsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Diese gilt sowohl für die Vereinbarkeit des Integrationsgebots als Ziel der Raumordnung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) als auch mit der Dienstleistungsfreiheit(Art. 56 AEUV) als auch mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Auch insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. d.) i.V.m. c). hier entsprechend. Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof herausgestellten Voraussetzungen, unter denen die Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten zulässigerweise eingeschränkt werden darf, ist darauf hinzuweisen, dass die Raumordnungsprinzipien, wie sie in den hier maßgeblichen Zielen des LEP 2002 festgelegt werden, gerade nicht auf rein wirtschaftlichen Erwägungen beruhen. Dem Raumordnungssystem des LEP 2002 liegen keine wirtschaftlichen Motive zugrunde und eine Bedarfsprüfung findet nicht statt. Der Normzweck der Raumplanung ist es weder unmittelbar noch mittelbar, vorhandene Einzelhandelseinrichtungen vor der Ansiedlung neuer Konkurrenz zu schützen. Das raumordnerische Steuerungsinstrumentarium verfolgt eine andere Zielrichtung. Es sind dies die bedeutenden öffentlichen Belange der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes (Ressourcenschonung, Verkehrsvermeidung), Bewahrung der Stadtzentren als Kerne des urbanen Lebens hinsichtlich des Handels, der Begegnung und der Kommunikation sowie schließlich der verbrauchernahen Versorgungssicherheit - und damit mittelbar dem Schutz der Verbraucherinteressen - und zwar insbesondere, aber nicht nur von älteren und behinderten Menschen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Hager, BauR 2011, 1093; Uechtritz, ZfBR 2011, 648; Wiggers, NJW-Spezial, 2011, 556). Im Weiteren ist daran zu erinnern, dass städtebaulich integrierte Standorte im Sinne des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002, an denen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig ausgewiesen werden sollen, nicht nur Innenstädte darstellen. Städtebaulich integrierte Stand-orte können auch andere zentrale Versorgungsbereiche der Standortgemeinde sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308; Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, 2010, 590).
78 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu der beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.10.2010 - 7 B 22.10 -, juris). Das Vorbringen der Beigeladenen, eine Vorlagepflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht zu erkennen gegeben habe, die Streitfrage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn dem Urteil des BVerwG vom 16.12.2010 (a.a.O.) dies zu entnehmen wäre, hat die Beigeladene nichts dafür dargetan, dass das BVerwG auch in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.2011 (a.a.O.) hieran festhalten wolle.
79 
ff) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem in den Sätzen 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 verorteten Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht vereinbar.
80 
(1) Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, dass das Gesamtvorhaben der Beigeladenen nicht an einem städtebaulich integrierten Standort geplant und errichtet werden soll.
81 
(2) Die Ausnahmevoraussetzungen für nicht zentrenrelevante Warensortimente nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 sind vorliegend gleichfalls nicht erfüllt.
82 
Zwar werden in dem ...-Einrichtungshaus, dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt nicht zentrenrelevante Warensortimente auf einer Gesamtfläche von ca. 35.050 m² (20.850 [...-Einrichtungshaus] + 10.300 [Bau- und Gartenmarkt] + 3.900 [Küchenfachmarkt[) angeboten. Gleichzeitig sind aber durch diese drei Einzelvorhaben auf einer Gesamtfläche von ca. 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (einschließlich Nahrungsmittel) vorgesehen. Hierbei mag es sich bei dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt, die zusammen auf einer Fläche von ca. 800 m² zentren-relevante Sortimente anbieten, insgesamt noch um sogenannte Randsortimente handeln, die einer Errichtung in einer städtebaulichen Randlage wohl nicht entgegenstünden. Für das ...-Einrichtungshaus ist dies indessen nicht der Fall. Das ...-Einrichtungshaus beabsichtigt, auf einer Fläche von ca. 4.650 m² zentrenrelevante Sortimente mit - wie bei bestehenden ...-Häusern üblich und gerichtsbekannt - breitester Fächerung anzubieten. Damit nehmen diese von der Beigeladenen als Nebensortimente bezeichneten Warengruppen schon bei einem rein rechnerisch betrachteten Vergleich der Verkaufsflächen ca. 19,4 % der geplanten Verkaufsfläche (ohne Einbeziehung der Fläche für die gastronomischen Angebote) ein. Berücksichtigt man im Rahmen einer gebotenen wertenden Betrachtung zudem, dass es sich bei den Möbeln schwerpunktmäßig um großvolumige Waren handelt, während die sonstigen Sortimente eher kleinvolumige Waren darstellen, tritt die wirtschaftliche Bedeutung der zentrenrelevanten Sortimente noch deutlicher hervor. Vor diesem Hintergrund können die zentrenrelevanten Sortimente nicht mehr als bloße Neben- oder gar Randsortimente zum Kernsortiment „Möbel“ angesehen werden. Diese zentrenrelevanten Sortimente, die eine Vielzahl unterschiedlichster Waren des zentrenrelevanten Sortimentsbereichs bis hin zu Nahrungsmitteln abdecken, stellen vielmehr ein selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) neben dem - weiteren - Kernsortiment „Möbel“ dar.
83 
(3) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspräche auch dann dem Integrationsgebot, wenn man dieses - wie die Klägerin und die Beigeladene meinen - nur unter Einschluss des in Satz 1 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbots als Ziel der Raumordnung begreift. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihren Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Bei dieser - das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot kombinierenden - Betrachtungsweise müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dahingehend verstanden werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten errichtet werden sollen, nicht zentrenrelevante Warensortimente auch in städtebaulichen Randlagen. Von diesem „Soll-Ziel“ könne aber nach der Ausnahmeregelung im Satz 1 immer dann abgewichen werden, wenn das Vorhaben weder durch Lage und Größe noch durch seine Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtige. Dieser Auslegung ist indessen nicht zuzustimmen. Vielmehr führt die Gesamtbetrachtung des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dazu, dass Satz 2 dieses Plansatzes das als Muss-Ziel festgelegte Beeinträchtigungsverbot in Satz 1 im Sinne einer Begründung näher konkretisiert. Zur Sicherung des Beeinträchtigungsverbots sollen Einzelhandelsgroßprojekte deshalb vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Satz 3 dieses Plansatzes macht hiervon für nicht zentrenrelevante Warensortimente insoweit eine Ausnahme, als für sie auch städtebauliche Randlagen in Frage kommen. Das in diesem Zusammenhang gegenüber dem Gesamt-Ansiedlungsvorhaben isoliert zu betrachtende ...-Ansiedlungsvorhaben wird - wie vorgehend ausgeführt und entgegen der Auffassung der Beigeladenen - durch sein Möbelkernsortiment nicht schon entscheidend dahingehend geprägt, dass es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten handelt. Die zentrenrelevanten Sortimente stellen vielmehr ein hinzutretendes selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) dar.
84 
GG) Das Integrationsgebot gehört - neben dem Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem Kongruenzgebot - gleichfalls zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt eine flankierende Maßnahme zur Sicherung des Kongruenzgebots dar. Das aus dem bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitete (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13; Spannowsky, UPR 2003, 248; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025) Kongruenzgebot bezweckt die raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe, zu denen das Gesamtvorhaben der Beigeladenen zweifellos gehört. Zu den weiteren das Zentrale-Orte-Prinzip und das Kongruenzgebot konkretisierenden raumordnerischen Regeln zählt das Integrationsgebot. Dessen Ziel ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Der Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Integrationsgebot, nach dem Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten verwirklicht werden sollen, dient der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem hieraus abgeleiteten Kongruenzgebot beabsichtigten Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris).
85 
hh) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls, der das Grundanliegen des vorgehend dargestellten Integrationsgebots als Ziel der Raumplanung im LEP 2002 unangetastet und deshalb die Grundzüge der Planung trotz Verstoßes des Gesamtvorhaben gegen dieses Ziel unberührt ließe, sind auch in Ansehung des Vorbringens der Klägerin und der Beigeladene nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungs-häusern sei aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten, vermag einen Härtefall nicht zu begründen. Eine Zielabweichung isoliert vom Integrationsgebot als Ziel der Raumplanung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 LplG scheidet daher aus.
86 
ii) Vor dem Hintergrund, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen sowohl gegen das Kongruenzgebot als auch gegen das Integrationsgebot des LEP 2002 verstößt und in beiden Fällen von diesen Zielen der im LEP 2002 zum Ausdruck kommenden Raumordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG nicht abgewichen werden kann, weil dadurch die Grundzüge der Planung dadurch berührt werden, kann der Senat unerörtert lassen, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus auch noch gegen die in den Plansätzen 3.3.1.1 (Z) Satz 2 und Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbote verstößt und ob gegebenenfalls hiervon eine Zielabweichung zugelassen werden müsste.
87 
II. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Deshalb bedurfte es auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG zutreffend verneint hat. Da der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen war, ist der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag auf Neubescheidung daher gleichfalls unbegründet.
88 
Nach den obigen Darlegungen bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein vereinbar ist.
B.
89 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 der Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) als Ziel der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 1. Alt.), haben keinen Erfolg.
90 
Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob diese Berufungsanträge schon deshalb unzulässig sind, weil der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, juris) entsprechend den dort von der Klägerin und der Beigeladenen gestellten Anträgen rechtskräftig entschieden hat, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Gleiches gilt für die Frage, ob für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO besteht, nachdem weder ein Anspruch auf Zielabweichung von den Zielen des LEP 2002 noch ein Anspruch auf Neubescheidung des Zielabweichungsantrags besteht, weil - wie vorstehend ausgeführt - mit Blick auf die Unvereinbarkeit des Ansiedlungsvorhabens mit dem Kongruenzgebot als verbindliches Ziel des LEP 2002 durch eine Zielabweichung die Grundsätze der Planung i. S. d. des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG berührt werden.
91 
Denn diese Berufungsanträge sind jedenfalls unbegründet, wie sich aus den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. c.) ergibt, auf die verwiesen wird.
C.
92 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 den Plansätzen 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 2. Alt.), haben ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt den Berufungsanträgen das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse für den Fall besteht, dass - wie vorliegend - das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit den raumordnerischen Zielen LEP 2002 nicht vereinbar ist.
D.
93 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 3, 1. Alt.), bleiben entsprechend den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. h.) ebenfalls erfolglos.
E.
94 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der beigeladenen Ziffer 3, 2. Alt.), sind bereits unzulässig. Ihnen fehlt das in jedem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund mit der hilfsweise beantragten Zielabweichung von den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein ihre Rechtsstellung hinsichtlich der von ihnen begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat sieht hierfür keine Anhaltspunkte.
F.
95 
Die Berufungsanträge der Klägerin, festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindliches Ziel der Raumordnung zuwiderläuft (Ziffer 3, 1. Hs., 1. Alt.), und fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, eine entsprechende Zielabweichung zuzulassen, sind sowohl hinsichtlich des LEP 2002 als auch hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall besteht, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier:...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits - wie im Urteil des Senats vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) rechtskräftig festgestellt - mit dem aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleiteten und zu seiner Konkretisierung festgelegten Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP und - wie unter A. I. 4. c.) ausgeführt - auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 und 3 LEP 2002 nicht vereinbar ist und ferner eine Zielabweichung von beiden Zielen ausscheidet. Im Übrigen fehlt auch das Rechtsschutzinteresse. Denn auch insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund selbst bei Erfolg ihres Feststellungsantrags ihre Rechtsstellung hinsichtlich der begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedelungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat vermag hierfür keine Anhaltspunkte zu erkennen. Diese Erwägungen gelten für die von der Klägerin begehrte Feststellung hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein wie auch für die weiterhin hilfsweise begehrte Zielabweichung vom Beeinträchtigungsverbot; im Übrigen verweist der Senat insoweit auf seine hier entsprechend geltenden Ausführungen unter C. und E.
G.
96 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig. Dies gilt - in Auslegung dieser Berufungsanträge - sowohl für die damit begehrte Verpflichtung des Beklagten, in entsprechender Anwendung der Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 2 und der Beigeladenen Ziffer 1 für das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte eine Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen (I.), als auch für die beantragte Feststellung, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs. und wohl der Beigeladenen Ziffer 2 jeweils in entsprechender Anwendung; II.), wie auch schließlich für den hilfsweise gestellten Antrag, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und der Beigeladenen Ziffer 4 jeweils in entsprechender Anwendung; III.).
97 
I. Die auf Zulassung einer Abweichung vom Kongruenzgebot gerichtete Verpflichtungsklage bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte ist unzulässig.
98 
1. Die Unzulässigkeit folgt zunächst aus dem Fehlen der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts (vgl. zum Verwaltungsaktcharakter der Zielabweichung BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386), die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, DVBl. 1996, 309; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 -, juris; Urteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504 jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall bezog sich der Antrag der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich beratenen und vertretenen Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent - auch nicht hilfsweise - auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte, sondern vielmehr allein auf das ...-Einrichtungshaus mit begleitenden Fachmärkte. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin, in dem ausdrücklich auf den Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Bezug genommen wird. Auch dieser Antrag hat, wie sich nicht nur aus ihm selbst (vgl. dort unter I. Projektbeschreibung) sondern auch aus den ihm beigefügten Unterlagen (vgl. Märktegutachten, Verkehrsgutachten, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, schalltechnische Untersuchung) ergibt, allein das ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten zum Gegenstand. In Würdigung dessen enthält der Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 nicht gleichsam als ein „Minus“ den Antrag auf Zielabweichung bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne ergänzende Fachmärkte - ebenso wenig wie einen Antrag auf Zielabweichung hinsichtlich eines der Fachmärkte ohne das ...-Einrichtungshaus.
99 
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundes- oder landesrechtlich geordneten Verwaltungsverfahrensrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504). Jedoch nötigen die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes nicht dazu, in Bezug auf die erstrebte Zielabweichung von dem genannten, in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts abzuweichen. Vielmehr spricht das in § 24 Satz 3 LplG sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren gerade für das Gegenteil.
100 
2. Vor diesem Hintergrund kann der Senat unerörtert lassen, ob die Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 der Klägerin und der Beigeladenen eine nach § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung darstellen. Zweifellos treten die Streitgegenstände der Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 selbständig neben die der übrigen Berufungsanträge. Sie stellen ersichtlich diesen gegenüber kein „Minus“ dar; insoweit ist auf die hier entsprechend geltenden vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vorliegen, könnte die Klagänderung nur dann zulässig sein, wenn sie der Senat als sachdienlich erachtete. Dies kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn der Senat die Sachdienlichkeit nämlich bejahte, führte dies ebenfalls zur Unzulässigkeit der geänderten Klage. Denn der Umstand, dass eine Klageänderung zulässig ist, weil das Gericht sie als sachdienlich zugelassen hat, entbindet dieses nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört unter anderem, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 22.02.1980 IV C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 91 Rn. 11; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 38). Wie oben festgestellt, fehlt es vorliegend an dieser Sachurteilsvoraussetzung. Gleiches gilt für die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, die ebenfalls nicht erfüllt sind.
101 
II. Soweit die Klägerin und die Beigeladene mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung die Feststellung begehren, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Inte-grationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, mangelt es an der Statthaftigkeit der Feststellungsklage.
102 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Streitgegenstand der Feststellungsklage muss – soweit nicht die Nichtigkeitsfeststellung in Rede steht – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss – ferner - ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 - 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75; Urteil vom 25.03.2009 - 8 C 1.09 -, NVwZ 2009, 1170; Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 - jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 -, juris).
103 
Daran fehlt es vorliegend. Mit ihren Berufungsanträgen behaupten die Klägerin und die Beigeladene zwar konkludent, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) - zuwiderläuft. Das von der Klägerin und der Beigeladenen behauptete Rechtsverhältnis ist indessen noch nicht in dem - erforderlichen - Sinne verdichtet, dass zwischen ihnen und dem Beklagten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht. Denn der Beklagte war mit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob ein auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränktes Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) – zuwiderläuft, und damit mit dem behaupteten Rechtsverhältnis zuvor noch nicht befasst. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung keine inhaltlich der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen entgegenstehende Auffassung vertreten, sondern für den Senat nachvollziehbar erklärt, die zum Gegenstand der Feststellungsklage gemachte Behauptung zum Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses bedürfe zunächst – nach Vorlage entsprechender Antragsunterlagen – einer eingehenden Prüfung. Diese könne in der mündlichen Verhandlung nicht geleistet werden.
104 
Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen einer vorbeugenden Feststellungsklage ersichtlich nicht vor. Denn Gegenstand dieser besonderen Ausgestaltung der Feststellungsklage sind bestimmte Rechtsfolgen, die sich aus bereits hinreichend konkretisierten Rechtsbeziehungen ergeben. Im vorliegenden Fall liegt weder letzteres vor noch haben die Klägerin und die Beigeladene konkret zu erwartende Rechtsfolgen dargelegt, deren Abwehr zu besorgen sind.
105 
III. Auch die von der Klägerin und der Beigeladenen mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung hilfsweise begehrte Verpflichtung des beklagten Landes, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Im vorliegenden Fall steht das Feststellungsbegehren mit dem hilfsweise verfolgten Verpflichtungsantrag in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass die - vorstehend ausgeführte - Unzulässigkeit des ersteren auch die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich zieht. Ungeachtet dessen ist die - hilfsweise erhobene - Verpflichtungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts fehlt, die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist; insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter G. I. 1., die hier entsprechend gelten.
106 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
107 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
108 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
109 
Beschluss vom 26. Juni 2012
110 
Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 60.000,--EUR und der Streitwert im Berufungsverfahren auf 120.000,-- EUR festgesetzt (§§ 39 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung). Die Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren beruht auf der dort erstmals beantragten Erstreckung aller bisherigen gerichtlichen Anträge auf ein ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte. Den Streitwert diesen neuen Streitgegenstands bemisst der Senat gleichfalls insgesamt mit 60.000,-- EUR. Die Streitwerte waren gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
111 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Juli 2012 - 3 S 351/11 zitiert 34 §§.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

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Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


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Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden. (2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nic

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Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 5 Beschränkung der Bindungswirkung nach § 4


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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 15. März 2016 - 10 K 1251/13

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

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Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die klagende Stadt Rastatt begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr fürsorglich beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 qm sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 qm umfasste, wobei ca. 10.000 qm Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten. Einen Tag später, am 31.05.2007, ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 qm Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 qm Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 qm Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 qm unmittelbar westlich der Bundesautobahn 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastätter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise Gewerbegebiet und teilweise Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens umfassen die 25.500 qm Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 qm Möbel-Kernsortiment, 4.650 qm zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 qm nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 qm zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 qm nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 qm zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landentwicklungsplans (LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des ...-Einrichtungshauses stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 qm zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 qm) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 qm zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der ... vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 % und bei den zentrenrelevanten Sortimenten Haushaltswaren/Glas/ Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 %, bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze. Der Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Mit ihrer am 09.07.2007 rechtzeitig beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin,
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Zur Begründung trägt die Klägerin vor, der ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums leide an einem vollständigen Ermessensausfall, weil sich die Raumordnungsbehörde darauf beschränke, die Verletzung der fraglichen Zielvorgaben festzustellen und die Voraussetzungen für ein Zielabweichungsverfahren zu verneinen. Ihre im Zielabweichungsantrag vorgebrachten Argumente seien in der angefochtenen Entscheidung vollständig unberücksichtigt geblieben. Dort habe sie geltend gemacht, dass die Region Mittlerer Oberrhein „...“ unterversorgt“ sei, das Oberzentrum Karlsruhe der Beigeladenen trotz intensiver Suche keinen geeigneten Standort habe anbieten können, Möbelhäuser wie dasjenige der Beigeladenen branchenüblich den Verflechtungsbereich der Standortgemeinde überschritten und mit den „Markenartikeln“ in der jeweiligen Innenstadt regelmäßig gar nicht in Konkurrenz träten und dass die Stadt Rastatt nach einer jüngst durchgeführten Untersuchung unter den Gesichtspunkten Entwicklungsdynamik, Arbeitsplatzzentralität und Einzelhandelszentralität de facto Merkmale eines kleineren Oberzentrums aufweise. Die bereits im Zusammenhang mit der Ansiedlung eines Wohnkaufhauses der Unternehmensgruppe ... im Bereich „Obsthof“ der Stadt Pforzheim vertretene Rechtsauffassung des Beklagten, wonach zentrenrelevante Randsortimente in nicht integrierter Lage maximal 800 qm der Verkaufsfläche des Fachmarkts ausmachen dürften und eine Abweichung von dieser Vorgabe nicht möglich sei, bedürfe dringend einer gerichtlichen Überprüfung.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Die Klage sei bereits unzulässig, da mit dem Antrag auf Zielabweichung lediglich die Abweichung vom Integrationsgebot und Kongruenzgebot begehrt werde. Durch das Vorhaben betroffen sei jedoch auch das Beeinträchtigungsverbot. Zudem sei der fragliche Bereich weder als integrierte Lage noch als Ergänzungsstandort im Regionalplan ausgewiesen. In beiden Fällen handele es sich um raumordnerische Ziele.
14 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württem- berg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006.
15 
Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB -lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der ... gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Schließlich fehle es an einer regionalplanerischen Ausweisung als Ergänzungsstandort. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG.
16 
Entgegen der Auffassung der Klägerin in deren Zielabweichungsantrag existiere kein Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können. Wenn sich eine Firma für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch, dass die einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept angepasst oder regelmäßig Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben zugelassen würden. Beispiele belegten, dass auch moderne Möbelmärkte unter Beachtung der raumordnerischen Vorgaben errichtet werden könnten. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten.
17 
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.02.2008 beantragt die Beigeladene,
18 
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
20 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
21 
Die mit Haupt- und Hilfsantrag zulässige Klage sei begründet, da der beabsichtigten Planung keine Ziele der Raumordnung entgegenstünden. Die Einzelhandelsansiedlung verletze nicht das Beeinträchtigungsverbot und stehe auch im Einklang mit dem Kongruenzgebot und dem Integrationsgebot. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 sei aufzuheben, da er mangels Verstoßes der Planung gegen Ziele der Raumordnung rechtswidrig sei und die Klägerin in ihrer kommunalen Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 GG verletze.
22 
Ein Verstoß gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot scheide aus, da die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzumverteilungsquoten unterschritten würden. Nach den Ergebnissen der Wirkungsanalyse der ... in deren Gutachten vom Mai 2007 hielten die prognostizierten Umsatzumverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse der Wirkungsanalyse belastbar. Insbesondere sei die angenommene Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses nicht zu niedrig angesetzt.
23 
Dem Ansiedlungsvorhaben stehe weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Kongruenzgebotes entgegen. Plansatz 3.3.7.1 S. 1 LEP 2002 sei kein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG, da er als sog. „Soll-Ziel“ mangels sachlicher Bestimmbarkeit und mangelnder Letztabgewogenheit nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an Plansätze mit Regel-Ausnahme-Struktur entspreche. Danach müssten sowohl die Regelbindung als auch die Ausnahmebindung dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernis genügen. Diese zu Regel-Ausnahme-Zielen ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei auch auf sog. Soll-Ziele zu übertragen. Danach genüge Plansatz 3.3.7.1 S. 1 LEP 2002 - isoliert betrachtet - den Anforderungen nicht, da die Vorschrift keinerlei Aussage dazu enthalte, in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Weder sei ersichtlich, wann Überschreitungen des Verflechtungsbereichs wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch sei bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebots in Plansatz 3.3.7.1. S. 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des S. 2 der Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen Ziele der Raumordnung; zwar läge wegen des Überschreitens des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs ein Verstoß gegen die Regelaussage des S. 1 vor, das konkrete Vorhaben würde jedoch ausnahmsweise die zentralen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtigen (S. 2).
24 
Den Erfordernissen der ausreichenden Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit genüge auch nicht das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3.) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006, soweit es in S. 2 bei der Festlegung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten eine Abstimmungspflicht in Bezug auf die Einwohnerzahl des zentralen Ortes und dessen Verflechtungsbereich postuliere. Damit sei kein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG verbunden. Auch aus raumordnungssystematischen Gründen könne eine Auslegung von Plansatz 2.5.3 (3) S. 2 des Regionalplans als striktes Kongruenzgebot kein verbindliches Ziel der Raumordnung sein. Als solches verstieße es auch gegen die kommunale Planungshoheit der Gemeinden gem. Art. 28 Abs. 2 GG und gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) der Betreiber großflächiger Einzelhandelseinrichtungen. Allenfalls in Verbindung mit dem in Plansatz 2.5.3 (3) S. 1 des Regionalplans geregelten Beeinträchtigungsverbot könne das Kongruenzgebot des S. 2 als Ziel der Raumordnung verstanden werden. Wie auf der Ebene der Landesplanung ausgeführt, wäre dann aber ein Widerspruch zum Kongruenzerfordernis raumordnungsrechtlich unschädlich, wenn die Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots - wie hier - eingehalten seien.
25 
Dem Ansiedlungsvorhaben stehe weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das in Plansatz 3.3.7.2 S. 2 LEP 2002 enthaltene Integrationsgebot stehe dem Ansiedlungsvorhaben schon deshalb nicht entgegen, weil die „Soll-Festlegung“ mangels Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit keine Zielqualität besitze. Im Übrigen entspreche das Vorhaben dem Integrationsgebot des Plansatzes 3.3.7.2 S. 3 LEP 2002, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle, seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde und die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien. Allenfalls in Verbindung mit dem in Plansatz 3.3.7.2 S. 1 LEP 2002 enthaltenen Beeinträchtigungsverbot lasse sich das Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung begreifen. Nach den Prognosen der ... würde das Ansiedlungsvorhaben dann aber die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in der Standortgemeinde Rastatt oder die Funktionsfähigkeit ihres zentralörtlichen Versorgungskerns nicht beeinträchtigen.
26 
Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen Plansatz 2.5.3 (4) des Regionalplanes, da es seinen eindeutigen Schwerpunkt im nicht zentrenrelevanten Möbelkernsortiment habe und zentrenrelevante Randsortimente nach S. 5 des Plansatzes auch außerhalb der Vorranggebiete zulässig seien, sofern sie - wie vorliegend der Fall - regionalplanerisch verträglich seien. Die Rechtsauffassung des Beklagten, ein Ausnahmefall im Sinne des Plansatzes 2.5.3 (4) S. 5 des Regionalplans könne nicht vorliegen und das Integrationsgebot des Regionalplans sei stets dann verletzt, wenn eine Gesamtverkaufsfläche von 800 qm im Bereich der zentrenrelevanten Rand- und Nebensortimente überschritten werde, sei nicht haltbar. Die zu § 11 Abs. 3 BauNVO ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Einzelhandelsvorhaben sei auf den vorliegenden raumordnungsrechtlichen Zusammenhang nicht übertragbar. Im Übrigen führe auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Überschreiten der 800 qm-Schwelle nicht stets zur städtebaulichen Unzulässigkeit eines Vorhabens; vielmehr bedürfe es in diesem Fall nur einer eingehenden Einzelfallprüfung. Selbst nach der Planbegründung des Regionalplans, der an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 Abs 3 BauNVO anknüpfe, sei eine starre Anwendung der 800 qm-Grenze im Rahmen der Ausnahmeregelung des Plansatzes 2.5.3 (4) S. 5 des Regionalplans nicht gefordert.
27 
Schließlich stünden dem Vorhaben auch nicht die raumordnerischen Festlegungen in Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans entgegen, wonach Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten in den integrierten Lagen angesiedelt werden sollen. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung komme hier der Ausnahmefall nach S. 2 des Plansatzes zur Anwendung, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (= integrierte Lagen) vorhanden seien. Auch stehe S. 3 des Plansatzes dem Vorhaben nicht entgegen, da Ergänzungsstandorten als sog. „Vorbehaltsgebieten“ i.S.v. § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ROG keine materielle Exklusivität zukomme und der regionalplanerischen Regelung auch keine Zielqualität beigemessen werden könne. Jedenfalls verstieße Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans bei restriktiver Auslegung gegen Art. 28 Abs. 2 GG, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung -nicht erforderlich wären und einen unangemessenen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Eine strikte Formulierung des regionalplanerischen Integrationsgebots verstieße schließlich auch gegen Art. 12 GG.
28 
Jedenfalls sei der hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag zu 3. begründet, da das Ansiedlungsvorhaben nicht die Grundzüge der Landes- und Regionalplanung berühre und die von der Klägerin beantragte Zielabweichung hätte gewährt werden müssen.
29 
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.04.2008 repliziert die Klägerin auf die Klageerwiderung des Beklagten und vertieft ihre bisherigen Ausführungen. Hinsichtlich der Verbindlichkeit und Tragweite der aus dem „Zentrale-Orte-Prinzip“ abgeleiteten raumordnerischen Vorgaben schließt sie sich in vollem Umfang den rechtlichen Ausführungen der Beigeladenen in deren Schriftsatz vom 15.02.2008 an. Mit weiterem Schriftsatz vom 20.06.2008 rügt sie ferner die mangelnde Durchführung des Beteiligungsverfahrens gem. § 24 S. 3 LplG. Dieser Verstoß führe zur Rechtswidrigkeit der den Zielabweichungsantrag ablehnenden Entscheidung des Beklagten.
30 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Gericht liegen die Akten des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen zulässig. Sie ist jedoch insgesamt unbegründet.
32 
Das im Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens bezeichnete Vorhaben der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin verstößt gegen das landesplanerische Zentrale-Orte-Prinzip gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg - LEP 2002 - in Verbindung mit dem Kongruenzgebot gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002. Der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist daher unbegründet (nachfolgend A). Die Klägerin hat darüber hinaus weder den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung entsprechend ihrem Antrag vom 31.05.2007 noch einen Verbeschei-dungsanspruch. Der die beantragte Zielabweichung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (nachfolgend B).
A)
I.
33 
Da die Klägerin die Rechtsauffassung vertritt, das geplante Ansiedlungsvorhaben stehe im Einklang mit den verbindlichen Zielen der Raumordnung, kommt für sie eine Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG -(jedenfalls mit dem Hauptantrag) nicht in Frage, weil sie mit einer solchen Klage ihren Rechtsstandpunkt aufgeben würde und überdies noch die Prozesskosten tragen müsste, wenn das Gericht die raumordnerische Vereinbarkeit des Vorhabens bejahen und die Verpflichtungsklage mangels Zulassungsanspruchs abweisen würde. Dem hier geltend gemachten Feststellungsbegehren steht daher § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht entgegen (Sodan-Ziekow, Nomos-Kommentar zur VwGO, Bd. I 2003, § 43 Rdnr. 131 mit Verweis auf BVerwGE 39, 247, 249). Die Klägerin ist als Trägerin der Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung gebunden und verfügt daher über ein entsprechendes Antragsrecht. Ob der Feststellungsklage - wie der Beklagte meint - das Rechtsschutzinteresse fehlt, weil das Vorhaben der Beigeladenen auch gegen das Beeinträchtigungsverbot gem. Plansatz 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verstoße, der fragliche Ansiedlungsort weder als integrierte Lage noch als Ergänzungsstandort im Regionalplan ausgewiesen sei und es sich insoweit ebenfalls um raumordnerische Ziele handele, kann offenbleiben, da die Feststellungsklage jedenfalls unbegründet ist.
II.
34 
Nach Plansatz 3.3.7. (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden (Zentrale-Orte-Prinzip oder Konzentrationsgrundsatz). Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002 sollen sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Gem. Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (sog. Kongruenzgebot).
35 
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224) stellt der Konzentrationsgrundsatz ein Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Nr. 2 ROG dar. Nach dieser Rechtsprechung ist die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe nicht auf die Instrumente der Bauleitplanung beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu weiter aus:
36 
„Sie ( die Standortplanung) kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - in unterschiedlicher Gestalt - mit der zentralörtlichen Gliederung („polyzentrale Siedlungsstruktur“) verbunden werden. Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt“ (BVerwG, a.a.O., S. 224).“
37 
Dieser Zielsetzung entspricht die in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 enthaltene Aussage, wonach Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Mit den in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002 beschriebenen Ausnahmen entspricht das hier formulierte Konzentrationsgebot ferner den Bestimmtheitsanforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht an Planaussagen stellt, die - wie hier - eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.2003, NVwZ 2004, 226 können auch landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt. Diesen Anforderungen trägt Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 als Regelaussage und Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 als Ausnahme hinreichend Rechnung. In der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist das in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltene Zentrale-Orte-Prinzip als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannt (Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67; Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -; Beschl. v. 09.12.2005 - 8 S 1754/05 - [auch zum Regel-Ausnahmeverhältnis v. S. 1 2. HS und S. 2] und zuletzt Normenkontrollurteil v. 27.09.2007 - 3 S 2875/06 -; zur Bedeutung des Systems der zentralörtlichen Gliederung als Grundprinzip der Raumordnung in anderen Bundesländern vgl. ferner die Urteile des OVG Berlin-Brandenburg v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 - juris, und des Niedersächsischen OVG v. 01.05.2005 - 1 LC 107/05 - juris; zum Meinungsstand im Schrifttum hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung und Zulässigkeit des Konzentrationsgebots vgl. den Beitrag von Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, S. 169, 176 ff., der dem Konzentrationsgebot bei Beachtung der Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Bestimmtheit von landesplanerischen Aussagen eigenständige Bedeutung beimisst). Allerdings kommt dem Zentrale-Orte-Prinzip im vorliegenden Zusammenhang keine allein entscheidende Bedeutung zu. Nach der Zentralitätshierachie des Landesentwicklungsplans 2002 ist die Klägerin als Mittelzentrum eingestuft (vgl. Plansatz 2.5.9 (Z) LEP 2002 und Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte und Verflechtungsbereiche, 2.5.9 Mittelzentren und Mittelbereiche). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen in Mittelzentren Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Rechtliche Relevanz erlangt das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgebot) nach Auffassung der erkennenden Kammer erst in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, demzufolge Einzelhandelsgroßprojekte nach Umfang (Verkaufsfläche) und Zweckbestimmung (Sortimente) der räumlich-funktionell zugeordneten Versorgungsaufgabe der jeweiligen Zentralitätsstufe entsprechen sollen (nachfolgend 2.).
38 
2. a) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen geht das erkennende Gericht von der Zielqualität des Kongruenzgebots in der Ausgestaltung, die es durch die Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 gefunden hat, aus (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 - u. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67, 72; in seinem Urt. v. 17.09.2006, a. a. O. S. 224, hat das BVerwG die Zielqualität des im Rheinland-Pfälzischen Landesentwicklungsplan enthaltenen Kongruenzgebots offengelassen; ebenso das OVG Berlin-Brandenburg im Urt. v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, a.a.O. zum dortigen Landesentwicklungsprogramm; zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung siehe auch Uechtritz, a.a.O., S. 181 f. m.w.N.). Soweit die Beigeladene und - ihr folgend - die Klägerin die Zielqualität des Kongruenzgebots im LEP 2002 wegen seiner mangelnden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit verneinen und sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18.09.2003 (a.a.O.) beziehen, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung (nur dann) erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt, verkennen sie, dass das in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 enthaltene Kongruenzgebot gerade keine Regel-Ausnahme-Struktur aufweist, sondern als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, die nach Auffassung der erkennenden Kammer keine planerische Disposition nachgeordneter Planungsträger zulässt, sondern als strikte Zielvorgabe anzusehen ist (zu sog. Soll-Vorschriften in landesplanerischen Aussagen ebenso Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rndnr. 54 sowie jüngst Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 175 f). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Normenkontrollurteil vom 16.11.2001 (VBlBW 2002, 200, 202) zu Soll-Formulierungen in landesplanerischen Zielaussagen ausgeführt:
39 
„Sollvorschriften sind aber ebenso verbindlich wie Mussvorschriften, solange nicht atypische Umstände vorliegen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigen. Der Verbindlichkeitsanspruch einer Zielaussage wird durch die Verwendung des Wortes „soll“ nicht in Frage gestellt (Runkel, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: November 2000, § 1 Rdnr. 49 f. m.w.N.; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2001, § 1 Rdnr. 392;: Goppel, BayVBl. 1998, 289)“.
40 
Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht. Nach Überzeugung der Kammer sind die Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht zum Ziel- oder Grundsatzcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urteile v. 17.09.2003, a.a.O. u. v. 18.09.2003, a.a.O.), auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften nicht übertragbar (a.A.: OVG NW, Urt. v. 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE - juris, unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung; ebenso BayVGH, Urt. v. 19.04.2004, BayVBl. 2005, S. 80 mit Anmerkung v. Goppel, S. 83). Entgegen der Auffassung des OVG NRW (a.a.O.) bedeutet das Wort „soll“ nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht, dass die daran anknüpfende Rechtsfolge als „grundsätzlich“ bzw. als „in der Regel“ verbindlich anzunehmen ist; vielmehr ist die Soll-Vorschrift - wie im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16.11.2001 (a.a.O.) ausgeführt wird - als verbindliche Muss-Vorschrift anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigt (ebenso Sparwasser, a. a. O.). Wegen dieser Unterschiede zwischen einer Soll- und einer in der Regel-Ausnahme-Vorschrift hält es die Kammer für nicht zulässig, die zu Regel-Ausnahme-Vorschriften ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) auf Soll-Vorschriften zu übertragen (ebenso Goppel, Anm. in BayVBl. 2005, S. 83; zu dieser Unterscheidung siehe auch Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowski, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K § 3, Rdnr. 27, der allerdings unzutreffend den Beschluss d. BVerwG v. 28.12.2005 - 4 BN 40/05 -, juris, zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitiert; denn dieser Beschluss enthält gerade keine Aussage zu Soll-Zielen, da sich diese Frage im konkreten Zulassungsverfahren nicht stellte, s. Rndnr. 19 des Beschlusses des BVerwG v. 28.12.2005, a. a. O.). Geht es bei landesplanerischen Soll-Zielen somit nicht um die Verankerung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses, sondern um eine strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt, wird mit der Soll-Regelung auch kein Spielraum eröffnet, wie dies mit der Schaffung eines Regel-Ausnahmeverhältnisses verbunden ist (Goppel, Ziele der Raumordnung, BayVBl. 1998, 289, 292). Für die Beurteilung der Zielqualität des in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 in der Form von Soll-Vorschriften normierten Kongruenzgebots ist daher von entscheidender Bedeutung, ob diese Regelungen noch einen Abwägungsspielraum eröffnen (Heemeyer, Abgrenzung von Zielen u. Grundsätzen der Raumordnung, UPR 2007, 10, 12; Erbguth, Factory-Outlet-Center: Landesplanungs- und städtebaurechtliche Fragen, NVwZ 2000, 969, 973). Dies ist nach Überzeugung der erkennenden Kammer nicht der Fall. Denn mit der „Ventilöffnung“ für den atypischen Einzelfall (s. Goppel a. a. O.) wird den Zieladressaten, soweit sie selbst Planungsträger im hierarchisch gestuften Planungssystem sind, für Fallgestaltungen, in denen die Einzelfälle nicht alle vorhersehbar sind und die Steuerungswirkung der verbindlichen Zielaussage unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unangemessen sein kann, eine Abweichungsmöglichkeit eröffnet, die ihnen eine dem planerischen Gesamtkonzept entsprechende Ausgestaltung ermöglicht, „ohne dass die Zielfestlegung für den Normalfall gefährdet wird“ (Spannowski, Möglichkeiten zur Steuerung der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch die Raumordnung u. ihre Durchsetzung, UPR 2003, 248, 253). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einer etwa fehlerhaften Annahme eines atypischen Sachverhalts durch einen Planungsträger mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht begegnet werden kann. Daneben behält das Zielabweichungsverfahren gem. § 24 LplG seinen Sinn und seine Berechtigung, da dieses Verfahren eine „Umsteuerung“, d.h. ein Abgehen von den verbindlich festgelegten Zielen der Raumordnung durch die zuständige Raumordnungsbehörde auch in den Fällen ermöglicht, die von dem auf den atypischen Einzelfall zugeschnittenen Ausnahmetatbestand nicht erfasst werden (Spannowski, a.a.O., S. 255; Goppel, a. a. O., S. 292; Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, VBlBW 2008, S. 201, 203).
41 
b) Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002, wonach sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen und - als dessen Konkretisierung - Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein soll, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, genügt auch im Übrigen den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowski, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 - juris, Rndnr. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Da maßgeblich auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen ist, reicht eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, a.a.O., S. 973 f.). Im Hinblick darauf hat die erkennende Kammer keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - S. 16 des Umdr.). Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden.
42 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 beläuft sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses auf ca. 10 bis 11 % (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); d.h. rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau-und Gartenmarkts errechnet das ...-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (...-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Zahlen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
43 
3. Ob das Vorhaben darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet.
B)
I.
44 
Die Klage ist mit dem hilfsweise geltend gemachten Verpflichtungsantrag (zu 3.) zulässig. Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (siehe auch § 24 S. 2 LplG). Da die begehrte Abweichungszulassung gegenüber der Klägerin einen Verwaltungsakt darstellt, kommt als zulässige Klageart nur die Verpflichtungsklage in Betracht (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 05.09.2006 - 8 A 10343/06 - juris, m.w.N. sowie Nonnenmacher, a.a.O., S. 201)).
II.
45 
1. Die Klage ist jedoch auch mit dem Verpflichtungsantrag unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gem. § 24 S. 1 LplG. Der ihren Antrag ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
46 
Gem. § 24 S. 1 LplG kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das Vorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
47 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach dem Sinn und Zweck des Begriffs „Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (BVerwG, Urt. v. 15.07.2005 - 9 VR 43/04 -, juris mit Verweis auf BVerwGE 85, 66, 72). Nach Auffassung der erkennenden Kammer gehören das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen.
48 
Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen soll (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen), bilden das Grundgerüst einer Landesplanung, die auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. Uechtritz, a. a. O.; S. 172 m. w. N. in Fußnote 2). Das OVG Berlin-Brandenburg führt im Urteil v. 12.05.2006, a. a. O. Rndnr. 80 Folgendes aus:
49 
„Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben“.
50 
Im Hinblick darauf schließt sich die erkennende Kammer der auch in der Literatur vertretenen Auffassung an, eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, berühre immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35).
51 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2008 unterliegt der angefochtene Bescheid des Beklagten auch nicht deshalb der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung, weil das Beteiligungsverfahren gem. § 24 S. 3 LplG nicht durchgeführt worden ist. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG - nach Auffassung der erkennenden Kammer zu Recht - verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 S. 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren macht vielmehr nur dann Sinn, wenn der Zulassungsantrag die „tatbestandliche Hürde“ des § 24 S. 1 LplG genommen hat und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
52 
2. Ob der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung auch insoweit standhält, als er darüber hinaus auf eine Verletzung des Integrationsgebots (Plansatz 3.3.7.2 (Z) Sätze 2 und 3 LEP 2002 und Plansatz 2.5.3 (Z) 4 und (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein) gestützt wird, bedarf aufgrund der obigen Erwägungen keiner abschließenden Klärung mehr. Lediglich obiter dictum sei bemerkt, dass sich die erkennende Kammer aber auch nicht dazu veranlasst sähe, die Rechtsauffassung des Beklagten zu beanstanden, soweit er eine Verletzung des Integrationsgebots auf die Erwägung stützt, das geplante Projekt der Beigeladenen umfasse insgesamt - nach der Zuordnung im Marktgutachten und unter Verweis auf das Einzelhandelskonzept der Klägerin - 5.450 qm zentrenrelevanter Sortimente (bei Einbeziehung von Leuchten und Teppichen: 8.450 qm zentrenrelevanter Sortimente); bei dem vorgesehenen Standort handle es sich um einen autobahnorientierten Standort in einem peripher gelegenen und bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet; bei Beachtung des Integrationsgebots wären (im Rahmen einer Ansiedlung von überwiegend nichtzentrenrelevanten Sortimenten) maximal 800 qm zentrenrelevante Sortimente zulässig.
53 
Mit dieser Begründung knüpft der Beklagte ersichtlich an die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO an. Zwar ist diese Vorschrift im vorliegenden - raumordnungsrechtlichen - Zusammenhang nicht unmittelbar anwendbar; vielmehr ergänzt sie die Zulässigkeitskriterien für die Gebietstypen nach §§ 2 ff BauNVO, soweit sie die Anlagetypen Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe - bei Eingreifen der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO - in allen Baugebieten für unzulässig erklärt. Allerdings hat die Rechtsprechung dem § 11 Abs. 3 BauNVO bereits in anderem rechtlichen Zusammenhang eine über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende Bedeutung beigemessen. So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits in seinem Urteil vom 06.07.2000 - 8 S 2437/99 -, juris, die Vermutungsregelung in § 11 Abs. 3 BauNVO als „normierten städtebaulichen Sachverstand“ qualifiziert, dem auch bei der Anwendung des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 BauGB „Wertungshilfen“ entnommen werden können. In einem weiteren Urteil (vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die der Regelung zugrundeliegende Wertung hervor, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotenzial aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen, wobei die Vorschrift durch eine „betont übergemeindliche Sichtweise geprägt“ sei. In seinem Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, juris bestätigt das Bundesverwaltungsgericht diese Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO und qualifiziert diese Vorschrift als Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe unter den in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen. Auch in dieser Entscheidung wird die „übergemeindliche Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO“ hervorgehoben. In der einschlägigen Fachliteratur wird - im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2002 - von einer „Grundentscheidung“ gesprochen, die der Normgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO getroffen habe und die „allgemeine Beachtung“ beanspruche (Halama, Die Metamorphose der „Krabbenkamp“-Formel, DVBl. 2004, 79, 83). Diese Erwägungen lassen nach Überzeugung der erkennenden Kammer einen Rückgriff auf § 11 Abs. 3 BauNVO auch im vorliegenden raumordnungsrechtlichen Zusammenhang zu. Mit der Anknüpfung an den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO (nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen 800 qm Verkaufsfläche einer Geschossfläche von 1.200 qm, vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2005, NVwZ 2006, 452, 453) geht der Beklagte im Rahmen seiner raumordnerischen Beurteilung davon aus, dass das in städtebaulich nicht integrierter Lage geplante Einzelhandelsgroßprojekt der Beigeladenen das landesplanerische Integrationsgebot dann verletzt, wenn es bezüglich der zentrenrelevanten Sortimente den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO überschreitet und damit „typischerweise“ ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufweist, dem mit den Mitteln der Landesplanung und Raumordnung gerade entgegengewirkt werden soll. Dabei kann im vorliegenden Zusammenhang die Frage offenbleiben, ob bei der raumordnerischen Beurteilung der Schwellenwert des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO als starre Grenze oder - wie bei unmittelbarer Anwendung der Vorschrift - als Vermutungsregel anzusehen ist, die eine Einzelfallprüfung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.11.2005, a. a. O.) eröffnet (vgl. Sparwasser a. a. O., S. 172, der für die Beurteilung der Regionalbedeutsamkeit eines Einzelhandelsvorhabens wegen der zu erwartenden städtebaulichen Auswirkungen auf § 11 Abs. 3 BauNVO zurückgreift und Betriebe des großflächigen Einzelhandels dem regionalplanerischen Zugriff aussetzt, sofern nicht im Einzelfall überörtliche Auswirkungen auszuschließen sind; so auch der jüngst ergangene Beschluss des VGH Baden-Württemberg v. 19.05.2008 - 3 S 2509/07 - wonach „manches dafür spricht“, dass ein Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 1050 qm „regelmäßig auch regionalbedeutsam ist“, wobei für diese Einstufung auch Wortlaut und Struktur des § 11 Abs. 3 LplG sprächen, der in Satz 2 Nr. 5 auch Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe aufführe). Denn bei einer Überschreitung des Schwellenwerts bei den zentrenrelevanten Rand- oder Nebensortimenten um das sieben- bis zehnfache (je nach Zuordnung) dürfte für den Beklagten in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen schon kein Anlass zu einer Einzelfallprüfung bestanden haben.
54 
3. Keiner abschließenden Klärung bedarf ferner die Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen darüber hinaus das Beeinträchtigungsverbot des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) S. 2 und 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verletzt, zumal dieser Gesichtspunkt auch im Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 offengeblieben ist. Daher stellt sich auch aus Rechtsgründen nicht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung zur Frage, ob das ...-Gutachten vom Mai 2007 von einer zu niedrigen Flächenproduktivität hinsichtlich des geplanten Vorhabens ausgeht und daher (nur) zu Umsatzumverteilungen im Bereich von 10 % bei den zentrenrelevanten Sortimenten gelangt.
55 
4. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Verbescheidungsantrag.
56 
5. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 verletzt auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Planungshoheit der Klägerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224 ausgeführt:
57 
„Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt. ... Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden liegt darin nicht.“
58 
Dieser Beurteilung schließt sich das erkennende Gericht an. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung vermag das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht zu erkennen.
59 
Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Beigeladenen waren die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
60 
Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften die Grundsätze anzuwenden sind, die das Bundesverwaltungsgericht zum Zielcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urt. v. 18.09.2003, NVwZ 2004, 226), grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.
61 
Beschluss
62 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
63 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 S. 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
31 
Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen zulässig. Sie ist jedoch insgesamt unbegründet.
32 
Das im Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens bezeichnete Vorhaben der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin verstößt gegen das landesplanerische Zentrale-Orte-Prinzip gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg - LEP 2002 - in Verbindung mit dem Kongruenzgebot gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002. Der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist daher unbegründet (nachfolgend A). Die Klägerin hat darüber hinaus weder den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung entsprechend ihrem Antrag vom 31.05.2007 noch einen Verbeschei-dungsanspruch. Der die beantragte Zielabweichung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (nachfolgend B).
A)
I.
33 
Da die Klägerin die Rechtsauffassung vertritt, das geplante Ansiedlungsvorhaben stehe im Einklang mit den verbindlichen Zielen der Raumordnung, kommt für sie eine Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG -(jedenfalls mit dem Hauptantrag) nicht in Frage, weil sie mit einer solchen Klage ihren Rechtsstandpunkt aufgeben würde und überdies noch die Prozesskosten tragen müsste, wenn das Gericht die raumordnerische Vereinbarkeit des Vorhabens bejahen und die Verpflichtungsklage mangels Zulassungsanspruchs abweisen würde. Dem hier geltend gemachten Feststellungsbegehren steht daher § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht entgegen (Sodan-Ziekow, Nomos-Kommentar zur VwGO, Bd. I 2003, § 43 Rdnr. 131 mit Verweis auf BVerwGE 39, 247, 249). Die Klägerin ist als Trägerin der Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung gebunden und verfügt daher über ein entsprechendes Antragsrecht. Ob der Feststellungsklage - wie der Beklagte meint - das Rechtsschutzinteresse fehlt, weil das Vorhaben der Beigeladenen auch gegen das Beeinträchtigungsverbot gem. Plansatz 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verstoße, der fragliche Ansiedlungsort weder als integrierte Lage noch als Ergänzungsstandort im Regionalplan ausgewiesen sei und es sich insoweit ebenfalls um raumordnerische Ziele handele, kann offenbleiben, da die Feststellungsklage jedenfalls unbegründet ist.
II.
34 
Nach Plansatz 3.3.7. (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden (Zentrale-Orte-Prinzip oder Konzentrationsgrundsatz). Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002 sollen sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Gem. Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (sog. Kongruenzgebot).
35 
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224) stellt der Konzentrationsgrundsatz ein Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Nr. 2 ROG dar. Nach dieser Rechtsprechung ist die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe nicht auf die Instrumente der Bauleitplanung beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu weiter aus:
36 
„Sie ( die Standortplanung) kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - in unterschiedlicher Gestalt - mit der zentralörtlichen Gliederung („polyzentrale Siedlungsstruktur“) verbunden werden. Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt“ (BVerwG, a.a.O., S. 224).“
37 
Dieser Zielsetzung entspricht die in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 enthaltene Aussage, wonach Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Mit den in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002 beschriebenen Ausnahmen entspricht das hier formulierte Konzentrationsgebot ferner den Bestimmtheitsanforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht an Planaussagen stellt, die - wie hier - eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.2003, NVwZ 2004, 226 können auch landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt. Diesen Anforderungen trägt Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 als Regelaussage und Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 als Ausnahme hinreichend Rechnung. In der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist das in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltene Zentrale-Orte-Prinzip als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannt (Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67; Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -; Beschl. v. 09.12.2005 - 8 S 1754/05 - [auch zum Regel-Ausnahmeverhältnis v. S. 1 2. HS und S. 2] und zuletzt Normenkontrollurteil v. 27.09.2007 - 3 S 2875/06 -; zur Bedeutung des Systems der zentralörtlichen Gliederung als Grundprinzip der Raumordnung in anderen Bundesländern vgl. ferner die Urteile des OVG Berlin-Brandenburg v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 - juris, und des Niedersächsischen OVG v. 01.05.2005 - 1 LC 107/05 - juris; zum Meinungsstand im Schrifttum hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung und Zulässigkeit des Konzentrationsgebots vgl. den Beitrag von Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, S. 169, 176 ff., der dem Konzentrationsgebot bei Beachtung der Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Bestimmtheit von landesplanerischen Aussagen eigenständige Bedeutung beimisst). Allerdings kommt dem Zentrale-Orte-Prinzip im vorliegenden Zusammenhang keine allein entscheidende Bedeutung zu. Nach der Zentralitätshierachie des Landesentwicklungsplans 2002 ist die Klägerin als Mittelzentrum eingestuft (vgl. Plansatz 2.5.9 (Z) LEP 2002 und Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte und Verflechtungsbereiche, 2.5.9 Mittelzentren und Mittelbereiche). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen in Mittelzentren Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Rechtliche Relevanz erlangt das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgebot) nach Auffassung der erkennenden Kammer erst in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, demzufolge Einzelhandelsgroßprojekte nach Umfang (Verkaufsfläche) und Zweckbestimmung (Sortimente) der räumlich-funktionell zugeordneten Versorgungsaufgabe der jeweiligen Zentralitätsstufe entsprechen sollen (nachfolgend 2.).
38 
2. a) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen geht das erkennende Gericht von der Zielqualität des Kongruenzgebots in der Ausgestaltung, die es durch die Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 gefunden hat, aus (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 - u. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67, 72; in seinem Urt. v. 17.09.2006, a. a. O. S. 224, hat das BVerwG die Zielqualität des im Rheinland-Pfälzischen Landesentwicklungsplan enthaltenen Kongruenzgebots offengelassen; ebenso das OVG Berlin-Brandenburg im Urt. v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, a.a.O. zum dortigen Landesentwicklungsprogramm; zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung siehe auch Uechtritz, a.a.O., S. 181 f. m.w.N.). Soweit die Beigeladene und - ihr folgend - die Klägerin die Zielqualität des Kongruenzgebots im LEP 2002 wegen seiner mangelnden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit verneinen und sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18.09.2003 (a.a.O.) beziehen, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung (nur dann) erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt, verkennen sie, dass das in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 enthaltene Kongruenzgebot gerade keine Regel-Ausnahme-Struktur aufweist, sondern als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, die nach Auffassung der erkennenden Kammer keine planerische Disposition nachgeordneter Planungsträger zulässt, sondern als strikte Zielvorgabe anzusehen ist (zu sog. Soll-Vorschriften in landesplanerischen Aussagen ebenso Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rndnr. 54 sowie jüngst Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 175 f). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Normenkontrollurteil vom 16.11.2001 (VBlBW 2002, 200, 202) zu Soll-Formulierungen in landesplanerischen Zielaussagen ausgeführt:
39 
„Sollvorschriften sind aber ebenso verbindlich wie Mussvorschriften, solange nicht atypische Umstände vorliegen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigen. Der Verbindlichkeitsanspruch einer Zielaussage wird durch die Verwendung des Wortes „soll“ nicht in Frage gestellt (Runkel, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: November 2000, § 1 Rdnr. 49 f. m.w.N.; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2001, § 1 Rdnr. 392;: Goppel, BayVBl. 1998, 289)“.
40 
Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht. Nach Überzeugung der Kammer sind die Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht zum Ziel- oder Grundsatzcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urteile v. 17.09.2003, a.a.O. u. v. 18.09.2003, a.a.O.), auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften nicht übertragbar (a.A.: OVG NW, Urt. v. 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE - juris, unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung; ebenso BayVGH, Urt. v. 19.04.2004, BayVBl. 2005, S. 80 mit Anmerkung v. Goppel, S. 83). Entgegen der Auffassung des OVG NRW (a.a.O.) bedeutet das Wort „soll“ nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht, dass die daran anknüpfende Rechtsfolge als „grundsätzlich“ bzw. als „in der Regel“ verbindlich anzunehmen ist; vielmehr ist die Soll-Vorschrift - wie im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16.11.2001 (a.a.O.) ausgeführt wird - als verbindliche Muss-Vorschrift anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigt (ebenso Sparwasser, a. a. O.). Wegen dieser Unterschiede zwischen einer Soll- und einer in der Regel-Ausnahme-Vorschrift hält es die Kammer für nicht zulässig, die zu Regel-Ausnahme-Vorschriften ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) auf Soll-Vorschriften zu übertragen (ebenso Goppel, Anm. in BayVBl. 2005, S. 83; zu dieser Unterscheidung siehe auch Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowski, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K § 3, Rdnr. 27, der allerdings unzutreffend den Beschluss d. BVerwG v. 28.12.2005 - 4 BN 40/05 -, juris, zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitiert; denn dieser Beschluss enthält gerade keine Aussage zu Soll-Zielen, da sich diese Frage im konkreten Zulassungsverfahren nicht stellte, s. Rndnr. 19 des Beschlusses des BVerwG v. 28.12.2005, a. a. O.). Geht es bei landesplanerischen Soll-Zielen somit nicht um die Verankerung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses, sondern um eine strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt, wird mit der Soll-Regelung auch kein Spielraum eröffnet, wie dies mit der Schaffung eines Regel-Ausnahmeverhältnisses verbunden ist (Goppel, Ziele der Raumordnung, BayVBl. 1998, 289, 292). Für die Beurteilung der Zielqualität des in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 in der Form von Soll-Vorschriften normierten Kongruenzgebots ist daher von entscheidender Bedeutung, ob diese Regelungen noch einen Abwägungsspielraum eröffnen (Heemeyer, Abgrenzung von Zielen u. Grundsätzen der Raumordnung, UPR 2007, 10, 12; Erbguth, Factory-Outlet-Center: Landesplanungs- und städtebaurechtliche Fragen, NVwZ 2000, 969, 973). Dies ist nach Überzeugung der erkennenden Kammer nicht der Fall. Denn mit der „Ventilöffnung“ für den atypischen Einzelfall (s. Goppel a. a. O.) wird den Zieladressaten, soweit sie selbst Planungsträger im hierarchisch gestuften Planungssystem sind, für Fallgestaltungen, in denen die Einzelfälle nicht alle vorhersehbar sind und die Steuerungswirkung der verbindlichen Zielaussage unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unangemessen sein kann, eine Abweichungsmöglichkeit eröffnet, die ihnen eine dem planerischen Gesamtkonzept entsprechende Ausgestaltung ermöglicht, „ohne dass die Zielfestlegung für den Normalfall gefährdet wird“ (Spannowski, Möglichkeiten zur Steuerung der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch die Raumordnung u. ihre Durchsetzung, UPR 2003, 248, 253). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einer etwa fehlerhaften Annahme eines atypischen Sachverhalts durch einen Planungsträger mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht begegnet werden kann. Daneben behält das Zielabweichungsverfahren gem. § 24 LplG seinen Sinn und seine Berechtigung, da dieses Verfahren eine „Umsteuerung“, d.h. ein Abgehen von den verbindlich festgelegten Zielen der Raumordnung durch die zuständige Raumordnungsbehörde auch in den Fällen ermöglicht, die von dem auf den atypischen Einzelfall zugeschnittenen Ausnahmetatbestand nicht erfasst werden (Spannowski, a.a.O., S. 255; Goppel, a. a. O., S. 292; Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, VBlBW 2008, S. 201, 203).
41 
b) Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002, wonach sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen und - als dessen Konkretisierung - Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein soll, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, genügt auch im Übrigen den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowski, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 - juris, Rndnr. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Da maßgeblich auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen ist, reicht eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, a.a.O., S. 973 f.). Im Hinblick darauf hat die erkennende Kammer keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - S. 16 des Umdr.). Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden.
42 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 beläuft sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses auf ca. 10 bis 11 % (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); d.h. rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau-und Gartenmarkts errechnet das ...-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (...-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Zahlen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
43 
3. Ob das Vorhaben darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet.
B)
I.
44 
Die Klage ist mit dem hilfsweise geltend gemachten Verpflichtungsantrag (zu 3.) zulässig. Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (siehe auch § 24 S. 2 LplG). Da die begehrte Abweichungszulassung gegenüber der Klägerin einen Verwaltungsakt darstellt, kommt als zulässige Klageart nur die Verpflichtungsklage in Betracht (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 05.09.2006 - 8 A 10343/06 - juris, m.w.N. sowie Nonnenmacher, a.a.O., S. 201)).
II.
45 
1. Die Klage ist jedoch auch mit dem Verpflichtungsantrag unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gem. § 24 S. 1 LplG. Der ihren Antrag ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
46 
Gem. § 24 S. 1 LplG kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das Vorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
47 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach dem Sinn und Zweck des Begriffs „Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (BVerwG, Urt. v. 15.07.2005 - 9 VR 43/04 -, juris mit Verweis auf BVerwGE 85, 66, 72). Nach Auffassung der erkennenden Kammer gehören das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen.
48 
Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen soll (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen), bilden das Grundgerüst einer Landesplanung, die auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. Uechtritz, a. a. O.; S. 172 m. w. N. in Fußnote 2). Das OVG Berlin-Brandenburg führt im Urteil v. 12.05.2006, a. a. O. Rndnr. 80 Folgendes aus:
49 
„Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben“.
50 
Im Hinblick darauf schließt sich die erkennende Kammer der auch in der Literatur vertretenen Auffassung an, eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, berühre immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35).
51 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2008 unterliegt der angefochtene Bescheid des Beklagten auch nicht deshalb der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung, weil das Beteiligungsverfahren gem. § 24 S. 3 LplG nicht durchgeführt worden ist. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG - nach Auffassung der erkennenden Kammer zu Recht - verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 S. 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren macht vielmehr nur dann Sinn, wenn der Zulassungsantrag die „tatbestandliche Hürde“ des § 24 S. 1 LplG genommen hat und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
52 
2. Ob der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung auch insoweit standhält, als er darüber hinaus auf eine Verletzung des Integrationsgebots (Plansatz 3.3.7.2 (Z) Sätze 2 und 3 LEP 2002 und Plansatz 2.5.3 (Z) 4 und (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein) gestützt wird, bedarf aufgrund der obigen Erwägungen keiner abschließenden Klärung mehr. Lediglich obiter dictum sei bemerkt, dass sich die erkennende Kammer aber auch nicht dazu veranlasst sähe, die Rechtsauffassung des Beklagten zu beanstanden, soweit er eine Verletzung des Integrationsgebots auf die Erwägung stützt, das geplante Projekt der Beigeladenen umfasse insgesamt - nach der Zuordnung im Marktgutachten und unter Verweis auf das Einzelhandelskonzept der Klägerin - 5.450 qm zentrenrelevanter Sortimente (bei Einbeziehung von Leuchten und Teppichen: 8.450 qm zentrenrelevanter Sortimente); bei dem vorgesehenen Standort handle es sich um einen autobahnorientierten Standort in einem peripher gelegenen und bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet; bei Beachtung des Integrationsgebots wären (im Rahmen einer Ansiedlung von überwiegend nichtzentrenrelevanten Sortimenten) maximal 800 qm zentrenrelevante Sortimente zulässig.
53 
Mit dieser Begründung knüpft der Beklagte ersichtlich an die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO an. Zwar ist diese Vorschrift im vorliegenden - raumordnungsrechtlichen - Zusammenhang nicht unmittelbar anwendbar; vielmehr ergänzt sie die Zulässigkeitskriterien für die Gebietstypen nach §§ 2 ff BauNVO, soweit sie die Anlagetypen Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe - bei Eingreifen der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO - in allen Baugebieten für unzulässig erklärt. Allerdings hat die Rechtsprechung dem § 11 Abs. 3 BauNVO bereits in anderem rechtlichen Zusammenhang eine über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende Bedeutung beigemessen. So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits in seinem Urteil vom 06.07.2000 - 8 S 2437/99 -, juris, die Vermutungsregelung in § 11 Abs. 3 BauNVO als „normierten städtebaulichen Sachverstand“ qualifiziert, dem auch bei der Anwendung des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 BauGB „Wertungshilfen“ entnommen werden können. In einem weiteren Urteil (vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die der Regelung zugrundeliegende Wertung hervor, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotenzial aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen, wobei die Vorschrift durch eine „betont übergemeindliche Sichtweise geprägt“ sei. In seinem Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, juris bestätigt das Bundesverwaltungsgericht diese Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO und qualifiziert diese Vorschrift als Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe unter den in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen. Auch in dieser Entscheidung wird die „übergemeindliche Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO“ hervorgehoben. In der einschlägigen Fachliteratur wird - im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2002 - von einer „Grundentscheidung“ gesprochen, die der Normgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO getroffen habe und die „allgemeine Beachtung“ beanspruche (Halama, Die Metamorphose der „Krabbenkamp“-Formel, DVBl. 2004, 79, 83). Diese Erwägungen lassen nach Überzeugung der erkennenden Kammer einen Rückgriff auf § 11 Abs. 3 BauNVO auch im vorliegenden raumordnungsrechtlichen Zusammenhang zu. Mit der Anknüpfung an den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO (nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen 800 qm Verkaufsfläche einer Geschossfläche von 1.200 qm, vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2005, NVwZ 2006, 452, 453) geht der Beklagte im Rahmen seiner raumordnerischen Beurteilung davon aus, dass das in städtebaulich nicht integrierter Lage geplante Einzelhandelsgroßprojekt der Beigeladenen das landesplanerische Integrationsgebot dann verletzt, wenn es bezüglich der zentrenrelevanten Sortimente den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO überschreitet und damit „typischerweise“ ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufweist, dem mit den Mitteln der Landesplanung und Raumordnung gerade entgegengewirkt werden soll. Dabei kann im vorliegenden Zusammenhang die Frage offenbleiben, ob bei der raumordnerischen Beurteilung der Schwellenwert des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO als starre Grenze oder - wie bei unmittelbarer Anwendung der Vorschrift - als Vermutungsregel anzusehen ist, die eine Einzelfallprüfung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.11.2005, a. a. O.) eröffnet (vgl. Sparwasser a. a. O., S. 172, der für die Beurteilung der Regionalbedeutsamkeit eines Einzelhandelsvorhabens wegen der zu erwartenden städtebaulichen Auswirkungen auf § 11 Abs. 3 BauNVO zurückgreift und Betriebe des großflächigen Einzelhandels dem regionalplanerischen Zugriff aussetzt, sofern nicht im Einzelfall überörtliche Auswirkungen auszuschließen sind; so auch der jüngst ergangene Beschluss des VGH Baden-Württemberg v. 19.05.2008 - 3 S 2509/07 - wonach „manches dafür spricht“, dass ein Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 1050 qm „regelmäßig auch regionalbedeutsam ist“, wobei für diese Einstufung auch Wortlaut und Struktur des § 11 Abs. 3 LplG sprächen, der in Satz 2 Nr. 5 auch Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe aufführe). Denn bei einer Überschreitung des Schwellenwerts bei den zentrenrelevanten Rand- oder Nebensortimenten um das sieben- bis zehnfache (je nach Zuordnung) dürfte für den Beklagten in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen schon kein Anlass zu einer Einzelfallprüfung bestanden haben.
54 
3. Keiner abschließenden Klärung bedarf ferner die Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen darüber hinaus das Beeinträchtigungsverbot des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) S. 2 und 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verletzt, zumal dieser Gesichtspunkt auch im Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 offengeblieben ist. Daher stellt sich auch aus Rechtsgründen nicht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung zur Frage, ob das ...-Gutachten vom Mai 2007 von einer zu niedrigen Flächenproduktivität hinsichtlich des geplanten Vorhabens ausgeht und daher (nur) zu Umsatzumverteilungen im Bereich von 10 % bei den zentrenrelevanten Sortimenten gelangt.
55 
4. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Verbescheidungsantrag.
56 
5. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 verletzt auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Planungshoheit der Klägerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224 ausgeführt:
57 
„Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt. ... Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden liegt darin nicht.“
58 
Dieser Beurteilung schließt sich das erkennende Gericht an. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung vermag das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht zu erkennen.
59 
Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Beigeladenen waren die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
60 
Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften die Grundsätze anzuwenden sind, die das Bundesverwaltungsgericht zum Zielcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urt. v. 18.09.2003, NVwZ 2004, 226), grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.
61 
Beschluss
62 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
63 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 S. 1 und 3 GKG verwiesen.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
10 
Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
11 
Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
12 
Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
13 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
14 
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
16 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
17 
4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
19 
Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufungen zurückzuweisen.
22 
Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
23 
Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
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Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
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Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
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Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
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Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
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Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
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Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
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Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
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4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
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Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
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Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
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Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die klagende Stadt Rastatt begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr fürsorglich beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 qm sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 qm umfasste, wobei ca. 10.000 qm Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten. Einen Tag später, am 31.05.2007, ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 qm Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 qm Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 qm Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 qm unmittelbar westlich der Bundesautobahn 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastätter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise Gewerbegebiet und teilweise Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens umfassen die 25.500 qm Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 qm Möbel-Kernsortiment, 4.650 qm zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 qm nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 qm zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 qm nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 qm zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landentwicklungsplans (LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des ...-Einrichtungshauses stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 qm zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 qm) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 qm zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der ... vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 % und bei den zentrenrelevanten Sortimenten Haushaltswaren/Glas/ Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 %, bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze. Der Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Mit ihrer am 09.07.2007 rechtzeitig beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin,
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
10 
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, der ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums leide an einem vollständigen Ermessensausfall, weil sich die Raumordnungsbehörde darauf beschränke, die Verletzung der fraglichen Zielvorgaben festzustellen und die Voraussetzungen für ein Zielabweichungsverfahren zu verneinen. Ihre im Zielabweichungsantrag vorgebrachten Argumente seien in der angefochtenen Entscheidung vollständig unberücksichtigt geblieben. Dort habe sie geltend gemacht, dass die Region Mittlerer Oberrhein „...“ unterversorgt“ sei, das Oberzentrum Karlsruhe der Beigeladenen trotz intensiver Suche keinen geeigneten Standort habe anbieten können, Möbelhäuser wie dasjenige der Beigeladenen branchenüblich den Verflechtungsbereich der Standortgemeinde überschritten und mit den „Markenartikeln“ in der jeweiligen Innenstadt regelmäßig gar nicht in Konkurrenz träten und dass die Stadt Rastatt nach einer jüngst durchgeführten Untersuchung unter den Gesichtspunkten Entwicklungsdynamik, Arbeitsplatzzentralität und Einzelhandelszentralität de facto Merkmale eines kleineren Oberzentrums aufweise. Die bereits im Zusammenhang mit der Ansiedlung eines Wohnkaufhauses der Unternehmensgruppe ... im Bereich „Obsthof“ der Stadt Pforzheim vertretene Rechtsauffassung des Beklagten, wonach zentrenrelevante Randsortimente in nicht integrierter Lage maximal 800 qm der Verkaufsfläche des Fachmarkts ausmachen dürften und eine Abweichung von dieser Vorgabe nicht möglich sei, bedürfe dringend einer gerichtlichen Überprüfung.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Die Klage sei bereits unzulässig, da mit dem Antrag auf Zielabweichung lediglich die Abweichung vom Integrationsgebot und Kongruenzgebot begehrt werde. Durch das Vorhaben betroffen sei jedoch auch das Beeinträchtigungsverbot. Zudem sei der fragliche Bereich weder als integrierte Lage noch als Ergänzungsstandort im Regionalplan ausgewiesen. In beiden Fällen handele es sich um raumordnerische Ziele.
14 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württem- berg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006.
15 
Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB -lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der ... gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Schließlich fehle es an einer regionalplanerischen Ausweisung als Ergänzungsstandort. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG.
16 
Entgegen der Auffassung der Klägerin in deren Zielabweichungsantrag existiere kein Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können. Wenn sich eine Firma für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch, dass die einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept angepasst oder regelmäßig Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben zugelassen würden. Beispiele belegten, dass auch moderne Möbelmärkte unter Beachtung der raumordnerischen Vorgaben errichtet werden könnten. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten.
17 
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.02.2008 beantragt die Beigeladene,
18 
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
19 
2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
20 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
21 
Die mit Haupt- und Hilfsantrag zulässige Klage sei begründet, da der beabsichtigten Planung keine Ziele der Raumordnung entgegenstünden. Die Einzelhandelsansiedlung verletze nicht das Beeinträchtigungsverbot und stehe auch im Einklang mit dem Kongruenzgebot und dem Integrationsgebot. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 sei aufzuheben, da er mangels Verstoßes der Planung gegen Ziele der Raumordnung rechtswidrig sei und die Klägerin in ihrer kommunalen Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 GG verletze.
22 
Ein Verstoß gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot scheide aus, da die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzumverteilungsquoten unterschritten würden. Nach den Ergebnissen der Wirkungsanalyse der ... in deren Gutachten vom Mai 2007 hielten die prognostizierten Umsatzumverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse der Wirkungsanalyse belastbar. Insbesondere sei die angenommene Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses nicht zu niedrig angesetzt.
23 
Dem Ansiedlungsvorhaben stehe weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Kongruenzgebotes entgegen. Plansatz 3.3.7.1 S. 1 LEP 2002 sei kein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG, da er als sog. „Soll-Ziel“ mangels sachlicher Bestimmbarkeit und mangelnder Letztabgewogenheit nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an Plansätze mit Regel-Ausnahme-Struktur entspreche. Danach müssten sowohl die Regelbindung als auch die Ausnahmebindung dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernis genügen. Diese zu Regel-Ausnahme-Zielen ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei auch auf sog. Soll-Ziele zu übertragen. Danach genüge Plansatz 3.3.7.1 S. 1 LEP 2002 - isoliert betrachtet - den Anforderungen nicht, da die Vorschrift keinerlei Aussage dazu enthalte, in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Weder sei ersichtlich, wann Überschreitungen des Verflechtungsbereichs wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch sei bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebots in Plansatz 3.3.7.1. S. 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des S. 2 der Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen Ziele der Raumordnung; zwar läge wegen des Überschreitens des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs ein Verstoß gegen die Regelaussage des S. 1 vor, das konkrete Vorhaben würde jedoch ausnahmsweise die zentralen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtigen (S. 2).
24 
Den Erfordernissen der ausreichenden Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit genüge auch nicht das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3.) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006, soweit es in S. 2 bei der Festlegung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten eine Abstimmungspflicht in Bezug auf die Einwohnerzahl des zentralen Ortes und dessen Verflechtungsbereich postuliere. Damit sei kein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG verbunden. Auch aus raumordnungssystematischen Gründen könne eine Auslegung von Plansatz 2.5.3 (3) S. 2 des Regionalplans als striktes Kongruenzgebot kein verbindliches Ziel der Raumordnung sein. Als solches verstieße es auch gegen die kommunale Planungshoheit der Gemeinden gem. Art. 28 Abs. 2 GG und gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) der Betreiber großflächiger Einzelhandelseinrichtungen. Allenfalls in Verbindung mit dem in Plansatz 2.5.3 (3) S. 1 des Regionalplans geregelten Beeinträchtigungsverbot könne das Kongruenzgebot des S. 2 als Ziel der Raumordnung verstanden werden. Wie auf der Ebene der Landesplanung ausgeführt, wäre dann aber ein Widerspruch zum Kongruenzerfordernis raumordnungsrechtlich unschädlich, wenn die Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots - wie hier - eingehalten seien.
25 
Dem Ansiedlungsvorhaben stehe weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das in Plansatz 3.3.7.2 S. 2 LEP 2002 enthaltene Integrationsgebot stehe dem Ansiedlungsvorhaben schon deshalb nicht entgegen, weil die „Soll-Festlegung“ mangels Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit keine Zielqualität besitze. Im Übrigen entspreche das Vorhaben dem Integrationsgebot des Plansatzes 3.3.7.2 S. 3 LEP 2002, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle, seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde und die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien. Allenfalls in Verbindung mit dem in Plansatz 3.3.7.2 S. 1 LEP 2002 enthaltenen Beeinträchtigungsverbot lasse sich das Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung begreifen. Nach den Prognosen der ... würde das Ansiedlungsvorhaben dann aber die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in der Standortgemeinde Rastatt oder die Funktionsfähigkeit ihres zentralörtlichen Versorgungskerns nicht beeinträchtigen.
26 
Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen Plansatz 2.5.3 (4) des Regionalplanes, da es seinen eindeutigen Schwerpunkt im nicht zentrenrelevanten Möbelkernsortiment habe und zentrenrelevante Randsortimente nach S. 5 des Plansatzes auch außerhalb der Vorranggebiete zulässig seien, sofern sie - wie vorliegend der Fall - regionalplanerisch verträglich seien. Die Rechtsauffassung des Beklagten, ein Ausnahmefall im Sinne des Plansatzes 2.5.3 (4) S. 5 des Regionalplans könne nicht vorliegen und das Integrationsgebot des Regionalplans sei stets dann verletzt, wenn eine Gesamtverkaufsfläche von 800 qm im Bereich der zentrenrelevanten Rand- und Nebensortimente überschritten werde, sei nicht haltbar. Die zu § 11 Abs. 3 BauNVO ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Einzelhandelsvorhaben sei auf den vorliegenden raumordnungsrechtlichen Zusammenhang nicht übertragbar. Im Übrigen führe auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Überschreiten der 800 qm-Schwelle nicht stets zur städtebaulichen Unzulässigkeit eines Vorhabens; vielmehr bedürfe es in diesem Fall nur einer eingehenden Einzelfallprüfung. Selbst nach der Planbegründung des Regionalplans, der an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 Abs 3 BauNVO anknüpfe, sei eine starre Anwendung der 800 qm-Grenze im Rahmen der Ausnahmeregelung des Plansatzes 2.5.3 (4) S. 5 des Regionalplans nicht gefordert.
27 
Schließlich stünden dem Vorhaben auch nicht die raumordnerischen Festlegungen in Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans entgegen, wonach Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten in den integrierten Lagen angesiedelt werden sollen. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung komme hier der Ausnahmefall nach S. 2 des Plansatzes zur Anwendung, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (= integrierte Lagen) vorhanden seien. Auch stehe S. 3 des Plansatzes dem Vorhaben nicht entgegen, da Ergänzungsstandorten als sog. „Vorbehaltsgebieten“ i.S.v. § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ROG keine materielle Exklusivität zukomme und der regionalplanerischen Regelung auch keine Zielqualität beigemessen werden könne. Jedenfalls verstieße Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans bei restriktiver Auslegung gegen Art. 28 Abs. 2 GG, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung -nicht erforderlich wären und einen unangemessenen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Eine strikte Formulierung des regionalplanerischen Integrationsgebots verstieße schließlich auch gegen Art. 12 GG.
28 
Jedenfalls sei der hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag zu 3. begründet, da das Ansiedlungsvorhaben nicht die Grundzüge der Landes- und Regionalplanung berühre und die von der Klägerin beantragte Zielabweichung hätte gewährt werden müssen.
29 
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.04.2008 repliziert die Klägerin auf die Klageerwiderung des Beklagten und vertieft ihre bisherigen Ausführungen. Hinsichtlich der Verbindlichkeit und Tragweite der aus dem „Zentrale-Orte-Prinzip“ abgeleiteten raumordnerischen Vorgaben schließt sie sich in vollem Umfang den rechtlichen Ausführungen der Beigeladenen in deren Schriftsatz vom 15.02.2008 an. Mit weiterem Schriftsatz vom 20.06.2008 rügt sie ferner die mangelnde Durchführung des Beteiligungsverfahrens gem. § 24 S. 3 LplG. Dieser Verstoß führe zur Rechtswidrigkeit der den Zielabweichungsantrag ablehnenden Entscheidung des Beklagten.
30 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Gericht liegen die Akten des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen zulässig. Sie ist jedoch insgesamt unbegründet.
32 
Das im Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens bezeichnete Vorhaben der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin verstößt gegen das landesplanerische Zentrale-Orte-Prinzip gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg - LEP 2002 - in Verbindung mit dem Kongruenzgebot gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002. Der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist daher unbegründet (nachfolgend A). Die Klägerin hat darüber hinaus weder den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung entsprechend ihrem Antrag vom 31.05.2007 noch einen Verbeschei-dungsanspruch. Der die beantragte Zielabweichung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (nachfolgend B).
A)
I.
33 
Da die Klägerin die Rechtsauffassung vertritt, das geplante Ansiedlungsvorhaben stehe im Einklang mit den verbindlichen Zielen der Raumordnung, kommt für sie eine Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG -(jedenfalls mit dem Hauptantrag) nicht in Frage, weil sie mit einer solchen Klage ihren Rechtsstandpunkt aufgeben würde und überdies noch die Prozesskosten tragen müsste, wenn das Gericht die raumordnerische Vereinbarkeit des Vorhabens bejahen und die Verpflichtungsklage mangels Zulassungsanspruchs abweisen würde. Dem hier geltend gemachten Feststellungsbegehren steht daher § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht entgegen (Sodan-Ziekow, Nomos-Kommentar zur VwGO, Bd. I 2003, § 43 Rdnr. 131 mit Verweis auf BVerwGE 39, 247, 249). Die Klägerin ist als Trägerin der Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung gebunden und verfügt daher über ein entsprechendes Antragsrecht. Ob der Feststellungsklage - wie der Beklagte meint - das Rechtsschutzinteresse fehlt, weil das Vorhaben der Beigeladenen auch gegen das Beeinträchtigungsverbot gem. Plansatz 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verstoße, der fragliche Ansiedlungsort weder als integrierte Lage noch als Ergänzungsstandort im Regionalplan ausgewiesen sei und es sich insoweit ebenfalls um raumordnerische Ziele handele, kann offenbleiben, da die Feststellungsklage jedenfalls unbegründet ist.
II.
34 
Nach Plansatz 3.3.7. (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden (Zentrale-Orte-Prinzip oder Konzentrationsgrundsatz). Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002 sollen sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Gem. Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (sog. Kongruenzgebot).
35 
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224) stellt der Konzentrationsgrundsatz ein Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Nr. 2 ROG dar. Nach dieser Rechtsprechung ist die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe nicht auf die Instrumente der Bauleitplanung beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu weiter aus:
36 
„Sie ( die Standortplanung) kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - in unterschiedlicher Gestalt - mit der zentralörtlichen Gliederung („polyzentrale Siedlungsstruktur“) verbunden werden. Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt“ (BVerwG, a.a.O., S. 224).“
37 
Dieser Zielsetzung entspricht die in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 enthaltene Aussage, wonach Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Mit den in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002 beschriebenen Ausnahmen entspricht das hier formulierte Konzentrationsgebot ferner den Bestimmtheitsanforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht an Planaussagen stellt, die - wie hier - eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.2003, NVwZ 2004, 226 können auch landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt. Diesen Anforderungen trägt Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 als Regelaussage und Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 als Ausnahme hinreichend Rechnung. In der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist das in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltene Zentrale-Orte-Prinzip als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannt (Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67; Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -; Beschl. v. 09.12.2005 - 8 S 1754/05 - [auch zum Regel-Ausnahmeverhältnis v. S. 1 2. HS und S. 2] und zuletzt Normenkontrollurteil v. 27.09.2007 - 3 S 2875/06 -; zur Bedeutung des Systems der zentralörtlichen Gliederung als Grundprinzip der Raumordnung in anderen Bundesländern vgl. ferner die Urteile des OVG Berlin-Brandenburg v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 - juris, und des Niedersächsischen OVG v. 01.05.2005 - 1 LC 107/05 - juris; zum Meinungsstand im Schrifttum hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung und Zulässigkeit des Konzentrationsgebots vgl. den Beitrag von Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, S. 169, 176 ff., der dem Konzentrationsgebot bei Beachtung der Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Bestimmtheit von landesplanerischen Aussagen eigenständige Bedeutung beimisst). Allerdings kommt dem Zentrale-Orte-Prinzip im vorliegenden Zusammenhang keine allein entscheidende Bedeutung zu. Nach der Zentralitätshierachie des Landesentwicklungsplans 2002 ist die Klägerin als Mittelzentrum eingestuft (vgl. Plansatz 2.5.9 (Z) LEP 2002 und Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte und Verflechtungsbereiche, 2.5.9 Mittelzentren und Mittelbereiche). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen in Mittelzentren Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Rechtliche Relevanz erlangt das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgebot) nach Auffassung der erkennenden Kammer erst in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, demzufolge Einzelhandelsgroßprojekte nach Umfang (Verkaufsfläche) und Zweckbestimmung (Sortimente) der räumlich-funktionell zugeordneten Versorgungsaufgabe der jeweiligen Zentralitätsstufe entsprechen sollen (nachfolgend 2.).
38 
2. a) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen geht das erkennende Gericht von der Zielqualität des Kongruenzgebots in der Ausgestaltung, die es durch die Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 gefunden hat, aus (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 - u. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67, 72; in seinem Urt. v. 17.09.2006, a. a. O. S. 224, hat das BVerwG die Zielqualität des im Rheinland-Pfälzischen Landesentwicklungsplan enthaltenen Kongruenzgebots offengelassen; ebenso das OVG Berlin-Brandenburg im Urt. v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, a.a.O. zum dortigen Landesentwicklungsprogramm; zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung siehe auch Uechtritz, a.a.O., S. 181 f. m.w.N.). Soweit die Beigeladene und - ihr folgend - die Klägerin die Zielqualität des Kongruenzgebots im LEP 2002 wegen seiner mangelnden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit verneinen und sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18.09.2003 (a.a.O.) beziehen, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung (nur dann) erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt, verkennen sie, dass das in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 enthaltene Kongruenzgebot gerade keine Regel-Ausnahme-Struktur aufweist, sondern als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, die nach Auffassung der erkennenden Kammer keine planerische Disposition nachgeordneter Planungsträger zulässt, sondern als strikte Zielvorgabe anzusehen ist (zu sog. Soll-Vorschriften in landesplanerischen Aussagen ebenso Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rndnr. 54 sowie jüngst Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 175 f). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Normenkontrollurteil vom 16.11.2001 (VBlBW 2002, 200, 202) zu Soll-Formulierungen in landesplanerischen Zielaussagen ausgeführt:
39 
„Sollvorschriften sind aber ebenso verbindlich wie Mussvorschriften, solange nicht atypische Umstände vorliegen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigen. Der Verbindlichkeitsanspruch einer Zielaussage wird durch die Verwendung des Wortes „soll“ nicht in Frage gestellt (Runkel, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: November 2000, § 1 Rdnr. 49 f. m.w.N.; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2001, § 1 Rdnr. 392;: Goppel, BayVBl. 1998, 289)“.
40 
Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht. Nach Überzeugung der Kammer sind die Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht zum Ziel- oder Grundsatzcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urteile v. 17.09.2003, a.a.O. u. v. 18.09.2003, a.a.O.), auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften nicht übertragbar (a.A.: OVG NW, Urt. v. 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE - juris, unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung; ebenso BayVGH, Urt. v. 19.04.2004, BayVBl. 2005, S. 80 mit Anmerkung v. Goppel, S. 83). Entgegen der Auffassung des OVG NRW (a.a.O.) bedeutet das Wort „soll“ nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht, dass die daran anknüpfende Rechtsfolge als „grundsätzlich“ bzw. als „in der Regel“ verbindlich anzunehmen ist; vielmehr ist die Soll-Vorschrift - wie im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16.11.2001 (a.a.O.) ausgeführt wird - als verbindliche Muss-Vorschrift anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigt (ebenso Sparwasser, a. a. O.). Wegen dieser Unterschiede zwischen einer Soll- und einer in der Regel-Ausnahme-Vorschrift hält es die Kammer für nicht zulässig, die zu Regel-Ausnahme-Vorschriften ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) auf Soll-Vorschriften zu übertragen (ebenso Goppel, Anm. in BayVBl. 2005, S. 83; zu dieser Unterscheidung siehe auch Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowski, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K § 3, Rdnr. 27, der allerdings unzutreffend den Beschluss d. BVerwG v. 28.12.2005 - 4 BN 40/05 -, juris, zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitiert; denn dieser Beschluss enthält gerade keine Aussage zu Soll-Zielen, da sich diese Frage im konkreten Zulassungsverfahren nicht stellte, s. Rndnr. 19 des Beschlusses des BVerwG v. 28.12.2005, a. a. O.). Geht es bei landesplanerischen Soll-Zielen somit nicht um die Verankerung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses, sondern um eine strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt, wird mit der Soll-Regelung auch kein Spielraum eröffnet, wie dies mit der Schaffung eines Regel-Ausnahmeverhältnisses verbunden ist (Goppel, Ziele der Raumordnung, BayVBl. 1998, 289, 292). Für die Beurteilung der Zielqualität des in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 in der Form von Soll-Vorschriften normierten Kongruenzgebots ist daher von entscheidender Bedeutung, ob diese Regelungen noch einen Abwägungsspielraum eröffnen (Heemeyer, Abgrenzung von Zielen u. Grundsätzen der Raumordnung, UPR 2007, 10, 12; Erbguth, Factory-Outlet-Center: Landesplanungs- und städtebaurechtliche Fragen, NVwZ 2000, 969, 973). Dies ist nach Überzeugung der erkennenden Kammer nicht der Fall. Denn mit der „Ventilöffnung“ für den atypischen Einzelfall (s. Goppel a. a. O.) wird den Zieladressaten, soweit sie selbst Planungsträger im hierarchisch gestuften Planungssystem sind, für Fallgestaltungen, in denen die Einzelfälle nicht alle vorhersehbar sind und die Steuerungswirkung der verbindlichen Zielaussage unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unangemessen sein kann, eine Abweichungsmöglichkeit eröffnet, die ihnen eine dem planerischen Gesamtkonzept entsprechende Ausgestaltung ermöglicht, „ohne dass die Zielfestlegung für den Normalfall gefährdet wird“ (Spannowski, Möglichkeiten zur Steuerung der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch die Raumordnung u. ihre Durchsetzung, UPR 2003, 248, 253). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einer etwa fehlerhaften Annahme eines atypischen Sachverhalts durch einen Planungsträger mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht begegnet werden kann. Daneben behält das Zielabweichungsverfahren gem. § 24 LplG seinen Sinn und seine Berechtigung, da dieses Verfahren eine „Umsteuerung“, d.h. ein Abgehen von den verbindlich festgelegten Zielen der Raumordnung durch die zuständige Raumordnungsbehörde auch in den Fällen ermöglicht, die von dem auf den atypischen Einzelfall zugeschnittenen Ausnahmetatbestand nicht erfasst werden (Spannowski, a.a.O., S. 255; Goppel, a. a. O., S. 292; Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, VBlBW 2008, S. 201, 203).
41 
b) Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002, wonach sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen und - als dessen Konkretisierung - Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein soll, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, genügt auch im Übrigen den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowski, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 - juris, Rndnr. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Da maßgeblich auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen ist, reicht eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, a.a.O., S. 973 f.). Im Hinblick darauf hat die erkennende Kammer keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - S. 16 des Umdr.). Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden.
42 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 beläuft sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses auf ca. 10 bis 11 % (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); d.h. rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau-und Gartenmarkts errechnet das ...-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (...-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Zahlen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
43 
3. Ob das Vorhaben darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet.
B)
I.
44 
Die Klage ist mit dem hilfsweise geltend gemachten Verpflichtungsantrag (zu 3.) zulässig. Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (siehe auch § 24 S. 2 LplG). Da die begehrte Abweichungszulassung gegenüber der Klägerin einen Verwaltungsakt darstellt, kommt als zulässige Klageart nur die Verpflichtungsklage in Betracht (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 05.09.2006 - 8 A 10343/06 - juris, m.w.N. sowie Nonnenmacher, a.a.O., S. 201)).
II.
45 
1. Die Klage ist jedoch auch mit dem Verpflichtungsantrag unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gem. § 24 S. 1 LplG. Der ihren Antrag ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
46 
Gem. § 24 S. 1 LplG kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das Vorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
47 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach dem Sinn und Zweck des Begriffs „Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (BVerwG, Urt. v. 15.07.2005 - 9 VR 43/04 -, juris mit Verweis auf BVerwGE 85, 66, 72). Nach Auffassung der erkennenden Kammer gehören das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen.
48 
Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen soll (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen), bilden das Grundgerüst einer Landesplanung, die auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. Uechtritz, a. a. O.; S. 172 m. w. N. in Fußnote 2). Das OVG Berlin-Brandenburg führt im Urteil v. 12.05.2006, a. a. O. Rndnr. 80 Folgendes aus:
49 
„Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben“.
50 
Im Hinblick darauf schließt sich die erkennende Kammer der auch in der Literatur vertretenen Auffassung an, eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, berühre immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35).
51 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2008 unterliegt der angefochtene Bescheid des Beklagten auch nicht deshalb der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung, weil das Beteiligungsverfahren gem. § 24 S. 3 LplG nicht durchgeführt worden ist. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG - nach Auffassung der erkennenden Kammer zu Recht - verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 S. 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren macht vielmehr nur dann Sinn, wenn der Zulassungsantrag die „tatbestandliche Hürde“ des § 24 S. 1 LplG genommen hat und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
52 
2. Ob der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung auch insoweit standhält, als er darüber hinaus auf eine Verletzung des Integrationsgebots (Plansatz 3.3.7.2 (Z) Sätze 2 und 3 LEP 2002 und Plansatz 2.5.3 (Z) 4 und (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein) gestützt wird, bedarf aufgrund der obigen Erwägungen keiner abschließenden Klärung mehr. Lediglich obiter dictum sei bemerkt, dass sich die erkennende Kammer aber auch nicht dazu veranlasst sähe, die Rechtsauffassung des Beklagten zu beanstanden, soweit er eine Verletzung des Integrationsgebots auf die Erwägung stützt, das geplante Projekt der Beigeladenen umfasse insgesamt - nach der Zuordnung im Marktgutachten und unter Verweis auf das Einzelhandelskonzept der Klägerin - 5.450 qm zentrenrelevanter Sortimente (bei Einbeziehung von Leuchten und Teppichen: 8.450 qm zentrenrelevanter Sortimente); bei dem vorgesehenen Standort handle es sich um einen autobahnorientierten Standort in einem peripher gelegenen und bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet; bei Beachtung des Integrationsgebots wären (im Rahmen einer Ansiedlung von überwiegend nichtzentrenrelevanten Sortimenten) maximal 800 qm zentrenrelevante Sortimente zulässig.
53 
Mit dieser Begründung knüpft der Beklagte ersichtlich an die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO an. Zwar ist diese Vorschrift im vorliegenden - raumordnungsrechtlichen - Zusammenhang nicht unmittelbar anwendbar; vielmehr ergänzt sie die Zulässigkeitskriterien für die Gebietstypen nach §§ 2 ff BauNVO, soweit sie die Anlagetypen Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe - bei Eingreifen der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO - in allen Baugebieten für unzulässig erklärt. Allerdings hat die Rechtsprechung dem § 11 Abs. 3 BauNVO bereits in anderem rechtlichen Zusammenhang eine über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende Bedeutung beigemessen. So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits in seinem Urteil vom 06.07.2000 - 8 S 2437/99 -, juris, die Vermutungsregelung in § 11 Abs. 3 BauNVO als „normierten städtebaulichen Sachverstand“ qualifiziert, dem auch bei der Anwendung des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 BauGB „Wertungshilfen“ entnommen werden können. In einem weiteren Urteil (vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die der Regelung zugrundeliegende Wertung hervor, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotenzial aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen, wobei die Vorschrift durch eine „betont übergemeindliche Sichtweise geprägt“ sei. In seinem Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, juris bestätigt das Bundesverwaltungsgericht diese Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO und qualifiziert diese Vorschrift als Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe unter den in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen. Auch in dieser Entscheidung wird die „übergemeindliche Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO“ hervorgehoben. In der einschlägigen Fachliteratur wird - im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2002 - von einer „Grundentscheidung“ gesprochen, die der Normgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO getroffen habe und die „allgemeine Beachtung“ beanspruche (Halama, Die Metamorphose der „Krabbenkamp“-Formel, DVBl. 2004, 79, 83). Diese Erwägungen lassen nach Überzeugung der erkennenden Kammer einen Rückgriff auf § 11 Abs. 3 BauNVO auch im vorliegenden raumordnungsrechtlichen Zusammenhang zu. Mit der Anknüpfung an den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO (nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen 800 qm Verkaufsfläche einer Geschossfläche von 1.200 qm, vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2005, NVwZ 2006, 452, 453) geht der Beklagte im Rahmen seiner raumordnerischen Beurteilung davon aus, dass das in städtebaulich nicht integrierter Lage geplante Einzelhandelsgroßprojekt der Beigeladenen das landesplanerische Integrationsgebot dann verletzt, wenn es bezüglich der zentrenrelevanten Sortimente den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO überschreitet und damit „typischerweise“ ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufweist, dem mit den Mitteln der Landesplanung und Raumordnung gerade entgegengewirkt werden soll. Dabei kann im vorliegenden Zusammenhang die Frage offenbleiben, ob bei der raumordnerischen Beurteilung der Schwellenwert des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO als starre Grenze oder - wie bei unmittelbarer Anwendung der Vorschrift - als Vermutungsregel anzusehen ist, die eine Einzelfallprüfung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.11.2005, a. a. O.) eröffnet (vgl. Sparwasser a. a. O., S. 172, der für die Beurteilung der Regionalbedeutsamkeit eines Einzelhandelsvorhabens wegen der zu erwartenden städtebaulichen Auswirkungen auf § 11 Abs. 3 BauNVO zurückgreift und Betriebe des großflächigen Einzelhandels dem regionalplanerischen Zugriff aussetzt, sofern nicht im Einzelfall überörtliche Auswirkungen auszuschließen sind; so auch der jüngst ergangene Beschluss des VGH Baden-Württemberg v. 19.05.2008 - 3 S 2509/07 - wonach „manches dafür spricht“, dass ein Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 1050 qm „regelmäßig auch regionalbedeutsam ist“, wobei für diese Einstufung auch Wortlaut und Struktur des § 11 Abs. 3 LplG sprächen, der in Satz 2 Nr. 5 auch Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe aufführe). Denn bei einer Überschreitung des Schwellenwerts bei den zentrenrelevanten Rand- oder Nebensortimenten um das sieben- bis zehnfache (je nach Zuordnung) dürfte für den Beklagten in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen schon kein Anlass zu einer Einzelfallprüfung bestanden haben.
54 
3. Keiner abschließenden Klärung bedarf ferner die Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen darüber hinaus das Beeinträchtigungsverbot des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) S. 2 und 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verletzt, zumal dieser Gesichtspunkt auch im Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 offengeblieben ist. Daher stellt sich auch aus Rechtsgründen nicht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung zur Frage, ob das ...-Gutachten vom Mai 2007 von einer zu niedrigen Flächenproduktivität hinsichtlich des geplanten Vorhabens ausgeht und daher (nur) zu Umsatzumverteilungen im Bereich von 10 % bei den zentrenrelevanten Sortimenten gelangt.
55 
4. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Verbescheidungsantrag.
56 
5. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 verletzt auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Planungshoheit der Klägerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224 ausgeführt:
57 
„Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt. ... Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden liegt darin nicht.“
58 
Dieser Beurteilung schließt sich das erkennende Gericht an. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung vermag das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht zu erkennen.
59 
Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Beigeladenen waren die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
60 
Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften die Grundsätze anzuwenden sind, die das Bundesverwaltungsgericht zum Zielcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urt. v. 18.09.2003, NVwZ 2004, 226), grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.
61 
Beschluss
62 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
63 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 S. 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
31 
Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen zulässig. Sie ist jedoch insgesamt unbegründet.
32 
Das im Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens bezeichnete Vorhaben der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin verstößt gegen das landesplanerische Zentrale-Orte-Prinzip gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg - LEP 2002 - in Verbindung mit dem Kongruenzgebot gemäß Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002. Der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist daher unbegründet (nachfolgend A). Die Klägerin hat darüber hinaus weder den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung entsprechend ihrem Antrag vom 31.05.2007 noch einen Verbeschei-dungsanspruch. Der die beantragte Zielabweichung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (nachfolgend B).
A)
I.
33 
Da die Klägerin die Rechtsauffassung vertritt, das geplante Ansiedlungsvorhaben stehe im Einklang mit den verbindlichen Zielen der Raumordnung, kommt für sie eine Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG -(jedenfalls mit dem Hauptantrag) nicht in Frage, weil sie mit einer solchen Klage ihren Rechtsstandpunkt aufgeben würde und überdies noch die Prozesskosten tragen müsste, wenn das Gericht die raumordnerische Vereinbarkeit des Vorhabens bejahen und die Verpflichtungsklage mangels Zulassungsanspruchs abweisen würde. Dem hier geltend gemachten Feststellungsbegehren steht daher § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht entgegen (Sodan-Ziekow, Nomos-Kommentar zur VwGO, Bd. I 2003, § 43 Rdnr. 131 mit Verweis auf BVerwGE 39, 247, 249). Die Klägerin ist als Trägerin der Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung gebunden und verfügt daher über ein entsprechendes Antragsrecht. Ob der Feststellungsklage - wie der Beklagte meint - das Rechtsschutzinteresse fehlt, weil das Vorhaben der Beigeladenen auch gegen das Beeinträchtigungsverbot gem. Plansatz 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verstoße, der fragliche Ansiedlungsort weder als integrierte Lage noch als Ergänzungsstandort im Regionalplan ausgewiesen sei und es sich insoweit ebenfalls um raumordnerische Ziele handele, kann offenbleiben, da die Feststellungsklage jedenfalls unbegründet ist.
II.
34 
Nach Plansatz 3.3.7. (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden (Zentrale-Orte-Prinzip oder Konzentrationsgrundsatz). Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002 sollen sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Gem. Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (sog. Kongruenzgebot).
35 
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224) stellt der Konzentrationsgrundsatz ein Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Nr. 2 ROG dar. Nach dieser Rechtsprechung ist die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe nicht auf die Instrumente der Bauleitplanung beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu weiter aus:
36 
„Sie ( die Standortplanung) kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - in unterschiedlicher Gestalt - mit der zentralörtlichen Gliederung („polyzentrale Siedlungsstruktur“) verbunden werden. Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt“ (BVerwG, a.a.O., S. 224).“
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Dieser Zielsetzung entspricht die in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 enthaltene Aussage, wonach Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Mit den in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 LEP 2002 beschriebenen Ausnahmen entspricht das hier formulierte Konzentrationsgebot ferner den Bestimmtheitsanforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht an Planaussagen stellt, die - wie hier - eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.2003, NVwZ 2004, 226 können auch landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt. Diesen Anforderungen trägt Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 als Regelaussage und Plansatz 3.3.7 (Z) S. 2 als Ausnahme hinreichend Rechnung. In der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist das in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltene Zentrale-Orte-Prinzip als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannt (Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67; Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -; Beschl. v. 09.12.2005 - 8 S 1754/05 - [auch zum Regel-Ausnahmeverhältnis v. S. 1 2. HS und S. 2] und zuletzt Normenkontrollurteil v. 27.09.2007 - 3 S 2875/06 -; zur Bedeutung des Systems der zentralörtlichen Gliederung als Grundprinzip der Raumordnung in anderen Bundesländern vgl. ferner die Urteile des OVG Berlin-Brandenburg v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 - juris, und des Niedersächsischen OVG v. 01.05.2005 - 1 LC 107/05 - juris; zum Meinungsstand im Schrifttum hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung und Zulässigkeit des Konzentrationsgebots vgl. den Beitrag von Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, S. 169, 176 ff., der dem Konzentrationsgebot bei Beachtung der Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Bestimmtheit von landesplanerischen Aussagen eigenständige Bedeutung beimisst). Allerdings kommt dem Zentrale-Orte-Prinzip im vorliegenden Zusammenhang keine allein entscheidende Bedeutung zu. Nach der Zentralitätshierachie des Landesentwicklungsplans 2002 ist die Klägerin als Mittelzentrum eingestuft (vgl. Plansatz 2.5.9 (Z) LEP 2002 und Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte und Verflechtungsbereiche, 2.5.9 Mittelzentren und Mittelbereiche). Nach Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 2. HS LEP 2002 dürfen in Mittelzentren Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Rechtliche Relevanz erlangt das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgebot) nach Auffassung der erkennenden Kammer erst in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, demzufolge Einzelhandelsgroßprojekte nach Umfang (Verkaufsfläche) und Zweckbestimmung (Sortimente) der räumlich-funktionell zugeordneten Versorgungsaufgabe der jeweiligen Zentralitätsstufe entsprechen sollen (nachfolgend 2.).
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2. a) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen geht das erkennende Gericht von der Zielqualität des Kongruenzgebots in der Ausgestaltung, die es durch die Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 gefunden hat, aus (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 08.06.2006 - 4 BN 8.06 - u. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.07.2004, VBlBW 2005, 67, 72; in seinem Urt. v. 17.09.2006, a. a. O. S. 224, hat das BVerwG die Zielqualität des im Rheinland-Pfälzischen Landesentwicklungsplan enthaltenen Kongruenzgebots offengelassen; ebenso das OVG Berlin-Brandenburg im Urt. v. 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, a.a.O. zum dortigen Landesentwicklungsprogramm; zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung siehe auch Uechtritz, a.a.O., S. 181 f. m.w.N.). Soweit die Beigeladene und - ihr folgend - die Klägerin die Zielqualität des Kongruenzgebots im LEP 2002 wegen seiner mangelnden Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit verneinen und sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18.09.2003 (a.a.O.) beziehen, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung (nur dann) erfüllen, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt, verkennen sie, dass das in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 enthaltene Kongruenzgebot gerade keine Regel-Ausnahme-Struktur aufweist, sondern als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, die nach Auffassung der erkennenden Kammer keine planerische Disposition nachgeordneter Planungsträger zulässt, sondern als strikte Zielvorgabe anzusehen ist (zu sog. Soll-Vorschriften in landesplanerischen Aussagen ebenso Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rndnr. 54 sowie jüngst Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 175 f). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Normenkontrollurteil vom 16.11.2001 (VBlBW 2002, 200, 202) zu Soll-Formulierungen in landesplanerischen Zielaussagen ausgeführt:
39 
„Sollvorschriften sind aber ebenso verbindlich wie Mussvorschriften, solange nicht atypische Umstände vorliegen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigen. Der Verbindlichkeitsanspruch einer Zielaussage wird durch die Verwendung des Wortes „soll“ nicht in Frage gestellt (Runkel, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: November 2000, § 1 Rdnr. 49 f. m.w.N.; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2001, § 1 Rdnr. 392;: Goppel, BayVBl. 1998, 289)“.
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Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht. Nach Überzeugung der Kammer sind die Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht zum Ziel- oder Grundsatzcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urteile v. 17.09.2003, a.a.O. u. v. 18.09.2003, a.a.O.), auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften nicht übertragbar (a.A.: OVG NW, Urt. v. 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE - juris, unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung; ebenso BayVGH, Urt. v. 19.04.2004, BayVBl. 2005, S. 80 mit Anmerkung v. Goppel, S. 83). Entgegen der Auffassung des OVG NRW (a.a.O.) bedeutet das Wort „soll“ nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht, dass die daran anknüpfende Rechtsfolge als „grundsätzlich“ bzw. als „in der Regel“ verbindlich anzunehmen ist; vielmehr ist die Soll-Vorschrift - wie im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16.11.2001 (a.a.O.) ausgeführt wird - als verbindliche Muss-Vorschrift anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigt (ebenso Sparwasser, a. a. O.). Wegen dieser Unterschiede zwischen einer Soll- und einer in der Regel-Ausnahme-Vorschrift hält es die Kammer für nicht zulässig, die zu Regel-Ausnahme-Vorschriften ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) auf Soll-Vorschriften zu übertragen (ebenso Goppel, Anm. in BayVBl. 2005, S. 83; zu dieser Unterscheidung siehe auch Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowski, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K § 3, Rdnr. 27, der allerdings unzutreffend den Beschluss d. BVerwG v. 28.12.2005 - 4 BN 40/05 -, juris, zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitiert; denn dieser Beschluss enthält gerade keine Aussage zu Soll-Zielen, da sich diese Frage im konkreten Zulassungsverfahren nicht stellte, s. Rndnr. 19 des Beschlusses des BVerwG v. 28.12.2005, a. a. O.). Geht es bei landesplanerischen Soll-Zielen somit nicht um die Verankerung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses, sondern um eine strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt, wird mit der Soll-Regelung auch kein Spielraum eröffnet, wie dies mit der Schaffung eines Regel-Ausnahmeverhältnisses verbunden ist (Goppel, Ziele der Raumordnung, BayVBl. 1998, 289, 292). Für die Beurteilung der Zielqualität des in Plansatz 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS und Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 in der Form von Soll-Vorschriften normierten Kongruenzgebots ist daher von entscheidender Bedeutung, ob diese Regelungen noch einen Abwägungsspielraum eröffnen (Heemeyer, Abgrenzung von Zielen u. Grundsätzen der Raumordnung, UPR 2007, 10, 12; Erbguth, Factory-Outlet-Center: Landesplanungs- und städtebaurechtliche Fragen, NVwZ 2000, 969, 973). Dies ist nach Überzeugung der erkennenden Kammer nicht der Fall. Denn mit der „Ventilöffnung“ für den atypischen Einzelfall (s. Goppel a. a. O.) wird den Zieladressaten, soweit sie selbst Planungsträger im hierarchisch gestuften Planungssystem sind, für Fallgestaltungen, in denen die Einzelfälle nicht alle vorhersehbar sind und die Steuerungswirkung der verbindlichen Zielaussage unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unangemessen sein kann, eine Abweichungsmöglichkeit eröffnet, die ihnen eine dem planerischen Gesamtkonzept entsprechende Ausgestaltung ermöglicht, „ohne dass die Zielfestlegung für den Normalfall gefährdet wird“ (Spannowski, Möglichkeiten zur Steuerung der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch die Raumordnung u. ihre Durchsetzung, UPR 2003, 248, 253). Dabei ist zu berücksichtigen, dass einer etwa fehlerhaften Annahme eines atypischen Sachverhalts durch einen Planungsträger mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht begegnet werden kann. Daneben behält das Zielabweichungsverfahren gem. § 24 LplG seinen Sinn und seine Berechtigung, da dieses Verfahren eine „Umsteuerung“, d.h. ein Abgehen von den verbindlich festgelegten Zielen der Raumordnung durch die zuständige Raumordnungsbehörde auch in den Fällen ermöglicht, die von dem auf den atypischen Einzelfall zugeschnittenen Ausnahmetatbestand nicht erfasst werden (Spannowski, a.a.O., S. 255; Goppel, a. a. O., S. 292; Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, VBlBW 2008, S. 201, 203).
41 
b) Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 (Z) S. 1 1. HS LEP 2002, wonach sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen und - als dessen Konkretisierung - Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein soll, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, genügt auch im Übrigen den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowski, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 - juris, Rndnr. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Da maßgeblich auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen ist, reicht eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, a.a.O., S. 973 f.). Im Hinblick darauf hat die erkennende Kammer keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - S. 16 des Umdr.). Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden.
42 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 beläuft sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses auf ca. 10 bis 11 % (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); d.h. rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau-und Gartenmarkts errechnet das ...-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (...-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (...-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Zahlen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
43 
3. Ob das Vorhaben darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet.
B)
I.
44 
Die Klage ist mit dem hilfsweise geltend gemachten Verpflichtungsantrag (zu 3.) zulässig. Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (siehe auch § 24 S. 2 LplG). Da die begehrte Abweichungszulassung gegenüber der Klägerin einen Verwaltungsakt darstellt, kommt als zulässige Klageart nur die Verpflichtungsklage in Betracht (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 05.09.2006 - 8 A 10343/06 - juris, m.w.N. sowie Nonnenmacher, a.a.O., S. 201)).
II.
45 
1. Die Klage ist jedoch auch mit dem Verpflichtungsantrag unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gem. § 24 S. 1 LplG. Der ihren Antrag ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
46 
Gem. § 24 S. 1 LplG kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das Vorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
47 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach dem Sinn und Zweck des Begriffs „Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (BVerwG, Urt. v. 15.07.2005 - 9 VR 43/04 -, juris mit Verweis auf BVerwGE 85, 66, 72). Nach Auffassung der erkennenden Kammer gehören das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen.
48 
Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen soll (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen), bilden das Grundgerüst einer Landesplanung, die auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. Uechtritz, a. a. O.; S. 172 m. w. N. in Fußnote 2). Das OVG Berlin-Brandenburg führt im Urteil v. 12.05.2006, a. a. O. Rndnr. 80 Folgendes aus:
49 
„Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben“.
50 
Im Hinblick darauf schließt sich die erkennende Kammer der auch in der Literatur vertretenen Auffassung an, eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, berühre immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35).
51 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2008 unterliegt der angefochtene Bescheid des Beklagten auch nicht deshalb der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung, weil das Beteiligungsverfahren gem. § 24 S. 3 LplG nicht durchgeführt worden ist. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG - nach Auffassung der erkennenden Kammer zu Recht - verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 S. 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren macht vielmehr nur dann Sinn, wenn der Zulassungsantrag die „tatbestandliche Hürde“ des § 24 S. 1 LplG genommen hat und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
52 
2. Ob der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung auch insoweit standhält, als er darüber hinaus auf eine Verletzung des Integrationsgebots (Plansatz 3.3.7.2 (Z) Sätze 2 und 3 LEP 2002 und Plansatz 2.5.3 (Z) 4 und (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein) gestützt wird, bedarf aufgrund der obigen Erwägungen keiner abschließenden Klärung mehr. Lediglich obiter dictum sei bemerkt, dass sich die erkennende Kammer aber auch nicht dazu veranlasst sähe, die Rechtsauffassung des Beklagten zu beanstanden, soweit er eine Verletzung des Integrationsgebots auf die Erwägung stützt, das geplante Projekt der Beigeladenen umfasse insgesamt - nach der Zuordnung im Marktgutachten und unter Verweis auf das Einzelhandelskonzept der Klägerin - 5.450 qm zentrenrelevanter Sortimente (bei Einbeziehung von Leuchten und Teppichen: 8.450 qm zentrenrelevanter Sortimente); bei dem vorgesehenen Standort handle es sich um einen autobahnorientierten Standort in einem peripher gelegenen und bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet; bei Beachtung des Integrationsgebots wären (im Rahmen einer Ansiedlung von überwiegend nichtzentrenrelevanten Sortimenten) maximal 800 qm zentrenrelevante Sortimente zulässig.
53 
Mit dieser Begründung knüpft der Beklagte ersichtlich an die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 BauNVO an. Zwar ist diese Vorschrift im vorliegenden - raumordnungsrechtlichen - Zusammenhang nicht unmittelbar anwendbar; vielmehr ergänzt sie die Zulässigkeitskriterien für die Gebietstypen nach §§ 2 ff BauNVO, soweit sie die Anlagetypen Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe - bei Eingreifen der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO - in allen Baugebieten für unzulässig erklärt. Allerdings hat die Rechtsprechung dem § 11 Abs. 3 BauNVO bereits in anderem rechtlichen Zusammenhang eine über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende Bedeutung beigemessen. So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits in seinem Urteil vom 06.07.2000 - 8 S 2437/99 -, juris, die Vermutungsregelung in § 11 Abs. 3 BauNVO als „normierten städtebaulichen Sachverstand“ qualifiziert, dem auch bei der Anwendung des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 BauGB „Wertungshilfen“ entnommen werden können. In einem weiteren Urteil (vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67) hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die der Regelung zugrundeliegende Wertung hervor, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotenzial aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen, wobei die Vorschrift durch eine „betont übergemeindliche Sichtweise geprägt“ sei. In seinem Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, juris bestätigt das Bundesverwaltungsgericht diese Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO und qualifiziert diese Vorschrift als Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe unter den in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Voraussetzungen regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen. Auch in dieser Entscheidung wird die „übergemeindliche Sichtweise des § 11 Abs. 3 BauNVO“ hervorgehoben. In der einschlägigen Fachliteratur wird - im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2002 - von einer „Grundentscheidung“ gesprochen, die der Normgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO getroffen habe und die „allgemeine Beachtung“ beanspruche (Halama, Die Metamorphose der „Krabbenkamp“-Formel, DVBl. 2004, 79, 83). Diese Erwägungen lassen nach Überzeugung der erkennenden Kammer einen Rückgriff auf § 11 Abs. 3 BauNVO auch im vorliegenden raumordnungsrechtlichen Zusammenhang zu. Mit der Anknüpfung an den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO (nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen 800 qm Verkaufsfläche einer Geschossfläche von 1.200 qm, vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2005, NVwZ 2006, 452, 453) geht der Beklagte im Rahmen seiner raumordnerischen Beurteilung davon aus, dass das in städtebaulich nicht integrierter Lage geplante Einzelhandelsgroßprojekt der Beigeladenen das landesplanerische Integrationsgebot dann verletzt, wenn es bezüglich der zentrenrelevanten Sortimente den Schwellenwert des § 11 Abs. 3 BauNVO überschreitet und damit „typischerweise“ ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufweist, dem mit den Mitteln der Landesplanung und Raumordnung gerade entgegengewirkt werden soll. Dabei kann im vorliegenden Zusammenhang die Frage offenbleiben, ob bei der raumordnerischen Beurteilung der Schwellenwert des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO als starre Grenze oder - wie bei unmittelbarer Anwendung der Vorschrift - als Vermutungsregel anzusehen ist, die eine Einzelfallprüfung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.11.2005, a. a. O.) eröffnet (vgl. Sparwasser a. a. O., S. 172, der für die Beurteilung der Regionalbedeutsamkeit eines Einzelhandelsvorhabens wegen der zu erwartenden städtebaulichen Auswirkungen auf § 11 Abs. 3 BauNVO zurückgreift und Betriebe des großflächigen Einzelhandels dem regionalplanerischen Zugriff aussetzt, sofern nicht im Einzelfall überörtliche Auswirkungen auszuschließen sind; so auch der jüngst ergangene Beschluss des VGH Baden-Württemberg v. 19.05.2008 - 3 S 2509/07 - wonach „manches dafür spricht“, dass ein Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 1050 qm „regelmäßig auch regionalbedeutsam ist“, wobei für diese Einstufung auch Wortlaut und Struktur des § 11 Abs. 3 LplG sprächen, der in Satz 2 Nr. 5 auch Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe aufführe). Denn bei einer Überschreitung des Schwellenwerts bei den zentrenrelevanten Rand- oder Nebensortimenten um das sieben- bis zehnfache (je nach Zuordnung) dürfte für den Beklagten in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen schon kein Anlass zu einer Einzelfallprüfung bestanden haben.
54 
3. Keiner abschließenden Klärung bedarf ferner die Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen darüber hinaus das Beeinträchtigungsverbot des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) S. 2 und 3.3.7.2 (Z) S. 1 LEP 2002 verletzt, zumal dieser Gesichtspunkt auch im Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 offengeblieben ist. Daher stellt sich auch aus Rechtsgründen nicht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung zur Frage, ob das ...-Gutachten vom Mai 2007 von einer zu niedrigen Flächenproduktivität hinsichtlich des geplanten Vorhabens ausgeht und daher (nur) zu Umsatzumverteilungen im Bereich von 10 % bei den zentrenrelevanten Sortimenten gelangt.
55 
4. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 S. 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Verbescheidungsantrag.
56 
5. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.06.2007 verletzt auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Planungshoheit der Klägerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 17.09.2003, NVwZ 2004, 220, 224 ausgeführt:
57 
„Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt. ... Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden liegt darin nicht.“
58 
Dieser Beurteilung schließt sich das erkennende Gericht an. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung vermag das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht zu erkennen.
59 
Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Beigeladenen waren die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
60 
Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage, ob auf raumordnungsrechtliche Soll-Vorschriften die Grundsätze anzuwenden sind, die das Bundesverwaltungsgericht zum Zielcharakter von raumordnungsrechtlichen Normen mit Regel-Ausnahme-Struktur entwickelt hat (BVerwG, Urt. v. 18.09.2003, NVwZ 2004, 226), grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.
61 
Beschluss
62 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
63 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 S. 1 und 3 GKG verwiesen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
10 
Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
11 
Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
12 
Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
13 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
14 
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
16 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
17 
4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
19 
Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufungen zurückzuweisen.
22 
Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
23 
Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
24 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
25 
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
26 
2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
27 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
28 
In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
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Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
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Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
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4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
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Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
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Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
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Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen des Bundes, von anderen öffentlichen Stellen, die im Auftrag des Bundes tätig sind, sowie von Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 1 Satz 2, die für den Bund öffentliche Aufgaben durchführen, gilt die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung in Raumordnungsplänen nach § 13 Absatz 1 nur, wenn die zuständige Stelle oder Person bei der Aufstellung des Raumordnungsplans nach § 9 beteiligt worden ist und sie innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des rechtsverbindlichen Ziels nicht widersprochen hat.

