Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 16. Nov. 2016 - 3 K 1535/15.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2016:1116.3K1535.15.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am16.11.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) und 4). Die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die sowohl im Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV) als auch im Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe (RROP 2015) als Mittelzentrum dargestellt ist, plant an einem Standort im bestehenden Gewerbe- und Industriepark B. einen großflächigen Möbeleinzelhandelsbetrieb mit einer Verkaufsfläche von maximal 45.000 m² (Möbelhaus mit ca. 37.600 m², Möbelmitnahmemarkt mit ca. 7.400 m²), davon (zuletzt) 2.250 m² mit innenstadtrelevanten Randsortimenten, ansiedeln zu lassen. Der vorgesehene Standort, bauplanungsrechtlich bislang als Gewerbe- bzw. Industriegebiet festgesetzt, ist in Abstimmung mit der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe im Einzelhandelskonzept der Klägerin als Ergänzungsstandort im Sinne von Ziel 59 LEP IV ausgewiesen. Die Klägerin beabsichtigt, im Wege einer Änderung des Flächennutzungsplans den Standort des geplanten Möbeleinzelhandels als Sonderbaufläche „großflächiger Einzelhandel“ auszuweisen.

2

Nach Vorgesprächen, an denen Vertreter der Planungsgemeinschaft Rhein-hessen-Nahe und der unteren und oberen Landesplanungsbehörde teilgenommen hatten und in denen u.a. die Frage der Notwendigkeit eines Zielabweichungsverfahrens erörtert wurde, fasste der Stadtrat der Klägerin in seiner Sitzung vom 22. Juli 2014 den Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans. Zugleich beschloss er, einen Antrag auf Zulassung einer Abweichung von den Zielen der Raumordnung zur Ansiedlung eines Möbelhauses im Gewerbe- und Industriepark B. zu stellen.

3

Am 14. August 2014 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens, verbunden mit der Zulassung einer Abweichung von den Zielen der Raumordnung und Landesplanung (Ziel 58 LEP IV, Ziele 2 bis 4 des damals noch gültigen RROP 2004). Dem Antrag war u.a. eine Auswirkungsanalyse der ... Handelsberatung GmbH beigefügt. Diese Analyse kam zu dem Ergebnis, dass ausgehend von einer durchschnittlichen Flächenproduktivität von 1.800 €/m² (Worst-Case-Szenario) an dem geplanten Standort ein Möbeleinzelhandel mit einer Fläche von ca. 45.000 m² Verkaufsfläche – davon 4.085 m² für innenstadtrelevante Sortimente – mit dem Zentralitätsgebot (Ziel 57 LEP IV), dem städtebaulichen Integrationsgebot/Ergänzungsstandorte (Ziele 58, 59 LEP IV) sowie mit dem Nichtbeeinträchtigungsgebot (Ziel 60 LEP IV) in Einklang stehe. Insbesondere sei keine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungsfunktion der städtebaulich integrierten Bereiche der Klägerin und der Versorgungsbereiche benachbarter zentraler Orte zu erwarten.

4

Im Rahmen des Zielabweichungsverfahrens holte der Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des Büros Dr. A. Stadt- und Regionalentwicklung zur Auswirkungsanalyse der ... GmbH ein. In dieser kam der weitere Gutachter zu dem Ergebnis, dass u.a. die in der Auswirkungsanalyse ... GmbH als Worst-Case-Wert zugrunde gelegte Flächenproduktivität von 1.800 €/m² deutlich zu niedrig angesetzt sei. So gebe es leistungsstarke Anbieter, die eine Flächenproduktivität von deutlich über 3.000 €/m² erzielten. Da nicht bekannt sei, welche Firma den geplanten Möbeleinzelhandel betreiben wolle, ein leistungsstarker Anbieter mithin nicht auszuschließen sei, sei ein Flächenleistungsansatz von 2.800 €/m² in Anschlag zu bringen. Unter Berücksichtigung dessen, dass das Beeinträchtigungsgebot verletzt sei, wenn Umsatzverteilungen von 10 % bei innenstadtrelevanten und 20 % bei nicht innenstadtrelevanten Sortimenten zu erwarten seien, sei ein Vorhaben mit maximal 22.000 m² Verkaufsfläche, davon 2.000 m² für innenstadtrelevante Sortimente, als raumverträglich anzusehen.

5

Nachdem die oberste Landesplanungsbehörde ihr Einvernehmen zu einer Zielabweichung in einer Gesamtgrößenordnung von 22.000 m² Verkaufsfläche (davon 2.000 m² für innenstadtrelevante Randsortimente) erklärt hatte, ließ der Beklagte mit Bescheid vom 15. Dezember 2015 unter Ablehnung des Antrags im Übrigen für die 1. Änderung des Flächennutzungsplans i.V.m. der 3. Änderung des Bebauungsplans „Gewerbe- und Industriepark B. am Rhein und G.“ die Abweichung von Z 58 LEP IV und Z 46 RROP 2015 mit der Maßgabe zu, dass die Gesamtverkaufsfläche des geplanten Möbeleinzelhandels auf maximal 22.000 m² festzulegen und der Anteil der innenstadtrelevanten Sortimente auf insgesamt 2.000 m² zu begrenzen sei. Zur Begründung bezog sich der Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen und Wertungen in der gutachterlichen Stellungnahme des Büros Dr. A.. Unter Berücksichtigung der in dieser Stellungnahme angesetzten Flächenproduktivität von 2.800 €/m² sei nur bei Einhaltung dieser Verkaufsflächen davon auszugehen, dass Umsatzverteilungen in Bezug auf das nächstgelegene Mittelzentrum B. K. nicht mehr als 10 % ausmachten und damit mit dem Nichtbeeinträchtigungsgebot des Ziels 60 LEP IV in Einklang stünden. Durch die erteilte Zielabweichung seien sowohl das Landesentwicklungsprogramm als auch der regionale Raumordnungsplan nicht in ihren Grundzügen berührt.

6

Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. April 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Planung der Klägerin stehe mit den Zielen 58 bis 60 LEP IV und Ziel 46 RROP 2015 nicht in Einklang. Die in dem Zielabweichungsantrag genannte Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Randsortimente von 4.085 m² verstoße gegen Ziel 59 Satz 3 LEP IV. Entgegen der Ansicht der Klägerin komme es insoweit nicht allein darauf an, dass innenstadtrelevante Randsortimente nicht mehr als 10 % der Gesamtfläche ausmachten. Vielmehr sei zusätzlich auch auf eine absolute Beschränkung unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit abzustellen. Ungeachtet dessen sei die vorgenannte Fläche aber auch nicht innenstadtverträglich, wie sich aus den Ausführungen der gutachterlichen Stellungnahme Dr. A. ergebe. Überdies verstoße die geplante Fläche für innenstadtrelevante Randsortimente auch gegen Ziel 58 LEP IV, da sie die Grenze der Großflächigkeit von 800 m² bei weitem überschreite. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei dieses Ziel nicht allein auf solche Einzelhandelsbetriebe beschränkt, die ein innenstadtrelevantes Kernsortiment führten. Soweit die Klägerin bei ihrer Planung von einer Flächenproduktivität von 1.800 €/m² ausgehe, sei dies deutlich zu niedrig angesetzt. Der Ansiedlung des Planungsvorhabens an einem als Gewerbe- und Industriefläche überplanten Standort stehe ferner Ziel 46 RROP 2015 entgegen, das die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten an solchen Standorten nicht gestatte. Eine Zulassung der Zielabweichung mit den vorgesehenen Flächen beeinträchtige die vorgenannten Ziele der Raumordnung und Landesplanung in ihren Grundzügen.