(2) Der Widerspruch nach Absatz 1 lässt die Bindungswirkung des Ziels der Raumordnung gegenüber der widersprechenden Stelle oder Person nicht entstehen, wenn

1.
das ihre Belange berührende Ziel der Raumordnung auf einer fehlerhaften Abwägung beruht oder
2.
sie ihre raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nicht auf anderen geeigneten Flächen durchführen kann als auf denen, für die ein entgegenstehendes Ziel im Raumordnungsplan festgelegt wurde.

(3) Macht eine Veränderung der Sachlage ein Abweichen von den Zielen der Raumordnung erforderlich, kann die Stelle oder Person nach Absatz 1 mit Zustimmung der nächsthöheren Behörde innerhalb angemessener Frist, spätestens sechs Monate ab Kenntnis der veränderten Sachlage, unter den Voraussetzungen von Absatz 2 nachträglich widersprechen. Muss infolge des nachträglichen Widerspruchs der Raumordnungsplan geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, hat die widersprechende Stelle oder Person die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen der Länder und der Träger der Regionalplanung hinsichtlich der Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung in Raumordnungsplänen des Bundes nach § 17 Absatz 2.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Teilregionalplan "Erneuerbare Energien" des Antragsgegners vom 19.4.2004.
Die Antragstellerin beantragte am 8.12.2003 gemeinsam mit der Firma p. eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Windfarm mit fünf Windkraftanlagen am Standort „Teufelsmühle“, auf den Grundstücken Flst.-Nr. 2962 der Gemarkung Gernsbach-Lautenbach und Flst.-Nr. 3378 der Gemarkung Loffenau. Für diese Grundstücke hatten die Betreiberfirmen mit der Stadt Gernsbach und der Gemeinde Loffenau entsprechende Nutzungsverträge abgeschlossen. Am 22.7.2004 trat die Gemeinde Loffenau von dem Nutzungsvertrag zurück. Der gemeinsame Antrag der Betreiberfirmen wurde mit Entscheidung des Landratsamts Rastatt vom 28.7.2004 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen ihrer besonders exponierten Lage seien die Anlagen aus der entfernten Umgebung deutlich wahrnehmbar und verunstalteten das Landschaftsbild. Darüber hinaus stünden dem Vorhaben Belange des Naturschutzes entgegen, da der Standort in zwei Landschaftsschutzgebieten liege. Zwar könnte im Einzelfall eine Befreiung erteilt werden. Da es sich jedoch bei dem Plangebiet um einen nach dem Landesentwicklungsplan „überregional bedeutsamen naturnahen Landschaftsraum“ handele, der zu den wenigen „unzerschnittenen Räumen mit einer Größe von über 100 km² und mit hohem Wald- und Biotopanteil“ gehöre, scheide dies hier aus. Die Aussage des Landesentwicklungsplans sei ein wesentlicher Grund dafür gewesen, dass der Regionalverband Mittlerer Oberrhein im Teilregionalplan "Erneuerbare Energien" die Teufelsmühle als Standort für die Gewinnung von Windenergie ausgeschlossen habe. Das geplante Vorhaben verstoße daher auch gegen Belange der Raumordnung. Hiergegen legten die Betreiberfirmen Widersprüche ein, über die bislang noch nicht entschieden ist. Derzeit ruht das Verfahren im Hinblick auf den vorliegenden Normenkontrollantrag.
Dem angegriffenen Teilregionalplan liegt folgendes Verfahren zugrunde:
Der ursprüngliche Entwurf des Regionalplans, Stand April 2001, sah eine Aufteilung in Vorrang-, Ausschluss- und neutrale Flächen vor. Mit diesem Entwurf wurde die erste Anhörung mit 9 Standorten eingeleitet. Da bereits abzusehen war, dass das Land Baden-Württemberg die Regionalverbände verpflichten würde, in den Regionalplänen nur noch Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen, beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners in ihrer Sitzung vom 13.2.2002, das Kapitel 4.2.5 "Erneuerbare Energien" von der Gesamtfortschreibung des Regionalplans abzukoppeln und es in einem separaten Verfahren fortzuschreiben. Die in Frage kommenden Standorte ermittelte der Antragsgegner mittels eines Suchlaufes, bei dem zunächst in sechs Schritten die Flächen ausgeschieden wurden, die für eine Windenergienutzung nicht in Frage kamen. Als erstes wurden Flächen anhand gesetzlicher und planerischer Tabukriterien ausgesondert. In einem zweiten Schritt erfolgte der Ausschluss von landschaftlich sensiblen Bereichen. Hierbei handelte es sich zum einen um „regionalprägende und identitätsstiftende Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und hoher Fernwirkung" und zum anderen um „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“. Als drittes wurden Flächen mit einer jährlichen mittleren Windgeschwindigkeit von weniger als 4,2 m/sec. in 50 m über Grund ausgeschlossen. In einem vierten Schritt wurde in den verbleibenden Räumen das Konfliktpotenzial mit Hilfe von Konfliktkriterien ermittelt. Dabei wurde eine höhere Konfliktschwelle akzeptiert, wenn die Windhöffigkeit mindestens 4,9 m/sec. betrug. Diese Flächen schieden ab einer Überlagerung von drei und mehr Konflikten bei der weiteren Standortsuche aus. Flächen mit einer niedrigeren Windhöffigkeit von 4,2 bis 4,8 m/sec. wurden bereits ab zwei und mehr Konflikten ausgeklammert. In einem fünften Schritt erfolgte die Herausnahme von Suchräumen, die deutlich kleiner als 20 ha waren. Als letztes fand in einem sechsten Schritt eine Einzelfallbetrachtung der Suchräume und sowie eine Abgrenzung der Vorranggebiete nach a) technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit sowie b) Konfliktpotenzial (Kleinräumige Konflikte, Landschaftsbild, Erholung, Betroffenheit von Ortslagen) statt. Nach Abarbeitung dieser 6 Schritte verblieben 19 Vorrangstandorte. In ihrer Sitzung vom 12.3.2003 leitete die Verbandsversammlung des Antragsgegners die zweite Anhörung mit diesen Standorten in „Schwarz-Weiß-Planung“ ein, d.h. das gesamte Gebiet des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein außerhalb der Vorrangstandorte war als Ausschlussgebiet vorgesehen. Für diesen Bereich sollte die bisher im Außenbereich privilegierte Zulässigkeit von raumbedeutsamen Windenergieanlagen entfallen. Im Vorgriff auf das neue Landesplanungsgesetz wurde in der Zeit vom 13.3. bis 13.6.2003 eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Am 17.6.2003 fand ein Erörterungstermin statt.
In der Verwaltungsvorlage für die nachfolgende Sitzung des Planungsausschusses am 9.7.2003 heißt es: Als Ergebnis der Erörterung seien die Standorte in Malsch, Ötigheim und Steinmauern entfallen und die drei Standorte in Rhein- stetten und Durmersheim optimiert und zusammengefasst worden, sodass zwei weitere Standorte entfielen. Insgesamt sind 14 Vorranggebiete für die Windkraftnutzung mit einer Fläche von 1.020 ha für ca. 76 Windkraftanlagen verblieben. Da die Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 12.3.2003 die Verwaltung beauftragt habe, Kriterien zu erarbeiten, die zu einer deutlichen Reduzierung der Zahl der Standorte führe, schlage die Verwaltung vor, einen Überlastungsschutz entsprechend der Empfindlichkeit des Landschaftsraumes von 3 km in der Rheinebene, von 4 km im Kraichgau sowie von 5 km im Schwarzwald als Schritt 7 in die Planungssystematik aufzunehmen. Zudem solle Baden-Baden auf Grund seiner hervorragenden Tourismus-, Kultur- und Medienfunktion in der Region Mittlerer Oberrhein und in ganz Baden-Württemberg einen Puffer von 5 km um den zentralen Tourismusbereich als Überlastungsschutz erhalten. Bei Anwendung dieses Planungsschrittes würden 9 Standorte für die Windkraftnutzung mit einer Fläche von ca. 535 ha für ca. 50 Windkraftanlagen verbleiben. Es würden die Standorte „Eulenberg“ und „Rotes Kreuz“ in Östringen, „Kornberg/Pfaffengrund“ im Kraichtal sowie „Steinberg“ und „Götzenbuckel“ in Baden-Baden entfallen. In seiner Sitzung vom 9.7.2003 beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners den Überlastungsschutz als weiteres Kriterium anzuwenden und leitete die dritte Anhörung mit 9 Standorten ein, die vom 10.7. bis 10.10.2003 stattfand. Einem Aktenvermerk über ein Arbeitsgespräch vom 29.10.2003 zwischen dem Landratsamt Rastatt und dem Antragsgegner ist zu entnehmen, dass man sich aus Sicht des Regionalverbandes mit den noch verbliebenen 9 Standorten im Grenzbereich zu einer Negativplanung befinde, währenddessen das Landratsamt noch einen Spielraum nach unten sah. Nach Auffassung des Regionalverbands sei das Vorkommen bestimmter Vogelarten nur als Verdacht geäußert worden, während in die Schlussabwägung nur belegbare und räumlich konkretisierte Aspekte einfließen dürften. Auch die starke Beeinträchtigung der charakteristischen Eigenart und Schönheit der Landschaft im Schwarzwald durch Windeenergieanlagen müsste nach Ansicht des Antragsgegners noch spezifiziert werden, denn grundsätzlich habe dieser die Erholung und das Landschaftsbild berücksichtigt, beschrieben und abgewogen.
Der Entwurf des Regionalplans, Stand November 2003, enthielt danach nur noch 7 Standorte, da die Standorte „Schwalster“ (Philippsburg) und „Neulang, Steinrott“ (Ottersweier-Unzhurst) zusätzlich aus Vogelschutzgründen weggefallen waren. Schließlich besichtigte der Planungsausschuss des Antragsgegners am 10.12.2003 die verbliebenen Potenzialflächen. In der Sitzungsvorlage für die nachfolgende Sitzung des Planungsausschuss ist zusammenfassend ausgeführt: Die Anhörungsergebnisse hätten eine Verkleinerung der Standorte Nr. 4 „Lange Herrenstücker“ (300 Puffer für den Erdbeerhof und Modifizierung grenzwertiger Teilflächen), Nr. 5 „Hohe Wanne/Mauzenberg“ (wegen Bodenschutzwald) und Nr. 6 „Hummelsberg/Webersberg“ (wegen erweiterten Immissionsschutzpuffers für den Siedlungssplitter Schmalbach/Baden-Baden) ergeben. Die in den Anhörungen vorgebrachten Bedenken zur Vogelschutzproblematik hätten zu einer Herausnahme der Standorte bei Philippsburg wegen der Probleme mit dem Vogelschutz auf der Rheinschanzinsel und bei Ottersweier zur Sicherung eines ausreichend großen Lebensraumverbunds für die Vogelwelt geführt. Es sind 7 Standorte mit einer Gesamtfläche von ca. 450 ha und 43 möglichen Referenzanlagen in der Region verblieben. In seiner Sitzung vom 21.1.2004 beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners zusätzlich die Standorte Nr. 3 „Nonnenberg/Hühnerbüschle“ (Kraichtal) wegen erheblicher Eingriffe in das Landschaftsbild, Nr. 4 „Lange Herrenstücker/ Buhlacher Eck/Leonharder Weg“ (Rheinstetten/Durmersheim) wegen zu geringem Windpotenzial im Verhältnis zu der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie Nr. 6 „Hummelsberg“ (Baden-Baden) und „Webersberg/Breitfeld“ (Gernsbach) wegen erheblicher Eingriffe in das Landschaftsbild zu streichen und beim Standort Nr. 5 das Gebiet „Mauzenberg/Hohe Wanne“ nicht als Doppelstandort, sondern als zwei getrennte Bereiche anzusehen und wegen des Eingriffs des Standorts „Mauzenberg“ in das Landschaftsbild dem Standort Hohe Wanne einen Überlastungsschutz von 5 km zu gewähren, wodurch die Teilfläche „Mauzenberg“ (Gaggenau) entfiel. Er empfahl der Verbandsversammlung, 4 Standorte als Satzung zu beschließen. In der Zeit vom 29.1. bis 10.2.2004 fand eine vierte Anhörung zu diesen vier Standorten statt, beschränkt auf die betroffenen Kommunen und Planungsträger. Für die Sitzung der Verbandsversammlung des Antragsgegners vom 11.2.2004 sah die Vorlage der Verwaltung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen, wiederum 7 Standorte vor. Dieser Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit, vielmehr billigte die Verbandsversammlung die am 21.1.2004 vom Planungsausschuss vorberatene Vorlage mit vier Standorten. Wegen der Befangenheit eines Mitglieds der Verbandsversammlung wurde eine erneute Beschlussfassung nötig, die mit gleichem Inhalt in der Sitzung vom 19.4.2004 erfolgte. Hierbei lag der Verbandsversammlung auch eine Tischvorlage zur Novellierung des EEG vor, wonach nach dem aktuellen Stand der Gesetzesnovelle die Standorte im Kraichgau und im Rheingraben durch die Förderung des EEG weiterhin wirtschaftlich zu betreiben seien.
Am 19.4.2004 beschloss die Verbandsversammlung die Teilfortschreibung des Kapitels 4.2.5. „Erneuerbare Energien“ des Regionalplans Mittlerer Oberrhein mit vier Vorrangstandorten, nämlich den Standorten „Armenberg“ (Östringen), „Kleisenberg, Neuenberg“ (Kraichtal/Östringen), „Hohe Wanne“ (Loffenau) und „Urberg“ (Baden-Baden) als Satzung. Auf der Gesamtfläche des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein mit 2.137 km² können danach auf ca. 200 ha Fläche 18 Anlagen errichtet werden.
Der Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ des Antragsgegners wurde vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg mit Bescheid vom 26.5.2004 gemäß § 13 Abs. 1 LplG i.d.F. vom 10.7.2003 (GBl. S. 385) genehmigt. Entsprechend § 13 Abs. 2 LplG wurde die Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg am 7.6.2004 bekannt gemacht.
Am 28.6.2004 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren mit dem Antrag eingeleitet,
10 
den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein vom 19.4.2004 für unwirksam zu erklären.
11 
Sie macht geltend: Der Teilregionalplan beruhe auf einer verfassungswidrigen Gesetzesgrundlage, sei außerdem verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und widerspreche im Hinblick darauf, was inhaltlich von der „Vorrangplanung“ übrig geblieben sei, den vom Bundesverwaltungsgericht in seinen zwei Urteilen für die Regionalplanung aufgestellten Grundsätzen, wonach eine gezielte (rein negative) Verhinderungsplanung dem Plangeber verwehrt sei, dieser die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren, zu beachten habe und deshalb für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen müsse.
12 
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei ihre Antragsbefugnis gegeben. Bei den mit den Gemeinden Loffenau und Gernsbach geschlossenen Verträgen handle es sich um die in der Planungspraxis üblichen Nutzungsverträge, die u.a. mit Rücktrittsklauseln versehen seien. Als nach Inkrafttreten des Regionalplans erkennbar gewesen sei, dass das Landratsamt Rastatt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung versagen werde, habe die Gemeinde Loffenau von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht, um dadurch den Weg für eine „kleine Lösung“ vorzubereiten, mit der die Elektrifizierung der Gaststätte „Teufelsmühle“ auf jeden Fall gewährleistet werden solle. Die Nutzung der Windkraft am Standort „Teufelsmühle“ werde also auch weiterhin von der Gemeinde Loffenau unterstützt. Es sei auch bereits abzusehen, dass die Gemeinde Loffenau sich zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrages zur Verwirklichung der sogenannten großen Lösung an der Teufelsmühle spätestens dann bereit finden werde, wenn der Teilregionalplan vor Gericht keinen Bestand haben sollte. Im Übrigen habe der Nutzungsvertrag mit der Stadt Gernsbach weiterhin Bestand.
13 
§ 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs. LplG n.F. sei verfassungswidrig, weil Festsetzungen von Vorbehaltsgebieten bei regionalbedeutsamen Windkraftanlagen ausdrücklich ausgeschlossen seien. Diese „Schwarz-Weiß-Planung“ entspreche nicht mehr den differenzierten Anforderungen an die Zulässigkeit von Flächennutzungen im dicht besiedelten Mitteleuropa. Gegenüber den grundrechtlich durch Art. 12 und 14 GG geschützten Betreiberinteressen sowie gegenüber der durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten gemeindlichen Planungshoheit werde dem Landschaftsschutz durch diese rigide Regelung ein unverhältnismäßiger Vorrang gegenüber der regenerativen Energiegewinnung ungeachtet des Umstands eingeräumt, dass diese nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F. bzw. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. im Außenbereich privilegiert zulässig und ihre Wirtschaftlichkeit allein an windhöffigen Standorten gewährleistet sei. Dem Widerspruch zum rechtsstaatlichen Übermaßverbot könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Gebiete der Zulassung einer regionalbedeutsamen Windkraftanlage nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) „in der Regel“ entgegenstehe und die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet sei. Selbst wenn Vorbehaltsgebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine geringere Steuerungskraft entfalteten und dementsprechend bei der Bilanzierung von Positiv- und Negativflächen nicht ohne weiteres als Positivausweisung zu werten seien, seien sie in differenzierterem Maße als die reine „Schwarz-Weiß-Planung“ geeignet, den Nutzungsinteressen der Betreiber von Windenergieanlagen, der ökologischen bzw. privilegierten Zielsetzung sowie schließlich der gemeindlichen Planungshoheit zu entsprechen.
14 
Außerdem sei der Beschluss der Verbandsversammlung vom 19.4.2004 verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil die vierte Anhörung nur auf die betroffenen Kommunen und Planungsträger beschränkt worden und hinsichtlich dieser eingeschränkten Anhörung auch keine Beschlussfassung seitens des Planungsausschusses erfolgt sei, sondern direkt die Verbandsversammlung darüber befunden habe. Die nachträgliche Reduzierung der Vorrangstandorte um mehr als 50 % gegenüber der dritten Anhörung bzw. um nahezu 50 % gegenüber dem Vorschlag der Verwaltung stelle eine erhebliche Änderung der Planung dar, die auch in Ansehung des § 9 Abs. 3 LplG a.F. eine erneute Anhörung aller betroffenen Träger öffentlicher Belange erforderlich gemacht hätte. Eine erneute umfassende Anhörung sei nicht nur wegen der Halbierung der Vorrangstandorte, sondern auch deshalb nötig gewesen, weil sich nunmehr tatsächlich die Frage der Sinnhaftigkeit der Planung überhaupt und die Frage, ob eine unzulässige Negativplanung vorliege, gestellt hätten. Aus den gleichen Gründen hätte darüber hinaus erneut eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne des § 12 Abs. 3 LplG n.F. stattfinden müssen. Zwar räume Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205, berichtigt S. 320) die Befugnis ein, das Verfahren zur Fortschreibung des Regionalplans noch bis zum 19.5.2004 nach altem Recht, also grundsätzlich ohne zwingende Öffentlichkeitsbeteiligung fortzuführen. Da der Antragsgegner jedoch bereits die zweite und dritte Anhörung im Jahre 2003 freiwillig im Vorgriff auf die Neufassung des Landesplanungsgesetzes unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt habe, hätte es die Amtspflicht zu konsequentem, widerspruchsfreiem Verhalten und die sich daraus ergebende Selbstbindung, auf diesem Wege fortzufahren, geboten, auch bei entsprechenden wesentlichen Änderungen der Planung eine weitere Offenlage auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Dieser formelle Mangel sei weder unbeachtlich noch sei nach § 5 LplG n.F. eine Heilung vorgesehen. Auch beruhe der Satzungsbeschluss auf diesem Mangel, denn ein Absehen vom Satzungsbeschluss oder zumindest seine Modifizierung habe nicht ausgeschlossen werden können.
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Schließlich stelle der Regionalplan eine mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr zu vereinbarende Negativplanung dar. Von den ursprünglich 19 Vorrangstandorten, die mit dem im Jahre 2001 begonnenen Suchlauf ermittelt worden waren, seien nur 4 übrig geblieben. Hinzu komme, dass die Gemeinde Östringen, auf deren Gemarkung zwei der vorgesehenen Vorranggebiete lägen, nicht zuletzt mangels hinreichender Windhöffigkeit grundsätzlich die Regionalplanung ablehne und deshalb einen entsprechenden Normenkontrollantrag gestellt habe. Die beiden verbliebenen Standorte „Hohe Wanne“ bei Loffenau und „Urberg“ bei Baden-Baden stünden interessierten Betreibern nicht zur Verfügung, da sie sich im kommunalen Eigentum befänden; die Gemeinde Loffenau habe den Standort „Hohe Wanne“ als „Pseudostandort“ bezeichnet. Sie sei keinesfalls gewillt, die dortigen Flächen zur Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen, sondern favorisiere den Standort „Teufelsmühle“. Die Stadt Baden-Baden habe den Standort „Urberg“ nur aus Gründen der regionalen Solidarität in dem Wissen akzeptiert, dass sie auf Grund ihres dortigen kommunalen Eigentums die Ausnutzung dieses Vorrangstandorts von vornherein unterbinden könne. Die Reduzierung der Standorte habe nicht auf der Auswertung der den jeweiligen Planungsvarianten zugrunde gelegten Suchkriterien beruht, sondern sei ausschließlich aus politischen Gründen erfolgt. So seien der Mehrheitsfraktion in der Verbandsversammlung die „19 Standorte zu viel“ gewesen und die Verwaltung sei in der Sitzung der Verbandsversammlung am 12.3.2003 beauftragt worden, Kriterien zu erarbeiten, die zu einer deutlichen Reduzierung führe. Im weiteren Verlauf der Beratung auf der Grundlage von 9 Standorten, nach Streichung von zwei Standorten aus Vogelschutzgründen, habe trotz des Umstandes, dass die verbliebenen 7 Standorte sämtliche Kriterien des „verschärften“ Kriterienkatalogs erfüllten, wiederum die Mehrheitsfraktion in der Verbandsversammlung bzw. im Planungsausschuss aus Gründen der Landschaftsästhetik die Herausnahme von drei weiteren Standorten und die flächenmäßige Reduzierung eines weiteren Standorts durchgesetzt. Die Planung sei hier nicht durch Abwägungsoffenheit, sondern durch eine ganz bestimmte Richtung bzw. durch eine ganz bestimmte zahlenmäßige Vorgabe vorgeprägt gewesen, so dass ihr der Mangel des Abwägungsdefizits gewissermaßen auf die Stirn geschrieben sei.
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Darüber hinaus sei der Teilregionalplan abwägungsfehlerhaft, weil er noch schnell vor Inkrafttreten des EEG 2004 verabschiedet worden sei. Zwar habe der Verbandsversammlung zu der Sitzung am 19.4.2004 eine Tischvorlage vorgelegen, mit der sie von der Verwaltung kurz darüber informiert worden sei, dass die Standorte im Kraichgau und im Rheingraben nach dem aktuellen Stand der Novelle zum EEG weiterhin wirtschaftlich zu betreiben seien. Nach Durchführung des Vermittlungsverfahrens sei das EEG 2004 am 21.7.2004 jedoch schließlich wieder mit der Maßgabe endgültig vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden, dass Strom aus Anlagen, die nicht mindestens 60 % des sog. Referenzertrages erzielen könnten, von den Netzbetreibern künftig nicht mehr vergütet werden müssten (vgl. § 10 Abs. 4 EEG 2004). Nach § 21 Abs. 4 EEG 2004 gelte diese Regelung für Anlagen die nach dem 31.7.2005 in Betrieb genommen würden. Damit sei unbestritten, dass die auf der Gemarkung Östringen/Kraichtal vorgesehenen Windkraftanlagen mangels hinreichender Windgeschwindigkeit einen entsprechenden Mindestprozentsatz des Referenzertrages nicht erzielen könnten und deshalb vollkommen unwirtschaftlich seien. Der Satzungsgeber könne sich auch nicht auf den Rechtsgedanken des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB berufen, wonach für die Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung maßgebend sei, denn diese entbinde ihn nicht davon, absehbare Entwicklungen abwägend in den Blick zu nehmen. Vorliegend hätte nämlich ganz und gar nicht ausgeschlossen werden können, dass im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat der ursprünglich schon einmal vorgesehene Ausschluss der Vergütung von windschwachen Standorten im Binnenland doch noch Gesetz werden könne. Ein Abwägungsmangel liege auch darin, dass der Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen sei, obwohl er sich nachweislich in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Konfliktpotenzial im Vergleich zu den in Betracht gezogenen Standorten regelrecht aufgedrängt habe bzw. hätte aufdrängen müssen und sich darüber hinaus die betroffenen Gemeinden für eine Verwirklichung des Projekts eingesetzt hätten. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Abwägungsoffenheit sei bei der Ausweisung entsprechender Vorranggebiete bereits im Ansatz nicht gegeben gewesen. Dieses Defizit lasse sich auch nicht mit dem Argument des „großen, unzerschnittenen Raums mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ im Nordschwarzwald rechtfertigen. Dieses Kriterium möge für die Beurteilung der Landschaftsbild-Verträglichkeit von linienhaften Zerschneidungen der Landschaft durch Verkehrsinfrastruktureinrichtungen ein relevantes Kriterium sein. Für die Beurteilung, ob sich punktuelle Flächenbeanspruchungen durch Windenergieanlagen als Verunstaltung des Landschaftsbildes darstellen, gebe der „große unzerschnittene Raum“ demgegenüber gar nichts oder wenig her. Jedenfalls aber wirkten sich entsprechende Einrichtungen auf den „großen, unzerschnittenen Raum“ bei wertender Betrachtungsweise so wenig aus, dass dieser nicht von vornherein zu einem Ausschlusskriterium bei der Beurteilung der Landschaftsbild-Verträglichkeit von Windenergieanlagen hätte gemacht werden dürfen. Auch das Argument, große technische Anlagen mit erheblicher Geräuschentwicklung an exponierten Lagen zerstörten weiträumig den Naturgenuss könne schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil sich nicht nur die Lärm-, sondern auch die Lichtimmissionen (Schattenwurf) der von der Antragstellerin geplanten Anlagen innerhalb der hier zu beachtenden Toleranzen halten würden und immissionsschutzrechtlich nicht zu beanstanden seien. Im Übrigen belaste derzeit am Standort „Teufelsmühle“ der Betrieb von Dieselgeneratoren zur Stromversorgung des dortigen Gasthauses nicht nur die Umwelt, sondern auch Erholungssuchende. Auch sei nicht zutreffend, dass das Landschaftsbild auf unabsehbare Zeit und weiträumig beeinträchtigt sei, denn die Betriebs- bzw. Vertragslaufzeit von Windenergieanlagen betrage regelmäßig höchstens 25 Jahre. Danach könnten und müssten diese Anlagen vollständig abgebaut werden.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
19 
Er erwidert: Der Antrag sei bereits wegen fehlender Antragsbefugnis als unzulässig abzuweisen. In den letzten Jahren sei zwar verstärkt eine Antragsbefugnis von Bürgern bei fachgesetzlichen Regelungen nach § 4 Abs. 5 ROG bejaht worden, die über die regelmäßigen Bindungswirkungen nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 ROG hinausgingen. Als Grund hierfür seien die Auswirkungen auf das Eigentumsrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genannt worden. Zweifelhaft sei aber nach wie vor, ob lediglich obligatorisch Berechtigte eine Antragsbefugnis besitzen würden. Selbst bei einer rechtsschutzintensiveren Auffassung sei aber höchst fraglich, ob die Antragstellerin die für eine Antragstellung notwendig gesicherte Position innehabe, denn sie besitze lediglich Optionspachtverträge, die von dem Grundstückseigentümer jederzeit kündbar seien. Die Gemeinde Loffenau habe zudem ihr Rücktrittsrecht am 22.7.2004 ausgeübt.
20 
§ 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs. LplG n.F. sei nicht verfassungswidrig. Mit § 11 LplG n.F. (vormals gleichlautend: § 8) und der Anordnung in Art. 4 Abs. 3 des Artikelgesetzes vom 8.5.2003, unverzüglich die erforderlichen Regionalplanverfahren einzuleiten, habe der Gesetzgeber durch diese Planungspflicht in der Kombination Vorrang-/Ausschlussgebiet einer „ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung“ der Windenergie entgegenwirken wollen, so die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 13/1883, S. 35). Auf diese Weise habe das Parlament die „raumordnerische Erforderlichkeit“ im Landesplanungsgesetz selbst festgelegt. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 12, 14 GG oder in die kommunale Planungshoheit sei damit nicht verbunden. Im Außenbereich sei die Baufreiheit erheblich beschränkt, und die Privilegierung der Windkraftnutzung sei von Anfang an mit einem Planungsvorbehalt verbunden worden. Ohnehin sehe § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur eine Regel-Ausschlusswirkung vor. Durch die Steuerung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen im Außenbereich werde der Kernbereich der durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Planungshoheit nicht berührt. Den Kommunen blieben noch substanzielle Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Wegen der weit über die Gemeinde hinausreichenden Auswirkungen stehe die Windkraftplanung eher am Rande der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und damit am Rande des Normbereichs von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Auf der anderen Seite gebe es überörtliche Interessen von bedeutenderem Gewicht. Dazu gehörten der großräumige Landschaftsschutz, die Gestaltung, Gliederung und generelle Entwicklung der Siedlungs- und Freiraumstruktur, die Investitionssicherheit für die Betreiber, der übergemeindliche Abstimmungsbedarf und die Ausweisung von Ausschlussgebieten über das gesamte Gemeindegebiet hinweg, die nur die Regionalplanung angemessen berücksichtigen könne. Im Gegenzug könnten die Gemeinden nach dem sogenannten Gegenstromprinzip ein wirkungsvolles Beteiligungsrecht und die Berücksichtigung ihrer Interessen bei der Erarbeitung der Raumordnungsziele verlangen. Außerdem verbliebe den Gemeinden die Steuerung nicht regionalbedeutsamer Windkraftanlagen und die Konkretisierung der raumordnerischen Vorgaben im Rahmen des Anpassungsgebots des § 1 Abs. 4 BauGB.
21 
Dem Antragsgegner sei kein Verfahrensfehler unterlaufen, denn er habe die Übergangsregelung in Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des LplG und anderer Gesetze genutzt, wonach laufende Regionalplanänderungen nach dem bisherigen Recht weitergeführt werden könnten, wenn sie innerhalb eines Jahres abgeschlossen würden. Das Änderungsverfahren für den Teilregionalplan sei mit dem Satzungsbeschluss vom 19.4.2004 und damit noch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist (20.5.2004: Inkrafttreten des Gesetzes) abgeschlossen worden. Die Beteiligung habe sich deshalb nach § 9 Abs. 2 LplG 1992 i.d.F. vom 8.4.1992 mit letzter Änderung durch das Regionen-Weiterentwicklungsgesetz vom 14.3.2001 gerichtet. Dort sei nur eine Beteiligung der berührten Träger öffentlicher Belange und keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Aus Kulanzgründen und wegen der intensiven Zusammenarbeit seien auch noch die Antragstellerin und die Firma p. einbezogen worden. Im Übrigen sei eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nach dem Grundsatz der Planerhaltung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LplG 2003 unerheblich, wenn sie ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sei. Bei der Kausalitätsbetrachtung könnten die Grundsätze zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB herangezogen werden, wonach eine konkrete Möglichkeit notwendig sei, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Davon könne nicht ausgegangen werden. Ein formeller Offenlagebeschluss sei von dem Planungsausschuss in seiner Sitzung vom 21.1.2004 nicht gefasst worden, was auch nicht durch § 9 LplG 1992 geboten gewesen sei.
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Der Teilregionalplan halte sich außerdem innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht in drei Grundsatzentscheidungen gezogenen Grenzen und stelle keine Negativplanung dar. Er basiere auf einer regionsweiten und ausgefeilten planerischen Systematik, die sich in sieben Stufen zu einer Entscheidung verdichtet habe. Besonderen Wert habe der Plangeber auf den großräumigen Landschaftsschutz (Schritt 2 der Suchmethodik) gelegt. Denn große unzerschnittene Räume, d.h. Bereiche mit mehr als 100 km² unzerschnittener Fläche, mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung, in die auch der Standort „Teufelsmühle“ falle, seien in Baden-Württemberg äußerst selten. Deshalb hätten sie Eingang in den Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 gefunden. Diese Bereiche habe die Region für die naturgebundene stille Erholung vorgesehen. Große technische Anlagen mit erheblicher Geräuschentwicklung an exponierten Lagen zerstörten weiträumig den Naturgenuss. Aus diesem Grunde sei der Standort „Teufelsmühle“ trotz wiederholter Anläufe stets abgelehnt worden. Auch die Reduzierung der Vorrangstandorte in der Endphase der Planung von 7 auf 4 bei weiterer Beschränkung des Standorts „Hohe Wanne, Mauzenberg“ habe sich innerhalb der einheitlichen Planungssystematik bewegt. Die Standorte seien nicht einfach „politisch“ entfallen, sondern auf Grund einer eingehenden Einzelfallbetrachtung planerisch korrekt ausgesondert worden. Der Abstimmung sei eine ganztätige Bereisung und Besichtigung der Potenzialflächen durch den Planungsausschuss am 10.12.2003 vorausgegangen. Danach sei der Standort Nr. 3 „Nonnenberg/Hühnerbüschle“ im Kraichtal wegen eines Eingriffs in das Landschaftsbild, der Standort Nr. 4 „Lange Herrenstücker/ Buhlacher Eck/Leonharder Weg“ in Durmersheim/Rheinstetten wegen zu geringen Windpotenzials im Verhältnis zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Standort Nr. 6 „Hummelsberg“ in Baden-Baden sowie „Webersberg/Breitfeld“ in Gernsbach wegen eines Eingriffs in das Landschaftsbild ausgeschieden worden. Außerdem sei bei dem Standort Nr. 5 der Bereich „Mauzenberg“ und „Hohe Wanne“ als getrennter Doppelstandort angesehen und wegen des Eingriffs am Standort „Mauzenberg“ in das Landschaftsbild und des Kriteriums „Überlastungsschutz" dem Standort „Hohe Wanne“ der Vorrang eingeräumt worden. Schließlich dürften bei der Beurteilung, ob die Windkraft im Planungsraum eine substanzielle Chance erhalten habe, die Besonderheiten des Plangebiets nicht außer Betracht gelassen werden. So sei die Region Mittlerer Oberrhein gekennzeichnet durch eine kleine Fläche und eine hohe Bevölkerungsdichte. Zudem enthalte er viele Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete. Besonders die windhöffigen Schwarzwaldhöhen seien an vielen Stellen mit Schutzgebieten belegt.
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Die verbliebenen 4 Standorte seien auch keine vorgeschützten „Pseudoflächen“, denn rechtliche Hindernisse stünden einer Bebauung nicht entgegen. Soweit die Standorte in Landschaftsschutzgebieten lägen, sei im Einvernehmen mit den zuständigen Naturschutzbehörden die objektive Befreiungslage festgestellt worden. Die Planung sei ohne Berücksichtigung der zivilrechtlichen Grundstückssituation durchgeführt worden, denn nur auf diese Weise lasse sich der geforderte regionsweite und flächendeckende Ansatz realisieren. Der Regionalverband habe aber die Umsetzungsproblematik gesehen und bewältigt, indem er ca. 2 bis 3 Jahre nach Planerlass eine Zwischenbilanz und eine planerische Nachsteuerung unter den dann vorliegenden Rahmenbedingungen vorgesehen habe. Daneben habe der Normgeber die aktuellen Entwicklungen zur Novellierung des EEG stets beobachtet. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 19.4.2004 habe die Beurteilung des weiteren Fortgangs der EEG-Novelle in den Bereich der Vorhersage gehört. Ein Zuwarten auf eine Beruhigung der Situation hätte den Abschluss des Verfahrens unabsehbar verzögert. Auch die bereits abgelaufene Umsetzungsfrist der EG-Richtlinie 2001/77 ändere daran nichts, denn die Bundesrepublik Deutschland habe schon mehrfach EG-Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt. Die nunmehr Gesetz gewordene Regelung des § 10 EEG, wonach Anlagen, die nicht mindestens 60 % der Referenzmenge Strom erzeugten, nicht mehr in den Genuss der Garantievergütung kämen, werde erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Windfarmen besitzen. Deshalb habe der Planungsausschuss des Antragsgegners mit Beschluss vom 10.11.2004 die Verwaltung mit der Untersuchung der Auswirkungen der Kappungsgrenze auf die Wirtschaftlichkeit der Vorrangstandorte im Plangebiet beauftragt. Der Normgeber habe die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Regelungsgegenstands im Blick; für eine abgewogene planerische Nachsteuerung bleibe ein angemessener Zeitraum.
24 
In der mündlichen Verhandlung ist ein Mitarbeiter der Landesanstalt für Umweltschutz als amtliche Auskunftsperson zur Bedeutung der im Landesentwicklungsplan aufgeführten „unzerschnittenen Räume mit hohem Wald- und Biotopanteil mit einer Größe von über 100 km²“ angehört worden.
25 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Antragsgegners (19 Aktenordner) und der Landesentwicklungsplan 2002 sowie die Akten des Verfahrens des VGH Bad.-Württ. 5 S 2124/04 vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Akten und die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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1. Der - fristgerecht erhobene - Antrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Der Regionalplan wurde gemäß § 12 Abs. 7 LplG n.F. als Satzung beschlossen und durch die Veröffentlichung der Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg verbindlich (§ 13 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LplG n.F.). In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind und vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können (BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6/03 -, BVerwGE 119, 217 - 229) und dass ihnen nicht mangels Außenwirksamkeit Rechtssatzcharakter abgesprochen werden kann. Ziele der Raumordnung besitzen zwar grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung gegenüber Privaten; ihr Geltungsanspruch richtet sich an öffentliche Planungsträger und Personen des Privatrechts, die raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vornehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 ROG 1998). Durch die Neufassung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB haben die raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen indessen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Der Gesetzgeber verleiht ihnen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen und damit auch Rechtswirkung gegenüber Privaten entfalten. Das steht im Einklang mit § 4 Abs. 5 ROG 1998, wonach weitergehende Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung auf Grund von Fachgesetzen unberührt bleiben, und wirkt sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm aus (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162).
28 
2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist hier der Fall. Die Antragsbefugnis ist in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.6.2003, BauR 2003, 1696 - 1701). Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 26.11.2002, Sächs.VBl. 2003, 84 - 92 unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.5.1994, NVwZ 1995, 264). Denn in einem solchen Fall gehören die Betriebsinteressen zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans und kann deshalb ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein (BVerwG, Urteil vom 5.11.1999, BVerwGE 110, 36 - 40; BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, NVwZ 1999, 592 = BVerwGE 107, 215). Hinsichtlich des Windfarmvorhabens „Teufelsmühle“, das nach der Regionalplanung im Ausschlussgebiet liegt, hat die Antragstellerin in Kooperation mit der Firma p. mit der Stadt Gernsbach am 26.5.2003 und mit der Gemeinde Loffenau am 12.5.2003 einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren geschlossen. Davon abgesehen, dass der Pachtvertrag zur Nutzung der Flächen auf Gernsbacher Gemarkung für die Errichtung von Windenergieanlagen, die den Raumordnungszielen des angefochtenen Regionalplans widersprechen würden, nach wie vor Bestand hat und deshalb schon aus diesem Grunde die Antragsbefugnis gegeben ist, ist es auch unschädlich, dass die Gemeinde Loffenau entsprechend des Beschlusses des Gemeinderats vom 20.7.2004 mittlerweile vom Vertrag zurückgetreten ist. Denn zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 19.4.2004 hätten die Interessen der Antragstellerin auch im Hinblick auf die Standorte in der Gemeinde Loffenau als abwägungsbeachtlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden müssen, woraus sich auch in Bezug auf diese Standorte ihre Antragsbefugnis ergibt.
29 
3. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Zum Einen ist es nach ihrem Vortrag im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Widerspruchsschreiben vom 5.10.2004 nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde Loffenau zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrags bereit ist, sollte es der Antragstellerin gelingen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erstreiten. Zum Anderen haben die Betreiberfirmen auch ein Interesse an der Verwirklichung der drei auf Gernsbacher Gemarkung geplanten Windkraftanlagen dargetan.
30 
II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Teilregionalplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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1. Unschädlich ist, dass die 4. Anhörung nicht durch Beschluss des Planungsausschusses oder der Verbandsversammlung eingeleitet, sondern von der Verwaltung veranlasst wurde. Denn das Landesplanungsgesetz enthält keine Vorschrift darüber, wer das Anhörungsverfahren einzuleiten hat.
32 
Verfahrensfehlerhaft ist indessen, dass der Antragsgegner die 4. Anhörung nur noch beschränkt auf die durch die Änderung betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Firma p. und damit nicht entsprechend § 12 Abs. 3 LplG i.d.F. vom 10.7.2003, zuletzt geändert am 14.12.2004 - n.F. - durchgeführt hat. Diese Vorschrift, nach der eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist nach Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205 und 213; Berichtigung S. 320) auf den angefochtenen Regionalplan bereits anzuwenden. Danach können bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderungen eines Regionalplans nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt werden. Sie sind innerhalb eines Jahres, beginnend am 20.5.2003, abzuschließen. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners hat zwar den Regionalplan am 19.4.2004 und damit noch vor Ablauf eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes n.F. als Satzung beschlossen. Ein Verfahren ist indessen erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, nämlich hier mit der Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB zu § 244 RdNr. 23).
33 
Hätte danach eine umfassende, den Anforderungen des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, so ist dieser Verfahrensfehler jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 LplG n.F. unbeachtlich. Denn nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit eines Regionalplans unerheblich, wenn die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. Diese Verknüpfung von Verfahrensvorschriften mit der Abwägung ist in dieser Form neu und den Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches fremd. Vorliegend kann indessen offen bleiben, ob auch für die Regionalplanung die im Baurecht entwickelten Grundsätze Anwendung finden, d.h. ob diese nur dann zur Unwirksamkeit des Planes führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Ergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Denn es sprechen folgende Gründe dafür, dass die nicht der Vorschrift des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Abwägungsergebnis ohne Folgen war: Zum Einen hat der Antragsgegner bei der 4. Anhörung eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht völlig unterlassen, sondern die betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Betreiberfirma p. angehört. Zum Anderen ist anläßlich der 2. und 3. Anhörung eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, bei der zahlreiche Einwendungen eingegangen sind. Zwar wurde vor der 4. Anhörung die Zahl der vorgesehenen Vorrangstandorte noch einmal nahezu halbiert, jedoch ist nicht erkennbar, was hierzu seitens einer zu beteiligenden Öffentlichkeit noch hätte vorgetragen werden können, das nicht schon Gegenstand der Erörterungen gewesen war. Vor allem ist davon auszugehen, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners trotz weiterer Stellungnahmen seitens einer etwa beteiligten Öffentlichkeit an der vorgesehenen Reduktion der Vorrangstandorte festgehalten hätte. Denn die Verbandsversammlung war mehrheitlich ersichtlich zur Reduktion der Vorrangstandorte fest entschlossen, was allein der Umstand zeigt, dass sie entgegen der Vorlage der eigenen Verwaltung und trotz deren Warnung, die Grenze zur Negativplanung nicht zu überschreiten, an ihrem letztlich beschlossenen Konzept festgehalten hat.
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2. Der Regionalplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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a.) Maßgebliche Rechtsgrundlage ist vorliegend § 11 Abs. 3 LplG n.F.. Dort heißt es: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur, zur anzustrebenden Freiraumstruktur und zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region. Dazu sind im Regionalplan nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG n.F. Standorte und Trassen für Infrastrukturvorhaben, insbesondere Gebiete für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen festzulegen. Nach § 11 Abs. 7 kann der Regionalplan diese Festlegungen grundsätzlich in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten treffen; Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 müssen indessen als Vorranggebiete, die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festgelegt werden, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. (gleichlautend: § 8 Abs. 3 Ziff. 11 LplG a.F.) für die Festlegung von „Zielen mit negativ-planerischer Funktion“ bedarf es, denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vermag die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung zur Festlegung von Konzentrationsflächen nicht zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003, NVwZ 2003, 738).
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b.) Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2.HS LplG n.F., die den Regionalverbänden die Verpflichtung auferlegt, im Hinblick auf die Festlegung von Standorten für die Windenergienutzung nur Vorranggebiete und Ausschlussgebiete und keine Vorbehaltsgebiete festzulegen, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verfassungswidrig. Die Ausweisung von Vorbehalts- und Ausschlussgebieten hat zur Folge, dass sowohl für betroffene Gemeinden als auch für Private verbindliche Festlegungen getroffen werden. Zweifelsohne wird mit der Ausweisung der Standorte für die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. genannten Vorhaben in die zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehörende Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eingegriffen, da die Gemeinden durch § 4 Abs. 1 LplG n.F., § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet sind, diese Ausweisung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen. Das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, steht den Gemeinden jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Seine nähere Ausgestaltung ist daher dem Gesetzgeber überlassen. Gesetzlichen Eingriffen sind allerdings Grenzen gesetzt: Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107, 119 f.; Beschluss vom 7.10.1980 - 2 BvR 584/76 -, BVerfGE 56, 298, 313 f.; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -).
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Ob und inwieweit die Planungshoheit zu dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.6.1987, a.a.O., S. 118 f.; Beschluss v. 7.10.1980, a.a.O., S. 312 f.; ebenso VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.). Auch vorliegend kann diese Frage offen bleiben, denn ein etwaiger mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundener Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 191). Insgesamt beurteilen sich danach die Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie - im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
38 
Die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2. HS LplG n.F. getroffene Regel beachtet diese Grundsätze. Der mit ihr verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Ausweislich der Begründung zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes (LT-Drs. 13/1883) sollte mit dem Gesetz der Anpassungsverpflichtung des § 22 ROG 1998 nachgekommen und eine Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes erreicht werden. Die Begründung zu der Neufassung des § 8, jetzt § 11 LplG n.F., lautet dementsprechend, dass die Neufassung zur Anpassung der bisherigen Regelung an § 7 ROG erfolgt. In dieser Bestimmung enthalte das Rahmenrecht des Bundes erstmals Vorgaben für den Inhalt insbesondere der Regionalpläne. Die Neufassung bringe keine Erweiterung der regionalen Planungskompetenz über die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes hinaus. Sie schaffe im Wesentlichen nur die konkretisierte Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kompetenz für die Festlegung von Standorten für Infrastrukturvorhaben sei die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von besonderer Bedeutung. Die Kompetenz zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen sei nach Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 ROG unlösbar mit der Verpflichtung verbunden, regionsweit flächendeckend die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen unzulässig seien. Seien die Voraussetzungen der Raumbedeutsamkeit zu bejahen, seien in der Regel Standortfestlegungen des Regionalplans für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich. Durch die Verpflichtung zur kombinierten Festlegung könnten die Regionalverbände einer ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung der Windenergie entgegenwirken. Für die Standorte von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen sei die Kombination von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch diese Kombination werde bei der Nutzung der Windenergie erreicht, dass in allen Regionen auf Grund einer regionsweiten Prüfung die Standorte festgelegt würden, in denen eine vor allem landschaftsverträgliche Nutzung der Windenergie möglich sei, und zugleich die Gebiete bestimmt wurden, in denen die Aufstellung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen unzulässig sei. Durch die regionsweite flächendeckende Standortplanung werde ein einheitliches Konzept verwirklicht und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft vermieden (LT-Drs. 13/1883, S. 35/36).
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Diese Erwägungen rechtfertigen die Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Belange der Gemeinden werden dadurch hinreichend gewahrt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. vor der gebietsscharfen Ausweisung eines Standortes für ein regionalbedeutsames Vorhaben zu einer umfassenden Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange verpflichtet, soweit diese Ausweisung für nachfolgende Planungsentscheidungen bindend ist (vgl. Runkel in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, § 3 RdNr. 56 ff., 74). Im Rahmen des so genannten Gegenstromprinzips sind in dieser Abwägung auch die Vorstellungen der betroffenen Gemeinde über die Nutzung des für das Vorhaben vorgesehenen Bereichs zu berücksichtigen (vgl. die rahmenrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. verlangt dementsprechend, dass bei der Ausarbeitung der Regionalpläne außer den anderen Planungsträgern auch die Gemeinden und die übrigen Träger der Bauleitplanung zu beteiligen sind, soweit sie in ihren Aufgaben berührt sind. Hierdurch wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die Regionalplanung Einfluss zu nehmen und ihre eigenen Planungsvorstellungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 335 = PBauE § 1 Abs. 4 BauGB Nr. 1; vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.).
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Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen hat zum Einen überregionale Bedeutung, und wirkt sich auch außerhalb des Planungsgebiets einer Gemeinde aus. Zum Anderen hat bereits der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehen, dass auch der Regionalplanung das Recht eingeräumt wird, durch verbindliche Festlegungen mit Zielwirkung die Ausschlusswirkung für das übrige Plangebiet zu bewirken. Da diese Wirkung durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten nicht erreicht werden kann, kann es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, von vornherein den Regionalverbänden die Aufgabe zuzuweisen, bei ihrer Planung nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen. Im Übrigen zeigt auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Regionalplänen, in denen Vorbehalts-, Vorrang- und Ausschlussgebiete festgelegt wurden, die Schwierigkeiten auf, in diesen Fällen die Frage zu beurteilen, ob in dem entsprechenden Planungsraum der Windkraft die von der Rechtsprechung geforderte Chance eingeräumt wurde und Standorte ausgewiesen wurden, die substanziell von einigem Gewicht sind. Im Übrigen werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. lediglich raumbedeutsame Anlagen erfasst. Für sonstige Anlagen verbleibt es bei der Planungshoheit der Gemeinde.
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Auch im Hinblick auf Art. 12 und 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 17.12.2002 und 13.3.2003 (4 C 15.01, NVwZ 2003, 733 und 4 C 4.02, NVwZ 2003, 738) bereits festgehalten, dass der Gesetzgeber den raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplanung) erkennbar und von Bedeutung sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG 1998). Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer von zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigen den Planungsträger allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 100, 226<242 f.>). Die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Vorranggebiete steht einem gebietsexternen Windenergievorhaben überdies nicht strikt und unabdingbar, sondern nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) "in der Regel" entgegen. Der Planungsvorbehalt steht also unter einem gesetzlichen "Ausnahmevorbehalt", der die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.) Dieser "Ausnahmevorbehalt" stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden. Diese Grundsätze berechtigen auch vorliegend den Landesgesetzgeber, den Regionalverbänden die Pflicht zur Planung aufzuerlegen mit der Vorgabe, nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen.
42 
c.) Die Festlegung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung als Ziele der Raumordnung genügt auch dem für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005 - 4 BN 1.05 -; vgl. auch BVerwGE 118, 181 <187, 189>, Gaentzsch, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 1 RdNr. 32, 35; Gierke/Brügelmann, BauGB, § 1 RdNr. 381). Zu § 1 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall aufgerichtet habe, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweise, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist. Anders als Bauleitpläne müssen Ziele der Raumordnung nicht aus städtebaulichen Gründen (§ 1 Abs. 3 BauGB), sondern aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Auch ihnen fehlt jedoch die Erforderlichkeit, wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005, a.a.O.).
43 
aa) Aus tatsächlichen Gründen muss die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für die Standorte Nr. 1 „Armenberg“ (Östringen) und Nr. 2 „Pfaffengrund“ (Kraichtal) mit einer Windgeschwindigkeit von jeweils 4,2 m/sec. und damit einer ausreichenden Windgeschwindigkeit zu rechnen. Auf nachfolgende Entwicklungen kommt es jedenfalls im Hinblick auf die Erforderlichkeit, vergleichbar der Erforderlichkeit für Bebauungspläne nach § 1 Abs. 3 BauGB, nicht an.
44 
bb) Ein rechtliches Hindernis steht den festgelegten Vorrangflächen nicht entgegen, obwohl diese zum Teil in Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten liegen. Denn von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf der Plangeber dies im Rahmen der Prognose, vergleichbar der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung, berücksichtigen. Ein gewichtiges Indiz bildet hierfür die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Vorliegend hat der Antragsgegner für die in Betracht kommenden Vorbehaltsgebiete jeweils eine entsprechende Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde eingeholt.
45 
d.) Die windenergiebezogene Teilfortschreibung des angefochtenen Regionalplans erfüllt auch die rechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) aufgestellt hat.
46 
Danach bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen „Negativplanung“ entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Dabei kann die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung aus Sicht des Regionalplans, welcher der großräumigen Entwicklung verpflichtet ist, gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum zu steuern. Eine "Verhinderungsplanung" liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
47 
Dabei sind Abwägungen bei der Erstellung von Raumordnungsplänen an ähnlichen Maßstäben zu messen wie Abwägungen in der Bauleitplanung. Es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die betroffenen gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob ein Plansatz strikte Bindungswirkung haben wird oder ob bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind. Eine solche strikte Bindung kommt insbesondere für die Negativwirkung von Raumordnungszielen über § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BauGB in Betracht (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162). Dies bedeutet, dass das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial je nach Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung in unterschiedlichem Maße einzelne Belange zusammenfassend und vergröbert darstellen darf. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bei einer abschließenden konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung, die für die Fachplanung verbindliche Ausschlusswirkungen hervorruft, die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst sich den Anforderungen an die Abwägung bei Fachplanungen annähert. Das Maß der Abwägung muss daher für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen jeweils konkret ermittelt werden (OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, a.a.O.). § 3 Nr. 2 ROG n.F. enthält eine Definition der Ziele der Raumordnung, wonach es sich dabei um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Die Festlegung der Vorrangstandorte und der Ausschlussgebiete im angefochtenen Raumordnungsplan sind daher Ziele der Raumordnung in dem Sinne, dass damit verbindlich Standortentscheidungen getroffen werden, welche die Fachbehörde binden und dieser keine Entscheidungsspielräume mehr einräumen.
48 
Nach diesen Grundsätzen ist der Abwägungsvorgang vorliegend nicht zu beanstanden.
49 
aa) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan am 19.4.2003 sah die Regelung des EEG keine Beschränkung der Abnahmeverpflichtung hinsichtlich einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Zwar hatte der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.5.2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.4.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Kappungsgrenze einzuführen. Netzbetreiber sollten nicht verpflichtet sein, Strom aus Anlagen zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen sei, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 65 von 100 des Referenzertrages erzielen könnten mit dem Ziel, die Errichtung von Windenergieanlagen an schlechten Standorten im Binnenland nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/3162, S. 2 rechte Spalte). Diese Entwicklung musste der Antragsgegner jedoch nicht berücksichtigen. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dessen Rechtsgedanke auch für die Beschlussfassung über Regionalpläne herangezogen werden kann, ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan maßgeblich, hier also der 19.4.2004. Zu diesem Zeitpunkt sah die Regelung des EEG keine Abhängigkeit der Abnahmeverpflichtung von einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Dem entsprach auch die Tischvorlage zur Sitzung vom 19.4.2004. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt. Ändern sich zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Inkrafttreten des Bauleitplans die abwägungsrelevanten Umstände so gravierend, dass sich das Abwägungsergebnis trotz eines korrekten Abwägungsvorgangs nachträglich als untragbar erweist, ist eine Neubewertung der Entscheidung zwingend. Denn auch im Zeitpunkt seines Inkrafttretens muss ein Bauleitplan noch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB entsprechen. Die Gemeinde bzw. der Plangeber ist daher gehalten, den bereits beschlossenen Plan bis zu seiner Bekanntmachung nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verschiebt sich daher bei einer wesentlichen Veränderung der Sach- und Rechtslage und damit einhergehend der abwägungserheblichen Belange der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens (vgl. BVerwGE 56, 283/288; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 132 f.; Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, RdNr. 44 zu § 214, BayVGH, Beschluss vom 10.4.2003, BayVBl. 2003, 568 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für Regionalpläne. Auf Grund der Anrufung des Vermittlungsausschusses musste der Antragsgegners zwar in Betracht ziehen, dass wieder eine Kappungsgrenze für windarme Standorte in das Gesetzgebungsvorhaben eingefügt werden würde, indessen war er nicht gehalten, den ungewissen Ausgang des Vermittlungsverfahrens abzuwarten und das Inkrafttreten des Regionalplans zunächst nicht weiter zu betreiben. Vielmehr ist hier allein formal darauf abzustellen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Regionalplans am 7.6.2004 ein EEG, das die Förderung von einer bestimmten Windhöffigkeit abhängig macht, noch nicht in Kraft war.
50 
bb) Dem Teilregionalplan liegt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die sieben Schritte, mit denen der Antragsgegner in einem Suchlauf Ausschlussflächen ermittelt hat, sind nicht zu beanstanden. Denn in zulässiger Weise hat der Antragsgegner im zweiten Schritt unter dem Gesichtspunkt „regionalprägender und identitätsstiftender Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und mit hoher Fernwirkung“ den gesamten Westrand des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes ausgeschlossen. Hierbei hat er mit Hilfe von Höhenprofilen, die für repräsentative Sichtachsen von den Gebirgsräumen zum Rheintal gebildet worden sind, die Abgrenzung nach Osten hin vorgenommen. Ergab ein Höhenprofil, dass die Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 133 m vom Rheintal aus sichtbar ist und die Distanz vom Rheintal aus weniger als 10 km beträgt, wurde der Gebirgsbereich als Ausschlussgebiet definiert. Denn bis zu einer Entfernung von 10 km sei, sofern die Anlage nicht sichtverschattet ist, bei raumbedeutsamen Windkraftanlagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu rechnen. Die Wahl dieses Kriteriums als Ausschlusskriterium, liegt im planerischen Ermessen des Antragsgegners und ist nicht zu beanstanden. Dabei war der Antragsgegner auch nicht gehalten, etwa in dem Bereich, in dem die Autobahn A 8 diesen Bereich schneidet, im Hinblick auf eine etwaige Vorbelastung eine geringere Schutzwürdigkeit anzunehmen und von diesem Kriterium eine Ausnahme zu machen, denn einem Regionalverband ist es als Plangeber gestattet, im Hinblick auf die eine gesamte Region erfassende Planung zunächst einen gröberen und pauschaleren Maßstab anzulegen. Insoweit hat der Antragsgegner nach Durchführung des Suchlaufs noch einmal überprüft, welche Standorte bei Wegfall dieses Kriteriums zusätzlich in Betracht gekommen wären, hat im Einzelfall eine Prüfung im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Standorte von der Rheinebene aus vorgenommen und unter diesem Gesichtspunkt die Standorte erneut ausgeschlossen. Dieses differenzierte Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
51 
cc) Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner als weiteres Kriterium im zweiten Schritt des Suchlaufs „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ als Ausschlusskriterium gewählt hat. Nach Aussage des als amtliche Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Landesanstalt für Umweltschutz handelt es sich bei diesen „großen unzerschnittenen Räumen mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ um sogenannte „Filet-Stücke“ des Naturschutzes, die unabhängig von einer zerschneidenden Wirkung einer Windenergieanlage möglichst von jedweden Eingriffen freigehalten werden sollen. Von den in Baden-Württemberg befindlichen sechs derartigen Räumen liegen zwei Räume im Planungsgebiet des Antragsgegners. Auch insoweit hält sich die Entscheidung, dieses Kriterium als Ausschlusskriterium festzulegen, im Rahmen des planerischen Ermessens des Antragsgegners.
52 
dd) Dementsprechend liegt auch kein Abwägungsmangel darin, dass der von der Antragstellerin favorisierte Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen ist. Zu Recht hat der Antragsgegner den Standort „Teufelsmühle“ im Hinblick auf seine Lage in einem „großen unzerschnittenen Raum“ abgelehnt. Im Übrigen ist auch dieser Standort im Nachhinein noch einmal daraufhin überprüft worden, ob er wegen seiner Lage in der Randzone dieses unzerschnittenen Raums dennoch in Betracht gezogen werden kann. Jedoch ist er im Hinblick auf seine Exponiertheit im konkreten Einzelfall wiederum abgelehnt worden, wie der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung bekundet hat. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
53 
ee) Schließlich war es dem Planungsausschuss des Antragsgegners nicht verwehrt, mittels einer Ortsbesichtigung die nach der 3. Anhörung verbliebenen neun Standorte zu besichtigen und jeden Einzelfall einer konkreten Bewertung zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass der Planungsausschuss und ihm folgend später die Verbandsversammlung im Hinblick auf die Abwägung Landschaftsbild einerseits und Förderung erneuerbarer Energien andererseits zu einer anderen Wertung gelangt ist, als die Vorlage der Verwaltung des Antragsgegners. Denn zuständiges und letztentscheidendes Gremium ist die Verbandsversammlung, die den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ als Satzung beschlossen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Erholung und das Landschaftsbild bereits unter Punkt 6 berücksichtigt, beschrieben und abgewogen hatte, denn wie bereits ausgeführt, stand es der Verbandsversammlung frei, die Standorte nochmals einer strengeren Beurteilung nach den selbst gewählten Kriterien zu unterwerfen.
54 
e.) Sind demnach die einzelnen Abwägungsschritte nicht zu beanstanden und liegt der Planung ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde, so ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat mit der Ausweisung von vier Vorrangstandorten mit einer Fläche von ca. 2 km² (200 ha) gegenüber der Gesamtfläche des Regionalverbands von 2.137 km² der Windenergienutzung im Plangebiet - noch - in substanzieller Weise Raum geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass auf 1 Promille der Fläche die Nutzung der Windenergie möglich ist, überschreitet der Antragsgegner noch nicht die Grenze zur Negativplanung. Er war nicht gehalten, im Hinblick auf dieses Ergebnis die einzelnen Planungsschritte erneut nachzujustieren, auch wenn insbesondere durch Schritt 2 mit dem Ausschluss des gesamten Westrandes des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes sowie der „großen, unzerschnittenen Räume“ große Teile des Plangebiets von vornherein außer Betracht geblieben sind. Dass an den nunmehr festgelegten Vorrangstandorten auf Grund der Eigentumsverhältnisse vor Ort die Errichtung von Windenergieanlagen möglicherweise nicht zu verwirklichen ist, brauchte der Antragsgegner bei seiner Planungsentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen, denn insofern durfte er eine grobe, auf das gesamte Planungsgebiet bezogene Suche durchführen, ohne hierbei die einzelnen Eigentumsverhältnisse an den vorgesehenen Standorten in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Abwägungsergebnis ist daher von 4 Vorrangstandorten auszugehen, auf denen insgesamt 18 Anlagen errichtet werden können. Dies kann nicht als rechtswidrig bewertet werden.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
26 
I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
27 
1. Der - fristgerecht erhobene - Antrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Der Regionalplan wurde gemäß § 12 Abs. 7 LplG n.F. als Satzung beschlossen und durch die Veröffentlichung der Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg verbindlich (§ 13 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LplG n.F.). In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind und vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können (BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6/03 -, BVerwGE 119, 217 - 229) und dass ihnen nicht mangels Außenwirksamkeit Rechtssatzcharakter abgesprochen werden kann. Ziele der Raumordnung besitzen zwar grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung gegenüber Privaten; ihr Geltungsanspruch richtet sich an öffentliche Planungsträger und Personen des Privatrechts, die raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vornehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 ROG 1998). Durch die Neufassung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB haben die raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen indessen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Der Gesetzgeber verleiht ihnen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen und damit auch Rechtswirkung gegenüber Privaten entfalten. Das steht im Einklang mit § 4 Abs. 5 ROG 1998, wonach weitergehende Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung auf Grund von Fachgesetzen unberührt bleiben, und wirkt sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm aus (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162).
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2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist hier der Fall. Die Antragsbefugnis ist in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.6.2003, BauR 2003, 1696 - 1701). Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 26.11.2002, Sächs.VBl. 2003, 84 - 92 unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.5.1994, NVwZ 1995, 264). Denn in einem solchen Fall gehören die Betriebsinteressen zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans und kann deshalb ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein (BVerwG, Urteil vom 5.11.1999, BVerwGE 110, 36 - 40; BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, NVwZ 1999, 592 = BVerwGE 107, 215). Hinsichtlich des Windfarmvorhabens „Teufelsmühle“, das nach der Regionalplanung im Ausschlussgebiet liegt, hat die Antragstellerin in Kooperation mit der Firma p. mit der Stadt Gernsbach am 26.5.2003 und mit der Gemeinde Loffenau am 12.5.2003 einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren geschlossen. Davon abgesehen, dass der Pachtvertrag zur Nutzung der Flächen auf Gernsbacher Gemarkung für die Errichtung von Windenergieanlagen, die den Raumordnungszielen des angefochtenen Regionalplans widersprechen würden, nach wie vor Bestand hat und deshalb schon aus diesem Grunde die Antragsbefugnis gegeben ist, ist es auch unschädlich, dass die Gemeinde Loffenau entsprechend des Beschlusses des Gemeinderats vom 20.7.2004 mittlerweile vom Vertrag zurückgetreten ist. Denn zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 19.4.2004 hätten die Interessen der Antragstellerin auch im Hinblick auf die Standorte in der Gemeinde Loffenau als abwägungsbeachtlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden müssen, woraus sich auch in Bezug auf diese Standorte ihre Antragsbefugnis ergibt.
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3. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Zum Einen ist es nach ihrem Vortrag im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Widerspruchsschreiben vom 5.10.2004 nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde Loffenau zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrags bereit ist, sollte es der Antragstellerin gelingen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erstreiten. Zum Anderen haben die Betreiberfirmen auch ein Interesse an der Verwirklichung der drei auf Gernsbacher Gemarkung geplanten Windkraftanlagen dargetan.
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II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Teilregionalplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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1. Unschädlich ist, dass die 4. Anhörung nicht durch Beschluss des Planungsausschusses oder der Verbandsversammlung eingeleitet, sondern von der Verwaltung veranlasst wurde. Denn das Landesplanungsgesetz enthält keine Vorschrift darüber, wer das Anhörungsverfahren einzuleiten hat.
32 
Verfahrensfehlerhaft ist indessen, dass der Antragsgegner die 4. Anhörung nur noch beschränkt auf die durch die Änderung betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Firma p. und damit nicht entsprechend § 12 Abs. 3 LplG i.d.F. vom 10.7.2003, zuletzt geändert am 14.12.2004 - n.F. - durchgeführt hat. Diese Vorschrift, nach der eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist nach Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205 und 213; Berichtigung S. 320) auf den angefochtenen Regionalplan bereits anzuwenden. Danach können bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderungen eines Regionalplans nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt werden. Sie sind innerhalb eines Jahres, beginnend am 20.5.2003, abzuschließen. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners hat zwar den Regionalplan am 19.4.2004 und damit noch vor Ablauf eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes n.F. als Satzung beschlossen. Ein Verfahren ist indessen erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, nämlich hier mit der Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB zu § 244 RdNr. 23).
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Hätte danach eine umfassende, den Anforderungen des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, so ist dieser Verfahrensfehler jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 LplG n.F. unbeachtlich. Denn nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit eines Regionalplans unerheblich, wenn die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. Diese Verknüpfung von Verfahrensvorschriften mit der Abwägung ist in dieser Form neu und den Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches fremd. Vorliegend kann indessen offen bleiben, ob auch für die Regionalplanung die im Baurecht entwickelten Grundsätze Anwendung finden, d.h. ob diese nur dann zur Unwirksamkeit des Planes führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Ergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Denn es sprechen folgende Gründe dafür, dass die nicht der Vorschrift des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Abwägungsergebnis ohne Folgen war: Zum Einen hat der Antragsgegner bei der 4. Anhörung eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht völlig unterlassen, sondern die betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Betreiberfirma p. angehört. Zum Anderen ist anläßlich der 2. und 3. Anhörung eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, bei der zahlreiche Einwendungen eingegangen sind. Zwar wurde vor der 4. Anhörung die Zahl der vorgesehenen Vorrangstandorte noch einmal nahezu halbiert, jedoch ist nicht erkennbar, was hierzu seitens einer zu beteiligenden Öffentlichkeit noch hätte vorgetragen werden können, das nicht schon Gegenstand der Erörterungen gewesen war. Vor allem ist davon auszugehen, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners trotz weiterer Stellungnahmen seitens einer etwa beteiligten Öffentlichkeit an der vorgesehenen Reduktion der Vorrangstandorte festgehalten hätte. Denn die Verbandsversammlung war mehrheitlich ersichtlich zur Reduktion der Vorrangstandorte fest entschlossen, was allein der Umstand zeigt, dass sie entgegen der Vorlage der eigenen Verwaltung und trotz deren Warnung, die Grenze zur Negativplanung nicht zu überschreiten, an ihrem letztlich beschlossenen Konzept festgehalten hat.
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2. Der Regionalplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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a.) Maßgebliche Rechtsgrundlage ist vorliegend § 11 Abs. 3 LplG n.F.. Dort heißt es: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur, zur anzustrebenden Freiraumstruktur und zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region. Dazu sind im Regionalplan nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG n.F. Standorte und Trassen für Infrastrukturvorhaben, insbesondere Gebiete für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen festzulegen. Nach § 11 Abs. 7 kann der Regionalplan diese Festlegungen grundsätzlich in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten treffen; Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 müssen indessen als Vorranggebiete, die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festgelegt werden, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. (gleichlautend: § 8 Abs. 3 Ziff. 11 LplG a.F.) für die Festlegung von „Zielen mit negativ-planerischer Funktion“ bedarf es, denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vermag die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung zur Festlegung von Konzentrationsflächen nicht zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003, NVwZ 2003, 738).
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b.) Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2.HS LplG n.F., die den Regionalverbänden die Verpflichtung auferlegt, im Hinblick auf die Festlegung von Standorten für die Windenergienutzung nur Vorranggebiete und Ausschlussgebiete und keine Vorbehaltsgebiete festzulegen, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verfassungswidrig. Die Ausweisung von Vorbehalts- und Ausschlussgebieten hat zur Folge, dass sowohl für betroffene Gemeinden als auch für Private verbindliche Festlegungen getroffen werden. Zweifelsohne wird mit der Ausweisung der Standorte für die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. genannten Vorhaben in die zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehörende Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eingegriffen, da die Gemeinden durch § 4 Abs. 1 LplG n.F., § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet sind, diese Ausweisung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen. Das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, steht den Gemeinden jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Seine nähere Ausgestaltung ist daher dem Gesetzgeber überlassen. Gesetzlichen Eingriffen sind allerdings Grenzen gesetzt: Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107, 119 f.; Beschluss vom 7.10.1980 - 2 BvR 584/76 -, BVerfGE 56, 298, 313 f.; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -).
37 
Ob und inwieweit die Planungshoheit zu dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.6.1987, a.a.O., S. 118 f.; Beschluss v. 7.10.1980, a.a.O., S. 312 f.; ebenso VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.). Auch vorliegend kann diese Frage offen bleiben, denn ein etwaiger mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundener Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 191). Insgesamt beurteilen sich danach die Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie - im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
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Die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2. HS LplG n.F. getroffene Regel beachtet diese Grundsätze. Der mit ihr verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Ausweislich der Begründung zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes (LT-Drs. 13/1883) sollte mit dem Gesetz der Anpassungsverpflichtung des § 22 ROG 1998 nachgekommen und eine Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes erreicht werden. Die Begründung zu der Neufassung des § 8, jetzt § 11 LplG n.F., lautet dementsprechend, dass die Neufassung zur Anpassung der bisherigen Regelung an § 7 ROG erfolgt. In dieser Bestimmung enthalte das Rahmenrecht des Bundes erstmals Vorgaben für den Inhalt insbesondere der Regionalpläne. Die Neufassung bringe keine Erweiterung der regionalen Planungskompetenz über die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes hinaus. Sie schaffe im Wesentlichen nur die konkretisierte Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kompetenz für die Festlegung von Standorten für Infrastrukturvorhaben sei die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von besonderer Bedeutung. Die Kompetenz zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen sei nach Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 ROG unlösbar mit der Verpflichtung verbunden, regionsweit flächendeckend die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen unzulässig seien. Seien die Voraussetzungen der Raumbedeutsamkeit zu bejahen, seien in der Regel Standortfestlegungen des Regionalplans für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich. Durch die Verpflichtung zur kombinierten Festlegung könnten die Regionalverbände einer ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung der Windenergie entgegenwirken. Für die Standorte von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen sei die Kombination von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch diese Kombination werde bei der Nutzung der Windenergie erreicht, dass in allen Regionen auf Grund einer regionsweiten Prüfung die Standorte festgelegt würden, in denen eine vor allem landschaftsverträgliche Nutzung der Windenergie möglich sei, und zugleich die Gebiete bestimmt wurden, in denen die Aufstellung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen unzulässig sei. Durch die regionsweite flächendeckende Standortplanung werde ein einheitliches Konzept verwirklicht und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft vermieden (LT-Drs. 13/1883, S. 35/36).
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Diese Erwägungen rechtfertigen die Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Belange der Gemeinden werden dadurch hinreichend gewahrt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. vor der gebietsscharfen Ausweisung eines Standortes für ein regionalbedeutsames Vorhaben zu einer umfassenden Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange verpflichtet, soweit diese Ausweisung für nachfolgende Planungsentscheidungen bindend ist (vgl. Runkel in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, § 3 RdNr. 56 ff., 74). Im Rahmen des so genannten Gegenstromprinzips sind in dieser Abwägung auch die Vorstellungen der betroffenen Gemeinde über die Nutzung des für das Vorhaben vorgesehenen Bereichs zu berücksichtigen (vgl. die rahmenrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. verlangt dementsprechend, dass bei der Ausarbeitung der Regionalpläne außer den anderen Planungsträgern auch die Gemeinden und die übrigen Träger der Bauleitplanung zu beteiligen sind, soweit sie in ihren Aufgaben berührt sind. Hierdurch wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die Regionalplanung Einfluss zu nehmen und ihre eigenen Planungsvorstellungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 335 = PBauE § 1 Abs. 4 BauGB Nr. 1; vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.).
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Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen hat zum Einen überregionale Bedeutung, und wirkt sich auch außerhalb des Planungsgebiets einer Gemeinde aus. Zum Anderen hat bereits der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehen, dass auch der Regionalplanung das Recht eingeräumt wird, durch verbindliche Festlegungen mit Zielwirkung die Ausschlusswirkung für das übrige Plangebiet zu bewirken. Da diese Wirkung durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten nicht erreicht werden kann, kann es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, von vornherein den Regionalverbänden die Aufgabe zuzuweisen, bei ihrer Planung nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen. Im Übrigen zeigt auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Regionalplänen, in denen Vorbehalts-, Vorrang- und Ausschlussgebiete festgelegt wurden, die Schwierigkeiten auf, in diesen Fällen die Frage zu beurteilen, ob in dem entsprechenden Planungsraum der Windkraft die von der Rechtsprechung geforderte Chance eingeräumt wurde und Standorte ausgewiesen wurden, die substanziell von einigem Gewicht sind. Im Übrigen werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. lediglich raumbedeutsame Anlagen erfasst. Für sonstige Anlagen verbleibt es bei der Planungshoheit der Gemeinde.
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Auch im Hinblick auf Art. 12 und 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 17.12.2002 und 13.3.2003 (4 C 15.01, NVwZ 2003, 733 und 4 C 4.02, NVwZ 2003, 738) bereits festgehalten, dass der Gesetzgeber den raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplanung) erkennbar und von Bedeutung sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG 1998). Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer von zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigen den Planungsträger allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 100, 226<242 f.>). Die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Vorranggebiete steht einem gebietsexternen Windenergievorhaben überdies nicht strikt und unabdingbar, sondern nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) "in der Regel" entgegen. Der Planungsvorbehalt steht also unter einem gesetzlichen "Ausnahmevorbehalt", der die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.) Dieser "Ausnahmevorbehalt" stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden. Diese Grundsätze berechtigen auch vorliegend den Landesgesetzgeber, den Regionalverbänden die Pflicht zur Planung aufzuerlegen mit der Vorgabe, nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen.
42 
c.) Die Festlegung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung als Ziele der Raumordnung genügt auch dem für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005 - 4 BN 1.05 -; vgl. auch BVerwGE 118, 181 <187, 189>, Gaentzsch, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 1 RdNr. 32, 35; Gierke/Brügelmann, BauGB, § 1 RdNr. 381). Zu § 1 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall aufgerichtet habe, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweise, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist. Anders als Bauleitpläne müssen Ziele der Raumordnung nicht aus städtebaulichen Gründen (§ 1 Abs. 3 BauGB), sondern aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Auch ihnen fehlt jedoch die Erforderlichkeit, wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005, a.a.O.).
43 
aa) Aus tatsächlichen Gründen muss die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für die Standorte Nr. 1 „Armenberg“ (Östringen) und Nr. 2 „Pfaffengrund“ (Kraichtal) mit einer Windgeschwindigkeit von jeweils 4,2 m/sec. und damit einer ausreichenden Windgeschwindigkeit zu rechnen. Auf nachfolgende Entwicklungen kommt es jedenfalls im Hinblick auf die Erforderlichkeit, vergleichbar der Erforderlichkeit für Bebauungspläne nach § 1 Abs. 3 BauGB, nicht an.
44 
bb) Ein rechtliches Hindernis steht den festgelegten Vorrangflächen nicht entgegen, obwohl diese zum Teil in Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten liegen. Denn von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf der Plangeber dies im Rahmen der Prognose, vergleichbar der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung, berücksichtigen. Ein gewichtiges Indiz bildet hierfür die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Vorliegend hat der Antragsgegner für die in Betracht kommenden Vorbehaltsgebiete jeweils eine entsprechende Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde eingeholt.
45 
d.) Die windenergiebezogene Teilfortschreibung des angefochtenen Regionalplans erfüllt auch die rechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) aufgestellt hat.
46 
Danach bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen „Negativplanung“ entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Dabei kann die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung aus Sicht des Regionalplans, welcher der großräumigen Entwicklung verpflichtet ist, gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum zu steuern. Eine "Verhinderungsplanung" liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
47 
Dabei sind Abwägungen bei der Erstellung von Raumordnungsplänen an ähnlichen Maßstäben zu messen wie Abwägungen in der Bauleitplanung. Es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die betroffenen gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob ein Plansatz strikte Bindungswirkung haben wird oder ob bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind. Eine solche strikte Bindung kommt insbesondere für die Negativwirkung von Raumordnungszielen über § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BauGB in Betracht (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162). Dies bedeutet, dass das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial je nach Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung in unterschiedlichem Maße einzelne Belange zusammenfassend und vergröbert darstellen darf. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bei einer abschließenden konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung, die für die Fachplanung verbindliche Ausschlusswirkungen hervorruft, die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst sich den Anforderungen an die Abwägung bei Fachplanungen annähert. Das Maß der Abwägung muss daher für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen jeweils konkret ermittelt werden (OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, a.a.O.). § 3 Nr. 2 ROG n.F. enthält eine Definition der Ziele der Raumordnung, wonach es sich dabei um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Die Festlegung der Vorrangstandorte und der Ausschlussgebiete im angefochtenen Raumordnungsplan sind daher Ziele der Raumordnung in dem Sinne, dass damit verbindlich Standortentscheidungen getroffen werden, welche die Fachbehörde binden und dieser keine Entscheidungsspielräume mehr einräumen.
48 
Nach diesen Grundsätzen ist der Abwägungsvorgang vorliegend nicht zu beanstanden.
49 
aa) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan am 19.4.2003 sah die Regelung des EEG keine Beschränkung der Abnahmeverpflichtung hinsichtlich einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Zwar hatte der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.5.2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.4.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Kappungsgrenze einzuführen. Netzbetreiber sollten nicht verpflichtet sein, Strom aus Anlagen zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen sei, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 65 von 100 des Referenzertrages erzielen könnten mit dem Ziel, die Errichtung von Windenergieanlagen an schlechten Standorten im Binnenland nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/3162, S. 2 rechte Spalte). Diese Entwicklung musste der Antragsgegner jedoch nicht berücksichtigen. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dessen Rechtsgedanke auch für die Beschlussfassung über Regionalpläne herangezogen werden kann, ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan maßgeblich, hier also der 19.4.2004. Zu diesem Zeitpunkt sah die Regelung des EEG keine Abhängigkeit der Abnahmeverpflichtung von einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Dem entsprach auch die Tischvorlage zur Sitzung vom 19.4.2004. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt. Ändern sich zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Inkrafttreten des Bauleitplans die abwägungsrelevanten Umstände so gravierend, dass sich das Abwägungsergebnis trotz eines korrekten Abwägungsvorgangs nachträglich als untragbar erweist, ist eine Neubewertung der Entscheidung zwingend. Denn auch im Zeitpunkt seines Inkrafttretens muss ein Bauleitplan noch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB entsprechen. Die Gemeinde bzw. der Plangeber ist daher gehalten, den bereits beschlossenen Plan bis zu seiner Bekanntmachung nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verschiebt sich daher bei einer wesentlichen Veränderung der Sach- und Rechtslage und damit einhergehend der abwägungserheblichen Belange der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens (vgl. BVerwGE 56, 283/288; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 132 f.; Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, RdNr. 44 zu § 214, BayVGH, Beschluss vom 10.4.2003, BayVBl. 2003, 568 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für Regionalpläne. Auf Grund der Anrufung des Vermittlungsausschusses musste der Antragsgegners zwar in Betracht ziehen, dass wieder eine Kappungsgrenze für windarme Standorte in das Gesetzgebungsvorhaben eingefügt werden würde, indessen war er nicht gehalten, den ungewissen Ausgang des Vermittlungsverfahrens abzuwarten und das Inkrafttreten des Regionalplans zunächst nicht weiter zu betreiben. Vielmehr ist hier allein formal darauf abzustellen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Regionalplans am 7.6.2004 ein EEG, das die Förderung von einer bestimmten Windhöffigkeit abhängig macht, noch nicht in Kraft war.
50 
bb) Dem Teilregionalplan liegt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die sieben Schritte, mit denen der Antragsgegner in einem Suchlauf Ausschlussflächen ermittelt hat, sind nicht zu beanstanden. Denn in zulässiger Weise hat der Antragsgegner im zweiten Schritt unter dem Gesichtspunkt „regionalprägender und identitätsstiftender Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und mit hoher Fernwirkung“ den gesamten Westrand des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes ausgeschlossen. Hierbei hat er mit Hilfe von Höhenprofilen, die für repräsentative Sichtachsen von den Gebirgsräumen zum Rheintal gebildet worden sind, die Abgrenzung nach Osten hin vorgenommen. Ergab ein Höhenprofil, dass die Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 133 m vom Rheintal aus sichtbar ist und die Distanz vom Rheintal aus weniger als 10 km beträgt, wurde der Gebirgsbereich als Ausschlussgebiet definiert. Denn bis zu einer Entfernung von 10 km sei, sofern die Anlage nicht sichtverschattet ist, bei raumbedeutsamen Windkraftanlagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu rechnen. Die Wahl dieses Kriteriums als Ausschlusskriterium, liegt im planerischen Ermessen des Antragsgegners und ist nicht zu beanstanden. Dabei war der Antragsgegner auch nicht gehalten, etwa in dem Bereich, in dem die Autobahn A 8 diesen Bereich schneidet, im Hinblick auf eine etwaige Vorbelastung eine geringere Schutzwürdigkeit anzunehmen und von diesem Kriterium eine Ausnahme zu machen, denn einem Regionalverband ist es als Plangeber gestattet, im Hinblick auf die eine gesamte Region erfassende Planung zunächst einen gröberen und pauschaleren Maßstab anzulegen. Insoweit hat der Antragsgegner nach Durchführung des Suchlaufs noch einmal überprüft, welche Standorte bei Wegfall dieses Kriteriums zusätzlich in Betracht gekommen wären, hat im Einzelfall eine Prüfung im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Standorte von der Rheinebene aus vorgenommen und unter diesem Gesichtspunkt die Standorte erneut ausgeschlossen. Dieses differenzierte Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
51 
cc) Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner als weiteres Kriterium im zweiten Schritt des Suchlaufs „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ als Ausschlusskriterium gewählt hat. Nach Aussage des als amtliche Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Landesanstalt für Umweltschutz handelt es sich bei diesen „großen unzerschnittenen Räumen mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ um sogenannte „Filet-Stücke“ des Naturschutzes, die unabhängig von einer zerschneidenden Wirkung einer Windenergieanlage möglichst von jedweden Eingriffen freigehalten werden sollen. Von den in Baden-Württemberg befindlichen sechs derartigen Räumen liegen zwei Räume im Planungsgebiet des Antragsgegners. Auch insoweit hält sich die Entscheidung, dieses Kriterium als Ausschlusskriterium festzulegen, im Rahmen des planerischen Ermessens des Antragsgegners.
52 
dd) Dementsprechend liegt auch kein Abwägungsmangel darin, dass der von der Antragstellerin favorisierte Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen ist. Zu Recht hat der Antragsgegner den Standort „Teufelsmühle“ im Hinblick auf seine Lage in einem „großen unzerschnittenen Raum“ abgelehnt. Im Übrigen ist auch dieser Standort im Nachhinein noch einmal daraufhin überprüft worden, ob er wegen seiner Lage in der Randzone dieses unzerschnittenen Raums dennoch in Betracht gezogen werden kann. Jedoch ist er im Hinblick auf seine Exponiertheit im konkreten Einzelfall wiederum abgelehnt worden, wie der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung bekundet hat. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
53 
ee) Schließlich war es dem Planungsausschuss des Antragsgegners nicht verwehrt, mittels einer Ortsbesichtigung die nach der 3. Anhörung verbliebenen neun Standorte zu besichtigen und jeden Einzelfall einer konkreten Bewertung zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass der Planungsausschuss und ihm folgend später die Verbandsversammlung im Hinblick auf die Abwägung Landschaftsbild einerseits und Förderung erneuerbarer Energien andererseits zu einer anderen Wertung gelangt ist, als die Vorlage der Verwaltung des Antragsgegners. Denn zuständiges und letztentscheidendes Gremium ist die Verbandsversammlung, die den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ als Satzung beschlossen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Erholung und das Landschaftsbild bereits unter Punkt 6 berücksichtigt, beschrieben und abgewogen hatte, denn wie bereits ausgeführt, stand es der Verbandsversammlung frei, die Standorte nochmals einer strengeren Beurteilung nach den selbst gewählten Kriterien zu unterwerfen.
54 
e.) Sind demnach die einzelnen Abwägungsschritte nicht zu beanstanden und liegt der Planung ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde, so ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat mit der Ausweisung von vier Vorrangstandorten mit einer Fläche von ca. 2 km² (200 ha) gegenüber der Gesamtfläche des Regionalverbands von 2.137 km² der Windenergienutzung im Plangebiet - noch - in substanzieller Weise Raum geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass auf 1 Promille der Fläche die Nutzung der Windenergie möglich ist, überschreitet der Antragsgegner noch nicht die Grenze zur Negativplanung. Er war nicht gehalten, im Hinblick auf dieses Ergebnis die einzelnen Planungsschritte erneut nachzujustieren, auch wenn insbesondere durch Schritt 2 mit dem Ausschluss des gesamten Westrandes des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes sowie der „großen, unzerschnittenen Räume“ große Teile des Plangebiets von vornherein außer Betracht geblieben sind. Dass an den nunmehr festgelegten Vorrangstandorten auf Grund der Eigentumsverhältnisse vor Ort die Errichtung von Windenergieanlagen möglicherweise nicht zu verwirklichen ist, brauchte der Antragsgegner bei seiner Planungsentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen, denn insofern durfte er eine grobe, auf das gesamte Planungsgebiet bezogene Suche durchführen, ohne hierbei die einzelnen Eigentumsverhältnisse an den vorgesehenen Standorten in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Abwägungsergebnis ist daher von 4 Vorrangstandorten auszugehen, auf denen insgesamt 18 Anlagen errichtet werden können. Dies kann nicht als rechtswidrig bewertet werden.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Sonstige Literatur

 
57 
Rechtsmittelbelehrung
58 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
59 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
60 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
61 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
62 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
63 
Beschluss
64 
Der Streitwert wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG a.F.).
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Grundsätzliche Angelegenheiten der Raumordnung sollen vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und den für Raumordnung zuständigen obersten Landesbehörden in der Ministerkonferenz für Raumordnung gemeinsam beraten werden.

(2) Bund und Länder können im Rahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung Leitbilder für die räumliche Entwicklung des Bundesgebietes oder von über die Länder hinausgreifenden Zusammenhängen entwickeln.

(3) Der Bund beteiligt sich in Zusammenarbeit mit den Ländern an einer Politik des räumlichen Zusammenhalts in der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum. Bund und Länder wirken bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Bereich der Raumordnung eng zusammen.

(4) Bund und Länder sind verpflichtet, sich gegenseitig alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Aufgaben der Raumordnung notwendig sind.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
16 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufungen zurückzuweisen.
22 
Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
27 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
28 
In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
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Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
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Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
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Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
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4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Grundsätzliche Angelegenheiten der Raumordnung sollen vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und den für Raumordnung zuständigen obersten Landesbehörden in der Ministerkonferenz für Raumordnung gemeinsam beraten werden.

(2) Bund und Länder können im Rahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung Leitbilder für die räumliche Entwicklung des Bundesgebietes oder von über die Länder hinausgreifenden Zusammenhängen entwickeln.

(3) Der Bund beteiligt sich in Zusammenarbeit mit den Ländern an einer Politik des räumlichen Zusammenhalts in der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum. Bund und Länder wirken bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Bereich der Raumordnung eng zusammen.

(4) Bund und Länder sind verpflichtet, sich gegenseitig alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Aufgaben der Raumordnung notwendig sind.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, sowie den dazu gehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips zu ermitteln ist.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen für bestimmte Verpackungsabfälle und den Abschluss einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
Der Kläger ist in seinem Landkreisgebiet öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Sinne des Abfallrechts. Die Beklagte betreibt nach Maßgabe der Verpackungsverordnung im Land Baden-Württemberg ein System zur regelmäßigen Abholung gebrauchter, restentleerter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers. Die Systemfeststellung erfolgte durch Bescheid des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992; dieser Bescheid ist bislang weder ganz noch teilweise widerrufen worden, entsprechenden Anregungen des Klägers ist das Umweltministerium des Landes bisher nicht nachgekommen.
Die Beteiligten streiten über die kostenpflichtige Mitbenutzung von Einrichtungen des Abfallwirtschaftsbetriebs des Klägers durch die Beklagte, soweit es um Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton (PPK) geht. In dem Zeitraum von 1992 bis Mitte 2008 kooperierten die Beteiligten. Grundlage der Zusammenarbeit waren eine – unverändert fortbestehende – Abstimmungsvereinbarung vom 2./14. Juli 1992, von den Beteiligten als „Abstimmungserklärung“ bezeichnet, sowie ein Leistungsvertrag; dieser Vertrag wurde mit Ablauf des Jahres 2003 beendet, nachdem die EU-Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken geäußert hatte. Tatsächlich erfolgt(e) die operative Wahrnehmung der Entsorgungsaufgabe, d. h. die PPK-Sammlung, nicht durch die Beklagte selbst, sondern durch den Eigenbetrieb (Abfallwirtschaftsbetrieb) des Klägers; das gilt auch in Bezug auf die zum 1. Juli 2008 erfolgte Einführung der „Blauen Tonnen“, der die Beklagte nicht widersprochen hat.
Ab dem Jahr 2004 beauftragte die Beklagte den Kläger mehrfach (befristet und vorläufig) mit der Sammlung und Verwertung von PPK-Abfällen aus Verkaufsverpackungen. Operativ tätig wurde (und wird) stets der Abfallwirtschaftsbetrieb des Klägers. Die Beauftragungen waren der Beklagten vom Bundeskartellamt gestattet worden. Die letzte „Vorläufige Beauftragung zur Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen“ im „Vertragsgebiet: LK ...“ datiert vom 18. September 2007 und wurde mit Schreiben vom 12. Juni 2008 zum 30. Juni 2008 gekündigt. In der Sache wurde dem Kläger seitens der Beklagten aufgegeben, die Verkaufsverpackungen aus PPK, die am System der Beklagten teilnehmen, zu erfassen, zu sortieren und im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr zu verwerten. Dabei wurde der Massenanteil der Verkaufsverpackungen aus PPK an der gesamten erfassten Papiermenge auf 3.578 Tonnen/Jahr fixiert (vorbehaltlich eventuell eintretender Änderungen). Ferner setzte die Beklagte für den Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 29.267,20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer an.
Mit Schreiben vom 7. April 2008 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Angebot für einen Vertragsschluss („Vertrag über die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe/Karton“); der Vertrag sollte rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft treten (ggf. am 1. Juli 2008) und für die Jahre 2008 und 2009 gelten. Zur Erläuterung der vorgeschlagenen Regelungen hob die Beklagte hervor, dass sie in den zurückliegenden Jahren finanzielle Verluste erlitten habe, da die Papiervermarktung nur gegen Zuzahlung möglich gewesen sei; nun sei es angemessen und billig, dass sie, die Beklagte, an den Erlösen der Papiervermarktung teilhaben könne. Die Beklagte schlug dem Kläger vor, dass dieser zur Abgeltung aller von ihm vertragsgemäß zu erbringenden Leistungen eine Pauschalvergütung in Höhe von 29.267,20 Euro pro Monat zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer erhalten sollte; demgegenüber sollte der Kläger die Beklagte in Höhe von 50 % an den Verwertungserlösen der PPK-Verkaufsverpackungen beteiligen. Der Kläger lehnte das Vertragsangebot der Beklagten mit Schreiben vom 5. Juni 2008 ab, da es kein angemessenes Entgelt für die Mitbenutzung der Erfassungs- und Verwertungsinfrastruktur des Klägers für PPK-Abfälle enthalte. Zugleich hob der Kläger in dem Schreiben hervor, er sehe die Beklagte nach der Verpackungsverordnung zur Mitbenutzung seines Entsorgungssystems für verpflichtet an, und zwar gegen die Entrichtung eines angemessenen Entgelts. Mit Schreiben ebenfalls vom 5. Juni 2008 bestritt die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass es sich bei seiner PPK-Erfassungsinfrastruktur um eine mitbenutzungspflichtige Einrichtung zur Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung handele.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2008 bot die Beklagte dem Kläger – beginnend mit dem 1. Juli 2008 – eine „Vorläufige Beauftragung zur Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen im Vertragsgebiet BW018 LK ...“ an. Als Vergütung wurde nun ein Betrag von 24.886,27 Euro pro Monat zuzüglich Mehrwertsteuer vorgeschlagen, ergänzt um Klauseln zur Anpassung der Vergütung. Außerdem beanspruchte die Beklagte, dass ihr 1/12 der Auftragsmenge des PPK-Abfalls von dem Kläger zur Abholung bereitgestellt werde. Das neue Angebot der Beklagten lehnte der Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2008 als „Provokation“ und als „sittenwidrig“ ab, da es noch schlechtere Konditionen als das Vertragsangebot vom 7. April 2008 enthalte. Zugleich machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung geltend und präsentierte eine nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW) vorgenommene Kalkulation mit einem Jahresgebietspreis für das Mitbenutzungsentgelt in Höhe von 613.331,00 Euro. Dieses als angemessen zu erachtende Entgelt umfasse die Erfassungskosten für die PPK-Abfälle und enthalte einen Ausgleich für die Mindererlöse auf Grund der Verschlechterung der Papierqualität durch die Beimischung von Verpackungen aus PPK.
Mit Anwaltsschreiben vom 30. Dezember 2008 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erneut einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung geltend, fügte einen Vertragsentwurf bei, forderte die Beklagte zur Anerkennung des Mitbenutzungsanspruchs und zur Annahme des Vertragsangebots auf und übermittelte der Beklagten den Entwurf einer Klageschrift. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 wies die Beklagte sowohl den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als auch die Zahlung des geforderten Mitbenutzungsentgelts in Höhe von monatlich 101.325,49 Euro zurück.
Am 20. Februar 2009 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Der Klage war ein Vertragsentwurf beigefügt. Mit seiner Klage machte der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Vertragsschluss geltend, hilfsweise suchte er einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung durchzusetzen. Der Kläger trug vor, er habe einen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine Entsorgungseinrichtungen zur Erfassung der PPK-Abfälle mitbenutze und ein angemessenes Entgelt dafür entrichte. Die Einrichtungen umfassten PPK-Container auf den Wertstoffhöfen des Abfallwirtschaftsbetriebs, ferner die „Blauen Tonnen“ sowie Fahrzeuge und Mitarbeiter, die zur Entleerung der Sammelbehälter und zum Transport der PPK-Abfälle eingesetzt würden. Diese tatsächlich zur Verfügung stehende und von der Beklagten genutzte Entsorgungsinfrastruktur, die rechtlich Eingang in den Vertragsentwurf gefunden habe, sei für die Sammlung der PPK-Abfälle schon deshalb erforderlich, weil die Beklagte im operativen Sinne kein eigenes Rücknahmesystem für die PPK-Abfälle betreibe. Das angemessene Entgelt für die Mitbenutzung der kreiseigenen Entsorgungsinfrastruktur sei anhand der Parameter des Kommunalabgabenrechts zu ermitteln. Zur Berechnung der tatsächlich angefallenen bzw. anfallenden Anteile von PPK-Abfällen biete ein im Auftrag der Beklagten im September 2003 erstelltes Gutachten des Instituts für Abfall-, Abwasser- und Infrastrukturmanagement die Grundlage.
Der Kläger hat beantragt:
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Die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger den als Anlage 1 zur Klageschrift beigefügten Vertrag über die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton zu schließen,
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hilfsweise
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton mitzubenutzen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
15 
Sie hat vorgetragen, sie sei bezüglich der Entsorgung der PPK-Abfälle nicht selbst operativ tätig, sondern beauftrage mittels privatrechtlicher Verträge Entsorgungsunternehmen zur Erbringung der notwendigen Dienstleistungen; im Gebiet des Klägers sei dessen Abfallwirtschaftsbetrieb für sie, die Beklagte, operativ tätig. Da es sich vor diesem Hintergrund um eine privatrechtliche Streitigkeit handele, sei der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Außerdem sei das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht Stuttgart örtlich nicht zuständig. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Die unzulässige Klage sei zudem unbegründet. Eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers gebe es nicht. Soweit die Verpackungsverordnung die Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers regele, betreffe dies nur die bei Inkrafttreten der Verordnung existenten Einrichtungen, da es lediglich um Investitionsschutz gehe; das treffe auf die PPK-Entsorgungsinfrastruktur des Klägers nicht zu. Der Kläger könne nach der Verpackungsverordnung auch nicht den Abschluss des von ihm entworfenen Vertrages verlangen; eine derartige einseitige Bestimmung sei mit dem Kooperationsprinzip, das die Verordnung präge, nicht vereinbar. Die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers sei im Rechtssinne nicht erforderlich, da sie, die Beklagte, die Sammlung der PPK-Abfälle auch selbst durchführen könne. Das vom Kläger für die geforderte Mitbenutzung verlangte Entgelt sei unangemessen, da deutlich überhöht. Letztlich ziele das Begehren des Klägers auf eine – rechtlich nicht zulässige – Rekommunalisierung der Entsorgung von Verpackungsabfällen.
16 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage teilweise für begründet erachtet, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet; das klägerische Begehren – Durchsetzung der Mitbenutzungspflicht bezüglich Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach der Verpackungsverordnung – wurzele auf der ersten Stufe des rechtlichen Verhältnisses zwischen dem Entsorgungsträger und dem privaten System, so dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben sei. Das Verwaltungsgericht Stuttgart sei nach § 52 Nr. 1 VwGO örtlich zuständig. Die mit dem Hauptantrag erhobene allgemeine Leistungsklage sei statthaft, da sie auf den Abschluss eines Vertrages ziele. Der hilfsweise erhobene Feststellungsantrag sei nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft; das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten sowie auf Grund des Scheiterns der Verhandlungen zur einvernehmlichen Regelung der Mitbenutzung von Entsorgungseinrichtungen des Klägers durch die Beklagte. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse sei ebenfalls zu bejahen, da dem Kläger das Bedürfnis nach gerichtlichem Rechtsschutz nicht abgesprochen werden könne.
17 
Die Klage sei mit dem Hilfsantrag begründet. Solange die Beklagte kein eigenes System zur Sammlung der PPK-Abfälle errichte, habe der Kläger nach der Verpackungsverordnung ein Recht auf Mitbenutzung seiner Sammeleinrichtungen für die PPK-Abfälle durch die Beklagte. Die nach jener Verordnung erforderliche Abstimmung sei nicht als einmaliger Vorgang anzusehen, sondern stelle einen dauerhaften Prozess dar. Die zwischen den Beteiligten nach wie vor geltende Abstimmungserklärung sehe vor, dass es im Gebiet des Klägers nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem gebe und dass die Beklagte alle gebrauchten Verkaufsverpackungen sammele. Mangels eines eigenen operativ agierenden Systems der Beklagten nutze diese die Sammel-einrichtungen des Klägers; die Mitbenutzungspflicht ergebe sich nicht nur aus der Verpackungsverordnung, sondern – bei richtigem Verständnis – auch aus der vorhandenen Abstimmungserklärung. Mit ihrem Hauptantrag sei die Klage jedoch unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Abschluss des konkret von ihm vorgeschlagenen Vertrages habe. Der umfang- und detailreiche Vertragsentwurf sei auf der zweiten, zivilrechtlichen Ebene anzusiedeln. Da die – zu bejahende – Mitbenutzungspflicht eine öffentlich-rechtliche Pflicht auf der ersten Stufe der rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten sei, müssten sich die Details der verlangten Mitbenutzung im Rahmen des öffentlich-rechtlich Zulässigen halten; das sei insbesondere bezüglich der verlangten Dauer der Verpflichtung der Beklagten und hinsichtlich der Bestimmung des zu zahlenden Entgelts nicht der Fall. Die grundsätzlich unbefristete Dauer der Verpflichtung der Beklagten hindere diese rechtswidrig an der Einrichtung eines eigenen Systems, laufe dem System der Verpackungsverordnung zuwider und widerspreche letztlich der verordnungsrechtlichen Privatisierung der Rücknahme und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen. Die vom Kläger angestrebte Vergütungsregelung sei zwar anhand des Kommunalabgabenrechts zu entwickeln, die konkret vorgenommene Kalkulation sei jedoch rechtswidrig, weil ein Kalkulationsposten „Mindererlöse“ wegen Mischpapier nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg ausgeschlossen sei.
18 
Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wendet sich der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit dieses die Klage abgewiesen hat. Der Hauptantrag ziele auf die Abgabe einer Willenserklärung zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur des Klägers seitens der Beklagten. Auf den Abschluss dieses Vertrags habe der Kläger nach der Verpackungsverordnung einen Anspruch, weil der – auch vom Verwaltungsgericht anerkannte – Mitbenutzungsanspruch nach dem der Verordnung zu Grunde liegenden Kooperations- und Konsensprinzip nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden könne. Zu Unrecht beanstande das Verwaltungsgericht die vertraglich vorgesehene zeitlich unbefristete Verpflichtung der Beklagten zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen; denn der Mitbenutzungsanspruch des Klägers sei ein Daueranspruch. Die im Vertragsentwurf enthaltene Vergütungsregelung zum „angemessenen Entgelt“ unterliege verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, gegebenenfalls durch entsprechende Anwendung der §§ 315 ff. BGB. Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts für die Mitwirkung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers seien die Kalkulationsgrundsätze, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch sonst bei der Erfüllung seiner eigenen Aufgaben vorgegeben seien; diese ergäben sich aus dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg. In Ansatz zu bringen seien alle Kosten, die dem Kläger für die Mitbenutzung seiner PPK-Entsorgungsinfrastruktur durch das Rücknahme- und Verwertungssystem der Beklagten entstünden. Auf Grund des Urteils des Verwaltungsgerichts werde allerdings nicht daran festgehalten, Mindererlöse als Kalkulationskostenansatz bei der Ermittlung des angemessenen Entgelts zu berücksichtigen.
19 
Im Berufungsverfahren stellt der Kläger einen Hauptantrag und fünf Hilfsanträge. Darin sei keine Klageänderung zu sehen, weil der Klagegrund nicht verändert werde. Der Hauptantrag erfahre nunmehr eine Beschränkung, weil der Vertragsentwurf auf wesentliche Regelungen begrenzt sei und im Übrigen auf ergänzende Vereinbarungen verwiesen werde; die Hilfsanträge stellten Klarstellungen des Klagebegehrens dar. Werde die Neuformulierung der Anträge als Klageänderung gewertet, sei diese, da sachdienlich, zulässig.
20 
Der Kläger beantragt mit dem
21 
Hauptantrag,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger den als Anlage 1 zur Berufungsbegründung beigefügten Vertrag über die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton zu schließen.
23 
1. Hilfsantrag:
24 
Es wird festgestellt,
25 
(1) dass die Beklagte verpflichtet ist,
26 
(a) die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen
27 
und
28 
(b) hierfür ein angemessenes Entgelt an den Kläger zu bezahlen, das entsprechend dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zur Berufungsbegründung und den in dieser Anlage niedergelegten Maßgaben berechnet wird
29 
und
30 
(2) dass der Kläger nur verpflichtet ist, der Beklagten einen Teil des sortierten Sammelgemisches aus Papier, Pappe und Karton herauszugeben, der den Wert der Verkaufsverpackungen im Verhältnis zum Wert des kommunalen Altpapiers und dem Anteil der Lizenzmengen des Beklagten an der Gesamtmenge aller Lizenzmengen von im Entsorgungsgebiet des Klägers festgestellten Systembetreibern entspricht.
31 
2. Hilfsantrag:
32 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
33 
(1) die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen
34 
und
35 
(2) hierfür ein angemessenes Entgelt an den Kläger zu bezahlen, das entsprechend dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zur Berufungsbegründung und den in dieser Anlage niedergelegten Maßgaben berechnet wird.
36 
3. Hilfsantrag:
37 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zu berechnen ist.
38 
4. Hilfsantrag:
39 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips zu berechnen ist.
40 
5. Hilfsantrag:
41 
(1) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen.
42 
(2) Es wird beantragt, das angemessene Entgelt in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB durch Urteil zu bestimmen.
43 
Ferner beantragt der Kläger, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
44 
Die Beklagte hat ebenfalls, vom Verwaltungsgericht zugelassen, Berufung eingelegt und beantragt,
45 
das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als darin festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
46 
hilfsweise
47 
das angefochtene Urteil abzuändern und unter Teilabweisung des Hilfsantrags festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsver-packungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen, solange die Beklagte kein eigenes System zur Sammlung von Verpackungsabfällen aus Papier, Pappe und Karton aufgebaut oder sonst errichtet hat, und die Klage im Übrigen abzuweisen.
48 
Ferner beantragt die Beklagte, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
49 
Zur Begründung macht die Beklagte geltend, die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Dem Feststellungsantrag fehle schon das Feststellungsinteresse. Das Rechtsschutzziel des Klägers sei darauf gerichtet, von der Beklagten das nach Kommunalabgabenrecht berechnete Entgelt zu erhalten; da die Höhe des angemessenen Entgelts wegen des abfallrechtlichen Konsensualprinzips nicht gerichtlich festgestellt werden könne, folge daraus zwingend, dass der Kläger an der begehrten Feststellung kein schützenswertes Interesse haben könne. Der Klage fehle auch das Rechtsschutzbedürfnis; da der Schwerpunkt des Rechtsstreits auf einem zivilrechtlichen Entgeltanspruch liege, könne der Kläger sein Rechtsschutzziel mit einer Leistungsklage bei den Zivilgerichten verfolgen.
50 
Die Klage sei jedenfalls unbegründet, so dass sie auch hinsichtlich des Feststellungsantrags habe abgewiesen werden müssen. Der Kläger habe keinen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung, da es schon an der Anspruchsgrundlage fehle. Unabhängig davon seien die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung der PPK-Verpackungsabfälle nicht erforderlich, da die Beklagte die Sammlung der PPK-Fraktion auch selbst durchführen könne. Aus der Abstimmungserklärung folge nichts anderes; diese beziehe sich nur auf das Duale System der Beklagten, während die operative Tätigkeit des Abfallwirtschaftsbetriebs des Klägers auf einem privatrechtlichen Vertrag und später auf Beauftragungen seitens der Beklagten beruht habe.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Feststellungsbegehren im 4. Hilfsantrag begründet, im Übrigen ist sie unbegründet (A). Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (B).
A.
I.
53 
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch in Bezug auf die Modifizierung der Anträge durch die Klägerin im Berufungsverfahren; es kann dahinstehen, ob im Rechtssinne eine Klageänderung vorliegt und diese sachdienlich wäre (§ 91 Abs. 1 VwGO), da sich die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO auf die Klage mit den modifizierten Anträgen eingelassen hat, ohne zu widersprechen.
54 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für die vorliegende Streitigkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswegfrage im angefochtenen Urteil geprüft und bejaht, aber keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) getroffen, obwohl die Beklagte Bedenken gegenüber einer Bejahung des Verwaltungsrechtswegs geäußert hatte. Wären die von der Beklagten bekundeten Zweifel nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zu werten, hätte das Verwaltungsgericht keine Vorabentscheidung zum zulässigen Rechtsweg treffen müssen, so dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft würde, ob der beschrittene (Verwaltungs-)Rechts-weg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
55 
Greift § 17a Abs. 5 GVG, wovon hier auszugehen ist, nicht ein, weil die Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG trotz einer Rüge der Beklagten (vgl. Bl. 341 d. A. des VG) – zu Unrecht – unterblieben ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des Öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Ehlers, in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 21 RdNr. 66, m. w. Nachw.). Der Kläger stützt seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen seines Abfallwirtschaftsbetriebs auf § 6 Abs. 4 Satz 5 der Verpackungsverordnung in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 2. April 2008 (BGBl I S. 531) – VerpackV 2008 –, der im wesentlichen § 6 Abs. 3 Satz 8 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379) – VerpackV 1998 – entspricht. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich, ebenso wie bei § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 (Recht der Systembetreiber auf Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers), um Regelungen des Öffentlichen Rechts (OVG NW, Urteil vom 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – UA S. 11 f.; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Berechtigtes Zuordnungssubjekt des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ist ausschließlich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und damit ein Träger von Hoheitsgewalt als solcher. Der Kläger nimmt damit das „Amtsrecht des Staates als Sonderrecht“ für sich in Anspruch (vgl. zu diesem Aspekt Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 77), stützt das Klagebegehren und den Klagegrund also nicht auf eine „Jedermann“ (als Privatrechtssubjekt) berechtigende Norm, so dass der Streit der Beteiligten um den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist (zur öffentlich-rechtlichen Natur des Mitbenutzungsanspruchs vgl. Roder, Die Verpackungsverordnung, 2009, § 6 RdNr. 58). Nichts anderes ergibt sich, falls als streitentscheidende Regelung zusätzlich die zwischen den Beteiligten bestehende „Abstimmungserklärung“ heranzuziehen sein sollte. Sie begründet ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV 1998).
56 
Ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, soweit die Beteiligten um den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages und insbesondere die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers streiten. Der Kläger stützt auch den – von der Beklagten in Abrede gestellten – Anspruch auf Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, weil seiner Ansicht nach der Mitbenutzungsanspruch nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden kann. Streitentscheidende Norm ist demnach auch insoweit eine solche des Öffentlichen Rechts.
57 
Ob § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 tatsächlich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gewährt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Selbst wenn die Bestimmung nicht als Anspruchsgrundlage qualifiziert werden könnte oder die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein sollten, änderte dies im Rahmen der Rechtswegprüfung nichts daran, dass der vorliegende Streit um die Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist.
58 
2. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 1 VwGO bejaht. Da sich das nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu bestimmende Rechtsverhältnis immer auf eine konkrete Entsorgungsinfrastruktur eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in einem bestimmten (Kreis-)Gebiet bezieht, ist der Streit der Beteiligten mit einem ortsgebundenen Rechtsverhältnis im Sinne des § 52 Nr. 1 VwGO verknüpft.
59 
Sollten die im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) zu deuten sein, stellte sich die Zuständigkeitsfrage im Berufungsverfahren erst gar nicht (§ 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG). Jedenfalls hat die Beklagte in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlich geäußerten Zweifel an der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit nicht wiederholt.
60 
3. Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen statthaft.
61 
a) Der Hauptantrag ist auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages gerichtet. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, die zum Abschluss des der Berufungsbegründung vom Kläger beigefügten Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur führt. Für ein derartiges Begehren ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Rechtsschutzform (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 42 Abs. 1 RdNr. 153).
62 
b) Die Hilfsanträge sind in Gestalt der Feststellungsklage zulässig. Unter einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urt. v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – E 136, 54, 57 RdNr. 24). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein; für abstrakte, „gutachtliche“ Klärungen einer Rechtsfrage steht die Feststellungsklage nicht zur Verfügung. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt zudem voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, Urt. vom 25.3.2009 – 8 C 1/09 – NVwZ 2009, 1170).
63 
Diese Anforderungen des § 43 Abs. 1 VwGO sind hier erfüllt. Seit dem Jahr 2008 streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers zwecks Entsorgung von PPK-Abfällen verpflichtet ist und – gegebenenfalls – zu welchen Konditionen die Mitbenutzung erfolgt. Damit liegt ein Streit auf Grund eines konkreten Sachverhalts vor. Dieser Streit ist rechtlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu beurteilen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht somit.
64 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht etwa an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel steht im Dienste der Prozessökonomie und will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht, zumal der Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit fehlt (BVerwG, Urt. v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – E 111, 306, 308; Senat, Urt. v. 24.4.1990 – 10 S 560/89 – NJW 1990, 2145). Andererseits ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden; droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht die Subsidiaritätsklausel der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 5.12.2000 – 11 C 6/00 – E 112, 253, 256). So liegt der Fall hier: Eine Umgehungsgefahr in Bezug auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage besteht von vornherein nicht, weil eine dieser Klagen für das Begehren des Klägers nicht in Betracht kommt. Die allgemeine Leistungsklage ist nicht die sachnähere und wirksamere Klageart zur Durchsetzung des vom Kläger geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs. Im Gegenteil, die Beteiligten, die in einem Dauerrechtsverhältnis zueinander stehen, sehen in dem vorliegenden Rechtsstreit – mit Blick auf andernorts geführte ähnliche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ein „Musterverfahren“ (Bl. 499 d. A. des VG). Angesichts der konkreten Umstände kann mit der Feststellungsklage der zwischen den Beteiligten seit mehreren Jahren anhaltende Streit am wirksamsten, da dauerhaft und nachhaltig, geklärt werden.
65 
Dem Kläger fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dafür genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997, 3257, 3258). Das Gesetz verlangt, dass im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses zu bejahen ist (Senat, Urt. v. 9.1.2007 – 10 S 1386/06 – NJW 2007, 1706, 1708). Am Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Zweifel. Der Kläger hat sowohl ein rechtliches als auch ein wirtschaftliches Interesse an der autoritativ verbindlichen gerichtlichen Klärung der mit der Beklagten bestehenden Streitfragen. Dass das Interesse an der „baldigen“ Feststellung des Rechtsverhältnisses anzuerkennen ist, liegt angesichts des nun bereits über mehr als vier Jahre währenden Streits zwischen den Beteiligten auf der Hand.4. Der Kläger ist analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dafür genügt die Möglichkeit, dass der Kläger von der Beklagten das verlangte Verhalten (Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss, Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen zu den gewünschten Bedingungen) rechtlich einfordern kann. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Bundesrecht, nämlich der in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 getroffenen Regelung. Danach kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten subjektiven Rechte zustehen. Weitergehende Anforderungen an die Klagebefugnis bestehen nicht.
66 
5. Dem Kläger ist schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Klage zuzuerkennen. An der „Inanspruchnahme der falschen Gerichtsbarkeit“ (dazu Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 191) scheitert das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nur im Verwaltungsrechtsweg verfolgen kann; der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) steht insoweit von vornherein nicht offen. Ob es dem Kläger „eigentlich“ um ein bestimmtes Entgelt für die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte geht, ist in diesem Rechtsstreit ohne Bedeutung. Der Kläger hat eine Zahlungsklage gegen die Beklagte nicht erhoben. Der Gegenstand der Klage wird vom Kläger bestimmt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist – auch – vom Gericht zu respektieren (vgl. § 88 VwGO).
67 
Das Rechtsschutzbedürfnis scheitert nicht daran, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel auf andere Weise schneller, günstiger, einfacher durchsetzen könnte. Das wäre der Fall, wenn der Kläger seine auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gestützten Ansprüche durch Erlass eines Verwaltungsakts titulieren und erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung realisieren könnte (vgl. Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 189). Ein derartiges Vorgehen setzt allerdings voraus, dass die maßgebliche Rechtsnorm, hier also § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, oder eine spezielle Regelung zur behördlichen Handlungsform dem Verwaltungsträger die Befugnis einräumt, ein von ihm geltend gemachtes Recht einseitig durch Verwaltungsakt geltend machen und durchsetzen zu können (Senat, Beschl. v. 29.12.1989 – 10 S 2252/89 – VBlBW 1990, 225, 226; OVG LSA, Urt. v. 29.3.2006 – 1 L 149/03LKV 2006, 520, 521). Dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 VerpackV 1998) wird unter Hinweis auf die verordnungsrechtlich mehrfach eingeforderte „Abstimmung“ von Verhaltensweisen („Kooperationsprinzip“) eine derartige Verwaltungsakt-Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgesprochen (ausführlich VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66 ff.; ferner Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 401; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58). Die Beklagte selbst stellt einseitige Regelungsbefugnisse des Klägers nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Abrede. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung – Schutz der kommunalen Abfallwirtschaft gegenüber Nachteilen (BR-Drucks. 236/91 S. 16 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) – kann nicht entnommen werden, dass der Verwaltungsträger befugt sein soll, einen Mitbenutzungsvertrag mit dem Dualen System durch Verwaltungsakt zu dekretieren.
68 
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch nicht an der „Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes“ (zu dieser Kategorie Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 195). Das wäre nur der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden selbst im Falle eines Klageerfolges nicht verbessern würde. Davon kann hier keine Rede sein. Schon wenn einer der Hilfsanträge erfolgreich wäre, träte beim Kläger eine Verbesserung seiner rechtlichen Position ein, weil die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gerichtlich festgestellt wäre. Hätte sogar der Hauptsacheantrag Erfolg, würde sich die Stellung des Klägers außerdem dadurch verbessern, dass er seinen Vertragsentwurf durchgesetzt hätte und die Beklagte verpflichtet wäre, fortan nach den vom Kläger entworfenen vertraglichen Regeln zu handeln. Der angestrebte Rechtsschutz kann dem Kläger demnach im Erfolgsfall in doppelter Hinsicht von Nutzen sein.
II.
69 
Die Klage ist (nur) begründet, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung zur Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen und zur Entrichtung eines angemessenen Entgelts nach näherer Maßgabe des 4. Hilfsantrags begehrt; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
70 
1. Die auf den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrags – im Sinne des vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entwurfs – zielende Leistungsklage ist unbegründet. Zwar scheitert der mit der Klage gerichtlich geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass überhaupt keine Anspruchsgrundlage existierte (a); jedoch ist der vom Kläger vorgelegte Vertrag(sentwurf) von der ihn begünstigenden Regelung der Verpackungsverordnung nicht dergestalt gedeckt, dass von der Beklagten die Abgabe der zum Vertragsschluss notwendigen Willenserklärung verlangt werden kann (b).
71 
a) Zur Herleitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs beruft sich der Kläger auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger – von dem System(betreiber) gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 – die Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I (zu § 6) genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Diese Bestimmung entspricht § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Erforderlichkeit nach dieser früheren Fassung nicht nur auf die „Sammlung von Materialien“, sondern auch noch auf die „Sortierung von Materialien“ bezogen hatte. Zu erklären ist die Streichung der „Sortierung“ aus dem Verordnungstext mit der Herausnahme von Verwertungssystemen aus der Abstimmungsverpflichtung (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14), die § 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 – anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 – noch vorgesehen hatte. Die Rechtsqualität der alten wie der geltenden Norm als subjektives öffentliches Recht bleibt davon unberührt.
72 
aa) Schon der Wortlaut „können … verlangen“ macht deutlich, dass § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine subjektive Rechtsstellung einräumt, die einen Anspruch begründet (Hendler/Belz, GewArch 2009, 5, 8; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14; Bonk, Die Rechtsstellung der Kommunen nach der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379), VKS Dokumentation 2/99, S. 27 f.; Flanderka/Stroetmann/Sieberger, Verpackungsverordnung, 3. Aufl. 2009, § 6 RdNr. 72; ebenso zu § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008/§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1426; ferner VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66). Dass das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, als „Anspruch“ zu qualifizieren ist, macht § 194 Abs. 1 BGB – für die gesamte Rechtsordnung – unmissverständlich deutlich. Im Rechtssinne stellt § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) demnach eine Anspruchsgrundlage dar.
73 
bb) Die Entstehungsgeschichte bestätigt den Schutznormcharakter der Regelung zu Gunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Ein subjektives Recht ist gegeben, wenn eine Norm nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern – zumindest auch – dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist; über die Gewährung subjektiver Rechte entscheidet der Normgeber (Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2012, § 7 RdNr. 106 f.). Der Mitbenutzungsanspruch entsorgungspflichtiger Körperschaften hatte bereits Eingang in die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl I S. 1234) gefunden (§ 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991). Im Verordnungsentwurf der Bundesregierung war die Regelung noch nicht enthalten (vgl. BR-Drucks. 817/90 S. 7); sie ist erst auf Grund eines Vorstoßes des Bundesrates in die Verpackungsverordnung aufgenommen worden, und zwar mit der Begründung: „Die Regelung ist geboten, um wirtschaftliche Nachteile zulasten derjenigen kommunalen Gebietskörperschaften zu verhindern, die die genannten Systeme der kommunalen Abfallwirtschaft eingerichtet haben.“ (BR-Drucks. 236/91 S. 16). Der Schutzzweck der Mitbenutzungsvorschrift (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) zu Gunsten kommunaler Entsorgungsträger liegt danach auf der Hand.
74 
cc) Die systematische Auslegung bestätigt den Befund. Erstmals mit der Fünften Novelle der Verpackungsverordnung ist auch dem Systembetreiber ein Mitbenutzungsanspruch eingeräumt worden. Nach § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 können Systembetreiber von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verlangen, ihnen die Mitbenutzung ihrer Einrichtung gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten (vgl. zur Funktion dieser Neuregelung BT-Drucks. 16/7954 S. 21). Im Rechtssinne handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Mitbenutzungsanspruch des Systembetreibers (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 60). Angesichts des „Komplementärcharakters“ der Neuregelung zur vorausgegangenen Vorschrift (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 73) gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass beide Bestimmungen dieselbe rechtliche Qualität aufweisen: § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) und § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 stellen im Rechtssinne Anspruchsgrundlagen dar.
75 
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluss des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Mitbenutzungsvertrages besteht – jedenfalls deshalb – nicht, weil er von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht gedeckt ist (bb). Zweifel bestehen allerdings bereits in Bezug auf den geforderten Vertragsabschluss als solchen (aa).
76 
aa) Der Anspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zielt auf die „Mitbenutzung“ bestimmter kommunaler Entsorgungseinrichtungen und auf ein „angemessenes Entgelt“, das der Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Mitbenutzung der Einrichtungen leistet. Der Kläger begehrt indes auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 den Abschluss eines Vertrages. Diesen Anspruchsinhalt kennt die Bestimmung nicht. Das Begehren liegt deshalb außerhalb der im Verordnungstext vorgesehenen Rechtsfolge und ist vom Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt.
77 
Der Kläger meint, der Mitbenutzungsanspruch könne nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden; zudem sei die Angemessenheit des Entgelts für die Benutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen ein untrennbarer Bestandteil des Mitbenutzungsanspruchs. Zwingend ist das nicht. Die Systematik des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 lässt auch die Deutung zu, dass die Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen – ohne gesonderten Vertrag – durch den Systembetreiber rein tatsächlich erfolgt oder, sofern eine rechtliche Absicherung des Realgeschehens vorgenommen wird, die entsprechende Regelung in der Abstimmungsvereinbarung (§ 6 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VerpackV 2008) getroffen wird. Dem Verordnungstext lässt sich auch kaum ein Junktim zwischen der „Mitbenutzung“ und dem „angemessenen Entgelt“ entnehmen. Indem nach Ermessen („können“) zu entscheiden ist, ob die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen vom Systembetreiber verlangt wird und ob dafür ein (vertraglich vereinbartes) angemessenes Entgelt eingefordert werden soll, eröffnet § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einen gesonderten Vertragsabschluss ist die Bestimmung nicht unbedingt ausgerichtet. In den Materialien findet sich dazu kein Hinweis (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991; BT-Drucks. 13/10943 S. 19, 26 und 34 zur VerpackV 1998; BT-Drucks. 16/7954 S. 15 und 21 zur VerpackV 2008).
78 
Der Senat verkennt nicht, dass die skizzierte Rechtslage unbefriedigend und die Verpackungsverordnung in dem hier relevanten Punkt wenig anwendungsfreundlich ausgestaltet ist, weil der Abschluss eines Vertrages, der – sofern zur Rechtsnatur nichts anderes vereinbart würde – öffentlich-rechtlicher Natur wäre (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15), für die praktische Handhabung des § 6 Abs. 4 Satz 5 (und Satz 6) VerpackV 2008 zweckmäßig sein könnte und zur Rechtssicherheit beitrüge. Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 Abs. 2 LV BW) erlaubt es dem Senat jedoch nicht, in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ein bestimmtes Handlungsformgebot hineinzuinterpretieren, für das es keinen rechtlichen Anhaltspunkt in der Verpackungsverordnung bzw. in den Materialien gibt. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber ausweislich der in § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zur „Abstimmung“ getroffenen Vorschriften deutlich gemacht hat, wann welche formalen Vorgaben im Verhältnis zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuhalten sind.
79 
bb) Die Frage des Vertragsschlusses (in der Form des § 57 LVwVfG) kann letztlich offen bleiben, da der Kläger einen Vertrag einfordert, der inhaltlich über die Maßgaben des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 hinausgeht. Auf freiwilliger Basis können die Beteiligten eine derartige Vereinbarung als Austauschvertrag (§ 56 LVwVfG) treffen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 LVwVfG). Beanspruchen kann der Kläger nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 jedoch nur eine solche Übereinkunft, die sich im Rahmen der Verordnungsbestimmung hält und bezüglich derer die Verhandlungen und Gestaltungsspielräume (mit dem potentiellen Vertragspartner) dergestalt eingeschränkt sind, dass allein die begehrte Vereinbarung den widerstreitenden Interessen angemessen Geltung (vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) verschafft (ebenso zum Anspruch auf Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zur Mitbenutzung der „Blauen Tonnen“ OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428). Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat konzentriert seine Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.
80 
(1) Nach § 2 Abs. 4 des vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurfs liegt die Ausgestaltung des Erfassungssystems im alleinigen Ermessen des Landkreises, also des Klägers. Es erschließt sich nicht von selbst, warum in diesem wichtigen Punkt nicht das Einvernehmen oder wenigstens das Benehmen mit dem Vertragspartner, d. h. der Beklagten, hergestellt werden muss. Der Senat vermag nicht zu erkennen, zumal zu diesem Regelungsvorschlag keine Begründung ersichtlich ist, warum von der Beklagten das Einverständnis mit einem so einseitigen „Bestimmungsrecht“ des Klägers nach §§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschuldet sein soll.
81 
(2) Die Regelung (§ 3 des Vertragsentwurfs) zur Überlassung eines Teils des unsortierten Sammelgemischs an die..., also die Beklagte, könnte auf freiwilliger Basis getroffen werden. Aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 lässt sich der Vorschlag des Klägers nicht ohne weiteres und schon gar nicht zwingend ableiten; das betrifft sowohl Inhalt und Umfang der Überlassung als auch deren Modalitäten. Denkbar ist zudem auch eine Vereinbarung, die die Abfallverwertung bezüglich der PPK-Abfälle zu 100% dem Kläger überlässt und die Beklagte zu einem bestimmten Prozentsatz am Verwertungserlös beteiligt.
82 
Damit ist nichts zur Zweckmäßigkeit oder Vernünftigkeit der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung ausgesagt. Dies zu beurteilen, ist nicht die Aufgabe des Senats im vorliegenden Rechtsstreit, sondern Angelegenheit der (potentiellen) Vertragspartner. Da der Kläger jedoch die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages begehrt, so dass bei einer erfolgreichen Leistungsklage der Beklagten ein Vertrag mit einem bestimmten Inhalt aufgezwungen würde, muss zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststehen, dass zur Ausbalancierung der konfligierenden Interessen allein die vom Kläger vorgeschlagene Regelung in Betracht kommt. Derartiges lässt sich in Bezug auf § 3 des Vertragsentwurfs § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht entnehmen.
83 
(3) Der Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers unbefristet geschlossen werden; ein Kündigungsrecht wird nur dem Landkreis, also dem Kläger, eingeräumt (§ 5 des Vertragsentwurfs), nicht jedoch der... (d. h. der Beklagten). Eine solche Verteilung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Vertragsdauer lässt sich – gleichsam alternativlos – aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herleiten, so dass auch von daher die begehrte Abgabe der Willenserklärung der Beklagten zum Vertragsschluss nicht verlangt werden kann. Zwar wendet der Kläger – insoweit zutreffend (vgl. unten II. 2. a cc (2) und ee) – ein, dass die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) eine Dauerpflicht sei; daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Mitbenutzung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ebenfalls als eine auf Dauer angelegte, unbefristete und ohne Kündigungsrecht des Systembetreibers ausgestaltete Pflicht reglementiert werden muss. Ein derartiges Junktim, das der Kläger postuliert, ist weder von der Verpackungsverordnung vorgegeben (a) noch ohne weiteres mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungsvertragsrechts zu vereinbaren (b).
84 
(a) § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 unterscheidet rechtlich eindeutig zwischen „Abstimmung“ (bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Dualen System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 und vorhandenen Sammelsystemen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) und „Mitbenutzung“ (jener Sammelsysteme durch den privaten Systembetreiber). Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist und die Ebene der „Mitbenutzung“ vom Verordnungsgeber sachlich sinnvoll und praktisch handhabbar ausgestaltet worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden; dass Zweifel insoweit angebracht sind, zeigt der vorliegende Rechtsstreit.
85 
Hintergrund des geltenden Rechts ist die mit der Verpackungsverordnung getroffene konzeptionelle Entscheidung, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und der Privatwirtschaft zuzuordnen, die die Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher (sowie die Verwertung der Abfälle) einem behördlich festgestellten System überträgt, das verordnungsrechtlich einem abfallrechtlichen Sonderregime untersteht (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 94 und 95; HessVGH, Urt. v. 16.7.2003 – 6 UE 3127/01 – GewArch 2004, 36, 37 = ZUR 2004, 42, 43). Diese Systementscheidung hat der (Gesetz- bzw.) Verordnungsgeber jedoch nicht mit einem Wegfall der Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Entsorgung verwertbarer Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten verknüpft. Im Gegenteil, mangels Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die nicht an das private System zurückgegebenen Verpackungsabfälle nach § 20 Abs. 1 KrWG n. F. (subsidiär) zuständig und müssen insoweit ihrer gesetzlichen Entsorgungspflicht nachkommen (VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239; Baars, NVwZ 2000, 42, 44; ders., NVwZ 2002, 309; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 50). Diese „latente“ Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (so Baars, in: Fluck, KrW-/AbfG, 63. Lfg. Mai 2006, § 6 VerpackV RdNr. 105) bedingt die Vorhaltung eigener kommunaler Sammelsysteme. Idealtypisch ist in der Verpackungsverordnung das Nebeneinander von privater und öffentlicher Abfallwirtschaft angelegt, so dass zwei operativ agierende Systeme bestehen könn(t)en. Selbst der Kläger hat noch in der Klageschrift – allerdings überspitzt und in der Absolutheit, wie dargestellt, unzutreffend – die „alleinige Verantwortlichkeit der Systembetreiber für die in der Entsorgungsinfrastruktur erfassten Verkaufsverpackungen“ sowie „keine Entsorgungsverantwortlichkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ postuliert (Bl. 55 d. A. des VG). Operativ tätig werdende Sammelsysteme privater Systembetreiber sind in der Verpackungsverordnung angelegt und durch § 6 Abs. 3 VerpackV sogar nahegelegt. Vor diesem Hintergrund ist die beinahe „absolute“ Bindung an die Entsorgungsinfrastruktur des Klägers, die § 5 des Vertragsentwurfs versucht, im Sinne einer rechtlich gebotenen Pflichtigkeit der Beklagten mit der Verpackungsverordnung kaum zu vereinbaren, jedenfalls aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herzuleiten.
86 
Die Abstimmungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 besteht unabhängig davon, ob der Systembetreiber selbst mit einem eigenen Sammelsystemen operativ tätig wird oder die vorhandene kommunale Entsorgungsinfrastruktur mitbenutzt. Das aber bedeutet, dass der Systembetreiber verordnungsrechtlich frei darin ist, ein eigenes Sammelsystem einzurichten oder Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008, der jene Option voraussetzt, weil das in der Bestimmung normierte Wahlrecht ansonsten keinen Sinn macht). Ob und wie sich der Systembetreiber durch die Abstimmung (Abstimmungserklärung oder Abstimmungsvereinbarung, dazu unten II. 2. a dd) an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bindet (dazu unten II. 2. a ee), ist auf einer anderen rechtlichen Ebene angesiedelt. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Systembetreiber seine verordnungsrechtlich begründete Wahlfreiheit aufgeben und in einemMitbenutzungsvertrag eine Vereinbarung eingehen muss, wie sie der Kläger in § 5 seines Vertragsentwurfs vorschlägt.
87 
(b) Angesichts der Lückenhaftigkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Bezug auf Mitbenutzungsregelungen, die der Systembetreiber und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vereinbaren (können), ist zur Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzend auf §§ 54 ff. LVwVfG zurückzugreifen. Der Senat lässt offen, ob der Kläger mit seinem Vertragsentwurf die Anforderungen des § 56 LVwVfG (hinreichend) beachtet hat. Der Regelungsvorschlag des Klägers zu Vertragsdauer und Kündigung (§ 5 des Entwurfs) steht jedenfalls nicht in Einklang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, der jeder Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumt. Diese Bestimmung enthält zwingendes Recht, das durch Vertrag nicht abbedungen werden kann und nur durch vorrangige Spezialregelungen verdrängt wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 RdNr. 1). Eine derartige Spezialbestimmung kann (möglicherweise) in § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 gesehen werden. Diese Vorschrift betrifft indes allein die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), nicht aber dieMitbenutzung (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008), um die allein es im vorliegenden Zusammenhang geht. Auch vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist demnach nicht zu erkennen, wie die Beklagte gegen ihren Willen zu der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung in § 5 des Vertragsentwurfs gezwungen werden kann.
88 
(4) Der Senat kann offen lassen, wie weitere der vom Kläger angestrebten vertraglichen Regelungen rechtlich zu beurteilen sind. Am Beispiel von drei Einzelregelungen hat die Prüfung ergeben, dass diese (Entwurfs-)Be-stimmungen auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht eingefordert werden können. Da mit dem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, „den“ als Anlage 1 zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Vertrag zu schließen, genügt zur Abweisung der Klage insoweit, dass eine bestimmte vertragliche Regelung von der Beklagten nicht geschuldet ist. Dieser Befund hat sich hier gleich in drei Punkten herausgestellt. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Abgabe der eingeforderten Willenserklärung zum Vertragsschluss nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht beanspruchen. Der Hauptantrag ist unbegründet.
89 
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger mit dem 4. Hilfsantrag die Mitbenutzung der in dem Antrag aufgelisteten Entsorgungseinrichtungen und die Pflicht der Beklagten zur Entrichtung eines in Anlehnung an kommunalabgabenrechtliche Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips zu berechnenden angemessenen Entgelts festgestellt wissen will. Den ersten drei Hilfsanträgen muss der Erfolg versagt bleiben. Der 5. Hilfsantrag ist nicht zu bescheiden, da der 4. Hilfsantrag Erfolg hat.
90 
a) Die Pflicht der Beklagten zur Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers für die PPK-Abfälle ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008.
91 
aa) Der Kläger ist berechtigt, die Mitbenutzungspflicht einzufordern. Er ist in seinem Landkreisgebiet „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“. Dies ergibt sich aus § 20 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG und § 6 Abs. 1 LAbfG.
92 
bb) Die Mitbenutzungspflicht trifft das „System“ im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008, also den Systembetreiber (vgl. Satz 2). Das ist die Beklagte. Die am 22. Dezember 1992 vom Umweltministerium Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 3 VerpackV 1991 getroffene Systemfeststellung („regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet“) gilt nach wie vor. Die Feststellung der „Rechtstatsache“ (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 82) hat bislang keine Änderung erfahren. Die Systemfeststellung, die rechtsdogmatisch einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 93 f.; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 70), bleibt wirksam (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), solange sie nicht widerrufen ist (vgl. § 6 Abs. 6 VerpackV 2008). Ein Widerruf ist bislang nicht ausgesprochen worden. Dies hat das Landesumweltministerium (gegenüber dem Kläger) ausdrücklich bestätigt.
93 
cc) Gegenstand der Mitbenutzung sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „Einrichtungen“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die vom Kläger im 4. Hilfsantrag vorgenommene Auflistung (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge – jeweils mit genauer Spezifizierung) erfüllt diese Voraussetzung.
94 
(1) Die von der Beklagten erhobenen Einwände, die darauf hinauslaufen, nur die Erfassungsgefäße dem Begriff der Einrichtung zuzuordnen, überzeugen nicht. Der Begriff „Einrichtungen“ ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst als Sachgesamtheit sächliche und personelle Substrate, die in einem funktionalen Sinne der „Sammlung“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dienen (Bonk a.a.O. S. 28). Es geht um Einrichtungen der Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger. Folglich ist zur Begriffsbestimmung, da die Verpackungsverordnung dazu nichts sagt, auf das kommunalrechtliche Verständnis des Begriffs „Einrichtung“ (§ 10 Abs. 2 S. 1 GemO, § 2 Abs. 2 LKrO) zurückzugreifen. Darunter ist eine organisatorische Zusammenfassung sächlicher und personeller Mittel zu verstehen, welche die kommunale Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben geschaffen hat und Berechtigten zur unmittelbaren Benutzung zur Verfügung stellt (VGH BW, Urt. v. 9.1.1996 – 2 S 2757/95 – NVwZ-RR 1997, 123).
95 
Abfallrechtlich korrespondiert mit diesem weiten Begriffsverständnis am ehesten der Begriff „Sammelsysteme“ (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), der offenbar in der Sache nichts anderes meint als der Begriff „Einrichtungen“. Zutreffend wird im Schrifttum betont, dass „Einrichtungen“ nach der Systematik der Verpackungsverordnung alle Bestandteile des öffentlichen Sammelsystems im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 sind (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft, dass die vom Kläger aufgelisteten Vorrichtungen (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge) und die zur Sammlung der PPK-Abfälle einzusetzenden Personen „Einrichtungen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 sind. Davon geht letztlich auch die Beklagte in ihrem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag (Bl. 159 f. d. A.) aus. Unberührt von der Begriffsbestimmung bleibt die – eigenständig zu beantwortende (vgl. unten II. 2. a dd) – Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Mitbenutzung.
96 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht etwa „einrichtungsbezogen“ dergestalt restriktiv zu deuten, dass tatbestandlich nur solche „Einrichtungen“ erfasst würden, in die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schonvor Einrichtung eines Dualen Systems investiert hatte. Diese Ansicht wird – unter Hinweis auf den Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 („vorhandene“ Sammelsysteme) und den vom Bundesrat 1991 intendierten Investitionsschutz der Kommunen (BR-Drucks. 236/91 S. 16) – zur gebotenen Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) in Rechtsprechung und Schrifttum ebenfalls vertreten (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 58, 60; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 68; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 57). Dieser Prämisse folgt die These, da der Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht weiter gehen könne als die Abstimmungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008, sei sie grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Systemeinrichtung vorhandenen Sammeleinrichtungen beschränkt (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58, mit Relativierung zur Erneuerung von Sammelbehältnissen). Nach diesem restriktiven Verständnis könnte die Mitbenutzungspflicht bezüglich der im Jahr 2008 vom Kläger eingeführten „Blauen Tonnen“ in Frage gestellt werden.
97 
Diese Auffassung verkennt, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber um ein Dauerrechtsverhältnis handelt, so dass sich eine statische Betrachtung von vornherein verbietet (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1427). Dass die Verpackungsverordnung selbst von einer Dauerrechtsbeziehung ausgeht, ergibt sich unzweideutig aus § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008; denn die Anpassungsklausel macht nur Sinn, wenn und weil die Abstimmung kein punktuelles Ereignis ist. Es macht auch wenig Sinn, der Fünften Novelle zur Verpackungsverordnung von 2008 zu unterstellen, der Begriff „vorhanden“ beziehe sich auf die Anfang der 1990er Jahre existenten Sammelsysteme (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14, nennt eine solche Deutung „unsinnig“). Der Begriff „vorhanden“ lässt sich in zeitlicher Hinsicht sinnvoll nur so verstehen, dass es auf den Zeitpunkt und Zeitraum der Abstimmung bzw. (im vorliegenden Zusammenhang) der Mitbenutzung(sregelung) ankommt. Beim Neuerlass der Verpackungsverordnung 1998 hat der Bundesrat zur Begründung der von ihm durchgesetzten Einfügung der Sätze 3 bis 8 in § 6 Abs. 3 VerpackV 1998 zutreffend die „ständige Abstimmung zwischen einem privaten Systembetreiber und der Kommune“ eingefordert, weil nur so eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungsabfällen gewährleistet werden könne (BT-Drucks. 13/10943 S. 34). Dies macht deutlich, dass der entstehungsgeschichtliche Hinweis zur Verpackungsverordnung 1991 Sinn und Zweck der Abstimmung nach den Verpackungsverordnungen 1998 und 2008 nicht vollständig erfasst (OVG NW a.a.O.; ferner Bonk a.a.O. S. 26: „kein bundesrechtliches Verbot zum Ausbau und zur Neugründung bisher nicht vorhandener öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme“). Nichts anderes gilt für die Mitbenutzung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, zumal der Verordnungstext dazu nicht einmal die Einschränkung „vorhandene“ Einrichtungen vornimmt.
98 
dd) Die vom Kläger verlangte Mitbenutzung seiner Einrichtungen ist im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 für die Sammlung von Materialien der in Anhang I zu § 6 genannten Art auch „erforderlich“. Die Mitbenutzung muss nicht etwa, wie die Beklagte meint, „unerlässlich“ sein. Dies fordert der Verordnungstext gerade nicht. Zudem kommt es bei der Beurteilung dessen, was „erforderlich“ ist, nicht einseitig auf die Sicht des Systembetreibers an; zur Beurteilung ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen (Bonk a.a.O. S. 28). Danach ist die „Erforderlichkeit“ – jedenfalls – dann zu bejahen, wenn die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die (Mit-)Er-fassung von Verkaufsverpackungen tatsächlich benötigt werden (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte im Entsorgungsgebiet des Klägers über ein eigenes, operativ agierendes PPK-Erfassungssystem nicht verfügt. Die Beklagte ist auf die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers daher angewiesen.
99 
Hiergegen verfängt der Einwand der Beklagten, sie könne ein eigenes Sammelsystem aufbauen und die Sammlung der PPK-Fraktion selbst durchführen, nicht. Das mag technisch möglich sein. Um die „Erforderlichkeit“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 verneinen zu können, muss die Einrichtung eines eigenen Sammelsystems der Beklagten jedoch auch rechtlich möglich sein. Daran fehlt es hier. In der „Abstimmungserklärung“ der Beteiligten vom 2./14. Juli 1992 ist unter III. 1. in Satz 1 und 2 bestimmt:
100 
„Für den Bürger gibt es nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem. Das Duale System sammelt alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen ‘Grüner Punkt‘ ein sowie nach näherer Absprache zwischen dem Landkreis ... und der ..., die auch einen Kostenausgleich erhält, auch alle anderen Wertstoffe, die für den gleichen Verwertungsweg wie die einschlägigen Verpackungsmaterialien geeignet sind.“
101 
Der Senat kann unentschieden lassen, wie diese „Abstimmungserklärung“, die von Vertretern beider Seiten unterzeichnet worden ist (Landrat für den Kläger, Geschäftsführer für die Beklagte), rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Die Verpackungsverordnung normiert für die „Abstimmung“ keine bestimmte (verwaltungsrechtliche) Handlungsform (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 VerpackV 2008); damit besteht Wahlfreiheit zwischen einem Abstimmungsvertrag und einer einseitigen Abstimmungserklärung (Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 400; Bonk a.a.O. S. 24 f.). In jedem Fall führt die getroffene „Abstimmung“ zu einer verwaltungsrechtlichen Sonderverbindung („verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“), die ein Dauerrechtsverhältnis darstellt (OVG NW a.a.O.; Baars, NVwZ 2000, 42, 43; Bonk a.a.O. S. 33 und S. 44). Solange eine getroffene „Abstimmung“ nicht geändert, gekündigt oder auf andere Weise aufgehoben worden ist, gilt sie fort und bestimmt die Rechte und Pflichten der Beteiligten im betroffenen Entsorgungsgebiet (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 55).
102 
An die in der „Abstimmungserklärung“ getroffene Festlegung auf „nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem“ im Landkreisgebiet des Klägers ist die Beklagte nach wie vor rechtlich gebunden. Dass sie nach der Verpackungsverordnung an sich ein eigenes PPK-Sammelsystem aufbauen könnte, führt hier nicht weiter, solange die mit dem Kläger getroffene „Abstimmung“ rechtlich Bestand hat. Das ist unstreitig der Fall. Die Absichtsbekundung der Beklagten vom 7. Februar 2011, ein eigenes System zur Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen im Entsorgungsgebiet des Klägers aufbauen zu wollen, hat dieser zurückgewiesen. Eine Änderung der „Abstimmungserklärung“ hat demnach bislang nicht stattgefunden. Auch eine Anpassung der „Abstimmung“ auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 ist bisher nicht vorgenommen worden. Ist demnach die „Abstimmungserklärung“ von 1992 in Bezug auf das eine Sammelsystem im Entsorgungsgebiet des Klägers unverändert bestimmend, ist die Beklagte am Aufbau eines eigenen Sammelsystems rechtlich gehindert. Folglich ist die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nach wie vor „erforderlich“.
103 
Die rechtliche Bindung der Beklagten an die „Abstimmungserklärung“ von 1992 – mit der Folge der „erforderlichen“ Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers – entfällt nicht etwa deshalb, weil jene Abstimmungserklärung auch Sachverhalte regelt, die über die verordnungsrechtlich gebotenen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Verpackungsverordnung unterscheidet seit jeher zwischen notwendigen und sonstigen Inhalten der Abstimmung. Die notwendigen Inhalte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 4 und 7 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 1 und 4 VerpackV 2008) sind Voraussetzung für die Systemfeststellung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 6 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 6 i. V. m. Satz 11 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008). Den Beteiligten steht es aber frei, in die Abstimmung weitere Punkte einzubeziehen und diese zu regeln (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zulässig ist insbesondere die Verständigung auf ein Erfassungssystem in dem betreffenden Entsorgungsgebiet. Dadurch kann – im beiderseitigen Interesse – die Zerschlagung bestehender Entsorgungsstrukturen verhindert und der Aufbau – kostspieliger – Doppelstrukturen vermieden werden (Bonk a.a.O. S. 26).
104 
Die Beklagte musste sich demnach nicht auf die Regelung einlassen, dass im Entsorgungsgebiet des Klägers nur ein Erfassungssystem für die PPK-Verpackungsabfälle vorgehalten wird, aber sie durfte diese Regelung eingehen. Dann aber ist sie, solange die getroffene Abstimmung Bestand hat, rechtlich gebunden. Dass eine Vereinbarung über die Entgelthöhe in der „Abstimmungserklärung“ nicht getroffen worden ist, ist rechtlich unerheblich; denn die Festlegung der Höhe von Mitbenutzungsentgelten ist nicht notwendiger Bestandteil der Abstimmung (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56 und RdNr. 61). Das zeigt nicht nur der Vergleich zwischen § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5 VerpackV 2008, sondern auch die in Abs. 4 Satz 7 getroffene Bestimmung; der Verordnungsgeber gibt danach unmissverständlich zu erkennen, wann die „Abstimmung“ mit der Entgeltfrage verkoppelt ist und wann die Entgeltregelung erst auf der Ebene der „Mitbenutzung“ relevant wird. Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Hier geht es nur um die – zu bejahende – Frage der Bindung der Beklagten an die 1992 getroffene „Abstimmungserklärung“.
105 
ee) Das Verlangen des Klägers nach Mitbenutzung eigener Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler. Während die „Abstimmung“ mit den verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestgehalten geboten und Voraussetzung für die Systemfeststellung ist, hat der Verordnungsgeber die „Mitbenutzung“ einer bloßen „kann“-Regelung unterworfen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist folglich nicht verpflichtet, den Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geltend zu machen; ihm ist verordnungsrechtlich eine Befugnis hierzu eingeräumt. Von dieser Berechtigung des Hoheitsträgers muss insbesondere willkürfrei Gebrauch gemacht werden; auch das Übermaßverbot ist zu beachten, soweit ihm jenseits des Merkmals „erforderlich“ in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 noch eine Direktionskraft zukommt.
106 
Die über die bloße „Abstimmung“ von nebeneinander bestehenden Sammelsystemen hinausgehende „Mitbenutzung“ eines vorhandenen Systems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere dann rechtsfehlerfrei verlangt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für eine bestimmte Entsorgungsaufgabe (wie bei der PPK-Fraktion) ohnehin zuständig bleibt (dazu oben II. 1. b bb (3) (a)), so dass (an sich) in einem bestimmten Entsorgungsgebiet die Entsorgung durch einen privaten Systembetreiber und die kommunale PPK-Entsorgung aufeinandertreffen (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 53 unter Hinweis auf Bundeskartellamt, Beschl. v. 6.5.2004, Az.: B 10-37202-N-97/02-1, RdNr. 72). In einer solchen Konstellation kann in dem Dauerrechtsverhältnis der Verzicht auf eine Errichtung von Doppelstrukturen, obwohl von der Verpackungsverordnung nicht verboten, in hohem Maße sachangemessen sein, da der Sorge des Verordnungsgebers, dass sich „ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Erfassungssystemen“ negativ auf die ordnungsgemäße Abfallentsorgung auswirken kann (BT-Drucks. 13/10943 S. 34), von vornherein die Grundlage entzogen wird. Der Einwand der Beklagten, es finde eine unzulässige „Rekommunalisierung“ der Entsorgung von PPK-Abfällen statt, geht folglich ins Leere – abgesehen davon, dass es sich dabei um keinen von der Verpackungsverordnung verwendeten Rechtsbegriff handelt.
107 
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kläger verlangte Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen nicht nur „erforderlich“, sondern – da die Beklagte über ein eigenes operativ agierendes System nicht verfügt – sogar unabweisbar ist. Die Geltendmachung des Mitbenutzungsanspruchs gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 durch den Kläger ist daher angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage (insbesondere „Abstimmungserklärung“) in jeder Hinsicht (sach)angemessen.
108 
b) Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Entscheidung zur Herausgabe von Abfällen an die Beklagte findet in der Verpackungsverordnung keine Grundlage. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten werden verordnungsrechtlich durch § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 geprägt; Regelungsgegenstände sind die Abstimmung (Satz 1 bis 4, Satz 9 und 11), die Übernahme bzw. Mitbenutzung von Einrichtungen (Satz 5 und 6), die Erfassung stoffgleicher Nicht-Verpackungsabfälle (Satz 7), die Mitfinanzierung spezifischer kommunaler Angebote durch den Systembetreiber (Satz 8) und die Unterwerfung unter eine Abstimmung (Satz 10). Die Aufteilung von PPK-Abfällen zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist in der Verpackungsverordnung keiner Regelung unterzogen und damit der Vereinbarung der Beteiligten überlassen. Mangels rechtlicher Grundlage kann der Kläger daher eine bestimmte Aufteilung der PPK-Verkaufsverpackungen nicht beanspruchen. Schon aus diesem Grunde ist der 1. Hilfsantrag unbegründet.
109 
c) Der Kläger hat jedoch gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 einen Anspruch darauf, dass das von der Beklagten für die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen zu leistende „angemessene Entgelt“ in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen sowie unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips ermittelt wird. Dies muss allerdings nicht zwingend nach dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zu der Berufungsbegründungsschrift geschehen. Der 2. Hilfsantrag ist demnach unbegründet, ebenso der das Kooperationsprinzip ausblendende 3. Hilfsantrag, der 4. Hilfsantrag ist hingegen begründet; der 5. Hilfsantrag ist nicht mehr zu bescheiden.
110 
aa) Der Verordnungsgeber hat keine Begriffsbestimmung zu dem Merkmal „angemessenes Entgelt“ vorgenommen. Er hat nicht einmal Parameter aufgezeigt, anhand derer die Rechtsanwendung eine Orientierung finden könnte. Auch die Materialien geben keinen Aufschluss darüber, wie die „Angemessenheit“ des Entgelts ermittelt werden soll (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991, BT-Drucks. 13/10943 S. 26 und S. 34 zur VerpackV 1998, BT-Drucks. 16/7954 S. 21 zur VerpackV 2008). Sicherlich zutreffend ist der Hinweis, dass auf den Einzelfall abzustellen und nach Maßgabe der für die Schaffung und Unterhaltung der mitbenutzten Einrichtungen entstehenden Kosten und des Maßes der Inanspruchnahme zu urteilen ist (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Damit ist aber lediglich eine erste Groborientierung gegeben, die noch keine in Zahlen auszudrückende Ermittlung des Entgelts erlaubt.
111 
Ein einseitiges Bestimmungsrecht ist keinem der Beteiligten durch die Verpackungsverordnung eingeräumt. Der Rückgriff auf § 315 Abs. 3 BGB (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428: Rechtsgedanke von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann herangezogen werden) ist schon im Zivilrecht nicht voraussetzungslos möglich; denn die §§ 315 ff. BGB sind nicht anwendbar, soweit die Leistung durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann (BGH, Urt. v. 4.4.2006 – XZR 122/05 – NJW 2006, 2472; Stadler, in: Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, § 315 RdNr. 3 m. w. Nachw.). Für die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 bedeutet dies, dass eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ nur in Betracht kommt, wenn andere, näherliegende Methoden zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nicht zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu. Jedenfalls das Kommunalabgabenrecht bietet maßgebliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ähnliches könnte für ein strukturiertes und systematisch aufbereitetes Preisbildungsmodell nach Wettbewerbsgesichtspunkten gelten, dessen Entwicklung der Beklagten obliegt.
112 
bb) Soweit der Kläger die Entsorgungsverantwortlichkeit für PPK-Abfälle nach § 20 KrWG behält, erfolgt die Gebührenberechnung nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW). Es liegt daher nahe, im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ jedenfalls auch auf die kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zurückzugreifen (Bonk a.a.O. S. 29). Denn wenn ein bestimmtes Sammelsystem sowohl vom privaten Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) als auch von Abfallerzeugern und Abfallbesitzern (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) genutzt wird bzw. genutzt werden kann, spricht zunächst alles dafür, dass die Zahlungspflichten der einzelnen Nutzer nach denselben Kalkulationsgrundsätzen ermittelt werden. Im eigenverantwortlichen Entsorgungsbereich des Klägers sind §§ 13 ff., 18 KAG BW maßgebend.