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Bereits am 14. Dezember 2015 hatte die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben, mit der sie primär die Feststellung begehrt, dass die Darstellung einer Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „großflächiger Einzelhandel“ im Flächennutzungsplan mit einer Verkaufsflächenobergrenze von 45.000 m², davon 2.250 m² für innenstadtrelevante Randsortimente, nicht gegen die Ziele des Landesentwicklungsprogramms sowie des regionalen Raumordnungsplans verstößt. Sie trägt vor, ihr Begehren sei insoweit als Feststellungsklage zulässig. Sie habe den Zielabweichungsantrag nur gestellt, weil der Beklagte im Vorfeld eindeutig zu erkennen gegeben habe, dass er Ziel 58 LEP IV für verletzt halte, wenn innenstadtrelevante Sortimente auch als Randsortiment eine Verkaufsfläche von 800 m² überschritten. Sie habe jedoch bereits Anfang 2015 gegenüber dem Beklagten zu erkennen gegeben, dass sie die Planung für mit den Zielen 58 bis 60 LEP IV vereinbar halte. Das Ziel 58 LEP IV sei schon deshalb nicht berührt, weil es sich nur auf solche großflächigen Einzelhandelsmärkte beziehe, die ungeachtet der absoluten Größe innenstadtrelevante Sortimente als Kernsortimente führten. Hiervon könne vorliegend nicht die Rede sein, denn nach ihrem nunmehr modifizierten Begehren betrage die für solche Randsortimente vorgesehen Fläche nur rund 5 % der Verkaufsfläche. Dass das Ziel 58 LEP IV nicht auf Betriebe mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche für innenstadtrelevantes Randsortiment anwendbar sei, ergebe sich aus einer Betrachtung mit Ziel 59 LEP IV, das gerade keine absolute Größenordnung des innenstadtrelevanten Randsortiments vorgebe, sondern lediglich auf eine relative Verkaufsfläche von in der Regel nicht mehr als 10 % der Gesamtverkaufsfläche sowie eine Begrenzung auf eine innenstadtverträgliche Größenordnung abstelle. Die Planung sei auch mit Ziel 59 LEP IV vereinbar. Der Standort des Marktes sei in Abstimmung mit der Raumordnung und Landesplanung in ihrem Einzelhandelskonzept als Ergänzungsstandort ausgewiesen. Entgegen der Auffassung des Beklagten enthalte Ziel 59 LEP IV gerade keine absolute Verkaufsflächenobergrenze für innenstadtrelevante Randsortimente. Mit 2.250 m² sei die Fläche für innenstadtrelevante Randsortimente auch auf eine innenstadtverträgliche Größenordnung beschränkt. Insbesondere lasse sie ausweislich der Auswirkungsanalyse ... GmbH keine Umsatzverteilung von mehr als 10 % gegenüber einem benachbarten zentralen Versorgungsbereich erwarten. Soweit demgegenüber das Gutachten Dr. A. zu anderen Werten gekommen sei, beruhe dies auf dem Umstand, dass es eine deutlich höhere Flächenproduktivität angenommen habe, die nicht gerechtfertigt seien. Diese seien allenfalls bei wenigen Unternehmen der Möbelbranche zu erwarten, die bei realitätsnaher Betrachtung indes für den geplanten Standort nicht in Betracht kämen. Die durchschnittliche Flächenproduktivität von Wohnkaufhäusern liege aber bei etwa 1.200 €/m², so dass der in der Auswirkungsanalyse ... zugrunde gelegte Flächenwert von 1.800 €/m² sehr wohl den „Worst Case“ abbilde. Bei einem Flächenleistungsansatz von 1.800 €/m² sei eine wesentliche Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche insbesondere benachbarter zentraler Orte auch in der geltend gemachten Größenordnung nicht zu erwarten. Damit sei auch das Nichtbeeinträchtigungsgebot in Ziel 60 LEP IV nicht berührt. Schließlich sei ihre Planung auch mit den Zielen des Regionalen Raumordnungsplans vereinbar. Das Ziel 17 RROP 2015 sei schon deshalb nicht betroffen, weil es keine konkreten Zielvorgaben enthalte. Die Planung verstoße auch nicht gegen Ziel 46 RROP 2015, das schon nicht anwendbar sei, weil es sich wie Ziel 58 LEP IV nur auf Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevantem Kernsortiment beziehe. Ein solcher sei indes nicht Gegenstand der Planung. Überdies lasse Ziel 46 Satz 2 RROP 2015 gerade die Umwandlung von Gewerbe- bzw. Industrieflächen in Sondergebiete mit der Zweckbestimmung „großflächiger Einzelhandel“ zu. Sollte ihre Planung hingegen von den vorgenannten Zielen der Raumordnung und Landesplanung abweichen, so habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Zielabweichung, die sie hilfsweise begehre. Insbesondere seien durch eine solche Zielabweichung weder die Grundzüge des Landesentwicklungsprogramms noch des regionalen Raumordnungsplans berührt.

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Die Klägerin beantragt,

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festzustellen, dass die Darstellung eines Sondergebiets mit der Zweckbestimmung großflächiger Möbeleinzelhandel im Flächennutzungsplan der Klägerin mit einer Obergrenze der Verkaufsfläche von 45.000 m², davon 2.250 m² für innenstadtrelevante Randsortimente (davon maximal 920 m² Haus- und Heimtextilien, 1.150 m² Lampen, Leuchten, 760 m² Glas, Porzellan, Keramik, Haushaltswaren, 720 m² Bilder/-Rahmen, Deko-/Geschenkartikel, 170 m² Babyerstausstattung, 365 m² Aktionswaren) auf dem Grundstück Gemarkung S. Flurstück .../..., Flur ..., Gemarkung S., Ecke G.-S.-Straße/L.-Q.-Straße nicht gegen Ziele der Raumordnung aus dem Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV) – insbesondere die Ziele Z 58, Z 59 und Z 60 – sowie gegen Ziele des regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe 2014 verstößt,

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hilfsweise,

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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2016 zu verpflichten, auf ihren Antrag hin für die Darstellung des Sondergebiets mit der Zweckbestimmung großflächiger Möbeleinzelhandel mit einer Obergrenze der Verkaufsfläche von 45.000 m², davon 2.250 m² für innenstadtrelevante Randsortimente (davon maximal 920 m² Haus- und Heimtextilien, 1.150 m² Lampen, Leuchten, 760 m² Glas, Porzellan, Keramik, Haushaltswaren, 720 m² Bilder/-Rahmen, Deko-/Geschenkartikel, 170 m² Babyerstausstattung, 365 m² Aktionswaren) auf dem Grundstück Flur- stück .../..., Flur ..., Gemarkung S., Ecke G.-S.-Straße/L.-Q.-Straße, eine Abweichung von dem Ziel Z 58 aus dem LEP IV und Z 17 RROP des Regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe 2014 zuzulassen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er trägt unter Bezugnahme auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen vor: Es sei bereits zweifelhaft, ob das Klagebegehren hinreichend bestimmt sei. Die Klage sei mit ihrem Hauptantrag unzulässig, denn sie verstoße gegen den Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage. Es treffe nicht zu, dass er die Klägerin in das Zielabweichungsverfahren gedrängt habe. Jedenfalls sei die Feststellungsklage unbegründet. Es liege ein Verstoß gegen Ziel 58 LEP IV vor. Dieses Ziel finde entgegen der Auffassung der Klägerin auch auf solche Vorhaben Anwendung, bei denen innenstadtrelevante Sortimente als Randsortiment die Grenze der Großflächigkeit überschritten. Darüber hinaus verstoße die Planung auch gegen Ziel 59 LEP IV, denn die Ausweisung einer Verkaufsfläche von mehr als 2.000 m² für innenstadtrelevante Randsortimente stelle sich nicht als innenstadtverträglich dar. Neben den in Ziel 59 Satz 3 LEP IV genannten Kriterien sei auch eine absolute Obergrenze der Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Randsortimente in den Blick zu nehmen. Dies ergebe sich bereits aus der ergänzenden Begründung zu Ziel 59 LEP IV. Damit bringe der Planer zum Ausdruck, dass die Begrenzung auf maximal 10 % der Verkaufsfläche nicht ausreiche. Mit dem Oberverwaltungsgericht Niedersachsen sei davon auszugehen, dass diese absolute Grenze bei 700 m² liege. Es sei auch fraglich, ob es sich bei den genannten Sortimenten noch um Randsortimente handele, da mit ihnen 15 % des Umsatzes generiert werde. Ungeachtet dessen fehle es aber an der Innenstadtverträglichkeit. Dies ergebe sich nachvollziehbar aus dem Gutachten Dr. A.. Ferner liege ein Verstoß gegen das Nichtbeeinträchtigungsgebot des Ziels 60 LEP IV vor, denn ausweislich des genannten Gutachtens sei bei einem Möbeleinzelhandelsmarkt in der von der Klägerin zugrunde gelegten Größe mit Umsatzverteilungen von mehr als 10 % und daher mit erheblichen Auswirkungen auf benachbarte zentrale Versorgungsbereiche zu rechnen. Entgegen der Auffassung in der Auswirkungsanalyse ... GmbH sei insoweit ein Flächenleistungsansatz von 2.800 €/m² zugrunde zu legen, so dass von einer höheren Flächenproduktivität auszugehen sei. Schließlich verstoße die Planung auch gegen Ziel 46 RROP 2015, das großflächige Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf Gewerbe- und Industrieflächen nicht gestatte. Der Begriff der Gewerbe- und Industrieflächen in Ziel 46 RROP 2015 sei nicht in bauplanungsrechtlichem, sondern in raumordnungsrechtlichem Sinne zu verstehen. Insoweit ergebe sich aus der Verbindung mit Ziel 17 RROP 2015, dass die hier streitgegenständliche Projektfläche raumordnungsrechtlich als Gewerbegebiet mit besonderer regionaler Bedeutung festgesetzt worden und dies von der Bauleitplanung zu beachten sei. Auch das hilfsweise Verpflichtungsbegehren sei unbegründet, da jedenfalls die begehrte Zielabweichung die betroffenen Ziele der Raumordnung und Landesplanung in ihren Grundzügen berührten.