113 
Die Heranziehung der kommunalabgabenrechtlichen Vorgaben kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht gleichsam „eins zu eins“ erfolgen. Denn die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschieht nicht, wie im Kommunalabgabenrecht üblich, im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses, sondern – jedenfalls dem Grunde nach – in einer Verhandlungssituation. Deshalb ist zur Bemessung des Entgelts lediglich eine Orientierung an den gebührenrechtlichen Grundsätzen (unter Einschluss des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips) angezeigt (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 72; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Das § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 prägende Kooperationsprinzip darf daneben nicht unberücksichtigt bleiben.
114 
Schon diese Relativierung entkräftet den Einwand der Beklagten, auf das (hoheitliche) Kommunalabgabenrecht dürfe wegen des hier geltenden verpackungsrechtlichen Konsensualprinzips nicht zurückgegriffen werden. Denn die bloße Orientierung am Kommunalabgabenrecht verleiht der Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ einerseits zwar System, Kontur und Substanz (und ist damit der bloßen „Billigkeit“ entsprechend § 315 Abs. 3 BGB deutlich überlegen), lässt andererseits jedoch Raum für Verhandlungen, Abweichungen und Kompromisse (in diesem Sinne versteht der Senat die zuletzt nochmals von dem Kläger präzisierte Haltung, Bl. 625 d. A.). Unabhängig davon wäre die Einlassung der Beklagten mindestens missverständlich, wenn sie das „Konsensualprinzip“ im Sinne einer strikten Rechtsregel verstanden wissen wollte. Im Rechtssinne wird das auf die Verpackungsverordnung gemünzte „Kooperationsprinzip“ seit jeher als generelles Leitbild und allgemeine Ordnungsidee verstanden (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 – E 98, 106, 130 f.; VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239); das gilt ebenso für § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 97). Im Übrigen schließt das grundsätzlich vom Gedanken der Kooperation und des Konsenses geprägte Verhältnis zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Rückgriff auf das Ordnungsrecht bei fehlendem oder ungenügendem Zusammenwirken der Kooperationspartner keineswegs aus (VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 69). Folgerichtig betont der Verordnungsgeber, dass sich der ordnungsrechtliche Ansatz und das Kooperationsprinzip in der konkreten positivrechtlichen Ausprägung ergänzten (BT-Drucks. 13/10943 S. 19 zu § 6 Abs. 3 VerpackV 1998; zuvor ebenso BT-Drucks. 13/5999 S. 14 und BT-Drucks. 13/7761 S. 17). Ausweislich des geltenden Rechts ist es daher nicht zutreffend, einseitig das Kooperations- oder Konsensualprinzip als Leitmaxime in den Vordergrund zu schieben (Koch, NVwZ 1998, 1155, 1157; Sproll, UPR 1999, 129, 132).
115 
Erfolgt die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV somit in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen, kann nur dem 4. Hilfsantrag stattgegeben werden, während dem 3. Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben muss. Denn dieser Antrag will das Entgelt nach einem bestimmten Kalkulationsmuster ermitteln. Konsensuale Elemente in dem hier skizzierten Sinne werden – zu Unrecht – nicht berücksichtigt.
116 
cc) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Einigung zwischen den Beteiligten auf der Grundlage dieses Urteils möglich, auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage geboten und im Interesse der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung wünschenswert ist. Das betrifft insbesondere die Methodik, also die Berechnungsschritte, sowie die Maßstäblichkeit des Volumen- bzw. Masseanteils der PPK-Fraktion. Die anzustrebende vertragliche Übereinkunft setzt allerdings eine echte Verständigungsbereitschaft und einen wirklichen Einigungswillen voraus. Beides ist seit etwa vier Jahren nicht in dem notwendigen (Mindest-)Maß ausgeprägt. Könnte nun auch nach der Durchführung dieses „Musterverfahrens“ eine Mitbenutzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden, müsste nach Überzeugung des Senats der Verordnungsgeber im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „nachsteuern“. Ob dies für die Beteiligten die bessere Lösung wäre, mag dahinstehen.
117 
Der Kläger hat auf der Grundlage des Kommunalabgabenrechts ein strukturiertes, methodisch reflektiertes und mit inhaltlicher Substanz angereichertes Berechnungsmodell zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorgelegt. Dadurch wird die öffentlich-rechtliche Rationalität der Preisbildung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte hat ein vergleichbares privatwirtschaftlich geprägtes „Gegenmodell“ bislang nicht präsentiert; wird das Kooperationsprinzip ernst genommen, obliegt es der Beklagten, nicht nur punktuell zur Entgeltermittlung Stellung zu nehmen, sondern einen ausgearbeiteten Vorschlag dem Modell des Klägers entgegenzustellen. In der mündlichen Verhandlung ist seitens der Beklagten pointiert zum Ausdruck gebracht worden, dass sie klare Vorstellungen zum „angemessenen Entgelt“ habe, die im Wettbewerb erzielbaren Entgelte kenne und über Expertise zur Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen verfüge. Auf dieser Grundlage sollte es der Beklagten möglich sein, zwecks Aktualisierung des Kooperationsprinzips ein kohärentes Gesamtkonzept zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorzulegen; andernfalls müsste es mit der Orientierung am Kommunalabgabenrecht sein Bewenden haben.
118 
Zu einem Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist die Frage nach dem Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten für die PPK-Fraktion im Entsorgungsgebiet geworden. Die Beklagte sieht ihre Verantwortlichkeit begrenzt auf die von ihr lizenzierten Verkaufsverpackungen. Diese Sichtweise wird in der Rechtsprechung – in Bezug auf eine Abstimmungsvereinbarung – geteilt (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1429). Demgegenüber wird betont, angesichts der umfassenden Verwertungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV 2008 sei es als angemessen anzusehen, wenn von den dualen Systemen auch eine Kostenbeteiligung für die Miterfassung nicht lizenzierter Verpackungen verlangt werde (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Der Senat weist darauf hin, dass diese Frage für die Beteiligten geklärt ist. Nicht nur die „Abstimmungserklärung“ schreibt unter III. 1. Satz 2 fest, dass das Duale System, also die Beklagte, alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen „Grüner Punkt“ einsammelt, auch die Systemfeststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992 trifft dazu eine eindeutige Regelung. Dort heißt es (S. 13 sub 5.): „Das System muß dabei alle Verkaufsverpackungen erfassen, unabhängig ob sie den 'Grüner Punkt' tragen“; ausdrücklich ausgenommen werden lediglich „Verpackungen, die üblicherweise und typischerweise nur bei industriellen und gewerblichen Endverbrauchern anfallen“. Diese Rechtsfolge der Systemfeststellung gilt uneingeschränkt. Weder hat bislang eine Anpassung der Abstimmungserklärung an veränderte Rahmenbedingungen (§ 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008) stattgefunden, noch ist die Systemfeststellung verändert worden. Die Beklagte ist folglich nach wie vor in der umfassenden Verantwortlichkeit für die Einsammlung der PPK-Abfälle im Entsorgungsgebiet des Klägers.
B.
119 
Die Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben.
120 
Dies ergibt sich für ihren Hauptantrag ohne Weiteres aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des hinsichtlich der Mitbenutzungspflicht im Wesentlichen spiegelbildlichen 4. Hilfsantrags des Klägers (s.o. II.2.). In Bezug auf den Hilfsantrag der Beklagten, mit dem sie ihre etwaige Mitbenutzungspflicht unter den („Solange“-) Vorbehalt des Aufbaus einer eigenen Sammlungsinfrastruktur stellen will, folgt dies aus den obigen Darlegungen zur auf unabsehbare Zeit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Erforderlichkeit der Mitbenutzung (s.o. II.2.a)dd)).
121 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Sache hat der Kläger überwiegend obsiegt; er ist mit der Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs erfolgreich gewesen und hat außerdem erreicht, dass die Beklagte für die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers ein jedenfalls auch nach kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen zu ermittelndes angemessenes Entgelt zu entrichten hat.
122 
Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil zentrale Rechtsfragen zu § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht geklärt sind und daher höchstrichterlich entschieden werden müssen. Der Rechtsstreit ist von den Beteiligten als „Musterverfahren“ angelegt und geführt worden; ihm kommt eine überregionale Bedeutung zu.
123 
Beschluss vom 24. Juli 2012
124 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 und 2 sowie 52 Abs. 1 GKG auf1.200.000,00 EUR festgesetzt.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
52 
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Feststellungsbegehren im 4. Hilfsantrag begründet, im Übrigen ist sie unbegründet (A). Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (B).
A.
I.
53 
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch in Bezug auf die Modifizierung der Anträge durch die Klägerin im Berufungsverfahren; es kann dahinstehen, ob im Rechtssinne eine Klageänderung vorliegt und diese sachdienlich wäre (§ 91 Abs. 1 VwGO), da sich die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO auf die Klage mit den modifizierten Anträgen eingelassen hat, ohne zu widersprechen.
54 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für die vorliegende Streitigkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswegfrage im angefochtenen Urteil geprüft und bejaht, aber keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) getroffen, obwohl die Beklagte Bedenken gegenüber einer Bejahung des Verwaltungsrechtswegs geäußert hatte. Wären die von der Beklagten bekundeten Zweifel nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zu werten, hätte das Verwaltungsgericht keine Vorabentscheidung zum zulässigen Rechtsweg treffen müssen, so dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft würde, ob der beschrittene (Verwaltungs-)Rechts-weg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
55 
Greift § 17a Abs. 5 GVG, wovon hier auszugehen ist, nicht ein, weil die Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG trotz einer Rüge der Beklagten (vgl. Bl. 341 d. A. des VG) – zu Unrecht – unterblieben ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des Öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Ehlers, in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 21 RdNr. 66, m. w. Nachw.). Der Kläger stützt seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen seines Abfallwirtschaftsbetriebs auf § 6 Abs. 4 Satz 5 der Verpackungsverordnung in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 2. April 2008 (BGBl I S. 531) – VerpackV 2008 –, der im wesentlichen § 6 Abs. 3 Satz 8 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379) – VerpackV 1998 – entspricht. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich, ebenso wie bei § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 (Recht der Systembetreiber auf Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers), um Regelungen des Öffentlichen Rechts (OVG NW, Urteil vom 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – UA S. 11 f.; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Berechtigtes Zuordnungssubjekt des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ist ausschließlich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und damit ein Träger von Hoheitsgewalt als solcher. Der Kläger nimmt damit das „Amtsrecht des Staates als Sonderrecht“ für sich in Anspruch (vgl. zu diesem Aspekt Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 77), stützt das Klagebegehren und den Klagegrund also nicht auf eine „Jedermann“ (als Privatrechtssubjekt) berechtigende Norm, so dass der Streit der Beteiligten um den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist (zur öffentlich-rechtlichen Natur des Mitbenutzungsanspruchs vgl. Roder, Die Verpackungsverordnung, 2009, § 6 RdNr. 58). Nichts anderes ergibt sich, falls als streitentscheidende Regelung zusätzlich die zwischen den Beteiligten bestehende „Abstimmungserklärung“ heranzuziehen sein sollte. Sie begründet ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV 1998).
56 
Ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, soweit die Beteiligten um den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages und insbesondere die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers streiten. Der Kläger stützt auch den – von der Beklagten in Abrede gestellten – Anspruch auf Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, weil seiner Ansicht nach der Mitbenutzungsanspruch nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden kann. Streitentscheidende Norm ist demnach auch insoweit eine solche des Öffentlichen Rechts.
57 
Ob § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 tatsächlich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gewährt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Selbst wenn die Bestimmung nicht als Anspruchsgrundlage qualifiziert werden könnte oder die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein sollten, änderte dies im Rahmen der Rechtswegprüfung nichts daran, dass der vorliegende Streit um die Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist.
58 
2. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 1 VwGO bejaht. Da sich das nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu bestimmende Rechtsverhältnis immer auf eine konkrete Entsorgungsinfrastruktur eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in einem bestimmten (Kreis-)Gebiet bezieht, ist der Streit der Beteiligten mit einem ortsgebundenen Rechtsverhältnis im Sinne des § 52 Nr. 1 VwGO verknüpft.
59 
Sollten die im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) zu deuten sein, stellte sich die Zuständigkeitsfrage im Berufungsverfahren erst gar nicht (§ 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG). Jedenfalls hat die Beklagte in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlich geäußerten Zweifel an der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit nicht wiederholt.
60 
3. Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen statthaft.
61 
a) Der Hauptantrag ist auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages gerichtet. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, die zum Abschluss des der Berufungsbegründung vom Kläger beigefügten Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur führt. Für ein derartiges Begehren ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Rechtsschutzform (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 42 Abs. 1 RdNr. 153).
62 
b) Die Hilfsanträge sind in Gestalt der Feststellungsklage zulässig. Unter einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urt. v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – E 136, 54, 57 RdNr. 24). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein; für abstrakte, „gutachtliche“ Klärungen einer Rechtsfrage steht die Feststellungsklage nicht zur Verfügung. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt zudem voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, Urt. vom 25.3.2009 – 8 C 1/09 – NVwZ 2009, 1170).
63 
Diese Anforderungen des § 43 Abs. 1 VwGO sind hier erfüllt. Seit dem Jahr 2008 streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers zwecks Entsorgung von PPK-Abfällen verpflichtet ist und – gegebenenfalls – zu welchen Konditionen die Mitbenutzung erfolgt. Damit liegt ein Streit auf Grund eines konkreten Sachverhalts vor. Dieser Streit ist rechtlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu beurteilen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht somit.
64 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht etwa an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel steht im Dienste der Prozessökonomie und will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht, zumal der Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit fehlt (BVerwG, Urt. v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – E 111, 306, 308; Senat, Urt. v. 24.4.1990 – 10 S 560/89 – NJW 1990, 2145). Andererseits ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden; droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht die Subsidiaritätsklausel der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 5.12.2000 – 11 C 6/00 – E 112, 253, 256). So liegt der Fall hier: Eine Umgehungsgefahr in Bezug auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage besteht von vornherein nicht, weil eine dieser Klagen für das Begehren des Klägers nicht in Betracht kommt. Die allgemeine Leistungsklage ist nicht die sachnähere und wirksamere Klageart zur Durchsetzung des vom Kläger geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs. Im Gegenteil, die Beteiligten, die in einem Dauerrechtsverhältnis zueinander stehen, sehen in dem vorliegenden Rechtsstreit – mit Blick auf andernorts geführte ähnliche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ein „Musterverfahren“ (Bl. 499 d. A. des VG). Angesichts der konkreten Umstände kann mit der Feststellungsklage der zwischen den Beteiligten seit mehreren Jahren anhaltende Streit am wirksamsten, da dauerhaft und nachhaltig, geklärt werden.
65 
Dem Kläger fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dafür genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997, 3257, 3258). Das Gesetz verlangt, dass im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses zu bejahen ist (Senat, Urt. v. 9.1.2007 – 10 S 1386/06 – NJW 2007, 1706, 1708). Am Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Zweifel. Der Kläger hat sowohl ein rechtliches als auch ein wirtschaftliches Interesse an der autoritativ verbindlichen gerichtlichen Klärung der mit der Beklagten bestehenden Streitfragen. Dass das Interesse an der „baldigen“ Feststellung des Rechtsverhältnisses anzuerkennen ist, liegt angesichts des nun bereits über mehr als vier Jahre währenden Streits zwischen den Beteiligten auf der Hand.4. Der Kläger ist analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dafür genügt die Möglichkeit, dass der Kläger von der Beklagten das verlangte Verhalten (Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss, Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen zu den gewünschten Bedingungen) rechtlich einfordern kann. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Bundesrecht, nämlich der in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 getroffenen Regelung. Danach kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten subjektiven Rechte zustehen. Weitergehende Anforderungen an die Klagebefugnis bestehen nicht.
66 
5. Dem Kläger ist schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Klage zuzuerkennen. An der „Inanspruchnahme der falschen Gerichtsbarkeit“ (dazu Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 191) scheitert das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nur im Verwaltungsrechtsweg verfolgen kann; der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) steht insoweit von vornherein nicht offen. Ob es dem Kläger „eigentlich“ um ein bestimmtes Entgelt für die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte geht, ist in diesem Rechtsstreit ohne Bedeutung. Der Kläger hat eine Zahlungsklage gegen die Beklagte nicht erhoben. Der Gegenstand der Klage wird vom Kläger bestimmt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist – auch – vom Gericht zu respektieren (vgl. § 88 VwGO).
67 
Das Rechtsschutzbedürfnis scheitert nicht daran, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel auf andere Weise schneller, günstiger, einfacher durchsetzen könnte. Das wäre der Fall, wenn der Kläger seine auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gestützten Ansprüche durch Erlass eines Verwaltungsakts titulieren und erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung realisieren könnte (vgl. Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 189). Ein derartiges Vorgehen setzt allerdings voraus, dass die maßgebliche Rechtsnorm, hier also § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, oder eine spezielle Regelung zur behördlichen Handlungsform dem Verwaltungsträger die Befugnis einräumt, ein von ihm geltend gemachtes Recht einseitig durch Verwaltungsakt geltend machen und durchsetzen zu können (Senat, Beschl. v. 29.12.1989 – 10 S 2252/89 – VBlBW 1990, 225, 226; OVG LSA, Urt. v. 29.3.2006 – 1 L 149/03LKV 2006, 520, 521). Dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 VerpackV 1998) wird unter Hinweis auf die verordnungsrechtlich mehrfach eingeforderte „Abstimmung“ von Verhaltensweisen („Kooperationsprinzip“) eine derartige Verwaltungsakt-Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgesprochen (ausführlich VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66 ff.; ferner Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 401; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58). Die Beklagte selbst stellt einseitige Regelungsbefugnisse des Klägers nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Abrede. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung – Schutz der kommunalen Abfallwirtschaft gegenüber Nachteilen (BR-Drucks. 236/91 S. 16 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) – kann nicht entnommen werden, dass der Verwaltungsträger befugt sein soll, einen Mitbenutzungsvertrag mit dem Dualen System durch Verwaltungsakt zu dekretieren.
68 
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch nicht an der „Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes“ (zu dieser Kategorie Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 195). Das wäre nur der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden selbst im Falle eines Klageerfolges nicht verbessern würde. Davon kann hier keine Rede sein. Schon wenn einer der Hilfsanträge erfolgreich wäre, träte beim Kläger eine Verbesserung seiner rechtlichen Position ein, weil die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gerichtlich festgestellt wäre. Hätte sogar der Hauptsacheantrag Erfolg, würde sich die Stellung des Klägers außerdem dadurch verbessern, dass er seinen Vertragsentwurf durchgesetzt hätte und die Beklagte verpflichtet wäre, fortan nach den vom Kläger entworfenen vertraglichen Regeln zu handeln. Der angestrebte Rechtsschutz kann dem Kläger demnach im Erfolgsfall in doppelter Hinsicht von Nutzen sein.
II.
69 
Die Klage ist (nur) begründet, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung zur Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen und zur Entrichtung eines angemessenen Entgelts nach näherer Maßgabe des 4. Hilfsantrags begehrt; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
70 
1. Die auf den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrags – im Sinne des vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entwurfs – zielende Leistungsklage ist unbegründet. Zwar scheitert der mit der Klage gerichtlich geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass überhaupt keine Anspruchsgrundlage existierte (a); jedoch ist der vom Kläger vorgelegte Vertrag(sentwurf) von der ihn begünstigenden Regelung der Verpackungsverordnung nicht dergestalt gedeckt, dass von der Beklagten die Abgabe der zum Vertragsschluss notwendigen Willenserklärung verlangt werden kann (b).
71 
a) Zur Herleitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs beruft sich der Kläger auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger – von dem System(betreiber) gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 – die Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I (zu § 6) genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Diese Bestimmung entspricht § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Erforderlichkeit nach dieser früheren Fassung nicht nur auf die „Sammlung von Materialien“, sondern auch noch auf die „Sortierung von Materialien“ bezogen hatte. Zu erklären ist die Streichung der „Sortierung“ aus dem Verordnungstext mit der Herausnahme von Verwertungssystemen aus der Abstimmungsverpflichtung (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14), die § 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 – anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 – noch vorgesehen hatte. Die Rechtsqualität der alten wie der geltenden Norm als subjektives öffentliches Recht bleibt davon unberührt.
72 
aa) Schon der Wortlaut „können … verlangen“ macht deutlich, dass § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine subjektive Rechtsstellung einräumt, die einen Anspruch begründet (Hendler/Belz, GewArch 2009, 5, 8; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14; Bonk, Die Rechtsstellung der Kommunen nach der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379), VKS Dokumentation 2/99, S. 27 f.; Flanderka/Stroetmann/Sieberger, Verpackungsverordnung, 3. Aufl. 2009, § 6 RdNr. 72; ebenso zu § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008/§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1426; ferner VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66). Dass das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, als „Anspruch“ zu qualifizieren ist, macht § 194 Abs. 1 BGB – für die gesamte Rechtsordnung – unmissverständlich deutlich. Im Rechtssinne stellt § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) demnach eine Anspruchsgrundlage dar.
73 
bb) Die Entstehungsgeschichte bestätigt den Schutznormcharakter der Regelung zu Gunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Ein subjektives Recht ist gegeben, wenn eine Norm nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern – zumindest auch – dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist; über die Gewährung subjektiver Rechte entscheidet der Normgeber (Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2012, § 7 RdNr. 106 f.). Der Mitbenutzungsanspruch entsorgungspflichtiger Körperschaften hatte bereits Eingang in die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl I S. 1234) gefunden (§ 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991). Im Verordnungsentwurf der Bundesregierung war die Regelung noch nicht enthalten (vgl. BR-Drucks. 817/90 S. 7); sie ist erst auf Grund eines Vorstoßes des Bundesrates in die Verpackungsverordnung aufgenommen worden, und zwar mit der Begründung: „Die Regelung ist geboten, um wirtschaftliche Nachteile zulasten derjenigen kommunalen Gebietskörperschaften zu verhindern, die die genannten Systeme der kommunalen Abfallwirtschaft eingerichtet haben.“ (BR-Drucks. 236/91 S. 16). Der Schutzzweck der Mitbenutzungsvorschrift (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) zu Gunsten kommunaler Entsorgungsträger liegt danach auf der Hand.
74 
cc) Die systematische Auslegung bestätigt den Befund. Erstmals mit der Fünften Novelle der Verpackungsverordnung ist auch dem Systembetreiber ein Mitbenutzungsanspruch eingeräumt worden. Nach § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 können Systembetreiber von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verlangen, ihnen die Mitbenutzung ihrer Einrichtung gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten (vgl. zur Funktion dieser Neuregelung BT-Drucks. 16/7954 S. 21). Im Rechtssinne handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Mitbenutzungsanspruch des Systembetreibers (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 60). Angesichts des „Komplementärcharakters“ der Neuregelung zur vorausgegangenen Vorschrift (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 73) gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass beide Bestimmungen dieselbe rechtliche Qualität aufweisen: § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) und § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 stellen im Rechtssinne Anspruchsgrundlagen dar.
75 
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluss des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Mitbenutzungsvertrages besteht – jedenfalls deshalb – nicht, weil er von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht gedeckt ist (bb). Zweifel bestehen allerdings bereits in Bezug auf den geforderten Vertragsabschluss als solchen (aa).
76 
aa) Der Anspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zielt auf die „Mitbenutzung“ bestimmter kommunaler Entsorgungseinrichtungen und auf ein „angemessenes Entgelt“, das der Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Mitbenutzung der Einrichtungen leistet. Der Kläger begehrt indes auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 den Abschluss eines Vertrages. Diesen Anspruchsinhalt kennt die Bestimmung nicht. Das Begehren liegt deshalb außerhalb der im Verordnungstext vorgesehenen Rechtsfolge und ist vom Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt.
77 
Der Kläger meint, der Mitbenutzungsanspruch könne nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden; zudem sei die Angemessenheit des Entgelts für die Benutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen ein untrennbarer Bestandteil des Mitbenutzungsanspruchs. Zwingend ist das nicht. Die Systematik des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 lässt auch die Deutung zu, dass die Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen – ohne gesonderten Vertrag – durch den Systembetreiber rein tatsächlich erfolgt oder, sofern eine rechtliche Absicherung des Realgeschehens vorgenommen wird, die entsprechende Regelung in der Abstimmungsvereinbarung (§ 6 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VerpackV 2008) getroffen wird. Dem Verordnungstext lässt sich auch kaum ein Junktim zwischen der „Mitbenutzung“ und dem „angemessenen Entgelt“ entnehmen. Indem nach Ermessen („können“) zu entscheiden ist, ob die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen vom Systembetreiber verlangt wird und ob dafür ein (vertraglich vereinbartes) angemessenes Entgelt eingefordert werden soll, eröffnet § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einen gesonderten Vertragsabschluss ist die Bestimmung nicht unbedingt ausgerichtet. In den Materialien findet sich dazu kein Hinweis (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991; BT-Drucks. 13/10943 S. 19, 26 und 34 zur VerpackV 1998; BT-Drucks. 16/7954 S. 15 und 21 zur VerpackV 2008).
78 
Der Senat verkennt nicht, dass die skizzierte Rechtslage unbefriedigend und die Verpackungsverordnung in dem hier relevanten Punkt wenig anwendungsfreundlich ausgestaltet ist, weil der Abschluss eines Vertrages, der – sofern zur Rechtsnatur nichts anderes vereinbart würde – öffentlich-rechtlicher Natur wäre (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15), für die praktische Handhabung des § 6 Abs. 4 Satz 5 (und Satz 6) VerpackV 2008 zweckmäßig sein könnte und zur Rechtssicherheit beitrüge. Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 Abs. 2 LV BW) erlaubt es dem Senat jedoch nicht, in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ein bestimmtes Handlungsformgebot hineinzuinterpretieren, für das es keinen rechtlichen Anhaltspunkt in der Verpackungsverordnung bzw. in den Materialien gibt. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber ausweislich der in § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zur „Abstimmung“ getroffenen Vorschriften deutlich gemacht hat, wann welche formalen Vorgaben im Verhältnis zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuhalten sind.
79 
bb) Die Frage des Vertragsschlusses (in der Form des § 57 LVwVfG) kann letztlich offen bleiben, da der Kläger einen Vertrag einfordert, der inhaltlich über die Maßgaben des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 hinausgeht. Auf freiwilliger Basis können die Beteiligten eine derartige Vereinbarung als Austauschvertrag (§ 56 LVwVfG) treffen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 LVwVfG). Beanspruchen kann der Kläger nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 jedoch nur eine solche Übereinkunft, die sich im Rahmen der Verordnungsbestimmung hält und bezüglich derer die Verhandlungen und Gestaltungsspielräume (mit dem potentiellen Vertragspartner) dergestalt eingeschränkt sind, dass allein die begehrte Vereinbarung den widerstreitenden Interessen angemessen Geltung (vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) verschafft (ebenso zum Anspruch auf Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zur Mitbenutzung der „Blauen Tonnen“ OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428). Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat konzentriert seine Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.
80 
(1) Nach § 2 Abs. 4 des vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurfs liegt die Ausgestaltung des Erfassungssystems im alleinigen Ermessen des Landkreises, also des Klägers. Es erschließt sich nicht von selbst, warum in diesem wichtigen Punkt nicht das Einvernehmen oder wenigstens das Benehmen mit dem Vertragspartner, d. h. der Beklagten, hergestellt werden muss. Der Senat vermag nicht zu erkennen, zumal zu diesem Regelungsvorschlag keine Begründung ersichtlich ist, warum von der Beklagten das Einverständnis mit einem so einseitigen „Bestimmungsrecht“ des Klägers nach §§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschuldet sein soll.
81 
(2) Die Regelung (§ 3 des Vertragsentwurfs) zur Überlassung eines Teils des unsortierten Sammelgemischs an die..., also die Beklagte, könnte auf freiwilliger Basis getroffen werden. Aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 lässt sich der Vorschlag des Klägers nicht ohne weiteres und schon gar nicht zwingend ableiten; das betrifft sowohl Inhalt und Umfang der Überlassung als auch deren Modalitäten. Denkbar ist zudem auch eine Vereinbarung, die die Abfallverwertung bezüglich der PPK-Abfälle zu 100% dem Kläger überlässt und die Beklagte zu einem bestimmten Prozentsatz am Verwertungserlös beteiligt.
82 
Damit ist nichts zur Zweckmäßigkeit oder Vernünftigkeit der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung ausgesagt. Dies zu beurteilen, ist nicht die Aufgabe des Senats im vorliegenden Rechtsstreit, sondern Angelegenheit der (potentiellen) Vertragspartner. Da der Kläger jedoch die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages begehrt, so dass bei einer erfolgreichen Leistungsklage der Beklagten ein Vertrag mit einem bestimmten Inhalt aufgezwungen würde, muss zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststehen, dass zur Ausbalancierung der konfligierenden Interessen allein die vom Kläger vorgeschlagene Regelung in Betracht kommt. Derartiges lässt sich in Bezug auf § 3 des Vertragsentwurfs § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht entnehmen.
83 
(3) Der Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers unbefristet geschlossen werden; ein Kündigungsrecht wird nur dem Landkreis, also dem Kläger, eingeräumt (§ 5 des Vertragsentwurfs), nicht jedoch der... (d. h. der Beklagten). Eine solche Verteilung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Vertragsdauer lässt sich – gleichsam alternativlos – aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herleiten, so dass auch von daher die begehrte Abgabe der Willenserklärung der Beklagten zum Vertragsschluss nicht verlangt werden kann. Zwar wendet der Kläger – insoweit zutreffend (vgl. unten II. 2. a cc (2) und ee) – ein, dass die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) eine Dauerpflicht sei; daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Mitbenutzung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ebenfalls als eine auf Dauer angelegte, unbefristete und ohne Kündigungsrecht des Systembetreibers ausgestaltete Pflicht reglementiert werden muss. Ein derartiges Junktim, das der Kläger postuliert, ist weder von der Verpackungsverordnung vorgegeben (a) noch ohne weiteres mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungsvertragsrechts zu vereinbaren (b).
84 
(a) § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 unterscheidet rechtlich eindeutig zwischen „Abstimmung“ (bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Dualen System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 und vorhandenen Sammelsystemen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) und „Mitbenutzung“ (jener Sammelsysteme durch den privaten Systembetreiber). Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist und die Ebene der „Mitbenutzung“ vom Verordnungsgeber sachlich sinnvoll und praktisch handhabbar ausgestaltet worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden; dass Zweifel insoweit angebracht sind, zeigt der vorliegende Rechtsstreit.
85 
Hintergrund des geltenden Rechts ist die mit der Verpackungsverordnung getroffene konzeptionelle Entscheidung, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und der Privatwirtschaft zuzuordnen, die die Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher (sowie die Verwertung der Abfälle) einem behördlich festgestellten System überträgt, das verordnungsrechtlich einem abfallrechtlichen Sonderregime untersteht (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 94 und 95; HessVGH, Urt. v. 16.7.2003 – 6 UE 3127/01 – GewArch 2004, 36, 37 = ZUR 2004, 42, 43). Diese Systementscheidung hat der (Gesetz- bzw.) Verordnungsgeber jedoch nicht mit einem Wegfall der Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Entsorgung verwertbarer Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten verknüpft. Im Gegenteil, mangels Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die nicht an das private System zurückgegebenen Verpackungsabfälle nach § 20 Abs. 1 KrWG n. F. (subsidiär) zuständig und müssen insoweit ihrer gesetzlichen Entsorgungspflicht nachkommen (VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239; Baars, NVwZ 2000, 42, 44; ders., NVwZ 2002, 309; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 50). Diese „latente“ Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (so Baars, in: Fluck, KrW-/AbfG, 63. Lfg. Mai 2006, § 6 VerpackV RdNr. 105) bedingt die Vorhaltung eigener kommunaler Sammelsysteme. Idealtypisch ist in der Verpackungsverordnung das Nebeneinander von privater und öffentlicher Abfallwirtschaft angelegt, so dass zwei operativ agierende Systeme bestehen könn(t)en. Selbst der Kläger hat noch in der Klageschrift – allerdings überspitzt und in der Absolutheit, wie dargestellt, unzutreffend – die „alleinige Verantwortlichkeit der Systembetreiber für die in der Entsorgungsinfrastruktur erfassten Verkaufsverpackungen“ sowie „keine Entsorgungsverantwortlichkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ postuliert (Bl. 55 d. A. des VG). Operativ tätig werdende Sammelsysteme privater Systembetreiber sind in der Verpackungsverordnung angelegt und durch § 6 Abs. 3 VerpackV sogar nahegelegt. Vor diesem Hintergrund ist die beinahe „absolute“ Bindung an die Entsorgungsinfrastruktur des Klägers, die § 5 des Vertragsentwurfs versucht, im Sinne einer rechtlich gebotenen Pflichtigkeit der Beklagten mit der Verpackungsverordnung kaum zu vereinbaren, jedenfalls aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herzuleiten.
86 
Die Abstimmungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 besteht unabhängig davon, ob der Systembetreiber selbst mit einem eigenen Sammelsystemen operativ tätig wird oder die vorhandene kommunale Entsorgungsinfrastruktur mitbenutzt. Das aber bedeutet, dass der Systembetreiber verordnungsrechtlich frei darin ist, ein eigenes Sammelsystem einzurichten oder Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008, der jene Option voraussetzt, weil das in der Bestimmung normierte Wahlrecht ansonsten keinen Sinn macht). Ob und wie sich der Systembetreiber durch die Abstimmung (Abstimmungserklärung oder Abstimmungsvereinbarung, dazu unten II. 2. a dd) an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bindet (dazu unten II. 2. a ee), ist auf einer anderen rechtlichen Ebene angesiedelt. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Systembetreiber seine verordnungsrechtlich begründete Wahlfreiheit aufgeben und in einemMitbenutzungsvertrag eine Vereinbarung eingehen muss, wie sie der Kläger in § 5 seines Vertragsentwurfs vorschlägt.
87 
(b) Angesichts der Lückenhaftigkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Bezug auf Mitbenutzungsregelungen, die der Systembetreiber und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vereinbaren (können), ist zur Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzend auf §§ 54 ff. LVwVfG zurückzugreifen. Der Senat lässt offen, ob der Kläger mit seinem Vertragsentwurf die Anforderungen des § 56 LVwVfG (hinreichend) beachtet hat. Der Regelungsvorschlag des Klägers zu Vertragsdauer und Kündigung (§ 5 des Entwurfs) steht jedenfalls nicht in Einklang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, der jeder Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumt. Diese Bestimmung enthält zwingendes Recht, das durch Vertrag nicht abbedungen werden kann und nur durch vorrangige Spezialregelungen verdrängt wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 RdNr. 1). Eine derartige Spezialbestimmung kann (möglicherweise) in § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 gesehen werden. Diese Vorschrift betrifft indes allein die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), nicht aber dieMitbenutzung (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008), um die allein es im vorliegenden Zusammenhang geht. Auch vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist demnach nicht zu erkennen, wie die Beklagte gegen ihren Willen zu der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung in § 5 des Vertragsentwurfs gezwungen werden kann.
88 
(4) Der Senat kann offen lassen, wie weitere der vom Kläger angestrebten vertraglichen Regelungen rechtlich zu beurteilen sind. Am Beispiel von drei Einzelregelungen hat die Prüfung ergeben, dass diese (Entwurfs-)Be-stimmungen auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht eingefordert werden können. Da mit dem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, „den“ als Anlage 1 zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Vertrag zu schließen, genügt zur Abweisung der Klage insoweit, dass eine bestimmte vertragliche Regelung von der Beklagten nicht geschuldet ist. Dieser Befund hat sich hier gleich in drei Punkten herausgestellt. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Abgabe der eingeforderten Willenserklärung zum Vertragsschluss nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht beanspruchen. Der Hauptantrag ist unbegründet.
89 
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger mit dem 4. Hilfsantrag die Mitbenutzung der in dem Antrag aufgelisteten Entsorgungseinrichtungen und die Pflicht der Beklagten zur Entrichtung eines in Anlehnung an kommunalabgabenrechtliche Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips zu berechnenden angemessenen Entgelts festgestellt wissen will. Den ersten drei Hilfsanträgen muss der Erfolg versagt bleiben. Der 5. Hilfsantrag ist nicht zu bescheiden, da der 4. Hilfsantrag Erfolg hat.
90 
a) Die Pflicht der Beklagten zur Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers für die PPK-Abfälle ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008.
91 
aa) Der Kläger ist berechtigt, die Mitbenutzungspflicht einzufordern. Er ist in seinem Landkreisgebiet „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“. Dies ergibt sich aus § 20 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG und § 6 Abs. 1 LAbfG.
92 
bb) Die Mitbenutzungspflicht trifft das „System“ im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008, also den Systembetreiber (vgl. Satz 2). Das ist die Beklagte. Die am 22. Dezember 1992 vom Umweltministerium Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 3 VerpackV 1991 getroffene Systemfeststellung („regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet“) gilt nach wie vor. Die Feststellung der „Rechtstatsache“ (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 82) hat bislang keine Änderung erfahren. Die Systemfeststellung, die rechtsdogmatisch einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 93 f.; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 70), bleibt wirksam (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), solange sie nicht widerrufen ist (vgl. § 6 Abs. 6 VerpackV 2008). Ein Widerruf ist bislang nicht ausgesprochen worden. Dies hat das Landesumweltministerium (gegenüber dem Kläger) ausdrücklich bestätigt.
93 
cc) Gegenstand der Mitbenutzung sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „Einrichtungen“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die vom Kläger im 4. Hilfsantrag vorgenommene Auflistung (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge – jeweils mit genauer Spezifizierung) erfüllt diese Voraussetzung.
94 
(1) Die von der Beklagten erhobenen Einwände, die darauf hinauslaufen, nur die Erfassungsgefäße dem Begriff der Einrichtung zuzuordnen, überzeugen nicht. Der Begriff „Einrichtungen“ ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst als Sachgesamtheit sächliche und personelle Substrate, die in einem funktionalen Sinne der „Sammlung“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dienen (Bonk a.a.O. S. 28). Es geht um Einrichtungen der Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger. Folglich ist zur Begriffsbestimmung, da die Verpackungsverordnung dazu nichts sagt, auf das kommunalrechtliche Verständnis des Begriffs „Einrichtung“ (§ 10 Abs. 2 S. 1 GemO, § 2 Abs. 2 LKrO) zurückzugreifen. Darunter ist eine organisatorische Zusammenfassung sächlicher und personeller Mittel zu verstehen, welche die kommunale Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben geschaffen hat und Berechtigten zur unmittelbaren Benutzung zur Verfügung stellt (VGH BW, Urt. v. 9.1.1996 – 2 S 2757/95 – NVwZ-RR 1997, 123).
95 
Abfallrechtlich korrespondiert mit diesem weiten Begriffsverständnis am ehesten der Begriff „Sammelsysteme“ (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), der offenbar in der Sache nichts anderes meint als der Begriff „Einrichtungen“. Zutreffend wird im Schrifttum betont, dass „Einrichtungen“ nach der Systematik der Verpackungsverordnung alle Bestandteile des öffentlichen Sammelsystems im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 sind (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft, dass die vom Kläger aufgelisteten Vorrichtungen (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge) und die zur Sammlung der PPK-Abfälle einzusetzenden Personen „Einrichtungen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 sind. Davon geht letztlich auch die Beklagte in ihrem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag (Bl. 159 f. d. A.) aus. Unberührt von der Begriffsbestimmung bleibt die – eigenständig zu beantwortende (vgl. unten II. 2. a dd) – Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Mitbenutzung.
96 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht etwa „einrichtungsbezogen“ dergestalt restriktiv zu deuten, dass tatbestandlich nur solche „Einrichtungen“ erfasst würden, in die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schonvor Einrichtung eines Dualen Systems investiert hatte. Diese Ansicht wird – unter Hinweis auf den Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 („vorhandene“ Sammelsysteme) und den vom Bundesrat 1991 intendierten Investitionsschutz der Kommunen (BR-Drucks. 236/91 S. 16) – zur gebotenen Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) in Rechtsprechung und Schrifttum ebenfalls vertreten (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 58, 60; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 68; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 57). Dieser Prämisse folgt die These, da der Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht weiter gehen könne als die Abstimmungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008, sei sie grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Systemeinrichtung vorhandenen Sammeleinrichtungen beschränkt (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58, mit Relativierung zur Erneuerung von Sammelbehältnissen). Nach diesem restriktiven Verständnis könnte die Mitbenutzungspflicht bezüglich der im Jahr 2008 vom Kläger eingeführten „Blauen Tonnen“ in Frage gestellt werden.
97 
Diese Auffassung verkennt, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber um ein Dauerrechtsverhältnis handelt, so dass sich eine statische Betrachtung von vornherein verbietet (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1427). Dass die Verpackungsverordnung selbst von einer Dauerrechtsbeziehung ausgeht, ergibt sich unzweideutig aus § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008; denn die Anpassungsklausel macht nur Sinn, wenn und weil die Abstimmung kein punktuelles Ereignis ist. Es macht auch wenig Sinn, der Fünften Novelle zur Verpackungsverordnung von 2008 zu unterstellen, der Begriff „vorhanden“ beziehe sich auf die Anfang der 1990er Jahre existenten Sammelsysteme (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14, nennt eine solche Deutung „unsinnig“). Der Begriff „vorhanden“ lässt sich in zeitlicher Hinsicht sinnvoll nur so verstehen, dass es auf den Zeitpunkt und Zeitraum der Abstimmung bzw. (im vorliegenden Zusammenhang) der Mitbenutzung(sregelung) ankommt. Beim Neuerlass der Verpackungsverordnung 1998 hat der Bundesrat zur Begründung der von ihm durchgesetzten Einfügung der Sätze 3 bis 8 in § 6 Abs. 3 VerpackV 1998 zutreffend die „ständige Abstimmung zwischen einem privaten Systembetreiber und der Kommune“ eingefordert, weil nur so eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungsabfällen gewährleistet werden könne (BT-Drucks. 13/10943 S. 34). Dies macht deutlich, dass der entstehungsgeschichtliche Hinweis zur Verpackungsverordnung 1991 Sinn und Zweck der Abstimmung nach den Verpackungsverordnungen 1998 und 2008 nicht vollständig erfasst (OVG NW a.a.O.; ferner Bonk a.a.O. S. 26: „kein bundesrechtliches Verbot zum Ausbau und zur Neugründung bisher nicht vorhandener öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme“). Nichts anderes gilt für die Mitbenutzung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, zumal der Verordnungstext dazu nicht einmal die Einschränkung „vorhandene“ Einrichtungen vornimmt.
98 
dd) Die vom Kläger verlangte Mitbenutzung seiner Einrichtungen ist im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 für die Sammlung von Materialien der in Anhang I zu § 6 genannten Art auch „erforderlich“. Die Mitbenutzung muss nicht etwa, wie die Beklagte meint, „unerlässlich“ sein. Dies fordert der Verordnungstext gerade nicht. Zudem kommt es bei der Beurteilung dessen, was „erforderlich“ ist, nicht einseitig auf die Sicht des Systembetreibers an; zur Beurteilung ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen (Bonk a.a.O. S. 28). Danach ist die „Erforderlichkeit“ – jedenfalls – dann zu bejahen, wenn die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die (Mit-)Er-fassung von Verkaufsverpackungen tatsächlich benötigt werden (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte im Entsorgungsgebiet des Klägers über ein eigenes, operativ agierendes PPK-Erfassungssystem nicht verfügt. Die Beklagte ist auf die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers daher angewiesen.
99 
Hiergegen verfängt der Einwand der Beklagten, sie könne ein eigenes Sammelsystem aufbauen und die Sammlung der PPK-Fraktion selbst durchführen, nicht. Das mag technisch möglich sein. Um die „Erforderlichkeit“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 verneinen zu können, muss die Einrichtung eines eigenen Sammelsystems der Beklagten jedoch auch rechtlich möglich sein. Daran fehlt es hier. In der „Abstimmungserklärung“ der Beteiligten vom 2./14. Juli 1992 ist unter III. 1. in Satz 1 und 2 bestimmt:
100 
„Für den Bürger gibt es nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem. Das Duale System sammelt alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen ‘Grüner Punkt‘ ein sowie nach näherer Absprache zwischen dem Landkreis ... und der ..., die auch einen Kostenausgleich erhält, auch alle anderen Wertstoffe, die für den gleichen Verwertungsweg wie die einschlägigen Verpackungsmaterialien geeignet sind.“
101 
Der Senat kann unentschieden lassen, wie diese „Abstimmungserklärung“, die von Vertretern beider Seiten unterzeichnet worden ist (Landrat für den Kläger, Geschäftsführer für die Beklagte), rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Die Verpackungsverordnung normiert für die „Abstimmung“ keine bestimmte (verwaltungsrechtliche) Handlungsform (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 VerpackV 2008); damit besteht Wahlfreiheit zwischen einem Abstimmungsvertrag und einer einseitigen Abstimmungserklärung (Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 400; Bonk a.a.O. S. 24 f.). In jedem Fall führt die getroffene „Abstimmung“ zu einer verwaltungsrechtlichen Sonderverbindung („verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“), die ein Dauerrechtsverhältnis darstellt (OVG NW a.a.O.; Baars, NVwZ 2000, 42, 43; Bonk a.a.O. S. 33 und S. 44). Solange eine getroffene „Abstimmung“ nicht geändert, gekündigt oder auf andere Weise aufgehoben worden ist, gilt sie fort und bestimmt die Rechte und Pflichten der Beteiligten im betroffenen Entsorgungsgebiet (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 55).
102 
An die in der „Abstimmungserklärung“ getroffene Festlegung auf „nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem“ im Landkreisgebiet des Klägers ist die Beklagte nach wie vor rechtlich gebunden. Dass sie nach der Verpackungsverordnung an sich ein eigenes PPK-Sammelsystem aufbauen könnte, führt hier nicht weiter, solange die mit dem Kläger getroffene „Abstimmung“ rechtlich Bestand hat. Das ist unstreitig der Fall. Die Absichtsbekundung der Beklagten vom 7. Februar 2011, ein eigenes System zur Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen im Entsorgungsgebiet des Klägers aufbauen zu wollen, hat dieser zurückgewiesen. Eine Änderung der „Abstimmungserklärung“ hat demnach bislang nicht stattgefunden. Auch eine Anpassung der „Abstimmung“ auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 ist bisher nicht vorgenommen worden. Ist demnach die „Abstimmungserklärung“ von 1992 in Bezug auf das eine Sammelsystem im Entsorgungsgebiet des Klägers unverändert bestimmend, ist die Beklagte am Aufbau eines eigenen Sammelsystems rechtlich gehindert. Folglich ist die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nach wie vor „erforderlich“.
103 
Die rechtliche Bindung der Beklagten an die „Abstimmungserklärung“ von 1992 – mit der Folge der „erforderlichen“ Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers – entfällt nicht etwa deshalb, weil jene Abstimmungserklärung auch Sachverhalte regelt, die über die verordnungsrechtlich gebotenen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Verpackungsverordnung unterscheidet seit jeher zwischen notwendigen und sonstigen Inhalten der Abstimmung. Die notwendigen Inhalte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 4 und 7 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 1 und 4 VerpackV 2008) sind Voraussetzung für die Systemfeststellung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 6 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 6 i. V. m. Satz 11 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008). Den Beteiligten steht es aber frei, in die Abstimmung weitere Punkte einzubeziehen und diese zu regeln (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zulässig ist insbesondere die Verständigung auf ein Erfassungssystem in dem betreffenden Entsorgungsgebiet. Dadurch kann – im beiderseitigen Interesse – die Zerschlagung bestehender Entsorgungsstrukturen verhindert und der Aufbau – kostspieliger – Doppelstrukturen vermieden werden (Bonk a.a.O. S. 26).
104 
Die Beklagte musste sich demnach nicht auf die Regelung einlassen, dass im Entsorgungsgebiet des Klägers nur ein Erfassungssystem für die PPK-Verpackungsabfälle vorgehalten wird, aber sie durfte diese Regelung eingehen. Dann aber ist sie, solange die getroffene Abstimmung Bestand hat, rechtlich gebunden. Dass eine Vereinbarung über die Entgelthöhe in der „Abstimmungserklärung“ nicht getroffen worden ist, ist rechtlich unerheblich; denn die Festlegung der Höhe von Mitbenutzungsentgelten ist nicht notwendiger Bestandteil der Abstimmung (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56 und RdNr. 61). Das zeigt nicht nur der Vergleich zwischen § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5 VerpackV 2008, sondern auch die in Abs. 4 Satz 7 getroffene Bestimmung; der Verordnungsgeber gibt danach unmissverständlich zu erkennen, wann die „Abstimmung“ mit der Entgeltfrage verkoppelt ist und wann die Entgeltregelung erst auf der Ebene der „Mitbenutzung“ relevant wird. Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Hier geht es nur um die – zu bejahende – Frage der Bindung der Beklagten an die 1992 getroffene „Abstimmungserklärung“.
105 
ee) Das Verlangen des Klägers nach Mitbenutzung eigener Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler. Während die „Abstimmung“ mit den verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestgehalten geboten und Voraussetzung für die Systemfeststellung ist, hat der Verordnungsgeber die „Mitbenutzung“ einer bloßen „kann“-Regelung unterworfen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist folglich nicht verpflichtet, den Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geltend zu machen; ihm ist verordnungsrechtlich eine Befugnis hierzu eingeräumt. Von dieser Berechtigung des Hoheitsträgers muss insbesondere willkürfrei Gebrauch gemacht werden; auch das Übermaßverbot ist zu beachten, soweit ihm jenseits des Merkmals „erforderlich“ in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 noch eine Direktionskraft zukommt.
106 
Die über die bloße „Abstimmung“ von nebeneinander bestehenden Sammelsystemen hinausgehende „Mitbenutzung“ eines vorhandenen Systems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere dann rechtsfehlerfrei verlangt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für eine bestimmte Entsorgungsaufgabe (wie bei der PPK-Fraktion) ohnehin zuständig bleibt (dazu oben II. 1. b bb (3) (a)), so dass (an sich) in einem bestimmten Entsorgungsgebiet die Entsorgung durch einen privaten Systembetreiber und die kommunale PPK-Entsorgung aufeinandertreffen (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 53 unter Hinweis auf Bundeskartellamt, Beschl. v. 6.5.2004, Az.: B 10-37202-N-97/02-1, RdNr. 72). In einer solchen Konstellation kann in dem Dauerrechtsverhältnis der Verzicht auf eine Errichtung von Doppelstrukturen, obwohl von der Verpackungsverordnung nicht verboten, in hohem Maße sachangemessen sein, da der Sorge des Verordnungsgebers, dass sich „ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Erfassungssystemen“ negativ auf die ordnungsgemäße Abfallentsorgung auswirken kann (BT-Drucks. 13/10943 S. 34), von vornherein die Grundlage entzogen wird. Der Einwand der Beklagten, es finde eine unzulässige „Rekommunalisierung“ der Entsorgung von PPK-Abfällen statt, geht folglich ins Leere – abgesehen davon, dass es sich dabei um keinen von der Verpackungsverordnung verwendeten Rechtsbegriff handelt.
107 
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kläger verlangte Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen nicht nur „erforderlich“, sondern – da die Beklagte über ein eigenes operativ agierendes System nicht verfügt – sogar unabweisbar ist. Die Geltendmachung des Mitbenutzungsanspruchs gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 durch den Kläger ist daher angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage (insbesondere „Abstimmungserklärung“) in jeder Hinsicht (sach)angemessen.
108 
b) Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Entscheidung zur Herausgabe von Abfällen an die Beklagte findet in der Verpackungsverordnung keine Grundlage. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten werden verordnungsrechtlich durch § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 geprägt; Regelungsgegenstände sind die Abstimmung (Satz 1 bis 4, Satz 9 und 11), die Übernahme bzw. Mitbenutzung von Einrichtungen (Satz 5 und 6), die Erfassung stoffgleicher Nicht-Verpackungsabfälle (Satz 7), die Mitfinanzierung spezifischer kommunaler Angebote durch den Systembetreiber (Satz 8) und die Unterwerfung unter eine Abstimmung (Satz 10). Die Aufteilung von PPK-Abfällen zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist in der Verpackungsverordnung keiner Regelung unterzogen und damit der Vereinbarung der Beteiligten überlassen. Mangels rechtlicher Grundlage kann der Kläger daher eine bestimmte Aufteilung der PPK-Verkaufsverpackungen nicht beanspruchen. Schon aus diesem Grunde ist der 1. Hilfsantrag unbegründet.
109 
c) Der Kläger hat jedoch gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 einen Anspruch darauf, dass das von der Beklagten für die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen zu leistende „angemessene Entgelt“ in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen sowie unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips ermittelt wird. Dies muss allerdings nicht zwingend nach dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zu der Berufungsbegründungsschrift geschehen. Der 2. Hilfsantrag ist demnach unbegründet, ebenso der das Kooperationsprinzip ausblendende 3. Hilfsantrag, der 4. Hilfsantrag ist hingegen begründet; der 5. Hilfsantrag ist nicht mehr zu bescheiden.
110 
aa) Der Verordnungsgeber hat keine Begriffsbestimmung zu dem Merkmal „angemessenes Entgelt“ vorgenommen. Er hat nicht einmal Parameter aufgezeigt, anhand derer die Rechtsanwendung eine Orientierung finden könnte. Auch die Materialien geben keinen Aufschluss darüber, wie die „Angemessenheit“ des Entgelts ermittelt werden soll (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991, BT-Drucks. 13/10943 S. 26 und S. 34 zur VerpackV 1998, BT-Drucks. 16/7954 S. 21 zur VerpackV 2008). Sicherlich zutreffend ist der Hinweis, dass auf den Einzelfall abzustellen und nach Maßgabe der für die Schaffung und Unterhaltung der mitbenutzten Einrichtungen entstehenden Kosten und des Maßes der Inanspruchnahme zu urteilen ist (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Damit ist aber lediglich eine erste Groborientierung gegeben, die noch keine in Zahlen auszudrückende Ermittlung des Entgelts erlaubt.
111 
Ein einseitiges Bestimmungsrecht ist keinem der Beteiligten durch die Verpackungsverordnung eingeräumt. Der Rückgriff auf § 315 Abs. 3 BGB (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428: Rechtsgedanke von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann herangezogen werden) ist schon im Zivilrecht nicht voraussetzungslos möglich; denn die §§ 315 ff. BGB sind nicht anwendbar, soweit die Leistung durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann (BGH, Urt. v. 4.4.2006 – XZR 122/05 – NJW 2006, 2472; Stadler, in: Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, § 315 RdNr. 3 m. w. Nachw.). Für die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 bedeutet dies, dass eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ nur in Betracht kommt, wenn andere, näherliegende Methoden zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nicht zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu. Jedenfalls das Kommunalabgabenrecht bietet maßgebliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ähnliches könnte für ein strukturiertes und systematisch aufbereitetes Preisbildungsmodell nach Wettbewerbsgesichtspunkten gelten, dessen Entwicklung der Beklagten obliegt.
112 
bb) Soweit der Kläger die Entsorgungsverantwortlichkeit für PPK-Abfälle nach § 20 KrWG behält, erfolgt die Gebührenberechnung nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW). Es liegt daher nahe, im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ jedenfalls auch auf die kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zurückzugreifen (Bonk a.a.O. S. 29). Denn wenn ein bestimmtes Sammelsystem sowohl vom privaten Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) als auch von Abfallerzeugern und Abfallbesitzern (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) genutzt wird bzw. genutzt werden kann, spricht zunächst alles dafür, dass die Zahlungspflichten der einzelnen Nutzer nach denselben Kalkulationsgrundsätzen ermittelt werden. Im eigenverantwortlichen Entsorgungsbereich des Klägers sind §§ 13 ff., 18 KAG BW maßgebend.
113 
Die Heranziehung der kommunalabgabenrechtlichen Vorgaben kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht gleichsam „eins zu eins“ erfolgen. Denn die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschieht nicht, wie im Kommunalabgabenrecht üblich, im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses, sondern – jedenfalls dem Grunde nach – in einer Verhandlungssituation. Deshalb ist zur Bemessung des Entgelts lediglich eine Orientierung an den gebührenrechtlichen Grundsätzen (unter Einschluss des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips) angezeigt (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 72; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Das § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 prägende Kooperationsprinzip darf daneben nicht unberücksichtigt bleiben.
114 
Schon diese Relativierung entkräftet den Einwand der Beklagten, auf das (hoheitliche) Kommunalabgabenrecht dürfe wegen des hier geltenden verpackungsrechtlichen Konsensualprinzips nicht zurückgegriffen werden. Denn die bloße Orientierung am Kommunalabgabenrecht verleiht der Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ einerseits zwar System, Kontur und Substanz (und ist damit der bloßen „Billigkeit“ entsprechend § 315 Abs. 3 BGB deutlich überlegen), lässt andererseits jedoch Raum für Verhandlungen, Abweichungen und Kompromisse (in diesem Sinne versteht der Senat die zuletzt nochmals von dem Kläger präzisierte Haltung, Bl. 625 d. A.). Unabhängig davon wäre die Einlassung der Beklagten mindestens missverständlich, wenn sie das „Konsensualprinzip“ im Sinne einer strikten Rechtsregel verstanden wissen wollte. Im Rechtssinne wird das auf die Verpackungsverordnung gemünzte „Kooperationsprinzip“ seit jeher als generelles Leitbild und allgemeine Ordnungsidee verstanden (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 – E 98, 106, 130 f.; VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239); das gilt ebenso für § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 97). Im Übrigen schließt das grundsätzlich vom Gedanken der Kooperation und des Konsenses geprägte Verhältnis zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Rückgriff auf das Ordnungsrecht bei fehlendem oder ungenügendem Zusammenwirken der Kooperationspartner keineswegs aus (VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 69). Folgerichtig betont der Verordnungsgeber, dass sich der ordnungsrechtliche Ansatz und das Kooperationsprinzip in der konkreten positivrechtlichen Ausprägung ergänzten (BT-Drucks. 13/10943 S. 19 zu § 6 Abs. 3 VerpackV 1998; zuvor ebenso BT-Drucks. 13/5999 S. 14 und BT-Drucks. 13/7761 S. 17). Ausweislich des geltenden Rechts ist es daher nicht zutreffend, einseitig das Kooperations- oder Konsensualprinzip als Leitmaxime in den Vordergrund zu schieben (Koch, NVwZ 1998, 1155, 1157; Sproll, UPR 1999, 129, 132).
115 
Erfolgt die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV somit in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen, kann nur dem 4. Hilfsantrag stattgegeben werden, während dem 3. Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben muss. Denn dieser Antrag will das Entgelt nach einem bestimmten Kalkulationsmuster ermitteln. Konsensuale Elemente in dem hier skizzierten Sinne werden – zu Unrecht – nicht berücksichtigt.
116 
cc) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Einigung zwischen den Beteiligten auf der Grundlage dieses Urteils möglich, auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage geboten und im Interesse der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung wünschenswert ist. Das betrifft insbesondere die Methodik, also die Berechnungsschritte, sowie die Maßstäblichkeit des Volumen- bzw. Masseanteils der PPK-Fraktion. Die anzustrebende vertragliche Übereinkunft setzt allerdings eine echte Verständigungsbereitschaft und einen wirklichen Einigungswillen voraus. Beides ist seit etwa vier Jahren nicht in dem notwendigen (Mindest-)Maß ausgeprägt. Könnte nun auch nach der Durchführung dieses „Musterverfahrens“ eine Mitbenutzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden, müsste nach Überzeugung des Senats der Verordnungsgeber im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „nachsteuern“. Ob dies für die Beteiligten die bessere Lösung wäre, mag dahinstehen.
117 
Der Kläger hat auf der Grundlage des Kommunalabgabenrechts ein strukturiertes, methodisch reflektiertes und mit inhaltlicher Substanz angereichertes Berechnungsmodell zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorgelegt. Dadurch wird die öffentlich-rechtliche Rationalität der Preisbildung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte hat ein vergleichbares privatwirtschaftlich geprägtes „Gegenmodell“ bislang nicht präsentiert; wird das Kooperationsprinzip ernst genommen, obliegt es der Beklagten, nicht nur punktuell zur Entgeltermittlung Stellung zu nehmen, sondern einen ausgearbeiteten Vorschlag dem Modell des Klägers entgegenzustellen. In der mündlichen Verhandlung ist seitens der Beklagten pointiert zum Ausdruck gebracht worden, dass sie klare Vorstellungen zum „angemessenen Entgelt“ habe, die im Wettbewerb erzielbaren Entgelte kenne und über Expertise zur Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen verfüge. Auf dieser Grundlage sollte es der Beklagten möglich sein, zwecks Aktualisierung des Kooperationsprinzips ein kohärentes Gesamtkonzept zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorzulegen; andernfalls müsste es mit der Orientierung am Kommunalabgabenrecht sein Bewenden haben.
118 
Zu einem Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist die Frage nach dem Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten für die PPK-Fraktion im Entsorgungsgebiet geworden. Die Beklagte sieht ihre Verantwortlichkeit begrenzt auf die von ihr lizenzierten Verkaufsverpackungen. Diese Sichtweise wird in der Rechtsprechung – in Bezug auf eine Abstimmungsvereinbarung – geteilt (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1429). Demgegenüber wird betont, angesichts der umfassenden Verwertungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV 2008 sei es als angemessen anzusehen, wenn von den dualen Systemen auch eine Kostenbeteiligung für die Miterfassung nicht lizenzierter Verpackungen verlangt werde (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Der Senat weist darauf hin, dass diese Frage für die Beteiligten geklärt ist. Nicht nur die „Abstimmungserklärung“ schreibt unter III. 1. Satz 2 fest, dass das Duale System, also die Beklagte, alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen „Grüner Punkt“ einsammelt, auch die Systemfeststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992 trifft dazu eine eindeutige Regelung. Dort heißt es (S. 13 sub 5.): „Das System muß dabei alle Verkaufsverpackungen erfassen, unabhängig ob sie den 'Grüner Punkt' tragen“; ausdrücklich ausgenommen werden lediglich „Verpackungen, die üblicherweise und typischerweise nur bei industriellen und gewerblichen Endverbrauchern anfallen“. Diese Rechtsfolge der Systemfeststellung gilt uneingeschränkt. Weder hat bislang eine Anpassung der Abstimmungserklärung an veränderte Rahmenbedingungen (§ 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008) stattgefunden, noch ist die Systemfeststellung verändert worden. Die Beklagte ist folglich nach wie vor in der umfassenden Verantwortlichkeit für die Einsammlung der PPK-Abfälle im Entsorgungsgebiet des Klägers.
B.
119 
Die Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben.
120 
Dies ergibt sich für ihren Hauptantrag ohne Weiteres aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des hinsichtlich der Mitbenutzungspflicht im Wesentlichen spiegelbildlichen 4. Hilfsantrags des Klägers (s.o. II.2.). In Bezug auf den Hilfsantrag der Beklagten, mit dem sie ihre etwaige Mitbenutzungspflicht unter den („Solange“-) Vorbehalt des Aufbaus einer eigenen Sammlungsinfrastruktur stellen will, folgt dies aus den obigen Darlegungen zur auf unabsehbare Zeit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Erforderlichkeit der Mitbenutzung (s.o. II.2.a)dd)).
121 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Sache hat der Kläger überwiegend obsiegt; er ist mit der Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs erfolgreich gewesen und hat außerdem erreicht, dass die Beklagte für die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers ein jedenfalls auch nach kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen zu ermittelndes angemessenes Entgelt zu entrichten hat.
122 
Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil zentrale Rechtsfragen zu § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht geklärt sind und daher höchstrichterlich entschieden werden müssen. Der Rechtsstreit ist von den Beteiligten als „Musterverfahren“ angelegt und geführt worden; ihm kommt eine überregionale Bedeutung zu.
123 
Beschluss vom 24. Juli 2012
124 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 und 2 sowie 52 Abs. 1 GKG auf1.200.000,00 EUR festgesetzt.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
10 
Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
11 
Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
12 
Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
13 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
14 
1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
16 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
17 
4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
19 
Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufungen zurückzuweisen.
22 
Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
23 
Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
24 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
28 
In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
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Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
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Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
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Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
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Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen des Bundes, von anderen öffentlichen Stellen, die im Auftrag des Bundes tätig sind, sowie von Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 1 Satz 2, die für den Bund öffentliche Aufgaben durchführen, gilt die Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung in Raumordnungsplänen nach § 13 Absatz 1 nur, wenn die zuständige Stelle oder Person bei der Aufstellung des Raumordnungsplans nach § 9 beteiligt worden ist und sie innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des rechtsverbindlichen Ziels nicht widersprochen hat.