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Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keinen Antrag. Sie halten die Feststellungsklage ebenfalls für unzulässig. Auf prozessuale Nachteile könne sich die Klägerin allenfalls berufen, wenn sie vor Einleitung des Zielabweichungsverfahrens den Standpunkt eingenommen hätte, dass die von ihr in Aussicht genommenen bauleitplanerischen Maßnahmen mit den Zielen der Raumordnung in Einklang stünden und sie sich nur deshalb zur Antragstellung veranlasst gesehen habe, weil die Raumordnungsbehörden dies abweichend gesehen hätten. Dies sei nicht der Fall gewesen. Überdies fehle es der Feststellungsklage auch am Rechtsschutzinteresse. Dringe die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren durch, erginge zu dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag keine Entscheidung, so dass die hilfsweise angegriffenen Verwaltungsentscheidungen in Bestandskraft erwachsen würden und zwingend der angestrebten Bauleitplanung entgegenstünden. Überdies fehle der Klägerin auch das berechtigte Feststellungsinteresse, sofern sie die Feststellung begehre, dass die Darstellung des von ihr geplanten Sondergebiets gegen gar kein Ziel der Raumordnung aus dem Landesentwicklungsprogramm IV und dem regionalen Raumordnungsplan verstoße. Die allgemeine Feststellung der Raumverträglichkeit könne von der Klägerin nicht verlangt werden, da ein umfänglich hiermit korrespondierendes Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht bestehe. In der Sache jedenfalls verstoße die beabsichtigte Planung gegen das Ziel 58 des LEP IV. Soweit die Klägerin die Raumverträglichkeit des Möbeleinzelhandelsbetriebs in der vorgesehenen Größenordnung geltend mache, sei dem entgegen zu halten, dass das Gutachten ... GmbH an methodischen Fehlern leide und von daher nicht als Beurteilungsgrundlage geeignet sei. So seien vorhandene bzw. geplante Möbelanbieter bzw. Erweiterungen von bestehenden Märkten gar nicht in die Betrachtung mit einbezogen worden. Auch sei die Abgrenzung des Einzugsgebiets und dessen Zoneneinteilung fehlerhaft. Die angenommene Flächenproduktivität von 1.800 €/m² als „Worst Case“ erweise sich mit Blick auf die betreiberunabhängig geführte Planung als deutlich zu niedrig. Auch seien die Flächenproduktivitäten der im Einzugsgebiet belegen Bestandsmärkte zu niedrig angesetzt worden. Die Bindung freier Kaufkraft durch den geplanten Möbeleinzelhandel hindere sie im Ergebnis langfristig, verlorene Kaufkraft zurückzugewinnen. Eklatant sei dies in Bezug auf die Beigeladene zu 2), die in einem rechtkräftigen Bebauungsplan bereits ein Sondergebiet für einen Möbelmarkt ausgewiesen habe. Es werde übersehen, dass in ihren Gebieten das Angebot an Möbeln auf wenige Standorte konzentriert und bei mittelständischen Unternehmen gebündelt sei. Breche einer dieser Märkte infolge des Konkurrenzdrucks weg, vergrößere sich das bereits vorhandene Versorgungsdefizit. Außerdem sei fraglich, ob die Klägerin in Abweichung von der Liste innenstadtrelevanter Sortimente des Landesentwicklungsprogramms ihre eigene Sortimentsliste haben zugrunde legen dürfen.

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Die Beigeladenen zu 3) und 4) beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Sie machen geltend, die Feststellungsklage sei unzulässig, da die Klägerin von vornherein von der Notwendigkeit eines Zielabweichungsverfahrens ausgegangen sei. Damit sei für eine Feststellungsklage im Hinblick auf deren gesetzliche Subsidiarität kein Raum. Die angestrebte Planung sei in der Sache mit den Zielen 58 bis Z 60 LEP IV unvereinbar. Ziel 58 LEP finde auch auf Einzelhandelsbetriebe mit großflächigen innenstadtrelevanten Randsortimenten Anwendung. Dem stehe nicht das Ziel 59 LEP IV entgegen. Dieses Ziel sei aber ebenfalls verletzt, weil auch eine Fläche von 2.250 m² für innenstadtrelevante Sortimente ausweislich des Gutachtens Dr. A. nicht mehr innenstadtverträglich sei. Damit sei zugleich auch das Nichtbeeinträchtigungsgebot nach Ziel 60 LEP IV betroffen. Schließlich sei das Vorhaben auch mit dem Ziel 46 RROP 2015 unvereinbar, das vorsehe, dass großflächiger innenstadtrelevanter Einzelhandel auf Industrie- und Gewerbeflächen nicht gestattet sei. Der hier verwandte Begriff der Gewerbe- und Industrieflächen müsse in raumordnungsrechtlichem Sinne verstanden werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei auch dieses Ziel nicht auf großflächigen Einzelhandel mit innenstadtrelevantem Kernsortiment beschränkt. Eine Zielabweichung in dem von der Klägerin angestrebten Sinne scheide aus, weil die Grundzüge der Raumordnung und Landesplanung berührt würden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen. Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Ordner) liegen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat weder mit ihrem Haupt- noch mit ihrem Hilfsantrag Erfolg. Die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist zulässig (1), aber unbegründet (2). Die mit dem Hilfsantrag erhobene Verpflichtungsklage ist ebenfalls unbegründet (3).

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1) Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig. Sie ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Beteiligten streiten insoweit darüber, ob die Planung mit den Zielen des Landesentwicklungsprogramms IV (LEP IV) sowie des Regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe 2015 (RROP 2015) vereinbar ist. Es ist damit die Anwendung von Rechtsnormen – hier des Landesplanungsgesetzes (LPlG) – auf einen bestimmten, überschaubaren Sachverhalt streitig. Hierin liegt ein der Feststellungsklage zugängliches Rechtsverhältnis (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1974 – 7 C 36/72 –, BVerwGE 45, 224 = juris Rn 11, und vom 13. Oktober 1971 – 6 C 57/66 –, BVerwGE 38, 346 = juris Rn. 26).

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Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung. Dieses ist gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde anderer Rechtsauffassung als der Kläger ist und dieser sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 28. November 1978 – II OE 105/76 –, NJW 1979, 997; VG Augsburg, Urteil vom 18. August 2016 – Au 5 K 16.577 –, juris Rn. 22), oder der Kläger Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat, z.B. wenn er der Auffassung ist, dass er für eine bestimmte Tätigkeit keine behördliche Erlaubnis benötigt, die Behörde insoweit jedoch eine andere Auffassung vertritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 – I C 33/68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 7; OVG NW, Urteil vom 17. September 2013 – 13 A 1100/12 –, NVwZ 2013, 1555 = juris Rn. 56 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 43 Rn. 24). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn der Beklagte bestreitet die Vereinbarkeit der klägerischen Planung mit den vorgenannten Zielen der Raumordnung und Landesplanung und vertritt insoweit eine andere Rechtsauffassung als die Klägerin.

23

Entgegen der Auffassung von Beklagtem und Beigeladenen steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO will mithin unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht. Davon kann dann keine Rede sein, wenn die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht, als er mit einer Leistungs- oder Gestaltungsklage erlangt werden kann, wenn also die genannten Klagemöglichkeiten zu keinem gleichwertigen Rechtsschutz führen. Davon ist etwa dann auszugehen, wenn sich der Kläger mit der Erhebung einer Verpflichtungsklage in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung setzen müsste (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2014 – 4 B 55/13 –, RdL 2014, 347 = juris Rn. 4 m.w.N., und Urteil vom 26. September 2012 – 8 C 26/11 –, BVerwGE 144, 211 = juris Rn. 19; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 3. März 2016, 9 K 2050/14 –, juris Rn. 30). So liegt es hier, denn die Klägerin ist der Auffassung, dass ihre Planung nicht der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens bedarf, weil sie mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar ist, und sie strebt mit ihrem Hauptantrag die entsprechende Feststellung an. Mit dieser Feststellung würde sich eine auf Zulassung einer Zielabweichung gerichtete Verpflichtungsklage erübrigen. Hinzu kommt, dass die Klägerin in dieser Situation bei einer Verweisung auf die Durchführung einer Verpflichtungsklage auch in eine unsichere Rechtsposition gedrängt würde. Klagt sie nämlich auf Erteilung eines positiven Zielabweichungsbescheids und käme das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Planung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar ist, wäre die Klage mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig abzuweisen mit der Folge, dass sie als unterlegener Beteiligter gemäß § 154 Abs. 1 und 3 VwGO die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten eventuell Beigeladener tragen müsste.

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Soweit der Beklagte und die Beigeladenen der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklage entgegenhalten, die Klägerin habe mit der unbedingten Stellung ihres Zielabweichungsantrags selbst zum Ausdruck gebracht, dass sie die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens für erforderlich erachte, steht dies der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Unabhängig davon, ob die Klägerin ursprünglich selbst der Auffassung gewesen ist, dass ihre Planung nur im Wege der Zielabweichung zulässig ist, oder ob sie den Zielabweichungsantrag im Hinblick auf die im Vorfeld des Verfahrens geäußerte Rechtsauffassung der oberen Landesplanungsbehörde (vgl. insoweit den Aktenvermerk der Beklagten vom 4. März 2013) gestellt hat, bestimmt sich das von der Klägerin angestrebte Rechtsschutzziel nach dem Parteiwillen, wie er sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aufgrund des gesamten Vorbringens darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2012 – 9 B 56/11 –, NVwZ 2012, 375 = juris Rn. 7, und Urteil vom 23. Februar 1993 – 1 C 16/87 –, NVwZ 1993, 781 = juris Rn 13). Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin hinreichend deutlich ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht, die Planung bedürfe aufgrund ihrer Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung keiner Zielabweichung.

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Schließlich fehlt der Feststellungsklage im Hinblick auf eine etwaige Bindungswirkung des hinsichtlich der Planung ergangenen Zielabweichungsbescheids nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere steht dem Vorhaben nicht die Tatbestandswirkung eines in Bestandskraft erwachsenen Zielabweichungsbescheids entgegen. Zwar folgt aus Art. 20 Abs. 3 GG und § 43 des VerwaltungsverfahrensgesetzesVwVfG –, dass ein (rechtswirksamer) Verwaltungsakt von allen Staatsorganen zu beachten und ihren Entscheidungen als gegeben zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2007 – 4 BN 17/07 –, BauR 2007, 1712 = juris Rn. 8 zu einem Zielabweichungsbescheid; Urteil vom 20. Januar 2003 – 4 CN 14/01 –, BVerwGE 117, 351 = juris Rn. 14) mit der Folge, dass die in dem Verwaltungsakt getroffene Regelung auch in anderen Verfahren als maßgeblich zu beachten ist. Gleichwohl schließt dies ein rechtlich schützenswertes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung nicht von vornherein aus. Die Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts hindert nämlich die zuständige Behörde nicht, den Verwaltungsakt von Amts wegen oder auf Antrag hin nach den Vorschriften der §§ 48 ff. VwVfG oder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen durch einen Zweitbescheid aufzuheben oder abzuändern (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 43 Rn. 21). Sollte daher auf den Hauptantrag der Klägerin hin die begehrte Feststellung ausgesprochen werden, steht damit fest, dass es einer Zielabweichung nicht bedarf mit der Folge, dass sich der Zielabweichungsbescheid – insbesondere soweit er den Zielabweichungsantrag ablehnt – als rechtswidrig erweist. In diesem Fall kann die Klägerin gegenüber dem Beklagten zumindest die Rücknahme des Zielabweichungsbescheids gemäß § 48 VwVfG geltend machen, über die nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist.

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2) Die Klage auf Feststellung der Vereinbarkeit des geplanten großflächigen Möbeleinzelhandelsbetriebs mit den Zielen des Landesentwicklungsprogramms IV und den Zielen des Regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe 2015 ist jedoch unbegründet. Die Planung der Klägerin steht jedenfalls nicht mit dem in Ziel 58 LEP IV enthaltenen Integrationsgebot in Einklang (a) und ist auch nicht mit Ziel 46 RROP vereinbar (b).

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a) Die Planung der Klägerin verstößt gegen das in Ziel 58 LEP IV enthaltene Integrationsgebot, weil der großflächige Möbeleinzelhandelsmarkt mit einem Verkaufsflächenanteil von 2.250 m² für innenstadtrelevante Sortimente nicht in einem städtebaulich integrierten Bereich, sondern in einem nach dem Einzelhandelskonzept der Klägerin als Ergänzungsstandort für großflächigen Einzelhandel mit nicht innenstadtrelevantem Sortiment ausgewiesenen Gemeindegebietsteil verwirklicht werden soll.

28

Gemäß Ziel 58 Satz 1 LEP IV ist die Ansiedlung und Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten nur in städtebaulich integrierten Bereichen, das heißt in Innenstädten und Stadt- sowie Stadtteilzentren, zulässig (städtebauliches Integrationsgebot). Die städtebaulich integrierten Bereiche (zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des BauGB) sind von den zentralen Orten in Abstimmung mit der Regionalplanung verbindlich festzulegen und zu begründen. Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass das geplante Sondergebiet „großflächiger Einzelhandel“ für einen Möbeleinzelhandelsmarkt mit einer Verkaufsfläche von 45.000 m² einschließlich 2.250 m² für innenstadtrelevante Sortimente in zweierlei Hinsicht die in der Rechtsprechung anerkannte Grenze der Großflächigkeit (derzeit 800 m² Verkaufsfläche, vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 – 4 C 10/04 –, BVerwGE 124, 364 = juris Rn. 16 f.) überschreitet. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, Ziel 58 LEP IV sei von vornherein nicht einschlägig, weil es nur großflächige Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevantem Kernsortiment betreffe, während der ihrer Planung zugrundeliegende Möbeleinzelhandelsmarkt als großflächiger Einzelhandelsbetrieb mit nicht innenstadtrelevantem Kernsortiment vorrangig von Ziel 59 LEP IV mit der Möglichkeit der Errichtung an einem Ergänzungsstandort erfasst werde, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr ist Ziel 58 Satz 1 LEP IV nach Auffassung der Kammer dahingehend zu verstehen, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe jedenfalls dann zwingend in städtebaulich integrierten Lagen anzusiedeln sind, wenn sie neben einem nicht innenstadtrelevanten Sortiment ein innenstadtrelevantes Randsortiment führen, das die anerkannte Grenze der Großflächigkeit um ein Mehrfaches (hier nahezu um ein Dreifaches) überschreitet.

29

Bereits der Wortlaut von Z 58 Satz 1 LEP IV streitet dafür, dass das Integrationsgebot nicht auf großflächige Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevantem Kernsortiment beschränkt ist, denn er spricht lediglich von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten. Maßgeblich ist danach bei großflächigem Einzelhandel die Zentrenrelevanz des Sortiments. Er enthält keine Differenzierung nach Haupt- oder Randsortimenten. Hätte der Verordnungsgeber – das Landesentwicklungsprogramm wird gemäß § 8 Abs. 1 Satz 7 LPlG durch Rechtsverordnung der Landesregierung für verbindlich erklärt – beabsichtigt, das Integrationsgebot nach Ziel 58 LEP IV nur auf großflächige Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevantem Kernsortiment zu beziehen, hätte es nahegelegen, dies auch im Wortlaut der Regelung eindeutig zum Ausdruck zu bringen, wie dies etwa in Raumordnungsprogrammen anderer Bundesländer (vgl. etwa Ziffer 2.3 03 Satz 6 Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen 2008; Z. 2.6.4 Landesentwicklungsprogramm Thüringen 2025) geschehen ist.

30

Auch eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung von Ziel 58 LEP IV führt zu dem Ergebnis, dass das Integrationsgebot auf Einzelhandelsbetriebe Anwendung findet, die innenstadtrelevante Sortimente jedenfalls in einem die Grenze der Großflächigkeit erheblich überschreitenden Umfang führen. Das Integrationsgebot hat die Aufgabe, die nach Art eines Kondominiums einander ergänzenden Rechtskreise Raumordnungs- und Städtebaurecht im Einzelfall zu verklammern und insbesondere die Handelsfunktion zu sichern und entwickeln zu helfen, welche vor allem in Innenstädten und Ortsmitten erfüllt werden soll. Ein attraktiver und funktionsfähiger Handelsplatz „Innenstadt“ ist eine der maßgeblichen Leitvorstellungen der Raumordnung. Deren Funktionsfähigkeit soll bei/trotz Ansiedlung oder Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten gewahrt und gestärkt werden (vgl. zu Vorstehendem OVG Niedersachsen, Urteil vom 6. Juni 2016 – 1 KN 83/14 –, BauR 2016, 1439 = juris Rn. 29). Das den Schutz zentraler Versorgungsbereiche bezweckende Integrationsgebot dient damit der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe zum Schutz der zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde (vgl. Begründung zu Z 58 LEP IV, S. 98; ferner BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 4 C 8/10 –, BVerwGE 138, 301 = juris Rn. 18; VGH BW, Urteil vom 22. November 2013 – 3 S 3356/11 –, ESVGH 64, 127 = juris Rn. 45). Dieses Ziel würde unterlaufen werden, wenn außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb mit innenstadtrelevanten Sortimenten allein deshalb zugelassen werden könnte, weil sich das innenstadtrelevante Sortiment als Randsortiment darstellt, während ein vergleichbarer großflächiger Einzelhandelbetrieb mit innenstadtrelevantem (Kern)Sortiment zwingend nur in einer städtebaulich integrierten Lage zulässig wäre. Hinsichtlich etwaiger Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche macht es nämlich keinen Unterschied, ob innenstadtrelevante Sortimente als Kern- oder Randsortiment geführt werden. Insofern ist es erforderlich, für Neben- und Randsortimente eine deutliche Grenze zu ziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 – 4 CN 6/11 –, BauR 2013, 1402 = juris Rn. 21; VGH BW, Urteil vom 4. Juli 2012 – 3 S 351/11 –, BauR 2013, 425 = juris Rn. 83).

31

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus einer Zusammenschau mit dem Ziel 59 LEP IV, im Gegenteil. Nach diesem Ziel ist die Ansiedlung und Erweiterung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit nicht innenstadtrelevanten Sortimenten auch an Ergänzungsstandorten der zentralen Orte zulässig. Danach ist zur Steuerung der Entwicklung außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche eine Zulassung großflächiger Einzelhandelsbetriebe auch an anderen Standorten zulässig, ohne dass hierdurch die Zielrichtung des städtebaulichen Integrationsgebots nach Ziel 58 LEP IV in Frage gestellt wird. Zudem beschränkt Ziel 59 Satz 3 LEP IV innenstadtrelevante Sortimente auf Randsortimente mit innenstadtverträglicher Größenordnung. Ziel 59 LEP IV weist – im Gegensatz zu anderen Raumordnungsplänen und -programmen (vgl. etwa Ziffer 2.3 03 Satz 8 Buchst. a) Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen 2008; Ziffer 1.7.3.3 des Einheitlichen Regionalplans Rhein-Neckar) – zwar keine absolute Flächenobergrenze für innenstadtrelevante Randsortimente auf. Wie sich jedoch aus der Begründung des Landesentwicklungsprogramms IV (S. 99) ergibt, sollen innenstadtrelevante Randsortimente in der Regel nicht mehr als zehn Prozent der Verkaufsfläche umfassen. Diese Regel kann im Einzelfall hintanzustellen sein, wenn – wie hier – ein flächenintensives Hauptsortiment um ein sehr kleinteiliges, deutlicher weniger Fläche beanspruchendes Randsortiment ergänzt werden soll. Darüber hinaus ist aber eine Begrenzung der absoluten Größenordnung vor dem Hintergrund möglicher Beeinträchtigungen der zentralen Versorgungsbereiche u.a. der Standortgemeinde zu prüfen, wobei als Anhaltspunkt für die Beschränkung innenstadtrelevanter Randsortimente die Schwelle der Großflächigkeit dienen kann (vgl. S. 99 LEP IV, auch unter Z 60). Damit gibt auch Ziel 59 LEP IV deutlich zu erkennen, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe nur dann an Ergänzungsstandorten zulässig sein sollen, wenn sie innenstadtrelevante Randsortimente führen, die die Schwelle der Großflächigkeit jedenfalls nicht erheblich übersteigen. Dieser Ansatz ist im Ergebnis auch geeignet, schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche und Versorgungskerne zu verhindern oder zumindest zu begrenzen. Denn es liegt auf der Hand, dass die Attraktivität eines Sortiments mit dessen Umfang und den Möglichkeiten wächst, es darzubieten (vgl. HessVGH, Urteil vom 15. September 2015 – 4 C 2000/12.N –, juris Rn. 79). Wo dabei im Einzelnen die Grenze zu ziehen ist, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, denn die Planung der Klägerin für einen Möbeleinzelhandelsmarkt mit einer die Grenze zur Großflächigkeit um das fast Dreifache übersteigenden Verkaufsfläche für innenstadtrelevantes Angebot überschreitet jedenfalls deutlich das Maß dessen, was als Fläche für innenstadtrelevante Sortimente außerhalb integrierter Lagen zulässig ist.