(2) Der Widerspruch nach Absatz 1 lässt die Bindungswirkung des Ziels der Raumordnung gegenüber der widersprechenden Stelle oder Person nicht entstehen, wenn

1.
das ihre Belange berührende Ziel der Raumordnung auf einer fehlerhaften Abwägung beruht oder
2.
sie ihre raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nicht auf anderen geeigneten Flächen durchführen kann als auf denen, für die ein entgegenstehendes Ziel im Raumordnungsplan festgelegt wurde.

(3) Macht eine Veränderung der Sachlage ein Abweichen von den Zielen der Raumordnung erforderlich, kann die Stelle oder Person nach Absatz 1 mit Zustimmung der nächsthöheren Behörde innerhalb angemessener Frist, spätestens sechs Monate ab Kenntnis der veränderten Sachlage, unter den Voraussetzungen von Absatz 2 nachträglich widersprechen. Muss infolge des nachträglichen Widerspruchs der Raumordnungsplan geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, hat die widersprechende Stelle oder Person die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen der Länder und der Träger der Regionalplanung hinsichtlich der Bindungswirkung der Ziele der Raumordnung in Raumordnungsplänen des Bundes nach § 17 Absatz 2.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind

1.
unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen,
2.
Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.

(2) Leitvorstellung bei der Erfüllung der Aufgabe nach Absatz 1 ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt.