32

Ist mithin das Integrationsgebot in Ziel 58 LEP IV auch von solchen großflächigen Einzelhandelsbetrieben zu beachten, die neben einem nicht innenstadtrelevanten Hauptsortiment innenstadtrelevante Randsortimente in deutlich die Grenze der Großflächigkeit überschreitendem Umfang führen, verstößt die streitgegenständliche Planung der Klägerin gegen dieses Ziel. Bereits aus diesem Grunde muss der Klage mit dem Hauptantrag der Erfolg verwehrt bleiben, so dass offenbleiben kann, ob die Planung darüber hinaus auch mit anderen Zielen des Landesentwicklungsprogramms IV – etwa dem Nichtbeeinträchtigungsgebot nach Ziel 60 LEP IV – kollidiert.

33

b) Des Weiteren verletzt die Planung der Klägerin auch das Ziel 46 Satz 1 des Regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe 2015. Danach ist die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf Industrie- und Gewerbeflächen nicht gestattet. Dem widerspricht die klägerische Planung, mit der die Ausweisung eines Sondergebiets „Großflächiger Einzelhandel“ auf einer mit dem Bebauungsplan „Gewerbe- und Industriepark B. am Rhein und G.“ bislang als Gewerbe- bzw. Industriegebiet festgesetzten Fläche verfolgt wird.

34

Die in Ziel 46 Satz 1 RROP 2015 enthaltene Regelung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf großflächige Einzelhandelsmärkte mit innenstadtrelevantem Kernsortiment beschränkt. Bereits der Wortlaut der Regelung spricht ganz allgemein von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten, ohne danach zu differenzieren, ob der großflächige Einzelhandelsmarkt innenstadtrelevante Sortimente als Kernsortiment oder als Randsortiment – in welcher Größenordnung auch immer – führt. Des Weiteren ergibt auch eine an Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung kein anderes Ergebnis. Das Verbot der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf Industrie- und Gewerbeflächen dient zum einen dazu, vorhandene Gewerbe- und Industrieflächen für Nutzungen vorzuhalten, die in besonderem Maße auf große Grundstücke und Flächen angewiesen sind. Da diese auch für den Einzelhandel interessant sind, würde diese Intention bei einer Zulassung von großflächigem Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten gefährdet. Großflächiger innenstadtrelevanter Einzelhandel weist nämlich – unabhängig davon, ob als Kern- oder Randsortiment – eine gegenüber dem produzierenden Gewerbe deutlich höhere Flächenproduktivität auf und ist damit in der Lage, höhere Grundstücksmieten zu erwirtschaften mit der Folge, dass es infolge der höheren Wirtschaftskraft zu einem Verdrängungswettbewerb zu Lasten des produzierenden Gewerbes kommen kann. Dem will Ziel 46 Satz 1 RROP 2015 ersichtlich entgegenwirken. Zum anderen aber dient der Ausschluss von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf in der Regel nicht integrierten Industrie- und Gewerbeflächen zumindest auch dem Schutz einer verbraucherorientierten Versorgung (vgl. insoweit auch G 41 RROP sowie dessen Begründung, S. 34 des regionalen Raumordnungsplans). Auch diese Zielrichtung wäre gefährdet, wenn großflächig innenstadtrelevante Sortimente an nichtintegrierten Standorten angeboten würden. Insoweit kann auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Ziel 58 LEP IV Bezug genommen werden, die sich gleichermaßen auf Ziel 46 RROP 2015 übertragen lassen.

35

Eine Vereinbarkeit der Planung der Klägerin mit Ziel 46 RROP 2015 ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach dessen Satz 2 für großflächigen Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten die planerischen Voraussetzungen (Sondergebiete) geschaffen werden sollen, in denen die Zweckbestimmung und Art der Nutzung geregelt ist (§ 11 BauNVO). Soweit die Klägerin Ziel 46 Satz 2 RROP 2015 für sich in Anspruch nimmt und in dem Sinn versteht, dass der Träger der Bauleitplanung durch Umplanung von Gewerbe- und Industrieflächen in Sondergebiete die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten schaffen kann, missversteht er dessen Regelungsgehalt. Die Bestimmung in Ziel 46 Satz 2 RROP 2015 stellt keine Ausnahmeregelung von der in Satz 1 nach Wortlaut und Inhalt ersichtlich zielförmig normierten Unzulässigkeit großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf Industrie- und Gewerbeflächen dar, sondern regelt – wofür sowohl Wortlaut als auch der Verweis auf § 11 Abs. 3 der Baunutzungs-Verordnung (BauNVO) sprechen – lediglich die Form, in der die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel geplant werden soll. Gegen eine Öffnungsklausel in Ziel 46 Satz 2 RROP 2015 für die Umnutzung von Gewerbe- und Industriegebieten spricht die Begründung zu Ziel 46 2015, wonach Einzelhandel mit innenstadtrelevantem Sortiment in Gewerbegebieten nicht zulässig und in erster Linie innerhalb des zentralen Versorgungsbereichs anzusiedeln ist und bestehende Bebauungspläne dies berücksichtigen sollen und gegebenenfalls anzupassen sind (vgl. S. 35 des Regionalen Raumordnungsplans). Diese nach Vorstellung des Plangebers bestehende Anpassungspflicht von Bebauungsplänen an die in Ziel 46 Satz 1 RROP 2015 enthaltene Festlegung würde aber geradezu außer Kraft gesetzt, wenn – wie die Klägerin meint – Ziel 46 Satz 2 RROP 2015 die Ermächtigung für die Umplanung bestehender Gewerbe- und Industrieflächen enthielte. Gegen die Ansicht der Klägerin spricht ferner, dass ihr Verständnis von Ziel 46 Satz 2 RROP 2015 dazu führen würde, dass es letztlich der planenden Gemeinde auf der Ebene der Bauleitplanung überlassen bliebe, Umfang und Inhalt eines Ziels der Raumordnung und Landesplanung zu bestimmen und ggfls. zu umgehen. Eine solche Sichtweise wäre nur schwerlich mit dem System der überörtlichen und örtlichen räumlichen Gesamtplanung vereinbar, wie es in dem Verhältnis von Landesplanung/Raumordnung und Bauleitplanung zueinander mit der Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 des Baugesetzbuchs (BauGB) zum Ausdruck kommt. Hiervon ausgehend lässt Z 46 RROP 2015 zwar grundsätzlich die Ausweisung von Sondergebieten für großflächigen Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten – in der Regel in integrierten Lagen – zu, schließt aber zugleich diese Möglichkeit durch Umplanung bestehender Gewerbe- und Industrieflächen aus, zumal wenn es sich – wie bei dem in Rede stehenden Standort – um eine Gewerbe- und Industriefläche handelt, die bereits im Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe 2004 als besonderer Standort für Industrie und Gewerbe ausgewiesen war (vgl. Ziffer 2.3.2 Ziel 2 RROP 2004) und nunmehr als Gewerbestandort mit überregionaler und regionaler Bedeutung definiert ist (vgl. Ziel 17 RROP 2015). Damit ist die von der Klägerin mit ihrer Planung beabsichtigte Umwandlung von Gewerbe- und Industrieflächen in ein Sondergebiet „Großflächiger Einzelhandel“ nur unter Verstoß gegen Ziel 46 Satz 1 RROP 2015 möglich, so dass die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage auch insoweit unbegründet ist.

36

3) Auch die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von Ziel 58 LEP IV und Ziel 17 RROP 2015 für die Darstellung eines Sondergebiets mit der Zweckbestimmung großflächiger Möbeleinzelhandel in dem beantragten Umfang hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Hinsichtlich beider Zielfestlegungen liegen bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung nicht vor.

37

Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LPlG kann die obere Landesplanungsbehörde im Einvernehmen mit den fachlich berührten Stellen der oberen Verwaltungsebene die Abweichung von einem Ziel des Landesentwicklungsprogramms zulassen, wenn diese aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und das Landesentwicklungsprogramm in seinen Grundzügen nicht berührt wird. Ergänzend bestimmt § 10 Abs. 6 Satz 1 LPlG, dass die obere Landesplanungsbehörde im Benehmen mit den fachlich berührten Stellen der oberen Verwaltungsebene und der jeweiligen Planungsgemeinschaft die Abweichung von einem Ziel des regionalen Raumordnungsplans zulassen kann, wenn diese aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnissen unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und der regionale Raumordnungsplan in seinen Grundzügen nicht berührt wird. Diese Voraussetzungen sind – ohne dass es hier ihrer vollständigen Betrachtung bedarf – nicht gegeben, denn die begehrte Abweichung von Ziel 58 LEP IV und Ziel 17 RROP 2015 (gemeint ist wohl zumindest auch Ziel 46 RROP) dürfte unter raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht vertretbar sein (a); sie berührt jedenfalls die Grundzüge des Landes- und des Regionalplanes (b).

38

a) Wann die Zulassung einer Zielabweichung mit raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten vereinbar ist, ist im Gesetz selbst nicht definiert. Im Hinblick darauf, dass das Zielabweichungsverfahren lediglich die Korrektur seiner zielförmigen Aussagen im Einzelfall ermöglichen soll, wird eine Vertretbarkeit unter raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten dann anzunehmen sein, wenn wegen der veränderten Tatsachen die Zulassung einer Abweichung raumordnerisch sinnvoll ist und eine effektive Verwirklichung der Ziele und Grundsätze der Raumordnung im Übrigen nicht erschwert wird (vgl. Bäumler in: Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, Landesplanungsgesetz, Stand: Oktober 2013, § 8 Anm. 4). Der Begriff der Vertretbarkeit mit raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten ist jedoch nicht mit dem Begriff der städtebaulichen Vertretbarkeit in § 31 Abs. 2 BauGB gleichzusetzen. Das Zielabweichungsverfahren ist vielmehr auf den Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 – 4 C 8/10 –, BVerwGE 138, 301 = juris Rn. 27; Hess.VGH, Urteil vom 15. September 2015, a.a.O. = Rn. 57), wenn also raumordnerische Besonderheiten vorliegen (vgl. OVG NW, Beschluss vom 20. Mai 2014 – 11 A 2921/11 –, ZfB 2015, 40 = juris Rn. 45). Daran fehlt es vorliegend sowohl im Hinblick auf Ziel 58 LEP IV als auch hinsichtlich des Ziels 17 bzw. 46 RROP 2015. Zwar mag mit Blick auf das Einzelhandelskonzept der Klägerin die Zulassung einer Abweichung – wie auch mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 2015 vorgenommen – vom Ansatz her als raumordnerisch sinnvoll angesehen werden. Allerdings fehlt es in Bezug auf einen Möbeleinzelhandelsmarkt in der von der Klägerin ihrer Planung zugrunde gelegten Größe an einem die Zielabweichung rechtfertigenden Härtefall. Dieser liegt insbesondere nicht darin begründet, dass es sich bei dem geplanten großflächigen Möbelmarkt um einen Einzelhandelsbetrieb handeln würde, der von den in Rede stehenden Zielen der Raumordnung und Landesplanung nur unzureichend erfasst würde. Vielmehr würde eine effektive Verwirklichung sowohl von Ziel 58 LEP IV als auch von den Zielen 17 und 46 RROP 2015 erschwert, weil die Zulassung einer Verkaufsfläche von 2.250 m² für innenstadtrelevante Sortimente an einem nicht integrierten Standort – in einem als Gewerbe- und Industriefläche festgesetzten Bereich – das mit dem Integrationsgebot zum Ausdruck gebrachte Bestreben der Vermeidung von Beeinträchtigungen für die städtebaulich integrierten Bereiche in nicht geringem Umfang behindern würde. Hierfür sprechen auch die Feststellungen in dem Gutachten des Büros Dr. A., denen zur Überzeugung der Kammer realistischere Ansätze – etwa hinsichtlich der Bestimmung des Einzugsgebiets und der wegen der Nichtbenennung des ansiedlungswilligen Möbeleinzelhändlers höheren Flächenproduktivität je m² Verkaufsfläche – zugrunde liegen als der von der Klägerin vorgelegten Auswirkungsanalyse der ... GmbH. Dass Gutachten, das nicht von vornherein unbeachtliche Zweifel an der Methodik der Auswirkungsanalyse der ... GmbH aufzeigt, kommt – wie insbesondere die auf der Grundlage verschiedener Szenarien beruhenden Vergleichsberechnungen dokumentieren – letztlich zu dem Ergebnis, dass lediglich ein Möbelmarkt in der Größe, wie er in dem angefochtenen Zielabweichungsbescheid zugelassen wurde, mit Blick auf die Auswirkungen auf integrierte Lagen der Standortgemeinde und anderer Kommunen als noch mit dem Integrationsgebot vereinbar angesehen werden kann. Zudem würde die Zulassung eines Möbelmarktes in der der klägerischen Planung zugrunde liegenden Größe auch in erheblicher Hinsicht mit dem in der regionalplanerischen Festsetzung zum Ausdruck kommenden Willen, Gewerbe- und Industrieflächen dem produzierenden Gewerbe vorzubehalten, kollidieren, wenn auf einer solchen Fläche Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten in einer die Grenze zur Großflächigkeit um das fast dreifache übersteigenden Größe zugelassen werden würde.

39

b) Jedenfalls aber würden durch die Zulassung einer Zielabweichung in der von der Klägerin begehrten Größenordnung das Landesentwicklungsprogramm sowie der regionale Raumordnungsplan in ihren Grundzügen berührt. Was die "Grundzüge der Planung" im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 10 Abs. 6 Satz 1 LPlG sind, ist gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2005 – 9 VR 43/04 –, UPR 2005, 390 = juris Rn. 12). Insofern kann auf die zu § 31 Abs. 2 BauGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010, a.a.O. = juris Rn. 26). Wann eine Planänderung die Grundsätze der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, weil sie nur den – gleichsam formalen – Festsetzungsinhalt treffen, nicht hingegen auch das, was an Planungskonzeption diese Festsetzung trägt, nach dem im Raumordnungsplan zum Ausdruck gekommenen planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die angestrebte und im Plan zum Ausdruck gebrachte landesplanerische Ordnung in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss – soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein – durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss – mit anderen Worten – angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte (vgl. vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010, a.a.O. = juris Rn. 26; OVG RP, Urteil vom 5. September 2006 – 8 A 10343/06.OVG –, BauR 2007, 63 = juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 9. März 1990 – 8 C 76/88 –, BVerwGE 85, 66 = juris Rn. 19). Hieran gemessen sind die Grundzüge der Planung berührt, denn durch die Realisierung eines großflächigen Möbeleinzelhandelsmarkts mit einer Verkaufsfläche von 2.250 m² für innenstadtrelevante Sortimente würden – wie oben im Einzelnen unter Berücksichtigung der Hintergründe der Ziele ausgeführt – sowohl das Integrationsgebot als auch das Verbot der Zulassung von großflächigem Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten auf Gewerbe- und Industrieflächen wesentlich berührt. Beide Ziele treffen in ihrem jeweiligen Planungsgefüge grundlegende raumordnerische Entscheidungen bezüglich der Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel mit innenstadtrelevanten Sortimenten; die begehrte Abweichung erweist sich wegen Charakters und ihres Umfangs hinsichtlich beider Ziele nicht mehr von minderem Gewicht und berührt daher die Grundzüge des jeweiligen Raumordnungsplans.

40

Kann damit die beantragte Abweichung wegen einer Betroffenheit der Grundzüge beider Pläne nicht zugelassen werden, kommt es auf die von der Klägerin hilfsweise unter Beweis gestellte Tatsache – dass die von dem ... GmbH-Gutachten für das geplante Vorhaben angenommene Flächenproduktivität von 1.800 je m² Verkaufsfläche angesichts des Wettbewerbsumfelds einen Worst-Case abbildet – aus Rechtsgründen nicht an.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen zu 1) und 2) keinen Antrag gestellt haben und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen sind, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

42

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Beschluss

43

der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 16. November 2016

44

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Juli 2012 - 3 S 351/11

bei uns veröffentlicht am 04.07.2012

Tenor Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 13. Jan. 2012 - 9 B 56/11

bei uns veröffentlicht am 13.01.2012

Gründe 1 Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Zwar rechtfertigt das Beschwerdevorbringen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 16. Dez. 2010 - 4 C 8/10

bei uns veröffentlicht am 16.12.2010

Tatbestand 1 Die Beigeladene beabsichtigt, im Gemeindegebiet der Klägerin, der Stadt R., ein Möbel-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten mit einer Gesamtverkaufsf

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein bereits bestehendes Wohngebäude zu privaten Wohnzwecken und nicht nur als Betriebsleiterwohnung genutzt werden darf.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung .... Die Grundstücke sind mit einer Werkhalle sowie einem Wohnhaus bebaut. Die Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des seit 24. Juni 1972 rechtsverbindlichen Bebauungsplans „...“ der Stadt .... Der Bebauungsplan setzt für den Bereich der gegenständlichen Grundstücke ein Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung von 1968 fest.

Grundlage des bestehenden Bauvorhabens ist eine Baugenehmigung des ehemaligen Landratsamtes ... vom 15. Mai 1972, Bauplan-Verzeichnis Nr. ..., bezüglich der Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage, Werkhalle, Heizöllagerung und Auffüllung. Der damalige Grundstückseigentümer hatte am 25. April 1972 eine Erklärung nach § 33 Bundesbaugesetz a. F. (BBauG) unterschrieben, in der er für sich und seine Rechtsnachfolger die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ unter Verzicht auf den Rechtsweg anerkannte.

Mit Formblatt vom 16. Januar 2015 beantragte die Klägerin die Nutzungsänderung des bestehenden Wohngebäudes in ein Wohnheim. Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 wurde der Bauantrag nach einem Hinweis des Landratsamtes ... auf die fehlende Genehmigungsfähigkeit zurückgenommen.