(3) Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

(4) Raumordnung findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798) auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone statt.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Teilregionalplan "Erneuerbare Energien" des Antragsgegners vom 19.4.2004.
Die Antragstellerin beantragte am 8.12.2003 gemeinsam mit der Firma p. eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Windfarm mit fünf Windkraftanlagen am Standort „Teufelsmühle“, auf den Grundstücken Flst.-Nr. 2962 der Gemarkung Gernsbach-Lautenbach und Flst.-Nr. 3378 der Gemarkung Loffenau. Für diese Grundstücke hatten die Betreiberfirmen mit der Stadt Gernsbach und der Gemeinde Loffenau entsprechende Nutzungsverträge abgeschlossen. Am 22.7.2004 trat die Gemeinde Loffenau von dem Nutzungsvertrag zurück. Der gemeinsame Antrag der Betreiberfirmen wurde mit Entscheidung des Landratsamts Rastatt vom 28.7.2004 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen ihrer besonders exponierten Lage seien die Anlagen aus der entfernten Umgebung deutlich wahrnehmbar und verunstalteten das Landschaftsbild. Darüber hinaus stünden dem Vorhaben Belange des Naturschutzes entgegen, da der Standort in zwei Landschaftsschutzgebieten liege. Zwar könnte im Einzelfall eine Befreiung erteilt werden. Da es sich jedoch bei dem Plangebiet um einen nach dem Landesentwicklungsplan „überregional bedeutsamen naturnahen Landschaftsraum“ handele, der zu den wenigen „unzerschnittenen Räumen mit einer Größe von über 100 km² und mit hohem Wald- und Biotopanteil“ gehöre, scheide dies hier aus. Die Aussage des Landesentwicklungsplans sei ein wesentlicher Grund dafür gewesen, dass der Regionalverband Mittlerer Oberrhein im Teilregionalplan "Erneuerbare Energien" die Teufelsmühle als Standort für die Gewinnung von Windenergie ausgeschlossen habe. Das geplante Vorhaben verstoße daher auch gegen Belange der Raumordnung. Hiergegen legten die Betreiberfirmen Widersprüche ein, über die bislang noch nicht entschieden ist. Derzeit ruht das Verfahren im Hinblick auf den vorliegenden Normenkontrollantrag.
Dem angegriffenen Teilregionalplan liegt folgendes Verfahren zugrunde:
Der ursprüngliche Entwurf des Regionalplans, Stand April 2001, sah eine Aufteilung in Vorrang-, Ausschluss- und neutrale Flächen vor. Mit diesem Entwurf wurde die erste Anhörung mit 9 Standorten eingeleitet. Da bereits abzusehen war, dass das Land Baden-Württemberg die Regionalverbände verpflichten würde, in den Regionalplänen nur noch Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen, beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners in ihrer Sitzung vom 13.2.2002, das Kapitel 4.2.5 "Erneuerbare Energien" von der Gesamtfortschreibung des Regionalplans abzukoppeln und es in einem separaten Verfahren fortzuschreiben. Die in Frage kommenden Standorte ermittelte der Antragsgegner mittels eines Suchlaufes, bei dem zunächst in sechs Schritten die Flächen ausgeschieden wurden, die für eine Windenergienutzung nicht in Frage kamen. Als erstes wurden Flächen anhand gesetzlicher und planerischer Tabukriterien ausgesondert. In einem zweiten Schritt erfolgte der Ausschluss von landschaftlich sensiblen Bereichen. Hierbei handelte es sich zum einen um „regionalprägende und identitätsstiftende Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und hoher Fernwirkung" und zum anderen um „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“. Als drittes wurden Flächen mit einer jährlichen mittleren Windgeschwindigkeit von weniger als 4,2 m/sec. in 50 m über Grund ausgeschlossen. In einem vierten Schritt wurde in den verbleibenden Räumen das Konfliktpotenzial mit Hilfe von Konfliktkriterien ermittelt. Dabei wurde eine höhere Konfliktschwelle akzeptiert, wenn die Windhöffigkeit mindestens 4,9 m/sec. betrug. Diese Flächen schieden ab einer Überlagerung von drei und mehr Konflikten bei der weiteren Standortsuche aus. Flächen mit einer niedrigeren Windhöffigkeit von 4,2 bis 4,8 m/sec. wurden bereits ab zwei und mehr Konflikten ausgeklammert. In einem fünften Schritt erfolgte die Herausnahme von Suchräumen, die deutlich kleiner als 20 ha waren. Als letztes fand in einem sechsten Schritt eine Einzelfallbetrachtung der Suchräume und sowie eine Abgrenzung der Vorranggebiete nach a) technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit sowie b) Konfliktpotenzial (Kleinräumige Konflikte, Landschaftsbild, Erholung, Betroffenheit von Ortslagen) statt. Nach Abarbeitung dieser 6 Schritte verblieben 19 Vorrangstandorte. In ihrer Sitzung vom 12.3.2003 leitete die Verbandsversammlung des Antragsgegners die zweite Anhörung mit diesen Standorten in „Schwarz-Weiß-Planung“ ein, d.h. das gesamte Gebiet des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein außerhalb der Vorrangstandorte war als Ausschlussgebiet vorgesehen. Für diesen Bereich sollte die bisher im Außenbereich privilegierte Zulässigkeit von raumbedeutsamen Windenergieanlagen entfallen. Im Vorgriff auf das neue Landesplanungsgesetz wurde in der Zeit vom 13.3. bis 13.6.2003 eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Am 17.6.2003 fand ein Erörterungstermin statt.
In der Verwaltungsvorlage für die nachfolgende Sitzung des Planungsausschusses am 9.7.2003 heißt es: Als Ergebnis der Erörterung seien die Standorte in Malsch, Ötigheim und Steinmauern entfallen und die drei Standorte in Rhein- stetten und Durmersheim optimiert und zusammengefasst worden, sodass zwei weitere Standorte entfielen. Insgesamt sind 14 Vorranggebiete für die Windkraftnutzung mit einer Fläche von 1.020 ha für ca. 76 Windkraftanlagen verblieben. Da die Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 12.3.2003 die Verwaltung beauftragt habe, Kriterien zu erarbeiten, die zu einer deutlichen Reduzierung der Zahl der Standorte führe, schlage die Verwaltung vor, einen Überlastungsschutz entsprechend der Empfindlichkeit des Landschaftsraumes von 3 km in der Rheinebene, von 4 km im Kraichgau sowie von 5 km im Schwarzwald als Schritt 7 in die Planungssystematik aufzunehmen. Zudem solle Baden-Baden auf Grund seiner hervorragenden Tourismus-, Kultur- und Medienfunktion in der Region Mittlerer Oberrhein und in ganz Baden-Württemberg einen Puffer von 5 km um den zentralen Tourismusbereich als Überlastungsschutz erhalten. Bei Anwendung dieses Planungsschrittes würden 9 Standorte für die Windkraftnutzung mit einer Fläche von ca. 535 ha für ca. 50 Windkraftanlagen verbleiben. Es würden die Standorte „Eulenberg“ und „Rotes Kreuz“ in Östringen, „Kornberg/Pfaffengrund“ im Kraichtal sowie „Steinberg“ und „Götzenbuckel“ in Baden-Baden entfallen. In seiner Sitzung vom 9.7.2003 beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners den Überlastungsschutz als weiteres Kriterium anzuwenden und leitete die dritte Anhörung mit 9 Standorten ein, die vom 10.7. bis 10.10.2003 stattfand. Einem Aktenvermerk über ein Arbeitsgespräch vom 29.10.2003 zwischen dem Landratsamt Rastatt und dem Antragsgegner ist zu entnehmen, dass man sich aus Sicht des Regionalverbandes mit den noch verbliebenen 9 Standorten im Grenzbereich zu einer Negativplanung befinde, währenddessen das Landratsamt noch einen Spielraum nach unten sah. Nach Auffassung des Regionalverbands sei das Vorkommen bestimmter Vogelarten nur als Verdacht geäußert worden, während in die Schlussabwägung nur belegbare und räumlich konkretisierte Aspekte einfließen dürften. Auch die starke Beeinträchtigung der charakteristischen Eigenart und Schönheit der Landschaft im Schwarzwald durch Windeenergieanlagen müsste nach Ansicht des Antragsgegners noch spezifiziert werden, denn grundsätzlich habe dieser die Erholung und das Landschaftsbild berücksichtigt, beschrieben und abgewogen.
Der Entwurf des Regionalplans, Stand November 2003, enthielt danach nur noch 7 Standorte, da die Standorte „Schwalster“ (Philippsburg) und „Neulang, Steinrott“ (Ottersweier-Unzhurst) zusätzlich aus Vogelschutzgründen weggefallen waren. Schließlich besichtigte der Planungsausschuss des Antragsgegners am 10.12.2003 die verbliebenen Potenzialflächen. In der Sitzungsvorlage für die nachfolgende Sitzung des Planungsausschuss ist zusammenfassend ausgeführt: Die Anhörungsergebnisse hätten eine Verkleinerung der Standorte Nr. 4 „Lange Herrenstücker“ (300 Puffer für den Erdbeerhof und Modifizierung grenzwertiger Teilflächen), Nr. 5 „Hohe Wanne/Mauzenberg“ (wegen Bodenschutzwald) und Nr. 6 „Hummelsberg/Webersberg“ (wegen erweiterten Immissionsschutzpuffers für den Siedlungssplitter Schmalbach/Baden-Baden) ergeben. Die in den Anhörungen vorgebrachten Bedenken zur Vogelschutzproblematik hätten zu einer Herausnahme der Standorte bei Philippsburg wegen der Probleme mit dem Vogelschutz auf der Rheinschanzinsel und bei Ottersweier zur Sicherung eines ausreichend großen Lebensraumverbunds für die Vogelwelt geführt. Es sind 7 Standorte mit einer Gesamtfläche von ca. 450 ha und 43 möglichen Referenzanlagen in der Region verblieben. In seiner Sitzung vom 21.1.2004 beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners zusätzlich die Standorte Nr. 3 „Nonnenberg/Hühnerbüschle“ (Kraichtal) wegen erheblicher Eingriffe in das Landschaftsbild, Nr. 4 „Lange Herrenstücker/ Buhlacher Eck/Leonharder Weg“ (Rheinstetten/Durmersheim) wegen zu geringem Windpotenzial im Verhältnis zu der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie Nr. 6 „Hummelsberg“ (Baden-Baden) und „Webersberg/Breitfeld“ (Gernsbach) wegen erheblicher Eingriffe in das Landschaftsbild zu streichen und beim Standort Nr. 5 das Gebiet „Mauzenberg/Hohe Wanne“ nicht als Doppelstandort, sondern als zwei getrennte Bereiche anzusehen und wegen des Eingriffs des Standorts „Mauzenberg“ in das Landschaftsbild dem Standort Hohe Wanne einen Überlastungsschutz von 5 km zu gewähren, wodurch die Teilfläche „Mauzenberg“ (Gaggenau) entfiel. Er empfahl der Verbandsversammlung, 4 Standorte als Satzung zu beschließen. In der Zeit vom 29.1. bis 10.2.2004 fand eine vierte Anhörung zu diesen vier Standorten statt, beschränkt auf die betroffenen Kommunen und Planungsträger. Für die Sitzung der Verbandsversammlung des Antragsgegners vom 11.2.2004 sah die Vorlage der Verwaltung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen, wiederum 7 Standorte vor. Dieser Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit, vielmehr billigte die Verbandsversammlung die am 21.1.2004 vom Planungsausschuss vorberatene Vorlage mit vier Standorten. Wegen der Befangenheit eines Mitglieds der Verbandsversammlung wurde eine erneute Beschlussfassung nötig, die mit gleichem Inhalt in der Sitzung vom 19.4.2004 erfolgte. Hierbei lag der Verbandsversammlung auch eine Tischvorlage zur Novellierung des EEG vor, wonach nach dem aktuellen Stand der Gesetzesnovelle die Standorte im Kraichgau und im Rheingraben durch die Förderung des EEG weiterhin wirtschaftlich zu betreiben seien.
Am 19.4.2004 beschloss die Verbandsversammlung die Teilfortschreibung des Kapitels 4.2.5. „Erneuerbare Energien“ des Regionalplans Mittlerer Oberrhein mit vier Vorrangstandorten, nämlich den Standorten „Armenberg“ (Östringen), „Kleisenberg, Neuenberg“ (Kraichtal/Östringen), „Hohe Wanne“ (Loffenau) und „Urberg“ (Baden-Baden) als Satzung. Auf der Gesamtfläche des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein mit 2.137 km² können danach auf ca. 200 ha Fläche 18 Anlagen errichtet werden.
Der Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ des Antragsgegners wurde vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg mit Bescheid vom 26.5.2004 gemäß § 13 Abs. 1 LplG i.d.F. vom 10.7.2003 (GBl. S. 385) genehmigt. Entsprechend § 13 Abs. 2 LplG wurde die Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg am 7.6.2004 bekannt gemacht.
Am 28.6.2004 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren mit dem Antrag eingeleitet,
10 
den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein vom 19.4.2004 für unwirksam zu erklären.
11 
Sie macht geltend: Der Teilregionalplan beruhe auf einer verfassungswidrigen Gesetzesgrundlage, sei außerdem verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und widerspreche im Hinblick darauf, was inhaltlich von der „Vorrangplanung“ übrig geblieben sei, den vom Bundesverwaltungsgericht in seinen zwei Urteilen für die Regionalplanung aufgestellten Grundsätzen, wonach eine gezielte (rein negative) Verhinderungsplanung dem Plangeber verwehrt sei, dieser die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren, zu beachten habe und deshalb für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen müsse.
12 
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei ihre Antragsbefugnis gegeben. Bei den mit den Gemeinden Loffenau und Gernsbach geschlossenen Verträgen handle es sich um die in der Planungspraxis üblichen Nutzungsverträge, die u.a. mit Rücktrittsklauseln versehen seien. Als nach Inkrafttreten des Regionalplans erkennbar gewesen sei, dass das Landratsamt Rastatt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung versagen werde, habe die Gemeinde Loffenau von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht, um dadurch den Weg für eine „kleine Lösung“ vorzubereiten, mit der die Elektrifizierung der Gaststätte „Teufelsmühle“ auf jeden Fall gewährleistet werden solle. Die Nutzung der Windkraft am Standort „Teufelsmühle“ werde also auch weiterhin von der Gemeinde Loffenau unterstützt. Es sei auch bereits abzusehen, dass die Gemeinde Loffenau sich zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrages zur Verwirklichung der sogenannten großen Lösung an der Teufelsmühle spätestens dann bereit finden werde, wenn der Teilregionalplan vor Gericht keinen Bestand haben sollte. Im Übrigen habe der Nutzungsvertrag mit der Stadt Gernsbach weiterhin Bestand.
13 
§ 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs. LplG n.F. sei verfassungswidrig, weil Festsetzungen von Vorbehaltsgebieten bei regionalbedeutsamen Windkraftanlagen ausdrücklich ausgeschlossen seien. Diese „Schwarz-Weiß-Planung“ entspreche nicht mehr den differenzierten Anforderungen an die Zulässigkeit von Flächennutzungen im dicht besiedelten Mitteleuropa. Gegenüber den grundrechtlich durch Art. 12 und 14 GG geschützten Betreiberinteressen sowie gegenüber der durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten gemeindlichen Planungshoheit werde dem Landschaftsschutz durch diese rigide Regelung ein unverhältnismäßiger Vorrang gegenüber der regenerativen Energiegewinnung ungeachtet des Umstands eingeräumt, dass diese nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F. bzw. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. im Außenbereich privilegiert zulässig und ihre Wirtschaftlichkeit allein an windhöffigen Standorten gewährleistet sei. Dem Widerspruch zum rechtsstaatlichen Übermaßverbot könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Gebiete der Zulassung einer regionalbedeutsamen Windkraftanlage nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) „in der Regel“ entgegenstehe und die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet sei. Selbst wenn Vorbehaltsgebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine geringere Steuerungskraft entfalteten und dementsprechend bei der Bilanzierung von Positiv- und Negativflächen nicht ohne weiteres als Positivausweisung zu werten seien, seien sie in differenzierterem Maße als die reine „Schwarz-Weiß-Planung“ geeignet, den Nutzungsinteressen der Betreiber von Windenergieanlagen, der ökologischen bzw. privilegierten Zielsetzung sowie schließlich der gemeindlichen Planungshoheit zu entsprechen.
14 
Außerdem sei der Beschluss der Verbandsversammlung vom 19.4.2004 verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil die vierte Anhörung nur auf die betroffenen Kommunen und Planungsträger beschränkt worden und hinsichtlich dieser eingeschränkten Anhörung auch keine Beschlussfassung seitens des Planungsausschusses erfolgt sei, sondern direkt die Verbandsversammlung darüber befunden habe. Die nachträgliche Reduzierung der Vorrangstandorte um mehr als 50 % gegenüber der dritten Anhörung bzw. um nahezu 50 % gegenüber dem Vorschlag der Verwaltung stelle eine erhebliche Änderung der Planung dar, die auch in Ansehung des § 9 Abs. 3 LplG a.F. eine erneute Anhörung aller betroffenen Träger öffentlicher Belange erforderlich gemacht hätte. Eine erneute umfassende Anhörung sei nicht nur wegen der Halbierung der Vorrangstandorte, sondern auch deshalb nötig gewesen, weil sich nunmehr tatsächlich die Frage der Sinnhaftigkeit der Planung überhaupt und die Frage, ob eine unzulässige Negativplanung vorliege, gestellt hätten. Aus den gleichen Gründen hätte darüber hinaus erneut eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne des § 12 Abs. 3 LplG n.F. stattfinden müssen. Zwar räume Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205, berichtigt S. 320) die Befugnis ein, das Verfahren zur Fortschreibung des Regionalplans noch bis zum 19.5.2004 nach altem Recht, also grundsätzlich ohne zwingende Öffentlichkeitsbeteiligung fortzuführen. Da der Antragsgegner jedoch bereits die zweite und dritte Anhörung im Jahre 2003 freiwillig im Vorgriff auf die Neufassung des Landesplanungsgesetzes unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt habe, hätte es die Amtspflicht zu konsequentem, widerspruchsfreiem Verhalten und die sich daraus ergebende Selbstbindung, auf diesem Wege fortzufahren, geboten, auch bei entsprechenden wesentlichen Änderungen der Planung eine weitere Offenlage auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Dieser formelle Mangel sei weder unbeachtlich noch sei nach § 5 LplG n.F. eine Heilung vorgesehen. Auch beruhe der Satzungsbeschluss auf diesem Mangel, denn ein Absehen vom Satzungsbeschluss oder zumindest seine Modifizierung habe nicht ausgeschlossen werden können.
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Schließlich stelle der Regionalplan eine mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr zu vereinbarende Negativplanung dar. Von den ursprünglich 19 Vorrangstandorten, die mit dem im Jahre 2001 begonnenen Suchlauf ermittelt worden waren, seien nur 4 übrig geblieben. Hinzu komme, dass die Gemeinde Östringen, auf deren Gemarkung zwei der vorgesehenen Vorranggebiete lägen, nicht zuletzt mangels hinreichender Windhöffigkeit grundsätzlich die Regionalplanung ablehne und deshalb einen entsprechenden Normenkontrollantrag gestellt habe. Die beiden verbliebenen Standorte „Hohe Wanne“ bei Loffenau und „Urberg“ bei Baden-Baden stünden interessierten Betreibern nicht zur Verfügung, da sie sich im kommunalen Eigentum befänden; die Gemeinde Loffenau habe den Standort „Hohe Wanne“ als „Pseudostandort“ bezeichnet. Sie sei keinesfalls gewillt, die dortigen Flächen zur Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen, sondern favorisiere den Standort „Teufelsmühle“. Die Stadt Baden-Baden habe den Standort „Urberg“ nur aus Gründen der regionalen Solidarität in dem Wissen akzeptiert, dass sie auf Grund ihres dortigen kommunalen Eigentums die Ausnutzung dieses Vorrangstandorts von vornherein unterbinden könne. Die Reduzierung der Standorte habe nicht auf der Auswertung der den jeweiligen Planungsvarianten zugrunde gelegten Suchkriterien beruht, sondern sei ausschließlich aus politischen Gründen erfolgt. So seien der Mehrheitsfraktion in der Verbandsversammlung die „19 Standorte zu viel“ gewesen und die Verwaltung sei in der Sitzung der Verbandsversammlung am 12.3.2003 beauftragt worden, Kriterien zu erarbeiten, die zu einer deutlichen Reduzierung führe. Im weiteren Verlauf der Beratung auf der Grundlage von 9 Standorten, nach Streichung von zwei Standorten aus Vogelschutzgründen, habe trotz des Umstandes, dass die verbliebenen 7 Standorte sämtliche Kriterien des „verschärften“ Kriterienkatalogs erfüllten, wiederum die Mehrheitsfraktion in der Verbandsversammlung bzw. im Planungsausschuss aus Gründen der Landschaftsästhetik die Herausnahme von drei weiteren Standorten und die flächenmäßige Reduzierung eines weiteren Standorts durchgesetzt. Die Planung sei hier nicht durch Abwägungsoffenheit, sondern durch eine ganz bestimmte Richtung bzw. durch eine ganz bestimmte zahlenmäßige Vorgabe vorgeprägt gewesen, so dass ihr der Mangel des Abwägungsdefizits gewissermaßen auf die Stirn geschrieben sei.
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Darüber hinaus sei der Teilregionalplan abwägungsfehlerhaft, weil er noch schnell vor Inkrafttreten des EEG 2004 verabschiedet worden sei. Zwar habe der Verbandsversammlung zu der Sitzung am 19.4.2004 eine Tischvorlage vorgelegen, mit der sie von der Verwaltung kurz darüber informiert worden sei, dass die Standorte im Kraichgau und im Rheingraben nach dem aktuellen Stand der Novelle zum EEG weiterhin wirtschaftlich zu betreiben seien. Nach Durchführung des Vermittlungsverfahrens sei das EEG 2004 am 21.7.2004 jedoch schließlich wieder mit der Maßgabe endgültig vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden, dass Strom aus Anlagen, die nicht mindestens 60 % des sog. Referenzertrages erzielen könnten, von den Netzbetreibern künftig nicht mehr vergütet werden müssten (vgl. § 10 Abs. 4 EEG 2004). Nach § 21 Abs. 4 EEG 2004 gelte diese Regelung für Anlagen die nach dem 31.7.2005 in Betrieb genommen würden. Damit sei unbestritten, dass die auf der Gemarkung Östringen/Kraichtal vorgesehenen Windkraftanlagen mangels hinreichender Windgeschwindigkeit einen entsprechenden Mindestprozentsatz des Referenzertrages nicht erzielen könnten und deshalb vollkommen unwirtschaftlich seien. Der Satzungsgeber könne sich auch nicht auf den Rechtsgedanken des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB berufen, wonach für die Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung maßgebend sei, denn diese entbinde ihn nicht davon, absehbare Entwicklungen abwägend in den Blick zu nehmen. Vorliegend hätte nämlich ganz und gar nicht ausgeschlossen werden können, dass im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat der ursprünglich schon einmal vorgesehene Ausschluss der Vergütung von windschwachen Standorten im Binnenland doch noch Gesetz werden könne. Ein Abwägungsmangel liege auch darin, dass der Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen sei, obwohl er sich nachweislich in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Konfliktpotenzial im Vergleich zu den in Betracht gezogenen Standorten regelrecht aufgedrängt habe bzw. hätte aufdrängen müssen und sich darüber hinaus die betroffenen Gemeinden für eine Verwirklichung des Projekts eingesetzt hätten. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Abwägungsoffenheit sei bei der Ausweisung entsprechender Vorranggebiete bereits im Ansatz nicht gegeben gewesen. Dieses Defizit lasse sich auch nicht mit dem Argument des „großen, unzerschnittenen Raums mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ im Nordschwarzwald rechtfertigen. Dieses Kriterium möge für die Beurteilung der Landschaftsbild-Verträglichkeit von linienhaften Zerschneidungen der Landschaft durch Verkehrsinfrastruktureinrichtungen ein relevantes Kriterium sein. Für die Beurteilung, ob sich punktuelle Flächenbeanspruchungen durch Windenergieanlagen als Verunstaltung des Landschaftsbildes darstellen, gebe der „große unzerschnittene Raum“ demgegenüber gar nichts oder wenig her. Jedenfalls aber wirkten sich entsprechende Einrichtungen auf den „großen, unzerschnittenen Raum“ bei wertender Betrachtungsweise so wenig aus, dass dieser nicht von vornherein zu einem Ausschlusskriterium bei der Beurteilung der Landschaftsbild-Verträglichkeit von Windenergieanlagen hätte gemacht werden dürfen. Auch das Argument, große technische Anlagen mit erheblicher Geräuschentwicklung an exponierten Lagen zerstörten weiträumig den Naturgenuss könne schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil sich nicht nur die Lärm-, sondern auch die Lichtimmissionen (Schattenwurf) der von der Antragstellerin geplanten Anlagen innerhalb der hier zu beachtenden Toleranzen halten würden und immissionsschutzrechtlich nicht zu beanstanden seien. Im Übrigen belaste derzeit am Standort „Teufelsmühle“ der Betrieb von Dieselgeneratoren zur Stromversorgung des dortigen Gasthauses nicht nur die Umwelt, sondern auch Erholungssuchende. Auch sei nicht zutreffend, dass das Landschaftsbild auf unabsehbare Zeit und weiträumig beeinträchtigt sei, denn die Betriebs- bzw. Vertragslaufzeit von Windenergieanlagen betrage regelmäßig höchstens 25 Jahre. Danach könnten und müssten diese Anlagen vollständig abgebaut werden.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
19 
Er erwidert: Der Antrag sei bereits wegen fehlender Antragsbefugnis als unzulässig abzuweisen. In den letzten Jahren sei zwar verstärkt eine Antragsbefugnis von Bürgern bei fachgesetzlichen Regelungen nach § 4 Abs. 5 ROG bejaht worden, die über die regelmäßigen Bindungswirkungen nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 ROG hinausgingen. Als Grund hierfür seien die Auswirkungen auf das Eigentumsrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genannt worden. Zweifelhaft sei aber nach wie vor, ob lediglich obligatorisch Berechtigte eine Antragsbefugnis besitzen würden. Selbst bei einer rechtsschutzintensiveren Auffassung sei aber höchst fraglich, ob die Antragstellerin die für eine Antragstellung notwendig gesicherte Position innehabe, denn sie besitze lediglich Optionspachtverträge, die von dem Grundstückseigentümer jederzeit kündbar seien. Die Gemeinde Loffenau habe zudem ihr Rücktrittsrecht am 22.7.2004 ausgeübt.
20 
§ 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs. LplG n.F. sei nicht verfassungswidrig. Mit § 11 LplG n.F. (vormals gleichlautend: § 8) und der Anordnung in Art. 4 Abs. 3 des Artikelgesetzes vom 8.5.2003, unverzüglich die erforderlichen Regionalplanverfahren einzuleiten, habe der Gesetzgeber durch diese Planungspflicht in der Kombination Vorrang-/Ausschlussgebiet einer „ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung“ der Windenergie entgegenwirken wollen, so die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 13/1883, S. 35). Auf diese Weise habe das Parlament die „raumordnerische Erforderlichkeit“ im Landesplanungsgesetz selbst festgelegt. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 12, 14 GG oder in die kommunale Planungshoheit sei damit nicht verbunden. Im Außenbereich sei die Baufreiheit erheblich beschränkt, und die Privilegierung der Windkraftnutzung sei von Anfang an mit einem Planungsvorbehalt verbunden worden. Ohnehin sehe § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur eine Regel-Ausschlusswirkung vor. Durch die Steuerung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen im Außenbereich werde der Kernbereich der durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Planungshoheit nicht berührt. Den Kommunen blieben noch substanzielle Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Wegen der weit über die Gemeinde hinausreichenden Auswirkungen stehe die Windkraftplanung eher am Rande der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und damit am Rande des Normbereichs von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Auf der anderen Seite gebe es überörtliche Interessen von bedeutenderem Gewicht. Dazu gehörten der großräumige Landschaftsschutz, die Gestaltung, Gliederung und generelle Entwicklung der Siedlungs- und Freiraumstruktur, die Investitionssicherheit für die Betreiber, der übergemeindliche Abstimmungsbedarf und die Ausweisung von Ausschlussgebieten über das gesamte Gemeindegebiet hinweg, die nur die Regionalplanung angemessen berücksichtigen könne. Im Gegenzug könnten die Gemeinden nach dem sogenannten Gegenstromprinzip ein wirkungsvolles Beteiligungsrecht und die Berücksichtigung ihrer Interessen bei der Erarbeitung der Raumordnungsziele verlangen. Außerdem verbliebe den Gemeinden die Steuerung nicht regionalbedeutsamer Windkraftanlagen und die Konkretisierung der raumordnerischen Vorgaben im Rahmen des Anpassungsgebots des § 1 Abs. 4 BauGB.
21 
Dem Antragsgegner sei kein Verfahrensfehler unterlaufen, denn er habe die Übergangsregelung in Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des LplG und anderer Gesetze genutzt, wonach laufende Regionalplanänderungen nach dem bisherigen Recht weitergeführt werden könnten, wenn sie innerhalb eines Jahres abgeschlossen würden. Das Änderungsverfahren für den Teilregionalplan sei mit dem Satzungsbeschluss vom 19.4.2004 und damit noch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist (20.5.2004: Inkrafttreten des Gesetzes) abgeschlossen worden. Die Beteiligung habe sich deshalb nach § 9 Abs. 2 LplG 1992 i.d.F. vom 8.4.1992 mit letzter Änderung durch das Regionen-Weiterentwicklungsgesetz vom 14.3.2001 gerichtet. Dort sei nur eine Beteiligung der berührten Träger öffentlicher Belange und keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Aus Kulanzgründen und wegen der intensiven Zusammenarbeit seien auch noch die Antragstellerin und die Firma p. einbezogen worden. Im Übrigen sei eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nach dem Grundsatz der Planerhaltung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LplG 2003 unerheblich, wenn sie ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sei. Bei der Kausalitätsbetrachtung könnten die Grundsätze zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB herangezogen werden, wonach eine konkrete Möglichkeit notwendig sei, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Davon könne nicht ausgegangen werden. Ein formeller Offenlagebeschluss sei von dem Planungsausschuss in seiner Sitzung vom 21.1.2004 nicht gefasst worden, was auch nicht durch § 9 LplG 1992 geboten gewesen sei.
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Der Teilregionalplan halte sich außerdem innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht in drei Grundsatzentscheidungen gezogenen Grenzen und stelle keine Negativplanung dar. Er basiere auf einer regionsweiten und ausgefeilten planerischen Systematik, die sich in sieben Stufen zu einer Entscheidung verdichtet habe. Besonderen Wert habe der Plangeber auf den großräumigen Landschaftsschutz (Schritt 2 der Suchmethodik) gelegt. Denn große unzerschnittene Räume, d.h. Bereiche mit mehr als 100 km² unzerschnittener Fläche, mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung, in die auch der Standort „Teufelsmühle“ falle, seien in Baden-Württemberg äußerst selten. Deshalb hätten sie Eingang in den Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 gefunden. Diese Bereiche habe die Region für die naturgebundene stille Erholung vorgesehen. Große technische Anlagen mit erheblicher Geräuschentwicklung an exponierten Lagen zerstörten weiträumig den Naturgenuss. Aus diesem Grunde sei der Standort „Teufelsmühle“ trotz wiederholter Anläufe stets abgelehnt worden. Auch die Reduzierung der Vorrangstandorte in der Endphase der Planung von 7 auf 4 bei weiterer Beschränkung des Standorts „Hohe Wanne, Mauzenberg“ habe sich innerhalb der einheitlichen Planungssystematik bewegt. Die Standorte seien nicht einfach „politisch“ entfallen, sondern auf Grund einer eingehenden Einzelfallbetrachtung planerisch korrekt ausgesondert worden. Der Abstimmung sei eine ganztätige Bereisung und Besichtigung der Potenzialflächen durch den Planungsausschuss am 10.12.2003 vorausgegangen. Danach sei der Standort Nr. 3 „Nonnenberg/Hühnerbüschle“ im Kraichtal wegen eines Eingriffs in das Landschaftsbild, der Standort Nr. 4 „Lange Herrenstücker/ Buhlacher Eck/Leonharder Weg“ in Durmersheim/Rheinstetten wegen zu geringen Windpotenzials im Verhältnis zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Standort Nr. 6 „Hummelsberg“ in Baden-Baden sowie „Webersberg/Breitfeld“ in Gernsbach wegen eines Eingriffs in das Landschaftsbild ausgeschieden worden. Außerdem sei bei dem Standort Nr. 5 der Bereich „Mauzenberg“ und „Hohe Wanne“ als getrennter Doppelstandort angesehen und wegen des Eingriffs am Standort „Mauzenberg“ in das Landschaftsbild und des Kriteriums „Überlastungsschutz" dem Standort „Hohe Wanne“ der Vorrang eingeräumt worden. Schließlich dürften bei der Beurteilung, ob die Windkraft im Planungsraum eine substanzielle Chance erhalten habe, die Besonderheiten des Plangebiets nicht außer Betracht gelassen werden. So sei die Region Mittlerer Oberrhein gekennzeichnet durch eine kleine Fläche und eine hohe Bevölkerungsdichte. Zudem enthalte er viele Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete. Besonders die windhöffigen Schwarzwaldhöhen seien an vielen Stellen mit Schutzgebieten belegt.
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Die verbliebenen 4 Standorte seien auch keine vorgeschützten „Pseudoflächen“, denn rechtliche Hindernisse stünden einer Bebauung nicht entgegen. Soweit die Standorte in Landschaftsschutzgebieten lägen, sei im Einvernehmen mit den zuständigen Naturschutzbehörden die objektive Befreiungslage festgestellt worden. Die Planung sei ohne Berücksichtigung der zivilrechtlichen Grundstückssituation durchgeführt worden, denn nur auf diese Weise lasse sich der geforderte regionsweite und flächendeckende Ansatz realisieren. Der Regionalverband habe aber die Umsetzungsproblematik gesehen und bewältigt, indem er ca. 2 bis 3 Jahre nach Planerlass eine Zwischenbilanz und eine planerische Nachsteuerung unter den dann vorliegenden Rahmenbedingungen vorgesehen habe. Daneben habe der Normgeber die aktuellen Entwicklungen zur Novellierung des EEG stets beobachtet. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 19.4.2004 habe die Beurteilung des weiteren Fortgangs der EEG-Novelle in den Bereich der Vorhersage gehört. Ein Zuwarten auf eine Beruhigung der Situation hätte den Abschluss des Verfahrens unabsehbar verzögert. Auch die bereits abgelaufene Umsetzungsfrist der EG-Richtlinie 2001/77 ändere daran nichts, denn die Bundesrepublik Deutschland habe schon mehrfach EG-Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt. Die nunmehr Gesetz gewordene Regelung des § 10 EEG, wonach Anlagen, die nicht mindestens 60 % der Referenzmenge Strom erzeugten, nicht mehr in den Genuss der Garantievergütung kämen, werde erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Windfarmen besitzen. Deshalb habe der Planungsausschuss des Antragsgegners mit Beschluss vom 10.11.2004 die Verwaltung mit der Untersuchung der Auswirkungen der Kappungsgrenze auf die Wirtschaftlichkeit der Vorrangstandorte im Plangebiet beauftragt. Der Normgeber habe die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Regelungsgegenstands im Blick; für eine abgewogene planerische Nachsteuerung bleibe ein angemessener Zeitraum.
24 
In der mündlichen Verhandlung ist ein Mitarbeiter der Landesanstalt für Umweltschutz als amtliche Auskunftsperson zur Bedeutung der im Landesentwicklungsplan aufgeführten „unzerschnittenen Räume mit hohem Wald- und Biotopanteil mit einer Größe von über 100 km²“ angehört worden.
25 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Antragsgegners (19 Aktenordner) und der Landesentwicklungsplan 2002 sowie die Akten des Verfahrens des VGH Bad.-Württ. 5 S 2124/04 vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Akten und die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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1. Der - fristgerecht erhobene - Antrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Der Regionalplan wurde gemäß § 12 Abs. 7 LplG n.F. als Satzung beschlossen und durch die Veröffentlichung der Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg verbindlich (§ 13 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LplG n.F.). In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind und vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können (BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6/03 -, BVerwGE 119, 217 - 229) und dass ihnen nicht mangels Außenwirksamkeit Rechtssatzcharakter abgesprochen werden kann. Ziele der Raumordnung besitzen zwar grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung gegenüber Privaten; ihr Geltungsanspruch richtet sich an öffentliche Planungsträger und Personen des Privatrechts, die raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vornehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 ROG 1998). Durch die Neufassung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB haben die raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen indessen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Der Gesetzgeber verleiht ihnen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen und damit auch Rechtswirkung gegenüber Privaten entfalten. Das steht im Einklang mit § 4 Abs. 5 ROG 1998, wonach weitergehende Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung auf Grund von Fachgesetzen unberührt bleiben, und wirkt sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm aus (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162).
28 
2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist hier der Fall. Die Antragsbefugnis ist in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.6.2003, BauR 2003, 1696 - 1701). Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 26.11.2002, Sächs.VBl. 2003, 84 - 92 unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.5.1994, NVwZ 1995, 264). Denn in einem solchen Fall gehören die Betriebsinteressen zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans und kann deshalb ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein (BVerwG, Urteil vom 5.11.1999, BVerwGE 110, 36 - 40; BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, NVwZ 1999, 592 = BVerwGE 107, 215). Hinsichtlich des Windfarmvorhabens „Teufelsmühle“, das nach der Regionalplanung im Ausschlussgebiet liegt, hat die Antragstellerin in Kooperation mit der Firma p. mit der Stadt Gernsbach am 26.5.2003 und mit der Gemeinde Loffenau am 12.5.2003 einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren geschlossen. Davon abgesehen, dass der Pachtvertrag zur Nutzung der Flächen auf Gernsbacher Gemarkung für die Errichtung von Windenergieanlagen, die den Raumordnungszielen des angefochtenen Regionalplans widersprechen würden, nach wie vor Bestand hat und deshalb schon aus diesem Grunde die Antragsbefugnis gegeben ist, ist es auch unschädlich, dass die Gemeinde Loffenau entsprechend des Beschlusses des Gemeinderats vom 20.7.2004 mittlerweile vom Vertrag zurückgetreten ist. Denn zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 19.4.2004 hätten die Interessen der Antragstellerin auch im Hinblick auf die Standorte in der Gemeinde Loffenau als abwägungsbeachtlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden müssen, woraus sich auch in Bezug auf diese Standorte ihre Antragsbefugnis ergibt.
29 
3. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Zum Einen ist es nach ihrem Vortrag im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Widerspruchsschreiben vom 5.10.2004 nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde Loffenau zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrags bereit ist, sollte es der Antragstellerin gelingen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erstreiten. Zum Anderen haben die Betreiberfirmen auch ein Interesse an der Verwirklichung der drei auf Gernsbacher Gemarkung geplanten Windkraftanlagen dargetan.
30 
II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Teilregionalplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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1. Unschädlich ist, dass die 4. Anhörung nicht durch Beschluss des Planungsausschusses oder der Verbandsversammlung eingeleitet, sondern von der Verwaltung veranlasst wurde. Denn das Landesplanungsgesetz enthält keine Vorschrift darüber, wer das Anhörungsverfahren einzuleiten hat.
32 
Verfahrensfehlerhaft ist indessen, dass der Antragsgegner die 4. Anhörung nur noch beschränkt auf die durch die Änderung betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Firma p. und damit nicht entsprechend § 12 Abs. 3 LplG i.d.F. vom 10.7.2003, zuletzt geändert am 14.12.2004 - n.F. - durchgeführt hat. Diese Vorschrift, nach der eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist nach Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205 und 213; Berichtigung S. 320) auf den angefochtenen Regionalplan bereits anzuwenden. Danach können bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderungen eines Regionalplans nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt werden. Sie sind innerhalb eines Jahres, beginnend am 20.5.2003, abzuschließen. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners hat zwar den Regionalplan am 19.4.2004 und damit noch vor Ablauf eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes n.F. als Satzung beschlossen. Ein Verfahren ist indessen erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, nämlich hier mit der Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB zu § 244 RdNr. 23).
33 
Hätte danach eine umfassende, den Anforderungen des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, so ist dieser Verfahrensfehler jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 LplG n.F. unbeachtlich. Denn nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit eines Regionalplans unerheblich, wenn die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. Diese Verknüpfung von Verfahrensvorschriften mit der Abwägung ist in dieser Form neu und den Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches fremd. Vorliegend kann indessen offen bleiben, ob auch für die Regionalplanung die im Baurecht entwickelten Grundsätze Anwendung finden, d.h. ob diese nur dann zur Unwirksamkeit des Planes führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Ergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Denn es sprechen folgende Gründe dafür, dass die nicht der Vorschrift des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Abwägungsergebnis ohne Folgen war: Zum Einen hat der Antragsgegner bei der 4. Anhörung eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht völlig unterlassen, sondern die betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Betreiberfirma p. angehört. Zum Anderen ist anläßlich der 2. und 3. Anhörung eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, bei der zahlreiche Einwendungen eingegangen sind. Zwar wurde vor der 4. Anhörung die Zahl der vorgesehenen Vorrangstandorte noch einmal nahezu halbiert, jedoch ist nicht erkennbar, was hierzu seitens einer zu beteiligenden Öffentlichkeit noch hätte vorgetragen werden können, das nicht schon Gegenstand der Erörterungen gewesen war. Vor allem ist davon auszugehen, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners trotz weiterer Stellungnahmen seitens einer etwa beteiligten Öffentlichkeit an der vorgesehenen Reduktion der Vorrangstandorte festgehalten hätte. Denn die Verbandsversammlung war mehrheitlich ersichtlich zur Reduktion der Vorrangstandorte fest entschlossen, was allein der Umstand zeigt, dass sie entgegen der Vorlage der eigenen Verwaltung und trotz deren Warnung, die Grenze zur Negativplanung nicht zu überschreiten, an ihrem letztlich beschlossenen Konzept festgehalten hat.
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2. Der Regionalplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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a.) Maßgebliche Rechtsgrundlage ist vorliegend § 11 Abs. 3 LplG n.F.. Dort heißt es: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur, zur anzustrebenden Freiraumstruktur und zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region. Dazu sind im Regionalplan nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG n.F. Standorte und Trassen für Infrastrukturvorhaben, insbesondere Gebiete für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen festzulegen. Nach § 11 Abs. 7 kann der Regionalplan diese Festlegungen grundsätzlich in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten treffen; Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 müssen indessen als Vorranggebiete, die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festgelegt werden, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. (gleichlautend: § 8 Abs. 3 Ziff. 11 LplG a.F.) für die Festlegung von „Zielen mit negativ-planerischer Funktion“ bedarf es, denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vermag die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung zur Festlegung von Konzentrationsflächen nicht zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003, NVwZ 2003, 738).
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b.) Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2.HS LplG n.F., die den Regionalverbänden die Verpflichtung auferlegt, im Hinblick auf die Festlegung von Standorten für die Windenergienutzung nur Vorranggebiete und Ausschlussgebiete und keine Vorbehaltsgebiete festzulegen, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verfassungswidrig. Die Ausweisung von Vorbehalts- und Ausschlussgebieten hat zur Folge, dass sowohl für betroffene Gemeinden als auch für Private verbindliche Festlegungen getroffen werden. Zweifelsohne wird mit der Ausweisung der Standorte für die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. genannten Vorhaben in die zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehörende Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eingegriffen, da die Gemeinden durch § 4 Abs. 1 LplG n.F., § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet sind, diese Ausweisung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen. Das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, steht den Gemeinden jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Seine nähere Ausgestaltung ist daher dem Gesetzgeber überlassen. Gesetzlichen Eingriffen sind allerdings Grenzen gesetzt: Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107, 119 f.; Beschluss vom 7.10.1980 - 2 BvR 584/76 -, BVerfGE 56, 298, 313 f.; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -).
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Ob und inwieweit die Planungshoheit zu dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.6.1987, a.a.O., S. 118 f.; Beschluss v. 7.10.1980, a.a.O., S. 312 f.; ebenso VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.). Auch vorliegend kann diese Frage offen bleiben, denn ein etwaiger mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundener Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 191). Insgesamt beurteilen sich danach die Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie - im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
38 
Die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2. HS LplG n.F. getroffene Regel beachtet diese Grundsätze. Der mit ihr verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Ausweislich der Begründung zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes (LT-Drs. 13/1883) sollte mit dem Gesetz der Anpassungsverpflichtung des § 22 ROG 1998 nachgekommen und eine Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes erreicht werden. Die Begründung zu der Neufassung des § 8, jetzt § 11 LplG n.F., lautet dementsprechend, dass die Neufassung zur Anpassung der bisherigen Regelung an § 7 ROG erfolgt. In dieser Bestimmung enthalte das Rahmenrecht des Bundes erstmals Vorgaben für den Inhalt insbesondere der Regionalpläne. Die Neufassung bringe keine Erweiterung der regionalen Planungskompetenz über die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes hinaus. Sie schaffe im Wesentlichen nur die konkretisierte Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kompetenz für die Festlegung von Standorten für Infrastrukturvorhaben sei die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von besonderer Bedeutung. Die Kompetenz zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen sei nach Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 ROG unlösbar mit der Verpflichtung verbunden, regionsweit flächendeckend die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen unzulässig seien. Seien die Voraussetzungen der Raumbedeutsamkeit zu bejahen, seien in der Regel Standortfestlegungen des Regionalplans für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich. Durch die Verpflichtung zur kombinierten Festlegung könnten die Regionalverbände einer ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung der Windenergie entgegenwirken. Für die Standorte von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen sei die Kombination von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch diese Kombination werde bei der Nutzung der Windenergie erreicht, dass in allen Regionen auf Grund einer regionsweiten Prüfung die Standorte festgelegt würden, in denen eine vor allem landschaftsverträgliche Nutzung der Windenergie möglich sei, und zugleich die Gebiete bestimmt wurden, in denen die Aufstellung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen unzulässig sei. Durch die regionsweite flächendeckende Standortplanung werde ein einheitliches Konzept verwirklicht und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft vermieden (LT-Drs. 13/1883, S. 35/36).
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Diese Erwägungen rechtfertigen die Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Belange der Gemeinden werden dadurch hinreichend gewahrt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. vor der gebietsscharfen Ausweisung eines Standortes für ein regionalbedeutsames Vorhaben zu einer umfassenden Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange verpflichtet, soweit diese Ausweisung für nachfolgende Planungsentscheidungen bindend ist (vgl. Runkel in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, § 3 RdNr. 56 ff., 74). Im Rahmen des so genannten Gegenstromprinzips sind in dieser Abwägung auch die Vorstellungen der betroffenen Gemeinde über die Nutzung des für das Vorhaben vorgesehenen Bereichs zu berücksichtigen (vgl. die rahmenrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. verlangt dementsprechend, dass bei der Ausarbeitung der Regionalpläne außer den anderen Planungsträgern auch die Gemeinden und die übrigen Träger der Bauleitplanung zu beteiligen sind, soweit sie in ihren Aufgaben berührt sind. Hierdurch wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die Regionalplanung Einfluss zu nehmen und ihre eigenen Planungsvorstellungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 335 = PBauE § 1 Abs. 4 BauGB Nr. 1; vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.).
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Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen hat zum Einen überregionale Bedeutung, und wirkt sich auch außerhalb des Planungsgebiets einer Gemeinde aus. Zum Anderen hat bereits der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehen, dass auch der Regionalplanung das Recht eingeräumt wird, durch verbindliche Festlegungen mit Zielwirkung die Ausschlusswirkung für das übrige Plangebiet zu bewirken. Da diese Wirkung durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten nicht erreicht werden kann, kann es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, von vornherein den Regionalverbänden die Aufgabe zuzuweisen, bei ihrer Planung nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen. Im Übrigen zeigt auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Regionalplänen, in denen Vorbehalts-, Vorrang- und Ausschlussgebiete festgelegt wurden, die Schwierigkeiten auf, in diesen Fällen die Frage zu beurteilen, ob in dem entsprechenden Planungsraum der Windkraft die von der Rechtsprechung geforderte Chance eingeräumt wurde und Standorte ausgewiesen wurden, die substanziell von einigem Gewicht sind. Im Übrigen werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. lediglich raumbedeutsame Anlagen erfasst. Für sonstige Anlagen verbleibt es bei der Planungshoheit der Gemeinde.
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Auch im Hinblick auf Art. 12 und 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 17.12.2002 und 13.3.2003 (4 C 15.01, NVwZ 2003, 733 und 4 C 4.02, NVwZ 2003, 738) bereits festgehalten, dass der Gesetzgeber den raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplanung) erkennbar und von Bedeutung sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG 1998). Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer von zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigen den Planungsträger allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 100, 226<242 f.>). Die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Vorranggebiete steht einem gebietsexternen Windenergievorhaben überdies nicht strikt und unabdingbar, sondern nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) "in der Regel" entgegen. Der Planungsvorbehalt steht also unter einem gesetzlichen "Ausnahmevorbehalt", der die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.) Dieser "Ausnahmevorbehalt" stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden. Diese Grundsätze berechtigen auch vorliegend den Landesgesetzgeber, den Regionalverbänden die Pflicht zur Planung aufzuerlegen mit der Vorgabe, nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen.
42 
c.) Die Festlegung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung als Ziele der Raumordnung genügt auch dem für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005 - 4 BN 1.05 -; vgl. auch BVerwGE 118, 181 <187, 189>, Gaentzsch, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 1 RdNr. 32, 35; Gierke/Brügelmann, BauGB, § 1 RdNr. 381). Zu § 1 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall aufgerichtet habe, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweise, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist. Anders als Bauleitpläne müssen Ziele der Raumordnung nicht aus städtebaulichen Gründen (§ 1 Abs. 3 BauGB), sondern aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Auch ihnen fehlt jedoch die Erforderlichkeit, wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005, a.a.O.).
43 
aa) Aus tatsächlichen Gründen muss die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für die Standorte Nr. 1 „Armenberg“ (Östringen) und Nr. 2 „Pfaffengrund“ (Kraichtal) mit einer Windgeschwindigkeit von jeweils 4,2 m/sec. und damit einer ausreichenden Windgeschwindigkeit zu rechnen. Auf nachfolgende Entwicklungen kommt es jedenfalls im Hinblick auf die Erforderlichkeit, vergleichbar der Erforderlichkeit für Bebauungspläne nach § 1 Abs. 3 BauGB, nicht an.
44 
bb) Ein rechtliches Hindernis steht den festgelegten Vorrangflächen nicht entgegen, obwohl diese zum Teil in Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten liegen. Denn von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf der Plangeber dies im Rahmen der Prognose, vergleichbar der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung, berücksichtigen. Ein gewichtiges Indiz bildet hierfür die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Vorliegend hat der Antragsgegner für die in Betracht kommenden Vorbehaltsgebiete jeweils eine entsprechende Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde eingeholt.
45 
d.) Die windenergiebezogene Teilfortschreibung des angefochtenen Regionalplans erfüllt auch die rechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) aufgestellt hat.
46 
Danach bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen „Negativplanung“ entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Dabei kann die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung aus Sicht des Regionalplans, welcher der großräumigen Entwicklung verpflichtet ist, gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum zu steuern. Eine "Verhinderungsplanung" liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
47 
Dabei sind Abwägungen bei der Erstellung von Raumordnungsplänen an ähnlichen Maßstäben zu messen wie Abwägungen in der Bauleitplanung. Es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die betroffenen gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob ein Plansatz strikte Bindungswirkung haben wird oder ob bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind. Eine solche strikte Bindung kommt insbesondere für die Negativwirkung von Raumordnungszielen über § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BauGB in Betracht (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162). Dies bedeutet, dass das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial je nach Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung in unterschiedlichem Maße einzelne Belange zusammenfassend und vergröbert darstellen darf. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bei einer abschließenden konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung, die für die Fachplanung verbindliche Ausschlusswirkungen hervorruft, die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst sich den Anforderungen an die Abwägung bei Fachplanungen annähert. Das Maß der Abwägung muss daher für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen jeweils konkret ermittelt werden (OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, a.a.O.). § 3 Nr. 2 ROG n.F. enthält eine Definition der Ziele der Raumordnung, wonach es sich dabei um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Die Festlegung der Vorrangstandorte und der Ausschlussgebiete im angefochtenen Raumordnungsplan sind daher Ziele der Raumordnung in dem Sinne, dass damit verbindlich Standortentscheidungen getroffen werden, welche die Fachbehörde binden und dieser keine Entscheidungsspielräume mehr einräumen.
48 
Nach diesen Grundsätzen ist der Abwägungsvorgang vorliegend nicht zu beanstanden.
49 
aa) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan am 19.4.2003 sah die Regelung des EEG keine Beschränkung der Abnahmeverpflichtung hinsichtlich einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Zwar hatte der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.5.2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.4.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Kappungsgrenze einzuführen. Netzbetreiber sollten nicht verpflichtet sein, Strom aus Anlagen zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen sei, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 65 von 100 des Referenzertrages erzielen könnten mit dem Ziel, die Errichtung von Windenergieanlagen an schlechten Standorten im Binnenland nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/3162, S. 2 rechte Spalte). Diese Entwicklung musste der Antragsgegner jedoch nicht berücksichtigen. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dessen Rechtsgedanke auch für die Beschlussfassung über Regionalpläne herangezogen werden kann, ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan maßgeblich, hier also der 19.4.2004. Zu diesem Zeitpunkt sah die Regelung des EEG keine Abhängigkeit der Abnahmeverpflichtung von einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Dem entsprach auch die Tischvorlage zur Sitzung vom 19.4.2004. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt. Ändern sich zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Inkrafttreten des Bauleitplans die abwägungsrelevanten Umstände so gravierend, dass sich das Abwägungsergebnis trotz eines korrekten Abwägungsvorgangs nachträglich als untragbar erweist, ist eine Neubewertung der Entscheidung zwingend. Denn auch im Zeitpunkt seines Inkrafttretens muss ein Bauleitplan noch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB entsprechen. Die Gemeinde bzw. der Plangeber ist daher gehalten, den bereits beschlossenen Plan bis zu seiner Bekanntmachung nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verschiebt sich daher bei einer wesentlichen Veränderung der Sach- und Rechtslage und damit einhergehend der abwägungserheblichen Belange der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens (vgl. BVerwGE 56, 283/288; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 132 f.; Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, RdNr. 44 zu § 214, BayVGH, Beschluss vom 10.4.2003, BayVBl. 2003, 568 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für Regionalpläne. Auf Grund der Anrufung des Vermittlungsausschusses musste der Antragsgegners zwar in Betracht ziehen, dass wieder eine Kappungsgrenze für windarme Standorte in das Gesetzgebungsvorhaben eingefügt werden würde, indessen war er nicht gehalten, den ungewissen Ausgang des Vermittlungsverfahrens abzuwarten und das Inkrafttreten des Regionalplans zunächst nicht weiter zu betreiben. Vielmehr ist hier allein formal darauf abzustellen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Regionalplans am 7.6.2004 ein EEG, das die Förderung von einer bestimmten Windhöffigkeit abhängig macht, noch nicht in Kraft war.
50 
bb) Dem Teilregionalplan liegt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die sieben Schritte, mit denen der Antragsgegner in einem Suchlauf Ausschlussflächen ermittelt hat, sind nicht zu beanstanden. Denn in zulässiger Weise hat der Antragsgegner im zweiten Schritt unter dem Gesichtspunkt „regionalprägender und identitätsstiftender Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und mit hoher Fernwirkung“ den gesamten Westrand des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes ausgeschlossen. Hierbei hat er mit Hilfe von Höhenprofilen, die für repräsentative Sichtachsen von den Gebirgsräumen zum Rheintal gebildet worden sind, die Abgrenzung nach Osten hin vorgenommen. Ergab ein Höhenprofil, dass die Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 133 m vom Rheintal aus sichtbar ist und die Distanz vom Rheintal aus weniger als 10 km beträgt, wurde der Gebirgsbereich als Ausschlussgebiet definiert. Denn bis zu einer Entfernung von 10 km sei, sofern die Anlage nicht sichtverschattet ist, bei raumbedeutsamen Windkraftanlagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu rechnen. Die Wahl dieses Kriteriums als Ausschlusskriterium, liegt im planerischen Ermessen des Antragsgegners und ist nicht zu beanstanden. Dabei war der Antragsgegner auch nicht gehalten, etwa in dem Bereich, in dem die Autobahn A 8 diesen Bereich schneidet, im Hinblick auf eine etwaige Vorbelastung eine geringere Schutzwürdigkeit anzunehmen und von diesem Kriterium eine Ausnahme zu machen, denn einem Regionalverband ist es als Plangeber gestattet, im Hinblick auf die eine gesamte Region erfassende Planung zunächst einen gröberen und pauschaleren Maßstab anzulegen. Insoweit hat der Antragsgegner nach Durchführung des Suchlaufs noch einmal überprüft, welche Standorte bei Wegfall dieses Kriteriums zusätzlich in Betracht gekommen wären, hat im Einzelfall eine Prüfung im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Standorte von der Rheinebene aus vorgenommen und unter diesem Gesichtspunkt die Standorte erneut ausgeschlossen. Dieses differenzierte Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
51 
cc) Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner als weiteres Kriterium im zweiten Schritt des Suchlaufs „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ als Ausschlusskriterium gewählt hat. Nach Aussage des als amtliche Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Landesanstalt für Umweltschutz handelt es sich bei diesen „großen unzerschnittenen Räumen mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ um sogenannte „Filet-Stücke“ des Naturschutzes, die unabhängig von einer zerschneidenden Wirkung einer Windenergieanlage möglichst von jedweden Eingriffen freigehalten werden sollen. Von den in Baden-Württemberg befindlichen sechs derartigen Räumen liegen zwei Räume im Planungsgebiet des Antragsgegners. Auch insoweit hält sich die Entscheidung, dieses Kriterium als Ausschlusskriterium festzulegen, im Rahmen des planerischen Ermessens des Antragsgegners.
52 
dd) Dementsprechend liegt auch kein Abwägungsmangel darin, dass der von der Antragstellerin favorisierte Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen ist. Zu Recht hat der Antragsgegner den Standort „Teufelsmühle“ im Hinblick auf seine Lage in einem „großen unzerschnittenen Raum“ abgelehnt. Im Übrigen ist auch dieser Standort im Nachhinein noch einmal daraufhin überprüft worden, ob er wegen seiner Lage in der Randzone dieses unzerschnittenen Raums dennoch in Betracht gezogen werden kann. Jedoch ist er im Hinblick auf seine Exponiertheit im konkreten Einzelfall wiederum abgelehnt worden, wie der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung bekundet hat. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
53 
ee) Schließlich war es dem Planungsausschuss des Antragsgegners nicht verwehrt, mittels einer Ortsbesichtigung die nach der 3. Anhörung verbliebenen neun Standorte zu besichtigen und jeden Einzelfall einer konkreten Bewertung zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass der Planungsausschuss und ihm folgend später die Verbandsversammlung im Hinblick auf die Abwägung Landschaftsbild einerseits und Förderung erneuerbarer Energien andererseits zu einer anderen Wertung gelangt ist, als die Vorlage der Verwaltung des Antragsgegners. Denn zuständiges und letztentscheidendes Gremium ist die Verbandsversammlung, die den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ als Satzung beschlossen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Erholung und das Landschaftsbild bereits unter Punkt 6 berücksichtigt, beschrieben und abgewogen hatte, denn wie bereits ausgeführt, stand es der Verbandsversammlung frei, die Standorte nochmals einer strengeren Beurteilung nach den selbst gewählten Kriterien zu unterwerfen.
54 
e.) Sind demnach die einzelnen Abwägungsschritte nicht zu beanstanden und liegt der Planung ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde, so ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat mit der Ausweisung von vier Vorrangstandorten mit einer Fläche von ca. 2 km² (200 ha) gegenüber der Gesamtfläche des Regionalverbands von 2.137 km² der Windenergienutzung im Plangebiet - noch - in substanzieller Weise Raum geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass auf 1 Promille der Fläche die Nutzung der Windenergie möglich ist, überschreitet der Antragsgegner noch nicht die Grenze zur Negativplanung. Er war nicht gehalten, im Hinblick auf dieses Ergebnis die einzelnen Planungsschritte erneut nachzujustieren, auch wenn insbesondere durch Schritt 2 mit dem Ausschluss des gesamten Westrandes des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes sowie der „großen, unzerschnittenen Räume“ große Teile des Plangebiets von vornherein außer Betracht geblieben sind. Dass an den nunmehr festgelegten Vorrangstandorten auf Grund der Eigentumsverhältnisse vor Ort die Errichtung von Windenergieanlagen möglicherweise nicht zu verwirklichen ist, brauchte der Antragsgegner bei seiner Planungsentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen, denn insofern durfte er eine grobe, auf das gesamte Planungsgebiet bezogene Suche durchführen, ohne hierbei die einzelnen Eigentumsverhältnisse an den vorgesehenen Standorten in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Abwägungsergebnis ist daher von 4 Vorrangstandorten auszugehen, auf denen insgesamt 18 Anlagen errichtet werden können. Dies kann nicht als rechtswidrig bewertet werden.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
26 
I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
27 
1. Der - fristgerecht erhobene - Antrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Der Regionalplan wurde gemäß § 12 Abs. 7 LplG n.F. als Satzung beschlossen und durch die Veröffentlichung der Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg verbindlich (§ 13 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LplG n.F.). In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind und vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können (BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6/03 -, BVerwGE 119, 217 - 229) und dass ihnen nicht mangels Außenwirksamkeit Rechtssatzcharakter abgesprochen werden kann. Ziele der Raumordnung besitzen zwar grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung gegenüber Privaten; ihr Geltungsanspruch richtet sich an öffentliche Planungsträger und Personen des Privatrechts, die raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vornehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 ROG 1998). Durch die Neufassung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB haben die raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen indessen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Der Gesetzgeber verleiht ihnen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen und damit auch Rechtswirkung gegenüber Privaten entfalten. Das steht im Einklang mit § 4 Abs. 5 ROG 1998, wonach weitergehende Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung auf Grund von Fachgesetzen unberührt bleiben, und wirkt sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm aus (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162).
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2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist hier der Fall. Die Antragsbefugnis ist in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.6.2003, BauR 2003, 1696 - 1701). Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 26.11.2002, Sächs.VBl. 2003, 84 - 92 unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.5.1994, NVwZ 1995, 264). Denn in einem solchen Fall gehören die Betriebsinteressen zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans und kann deshalb ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein (BVerwG, Urteil vom 5.11.1999, BVerwGE 110, 36 - 40; BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, NVwZ 1999, 592 = BVerwGE 107, 215). Hinsichtlich des Windfarmvorhabens „Teufelsmühle“, das nach der Regionalplanung im Ausschlussgebiet liegt, hat die Antragstellerin in Kooperation mit der Firma p. mit der Stadt Gernsbach am 26.5.2003 und mit der Gemeinde Loffenau am 12.5.2003 einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren geschlossen. Davon abgesehen, dass der Pachtvertrag zur Nutzung der Flächen auf Gernsbacher Gemarkung für die Errichtung von Windenergieanlagen, die den Raumordnungszielen des angefochtenen Regionalplans widersprechen würden, nach wie vor Bestand hat und deshalb schon aus diesem Grunde die Antragsbefugnis gegeben ist, ist es auch unschädlich, dass die Gemeinde Loffenau entsprechend des Beschlusses des Gemeinderats vom 20.7.2004 mittlerweile vom Vertrag zurückgetreten ist. Denn zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 19.4.2004 hätten die Interessen der Antragstellerin auch im Hinblick auf die Standorte in der Gemeinde Loffenau als abwägungsbeachtlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden müssen, woraus sich auch in Bezug auf diese Standorte ihre Antragsbefugnis ergibt.
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3. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Zum Einen ist es nach ihrem Vortrag im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Widerspruchsschreiben vom 5.10.2004 nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde Loffenau zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrags bereit ist, sollte es der Antragstellerin gelingen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erstreiten. Zum Anderen haben die Betreiberfirmen auch ein Interesse an der Verwirklichung der drei auf Gernsbacher Gemarkung geplanten Windkraftanlagen dargetan.
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II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Teilregionalplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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1. Unschädlich ist, dass die 4. Anhörung nicht durch Beschluss des Planungsausschusses oder der Verbandsversammlung eingeleitet, sondern von der Verwaltung veranlasst wurde. Denn das Landesplanungsgesetz enthält keine Vorschrift darüber, wer das Anhörungsverfahren einzuleiten hat.
32 
Verfahrensfehlerhaft ist indessen, dass der Antragsgegner die 4. Anhörung nur noch beschränkt auf die durch die Änderung betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Firma p. und damit nicht entsprechend § 12 Abs. 3 LplG i.d.F. vom 10.7.2003, zuletzt geändert am 14.12.2004 - n.F. - durchgeführt hat. Diese Vorschrift, nach der eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist nach Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205 und 213; Berichtigung S. 320) auf den angefochtenen Regionalplan bereits anzuwenden. Danach können bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderungen eines Regionalplans nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt werden. Sie sind innerhalb eines Jahres, beginnend am 20.5.2003, abzuschließen. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners hat zwar den Regionalplan am 19.4.2004 und damit noch vor Ablauf eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes n.F. als Satzung beschlossen. Ein Verfahren ist indessen erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, nämlich hier mit der Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB zu § 244 RdNr. 23).
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Hätte danach eine umfassende, den Anforderungen des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, so ist dieser Verfahrensfehler jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 LplG n.F. unbeachtlich. Denn nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit eines Regionalplans unerheblich, wenn die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. Diese Verknüpfung von Verfahrensvorschriften mit der Abwägung ist in dieser Form neu und den Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches fremd. Vorliegend kann indessen offen bleiben, ob auch für die Regionalplanung die im Baurecht entwickelten Grundsätze Anwendung finden, d.h. ob diese nur dann zur Unwirksamkeit des Planes führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Ergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Denn es sprechen folgende Gründe dafür, dass die nicht der Vorschrift des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Abwägungsergebnis ohne Folgen war: Zum Einen hat der Antragsgegner bei der 4. Anhörung eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht völlig unterlassen, sondern die betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Betreiberfirma p. angehört. Zum Anderen ist anläßlich der 2. und 3. Anhörung eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, bei der zahlreiche Einwendungen eingegangen sind. Zwar wurde vor der 4. Anhörung die Zahl der vorgesehenen Vorrangstandorte noch einmal nahezu halbiert, jedoch ist nicht erkennbar, was hierzu seitens einer zu beteiligenden Öffentlichkeit noch hätte vorgetragen werden können, das nicht schon Gegenstand der Erörterungen gewesen war. Vor allem ist davon auszugehen, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners trotz weiterer Stellungnahmen seitens einer etwa beteiligten Öffentlichkeit an der vorgesehenen Reduktion der Vorrangstandorte festgehalten hätte. Denn die Verbandsversammlung war mehrheitlich ersichtlich zur Reduktion der Vorrangstandorte fest entschlossen, was allein der Umstand zeigt, dass sie entgegen der Vorlage der eigenen Verwaltung und trotz deren Warnung, die Grenze zur Negativplanung nicht zu überschreiten, an ihrem letztlich beschlossenen Konzept festgehalten hat.
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2. Der Regionalplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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a.) Maßgebliche Rechtsgrundlage ist vorliegend § 11 Abs. 3 LplG n.F.. Dort heißt es: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur, zur anzustrebenden Freiraumstruktur und zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region. Dazu sind im Regionalplan nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG n.F. Standorte und Trassen für Infrastrukturvorhaben, insbesondere Gebiete für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen festzulegen. Nach § 11 Abs. 7 kann der Regionalplan diese Festlegungen grundsätzlich in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten treffen; Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 müssen indessen als Vorranggebiete, die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festgelegt werden, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. (gleichlautend: § 8 Abs. 3 Ziff. 11 LplG a.F.) für die Festlegung von „Zielen mit negativ-planerischer Funktion“ bedarf es, denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vermag die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung zur Festlegung von Konzentrationsflächen nicht zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003, NVwZ 2003, 738).
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b.) Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2.HS LplG n.F., die den Regionalverbänden die Verpflichtung auferlegt, im Hinblick auf die Festlegung von Standorten für die Windenergienutzung nur Vorranggebiete und Ausschlussgebiete und keine Vorbehaltsgebiete festzulegen, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verfassungswidrig. Die Ausweisung von Vorbehalts- und Ausschlussgebieten hat zur Folge, dass sowohl für betroffene Gemeinden als auch für Private verbindliche Festlegungen getroffen werden. Zweifelsohne wird mit der Ausweisung der Standorte für die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. genannten Vorhaben in die zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehörende Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eingegriffen, da die Gemeinden durch § 4 Abs. 1 LplG n.F., § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet sind, diese Ausweisung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen. Das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, steht den Gemeinden jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Seine nähere Ausgestaltung ist daher dem Gesetzgeber überlassen. Gesetzlichen Eingriffen sind allerdings Grenzen gesetzt: Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107, 119 f.; Beschluss vom 7.10.1980 - 2 BvR 584/76 -, BVerfGE 56, 298, 313 f.; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -).
37 
Ob und inwieweit die Planungshoheit zu dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.6.1987, a.a.O., S. 118 f.; Beschluss v. 7.10.1980, a.a.O., S. 312 f.; ebenso VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.). Auch vorliegend kann diese Frage offen bleiben, denn ein etwaiger mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundener Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 191). Insgesamt beurteilen sich danach die Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie - im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
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Die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2. HS LplG n.F. getroffene Regel beachtet diese Grundsätze. Der mit ihr verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Ausweislich der Begründung zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes (LT-Drs. 13/1883) sollte mit dem Gesetz der Anpassungsverpflichtung des § 22 ROG 1998 nachgekommen und eine Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes erreicht werden. Die Begründung zu der Neufassung des § 8, jetzt § 11 LplG n.F., lautet dementsprechend, dass die Neufassung zur Anpassung der bisherigen Regelung an § 7 ROG erfolgt. In dieser Bestimmung enthalte das Rahmenrecht des Bundes erstmals Vorgaben für den Inhalt insbesondere der Regionalpläne. Die Neufassung bringe keine Erweiterung der regionalen Planungskompetenz über die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes hinaus. Sie schaffe im Wesentlichen nur die konkretisierte Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kompetenz für die Festlegung von Standorten für Infrastrukturvorhaben sei die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von besonderer Bedeutung. Die Kompetenz zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen sei nach Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 ROG unlösbar mit der Verpflichtung verbunden, regionsweit flächendeckend die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen unzulässig seien. Seien die Voraussetzungen der Raumbedeutsamkeit zu bejahen, seien in der Regel Standortfestlegungen des Regionalplans für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich. Durch die Verpflichtung zur kombinierten Festlegung könnten die Regionalverbände einer ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung der Windenergie entgegenwirken. Für die Standorte von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen sei die Kombination von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch diese Kombination werde bei der Nutzung der Windenergie erreicht, dass in allen Regionen auf Grund einer regionsweiten Prüfung die Standorte festgelegt würden, in denen eine vor allem landschaftsverträgliche Nutzung der Windenergie möglich sei, und zugleich die Gebiete bestimmt wurden, in denen die Aufstellung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen unzulässig sei. Durch die regionsweite flächendeckende Standortplanung werde ein einheitliches Konzept verwirklicht und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft vermieden (LT-Drs. 13/1883, S. 35/36).
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Diese Erwägungen rechtfertigen die Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Belange der Gemeinden werden dadurch hinreichend gewahrt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. vor der gebietsscharfen Ausweisung eines Standortes für ein regionalbedeutsames Vorhaben zu einer umfassenden Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange verpflichtet, soweit diese Ausweisung für nachfolgende Planungsentscheidungen bindend ist (vgl. Runkel in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, § 3 RdNr. 56 ff., 74). Im Rahmen des so genannten Gegenstromprinzips sind in dieser Abwägung auch die Vorstellungen der betroffenen Gemeinde über die Nutzung des für das Vorhaben vorgesehenen Bereichs zu berücksichtigen (vgl. die rahmenrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. verlangt dementsprechend, dass bei der Ausarbeitung der Regionalpläne außer den anderen Planungsträgern auch die Gemeinden und die übrigen Träger der Bauleitplanung zu beteiligen sind, soweit sie in ihren Aufgaben berührt sind. Hierdurch wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die Regionalplanung Einfluss zu nehmen und ihre eigenen Planungsvorstellungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 335 = PBauE § 1 Abs. 4 BauGB Nr. 1; vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.).
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Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen hat zum Einen überregionale Bedeutung, und wirkt sich auch außerhalb des Planungsgebiets einer Gemeinde aus. Zum Anderen hat bereits der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehen, dass auch der Regionalplanung das Recht eingeräumt wird, durch verbindliche Festlegungen mit Zielwirkung die Ausschlusswirkung für das übrige Plangebiet zu bewirken. Da diese Wirkung durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten nicht erreicht werden kann, kann es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, von vornherein den Regionalverbänden die Aufgabe zuzuweisen, bei ihrer Planung nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen. Im Übrigen zeigt auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Regionalplänen, in denen Vorbehalts-, Vorrang- und Ausschlussgebiete festgelegt wurden, die Schwierigkeiten auf, in diesen Fällen die Frage zu beurteilen, ob in dem entsprechenden Planungsraum der Windkraft die von der Rechtsprechung geforderte Chance eingeräumt wurde und Standorte ausgewiesen wurden, die substanziell von einigem Gewicht sind. Im Übrigen werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. lediglich raumbedeutsame Anlagen erfasst. Für sonstige Anlagen verbleibt es bei der Planungshoheit der Gemeinde.
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Auch im Hinblick auf Art. 12 und 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 17.12.2002 und 13.3.2003 (4 C 15.01, NVwZ 2003, 733 und 4 C 4.02, NVwZ 2003, 738) bereits festgehalten, dass der Gesetzgeber den raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplanung) erkennbar und von Bedeutung sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG 1998). Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer von zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigen den Planungsträger allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 100, 226<242 f.>). Die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Vorranggebiete steht einem gebietsexternen Windenergievorhaben überdies nicht strikt und unabdingbar, sondern nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) "in der Regel" entgegen. Der Planungsvorbehalt steht also unter einem gesetzlichen "Ausnahmevorbehalt", der die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.) Dieser "Ausnahmevorbehalt" stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden. Diese Grundsätze berechtigen auch vorliegend den Landesgesetzgeber, den Regionalverbänden die Pflicht zur Planung aufzuerlegen mit der Vorgabe, nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen.
42 
c.) Die Festlegung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung als Ziele der Raumordnung genügt auch dem für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005 - 4 BN 1.05 -; vgl. auch BVerwGE 118, 181 <187, 189>, Gaentzsch, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 1 RdNr. 32, 35; Gierke/Brügelmann, BauGB, § 1 RdNr. 381). Zu § 1 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall aufgerichtet habe, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweise, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist. Anders als Bauleitpläne müssen Ziele der Raumordnung nicht aus städtebaulichen Gründen (§ 1 Abs. 3 BauGB), sondern aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Auch ihnen fehlt jedoch die Erforderlichkeit, wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005, a.a.O.).
43 
aa) Aus tatsächlichen Gründen muss die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für die Standorte Nr. 1 „Armenberg“ (Östringen) und Nr. 2 „Pfaffengrund“ (Kraichtal) mit einer Windgeschwindigkeit von jeweils 4,2 m/sec. und damit einer ausreichenden Windgeschwindigkeit zu rechnen. Auf nachfolgende Entwicklungen kommt es jedenfalls im Hinblick auf die Erforderlichkeit, vergleichbar der Erforderlichkeit für Bebauungspläne nach § 1 Abs. 3 BauGB, nicht an.
44 
bb) Ein rechtliches Hindernis steht den festgelegten Vorrangflächen nicht entgegen, obwohl diese zum Teil in Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten liegen. Denn von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf der Plangeber dies im Rahmen der Prognose, vergleichbar der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung, berücksichtigen. Ein gewichtiges Indiz bildet hierfür die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Vorliegend hat der Antragsgegner für die in Betracht kommenden Vorbehaltsgebiete jeweils eine entsprechende Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde eingeholt.
45 
d.) Die windenergiebezogene Teilfortschreibung des angefochtenen Regionalplans erfüllt auch die rechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) aufgestellt hat.
46 
Danach bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen „Negativplanung“ entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Dabei kann die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung aus Sicht des Regionalplans, welcher der großräumigen Entwicklung verpflichtet ist, gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum zu steuern. Eine "Verhinderungsplanung" liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
47 
Dabei sind Abwägungen bei der Erstellung von Raumordnungsplänen an ähnlichen Maßstäben zu messen wie Abwägungen in der Bauleitplanung. Es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die betroffenen gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob ein Plansatz strikte Bindungswirkung haben wird oder ob bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind. Eine solche strikte Bindung kommt insbesondere für die Negativwirkung von Raumordnungszielen über § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BauGB in Betracht (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162). Dies bedeutet, dass das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial je nach Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung in unterschiedlichem Maße einzelne Belange zusammenfassend und vergröbert darstellen darf. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bei einer abschließenden konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung, die für die Fachplanung verbindliche Ausschlusswirkungen hervorruft, die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst sich den Anforderungen an die Abwägung bei Fachplanungen annähert. Das Maß der Abwägung muss daher für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen jeweils konkret ermittelt werden (OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, a.a.O.). § 3 Nr. 2 ROG n.F. enthält eine Definition der Ziele der Raumordnung, wonach es sich dabei um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Die Festlegung der Vorrangstandorte und der Ausschlussgebiete im angefochtenen Raumordnungsplan sind daher Ziele der Raumordnung in dem Sinne, dass damit verbindlich Standortentscheidungen getroffen werden, welche die Fachbehörde binden und dieser keine Entscheidungsspielräume mehr einräumen.
48 
Nach diesen Grundsätzen ist der Abwägungsvorgang vorliegend nicht zu beanstanden.
49 
aa) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan am 19.4.2003 sah die Regelung des EEG keine Beschränkung der Abnahmeverpflichtung hinsichtlich einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Zwar hatte der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.5.2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.4.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Kappungsgrenze einzuführen. Netzbetreiber sollten nicht verpflichtet sein, Strom aus Anlagen zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen sei, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 65 von 100 des Referenzertrages erzielen könnten mit dem Ziel, die Errichtung von Windenergieanlagen an schlechten Standorten im Binnenland nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/3162, S. 2 rechte Spalte). Diese Entwicklung musste der Antragsgegner jedoch nicht berücksichtigen. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dessen Rechtsgedanke auch für die Beschlussfassung über Regionalpläne herangezogen werden kann, ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan maßgeblich, hier also der 19.4.2004. Zu diesem Zeitpunkt sah die Regelung des EEG keine Abhängigkeit der Abnahmeverpflichtung von einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Dem entsprach auch die Tischvorlage zur Sitzung vom 19.4.2004. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt. Ändern sich zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Inkrafttreten des Bauleitplans die abwägungsrelevanten Umstände so gravierend, dass sich das Abwägungsergebnis trotz eines korrekten Abwägungsvorgangs nachträglich als untragbar erweist, ist eine Neubewertung der Entscheidung zwingend. Denn auch im Zeitpunkt seines Inkrafttretens muss ein Bauleitplan noch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB entsprechen. Die Gemeinde bzw. der Plangeber ist daher gehalten, den bereits beschlossenen Plan bis zu seiner Bekanntmachung nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verschiebt sich daher bei einer wesentlichen Veränderung der Sach- und Rechtslage und damit einhergehend der abwägungserheblichen Belange der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens (vgl. BVerwGE 56, 283/288; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 132 f.; Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, RdNr. 44 zu § 214, BayVGH, Beschluss vom 10.4.2003, BayVBl. 2003, 568 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für Regionalpläne. Auf Grund der Anrufung des Vermittlungsausschusses musste der Antragsgegners zwar in Betracht ziehen, dass wieder eine Kappungsgrenze für windarme Standorte in das Gesetzgebungsvorhaben eingefügt werden würde, indessen war er nicht gehalten, den ungewissen Ausgang des Vermittlungsverfahrens abzuwarten und das Inkrafttreten des Regionalplans zunächst nicht weiter zu betreiben. Vielmehr ist hier allein formal darauf abzustellen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Regionalplans am 7.6.2004 ein EEG, das die Förderung von einer bestimmten Windhöffigkeit abhängig macht, noch nicht in Kraft war.
50 
bb) Dem Teilregionalplan liegt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die sieben Schritte, mit denen der Antragsgegner in einem Suchlauf Ausschlussflächen ermittelt hat, sind nicht zu beanstanden. Denn in zulässiger Weise hat der Antragsgegner im zweiten Schritt unter dem Gesichtspunkt „regionalprägender und identitätsstiftender Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und mit hoher Fernwirkung“ den gesamten Westrand des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes ausgeschlossen. Hierbei hat er mit Hilfe von Höhenprofilen, die für repräsentative Sichtachsen von den Gebirgsräumen zum Rheintal gebildet worden sind, die Abgrenzung nach Osten hin vorgenommen. Ergab ein Höhenprofil, dass die Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 133 m vom Rheintal aus sichtbar ist und die Distanz vom Rheintal aus weniger als 10 km beträgt, wurde der Gebirgsbereich als Ausschlussgebiet definiert. Denn bis zu einer Entfernung von 10 km sei, sofern die Anlage nicht sichtverschattet ist, bei raumbedeutsamen Windkraftanlagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu rechnen. Die Wahl dieses Kriteriums als Ausschlusskriterium, liegt im planerischen Ermessen des Antragsgegners und ist nicht zu beanstanden. Dabei war der Antragsgegner auch nicht gehalten, etwa in dem Bereich, in dem die Autobahn A 8 diesen Bereich schneidet, im Hinblick auf eine etwaige Vorbelastung eine geringere Schutzwürdigkeit anzunehmen und von diesem Kriterium eine Ausnahme zu machen, denn einem Regionalverband ist es als Plangeber gestattet, im Hinblick auf die eine gesamte Region erfassende Planung zunächst einen gröberen und pauschaleren Maßstab anzulegen. Insoweit hat der Antragsgegner nach Durchführung des Suchlaufs noch einmal überprüft, welche Standorte bei Wegfall dieses Kriteriums zusätzlich in Betracht gekommen wären, hat im Einzelfall eine Prüfung im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Standorte von der Rheinebene aus vorgenommen und unter diesem Gesichtspunkt die Standorte erneut ausgeschlossen. Dieses differenzierte Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
51 
cc) Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner als weiteres Kriterium im zweiten Schritt des Suchlaufs „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ als Ausschlusskriterium gewählt hat. Nach Aussage des als amtliche Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Landesanstalt für Umweltschutz handelt es sich bei diesen „großen unzerschnittenen Räumen mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ um sogenannte „Filet-Stücke“ des Naturschutzes, die unabhängig von einer zerschneidenden Wirkung einer Windenergieanlage möglichst von jedweden Eingriffen freigehalten werden sollen. Von den in Baden-Württemberg befindlichen sechs derartigen Räumen liegen zwei Räume im Planungsgebiet des Antragsgegners. Auch insoweit hält sich die Entscheidung, dieses Kriterium als Ausschlusskriterium festzulegen, im Rahmen des planerischen Ermessens des Antragsgegners.
52 
dd) Dementsprechend liegt auch kein Abwägungsmangel darin, dass der von der Antragstellerin favorisierte Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen ist. Zu Recht hat der Antragsgegner den Standort „Teufelsmühle“ im Hinblick auf seine Lage in einem „großen unzerschnittenen Raum“ abgelehnt. Im Übrigen ist auch dieser Standort im Nachhinein noch einmal daraufhin überprüft worden, ob er wegen seiner Lage in der Randzone dieses unzerschnittenen Raums dennoch in Betracht gezogen werden kann. Jedoch ist er im Hinblick auf seine Exponiertheit im konkreten Einzelfall wiederum abgelehnt worden, wie der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung bekundet hat. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
53 
ee) Schließlich war es dem Planungsausschuss des Antragsgegners nicht verwehrt, mittels einer Ortsbesichtigung die nach der 3. Anhörung verbliebenen neun Standorte zu besichtigen und jeden Einzelfall einer konkreten Bewertung zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass der Planungsausschuss und ihm folgend später die Verbandsversammlung im Hinblick auf die Abwägung Landschaftsbild einerseits und Förderung erneuerbarer Energien andererseits zu einer anderen Wertung gelangt ist, als die Vorlage der Verwaltung des Antragsgegners. Denn zuständiges und letztentscheidendes Gremium ist die Verbandsversammlung, die den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ als Satzung beschlossen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Erholung und das Landschaftsbild bereits unter Punkt 6 berücksichtigt, beschrieben und abgewogen hatte, denn wie bereits ausgeführt, stand es der Verbandsversammlung frei, die Standorte nochmals einer strengeren Beurteilung nach den selbst gewählten Kriterien zu unterwerfen.
54 
e.) Sind demnach die einzelnen Abwägungsschritte nicht zu beanstanden und liegt der Planung ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde, so ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat mit der Ausweisung von vier Vorrangstandorten mit einer Fläche von ca. 2 km² (200 ha) gegenüber der Gesamtfläche des Regionalverbands von 2.137 km² der Windenergienutzung im Plangebiet - noch - in substanzieller Weise Raum geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass auf 1 Promille der Fläche die Nutzung der Windenergie möglich ist, überschreitet der Antragsgegner noch nicht die Grenze zur Negativplanung. Er war nicht gehalten, im Hinblick auf dieses Ergebnis die einzelnen Planungsschritte erneut nachzujustieren, auch wenn insbesondere durch Schritt 2 mit dem Ausschluss des gesamten Westrandes des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes sowie der „großen, unzerschnittenen Räume“ große Teile des Plangebiets von vornherein außer Betracht geblieben sind. Dass an den nunmehr festgelegten Vorrangstandorten auf Grund der Eigentumsverhältnisse vor Ort die Errichtung von Windenergieanlagen möglicherweise nicht zu verwirklichen ist, brauchte der Antragsgegner bei seiner Planungsentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen, denn insofern durfte er eine grobe, auf das gesamte Planungsgebiet bezogene Suche durchführen, ohne hierbei die einzelnen Eigentumsverhältnisse an den vorgesehenen Standorten in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Abwägungsergebnis ist daher von 4 Vorrangstandorten auszugehen, auf denen insgesamt 18 Anlagen errichtet werden können. Dies kann nicht als rechtswidrig bewertet werden.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Sonstige Literatur

 
57 
Rechtsmittelbelehrung
58 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
59 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
60 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
61 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
62 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
63 
Beschluss
64 
Der Streitwert wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG a.F.).
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Grundsätzliche Angelegenheiten der Raumordnung sollen vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und den für Raumordnung zuständigen obersten Landesbehörden in der Ministerkonferenz für Raumordnung gemeinsam beraten werden.

(2) Bund und Länder können im Rahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung Leitbilder für die räumliche Entwicklung des Bundesgebietes oder von über die Länder hinausgreifenden Zusammenhängen entwickeln.

(3) Der Bund beteiligt sich in Zusammenarbeit mit den Ländern an einer Politik des räumlichen Zusammenhalts in der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum. Bund und Länder wirken bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Bereich der Raumordnung eng zusammen.

(4) Bund und Länder sind verpflichtet, sich gegenseitig alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Aufgaben der Raumordnung notwendig sind.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
15 
2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
16 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
18 
Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
21 
die Berufungen zurückzuweisen.
22 
Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
27 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
28 
In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
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Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
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Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
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3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
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Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
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Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
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4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Grundsätzliche Angelegenheiten der Raumordnung sollen vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und den für Raumordnung zuständigen obersten Landesbehörden in der Ministerkonferenz für Raumordnung gemeinsam beraten werden.

(2) Bund und Länder können im Rahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung Leitbilder für die räumliche Entwicklung des Bundesgebietes oder von über die Länder hinausgreifenden Zusammenhängen entwickeln.

(3) Der Bund beteiligt sich in Zusammenarbeit mit den Ländern an einer Politik des räumlichen Zusammenhalts in der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum. Bund und Länder wirken bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Bereich der Raumordnung eng zusammen.