[5] Mit Schreiben vom 6. August 2015 teilte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten dem Beklagten mit, dass sie der Rechtsauffassung sei, dass das Wohngebäude nicht als Betriebsleiterwohnung, sondern als Einfamilienhaus genehmigt sei und in dieser Form Bestandsschutz genieße. Die Geschäftsführerin der Klägerin beabsichtige die Nutzung zu privaten Wohnzwecken. Mit Schreiben vom 12. August 2015 kündigte das Landratsamt ... eine Nutzungsuntersagung hinsichtlich der Wohnnutzung an.

Der im Schreiben vom 6. August 2015 gestellte Antrag der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten hinsichtlich die Wohnnutzung beeinträchtigenden Lärmimmissionen der benachbarten Gewerbebetriebe wurde mit mittlerweile bestandskräftigem Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2016 abgelehnt. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Am 26. Februar 2016 erfolgte die Anmeldung der Geschäftsführerin der Klägerin mit Nebenwohnsitz bei der Verwaltungsgemeinschaft .... Die angekündigte Nutzungsuntersagung der Wohnnutzung erließ das Landratsamt ... trotz Mahnung des Bevollmächtigten der Klägerin unter Ankündigung der Klageerhebung nicht.

Mit Schreiben vom 6. April 2016, eingegangen bei Gericht am 11. April 2016, hat die Klägerin bei Gericht Klage erhoben und beantragt,

festzustellen, dass das bestehende Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... nach Maßgabe der Baugenehmigung des ehemaligen Landratsamtes ... vom 15.5.1972, Bauplan-Verzeichnis Nr. ..., zu privaten Wohnzwecken und nicht nur als Betriebsleiterwohnung genutzt werden darf.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig sei. Insbesondere liege das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Die Geschäftsführerin wolle das Gebäude zu privaten Wohnzwecken nutzen. Nachdem das Landratsamt zwar eine abweichende Rechtsauffassung vertreten, aber bisher keine Nutzungsuntersagung angeordnet habe, bestehe für die Klägerin ein berechtigtes Interesse, gerichtlich feststellen zu lassen, ob das bestehende Wohngebäude nach Maßgabe der Baugenehmigung des ehemaligen Landratsamtes ... vom 15. Mai 1972 zu privaten Wohnzwecken und nicht nur als Betriebsleiterwohnung genutzt werden dürfe. Die Klage sei auch begründet. Die Baugenehmigung vom 15. Mai 1972 beruhe auf einem Bauantrag des ehemaligen Grundstückseigentümers ... vom 14. November 1971. Im Deckblatt, den Planzeichnungen sowie in der Baubeschreibung des Bauantrags werde als Bauvorhaben und damit als Nutzung ausdrücklich der „Neubau eines Einfamilienhauses“ angegeben. Ein Hinweis darauf, dass das Gebäude ausschließlich als Betriebsleiterwohnung genutzt werden solle, lasse sich dem Bauantrag nicht entnehmen. Die Baugenehmigung gehe ebenfalls von der „Errichtung eines Wohnhauses“ aus, ohne durch eine Nebenbestimmung die ausschließliche Nutzung als Betriebsleiterwohnung rechtlich zu sichern. Dies wäre zur Beschränkung der Nutzung jedoch erforderlich gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass durch die Baugenehmigung noch vor Inkrafttreten des Bebauungsplans ein Einfamilienhaus und nicht lediglich eine Betriebsleiterwohnung genehmigt worden sei und in diesem Umfang auch von Bestandsschutz auszugehen sei. Dieser Rechtslage stehe die Erklärung des damaligen Grundstückseigentümers vom 25. April 1972 nicht entgegen. Es liege zwar eine Erklärung des Grundstückseigentümers vor, für sich und seine Rechtsnachfolger die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ unter Verzicht auf den Rechtsweg anzuerkennen. Allerdings habe es das damalige Landratsamt ... versäumt, durch eine entsprechende Nebenbestimmung in der Baugenehmigung vom 15. Mai 1972 sicherzustellen, dass das Gebäude nur als Betriebsleiterwohnung genutzt werden dürfe. Abgesehen davon sei die Klägerin nicht an die schriftliche Erklärung des damaligen Grundstückseigentümers gebunden. Als Rechtsnachfolgerin habe sie lediglich die Baugenehmigung zu beachten, nicht aber Erklärungen, die im Rahmen des Bauantragsverfahrens abgegeben, aber nicht in der Baugenehmigung umgesetzt worden seien.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 9. Mai 2016 den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Klage weder zulässig noch begründet sei. Die Feststellung, dass es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um kein reines Wohngebäude handele, sei bereits im Verfahren über die Baugenehmigung getroffen worden. Dies habe zur Rücknahme des Antrags geführt. Weiterhin sei diese Feststellung im Bescheid vom 3. Februar 2016 rechtswirksam getroffen. Dieser Bescheid sei mittlerweile bestandskräftig. Damit sei die Klage bereits unzulässig. Ebenso sei die Klage unbegründet, da im Bescheid vom 15. Mai 1972 die Genehmigung im Hinblick auf den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan und die Anerkennung des Bebauungsplans durch den Antragsteller für sich und seine Rechtsnachfolger ausdrücklich auf § 33 BBauG gestützt worden sei.

Der Bevollmächtigte der Klägerin vertrat mit Schreiben vom 30. Mai 2016 weiterhin die Auffassung, dass die Klage zulässig sei. Das Bauantragsverfahren sowie der Bescheid vom 3. Februar 2016 stünden der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Der Bauantrag sei zurückgenommen worden. Ein ablehnender Verwaltungsakt, dem eine materielle Bestandskraft zukomme, liege daher nicht vor. Darüber hinaus komme nicht jedem Verwaltungsakt eine materielle Bestandskraft zu. Dies sei nur der Fall bei denjenigen Verwaltungsakten, die in ihrer Funktion oder ihrem Zustandekommen Ähnlichkeit mit gerichtlichen Urteilen aufwiesen. Dies bedeute, dass lediglich Verwaltungsakte, die in einem prozessähnlich ausgestalteten, förmlichen Verfahren wie beispielsweise einem Planfeststellungsverfahren erlassen würden, eine materielle Bestandskraft zukomme. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Baugenehmigungen nicht der Fall. Gegenstand des Bescheids vom 3. Februar 2016 sei lediglich bauaufsichtliches Einschreiten gegen bauliche Nutzungen in der Nachbarschaft gewesen. Eine Nutzungsuntersagung gegenüber der Klägerin sei bisher nicht erlassen worden.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 trägt der Beklagte weiter vor, dass bisher - trotz Anmeldung eines Nebenwohnsitzes - eine Wohnnutzung seitens der Geschäftsführerin der Klägerin nicht aufgenommen worden sei. Die Anordnung einer Nutzungsuntersagung sei im streitgegenständlichen Verfahren von der Klägerin bisher nicht beantragt worden. Im Bescheid vom 3. Februar 2016 sei die rechtliche Fragestellung bereits dahingehend entschieden worden, dass es sich bei dem Wohngebäude um ein Betriebsleiterwohnhaus handele.

Mit Beschluss des Gerichts vom 19. Juli 2016 wurden beide angrenzend benachbarten Grundstückseigentümer zum Verfahren einfach beigeladen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Am 18. August 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte, die Bebauungsplanunterlagen und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage auf Feststellung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber in der Sache unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig, denn sie ist als Feststellungsklage nach § 43 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Ein dermaßen festzustellendes Rechtsverhältnis im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Baugenehmigungsbehörde stellt die Reichweite der Regelungswirkung der Baugenehmigung vom 15. Mai 1972 bezüglich der Art der Nutzung dar.

Die Klägerin besitzt auch ein Feststellungsinteresse, da sie ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Ausübung der genehmigten Nutzung in vollem Umfang hat. Denn ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Rechtsauffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 43 Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

Ebenso ist vorliegend keine Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO gegeben. Eine Verpflichtungsklage ist nicht zielführend, da die Klägerin nach ihrer Auffassung bereits im Besitz einer Genehmigung ist. Des Weiteren liegt - entgegen der Auffassung des Beklagten - keine materiell bestandskräftige Entscheidung über die gestellte Rechtsfrage vor. Der ablehnende Bescheid im Hinblick auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die benachbarten Gewerbebetriebe behandelt die Frage der Nutzung des Wohngebäudes nur als Vorfrage.

2. Die Klage ist in der Sache unbegründet.

Die Klägerin hat mit ihrem Feststellungsbegehren keinen Erfolg, da die Nutzung des vorhandenen Wohngebäudes nur als Betriebsleiterwohnung bauplanungsrechtlich zulässig ist.

Die Baugenehmigung vom 15. Mai 1972 ist in dem Sinne zu verstehen, dass eine Wohnnutzung nur im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb als Betriebsleiterwohnung zulässig ist und deshalb ein solches Bauvorhaben genehmigt worden ist.

a) Die Baugenehmigung vom 15. Mai 1972, die auf der Grundlage der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 33 BBauG erging, kann nur im Zusammenhang der Erklärung vom25. April 1972 über die Anerkennung der Festsetzungen des Bebauungsplans ausgelegt werden. Das Anerkenntnis legt in Verbindung mit der Baugenehmigung den baurechtlichen Status des Grundstücks in planungsrechtlicher Hinsicht fest (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Mai 2016, § 33 Rn. 60). Der Umfang der genehmigten Nutzung wird damit im vorliegenden Fall durch die Baugenehmigung und das Anerkenntnis nach § 33 BBauG bestimmt. Die Baugenehmigung stützt sich auf die Voraussetzungen des § 33 BBauG, da das Vorhaben nur unter diesen Bedingungen im Rahmen der künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans bauplanungsrechtlich zulässig und damit genehmigungsfähig ist.