(4) Bund und Länder sind verpflichtet, sich gegenseitig alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Aufgaben der Raumordnung notwendig sind.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses der Beigeladenen mit ergänzenden Fachmärkten auf ihrer Gemarkung keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des beklagten Landes, die von ihr hilfsweise beantragte Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Die Klägerin und die Beigeladene bemühen sich seit Ende 2005 um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit begleitenden Fachmärkten auf Gemarkung der Klägerin nahe der Bundesautobahn A 5. Ein zunächst geplantes Projekt im Gewerbe- und Industriegebiet „Stockfeld“, das die Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit einer Verkaufsfläche von 25.000 m² sowie ein sogenanntes Furniture Competence Center (FCC) mit einer weiteren Verkaufsfläche von 15.000 m² umfasste, wobei ca. 10.000 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente vorgesehen waren, fand unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht die Billigung durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) in dessen vorläufiger Gesamtbewertung vom 16.10.2006. Da die Errichtung eines ...-Hauses in der Region Mittlerer Oberrhein jedoch für wünschenswert angesehen wurde, regte das Regierungspräsidium an, „mögliche Spielräume unter allen projektrelevanten Aspekten (Gestaltung des Projekts, Standort und genehmigungsbezogene Randbedingungen) auszuloten“.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein (modifiziertes) ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die Errichtung eines ...-Einrichtungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf einem Baugrundstück mit einer Fläche von 130.000 m² unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der Rauentaler Straße/Rastatter Straße. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: GMA-Gutachten - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrelevante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot, da der Einzugsbereich des geplanten Vorhabens den Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Rastatt wesentlich überschreite. Lediglich 10 % der Umsätze des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen stammten aus dem Mittelbereich Rastatt. Auch bei den ergänzenden Fachmärkten würden nur 43 % der Umsätze aus dem zugewiesenen Mittelbereich generiert. Das geplante Vorhaben umfasse mindestens 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (bei Einschluss der Leuchten und Teppiche: 8.450 m²) und verletze mit dem geplanten autobahnorientierten und peripher in einem bereits durch umfangreiche Einzelhandelsansiedlungen geprägten Gewerbegebiet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot, wonach insbesondere zentrenrelevante Sortimente an städtebaulich integrierten Standorten angesiedelt werden sollten. Bei Beachtung des Integrationsgebots wären im Rahmen einer Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente zulässig. Ob das Vorhaben außerdem das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletze, könne offenbleiben. Zwar ermittele das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 in zahlreichen Sortimentsbereichen Umsatzumverteilungen in Rastatt und den umliegenden Kommunen von weniger als 10 %, bei den zentrenrelevanten Sortimenten: Haushaltswaren/Glas/Porzellan/Keramik, Heimtextilien, Bettwaren Umsatzumverteilungen von bis zu 10 bis 12 % und bei Leuchten und Teppichen 10 bis 13 %; allerdings sei das Marktgutachten nicht plausibel, da es von einer zu niedrigen Flächenproduktivität ausgehe. Die beantragte Zielabweichung sei gem. § 24 LplG unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und mit den dargestellten Verstößen gegen das Kongruenz- und Integrationsgebot Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletze.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.06.2007 zugestellt. Die Beigeladene erhielt nachrichtlich Kenntnis vom ablehnenden Bescheid des Regierungspräsidiums mit dem Hinweis, dass wegen der Zielverstöße von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens abgesehen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin am 09.07.2007 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte, unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft. Hilfsweise beantragte sie, den Beklagten zu verpflichten, die von ihr unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen: Höchsthilfsweise beantragte sie, über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigelade schloss sich den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen an.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - (veröffentlicht in VBlBW 2008, 392) unter Zulassung der Berufung ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus: Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen stehe zwar für sich genommen mit dem Konzentrationsgebot (Plansatz 3.3.7 LEP 2002) in Übereinstimmung. Denn die Stadt Rastatt sei nach dem LEP 2002 als Mittelzentrum eingestuft und in Mittelzentren dürften Einzelhandelsgroßprojekte ausgewiesen werden. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verletze indessen das in Plansatz 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 verankerte Kongruenzgebot. Zwar sei das Kongruenzgebot lediglich als Soll-Vorschrift ausgestaltet, es sei aber gleichwohl ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach landesplanerische Aussagen, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, die Merkmale eines Ziels der Raumordnung nur dann erfüllten, wenn der Planungsträger neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege, sei auf sog. Soll-Ziele nicht übertragbar. Soll-Ziele seien verbindlich. Sie ließen keine planerische Disposition zu, sondern seien als strikte Zielvorgaben anzusehen, die lediglich bei Vorliegen atypischer Umstände ausnahmsweise ein Abweichen rechtfertigten. Das Kongruenzgebot des Plansatzes 3.3.7 Satz 1 LEP 2002 sei auch hinreichend bestimmt. In Verbindung mit Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 lasse es sich dahingehend auslegen, dass es immer dann verletzt sei, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich eines Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreite. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt würden. Das Ansiedlungsvorhaben überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Klägerin in diesem Sinne wesentlich.
Es könne offen bleiben, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus gegen das Beeinträchtigungsverbot oder das Integrationsverbot als weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 verstoße. In einem obiter dictum führte das Verwaltungsgericht insoweit aus, es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angegriffenen Bescheid die Auffassung vertrete, dass das Integrationsgebot maximal 800 m² zentrenrelevante Sortimente in nicht-integrierten Lagen zulasse. Mit dieser Begründung knüpfe der Beklagte zu Recht an die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO an, nach der großflächige Einzelhandelsvorhaben typischerweise ein raumordnungsrechtliches Beeinträchtigungspotential aufwiesen, die ihren Ausschluss gebiete.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von einem Ziel der Raumordnung gemäß § 24 Satz 1 LplG. Denn das Vorhaben der Beigeladenen berühre Grundsätze der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, gehörten das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot. Im Hinblick darauf folge es der Auffassung, wonach eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützen, immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes berührten, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG danach nicht vorlägen, sei die höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet gewesen, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage sei kein Raum für Ermessenserwägungen geblieben und es habe auch nicht der Durchführung des in § 24 Satz 3 LplG vorgesehenen Beteiligungsverfahrens bedurft.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten verletze auch nicht die durch Art. 28 Abs. 2 garantierte Planungshoheit der Klägerin. Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung könne das Gericht angesichts des höheren Gewichts der mit dem LEP 2002 verfolgten überörtlichen Interessen nicht erkennen.
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Wegen der weiteren Begründung verweist der Senat auf die Veröffentlichung des Urteils mit Gründen in VBlBW 2008, 392.
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Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 28.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07-
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen;
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4. höchsthilfsweise: über den Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Die Klägerin trägt zur Begründung zusammengefasst vor: Das Kongruenzgebot in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei als Soll-Vorschrift ausgestaltet und stelle keine verbindliche landesplanerische Zielsetzung dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe müsse auf planungsrechtliche Soll-Vorschriften die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu planungsrechtlichen Vorschriften in der Normstruktur „In-der-Regel - Ausnahme“ übertragen werden. Damit fehle es den Soll-Vorschriften des LEP 2002 an der notwendigen Bestimmtheit, weil die atypischen Umstände nicht normiert seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen der Beigeladenen verwiesen. Mit seinen Ausführungen zu dem hilfsweise gestellten Antrag, eine Abweichung vom Kongruenz- und vom Integrationsgebot zuzulassen, begebe sich das Verwaltungsgericht schließlich in einen unauflösbaren Widerspruch zu seinen Ausführungen, mit denen es die Verbindlichkeit der entsprechenden landesplanerischen Soll-Vorschriften begründet habe. Die Verbindlichkeit von raumordnerischen Soll-Vorschriften habe das Verwaltungsgericht damit begründet, es handle sich um eine „... strikte Zielfestlegung, die eine Abweichung lediglich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt“. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht bei der Verbescheidung des Anspruchs auf Zielabweichung von den hier interessierenden Sollvorschriften fest, dass eine Zielabweichung deshalb von vornherein nicht in Betracht komme, weil „... eine Abweichung von Regelungen, welche sich auf das für Einzelhandelsgroßprojekte maßgebliche Zentrale-Orte-Konzept stützten, [...], immer die Grundstruktur des jeweiligen Plans [Ergänzung: berühre], zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zähle“. Die beiden vorstehend noch einmal zitierten Thesen seien nicht miteinander zu vereinbaren. Wenn die Verbindlichkeit einer Sollvorschrift u.a. damit begründet werde, dass bei „normaler“ Atypik eine Ausnahme hiervon gewährt werden müsse und im Fall einer „Super-Atypik“ das Zielabweichungsverfahren greife, könne die Gewährung einer Ausnahme/Zielabweichung nicht gleichzeitig von vornherein mit dem Argument verneint werden, die entsprechende Vorschrift gehöre zum nahezu unverrückbaren Bestandteil der Landesplanung und dulde deshalb von vornherein keinerlei Abweichungen. Für den Fall, dass die hier interessierende Sollvorgabe des Kongruenzgebots (und auch die des Integrationsgebots) tatsächlich als verbindlich angesehen und / oder auch bei ihrem nach Maßgabe des Beeinträchtigungsverbots eingeschränkten Geltungsbereichs als verletzt eingestuft werden sollten, müssten dementsprechend die Erwägungen hinsichtlich der Ermessensausübung zum Tragen kommen, die die Klägerin bereits in ihrem Zielabweichungsantrag vom 31.05.2007 dargelegt habe.
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Schließlich sei allgemein darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Planungseuphorie und ihre bürokratische Umsetzung sich nicht nur immer mehr von den Verbrauchergewohnheiten und von der tatsächlichen Entwicklung sondern insbesondere auch von den rechtlichen Vorgaben entferne, die für die Selbstverwaltung der Gemeinden und für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr der betroffenen Unternehmen in Europa stritten. Die strikte Handhabung des Kongruenz- und des Integrationsgebots sei mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er trägt unter Verweis auf den Bescheid vom 21.06.2007 und die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zusammengefasst vor: Dem geplanten Vorhaben stünden u.a. das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot entgegen. Es sei der höheren Raumordnungsbehörde verwehrt, eine Abweichung von diesen verbindlichen Vorgaben zuzulassen, da das geplante Vorhaben unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar sei und bei Zulassung der beantragten Zielabweichung offensichtlich die Grundzüge der raumordnerischen einzelhandelsbezogenen Vorgaben im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Mittlerer Oberrhein berührt würden. Da beide Voraussetzungen nicht erfüllt seien, sei es dem Regierungspräsidium verwehrt gewesen, den Zielabweichungsantrag positiv zu bescheiden. Insbesondere sei kein Raum für eine Ermessensentscheidung. Darüber hinaus stehe dem beantragten Vorhaben auch das Beeinträchtigungsverbot entgegen und es fehle bei dem vorgesehenen Standort an der erforderlichen Ausweisung eines sog. Ergänzungsstandortes gem. Plansatz 2.5.3 (Z) 5 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 in der Fassung der Teilfortschreibung vom Mai 2006. Das Zielabweichungsverfahren ermögliche - wie die Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - lediglich punktuelle Abweichungen von verbindlichen Planinhalten, stelle aber kein Verfahren zur Änderung eines Ziels noch des Raumordnungsplans insgesamt dar. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen sei raumordnerisch nicht vertretbar. In dieser Form sei es im Rahmen einer Regionalplanänderung nicht planbar, weil eine solche Planung gegen die in Plansatz 3.3.7 LEP 2002 enthaltenen einzelhandelsbezogenen verbindlichen Ziele der Raumordnung verstieße. Darüber hinaus würde eine solche Planung eine negative Vorbildwirkung entfalten und die Realisierung weiterer Einzelhandelsgroßvorhaben - insbesondere weiterer Wohnkaufhäuser mit einem großen Anteil zentrenrelevanter Sortimente - an ungeeigneten Standorten nach sich ziehen und damit die planerischen Aktivitäten des Landes, der Regionalverbände, aber auch der Kommunen auf Dauer konterkarieren, die darauf hinzielten, lebendige Innenstädte mit einer attraktiven verbrauchernahen Versorgung zu sichern und weiter zu entwickeln. Mit der Nichteinhaltung des Kongruenz-und Integrationsgebots verstoße das beabsichtigte Vorhaben auch gegen Grundzüge der Planung, da beide Gebote Teil der planerischen Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans seien. Zudem werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, da deutlich mehr als 10 % Umsatzumverteilung bei zentrenrelevanten Sortimenten zu erwarten sei. Das Marktgutachten der GMA gehe von einer deutlich zu niedrigen Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses aus. Bei den genannten Vorgaben handele es sich insgesamt um verbindliche Ziele der Raumordnung gem. § 3 Nr. 2 ROG. Einen Anspruch eines Marktteilnehmers, in jeder Region und unter Berücksichtigung seiner speziellen Standortanforderungen Betriebe eröffnen zu können, gebe es nicht. Wenn sich ein Unternehmen für ein Betriebskonzept entscheide, das sehr spezielle Standortanforderungen umfasse, so ergebe sich daraus kein Anspruch auf Anpassung der einschlägigen raumordnerischen Regelungen an dieses Betriebskonzept oder auf regelmäßige Zulassung von Abweichungen von den raumordnerischen Vorgaben. Auch könne der Umfang der Verkaufsfläche eines Fachmarkts auf den zugehörigen Mittelbereich abgestimmt werden. Sei das Sortiment eines Fachmarkts in besonderem Maße spezialisiert und bedürfe deshalb eines weiteren Einzugsbereichs, so könne dies eine Zielabweichung begründen. Das Vorhaben der Beigeladenen umfasse aber ein sehr breites Sortimentsspektrum mit einem sehr hohen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Das Marktgutachten der GMA vom Mai 2007 sei hinsichtlich der hierin zugrundegelegten Flächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladen nicht tragfähig. Die in diesem Gutachten bezüglich der Verkaufsflächenproduktivität zugrunde gelegten Werte von 2.820,-- EUR bzw. 2.860,-- EUR/m² seien zu niedrig. Insoweit werde auf die Stellungnahme der IHK vom 24.05.2006 verwiesen.
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Die Beigeladene hat gegen das ihr am 09.07.2008 zugestellte Urteil am 30.07.2008 Berufung eingelegt. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 -
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1. den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben;
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2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 keine verbindlichen Zielen der Raumordnung entgegen stehen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zuzulassen.
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In ihrer umfangreichen Begründung trägt die Beigeladene zusammengefasst vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass den Soll-Festlegungen im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Zielqualität zukomme. Nur unter den besonderen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Grundsatzurteil vom 18.09.2003 zu Zielen mit Regel-Ausnahme-Struktur formuliert habe, könnten gelockerte Festlegungen in Raumordnungsplänen ausnahmsweise doch verbindliche Ziele der Raumordnung sein. Danach sei es jedoch erforderlich, dass der Plangeber neben dem Regeltatbestand auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlege und abschließend abgewogen habe. Diese Anforderungen gälten nicht nur für Plansätze, die die Worte „in der Regel“ verwenden, sondern auch für Soll-Formulierungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Wortverständnis und der verwaltungsrechtlichen Bedeutung von Soll-Vorschriften. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts stütze sich zwar auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 16.11.2001; diese Entscheidung sei indessen vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 ergangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Soll-Vorschriften seien ebenso verbindlich wie Muss-Vorschriften, solange nicht atypische Umstände vorlägen, die im Einzelfall ein Abweichen von der Regel ausnahmsweise rechtfertigten, sei auch mit dem Erfordernis abschließender Abwägung durch den raumordnerischen Plangeber nicht vereinbar, da atypische Einzelfälle in den hier maßgebenden Plansätzen nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Eine hinreichend bestimmte Abgrenzung atypischer Ausnahmefälle vom typischen Regelfall finde sich nicht. Damit werde der nachgelagerten Planungsebene ein Abwägungsspielraum eröffnet, der mit dem Erfordernis abschließender Abwägung nicht vereinbar sei. Zutreffend sei, dass unvorhersehbare Fälle in der raumordnerischen Abwägung nicht berücksichtigt werden könnten und daher auch nicht berücksichtigt werden müssten. In diesen Fällen bestehe die Möglichkeit einer Zielabweichung über ein Zielabweichungsverfahren. Komme der Plangeber indessen zu dem Ergebnis, dass die Zielbindung für einen erkennbaren atypischen Sachverhalt unangemessen wäre, so sei er aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes und des Grundsatzes der abschließenden Abwägung verpflichtet, diesen Sachverhalt ausdrücklich und hinreichend bestimmt - mit demselben Konkretisierungsgrad wie typische Sachverhalte - im Raumordnungsziel zu regeln. Diesen Anforderungen werde er nicht gerecht, wenn er eine abweichende Regelung für alle atypischen Fälle - seien sie vorhersehbar oder nicht - offen ließe. Sei der Gesetzgeber bei der Verwendung von Soll-Vorschriften frei, erkennbare atypische Fälle zu regeln oder deren Regelung durch eine Soll-Formulierung offenzulassen, so gelte dies nicht für den Plangeber, soweit er verbindliche Ziele der Raumordnung formulieren möchte. Ansonsten wäre das Zielabweichungsverfahren überflüssig. Es treffe nicht zu, dass dem Zielabweichungsverfahren unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein eigener Anwendungsbereich verbleibe. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei mit dem Konzentrationsgebot vereinbar, da Rastatt ein Mittelzen-trum sei, so dass bereits die Regelaussage der Plansätze 3.3.7 LEP 2002 und Plansatz 2 und 5.3 (2) Unterabs. 1 des Regionalplans Mittlerer Oberrhein erfüllt sei. Dem ...-Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Konkurrenzgebots entgegen. Das Kongruenzgebot im Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 sei vom Konzentrationsgebot unabhängig. Bei isolierter Betrachtung des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 könne keine isolierte Zielqualität angenommen werden, denn die Soll-Planaussage sei zu unbestimmt. Die Vorschrift enthalte keine Aussage dazu, unter welchen Voraussetzungen von der Soll-Aussage abgewichen werden könne, nach der die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein solle, dass der Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreite. Es sei weder ersichtlich, wann Überschreitungen wesentlich im Sinne der Festlegung seien, noch bestimmbar, welche atypischen Fälle eine Abweichung von der Zielaussage ermöglichen sollten. Auch in raumordnungssystematischer Hinsicht sei ein striktes Kongruenzgebot unzulässig. Es verstoße insbesondere gegen Art. 28 Abs. 2 GG und gegen Art. 12 GG. Es sei bereits nicht geeignet, das raumordnerische Ziel der Sicherheit der Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Denn eine starre Bindung privatwirtschaftlicher Versorgungsunternehmen an die hierarchischen Zentralitätsfestlegungen könne unter bestimmten Umständen für die Versorgung der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung sogar abträglich sein. Es müsse umso mehr gelten, als vielfach in Oberzentren keine geeigneten Flächen mit der notwendigen Infrastrukturanbindung für die flächenintensiven Einzelhandelsnutzungen zur Verfügung stünden. Die Beschränkung einzelner Einzelhandelsvorhaben auf bestimmte Zentrale Orte führe für Betreiber und Investoren als konkretem Personenkreis zu einer starken Beeinträchtigung in der Wahl des Ansiedlungsortes. Ohne Berücksichtigung der konkreten Grundstückssituation und baurechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Beschränkungen schränke ein striktes Kongruenzgebot die Standortwahl erheblich ein - für einige großflächige Einzelhandelsvorhaben auf einige wenige Standortgemeinden. Insoweit sei ein striktes Kongruenzgebot eine Marktzutrittssperre, jedenfalls ein Marktzutrittshindernis. Damit verstoße ein striktes Kongruenzgebot nicht nur gegen Art. 12, weil es insoweit eine objektiv berufsregelnde Tendenz habe, sondern stellte insoweit auch eine unverhältnismäßige Einschränkung der europarechtlich garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar. Insoweit sei auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2009 zu verweisen, der sich zu einem ähnlich strikten Planungsverbot geäußert habe. Hierbei sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelung nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sei. Allenfalls bei gemeinsamer Betrachtung des Soll-Kongruenzgebotes in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit dem Beeinträchtigungsverbot des Satzes 2 dieser Vorschrift könne der Planaussage insgesamt Zielqualität beigemessen werden. In diesem Fall verstieße das ...-Ansiedlungsvorhaben jedoch nicht gegen die Zielaussage, da es den Vorgaben des Beeinträchtigungsgebotes entspreche. Verstünde man Satz 1 als Regelaussage und Satz 2 als Ausnahmetatbestand, so sei eine Ausnahme von der Zielbindung des Kongruenzgebotes immer dann zulässig, wenn das konkrete Vorhaben die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht wesentlich beeinträchtige. Bei diesem rechtlich gebotenen Verständnis des Plansatzes 3.3.7.1 LEP 2002 verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht gegen die landesplanerische Zielaussage. Zwar werde der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Standortgemeinde unter Heranziehung der Wertungen des Einzelhandelserlasses wesentlich überschritten. Jedoch sei nach den wissenschaftlich fundierten und belastbaren Prognosen der GMA die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich oder die Funktionsfähigkeit zentraler Orte in rechtlich erheblicher Weise nicht beeinträchtigt. Das regionalplanerische Kongruenzgebot aus Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans sei wegen seines Aussagegehalts insbesondere hinsichtlich der Unklarheit der Bedeutung des Begriffs „Abstimmen“ unbestimmt. Darüber hinaus bestehe ein unklares Verhältnis zum Beeinträchtigungsverbot. Die Unbestimmtheit beziehe sich auch auf die Bezugnahme auf den „Verflechtungsbereich“, der eine weitere Detaillierung vermissen lasse. Ein striktes Kongruenzgebot sei - wie beim LEP 2002 - raumordnungssystematisch unzulässig und verfassungswidrig. Dem Ansiedlungsvorhaben stehe auch weder ein landesplanerisches noch ein regionalplanerisches Ziel der Raumordnung in Form eines verbindlichen Integrationsgebots entgegen. Das Ansiedlungsvorhaben entspreche den insoweit einschlägigen Planaussagen, die im Übrigen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Einzelhandelsvorhaben verstoße immer dann gegen das landesplanerische Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002), wenn auf mehr als 800 m² Verkaufsfläche zentrenrelevante Randsortimente angeboten werden sollen, sei rechtlich nicht haltbar. Indem das Verwaltungsgericht diese Grenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO entnehme und auf das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot übertrage, verkenne es grundlegend Funktion und Systematik dieser Vorschrift sowie das systematische Verhältnis von Bauleitplanung und Raumordnung. Die 800 m²-Schwelle markiere lediglich die Grenze zur Raumbedeutsamkeit, nicht jedoch zur raumordnungsrechtlichen Zu- oder Unzulässigkeit. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße nicht gegen das Integrationsgebot, weil es in einer städtebaulichen Randlage angesiedelt werden solle und seinen weit überwiegenden Schwerpunkt in nicht zentrenrelevanten Warensortimenten - insbesondere dem Möbelkernsortiment - haben werde. Da die zentrenrelevanten Sortimente nur untergeordnete Randsortimente seien, wäre das Ansiedlungsvorhaben damit von der Sonderregelung des Satzes 3 des Plansatzes 3.3.7.2 erfasst, so dass ein Verstoß gegen Satz 2 bereits deshalb ausscheide. Nach den belastbaren Prognosen der GMA werde das ...-Ansiedlungsvorhaben sowohl hinsichtlich des Möbelkernsortiments als auch hinsichtlich der zum Teil zentrenrelevanten Randsortimente den Anforderungen des Beeinträchtigungsverbots gerecht. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Plansatz 3.3.7.2 nicht hinreichend bestimmt sei und deshalb kein verbindliches Ziel der Raumordnung darstelle. Das Vorhaben verstoße deshalb auch nicht gegen die Plansätze 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Soll-Formulierung als verbindliches Ziel der Raumordnung sei bezüglich Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans der Ausnahmefall nach Satz 2 des Plansatzes erfüllt, da keine geeigneten Flächen in den Vorranggebieten (integrierten Lagen) vorhanden seien. Ergänzungsstandorten als sog. Vorbehaltsgebieten i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG komme keine materielle Exklusivität zu. Der regionalplanerischen Regelung könne keine Zielqualität beigemessen werden. Eine restriktivere Auslegung des Plansatzes 2.5.3 (5) des Regionalplans wäre mit Art. 28 Abs. 2 nicht vereinbar, da regionalplanerische Vorgaben für die innergemeindliche Standortwahl - jedenfalls als zwingendes Ziel der Raumordnung - nicht erforderlich wären und einen unangemessen und damit unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellten. Darüber hinaus wäre ein so verstandenes Integrationsgebot mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Schließlich sei insoweit darauf hinzuweisen, dass der Regionalplan eine planerische Lücke aufweise. Denn der ursprünglich vorgesehene Satz 4 des Plansatzes sei vom Wirtschaftsministerium in seiner Genehmigung vom 18.05.2006 explizit ausgenommen worden. Wenn in einem derartig komplexen Interessengeflecht durch Ausnahmen von der Verbindlichkeitserklärung Teile einer schlüssigen Planungskonzeption ersatzlos gestrichen würden, so leide der verbleibende - hier der für verbindlich erklärte - Teil von Plansatz 2.5.3 (5) des Regionalplans an einer planerischen Lücke. Der Planungsträger habe den verbindlichen Plansatz daher nicht umfassend abschließend planerisch abgewogen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben verstoße auch nicht gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das sowohl auf der Ebene der Landesplanung (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) als auch auf der Ebene der Regionalplanung (Plansatz 2.5.3 (3) Satz 1 des Regionalplans) normiert sei. Die Anhaltswerte des Einzelhandelserlasses (10 % und 20 %) hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzverteilungsquoten würden unterschritten. Nach den Ergebnissen des Gutachtens der GMA hielten die prognostizierten Umsatz-Umverteilungseffekte sowohl für das Kern- als auch für das Nebensortiment die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Beeinträchtigungsverbots ein. Datengrundlage, Berechnungsmethode und Ergebnisse des Gutachtens unterlägen keinen Zweifeln. Die Flächenproduktivität des geplanten Einrichtungshauses sei nicht zu niedrig angesetzt worden. Selbst wenn das raumordnerische Kongruenz- oder Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung zu begreifen sein sollten, mit dem das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht vereinbar sei, so hätte die Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung. Das ...-Ansiedlungsvorhaben berühre keine Grundzüge der Planung, eine Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten wäre vertretbar. Das Zentrale-Orte-Prinzip sei nicht in all seinen Ausprägungen ein unüberwindlicher Grundzug der Planung. Zielabweichungen vom Kongruenzgebot des LEP 2002 seien grundsätzlich zulässig. Wie dargestellt, sei das Beeinträchtigungsverbot durch das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht verletzt. Das Vorhaben sei raumordnerisch verträglich. Schädliche Auswirkungen auf benachbarte zentrale Orte werde dieses nicht haben. Die zentralörtliche Gliederung in Ober-, Mittel- und Unterzentren - d.h. die grundlegende Planungskonzeption der Landes- und Regionalplanung - werde durch das Vorhaben nicht in Frage gestellt.
29 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
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2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
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Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
30 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben.
A.
31 
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet.
32 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
33 
Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.)
I.
34 
Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar.
35 
Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen.
36 
Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
37 
1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
38 
Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
39 
Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253).
40 
2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter.
41 
Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen.
42 
3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen.
43 
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern.
44 
Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden.
45 
4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201).
46 
5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
II.
47 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist.
48 
Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175).
49 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich.
III.
50 
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
51 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220).
52 
Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
53 
Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]).
54 
Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932).
IV.
55 
Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG.
56 
Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
57 
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt.
58 
Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).
V.
59 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit.
60 
Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.).
61 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können.
62 
Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
63 
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen.
64 
Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV.
65 
Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um.
66 
Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung.
67 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
68 
Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen.
B.
69 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet.
70 
Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.
71 
Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können.
72 
Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -).
73 
Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen.
74 
Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]).
75 
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab.
76 
Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
77 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen.
78 
Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung.
79 
Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann.
80 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
82 
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können.
83 
Beschluss vom 15. Dezember 2009
84 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung)
85 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, sowie den dazu gehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips zu ermitteln ist.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen für bestimmte Verpackungsabfälle und den Abschluss einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
Der Kläger ist in seinem Landkreisgebiet öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Sinne des Abfallrechts. Die Beklagte betreibt nach Maßgabe der Verpackungsverordnung im Land Baden-Württemberg ein System zur regelmäßigen Abholung gebrauchter, restentleerter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers. Die Systemfeststellung erfolgte durch Bescheid des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992; dieser Bescheid ist bislang weder ganz noch teilweise widerrufen worden, entsprechenden Anregungen des Klägers ist das Umweltministerium des Landes bisher nicht nachgekommen.
Die Beteiligten streiten über die kostenpflichtige Mitbenutzung von Einrichtungen des Abfallwirtschaftsbetriebs des Klägers durch die Beklagte, soweit es um Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton (PPK) geht. In dem Zeitraum von 1992 bis Mitte 2008 kooperierten die Beteiligten. Grundlage der Zusammenarbeit waren eine – unverändert fortbestehende – Abstimmungsvereinbarung vom 2./14. Juli 1992, von den Beteiligten als „Abstimmungserklärung“ bezeichnet, sowie ein Leistungsvertrag; dieser Vertrag wurde mit Ablauf des Jahres 2003 beendet, nachdem die EU-Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken geäußert hatte. Tatsächlich erfolgt(e) die operative Wahrnehmung der Entsorgungsaufgabe, d. h. die PPK-Sammlung, nicht durch die Beklagte selbst, sondern durch den Eigenbetrieb (Abfallwirtschaftsbetrieb) des Klägers; das gilt auch in Bezug auf die zum 1. Juli 2008 erfolgte Einführung der „Blauen Tonnen“, der die Beklagte nicht widersprochen hat.
Ab dem Jahr 2004 beauftragte die Beklagte den Kläger mehrfach (befristet und vorläufig) mit der Sammlung und Verwertung von PPK-Abfällen aus Verkaufsverpackungen. Operativ tätig wurde (und wird) stets der Abfallwirtschaftsbetrieb des Klägers. Die Beauftragungen waren der Beklagten vom Bundeskartellamt gestattet worden. Die letzte „Vorläufige Beauftragung zur Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen“ im „Vertragsgebiet: LK ...“ datiert vom 18. September 2007 und wurde mit Schreiben vom 12. Juni 2008 zum 30. Juni 2008 gekündigt. In der Sache wurde dem Kläger seitens der Beklagten aufgegeben, die Verkaufsverpackungen aus PPK, die am System der Beklagten teilnehmen, zu erfassen, zu sortieren und im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr zu verwerten. Dabei wurde der Massenanteil der Verkaufsverpackungen aus PPK an der gesamten erfassten Papiermenge auf 3.578 Tonnen/Jahr fixiert (vorbehaltlich eventuell eintretender Änderungen). Ferner setzte die Beklagte für den Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 29.267,20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer an.
Mit Schreiben vom 7. April 2008 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Angebot für einen Vertragsschluss („Vertrag über die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe/Karton“); der Vertrag sollte rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft treten (ggf. am 1. Juli 2008) und für die Jahre 2008 und 2009 gelten. Zur Erläuterung der vorgeschlagenen Regelungen hob die Beklagte hervor, dass sie in den zurückliegenden Jahren finanzielle Verluste erlitten habe, da die Papiervermarktung nur gegen Zuzahlung möglich gewesen sei; nun sei es angemessen und billig, dass sie, die Beklagte, an den Erlösen der Papiervermarktung teilhaben könne. Die Beklagte schlug dem Kläger vor, dass dieser zur Abgeltung aller von ihm vertragsgemäß zu erbringenden Leistungen eine Pauschalvergütung in Höhe von 29.267,20 Euro pro Monat zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer erhalten sollte; demgegenüber sollte der Kläger die Beklagte in Höhe von 50 % an den Verwertungserlösen der PPK-Verkaufsverpackungen beteiligen. Der Kläger lehnte das Vertragsangebot der Beklagten mit Schreiben vom 5. Juni 2008 ab, da es kein angemessenes Entgelt für die Mitbenutzung der Erfassungs- und Verwertungsinfrastruktur des Klägers für PPK-Abfälle enthalte. Zugleich hob der Kläger in dem Schreiben hervor, er sehe die Beklagte nach der Verpackungsverordnung zur Mitbenutzung seines Entsorgungssystems für verpflichtet an, und zwar gegen die Entrichtung eines angemessenen Entgelts. Mit Schreiben ebenfalls vom 5. Juni 2008 bestritt die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass es sich bei seiner PPK-Erfassungsinfrastruktur um eine mitbenutzungspflichtige Einrichtung zur Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung handele.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2008 bot die Beklagte dem Kläger – beginnend mit dem 1. Juli 2008 – eine „Vorläufige Beauftragung zur Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen im Vertragsgebiet BW018 LK ...“ an. Als Vergütung wurde nun ein Betrag von 24.886,27 Euro pro Monat zuzüglich Mehrwertsteuer vorgeschlagen, ergänzt um Klauseln zur Anpassung der Vergütung. Außerdem beanspruchte die Beklagte, dass ihr 1/12 der Auftragsmenge des PPK-Abfalls von dem Kläger zur Abholung bereitgestellt werde. Das neue Angebot der Beklagten lehnte der Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2008 als „Provokation“ und als „sittenwidrig“ ab, da es noch schlechtere Konditionen als das Vertragsangebot vom 7. April 2008 enthalte. Zugleich machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung geltend und präsentierte eine nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW) vorgenommene Kalkulation mit einem Jahresgebietspreis für das Mitbenutzungsentgelt in Höhe von 613.331,00 Euro. Dieses als angemessen zu erachtende Entgelt umfasse die Erfassungskosten für die PPK-Abfälle und enthalte einen Ausgleich für die Mindererlöse auf Grund der Verschlechterung der Papierqualität durch die Beimischung von Verpackungen aus PPK.
Mit Anwaltsschreiben vom 30. Dezember 2008 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erneut einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung geltend, fügte einen Vertragsentwurf bei, forderte die Beklagte zur Anerkennung des Mitbenutzungsanspruchs und zur Annahme des Vertragsangebots auf und übermittelte der Beklagten den Entwurf einer Klageschrift. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 wies die Beklagte sowohl den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als auch die Zahlung des geforderten Mitbenutzungsentgelts in Höhe von monatlich 101.325,49 Euro zurück.
Am 20. Februar 2009 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Der Klage war ein Vertragsentwurf beigefügt. Mit seiner Klage machte der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Vertragsschluss geltend, hilfsweise suchte er einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung durchzusetzen. Der Kläger trug vor, er habe einen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine Entsorgungseinrichtungen zur Erfassung der PPK-Abfälle mitbenutze und ein angemessenes Entgelt dafür entrichte. Die Einrichtungen umfassten PPK-Container auf den Wertstoffhöfen des Abfallwirtschaftsbetriebs, ferner die „Blauen Tonnen“ sowie Fahrzeuge und Mitarbeiter, die zur Entleerung der Sammelbehälter und zum Transport der PPK-Abfälle eingesetzt würden. Diese tatsächlich zur Verfügung stehende und von der Beklagten genutzte Entsorgungsinfrastruktur, die rechtlich Eingang in den Vertragsentwurf gefunden habe, sei für die Sammlung der PPK-Abfälle schon deshalb erforderlich, weil die Beklagte im operativen Sinne kein eigenes Rücknahmesystem für die PPK-Abfälle betreibe. Das angemessene Entgelt für die Mitbenutzung der kreiseigenen Entsorgungsinfrastruktur sei anhand der Parameter des Kommunalabgabenrechts zu ermitteln. Zur Berechnung der tatsächlich angefallenen bzw. anfallenden Anteile von PPK-Abfällen biete ein im Auftrag der Beklagten im September 2003 erstelltes Gutachten des Instituts für Abfall-, Abwasser- und Infrastrukturmanagement die Grundlage.
Der Kläger hat beantragt:
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Die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger den als Anlage 1 zur Klageschrift beigefügten Vertrag über die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton zu schließen,
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hilfsweise
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton mitzubenutzen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
15 
Sie hat vorgetragen, sie sei bezüglich der Entsorgung der PPK-Abfälle nicht selbst operativ tätig, sondern beauftrage mittels privatrechtlicher Verträge Entsorgungsunternehmen zur Erbringung der notwendigen Dienstleistungen; im Gebiet des Klägers sei dessen Abfallwirtschaftsbetrieb für sie, die Beklagte, operativ tätig. Da es sich vor diesem Hintergrund um eine privatrechtliche Streitigkeit handele, sei der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Außerdem sei das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht Stuttgart örtlich nicht zuständig. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Die unzulässige Klage sei zudem unbegründet. Eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers gebe es nicht. Soweit die Verpackungsverordnung die Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers regele, betreffe dies nur die bei Inkrafttreten der Verordnung existenten Einrichtungen, da es lediglich um Investitionsschutz gehe; das treffe auf die PPK-Entsorgungsinfrastruktur des Klägers nicht zu. Der Kläger könne nach der Verpackungsverordnung auch nicht den Abschluss des von ihm entworfenen Vertrages verlangen; eine derartige einseitige Bestimmung sei mit dem Kooperationsprinzip, das die Verordnung präge, nicht vereinbar. Die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers sei im Rechtssinne nicht erforderlich, da sie, die Beklagte, die Sammlung der PPK-Abfälle auch selbst durchführen könne. Das vom Kläger für die geforderte Mitbenutzung verlangte Entgelt sei unangemessen, da deutlich überhöht. Letztlich ziele das Begehren des Klägers auf eine – rechtlich nicht zulässige – Rekommunalisierung der Entsorgung von Verpackungsabfällen.
16 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage teilweise für begründet erachtet, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet; das klägerische Begehren – Durchsetzung der Mitbenutzungspflicht bezüglich Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach der Verpackungsverordnung – wurzele auf der ersten Stufe des rechtlichen Verhältnisses zwischen dem Entsorgungsträger und dem privaten System, so dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben sei. Das Verwaltungsgericht Stuttgart sei nach § 52 Nr. 1 VwGO örtlich zuständig. Die mit dem Hauptantrag erhobene allgemeine Leistungsklage sei statthaft, da sie auf den Abschluss eines Vertrages ziele. Der hilfsweise erhobene Feststellungsantrag sei nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft; das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten sowie auf Grund des Scheiterns der Verhandlungen zur einvernehmlichen Regelung der Mitbenutzung von Entsorgungseinrichtungen des Klägers durch die Beklagte. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse sei ebenfalls zu bejahen, da dem Kläger das Bedürfnis nach gerichtlichem Rechtsschutz nicht abgesprochen werden könne.
17 
Die Klage sei mit dem Hilfsantrag begründet. Solange die Beklagte kein eigenes System zur Sammlung der PPK-Abfälle errichte, habe der Kläger nach der Verpackungsverordnung ein Recht auf Mitbenutzung seiner Sammeleinrichtungen für die PPK-Abfälle durch die Beklagte. Die nach jener Verordnung erforderliche Abstimmung sei nicht als einmaliger Vorgang anzusehen, sondern stelle einen dauerhaften Prozess dar. Die zwischen den Beteiligten nach wie vor geltende Abstimmungserklärung sehe vor, dass es im Gebiet des Klägers nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem gebe und dass die Beklagte alle gebrauchten Verkaufsverpackungen sammele. Mangels eines eigenen operativ agierenden Systems der Beklagten nutze diese die Sammel-einrichtungen des Klägers; die Mitbenutzungspflicht ergebe sich nicht nur aus der Verpackungsverordnung, sondern – bei richtigem Verständnis – auch aus der vorhandenen Abstimmungserklärung. Mit ihrem Hauptantrag sei die Klage jedoch unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Abschluss des konkret von ihm vorgeschlagenen Vertrages habe. Der umfang- und detailreiche Vertragsentwurf sei auf der zweiten, zivilrechtlichen Ebene anzusiedeln. Da die – zu bejahende – Mitbenutzungspflicht eine öffentlich-rechtliche Pflicht auf der ersten Stufe der rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten sei, müssten sich die Details der verlangten Mitbenutzung im Rahmen des öffentlich-rechtlich Zulässigen halten; das sei insbesondere bezüglich der verlangten Dauer der Verpflichtung der Beklagten und hinsichtlich der Bestimmung des zu zahlenden Entgelts nicht der Fall. Die grundsätzlich unbefristete Dauer der Verpflichtung der Beklagten hindere diese rechtswidrig an der Einrichtung eines eigenen Systems, laufe dem System der Verpackungsverordnung zuwider und widerspreche letztlich der verordnungsrechtlichen Privatisierung der Rücknahme und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen. Die vom Kläger angestrebte Vergütungsregelung sei zwar anhand des Kommunalabgabenrechts zu entwickeln, die konkret vorgenommene Kalkulation sei jedoch rechtswidrig, weil ein Kalkulationsposten „Mindererlöse“ wegen Mischpapier nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg ausgeschlossen sei.
18 
Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wendet sich der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit dieses die Klage abgewiesen hat. Der Hauptantrag ziele auf die Abgabe einer Willenserklärung zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur des Klägers seitens der Beklagten. Auf den Abschluss dieses Vertrags habe der Kläger nach der Verpackungsverordnung einen Anspruch, weil der – auch vom Verwaltungsgericht anerkannte – Mitbenutzungsanspruch nach dem der Verordnung zu Grunde liegenden Kooperations- und Konsensprinzip nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden könne. Zu Unrecht beanstande das Verwaltungsgericht die vertraglich vorgesehene zeitlich unbefristete Verpflichtung der Beklagten zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen; denn der Mitbenutzungsanspruch des Klägers sei ein Daueranspruch. Die im Vertragsentwurf enthaltene Vergütungsregelung zum „angemessenen Entgelt“ unterliege verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, gegebenenfalls durch entsprechende Anwendung der §§ 315 ff. BGB. Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts für die Mitwirkung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers seien die Kalkulationsgrundsätze, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch sonst bei der Erfüllung seiner eigenen Aufgaben vorgegeben seien; diese ergäben sich aus dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg. In Ansatz zu bringen seien alle Kosten, die dem Kläger für die Mitbenutzung seiner PPK-Entsorgungsinfrastruktur durch das Rücknahme- und Verwertungssystem der Beklagten entstünden. Auf Grund des Urteils des Verwaltungsgerichts werde allerdings nicht daran festgehalten, Mindererlöse als Kalkulationskostenansatz bei der Ermittlung des angemessenen Entgelts zu berücksichtigen.
19 
Im Berufungsverfahren stellt der Kläger einen Hauptantrag und fünf Hilfsanträge. Darin sei keine Klageänderung zu sehen, weil der Klagegrund nicht verändert werde. Der Hauptantrag erfahre nunmehr eine Beschränkung, weil der Vertragsentwurf auf wesentliche Regelungen begrenzt sei und im Übrigen auf ergänzende Vereinbarungen verwiesen werde; die Hilfsanträge stellten Klarstellungen des Klagebegehrens dar. Werde die Neuformulierung der Anträge als Klageänderung gewertet, sei diese, da sachdienlich, zulässig.
20 
Der Kläger beantragt mit dem
21 
Hauptantrag,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger den als Anlage 1 zur Berufungsbegründung beigefügten Vertrag über die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton zu schließen.
23 
1. Hilfsantrag:
24 
Es wird festgestellt,
25 
(1) dass die Beklagte verpflichtet ist,
26 
(a) die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen
27 
und
28 
(b) hierfür ein angemessenes Entgelt an den Kläger zu bezahlen, das entsprechend dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zur Berufungsbegründung und den in dieser Anlage niedergelegten Maßgaben berechnet wird
29 
und
30 
(2) dass der Kläger nur verpflichtet ist, der Beklagten einen Teil des sortierten Sammelgemisches aus Papier, Pappe und Karton herauszugeben, der den Wert der Verkaufsverpackungen im Verhältnis zum Wert des kommunalen Altpapiers und dem Anteil der Lizenzmengen des Beklagten an der Gesamtmenge aller Lizenzmengen von im Entsorgungsgebiet des Klägers festgestellten Systembetreibern entspricht.
31 
2. Hilfsantrag:
32 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
33 
(1) die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen
34 
und
35 
(2) hierfür ein angemessenes Entgelt an den Kläger zu bezahlen, das entsprechend dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zur Berufungsbegründung und den in dieser Anlage niedergelegten Maßgaben berechnet wird.
36 
3. Hilfsantrag:
37 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zu berechnen ist.
38 
4. Hilfsantrag:
39 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips zu berechnen ist.
40 
5. Hilfsantrag:
41 
(1) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen.
42 
(2) Es wird beantragt, das angemessene Entgelt in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB durch Urteil zu bestimmen.
43 
Ferner beantragt der Kläger, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
44 
Die Beklagte hat ebenfalls, vom Verwaltungsgericht zugelassen, Berufung eingelegt und beantragt,
45 
das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als darin festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
46 
hilfsweise
47 
das angefochtene Urteil abzuändern und unter Teilabweisung des Hilfsantrags festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsver-packungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen, solange die Beklagte kein eigenes System zur Sammlung von Verpackungsabfällen aus Papier, Pappe und Karton aufgebaut oder sonst errichtet hat, und die Klage im Übrigen abzuweisen.
48 
Ferner beantragt die Beklagte, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
49 
Zur Begründung macht die Beklagte geltend, die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Dem Feststellungsantrag fehle schon das Feststellungsinteresse. Das Rechtsschutzziel des Klägers sei darauf gerichtet, von der Beklagten das nach Kommunalabgabenrecht berechnete Entgelt zu erhalten; da die Höhe des angemessenen Entgelts wegen des abfallrechtlichen Konsensualprinzips nicht gerichtlich festgestellt werden könne, folge daraus zwingend, dass der Kläger an der begehrten Feststellung kein schützenswertes Interesse haben könne. Der Klage fehle auch das Rechtsschutzbedürfnis; da der Schwerpunkt des Rechtsstreits auf einem zivilrechtlichen Entgeltanspruch liege, könne der Kläger sein Rechtsschutzziel mit einer Leistungsklage bei den Zivilgerichten verfolgen.
50 
Die Klage sei jedenfalls unbegründet, so dass sie auch hinsichtlich des Feststellungsantrags habe abgewiesen werden müssen. Der Kläger habe keinen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung, da es schon an der Anspruchsgrundlage fehle. Unabhängig davon seien die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung der PPK-Verpackungsabfälle nicht erforderlich, da die Beklagte die Sammlung der PPK-Fraktion auch selbst durchführen könne. Aus der Abstimmungserklärung folge nichts anderes; diese beziehe sich nur auf das Duale System der Beklagten, während die operative Tätigkeit des Abfallwirtschaftsbetriebs des Klägers auf einem privatrechtlichen Vertrag und später auf Beauftragungen seitens der Beklagten beruht habe.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Feststellungsbegehren im 4. Hilfsantrag begründet, im Übrigen ist sie unbegründet (A). Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (B).
A.
I.
53 
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch in Bezug auf die Modifizierung der Anträge durch die Klägerin im Berufungsverfahren; es kann dahinstehen, ob im Rechtssinne eine Klageänderung vorliegt und diese sachdienlich wäre (§ 91 Abs. 1 VwGO), da sich die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO auf die Klage mit den modifizierten Anträgen eingelassen hat, ohne zu widersprechen.
54 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für die vorliegende Streitigkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswegfrage im angefochtenen Urteil geprüft und bejaht, aber keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) getroffen, obwohl die Beklagte Bedenken gegenüber einer Bejahung des Verwaltungsrechtswegs geäußert hatte. Wären die von der Beklagten bekundeten Zweifel nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zu werten, hätte das Verwaltungsgericht keine Vorabentscheidung zum zulässigen Rechtsweg treffen müssen, so dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft würde, ob der beschrittene (Verwaltungs-)Rechts-weg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
55 
Greift § 17a Abs. 5 GVG, wovon hier auszugehen ist, nicht ein, weil die Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG trotz einer Rüge der Beklagten (vgl. Bl. 341 d. A. des VG) – zu Unrecht – unterblieben ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des Öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Ehlers, in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 21 RdNr. 66, m. w. Nachw.). Der Kläger stützt seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen seines Abfallwirtschaftsbetriebs auf § 6 Abs. 4 Satz 5 der Verpackungsverordnung in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 2. April 2008 (BGBl I S. 531) – VerpackV 2008 –, der im wesentlichen § 6 Abs. 3 Satz 8 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379) – VerpackV 1998 – entspricht. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich, ebenso wie bei § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 (Recht der Systembetreiber auf Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers), um Regelungen des Öffentlichen Rechts (OVG NW, Urteil vom 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – UA S. 11 f.; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Berechtigtes Zuordnungssubjekt des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ist ausschließlich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und damit ein Träger von Hoheitsgewalt als solcher. Der Kläger nimmt damit das „Amtsrecht des Staates als Sonderrecht“ für sich in Anspruch (vgl. zu diesem Aspekt Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 77), stützt das Klagebegehren und den Klagegrund also nicht auf eine „Jedermann“ (als Privatrechtssubjekt) berechtigende Norm, so dass der Streit der Beteiligten um den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist (zur öffentlich-rechtlichen Natur des Mitbenutzungsanspruchs vgl. Roder, Die Verpackungsverordnung, 2009, § 6 RdNr. 58). Nichts anderes ergibt sich, falls als streitentscheidende Regelung zusätzlich die zwischen den Beteiligten bestehende „Abstimmungserklärung“ heranzuziehen sein sollte. Sie begründet ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV 1998).
56 
Ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, soweit die Beteiligten um den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages und insbesondere die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers streiten. Der Kläger stützt auch den – von der Beklagten in Abrede gestellten – Anspruch auf Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, weil seiner Ansicht nach der Mitbenutzungsanspruch nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden kann. Streitentscheidende Norm ist demnach auch insoweit eine solche des Öffentlichen Rechts.
57 
Ob § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 tatsächlich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gewährt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Selbst wenn die Bestimmung nicht als Anspruchsgrundlage qualifiziert werden könnte oder die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein sollten, änderte dies im Rahmen der Rechtswegprüfung nichts daran, dass der vorliegende Streit um die Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist.
58 
2. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 1 VwGO bejaht. Da sich das nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu bestimmende Rechtsverhältnis immer auf eine konkrete Entsorgungsinfrastruktur eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in einem bestimmten (Kreis-)Gebiet bezieht, ist der Streit der Beteiligten mit einem ortsgebundenen Rechtsverhältnis im Sinne des § 52 Nr. 1 VwGO verknüpft.
59 
Sollten die im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) zu deuten sein, stellte sich die Zuständigkeitsfrage im Berufungsverfahren erst gar nicht (§ 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG). Jedenfalls hat die Beklagte in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlich geäußerten Zweifel an der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit nicht wiederholt.
60 
3. Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen statthaft.
61 
a) Der Hauptantrag ist auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages gerichtet. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, die zum Abschluss des der Berufungsbegründung vom Kläger beigefügten Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur führt. Für ein derartiges Begehren ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Rechtsschutzform (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 42 Abs. 1 RdNr. 153).
62 
b) Die Hilfsanträge sind in Gestalt der Feststellungsklage zulässig. Unter einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urt. v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – E 136, 54, 57 RdNr. 24). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein; für abstrakte, „gutachtliche“ Klärungen einer Rechtsfrage steht die Feststellungsklage nicht zur Verfügung. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt zudem voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, Urt. vom 25.3.2009 – 8 C 1/09 – NVwZ 2009, 1170).
63 
Diese Anforderungen des § 43 Abs. 1 VwGO sind hier erfüllt. Seit dem Jahr 2008 streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers zwecks Entsorgung von PPK-Abfällen verpflichtet ist und – gegebenenfalls – zu welchen Konditionen die Mitbenutzung erfolgt. Damit liegt ein Streit auf Grund eines konkreten Sachverhalts vor. Dieser Streit ist rechtlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu beurteilen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht somit.
64 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht etwa an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel steht im Dienste der Prozessökonomie und will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht, zumal der Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit fehlt (BVerwG, Urt. v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – E 111, 306, 308; Senat, Urt. v. 24.4.1990 – 10 S 560/89 – NJW 1990, 2145). Andererseits ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden; droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht die Subsidiaritätsklausel der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 5.12.2000 – 11 C 6/00 – E 112, 253, 256). So liegt der Fall hier: Eine Umgehungsgefahr in Bezug auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage besteht von vornherein nicht, weil eine dieser Klagen für das Begehren des Klägers nicht in Betracht kommt. Die allgemeine Leistungsklage ist nicht die sachnähere und wirksamere Klageart zur Durchsetzung des vom Kläger geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs. Im Gegenteil, die Beteiligten, die in einem Dauerrechtsverhältnis zueinander stehen, sehen in dem vorliegenden Rechtsstreit – mit Blick auf andernorts geführte ähnliche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ein „Musterverfahren“ (Bl. 499 d. A. des VG). Angesichts der konkreten Umstände kann mit der Feststellungsklage der zwischen den Beteiligten seit mehreren Jahren anhaltende Streit am wirksamsten, da dauerhaft und nachhaltig, geklärt werden.
65 
Dem Kläger fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dafür genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997, 3257, 3258). Das Gesetz verlangt, dass im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses zu bejahen ist (Senat, Urt. v. 9.1.2007 – 10 S 1386/06 – NJW 2007, 1706, 1708). Am Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Zweifel. Der Kläger hat sowohl ein rechtliches als auch ein wirtschaftliches Interesse an der autoritativ verbindlichen gerichtlichen Klärung der mit der Beklagten bestehenden Streitfragen. Dass das Interesse an der „baldigen“ Feststellung des Rechtsverhältnisses anzuerkennen ist, liegt angesichts des nun bereits über mehr als vier Jahre währenden Streits zwischen den Beteiligten auf der Hand.4. Der Kläger ist analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dafür genügt die Möglichkeit, dass der Kläger von der Beklagten das verlangte Verhalten (Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss, Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen zu den gewünschten Bedingungen) rechtlich einfordern kann. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Bundesrecht, nämlich der in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 getroffenen Regelung. Danach kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten subjektiven Rechte zustehen. Weitergehende Anforderungen an die Klagebefugnis bestehen nicht.
66 
5. Dem Kläger ist schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Klage zuzuerkennen. An der „Inanspruchnahme der falschen Gerichtsbarkeit“ (dazu Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 191) scheitert das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nur im Verwaltungsrechtsweg verfolgen kann; der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) steht insoweit von vornherein nicht offen. Ob es dem Kläger „eigentlich“ um ein bestimmtes Entgelt für die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte geht, ist in diesem Rechtsstreit ohne Bedeutung. Der Kläger hat eine Zahlungsklage gegen die Beklagte nicht erhoben. Der Gegenstand der Klage wird vom Kläger bestimmt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist – auch – vom Gericht zu respektieren (vgl. § 88 VwGO).
67 
Das Rechtsschutzbedürfnis scheitert nicht daran, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel auf andere Weise schneller, günstiger, einfacher durchsetzen könnte. Das wäre der Fall, wenn der Kläger seine auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gestützten Ansprüche durch Erlass eines Verwaltungsakts titulieren und erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung realisieren könnte (vgl. Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 189). Ein derartiges Vorgehen setzt allerdings voraus, dass die maßgebliche Rechtsnorm, hier also § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, oder eine spezielle Regelung zur behördlichen Handlungsform dem Verwaltungsträger die Befugnis einräumt, ein von ihm geltend gemachtes Recht einseitig durch Verwaltungsakt geltend machen und durchsetzen zu können (Senat, Beschl. v. 29.12.1989 – 10 S 2252/89 – VBlBW 1990, 225, 226; OVG LSA, Urt. v. 29.3.2006 – 1 L 149/03LKV 2006, 520, 521). Dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 VerpackV 1998) wird unter Hinweis auf die verordnungsrechtlich mehrfach eingeforderte „Abstimmung“ von Verhaltensweisen („Kooperationsprinzip“) eine derartige Verwaltungsakt-Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgesprochen (ausführlich VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66 ff.; ferner Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 401; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58). Die Beklagte selbst stellt einseitige Regelungsbefugnisse des Klägers nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Abrede. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung – Schutz der kommunalen Abfallwirtschaft gegenüber Nachteilen (BR-Drucks. 236/91 S. 16 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) – kann nicht entnommen werden, dass der Verwaltungsträger befugt sein soll, einen Mitbenutzungsvertrag mit dem Dualen System durch Verwaltungsakt zu dekretieren.
68 
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch nicht an der „Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes“ (zu dieser Kategorie Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 195). Das wäre nur der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden selbst im Falle eines Klageerfolges nicht verbessern würde. Davon kann hier keine Rede sein. Schon wenn einer der Hilfsanträge erfolgreich wäre, träte beim Kläger eine Verbesserung seiner rechtlichen Position ein, weil die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gerichtlich festgestellt wäre. Hätte sogar der Hauptsacheantrag Erfolg, würde sich die Stellung des Klägers außerdem dadurch verbessern, dass er seinen Vertragsentwurf durchgesetzt hätte und die Beklagte verpflichtet wäre, fortan nach den vom Kläger entworfenen vertraglichen Regeln zu handeln. Der angestrebte Rechtsschutz kann dem Kläger demnach im Erfolgsfall in doppelter Hinsicht von Nutzen sein.
II.
69 
Die Klage ist (nur) begründet, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung zur Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen und zur Entrichtung eines angemessenen Entgelts nach näherer Maßgabe des 4. Hilfsantrags begehrt; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
70 
1. Die auf den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrags – im Sinne des vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entwurfs – zielende Leistungsklage ist unbegründet. Zwar scheitert der mit der Klage gerichtlich geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass überhaupt keine Anspruchsgrundlage existierte (a); jedoch ist der vom Kläger vorgelegte Vertrag(sentwurf) von der ihn begünstigenden Regelung der Verpackungsverordnung nicht dergestalt gedeckt, dass von der Beklagten die Abgabe der zum Vertragsschluss notwendigen Willenserklärung verlangt werden kann (b).
71 
a) Zur Herleitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs beruft sich der Kläger auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger – von dem System(betreiber) gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 – die Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I (zu § 6) genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Diese Bestimmung entspricht § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Erforderlichkeit nach dieser früheren Fassung nicht nur auf die „Sammlung von Materialien“, sondern auch noch auf die „Sortierung von Materialien“ bezogen hatte. Zu erklären ist die Streichung der „Sortierung“ aus dem Verordnungstext mit der Herausnahme von Verwertungssystemen aus der Abstimmungsverpflichtung (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14), die § 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 – anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 – noch vorgesehen hatte. Die Rechtsqualität der alten wie der geltenden Norm als subjektives öffentliches Recht bleibt davon unberührt.
72 
aa) Schon der Wortlaut „können … verlangen“ macht deutlich, dass § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine subjektive Rechtsstellung einräumt, die einen Anspruch begründet (Hendler/Belz, GewArch 2009, 5, 8; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14; Bonk, Die Rechtsstellung der Kommunen nach der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379), VKS Dokumentation 2/99, S. 27 f.; Flanderka/Stroetmann/Sieberger, Verpackungsverordnung, 3. Aufl. 2009, § 6 RdNr. 72; ebenso zu § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008/§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1426; ferner VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66). Dass das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, als „Anspruch“ zu qualifizieren ist, macht § 194 Abs. 1 BGB – für die gesamte Rechtsordnung – unmissverständlich deutlich. Im Rechtssinne stellt § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) demnach eine Anspruchsgrundlage dar.
73 
bb) Die Entstehungsgeschichte bestätigt den Schutznormcharakter der Regelung zu Gunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Ein subjektives Recht ist gegeben, wenn eine Norm nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern – zumindest auch – dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist; über die Gewährung subjektiver Rechte entscheidet der Normgeber (Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2012, § 7 RdNr. 106 f.). Der Mitbenutzungsanspruch entsorgungspflichtiger Körperschaften hatte bereits Eingang in die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl I S. 1234) gefunden (§ 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991). Im Verordnungsentwurf der Bundesregierung war die Regelung noch nicht enthalten (vgl. BR-Drucks. 817/90 S. 7); sie ist erst auf Grund eines Vorstoßes des Bundesrates in die Verpackungsverordnung aufgenommen worden, und zwar mit der Begründung: „Die Regelung ist geboten, um wirtschaftliche Nachteile zulasten derjenigen kommunalen Gebietskörperschaften zu verhindern, die die genannten Systeme der kommunalen Abfallwirtschaft eingerichtet haben.“ (BR-Drucks. 236/91 S. 16). Der Schutzzweck der Mitbenutzungsvorschrift (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) zu Gunsten kommunaler Entsorgungsträger liegt danach auf der Hand.
74 
cc) Die systematische Auslegung bestätigt den Befund. Erstmals mit der Fünften Novelle der Verpackungsverordnung ist auch dem Systembetreiber ein Mitbenutzungsanspruch eingeräumt worden. Nach § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 können Systembetreiber von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verlangen, ihnen die Mitbenutzung ihrer Einrichtung gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten (vgl. zur Funktion dieser Neuregelung BT-Drucks. 16/7954 S. 21). Im Rechtssinne handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Mitbenutzungsanspruch des Systembetreibers (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 60). Angesichts des „Komplementärcharakters“ der Neuregelung zur vorausgegangenen Vorschrift (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 73) gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass beide Bestimmungen dieselbe rechtliche Qualität aufweisen: § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) und § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 stellen im Rechtssinne Anspruchsgrundlagen dar.
75 
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluss des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Mitbenutzungsvertrages besteht – jedenfalls deshalb – nicht, weil er von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht gedeckt ist (bb). Zweifel bestehen allerdings bereits in Bezug auf den geforderten Vertragsabschluss als solchen (aa).
76 
aa) Der Anspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zielt auf die „Mitbenutzung“ bestimmter kommunaler Entsorgungseinrichtungen und auf ein „angemessenes Entgelt“, das der Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Mitbenutzung der Einrichtungen leistet. Der Kläger begehrt indes auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 den Abschluss eines Vertrages. Diesen Anspruchsinhalt kennt die Bestimmung nicht. Das Begehren liegt deshalb außerhalb der im Verordnungstext vorgesehenen Rechtsfolge und ist vom Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt.
77 
Der Kläger meint, der Mitbenutzungsanspruch könne nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden; zudem sei die Angemessenheit des Entgelts für die Benutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen ein untrennbarer Bestandteil des Mitbenutzungsanspruchs. Zwingend ist das nicht. Die Systematik des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 lässt auch die Deutung zu, dass die Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen – ohne gesonderten Vertrag – durch den Systembetreiber rein tatsächlich erfolgt oder, sofern eine rechtliche Absicherung des Realgeschehens vorgenommen wird, die entsprechende Regelung in der Abstimmungsvereinbarung (§ 6 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VerpackV 2008) getroffen wird. Dem Verordnungstext lässt sich auch kaum ein Junktim zwischen der „Mitbenutzung“ und dem „angemessenen Entgelt“ entnehmen. Indem nach Ermessen („können“) zu entscheiden ist, ob die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen vom Systembetreiber verlangt wird und ob dafür ein (vertraglich vereinbartes) angemessenes Entgelt eingefordert werden soll, eröffnet § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einen gesonderten Vertragsabschluss ist die Bestimmung nicht unbedingt ausgerichtet. In den Materialien findet sich dazu kein Hinweis (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991; BT-Drucks. 13/10943 S. 19, 26 und 34 zur VerpackV 1998; BT-Drucks. 16/7954 S. 15 und 21 zur VerpackV 2008).
78 
Der Senat verkennt nicht, dass die skizzierte Rechtslage unbefriedigend und die Verpackungsverordnung in dem hier relevanten Punkt wenig anwendungsfreundlich ausgestaltet ist, weil der Abschluss eines Vertrages, der – sofern zur Rechtsnatur nichts anderes vereinbart würde – öffentlich-rechtlicher Natur wäre (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15), für die praktische Handhabung des § 6 Abs. 4 Satz 5 (und Satz 6) VerpackV 2008 zweckmäßig sein könnte und zur Rechtssicherheit beitrüge. Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 Abs. 2 LV BW) erlaubt es dem Senat jedoch nicht, in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ein bestimmtes Handlungsformgebot hineinzuinterpretieren, für das es keinen rechtlichen Anhaltspunkt in der Verpackungsverordnung bzw. in den Materialien gibt. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber ausweislich der in § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zur „Abstimmung“ getroffenen Vorschriften deutlich gemacht hat, wann welche formalen Vorgaben im Verhältnis zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuhalten sind.
79 
bb) Die Frage des Vertragsschlusses (in der Form des § 57 LVwVfG) kann letztlich offen bleiben, da der Kläger einen Vertrag einfordert, der inhaltlich über die Maßgaben des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 hinausgeht. Auf freiwilliger Basis können die Beteiligten eine derartige Vereinbarung als Austauschvertrag (§ 56 LVwVfG) treffen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 LVwVfG). Beanspruchen kann der Kläger nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 jedoch nur eine solche Übereinkunft, die sich im Rahmen der Verordnungsbestimmung hält und bezüglich derer die Verhandlungen und Gestaltungsspielräume (mit dem potentiellen Vertragspartner) dergestalt eingeschränkt sind, dass allein die begehrte Vereinbarung den widerstreitenden Interessen angemessen Geltung (vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) verschafft (ebenso zum Anspruch auf Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zur Mitbenutzung der „Blauen Tonnen“ OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428). Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat konzentriert seine Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.
80 
(1) Nach § 2 Abs. 4 des vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurfs liegt die Ausgestaltung des Erfassungssystems im alleinigen Ermessen des Landkreises, also des Klägers. Es erschließt sich nicht von selbst, warum in diesem wichtigen Punkt nicht das Einvernehmen oder wenigstens das Benehmen mit dem Vertragspartner, d. h. der Beklagten, hergestellt werden muss. Der Senat vermag nicht zu erkennen, zumal zu diesem Regelungsvorschlag keine Begründung ersichtlich ist, warum von der Beklagten das Einverständnis mit einem so einseitigen „Bestimmungsrecht“ des Klägers nach §§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschuldet sein soll.
81 
(2) Die Regelung (§ 3 des Vertragsentwurfs) zur Überlassung eines Teils des unsortierten Sammelgemischs an die..., also die Beklagte, könnte auf freiwilliger Basis getroffen werden. Aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 lässt sich der Vorschlag des Klägers nicht ohne weiteres und schon gar nicht zwingend ableiten; das betrifft sowohl Inhalt und Umfang der Überlassung als auch deren Modalitäten. Denkbar ist zudem auch eine Vereinbarung, die die Abfallverwertung bezüglich der PPK-Abfälle zu 100% dem Kläger überlässt und die Beklagte zu einem bestimmten Prozentsatz am Verwertungserlös beteiligt.
82 
Damit ist nichts zur Zweckmäßigkeit oder Vernünftigkeit der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung ausgesagt. Dies zu beurteilen, ist nicht die Aufgabe des Senats im vorliegenden Rechtsstreit, sondern Angelegenheit der (potentiellen) Vertragspartner. Da der Kläger jedoch die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages begehrt, so dass bei einer erfolgreichen Leistungsklage der Beklagten ein Vertrag mit einem bestimmten Inhalt aufgezwungen würde, muss zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststehen, dass zur Ausbalancierung der konfligierenden Interessen allein die vom Kläger vorgeschlagene Regelung in Betracht kommt. Derartiges lässt sich in Bezug auf § 3 des Vertragsentwurfs § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht entnehmen.
83 
(3) Der Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers unbefristet geschlossen werden; ein Kündigungsrecht wird nur dem Landkreis, also dem Kläger, eingeräumt (§ 5 des Vertragsentwurfs), nicht jedoch der... (d. h. der Beklagten). Eine solche Verteilung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Vertragsdauer lässt sich – gleichsam alternativlos – aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herleiten, so dass auch von daher die begehrte Abgabe der Willenserklärung der Beklagten zum Vertragsschluss nicht verlangt werden kann. Zwar wendet der Kläger – insoweit zutreffend (vgl. unten II. 2. a cc (2) und ee) – ein, dass die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) eine Dauerpflicht sei; daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Mitbenutzung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ebenfalls als eine auf Dauer angelegte, unbefristete und ohne Kündigungsrecht des Systembetreibers ausgestaltete Pflicht reglementiert werden muss. Ein derartiges Junktim, das der Kläger postuliert, ist weder von der Verpackungsverordnung vorgegeben (a) noch ohne weiteres mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungsvertragsrechts zu vereinbaren (b).
84 
(a) § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 unterscheidet rechtlich eindeutig zwischen „Abstimmung“ (bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Dualen System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 und vorhandenen Sammelsystemen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) und „Mitbenutzung“ (jener Sammelsysteme durch den privaten Systembetreiber). Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist und die Ebene der „Mitbenutzung“ vom Verordnungsgeber sachlich sinnvoll und praktisch handhabbar ausgestaltet worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden; dass Zweifel insoweit angebracht sind, zeigt der vorliegende Rechtsstreit.
85 
Hintergrund des geltenden Rechts ist die mit der Verpackungsverordnung getroffene konzeptionelle Entscheidung, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und der Privatwirtschaft zuzuordnen, die die Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher (sowie die Verwertung der Abfälle) einem behördlich festgestellten System überträgt, das verordnungsrechtlich einem abfallrechtlichen Sonderregime untersteht (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 94 und 95; HessVGH, Urt. v. 16.7.2003 – 6 UE 3127/01 – GewArch 2004, 36, 37 = ZUR 2004, 42, 43). Diese Systementscheidung hat der (Gesetz- bzw.) Verordnungsgeber jedoch nicht mit einem Wegfall der Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Entsorgung verwertbarer Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten verknüpft. Im Gegenteil, mangels Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die nicht an das private System zurückgegebenen Verpackungsabfälle nach § 20 Abs. 1 KrWG n. F. (subsidiär) zuständig und müssen insoweit ihrer gesetzlichen Entsorgungspflicht nachkommen (VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239; Baars, NVwZ 2000, 42, 44; ders., NVwZ 2002, 309; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 50). Diese „latente“ Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (so Baars, in: Fluck, KrW-/AbfG, 63. Lfg. Mai 2006, § 6 VerpackV RdNr. 105) bedingt die Vorhaltung eigener kommunaler Sammelsysteme. Idealtypisch ist in der Verpackungsverordnung das Nebeneinander von privater und öffentlicher Abfallwirtschaft angelegt, so dass zwei operativ agierende Systeme bestehen könn(t)en. Selbst der Kläger hat noch in der Klageschrift – allerdings überspitzt und in der Absolutheit, wie dargestellt, unzutreffend – die „alleinige Verantwortlichkeit der Systembetreiber für die in der Entsorgungsinfrastruktur erfassten Verkaufsverpackungen“ sowie „keine Entsorgungsverantwortlichkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ postuliert (Bl. 55 d. A. des VG). Operativ tätig werdende Sammelsysteme privater Systembetreiber sind in der Verpackungsverordnung angelegt und durch § 6 Abs. 3 VerpackV sogar nahegelegt. Vor diesem Hintergrund ist die beinahe „absolute“ Bindung an die Entsorgungsinfrastruktur des Klägers, die § 5 des Vertragsentwurfs versucht, im Sinne einer rechtlich gebotenen Pflichtigkeit der Beklagten mit der Verpackungsverordnung kaum zu vereinbaren, jedenfalls aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herzuleiten.
86 
Die Abstimmungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 besteht unabhängig davon, ob der Systembetreiber selbst mit einem eigenen Sammelsystemen operativ tätig wird oder die vorhandene kommunale Entsorgungsinfrastruktur mitbenutzt. Das aber bedeutet, dass der Systembetreiber verordnungsrechtlich frei darin ist, ein eigenes Sammelsystem einzurichten oder Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008, der jene Option voraussetzt, weil das in der Bestimmung normierte Wahlrecht ansonsten keinen Sinn macht). Ob und wie sich der Systembetreiber durch die Abstimmung (Abstimmungserklärung oder Abstimmungsvereinbarung, dazu unten II. 2. a dd) an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bindet (dazu unten II. 2. a ee), ist auf einer anderen rechtlichen Ebene angesiedelt. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Systembetreiber seine verordnungsrechtlich begründete Wahlfreiheit aufgeben und in einemMitbenutzungsvertrag eine Vereinbarung eingehen muss, wie sie der Kläger in § 5 seines Vertragsentwurfs vorschlägt.
87 
(b) Angesichts der Lückenhaftigkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Bezug auf Mitbenutzungsregelungen, die der Systembetreiber und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vereinbaren (können), ist zur Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzend auf §§ 54 ff. LVwVfG zurückzugreifen. Der Senat lässt offen, ob der Kläger mit seinem Vertragsentwurf die Anforderungen des § 56 LVwVfG (hinreichend) beachtet hat. Der Regelungsvorschlag des Klägers zu Vertragsdauer und Kündigung (§ 5 des Entwurfs) steht jedenfalls nicht in Einklang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, der jeder Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumt. Diese Bestimmung enthält zwingendes Recht, das durch Vertrag nicht abbedungen werden kann und nur durch vorrangige Spezialregelungen verdrängt wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 RdNr. 1). Eine derartige Spezialbestimmung kann (möglicherweise) in § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 gesehen werden. Diese Vorschrift betrifft indes allein die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), nicht aber dieMitbenutzung (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008), um die allein es im vorliegenden Zusammenhang geht. Auch vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist demnach nicht zu erkennen, wie die Beklagte gegen ihren Willen zu der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung in § 5 des Vertragsentwurfs gezwungen werden kann.
88 
(4) Der Senat kann offen lassen, wie weitere der vom Kläger angestrebten vertraglichen Regelungen rechtlich zu beurteilen sind. Am Beispiel von drei Einzelregelungen hat die Prüfung ergeben, dass diese (Entwurfs-)Be-stimmungen auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht eingefordert werden können. Da mit dem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, „den“ als Anlage 1 zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Vertrag zu schließen, genügt zur Abweisung der Klage insoweit, dass eine bestimmte vertragliche Regelung von der Beklagten nicht geschuldet ist. Dieser Befund hat sich hier gleich in drei Punkten herausgestellt. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Abgabe der eingeforderten Willenserklärung zum Vertragsschluss nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht beanspruchen. Der Hauptantrag ist unbegründet.
89 
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger mit dem 4. Hilfsantrag die Mitbenutzung der in dem Antrag aufgelisteten Entsorgungseinrichtungen und die Pflicht der Beklagten zur Entrichtung eines in Anlehnung an kommunalabgabenrechtliche Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips zu berechnenden angemessenen Entgelts festgestellt wissen will. Den ersten drei Hilfsanträgen muss der Erfolg versagt bleiben. Der 5. Hilfsantrag ist nicht zu bescheiden, da der 4. Hilfsantrag Erfolg hat.
90 
a) Die Pflicht der Beklagten zur Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers für die PPK-Abfälle ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008.
91 
aa) Der Kläger ist berechtigt, die Mitbenutzungspflicht einzufordern. Er ist in seinem Landkreisgebiet „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“. Dies ergibt sich aus § 20 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG und § 6 Abs. 1 LAbfG.
92 
bb) Die Mitbenutzungspflicht trifft das „System“ im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008, also den Systembetreiber (vgl. Satz 2). Das ist die Beklagte. Die am 22. Dezember 1992 vom Umweltministerium Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 3 VerpackV 1991 getroffene Systemfeststellung („regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet“) gilt nach wie vor. Die Feststellung der „Rechtstatsache“ (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 82) hat bislang keine Änderung erfahren. Die Systemfeststellung, die rechtsdogmatisch einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 93 f.; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 70), bleibt wirksam (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), solange sie nicht widerrufen ist (vgl. § 6 Abs. 6 VerpackV 2008). Ein Widerruf ist bislang nicht ausgesprochen worden. Dies hat das Landesumweltministerium (gegenüber dem Kläger) ausdrücklich bestätigt.
93 
cc) Gegenstand der Mitbenutzung sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „Einrichtungen“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die vom Kläger im 4. Hilfsantrag vorgenommene Auflistung (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge – jeweils mit genauer Spezifizierung) erfüllt diese Voraussetzung.
94 
(1) Die von der Beklagten erhobenen Einwände, die darauf hinauslaufen, nur die Erfassungsgefäße dem Begriff der Einrichtung zuzuordnen, überzeugen nicht. Der Begriff „Einrichtungen“ ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst als Sachgesamtheit sächliche und personelle Substrate, die in einem funktionalen Sinne der „Sammlung“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dienen (Bonk a.a.O. S. 28). Es geht um Einrichtungen der Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger. Folglich ist zur Begriffsbestimmung, da die Verpackungsverordnung dazu nichts sagt, auf das kommunalrechtliche Verständnis des Begriffs „Einrichtung“ (§ 10 Abs. 2 S. 1 GemO, § 2 Abs. 2 LKrO) zurückzugreifen. Darunter ist eine organisatorische Zusammenfassung sächlicher und personeller Mittel zu verstehen, welche die kommunale Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben geschaffen hat und Berechtigten zur unmittelbaren Benutzung zur Verfügung stellt (VGH BW, Urt. v. 9.1.1996 – 2 S 2757/95 – NVwZ-RR 1997, 123).
95 
Abfallrechtlich korrespondiert mit diesem weiten Begriffsverständnis am ehesten der Begriff „Sammelsysteme“ (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), der offenbar in der Sache nichts anderes meint als der Begriff „Einrichtungen“. Zutreffend wird im Schrifttum betont, dass „Einrichtungen“ nach der Systematik der Verpackungsverordnung alle Bestandteile des öffentlichen Sammelsystems im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 sind (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft, dass die vom Kläger aufgelisteten Vorrichtungen (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge) und die zur Sammlung der PPK-Abfälle einzusetzenden Personen „Einrichtungen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 sind. Davon geht letztlich auch die Beklagte in ihrem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag (Bl. 159 f. d. A.) aus. Unberührt von der Begriffsbestimmung bleibt die – eigenständig zu beantwortende (vgl. unten II. 2. a dd) – Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Mitbenutzung.
96 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht etwa „einrichtungsbezogen“ dergestalt restriktiv zu deuten, dass tatbestandlich nur solche „Einrichtungen“ erfasst würden, in die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schonvor Einrichtung eines Dualen Systems investiert hatte. Diese Ansicht wird – unter Hinweis auf den Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 („vorhandene“ Sammelsysteme) und den vom Bundesrat 1991 intendierten Investitionsschutz der Kommunen (BR-Drucks. 236/91 S. 16) – zur gebotenen Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) in Rechtsprechung und Schrifttum ebenfalls vertreten (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 58, 60; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 68; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 57). Dieser Prämisse folgt die These, da der Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht weiter gehen könne als die Abstimmungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008, sei sie grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Systemeinrichtung vorhandenen Sammeleinrichtungen beschränkt (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58, mit Relativierung zur Erneuerung von Sammelbehältnissen). Nach diesem restriktiven Verständnis könnte die Mitbenutzungspflicht bezüglich der im Jahr 2008 vom Kläger eingeführten „Blauen Tonnen“ in Frage gestellt werden.
97 
Diese Auffassung verkennt, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber um ein Dauerrechtsverhältnis handelt, so dass sich eine statische Betrachtung von vornherein verbietet (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1427). Dass die Verpackungsverordnung selbst von einer Dauerrechtsbeziehung ausgeht, ergibt sich unzweideutig aus § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008; denn die Anpassungsklausel macht nur Sinn, wenn und weil die Abstimmung kein punktuelles Ereignis ist. Es macht auch wenig Sinn, der Fünften Novelle zur Verpackungsverordnung von 2008 zu unterstellen, der Begriff „vorhanden“ beziehe sich auf die Anfang der 1990er Jahre existenten Sammelsysteme (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14, nennt eine solche Deutung „unsinnig“). Der Begriff „vorhanden“ lässt sich in zeitlicher Hinsicht sinnvoll nur so verstehen, dass es auf den Zeitpunkt und Zeitraum der Abstimmung bzw. (im vorliegenden Zusammenhang) der Mitbenutzung(sregelung) ankommt. Beim Neuerlass der Verpackungsverordnung 1998 hat der Bundesrat zur Begründung der von ihm durchgesetzten Einfügung der Sätze 3 bis 8 in § 6 Abs. 3 VerpackV 1998 zutreffend die „ständige Abstimmung zwischen einem privaten Systembetreiber und der Kommune“ eingefordert, weil nur so eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungsabfällen gewährleistet werden könne (BT-Drucks. 13/10943 S. 34). Dies macht deutlich, dass der entstehungsgeschichtliche Hinweis zur Verpackungsverordnung 1991 Sinn und Zweck der Abstimmung nach den Verpackungsverordnungen 1998 und 2008 nicht vollständig erfasst (OVG NW a.a.O.; ferner Bonk a.a.O. S. 26: „kein bundesrechtliches Verbot zum Ausbau und zur Neugründung bisher nicht vorhandener öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme“). Nichts anderes gilt für die Mitbenutzung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, zumal der Verordnungstext dazu nicht einmal die Einschränkung „vorhandene“ Einrichtungen vornimmt.
98 
dd) Die vom Kläger verlangte Mitbenutzung seiner Einrichtungen ist im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 für die Sammlung von Materialien der in Anhang I zu § 6 genannten Art auch „erforderlich“. Die Mitbenutzung muss nicht etwa, wie die Beklagte meint, „unerlässlich“ sein. Dies fordert der Verordnungstext gerade nicht. Zudem kommt es bei der Beurteilung dessen, was „erforderlich“ ist, nicht einseitig auf die Sicht des Systembetreibers an; zur Beurteilung ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen (Bonk a.a.O. S. 28). Danach ist die „Erforderlichkeit“ – jedenfalls – dann zu bejahen, wenn die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die (Mit-)Er-fassung von Verkaufsverpackungen tatsächlich benötigt werden (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte im Entsorgungsgebiet des Klägers über ein eigenes, operativ agierendes PPK-Erfassungssystem nicht verfügt. Die Beklagte ist auf die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers daher angewiesen.
99 
Hiergegen verfängt der Einwand der Beklagten, sie könne ein eigenes Sammelsystem aufbauen und die Sammlung der PPK-Fraktion selbst durchführen, nicht. Das mag technisch möglich sein. Um die „Erforderlichkeit“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 verneinen zu können, muss die Einrichtung eines eigenen Sammelsystems der Beklagten jedoch auch rechtlich möglich sein. Daran fehlt es hier. In der „Abstimmungserklärung“ der Beteiligten vom 2./14. Juli 1992 ist unter III. 1. in Satz 1 und 2 bestimmt:
100 
„Für den Bürger gibt es nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem. Das Duale System sammelt alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen ‘Grüner Punkt‘ ein sowie nach näherer Absprache zwischen dem Landkreis ... und der ..., die auch einen Kostenausgleich erhält, auch alle anderen Wertstoffe, die für den gleichen Verwertungsweg wie die einschlägigen Verpackungsmaterialien geeignet sind.“
101 
Der Senat kann unentschieden lassen, wie diese „Abstimmungserklärung“, die von Vertretern beider Seiten unterzeichnet worden ist (Landrat für den Kläger, Geschäftsführer für die Beklagte), rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Die Verpackungsverordnung normiert für die „Abstimmung“ keine bestimmte (verwaltungsrechtliche) Handlungsform (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 VerpackV 2008); damit besteht Wahlfreiheit zwischen einem Abstimmungsvertrag und einer einseitigen Abstimmungserklärung (Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 400; Bonk a.a.O. S. 24 f.). In jedem Fall führt die getroffene „Abstimmung“ zu einer verwaltungsrechtlichen Sonderverbindung („verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“), die ein Dauerrechtsverhältnis darstellt (OVG NW a.a.O.; Baars, NVwZ 2000, 42, 43; Bonk a.a.O. S. 33 und S. 44). Solange eine getroffene „Abstimmung“ nicht geändert, gekündigt oder auf andere Weise aufgehoben worden ist, gilt sie fort und bestimmt die Rechte und Pflichten der Beteiligten im betroffenen Entsorgungsgebiet (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 55).
102 
An die in der „Abstimmungserklärung“ getroffene Festlegung auf „nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem“ im Landkreisgebiet des Klägers ist die Beklagte nach wie vor rechtlich gebunden. Dass sie nach der Verpackungsverordnung an sich ein eigenes PPK-Sammelsystem aufbauen könnte, führt hier nicht weiter, solange die mit dem Kläger getroffene „Abstimmung“ rechtlich Bestand hat. Das ist unstreitig der Fall. Die Absichtsbekundung der Beklagten vom 7. Februar 2011, ein eigenes System zur Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen im Entsorgungsgebiet des Klägers aufbauen zu wollen, hat dieser zurückgewiesen. Eine Änderung der „Abstimmungserklärung“ hat demnach bislang nicht stattgefunden. Auch eine Anpassung der „Abstimmung“ auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 ist bisher nicht vorgenommen worden. Ist demnach die „Abstimmungserklärung“ von 1992 in Bezug auf das eine Sammelsystem im Entsorgungsgebiet des Klägers unverändert bestimmend, ist die Beklagte am Aufbau eines eigenen Sammelsystems rechtlich gehindert. Folglich ist die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nach wie vor „erforderlich“.
103 
Die rechtliche Bindung der Beklagten an die „Abstimmungserklärung“ von 1992 – mit der Folge der „erforderlichen“ Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers – entfällt nicht etwa deshalb, weil jene Abstimmungserklärung auch Sachverhalte regelt, die über die verordnungsrechtlich gebotenen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Verpackungsverordnung unterscheidet seit jeher zwischen notwendigen und sonstigen Inhalten der Abstimmung. Die notwendigen Inhalte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 4 und 7 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 1 und 4 VerpackV 2008) sind Voraussetzung für die Systemfeststellung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 6 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 6 i. V. m. Satz 11 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008). Den Beteiligten steht es aber frei, in die Abstimmung weitere Punkte einzubeziehen und diese zu regeln (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zulässig ist insbesondere die Verständigung auf ein Erfassungssystem in dem betreffenden Entsorgungsgebiet. Dadurch kann – im beiderseitigen Interesse – die Zerschlagung bestehender Entsorgungsstrukturen verhindert und der Aufbau – kostspieliger – Doppelstrukturen vermieden werden (Bonk a.a.O. S. 26).
104 
Die Beklagte musste sich demnach nicht auf die Regelung einlassen, dass im Entsorgungsgebiet des Klägers nur ein Erfassungssystem für die PPK-Verpackungsabfälle vorgehalten wird, aber sie durfte diese Regelung eingehen. Dann aber ist sie, solange die getroffene Abstimmung Bestand hat, rechtlich gebunden. Dass eine Vereinbarung über die Entgelthöhe in der „Abstimmungserklärung“ nicht getroffen worden ist, ist rechtlich unerheblich; denn die Festlegung der Höhe von Mitbenutzungsentgelten ist nicht notwendiger Bestandteil der Abstimmung (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56 und RdNr. 61). Das zeigt nicht nur der Vergleich zwischen § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5 VerpackV 2008, sondern auch die in Abs. 4 Satz 7 getroffene Bestimmung; der Verordnungsgeber gibt danach unmissverständlich zu erkennen, wann die „Abstimmung“ mit der Entgeltfrage verkoppelt ist und wann die Entgeltregelung erst auf der Ebene der „Mitbenutzung“ relevant wird. Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Hier geht es nur um die – zu bejahende – Frage der Bindung der Beklagten an die 1992 getroffene „Abstimmungserklärung“.
105 
ee) Das Verlangen des Klägers nach Mitbenutzung eigener Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler. Während die „Abstimmung“ mit den verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestgehalten geboten und Voraussetzung für die Systemfeststellung ist, hat der Verordnungsgeber die „Mitbenutzung“ einer bloßen „kann“-Regelung unterworfen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist folglich nicht verpflichtet, den Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geltend zu machen; ihm ist verordnungsrechtlich eine Befugnis hierzu eingeräumt. Von dieser Berechtigung des Hoheitsträgers muss insbesondere willkürfrei Gebrauch gemacht werden; auch das Übermaßverbot ist zu beachten, soweit ihm jenseits des Merkmals „erforderlich“ in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 noch eine Direktionskraft zukommt.
106 
Die über die bloße „Abstimmung“ von nebeneinander bestehenden Sammelsystemen hinausgehende „Mitbenutzung“ eines vorhandenen Systems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere dann rechtsfehlerfrei verlangt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für eine bestimmte Entsorgungsaufgabe (wie bei der PPK-Fraktion) ohnehin zuständig bleibt (dazu oben II. 1. b bb (3) (a)), so dass (an sich) in einem bestimmten Entsorgungsgebiet die Entsorgung durch einen privaten Systembetreiber und die kommunale PPK-Entsorgung aufeinandertreffen (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 53 unter Hinweis auf Bundeskartellamt, Beschl. v. 6.5.2004, Az.: B 10-37202-N-97/02-1, RdNr. 72). In einer solchen Konstellation kann in dem Dauerrechtsverhältnis der Verzicht auf eine Errichtung von Doppelstrukturen, obwohl von der Verpackungsverordnung nicht verboten, in hohem Maße sachangemessen sein, da der Sorge des Verordnungsgebers, dass sich „ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Erfassungssystemen“ negativ auf die ordnungsgemäße Abfallentsorgung auswirken kann (BT-Drucks. 13/10943 S. 34), von vornherein die Grundlage entzogen wird. Der Einwand der Beklagten, es finde eine unzulässige „Rekommunalisierung“ der Entsorgung von PPK-Abfällen statt, geht folglich ins Leere – abgesehen davon, dass es sich dabei um keinen von der Verpackungsverordnung verwendeten Rechtsbegriff handelt.
107 
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kläger verlangte Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen nicht nur „erforderlich“, sondern – da die Beklagte über ein eigenes operativ agierendes System nicht verfügt – sogar unabweisbar ist. Die Geltendmachung des Mitbenutzungsanspruchs gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 durch den Kläger ist daher angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage (insbesondere „Abstimmungserklärung“) in jeder Hinsicht (sach)angemessen.
108 
b) Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Entscheidung zur Herausgabe von Abfällen an die Beklagte findet in der Verpackungsverordnung keine Grundlage. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten werden verordnungsrechtlich durch § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 geprägt; Regelungsgegenstände sind die Abstimmung (Satz 1 bis 4, Satz 9 und 11), die Übernahme bzw. Mitbenutzung von Einrichtungen (Satz 5 und 6), die Erfassung stoffgleicher Nicht-Verpackungsabfälle (Satz 7), die Mitfinanzierung spezifischer kommunaler Angebote durch den Systembetreiber (Satz 8) und die Unterwerfung unter eine Abstimmung (Satz 10). Die Aufteilung von PPK-Abfällen zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist in der Verpackungsverordnung keiner Regelung unterzogen und damit der Vereinbarung der Beteiligten überlassen. Mangels rechtlicher Grundlage kann der Kläger daher eine bestimmte Aufteilung der PPK-Verkaufsverpackungen nicht beanspruchen. Schon aus diesem Grunde ist der 1. Hilfsantrag unbegründet.
109 
c) Der Kläger hat jedoch gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 einen Anspruch darauf, dass das von der Beklagten für die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen zu leistende „angemessene Entgelt“ in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen sowie unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips ermittelt wird. Dies muss allerdings nicht zwingend nach dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zu der Berufungsbegründungsschrift geschehen. Der 2. Hilfsantrag ist demnach unbegründet, ebenso der das Kooperationsprinzip ausblendende 3. Hilfsantrag, der 4. Hilfsantrag ist hingegen begründet; der 5. Hilfsantrag ist nicht mehr zu bescheiden.
110 
aa) Der Verordnungsgeber hat keine Begriffsbestimmung zu dem Merkmal „angemessenes Entgelt“ vorgenommen. Er hat nicht einmal Parameter aufgezeigt, anhand derer die Rechtsanwendung eine Orientierung finden könnte. Auch die Materialien geben keinen Aufschluss darüber, wie die „Angemessenheit“ des Entgelts ermittelt werden soll (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991, BT-Drucks. 13/10943 S. 26 und S. 34 zur VerpackV 1998, BT-Drucks. 16/7954 S. 21 zur VerpackV 2008). Sicherlich zutreffend ist der Hinweis, dass auf den Einzelfall abzustellen und nach Maßgabe der für die Schaffung und Unterhaltung der mitbenutzten Einrichtungen entstehenden Kosten und des Maßes der Inanspruchnahme zu urteilen ist (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Damit ist aber lediglich eine erste Groborientierung gegeben, die noch keine in Zahlen auszudrückende Ermittlung des Entgelts erlaubt.
111 
Ein einseitiges Bestimmungsrecht ist keinem der Beteiligten durch die Verpackungsverordnung eingeräumt. Der Rückgriff auf § 315 Abs. 3 BGB (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428: Rechtsgedanke von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann herangezogen werden) ist schon im Zivilrecht nicht voraussetzungslos möglich; denn die §§ 315 ff. BGB sind nicht anwendbar, soweit die Leistung durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann (BGH, Urt. v. 4.4.2006 – XZR 122/05 – NJW 2006, 2472; Stadler, in: Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, § 315 RdNr. 3 m. w. Nachw.). Für die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 bedeutet dies, dass eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ nur in Betracht kommt, wenn andere, näherliegende Methoden zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nicht zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu. Jedenfalls das Kommunalabgabenrecht bietet maßgebliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ähnliches könnte für ein strukturiertes und systematisch aufbereitetes Preisbildungsmodell nach Wettbewerbsgesichtspunkten gelten, dessen Entwicklung der Beklagten obliegt.
112 
bb) Soweit der Kläger die Entsorgungsverantwortlichkeit für PPK-Abfälle nach § 20 KrWG behält, erfolgt die Gebührenberechnung nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW). Es liegt daher nahe, im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ jedenfalls auch auf die kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zurückzugreifen (Bonk a.a.O. S. 29). Denn wenn ein bestimmtes Sammelsystem sowohl vom privaten Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) als auch von Abfallerzeugern und Abfallbesitzern (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) genutzt wird bzw. genutzt werden kann, spricht zunächst alles dafür, dass die Zahlungspflichten der einzelnen Nutzer nach denselben Kalkulationsgrundsätzen ermittelt werden. Im eigenverantwortlichen Entsorgungsbereich des Klägers sind §§ 13 ff., 18 KAG BW maßgebend.
113 
Die Heranziehung der kommunalabgabenrechtlichen Vorgaben kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht gleichsam „eins zu eins“ erfolgen. Denn die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschieht nicht, wie im Kommunalabgabenrecht üblich, im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses, sondern – jedenfalls dem Grunde nach – in einer Verhandlungssituation. Deshalb ist zur Bemessung des Entgelts lediglich eine Orientierung an den gebührenrechtlichen Grundsätzen (unter Einschluss des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips) angezeigt (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 72; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Das § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 prägende Kooperationsprinzip darf daneben nicht unberücksichtigt bleiben.
114 
Schon diese Relativierung entkräftet den Einwand der Beklagten, auf das (hoheitliche) Kommunalabgabenrecht dürfe wegen des hier geltenden verpackungsrechtlichen Konsensualprinzips nicht zurückgegriffen werden. Denn die bloße Orientierung am Kommunalabgabenrecht verleiht der Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ einerseits zwar System, Kontur und Substanz (und ist damit der bloßen „Billigkeit“ entsprechend § 315 Abs. 3 BGB deutlich überlegen), lässt andererseits jedoch Raum für Verhandlungen, Abweichungen und Kompromisse (in diesem Sinne versteht der Senat die zuletzt nochmals von dem Kläger präzisierte Haltung, Bl. 625 d. A.). Unabhängig davon wäre die Einlassung der Beklagten mindestens missverständlich, wenn sie das „Konsensualprinzip“ im Sinne einer strikten Rechtsregel verstanden wissen wollte. Im Rechtssinne wird das auf die Verpackungsverordnung gemünzte „Kooperationsprinzip“ seit jeher als generelles Leitbild und allgemeine Ordnungsidee verstanden (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 – E 98, 106, 130 f.; VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239); das gilt ebenso für § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 97). Im Übrigen schließt das grundsätzlich vom Gedanken der Kooperation und des Konsenses geprägte Verhältnis zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Rückgriff auf das Ordnungsrecht bei fehlendem oder ungenügendem Zusammenwirken der Kooperationspartner keineswegs aus (VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 69). Folgerichtig betont der Verordnungsgeber, dass sich der ordnungsrechtliche Ansatz und das Kooperationsprinzip in der konkreten positivrechtlichen Ausprägung ergänzten (BT-Drucks. 13/10943 S. 19 zu § 6 Abs. 3 VerpackV 1998; zuvor ebenso BT-Drucks. 13/5999 S. 14 und BT-Drucks. 13/7761 S. 17). Ausweislich des geltenden Rechts ist es daher nicht zutreffend, einseitig das Kooperations- oder Konsensualprinzip als Leitmaxime in den Vordergrund zu schieben (Koch, NVwZ 1998, 1155, 1157; Sproll, UPR 1999, 129, 132).
115 
Erfolgt die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV somit in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen, kann nur dem 4. Hilfsantrag stattgegeben werden, während dem 3. Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben muss. Denn dieser Antrag will das Entgelt nach einem bestimmten Kalkulationsmuster ermitteln. Konsensuale Elemente in dem hier skizzierten Sinne werden – zu Unrecht – nicht berücksichtigt.
116 
cc) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Einigung zwischen den Beteiligten auf der Grundlage dieses Urteils möglich, auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage geboten und im Interesse der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung wünschenswert ist. Das betrifft insbesondere die Methodik, also die Berechnungsschritte, sowie die Maßstäblichkeit des Volumen- bzw. Masseanteils der PPK-Fraktion. Die anzustrebende vertragliche Übereinkunft setzt allerdings eine echte Verständigungsbereitschaft und einen wirklichen Einigungswillen voraus. Beides ist seit etwa vier Jahren nicht in dem notwendigen (Mindest-)Maß ausgeprägt. Könnte nun auch nach der Durchführung dieses „Musterverfahrens“ eine Mitbenutzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden, müsste nach Überzeugung des Senats der Verordnungsgeber im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „nachsteuern“. Ob dies für die Beteiligten die bessere Lösung wäre, mag dahinstehen.
117 
Der Kläger hat auf der Grundlage des Kommunalabgabenrechts ein strukturiertes, methodisch reflektiertes und mit inhaltlicher Substanz angereichertes Berechnungsmodell zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorgelegt. Dadurch wird die öffentlich-rechtliche Rationalität der Preisbildung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte hat ein vergleichbares privatwirtschaftlich geprägtes „Gegenmodell“ bislang nicht präsentiert; wird das Kooperationsprinzip ernst genommen, obliegt es der Beklagten, nicht nur punktuell zur Entgeltermittlung Stellung zu nehmen, sondern einen ausgearbeiteten Vorschlag dem Modell des Klägers entgegenzustellen. In der mündlichen Verhandlung ist seitens der Beklagten pointiert zum Ausdruck gebracht worden, dass sie klare Vorstellungen zum „angemessenen Entgelt“ habe, die im Wettbewerb erzielbaren Entgelte kenne und über Expertise zur Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen verfüge. Auf dieser Grundlage sollte es der Beklagten möglich sein, zwecks Aktualisierung des Kooperationsprinzips ein kohärentes Gesamtkonzept zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorzulegen; andernfalls müsste es mit der Orientierung am Kommunalabgabenrecht sein Bewenden haben.
118 
Zu einem Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist die Frage nach dem Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten für die PPK-Fraktion im Entsorgungsgebiet geworden. Die Beklagte sieht ihre Verantwortlichkeit begrenzt auf die von ihr lizenzierten Verkaufsverpackungen. Diese Sichtweise wird in der Rechtsprechung – in Bezug auf eine Abstimmungsvereinbarung – geteilt (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1429). Demgegenüber wird betont, angesichts der umfassenden Verwertungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV 2008 sei es als angemessen anzusehen, wenn von den dualen Systemen auch eine Kostenbeteiligung für die Miterfassung nicht lizenzierter Verpackungen verlangt werde (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Der Senat weist darauf hin, dass diese Frage für die Beteiligten geklärt ist. Nicht nur die „Abstimmungserklärung“ schreibt unter III. 1. Satz 2 fest, dass das Duale System, also die Beklagte, alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen „Grüner Punkt“ einsammelt, auch die Systemfeststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992 trifft dazu eine eindeutige Regelung. Dort heißt es (S. 13 sub 5.): „Das System muß dabei alle Verkaufsverpackungen erfassen, unabhängig ob sie den 'Grüner Punkt' tragen“; ausdrücklich ausgenommen werden lediglich „Verpackungen, die üblicherweise und typischerweise nur bei industriellen und gewerblichen Endverbrauchern anfallen“. Diese Rechtsfolge der Systemfeststellung gilt uneingeschränkt. Weder hat bislang eine Anpassung der Abstimmungserklärung an veränderte Rahmenbedingungen (§ 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008) stattgefunden, noch ist die Systemfeststellung verändert worden. Die Beklagte ist folglich nach wie vor in der umfassenden Verantwortlichkeit für die Einsammlung der PPK-Abfälle im Entsorgungsgebiet des Klägers.
B.
119 
Die Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben.
120 
Dies ergibt sich für ihren Hauptantrag ohne Weiteres aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des hinsichtlich der Mitbenutzungspflicht im Wesentlichen spiegelbildlichen 4. Hilfsantrags des Klägers (s.o. II.2.). In Bezug auf den Hilfsantrag der Beklagten, mit dem sie ihre etwaige Mitbenutzungspflicht unter den („Solange“-) Vorbehalt des Aufbaus einer eigenen Sammlungsinfrastruktur stellen will, folgt dies aus den obigen Darlegungen zur auf unabsehbare Zeit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Erforderlichkeit der Mitbenutzung (s.o. II.2.a)dd)).
121 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Sache hat der Kläger überwiegend obsiegt; er ist mit der Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs erfolgreich gewesen und hat außerdem erreicht, dass die Beklagte für die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers ein jedenfalls auch nach kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen zu ermittelndes angemessenes Entgelt zu entrichten hat.
122 
Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil zentrale Rechtsfragen zu § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht geklärt sind und daher höchstrichterlich entschieden werden müssen. Der Rechtsstreit ist von den Beteiligten als „Musterverfahren“ angelegt und geführt worden; ihm kommt eine überregionale Bedeutung zu.
123 
Beschluss vom 24. Juli 2012
124 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 und 2 sowie 52 Abs. 1 GKG auf1.200.000,00 EUR festgesetzt.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
52 
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Feststellungsbegehren im 4. Hilfsantrag begründet, im Übrigen ist sie unbegründet (A). Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (B).
A.
I.
53 
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch in Bezug auf die Modifizierung der Anträge durch die Klägerin im Berufungsverfahren; es kann dahinstehen, ob im Rechtssinne eine Klageänderung vorliegt und diese sachdienlich wäre (§ 91 Abs. 1 VwGO), da sich die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO auf die Klage mit den modifizierten Anträgen eingelassen hat, ohne zu widersprechen.
54 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für die vorliegende Streitigkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswegfrage im angefochtenen Urteil geprüft und bejaht, aber keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) getroffen, obwohl die Beklagte Bedenken gegenüber einer Bejahung des Verwaltungsrechtswegs geäußert hatte. Wären die von der Beklagten bekundeten Zweifel nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zu werten, hätte das Verwaltungsgericht keine Vorabentscheidung zum zulässigen Rechtsweg treffen müssen, so dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft würde, ob der beschrittene (Verwaltungs-)Rechts-weg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
55 
Greift § 17a Abs. 5 GVG, wovon hier auszugehen ist, nicht ein, weil die Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG trotz einer Rüge der Beklagten (vgl. Bl. 341 d. A. des VG) – zu Unrecht – unterblieben ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des Öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Ehlers, in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 21 RdNr. 66, m. w. Nachw.). Der Kläger stützt seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen seines Abfallwirtschaftsbetriebs auf § 6 Abs. 4 Satz 5 der Verpackungsverordnung in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 2. April 2008 (BGBl I S. 531) – VerpackV 2008 –, der im wesentlichen § 6 Abs. 3 Satz 8 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379) – VerpackV 1998 – entspricht. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich, ebenso wie bei § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 (Recht der Systembetreiber auf Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers), um Regelungen des Öffentlichen Rechts (OVG NW, Urteil vom 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – UA S. 11 f.; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Berechtigtes Zuordnungssubjekt des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ist ausschließlich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und damit ein Träger von Hoheitsgewalt als solcher. Der Kläger nimmt damit das „Amtsrecht des Staates als Sonderrecht“ für sich in Anspruch (vgl. zu diesem Aspekt Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 77), stützt das Klagebegehren und den Klagegrund also nicht auf eine „Jedermann“ (als Privatrechtssubjekt) berechtigende Norm, so dass der Streit der Beteiligten um den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist (zur öffentlich-rechtlichen Natur des Mitbenutzungsanspruchs vgl. Roder, Die Verpackungsverordnung, 2009, § 6 RdNr. 58). Nichts anderes ergibt sich, falls als streitentscheidende Regelung zusätzlich die zwischen den Beteiligten bestehende „Abstimmungserklärung“ heranzuziehen sein sollte. Sie begründet ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV 1998).
56 
Ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, soweit die Beteiligten um den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages und insbesondere die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers streiten. Der Kläger stützt auch den – von der Beklagten in Abrede gestellten – Anspruch auf Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, weil seiner Ansicht nach der Mitbenutzungsanspruch nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden kann. Streitentscheidende Norm ist demnach auch insoweit eine solche des Öffentlichen Rechts.
57 
Ob § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 tatsächlich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gewährt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Selbst wenn die Bestimmung nicht als Anspruchsgrundlage qualifiziert werden könnte oder die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein sollten, änderte dies im Rahmen der Rechtswegprüfung nichts daran, dass der vorliegende Streit um die Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist.
58 
2. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 1 VwGO bejaht. Da sich das nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu bestimmende Rechtsverhältnis immer auf eine konkrete Entsorgungsinfrastruktur eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in einem bestimmten (Kreis-)Gebiet bezieht, ist der Streit der Beteiligten mit einem ortsgebundenen Rechtsverhältnis im Sinne des § 52 Nr. 1 VwGO verknüpft.
59 
Sollten die im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) zu deuten sein, stellte sich die Zuständigkeitsfrage im Berufungsverfahren erst gar nicht (§ 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG). Jedenfalls hat die Beklagte in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlich geäußerten Zweifel an der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit nicht wiederholt.
60 
3. Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen statthaft.
61 
a) Der Hauptantrag ist auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages gerichtet. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, die zum Abschluss des der Berufungsbegründung vom Kläger beigefügten Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur führt. Für ein derartiges Begehren ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Rechtsschutzform (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 42 Abs. 1 RdNr. 153).
62 
b) Die Hilfsanträge sind in Gestalt der Feststellungsklage zulässig. Unter einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urt. v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – E 136, 54, 57 RdNr. 24). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein; für abstrakte, „gutachtliche“ Klärungen einer Rechtsfrage steht die Feststellungsklage nicht zur Verfügung. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt zudem voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, Urt. vom 25.3.2009 – 8 C 1/09 – NVwZ 2009, 1170).
63 
Diese Anforderungen des § 43 Abs. 1 VwGO sind hier erfüllt. Seit dem Jahr 2008 streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers zwecks Entsorgung von PPK-Abfällen verpflichtet ist und – gegebenenfalls – zu welchen Konditionen die Mitbenutzung erfolgt. Damit liegt ein Streit auf Grund eines konkreten Sachverhalts vor. Dieser Streit ist rechtlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu beurteilen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht somit.
64 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht etwa an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel steht im Dienste der Prozessökonomie und will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht, zumal der Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit fehlt (BVerwG, Urt. v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – E 111, 306, 308; Senat, Urt. v. 24.4.1990 – 10 S 560/89 – NJW 1990, 2145). Andererseits ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden; droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht die Subsidiaritätsklausel der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 5.12.2000 – 11 C 6/00 – E 112, 253, 256). So liegt der Fall hier: Eine Umgehungsgefahr in Bezug auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage besteht von vornherein nicht, weil eine dieser Klagen für das Begehren des Klägers nicht in Betracht kommt. Die allgemeine Leistungsklage ist nicht die sachnähere und wirksamere Klageart zur Durchsetzung des vom Kläger geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs. Im Gegenteil, die Beteiligten, die in einem Dauerrechtsverhältnis zueinander stehen, sehen in dem vorliegenden Rechtsstreit – mit Blick auf andernorts geführte ähnliche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ein „Musterverfahren“ (Bl. 499 d. A. des VG). Angesichts der konkreten Umstände kann mit der Feststellungsklage der zwischen den Beteiligten seit mehreren Jahren anhaltende Streit am wirksamsten, da dauerhaft und nachhaltig, geklärt werden.
65 
Dem Kläger fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dafür genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997, 3257, 3258). Das Gesetz verlangt, dass im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses zu bejahen ist (Senat, Urt. v. 9.1.2007 – 10 S 1386/06 – NJW 2007, 1706, 1708). Am Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Zweifel. Der Kläger hat sowohl ein rechtliches als auch ein wirtschaftliches Interesse an der autoritativ verbindlichen gerichtlichen Klärung der mit der Beklagten bestehenden Streitfragen. Dass das Interesse an der „baldigen“ Feststellung des Rechtsverhältnisses anzuerkennen ist, liegt angesichts des nun bereits über mehr als vier Jahre währenden Streits zwischen den Beteiligten auf der Hand.4. Der Kläger ist analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dafür genügt die Möglichkeit, dass der Kläger von der Beklagten das verlangte Verhalten (Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss, Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen zu den gewünschten Bedingungen) rechtlich einfordern kann. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Bundesrecht, nämlich der in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 getroffenen Regelung. Danach kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten subjektiven Rechte zustehen. Weitergehende Anforderungen an die Klagebefugnis bestehen nicht.
66 
5. Dem Kläger ist schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Klage zuzuerkennen. An der „Inanspruchnahme der falschen Gerichtsbarkeit“ (dazu Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 191) scheitert das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nur im Verwaltungsrechtsweg verfolgen kann; der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) steht insoweit von vornherein nicht offen. Ob es dem Kläger „eigentlich“ um ein bestimmtes Entgelt für die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte geht, ist in diesem Rechtsstreit ohne Bedeutung. Der Kläger hat eine Zahlungsklage gegen die Beklagte nicht erhoben. Der Gegenstand der Klage wird vom Kläger bestimmt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist – auch – vom Gericht zu respektieren (vgl. § 88 VwGO).
67 
Das Rechtsschutzbedürfnis scheitert nicht daran, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel auf andere Weise schneller, günstiger, einfacher durchsetzen könnte. Das wäre der Fall, wenn der Kläger seine auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gestützten Ansprüche durch Erlass eines Verwaltungsakts titulieren und erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung realisieren könnte (vgl. Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 189). Ein derartiges Vorgehen setzt allerdings voraus, dass die maßgebliche Rechtsnorm, hier also § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, oder eine spezielle Regelung zur behördlichen Handlungsform dem Verwaltungsträger die Befugnis einräumt, ein von ihm geltend gemachtes Recht einseitig durch Verwaltungsakt geltend machen und durchsetzen zu können (Senat, Beschl. v. 29.12.1989 – 10 S 2252/89 – VBlBW 1990, 225, 226; OVG LSA, Urt. v. 29.3.2006 – 1 L 149/03LKV 2006, 520, 521). Dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 VerpackV 1998) wird unter Hinweis auf die verordnungsrechtlich mehrfach eingeforderte „Abstimmung“ von Verhaltensweisen („Kooperationsprinzip“) eine derartige Verwaltungsakt-Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgesprochen (ausführlich VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66 ff.; ferner Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 401; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58). Die Beklagte selbst stellt einseitige Regelungsbefugnisse des Klägers nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Abrede. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung – Schutz der kommunalen Abfallwirtschaft gegenüber Nachteilen (BR-Drucks. 236/91 S. 16 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) – kann nicht entnommen werden, dass der Verwaltungsträger befugt sein soll, einen Mitbenutzungsvertrag mit dem Dualen System durch Verwaltungsakt zu dekretieren.
68 
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch nicht an der „Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes“ (zu dieser Kategorie Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 195). Das wäre nur der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden selbst im Falle eines Klageerfolges nicht verbessern würde. Davon kann hier keine Rede sein. Schon wenn einer der Hilfsanträge erfolgreich wäre, träte beim Kläger eine Verbesserung seiner rechtlichen Position ein, weil die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gerichtlich festgestellt wäre. Hätte sogar der Hauptsacheantrag Erfolg, würde sich die Stellung des Klägers außerdem dadurch verbessern, dass er seinen Vertragsentwurf durchgesetzt hätte und die Beklagte verpflichtet wäre, fortan nach den vom Kläger entworfenen vertraglichen Regeln zu handeln. Der angestrebte Rechtsschutz kann dem Kläger demnach im Erfolgsfall in doppelter Hinsicht von Nutzen sein.
II.
69 
Die Klage ist (nur) begründet, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung zur Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen und zur Entrichtung eines angemessenen Entgelts nach näherer Maßgabe des 4. Hilfsantrags begehrt; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
70 
1. Die auf den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrags – im Sinne des vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entwurfs – zielende Leistungsklage ist unbegründet. Zwar scheitert der mit der Klage gerichtlich geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass überhaupt keine Anspruchsgrundlage existierte (a); jedoch ist der vom Kläger vorgelegte Vertrag(sentwurf) von der ihn begünstigenden Regelung der Verpackungsverordnung nicht dergestalt gedeckt, dass von der Beklagten die Abgabe der zum Vertragsschluss notwendigen Willenserklärung verlangt werden kann (b).
71 
a) Zur Herleitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs beruft sich der Kläger auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger – von dem System(betreiber) gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 – die Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I (zu § 6) genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Diese Bestimmung entspricht § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Erforderlichkeit nach dieser früheren Fassung nicht nur auf die „Sammlung von Materialien“, sondern auch noch auf die „Sortierung von Materialien“ bezogen hatte. Zu erklären ist die Streichung der „Sortierung“ aus dem Verordnungstext mit der Herausnahme von Verwertungssystemen aus der Abstimmungsverpflichtung (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14), die § 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 – anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 – noch vorgesehen hatte. Die Rechtsqualität der alten wie der geltenden Norm als subjektives öffentliches Recht bleibt davon unberührt.
72 
aa) Schon der Wortlaut „können … verlangen“ macht deutlich, dass § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine subjektive Rechtsstellung einräumt, die einen Anspruch begründet (Hendler/Belz, GewArch 2009, 5, 8; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14; Bonk, Die Rechtsstellung der Kommunen nach der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379), VKS Dokumentation 2/99, S. 27 f.; Flanderka/Stroetmann/Sieberger, Verpackungsverordnung, 3. Aufl. 2009, § 6 RdNr. 72; ebenso zu § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008/§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1426; ferner VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66). Dass das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, als „Anspruch“ zu qualifizieren ist, macht § 194 Abs. 1 BGB – für die gesamte Rechtsordnung – unmissverständlich deutlich. Im Rechtssinne stellt § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) demnach eine Anspruchsgrundlage dar.
73 
bb) Die Entstehungsgeschichte bestätigt den Schutznormcharakter der Regelung zu Gunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Ein subjektives Recht ist gegeben, wenn eine Norm nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern – zumindest auch – dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist; über die Gewährung subjektiver Rechte entscheidet der Normgeber (Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2012, § 7 RdNr. 106 f.). Der Mitbenutzungsanspruch entsorgungspflichtiger Körperschaften hatte bereits Eingang in die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl I S. 1234) gefunden (§ 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991). Im Verordnungsentwurf der Bundesregierung war die Regelung noch nicht enthalten (vgl. BR-Drucks. 817/90 S. 7); sie ist erst auf Grund eines Vorstoßes des Bundesrates in die Verpackungsverordnung aufgenommen worden, und zwar mit der Begründung: „Die Regelung ist geboten, um wirtschaftliche Nachteile zulasten derjenigen kommunalen Gebietskörperschaften zu verhindern, die die genannten Systeme der kommunalen Abfallwirtschaft eingerichtet haben.“ (BR-Drucks. 236/91 S. 16). Der Schutzzweck der Mitbenutzungsvorschrift (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) zu Gunsten kommunaler Entsorgungsträger liegt danach auf der Hand.
74 
cc) Die systematische Auslegung bestätigt den Befund. Erstmals mit der Fünften Novelle der Verpackungsverordnung ist auch dem Systembetreiber ein Mitbenutzungsanspruch eingeräumt worden. Nach § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 können Systembetreiber von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verlangen, ihnen die Mitbenutzung ihrer Einrichtung gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten (vgl. zur Funktion dieser Neuregelung BT-Drucks. 16/7954 S. 21). Im Rechtssinne handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Mitbenutzungsanspruch des Systembetreibers (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 60). Angesichts des „Komplementärcharakters“ der Neuregelung zur vorausgegangenen Vorschrift (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 73) gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass beide Bestimmungen dieselbe rechtliche Qualität aufweisen: § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) und § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 stellen im Rechtssinne Anspruchsgrundlagen dar.
75 
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluss des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Mitbenutzungsvertrages besteht – jedenfalls deshalb – nicht, weil er von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht gedeckt ist (bb). Zweifel bestehen allerdings bereits in Bezug auf den geforderten Vertragsabschluss als solchen (aa).
76 
aa) Der Anspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zielt auf die „Mitbenutzung“ bestimmter kommunaler Entsorgungseinrichtungen und auf ein „angemessenes Entgelt“, das der Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Mitbenutzung der Einrichtungen leistet. Der Kläger begehrt indes auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 den Abschluss eines Vertrages. Diesen Anspruchsinhalt kennt die Bestimmung nicht. Das Begehren liegt deshalb außerhalb der im Verordnungstext vorgesehenen Rechtsfolge und ist vom Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt.
77 
Der Kläger meint, der Mitbenutzungsanspruch könne nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden; zudem sei die Angemessenheit des Entgelts für die Benutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen ein untrennbarer Bestandteil des Mitbenutzungsanspruchs. Zwingend ist das nicht. Die Systematik des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 lässt auch die Deutung zu, dass die Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen – ohne gesonderten Vertrag – durch den Systembetreiber rein tatsächlich erfolgt oder, sofern eine rechtliche Absicherung des Realgeschehens vorgenommen wird, die entsprechende Regelung in der Abstimmungsvereinbarung (§ 6 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VerpackV 2008) getroffen wird. Dem Verordnungstext lässt sich auch kaum ein Junktim zwischen der „Mitbenutzung“ und dem „angemessenen Entgelt“ entnehmen. Indem nach Ermessen („können“) zu entscheiden ist, ob die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen vom Systembetreiber verlangt wird und ob dafür ein (vertraglich vereinbartes) angemessenes Entgelt eingefordert werden soll, eröffnet § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einen gesonderten Vertragsabschluss ist die Bestimmung nicht unbedingt ausgerichtet. In den Materialien findet sich dazu kein Hinweis (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991; BT-Drucks. 13/10943 S. 19, 26 und 34 zur VerpackV 1998; BT-Drucks. 16/7954 S. 15 und 21 zur VerpackV 2008).
78 
Der Senat verkennt nicht, dass die skizzierte Rechtslage unbefriedigend und die Verpackungsverordnung in dem hier relevanten Punkt wenig anwendungsfreundlich ausgestaltet ist, weil der Abschluss eines Vertrages, der – sofern zur Rechtsnatur nichts anderes vereinbart würde – öffentlich-rechtlicher Natur wäre (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15), für die praktische Handhabung des § 6 Abs. 4 Satz 5 (und Satz 6) VerpackV 2008 zweckmäßig sein könnte und zur Rechtssicherheit beitrüge. Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 Abs. 2 LV BW) erlaubt es dem Senat jedoch nicht, in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ein bestimmtes Handlungsformgebot hineinzuinterpretieren, für das es keinen rechtlichen Anhaltspunkt in der Verpackungsverordnung bzw. in den Materialien gibt. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber ausweislich der in § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zur „Abstimmung“ getroffenen Vorschriften deutlich gemacht hat, wann welche formalen Vorgaben im Verhältnis zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuhalten sind.
79 
bb) Die Frage des Vertragsschlusses (in der Form des § 57 LVwVfG) kann letztlich offen bleiben, da der Kläger einen Vertrag einfordert, der inhaltlich über die Maßgaben des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 hinausgeht. Auf freiwilliger Basis können die Beteiligten eine derartige Vereinbarung als Austauschvertrag (§ 56 LVwVfG) treffen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 LVwVfG). Beanspruchen kann der Kläger nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 jedoch nur eine solche Übereinkunft, die sich im Rahmen der Verordnungsbestimmung hält und bezüglich derer die Verhandlungen und Gestaltungsspielräume (mit dem potentiellen Vertragspartner) dergestalt eingeschränkt sind, dass allein die begehrte Vereinbarung den widerstreitenden Interessen angemessen Geltung (vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) verschafft (ebenso zum Anspruch auf Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zur Mitbenutzung der „Blauen Tonnen“ OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428). Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat konzentriert seine Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.
80 
(1) Nach § 2 Abs. 4 des vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurfs liegt die Ausgestaltung des Erfassungssystems im alleinigen Ermessen des Landkreises, also des Klägers. Es erschließt sich nicht von selbst, warum in diesem wichtigen Punkt nicht das Einvernehmen oder wenigstens das Benehmen mit dem Vertragspartner, d. h. der Beklagten, hergestellt werden muss. Der Senat vermag nicht zu erkennen, zumal zu diesem Regelungsvorschlag keine Begründung ersichtlich ist, warum von der Beklagten das Einverständnis mit einem so einseitigen „Bestimmungsrecht“ des Klägers nach §§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschuldet sein soll.
81 
(2) Die Regelung (§ 3 des Vertragsentwurfs) zur Überlassung eines Teils des unsortierten Sammelgemischs an die..., also die Beklagte, könnte auf freiwilliger Basis getroffen werden. Aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 lässt sich der Vorschlag des Klägers nicht ohne weiteres und schon gar nicht zwingend ableiten; das betrifft sowohl Inhalt und Umfang der Überlassung als auch deren Modalitäten. Denkbar ist zudem auch eine Vereinbarung, die die Abfallverwertung bezüglich der PPK-Abfälle zu 100% dem Kläger überlässt und die Beklagte zu einem bestimmten Prozentsatz am Verwertungserlös beteiligt.
82 
Damit ist nichts zur Zweckmäßigkeit oder Vernünftigkeit der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung ausgesagt. Dies zu beurteilen, ist nicht die Aufgabe des Senats im vorliegenden Rechtsstreit, sondern Angelegenheit der (potentiellen) Vertragspartner. Da der Kläger jedoch die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages begehrt, so dass bei einer erfolgreichen Leistungsklage der Beklagten ein Vertrag mit einem bestimmten Inhalt aufgezwungen würde, muss zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststehen, dass zur Ausbalancierung der konfligierenden Interessen allein die vom Kläger vorgeschlagene Regelung in Betracht kommt. Derartiges lässt sich in Bezug auf § 3 des Vertragsentwurfs § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht entnehmen.
83 
(3) Der Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers unbefristet geschlossen werden; ein Kündigungsrecht wird nur dem Landkreis, also dem Kläger, eingeräumt (§ 5 des Vertragsentwurfs), nicht jedoch der... (d. h. der Beklagten). Eine solche Verteilung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Vertragsdauer lässt sich – gleichsam alternativlos – aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herleiten, so dass auch von daher die begehrte Abgabe der Willenserklärung der Beklagten zum Vertragsschluss nicht verlangt werden kann. Zwar wendet der Kläger – insoweit zutreffend (vgl. unten II. 2. a cc (2) und ee) – ein, dass die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) eine Dauerpflicht sei; daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Mitbenutzung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ebenfalls als eine auf Dauer angelegte, unbefristete und ohne Kündigungsrecht des Systembetreibers ausgestaltete Pflicht reglementiert werden muss. Ein derartiges Junktim, das der Kläger postuliert, ist weder von der Verpackungsverordnung vorgegeben (a) noch ohne weiteres mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungsvertragsrechts zu vereinbaren (b).
84 
(a) § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 unterscheidet rechtlich eindeutig zwischen „Abstimmung“ (bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Dualen System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 und vorhandenen Sammelsystemen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) und „Mitbenutzung“ (jener Sammelsysteme durch den privaten Systembetreiber). Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist und die Ebene der „Mitbenutzung“ vom Verordnungsgeber sachlich sinnvoll und praktisch handhabbar ausgestaltet worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden; dass Zweifel insoweit angebracht sind, zeigt der vorliegende Rechtsstreit.
85 
Hintergrund des geltenden Rechts ist die mit der Verpackungsverordnung getroffene konzeptionelle Entscheidung, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und der Privatwirtschaft zuzuordnen, die die Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher (sowie die Verwertung der Abfälle) einem behördlich festgestellten System überträgt, das verordnungsrechtlich einem abfallrechtlichen Sonderregime untersteht (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 94 und 95; HessVGH, Urt. v. 16.7.2003 – 6 UE 3127/01 – GewArch 2004, 36, 37 = ZUR 2004, 42, 43). Diese Systementscheidung hat der (Gesetz- bzw.) Verordnungsgeber jedoch nicht mit einem Wegfall der Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Entsorgung verwertbarer Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten verknüpft. Im Gegenteil, mangels Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die nicht an das private System zurückgegebenen Verpackungsabfälle nach § 20 Abs. 1 KrWG n. F. (subsidiär) zuständig und müssen insoweit ihrer gesetzlichen Entsorgungspflicht nachkommen (VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239; Baars, NVwZ 2000, 42, 44; ders., NVwZ 2002, 309; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 50). Diese „latente“ Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (so Baars, in: Fluck, KrW-/AbfG, 63. Lfg. Mai 2006, § 6 VerpackV RdNr. 105) bedingt die Vorhaltung eigener kommunaler Sammelsysteme. Idealtypisch ist in der Verpackungsverordnung das Nebeneinander von privater und öffentlicher Abfallwirtschaft angelegt, so dass zwei operativ agierende Systeme bestehen könn(t)en. Selbst der Kläger hat noch in der Klageschrift – allerdings überspitzt und in der Absolutheit, wie dargestellt, unzutreffend – die „alleinige Verantwortlichkeit der Systembetreiber für die in der Entsorgungsinfrastruktur erfassten Verkaufsverpackungen“ sowie „keine Entsorgungsverantwortlichkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ postuliert (Bl. 55 d. A. des VG). Operativ tätig werdende Sammelsysteme privater Systembetreiber sind in der Verpackungsverordnung angelegt und durch § 6 Abs. 3 VerpackV sogar nahegelegt. Vor diesem Hintergrund ist die beinahe „absolute“ Bindung an die Entsorgungsinfrastruktur des Klägers, die § 5 des Vertragsentwurfs versucht, im Sinne einer rechtlich gebotenen Pflichtigkeit der Beklagten mit der Verpackungsverordnung kaum zu vereinbaren, jedenfalls aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herzuleiten.
86 
Die Abstimmungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 besteht unabhängig davon, ob der Systembetreiber selbst mit einem eigenen Sammelsystemen operativ tätig wird oder die vorhandene kommunale Entsorgungsinfrastruktur mitbenutzt. Das aber bedeutet, dass der Systembetreiber verordnungsrechtlich frei darin ist, ein eigenes Sammelsystem einzurichten oder Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008, der jene Option voraussetzt, weil das in der Bestimmung normierte Wahlrecht ansonsten keinen Sinn macht). Ob und wie sich der Systembetreiber durch die Abstimmung (Abstimmungserklärung oder Abstimmungsvereinbarung, dazu unten II. 2. a dd) an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bindet (dazu unten II. 2. a ee), ist auf einer anderen rechtlichen Ebene angesiedelt. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Systembetreiber seine verordnungsrechtlich begründete Wahlfreiheit aufgeben und in einemMitbenutzungsvertrag eine Vereinbarung eingehen muss, wie sie der Kläger in § 5 seines Vertragsentwurfs vorschlägt.
87 
(b) Angesichts der Lückenhaftigkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Bezug auf Mitbenutzungsregelungen, die der Systembetreiber und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vereinbaren (können), ist zur Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzend auf §§ 54 ff. LVwVfG zurückzugreifen. Der Senat lässt offen, ob der Kläger mit seinem Vertragsentwurf die Anforderungen des § 56 LVwVfG (hinreichend) beachtet hat. Der Regelungsvorschlag des Klägers zu Vertragsdauer und Kündigung (§ 5 des Entwurfs) steht jedenfalls nicht in Einklang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, der jeder Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumt. Diese Bestimmung enthält zwingendes Recht, das durch Vertrag nicht abbedungen werden kann und nur durch vorrangige Spezialregelungen verdrängt wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 RdNr. 1). Eine derartige Spezialbestimmung kann (möglicherweise) in § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 gesehen werden. Diese Vorschrift betrifft indes allein die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), nicht aber dieMitbenutzung (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008), um die allein es im vorliegenden Zusammenhang geht. Auch vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist demnach nicht zu erkennen, wie die Beklagte gegen ihren Willen zu der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung in § 5 des Vertragsentwurfs gezwungen werden kann.
88 
(4) Der Senat kann offen lassen, wie weitere der vom Kläger angestrebten vertraglichen Regelungen rechtlich zu beurteilen sind. Am Beispiel von drei Einzelregelungen hat die Prüfung ergeben, dass diese (Entwurfs-)Be-stimmungen auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht eingefordert werden können. Da mit dem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, „den“ als Anlage 1 zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Vertrag zu schließen, genügt zur Abweisung der Klage insoweit, dass eine bestimmte vertragliche Regelung von der Beklagten nicht geschuldet ist. Dieser Befund hat sich hier gleich in drei Punkten herausgestellt. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Abgabe der eingeforderten Willenserklärung zum Vertragsschluss nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht beanspruchen. Der Hauptantrag ist unbegründet.
89 
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger mit dem 4. Hilfsantrag die Mitbenutzung der in dem Antrag aufgelisteten Entsorgungseinrichtungen und die Pflicht der Beklagten zur Entrichtung eines in Anlehnung an kommunalabgabenrechtliche Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips zu berechnenden angemessenen Entgelts festgestellt wissen will. Den ersten drei Hilfsanträgen muss der Erfolg versagt bleiben. Der 5. Hilfsantrag ist nicht zu bescheiden, da der 4. Hilfsantrag Erfolg hat.
90 
a) Die Pflicht der Beklagten zur Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers für die PPK-Abfälle ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008.
91 
aa) Der Kläger ist berechtigt, die Mitbenutzungspflicht einzufordern. Er ist in seinem Landkreisgebiet „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“. Dies ergibt sich aus § 20 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG und § 6 Abs. 1 LAbfG.
92 
bb) Die Mitbenutzungspflicht trifft das „System“ im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008, also den Systembetreiber (vgl. Satz 2). Das ist die Beklagte. Die am 22. Dezember 1992 vom Umweltministerium Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 3 VerpackV 1991 getroffene Systemfeststellung („regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet“) gilt nach wie vor. Die Feststellung der „Rechtstatsache“ (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 82) hat bislang keine Änderung erfahren. Die Systemfeststellung, die rechtsdogmatisch einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 93 f.; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 70), bleibt wirksam (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), solange sie nicht widerrufen ist (vgl. § 6 Abs. 6 VerpackV 2008). Ein Widerruf ist bislang nicht ausgesprochen worden. Dies hat das Landesumweltministerium (gegenüber dem Kläger) ausdrücklich bestätigt.
93 
cc) Gegenstand der Mitbenutzung sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „Einrichtungen“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die vom Kläger im 4. Hilfsantrag vorgenommene Auflistung (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge – jeweils mit genauer Spezifizierung) erfüllt diese Voraussetzung.
94 
(1) Die von der Beklagten erhobenen Einwände, die darauf hinauslaufen, nur die Erfassungsgefäße dem Begriff der Einrichtung zuzuordnen, überzeugen nicht. Der Begriff „Einrichtungen“ ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst als Sachgesamtheit sächliche und personelle Substrate, die in einem funktionalen Sinne der „Sammlung“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dienen (Bonk a.a.O. S. 28). Es geht um Einrichtungen der Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger. Folglich ist zur Begriffsbestimmung, da die Verpackungsverordnung dazu nichts sagt, auf das kommunalrechtliche Verständnis des Begriffs „Einrichtung“ (§ 10 Abs. 2 S. 1 GemO, § 2 Abs. 2 LKrO) zurückzugreifen. Darunter ist eine organisatorische Zusammenfassung sächlicher und personeller Mittel zu verstehen, welche die kommunale Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben geschaffen hat und Berechtigten zur unmittelbaren Benutzung zur Verfügung stellt (VGH BW, Urt. v. 9.1.1996 – 2 S 2757/95 – NVwZ-RR 1997, 123).
95 
Abfallrechtlich korrespondiert mit diesem weiten Begriffsverständnis am ehesten der Begriff „Sammelsysteme“ (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), der offenbar in der Sache nichts anderes meint als der Begriff „Einrichtungen“. Zutreffend wird im Schrifttum betont, dass „Einrichtungen“ nach der Systematik der Verpackungsverordnung alle Bestandteile des öffentlichen Sammelsystems im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 sind (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft, dass die vom Kläger aufgelisteten Vorrichtungen (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge) und die zur Sammlung der PPK-Abfälle einzusetzenden Personen „Einrichtungen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 sind. Davon geht letztlich auch die Beklagte in ihrem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag (Bl. 159 f. d. A.) aus. Unberührt von der Begriffsbestimmung bleibt die – eigenständig zu beantwortende (vgl. unten II. 2. a dd) – Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Mitbenutzung.
96 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht etwa „einrichtungsbezogen“ dergestalt restriktiv zu deuten, dass tatbestandlich nur solche „Einrichtungen“ erfasst würden, in die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schonvor Einrichtung eines Dualen Systems investiert hatte. Diese Ansicht wird – unter Hinweis auf den Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 („vorhandene“ Sammelsysteme) und den vom Bundesrat 1991 intendierten Investitionsschutz der Kommunen (BR-Drucks. 236/91 S. 16) – zur gebotenen Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) in Rechtsprechung und Schrifttum ebenfalls vertreten (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 58, 60; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 68; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 57). Dieser Prämisse folgt die These, da der Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht weiter gehen könne als die Abstimmungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008, sei sie grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Systemeinrichtung vorhandenen Sammeleinrichtungen beschränkt (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58, mit Relativierung zur Erneuerung von Sammelbehältnissen). Nach diesem restriktiven Verständnis könnte die Mitbenutzungspflicht bezüglich der im Jahr 2008 vom Kläger eingeführten „Blauen Tonnen“ in Frage gestellt werden.
97 
Diese Auffassung verkennt, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber um ein Dauerrechtsverhältnis handelt, so dass sich eine statische Betrachtung von vornherein verbietet (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1427). Dass die Verpackungsverordnung selbst von einer Dauerrechtsbeziehung ausgeht, ergibt sich unzweideutig aus § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008; denn die Anpassungsklausel macht nur Sinn, wenn und weil die Abstimmung kein punktuelles Ereignis ist. Es macht auch wenig Sinn, der Fünften Novelle zur Verpackungsverordnung von 2008 zu unterstellen, der Begriff „vorhanden“ beziehe sich auf die Anfang der 1990er Jahre existenten Sammelsysteme (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14, nennt eine solche Deutung „unsinnig“). Der Begriff „vorhanden“ lässt sich in zeitlicher Hinsicht sinnvoll nur so verstehen, dass es auf den Zeitpunkt und Zeitraum der Abstimmung bzw. (im vorliegenden Zusammenhang) der Mitbenutzung(sregelung) ankommt. Beim Neuerlass der Verpackungsverordnung 1998 hat der Bundesrat zur Begründung der von ihm durchgesetzten Einfügung der Sätze 3 bis 8 in § 6 Abs. 3 VerpackV 1998 zutreffend die „ständige Abstimmung zwischen einem privaten Systembetreiber und der Kommune“ eingefordert, weil nur so eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungsabfällen gewährleistet werden könne (BT-Drucks. 13/10943 S. 34). Dies macht deutlich, dass der entstehungsgeschichtliche Hinweis zur Verpackungsverordnung 1991 Sinn und Zweck der Abstimmung nach den Verpackungsverordnungen 1998 und 2008 nicht vollständig erfasst (OVG NW a.a.O.; ferner Bonk a.a.O. S. 26: „kein bundesrechtliches Verbot zum Ausbau und zur Neugründung bisher nicht vorhandener öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme“). Nichts anderes gilt für die Mitbenutzung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, zumal der Verordnungstext dazu nicht einmal die Einschränkung „vorhandene“ Einrichtungen vornimmt.
98 
dd) Die vom Kläger verlangte Mitbenutzung seiner Einrichtungen ist im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 für die Sammlung von Materialien der in Anhang I zu § 6 genannten Art auch „erforderlich“. Die Mitbenutzung muss nicht etwa, wie die Beklagte meint, „unerlässlich“ sein. Dies fordert der Verordnungstext gerade nicht. Zudem kommt es bei der Beurteilung dessen, was „erforderlich“ ist, nicht einseitig auf die Sicht des Systembetreibers an; zur Beurteilung ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen (Bonk a.a.O. S. 28). Danach ist die „Erforderlichkeit“ – jedenfalls – dann zu bejahen, wenn die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die (Mit-)Er-fassung von Verkaufsverpackungen tatsächlich benötigt werden (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte im Entsorgungsgebiet des Klägers über ein eigenes, operativ agierendes PPK-Erfassungssystem nicht verfügt. Die Beklagte ist auf die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers daher angewiesen.
99 
Hiergegen verfängt der Einwand der Beklagten, sie könne ein eigenes Sammelsystem aufbauen und die Sammlung der PPK-Fraktion selbst durchführen, nicht. Das mag technisch möglich sein. Um die „Erforderlichkeit“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 verneinen zu können, muss die Einrichtung eines eigenen Sammelsystems der Beklagten jedoch auch rechtlich möglich sein. Daran fehlt es hier. In der „Abstimmungserklärung“ der Beteiligten vom 2./14. Juli 1992 ist unter III. 1. in Satz 1 und 2 bestimmt:
100 
„Für den Bürger gibt es nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem. Das Duale System sammelt alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen ‘Grüner Punkt‘ ein sowie nach näherer Absprache zwischen dem Landkreis ... und der ..., die auch einen Kostenausgleich erhält, auch alle anderen Wertstoffe, die für den gleichen Verwertungsweg wie die einschlägigen Verpackungsmaterialien geeignet sind.“
101 
Der Senat kann unentschieden lassen, wie diese „Abstimmungserklärung“, die von Vertretern beider Seiten unterzeichnet worden ist (Landrat für den Kläger, Geschäftsführer für die Beklagte), rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Die Verpackungsverordnung normiert für die „Abstimmung“ keine bestimmte (verwaltungsrechtliche) Handlungsform (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 VerpackV 2008); damit besteht Wahlfreiheit zwischen einem Abstimmungsvertrag und einer einseitigen Abstimmungserklärung (Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 400; Bonk a.a.O. S. 24 f.). In jedem Fall führt die getroffene „Abstimmung“ zu einer verwaltungsrechtlichen Sonderverbindung („verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“), die ein Dauerrechtsverhältnis darstellt (OVG NW a.a.O.; Baars, NVwZ 2000, 42, 43; Bonk a.a.O. S. 33 und S. 44). Solange eine getroffene „Abstimmung“ nicht geändert, gekündigt oder auf andere Weise aufgehoben worden ist, gilt sie fort und bestimmt die Rechte und Pflichten der Beteiligten im betroffenen Entsorgungsgebiet (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 55).
102 
An die in der „Abstimmungserklärung“ getroffene Festlegung auf „nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem“ im Landkreisgebiet des Klägers ist die Beklagte nach wie vor rechtlich gebunden. Dass sie nach der Verpackungsverordnung an sich ein eigenes PPK-Sammelsystem aufbauen könnte, führt hier nicht weiter, solange die mit dem Kläger getroffene „Abstimmung“ rechtlich Bestand hat. Das ist unstreitig der Fall. Die Absichtsbekundung der Beklagten vom 7. Februar 2011, ein eigenes System zur Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen im Entsorgungsgebiet des Klägers aufbauen zu wollen, hat dieser zurückgewiesen. Eine Änderung der „Abstimmungserklärung“ hat demnach bislang nicht stattgefunden. Auch eine Anpassung der „Abstimmung“ auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 ist bisher nicht vorgenommen worden. Ist demnach die „Abstimmungserklärung“ von 1992 in Bezug auf das eine Sammelsystem im Entsorgungsgebiet des Klägers unverändert bestimmend, ist die Beklagte am Aufbau eines eigenen Sammelsystems rechtlich gehindert. Folglich ist die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nach wie vor „erforderlich“.
103 
Die rechtliche Bindung der Beklagten an die „Abstimmungserklärung“ von 1992 – mit der Folge der „erforderlichen“ Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers – entfällt nicht etwa deshalb, weil jene Abstimmungserklärung auch Sachverhalte regelt, die über die verordnungsrechtlich gebotenen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Verpackungsverordnung unterscheidet seit jeher zwischen notwendigen und sonstigen Inhalten der Abstimmung. Die notwendigen Inhalte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 4 und 7 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 1 und 4 VerpackV 2008) sind Voraussetzung für die Systemfeststellung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 6 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 6 i. V. m. Satz 11 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008). Den Beteiligten steht es aber frei, in die Abstimmung weitere Punkte einzubeziehen und diese zu regeln (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zulässig ist insbesondere die Verständigung auf ein Erfassungssystem in dem betreffenden Entsorgungsgebiet. Dadurch kann – im beiderseitigen Interesse – die Zerschlagung bestehender Entsorgungsstrukturen verhindert und der Aufbau – kostspieliger – Doppelstrukturen vermieden werden (Bonk a.a.O. S. 26).
104 
Die Beklagte musste sich demnach nicht auf die Regelung einlassen, dass im Entsorgungsgebiet des Klägers nur ein Erfassungssystem für die PPK-Verpackungsabfälle vorgehalten wird, aber sie durfte diese Regelung eingehen. Dann aber ist sie, solange die getroffene Abstimmung Bestand hat, rechtlich gebunden. Dass eine Vereinbarung über die Entgelthöhe in der „Abstimmungserklärung“ nicht getroffen worden ist, ist rechtlich unerheblich; denn die Festlegung der Höhe von Mitbenutzungsentgelten ist nicht notwendiger Bestandteil der Abstimmung (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56 und RdNr. 61). Das zeigt nicht nur der Vergleich zwischen § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5 VerpackV 2008, sondern auch die in Abs. 4 Satz 7 getroffene Bestimmung; der Verordnungsgeber gibt danach unmissverständlich zu erkennen, wann die „Abstimmung“ mit der Entgeltfrage verkoppelt ist und wann die Entgeltregelung erst auf der Ebene der „Mitbenutzung“ relevant wird. Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Hier geht es nur um die – zu bejahende – Frage der Bindung der Beklagten an die 1992 getroffene „Abstimmungserklärung“.
105 
ee) Das Verlangen des Klägers nach Mitbenutzung eigener Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler. Während die „Abstimmung“ mit den verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestgehalten geboten und Voraussetzung für die Systemfeststellung ist, hat der Verordnungsgeber die „Mitbenutzung“ einer bloßen „kann“-Regelung unterworfen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist folglich nicht verpflichtet, den Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geltend zu machen; ihm ist verordnungsrechtlich eine Befugnis hierzu eingeräumt. Von dieser Berechtigung des Hoheitsträgers muss insbesondere willkürfrei Gebrauch gemacht werden; auch das Übermaßverbot ist zu beachten, soweit ihm jenseits des Merkmals „erforderlich“ in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 noch eine Direktionskraft zukommt.
106 
Die über die bloße „Abstimmung“ von nebeneinander bestehenden Sammelsystemen hinausgehende „Mitbenutzung“ eines vorhandenen Systems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere dann rechtsfehlerfrei verlangt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für eine bestimmte Entsorgungsaufgabe (wie bei der PPK-Fraktion) ohnehin zuständig bleibt (dazu oben II. 1. b bb (3) (a)), so dass (an sich) in einem bestimmten Entsorgungsgebiet die Entsorgung durch einen privaten Systembetreiber und die kommunale PPK-Entsorgung aufeinandertreffen (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 53 unter Hinweis auf Bundeskartellamt, Beschl. v. 6.5.2004, Az.: B 10-37202-N-97/02-1, RdNr. 72). In einer solchen Konstellation kann in dem Dauerrechtsverhältnis der Verzicht auf eine Errichtung von Doppelstrukturen, obwohl von der Verpackungsverordnung nicht verboten, in hohem Maße sachangemessen sein, da der Sorge des Verordnungsgebers, dass sich „ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Erfassungssystemen“ negativ auf die ordnungsgemäße Abfallentsorgung auswirken kann (BT-Drucks. 13/10943 S. 34), von vornherein die Grundlage entzogen wird. Der Einwand der Beklagten, es finde eine unzulässige „Rekommunalisierung“ der Entsorgung von PPK-Abfällen statt, geht folglich ins Leere – abgesehen davon, dass es sich dabei um keinen von der Verpackungsverordnung verwendeten Rechtsbegriff handelt.
107 
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kläger verlangte Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen nicht nur „erforderlich“, sondern – da die Beklagte über ein eigenes operativ agierendes System nicht verfügt – sogar unabweisbar ist. Die Geltendmachung des Mitbenutzungsanspruchs gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 durch den Kläger ist daher angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage (insbesondere „Abstimmungserklärung“) in jeder Hinsicht (sach)angemessen.
108 
b) Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Entscheidung zur Herausgabe von Abfällen an die Beklagte findet in der Verpackungsverordnung keine Grundlage. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten werden verordnungsrechtlich durch § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 geprägt; Regelungsgegenstände sind die Abstimmung (Satz 1 bis 4, Satz 9 und 11), die Übernahme bzw. Mitbenutzung von Einrichtungen (Satz 5 und 6), die Erfassung stoffgleicher Nicht-Verpackungsabfälle (Satz 7), die Mitfinanzierung spezifischer kommunaler Angebote durch den Systembetreiber (Satz 8) und die Unterwerfung unter eine Abstimmung (Satz 10). Die Aufteilung von PPK-Abfällen zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist in der Verpackungsverordnung keiner Regelung unterzogen und damit der Vereinbarung der Beteiligten überlassen. Mangels rechtlicher Grundlage kann der Kläger daher eine bestimmte Aufteilung der PPK-Verkaufsverpackungen nicht beanspruchen. Schon aus diesem Grunde ist der 1. Hilfsantrag unbegründet.
109 
c) Der Kläger hat jedoch gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 einen Anspruch darauf, dass das von der Beklagten für die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen zu leistende „angemessene Entgelt“ in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen sowie unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips ermittelt wird. Dies muss allerdings nicht zwingend nach dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zu der Berufungsbegründungsschrift geschehen. Der 2. Hilfsantrag ist demnach unbegründet, ebenso der das Kooperationsprinzip ausblendende 3. Hilfsantrag, der 4. Hilfsantrag ist hingegen begründet; der 5. Hilfsantrag ist nicht mehr zu bescheiden.
110 
aa) Der Verordnungsgeber hat keine Begriffsbestimmung zu dem Merkmal „angemessenes Entgelt“ vorgenommen. Er hat nicht einmal Parameter aufgezeigt, anhand derer die Rechtsanwendung eine Orientierung finden könnte. Auch die Materialien geben keinen Aufschluss darüber, wie die „Angemessenheit“ des Entgelts ermittelt werden soll (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991, BT-Drucks. 13/10943 S. 26 und S. 34 zur VerpackV 1998, BT-Drucks. 16/7954 S. 21 zur VerpackV 2008). Sicherlich zutreffend ist der Hinweis, dass auf den Einzelfall abzustellen und nach Maßgabe der für die Schaffung und Unterhaltung der mitbenutzten Einrichtungen entstehenden Kosten und des Maßes der Inanspruchnahme zu urteilen ist (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Damit ist aber lediglich eine erste Groborientierung gegeben, die noch keine in Zahlen auszudrückende Ermittlung des Entgelts erlaubt.
111 
Ein einseitiges Bestimmungsrecht ist keinem der Beteiligten durch die Verpackungsverordnung eingeräumt. Der Rückgriff auf § 315 Abs. 3 BGB (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428: Rechtsgedanke von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann herangezogen werden) ist schon im Zivilrecht nicht voraussetzungslos möglich; denn die §§ 315 ff. BGB sind nicht anwendbar, soweit die Leistung durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann (BGH, Urt. v. 4.4.2006 – XZR 122/05 – NJW 2006, 2472; Stadler, in: Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, § 315 RdNr. 3 m. w. Nachw.). Für die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 bedeutet dies, dass eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ nur in Betracht kommt, wenn andere, näherliegende Methoden zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nicht zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu. Jedenfalls das Kommunalabgabenrecht bietet maßgebliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ähnliches könnte für ein strukturiertes und systematisch aufbereitetes Preisbildungsmodell nach Wettbewerbsgesichtspunkten gelten, dessen Entwicklung der Beklagten obliegt.
112 
bb) Soweit der Kläger die Entsorgungsverantwortlichkeit für PPK-Abfälle nach § 20 KrWG behält, erfolgt die Gebührenberechnung nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW). Es liegt daher nahe, im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ jedenfalls auch auf die kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zurückzugreifen (Bonk a.a.O. S. 29). Denn wenn ein bestimmtes Sammelsystem sowohl vom privaten Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) als auch von Abfallerzeugern und Abfallbesitzern (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) genutzt wird bzw. genutzt werden kann, spricht zunächst alles dafür, dass die Zahlungspflichten der einzelnen Nutzer nach denselben Kalkulationsgrundsätzen ermittelt werden. Im eigenverantwortlichen Entsorgungsbereich des Klägers sind §§ 13 ff., 18 KAG BW maßgebend.
113 
Die Heranziehung der kommunalabgabenrechtlichen Vorgaben kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht gleichsam „eins zu eins“ erfolgen. Denn die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschieht nicht, wie im Kommunalabgabenrecht üblich, im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses, sondern – jedenfalls dem Grunde nach – in einer Verhandlungssituation. Deshalb ist zur Bemessung des Entgelts lediglich eine Orientierung an den gebührenrechtlichen Grundsätzen (unter Einschluss des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips) angezeigt (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 72; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Das § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 prägende Kooperationsprinzip darf daneben nicht unberücksichtigt bleiben.
114 
Schon diese Relativierung entkräftet den Einwand der Beklagten, auf das (hoheitliche) Kommunalabgabenrecht dürfe wegen des hier geltenden verpackungsrechtlichen Konsensualprinzips nicht zurückgegriffen werden. Denn die bloße Orientierung am Kommunalabgabenrecht verleiht der Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ einerseits zwar System, Kontur und Substanz (und ist damit der bloßen „Billigkeit“ entsprechend § 315 Abs. 3 BGB deutlich überlegen), lässt andererseits jedoch Raum für Verhandlungen, Abweichungen und Kompromisse (in diesem Sinne versteht der Senat die zuletzt nochmals von dem Kläger präzisierte Haltung, Bl. 625 d. A.). Unabhängig davon wäre die Einlassung der Beklagten mindestens missverständlich, wenn sie das „Konsensualprinzip“ im Sinne einer strikten Rechtsregel verstanden wissen wollte. Im Rechtssinne wird das auf die Verpackungsverordnung gemünzte „Kooperationsprinzip“ seit jeher als generelles Leitbild und allgemeine Ordnungsidee verstanden (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 – E 98, 106, 130 f.; VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239); das gilt ebenso für § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 97). Im Übrigen schließt das grundsätzlich vom Gedanken der Kooperation und des Konsenses geprägte Verhältnis zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Rückgriff auf das Ordnungsrecht bei fehlendem oder ungenügendem Zusammenwirken der Kooperationspartner keineswegs aus (VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 69). Folgerichtig betont der Verordnungsgeber, dass sich der ordnungsrechtliche Ansatz und das Kooperationsprinzip in der konkreten positivrechtlichen Ausprägung ergänzten (BT-Drucks. 13/10943 S. 19 zu § 6 Abs. 3 VerpackV 1998; zuvor ebenso BT-Drucks. 13/5999 S. 14 und BT-Drucks. 13/7761 S. 17). Ausweislich des geltenden Rechts ist es daher nicht zutreffend, einseitig das Kooperations- oder Konsensualprinzip als Leitmaxime in den Vordergrund zu schieben (Koch, NVwZ 1998, 1155, 1157; Sproll, UPR 1999, 129, 132).
115 
Erfolgt die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV somit in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen, kann nur dem 4. Hilfsantrag stattgegeben werden, während dem 3. Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben muss. Denn dieser Antrag will das Entgelt nach einem bestimmten Kalkulationsmuster ermitteln. Konsensuale Elemente in dem hier skizzierten Sinne werden – zu Unrecht – nicht berücksichtigt.
116 
cc) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Einigung zwischen den Beteiligten auf der Grundlage dieses Urteils möglich, auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage geboten und im Interesse der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung wünschenswert ist. Das betrifft insbesondere die Methodik, also die Berechnungsschritte, sowie die Maßstäblichkeit des Volumen- bzw. Masseanteils der PPK-Fraktion. Die anzustrebende vertragliche Übereinkunft setzt allerdings eine echte Verständigungsbereitschaft und einen wirklichen Einigungswillen voraus. Beides ist seit etwa vier Jahren nicht in dem notwendigen (Mindest-)Maß ausgeprägt. Könnte nun auch nach der Durchführung dieses „Musterverfahrens“ eine Mitbenutzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden, müsste nach Überzeugung des Senats der Verordnungsgeber im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „nachsteuern“. Ob dies für die Beteiligten die bessere Lösung wäre, mag dahinstehen.
117 
Der Kläger hat auf der Grundlage des Kommunalabgabenrechts ein strukturiertes, methodisch reflektiertes und mit inhaltlicher Substanz angereichertes Berechnungsmodell zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorgelegt. Dadurch wird die öffentlich-rechtliche Rationalität der Preisbildung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte hat ein vergleichbares privatwirtschaftlich geprägtes „Gegenmodell“ bislang nicht präsentiert; wird das Kooperationsprinzip ernst genommen, obliegt es der Beklagten, nicht nur punktuell zur Entgeltermittlung Stellung zu nehmen, sondern einen ausgearbeiteten Vorschlag dem Modell des Klägers entgegenzustellen. In der mündlichen Verhandlung ist seitens der Beklagten pointiert zum Ausdruck gebracht worden, dass sie klare Vorstellungen zum „angemessenen Entgelt“ habe, die im Wettbewerb erzielbaren Entgelte kenne und über Expertise zur Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen verfüge. Auf dieser Grundlage sollte es der Beklagten möglich sein, zwecks Aktualisierung des Kooperationsprinzips ein kohärentes Gesamtkonzept zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorzulegen; andernfalls müsste es mit der Orientierung am Kommunalabgabenrecht sein Bewenden haben.
118 
Zu einem Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist die Frage nach dem Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten für die PPK-Fraktion im Entsorgungsgebiet geworden. Die Beklagte sieht ihre Verantwortlichkeit begrenzt auf die von ihr lizenzierten Verkaufsverpackungen. Diese Sichtweise wird in der Rechtsprechung – in Bezug auf eine Abstimmungsvereinbarung – geteilt (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1429). Demgegenüber wird betont, angesichts der umfassenden Verwertungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV 2008 sei es als angemessen anzusehen, wenn von den dualen Systemen auch eine Kostenbeteiligung für die Miterfassung nicht lizenzierter Verpackungen verlangt werde (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Der Senat weist darauf hin, dass diese Frage für die Beteiligten geklärt ist. Nicht nur die „Abstimmungserklärung“ schreibt unter III. 1. Satz 2 fest, dass das Duale System, also die Beklagte, alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen „Grüner Punkt“ einsammelt, auch die Systemfeststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992 trifft dazu eine eindeutige Regelung. Dort heißt es (S. 13 sub 5.): „Das System muß dabei alle Verkaufsverpackungen erfassen, unabhängig ob sie den 'Grüner Punkt' tragen“; ausdrücklich ausgenommen werden lediglich „Verpackungen, die üblicherweise und typischerweise nur bei industriellen und gewerblichen Endverbrauchern anfallen“. Diese Rechtsfolge der Systemfeststellung gilt uneingeschränkt. Weder hat bislang eine Anpassung der Abstimmungserklärung an veränderte Rahmenbedingungen (§ 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008) stattgefunden, noch ist die Systemfeststellung verändert worden. Die Beklagte ist folglich nach wie vor in der umfassenden Verantwortlichkeit für die Einsammlung der PPK-Abfälle im Entsorgungsgebiet des Klägers.
B.
119 
Die Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben.
120 
Dies ergibt sich für ihren Hauptantrag ohne Weiteres aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des hinsichtlich der Mitbenutzungspflicht im Wesentlichen spiegelbildlichen 4. Hilfsantrags des Klägers (s.o. II.2.). In Bezug auf den Hilfsantrag der Beklagten, mit dem sie ihre etwaige Mitbenutzungspflicht unter den („Solange“-) Vorbehalt des Aufbaus einer eigenen Sammlungsinfrastruktur stellen will, folgt dies aus den obigen Darlegungen zur auf unabsehbare Zeit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Erforderlichkeit der Mitbenutzung (s.o. II.2.a)dd)).
121 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Sache hat der Kläger überwiegend obsiegt; er ist mit der Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs erfolgreich gewesen und hat außerdem erreicht, dass die Beklagte für die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers ein jedenfalls auch nach kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen zu ermittelndes angemessenes Entgelt zu entrichten hat.
122 
Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil zentrale Rechtsfragen zu § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht geklärt sind und daher höchstrichterlich entschieden werden müssen. Der Rechtsstreit ist von den Beteiligten als „Musterverfahren“ angelegt und geführt worden; ihm kommt eine überregionale Bedeutung zu.
123 
Beschluss vom 24. Juli 2012
124 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 und 2 sowie 52 Abs. 1 GKG auf1.200.000,00 EUR festgesetzt.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.