Auf dieses rechtliche Zusammenwirken von Baugenehmigung und Anerkenntnis wird in den Gründen des Baugenehmigungsbescheids vom 15. Mai 1972 Bezug genommen. Das Bauvorhaben sei nach § 33 BBauG zuzulassen, da sich die Baugrundstücke im Baugebiet „...“ des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans befänden und der Bauherr die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkannt habe. Dadurch wird die rechtliche Verknüpfung des genehmigten Vorhabens mit den Festsetzungen des Bebauungsplans - insbesondere der Festsetzung der Gebietsart als Gewerbegebiet - durch den Wortlaut der Baugenehmigung deutlich, obwohl - wie von der Klägerin richtigerweise vorgebracht - keine begriffliche Bezeichnung des Wohnvorhabens als Betriebsleiterwohnung in der Baugenehmigung vorgenommen wird.

b) Zudem ergibt sich die Rechtslage bezüglich der zulässigen bzw. genehmigten Art der Nutzung des streitgegenständlichen Bauvorhabens aus den Rechtswirkungen, die das Anerkenntnis nach § 33 BBauG entfaltet. Die Erklärung nach § 33 BBauG bzw. § 33 BauGB besitzt eine dingliche Wirkung im Sinne einer öffentlichen Last (BVerwG, U. v. 18.4.1996 - 4 C 22/94 - BVerwGE 101, 58). Diese öffentliche Last liegt ohne Eintragung in das Grundbuch auf dem Grundstück.

Im Verhältnis zwischen dem Bauherrn und der Baugenehmigungsbehörde bewirkt dieses Anerkenntnis, dass die Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans vorab verbindlich werden. Das Inkrafttreten des Bebauungsplanentwurfs wird dabei in dem Verhältnis zwischen dem Bauherrn und der Behörde im Ergebnis vorverlegt (BVerwG, U. v. 18.4.1996 a. a. O. Rn. 16; Dürr in Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand Feb. 2016, § 33 Rn. 17). Diese vorab verbindliche Wirkung gilt hinsichtlich der den Bauherrn künftig beschränkenden und der ihn begünstigenden Festsetzungen (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Mai 2016, § 33 Rn. 60). Inhalt des Anerkenntnisses ist es somit, dass der Bauherr sich einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung unterwirft, die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans gegen sich und seinen Rechtsnachfolger gelten zu lassen. Der Bauherr und sein Rechtsnachfolger haben demgemäß alles zu unterlassen, was mit den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbar ist (Dürr in Brügelmann, a. a. O. § 33 Rn. 18).

Anhand der vorgenannten rechtlichen Maßstäbe wird ersichtlich, dass die Nutzung des bestehenden Wohngebäudes nur als Betriebsleiterwohnung bauplanungsrechtlich zulässig ist und ebenso als ein solches Bauvorhaben mit Bescheid vom 15. Mai 1972 genehmigt wurde. Denn der Bebauungsplan „...“ sieht für den gegenständlichen Bereich des Baugrundstücks ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO 1968 vor. In einem solchen Gewerbegebiet sind Betriebsleiterwohnungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1968 ausnahmsweise zulässig. Eine Nutzung zu privaten Wohnzwecken ist dagegen weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich somit nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt haben.

4. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München:Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München:Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach:Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Nr. 9.1.1.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Gründe

1

Die Beschwerde ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet (§ 133 Abs. 6 VwGO).

2

1. Die Revision ist allerdings nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.

3

Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

Steht der Zulässigkeit einer Feststellungsklage deren Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, wenn dem Feststellungskläger damit zugemutet wird, bei der Behörde einen - später im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgenden - Anspruch geltend zu machen, der im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung steht, bzw.

ist es einem Feststellungskläger zuzumuten, bei der Behörde einen Antrag zu stellen, der auf das Gegenteil dessen gerichtet ist, was er mit seinem Rechtsschutzbegehren erreichen will?

4

Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, denn Reichweite und Bedeutung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (vgl. Urteile vom 25. April 1996 - BVerwG 3 C 8.95 - Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 12 S. 18 f. und vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133 = juris Rn. 12). § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO will mithin unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht (vgl. Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 S. 55 f. m.w.N.). Davon kann dann keine Rede sein, wenn die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht, als er mit einer Leistungs- oder Gestaltungsklage erlangt werden kann (stRspr; Urteile vom 21. Februar 2008 - BVerwG 7 C 43.07 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 1 Rn. 11, vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <156>, vom 29. Januar 2004 - BVerwG 3 C 29.03 - Buchholz 442.151 § 41 StVO Nr. 9, vom 5. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 6.00 - Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr. 2 und vom 29. April 1997 - BVerwG 1 C 2.95 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m.w.N.), wenn also die genannten Klagemöglichkeiten zu keinem gleichwertigen Rechtsschutz führen (Beschlüsse vom 25. Mai 1988 - BVerwG 3 B 5.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 98 S. 7 und vom 9. März 1990 - BVerwG 4 B 145.88 - juris Rn. 34). Davon ist etwa dann auszugehen, wenn sich der Kläger mit der Erhebung einer Verpflichtungsklage in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung setzen müsste. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass ein Kläger nicht auf die Erhebung einer Verpflichtungsklage zur Erlangung einer Erlaubnis verwiesen werden kann, wenn er die beabsichtigte Tätigkeit selbst für erlaubnisfrei hält und keine Erlaubnis anstrebt (Urteil vom 17. Januar 1972 - BVerwG 1 C 33.68 - BVerwGE 39, 247 <249>; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 43 Rn. 131 m.w.N.). Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

5

2. Die Beschwerde macht allerdings zu Recht einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend. Das Oberverwaltungsgericht hat, indem es die Klage des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig angesehen hat, die prozessuale Bedeutung dieser Vorschrift verkannt.

6

Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Kläger und Beigeladene beabsichtigen, ihre Miteigentümergemeinschaft an dem ihnen gehörenden Grundstück durch Teilung aufzuheben. Hierzu seien von den Rechtsvorgängern des Klägers und den Beigeladenen Vereinbarungen über einen bestimmten Grenzverlauf sowie über die Teilung des Grundstücks geschlossen worden. Der Kläger sehe sich an diese Teilungsvereinbarungen aber nicht gebunden, weil er befürchte, durch diese Grundstücksteilung würden baurechtswidrige Zustände geschaffen. Gegenüber seinem Begehren festzustellen, dass die Teilung des Grundstücks entsprechend der "Variante 2" in zwei Grundstücke Verhältnisse schaffe, die § 6 ThürBO widersprächen und es zur Genehmigung einer Abweichung eines Verfahrens nach § 63e ThürBO bedürfe, könne er jedoch vorrangig einen entsprechenden Antrag an die Bauaufsichtsbehörde nach § 8 Abs. 3 ThürBO stellen und so klären lassen, ob die Teilung zu baurechtswidrigen Zuständen führe. Daher bedürfe es der vorliegenden Feststellungsklage nicht (UA S. 6, 7). Diese Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts werden dem Rechtsschutzziel des Klägers nicht gerecht und führen daher zu einer Verkennung der Anforderungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Kläger möchte mit seiner Klage die Feststellung erreichen, dass eine Grundstücksteilung entsprechend der sogenannten "Variante 2" bauordnungsrechtlich nicht ohne die Zulassung einer Abweichung nach § 63e ThürBO zulässig ist, weil sie den Anforderungen des § 8 Abs. 1 ThürBO nicht entspricht. Ziel seiner Klage ist mithin die Feststellung, dass die Grundstücksteilung nach der "Variante 2" ohne Zulassung einer Abweichung bauordnungsrechtlich unzulässig ist. Nach dem vom Oberverwaltungsgericht ins Feld geführten § 8 Abs. 3 ThürBO hat die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis darüber auszustellen, dass die Teilung des Grundstücks den Anforderungen des § 8 Abs. 1 und 2 ThürBO entspricht. § 8 Abs. 3 ThürBO regelt damit genau den umgekehrten Fall zum Rechtsschutzziel des Klägers. Damit kann der Kläger nicht auf einen entsprechenden Antrag an die Bauaufsichtsbehörde und im Falle seiner Ablehnung auf die Erhebung von Widerspruch und Verpflichtungsklage verwiesen werden. Infolge dessen kann die Feststellungsklage des Beschwerdeführers entsprechend den unter 1. gemachten Ausführungen nicht an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO scheitern.

7

Der somit vorliegende Verfahrensfehler kann sich auf die Entscheidung der Vorinstanz ausgewirkt haben. Da im Übrigen das Oberverwaltungsgericht keine Einwände gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage gesehen hat, hätte es nicht im Wege des Prozess-, sondern des Sachurteils entscheiden müssen. Insofern ist nicht auszuschließen, dass die Vorinstanz ohne den Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil sie im Rahmen der Begründetheitsprüfung zur Berechtigung des klägerischen Feststellungsbegehrens - wie bereits das Verwaltungsgericht - hätte kommen können. Da das Oberverwaltungsgericht hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und es insofern in erster Linie um die Anwendung irrevisiblen Landesrechts geht, kann der Senat nicht feststellen, dass sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO; vgl. zur Anwendbarkeit dieser Norm im Verfahren über die Zulassung der Revision: Beschlüsse vom 14. Februar 2002 - BVerwG 4 BN 5.02 - BRS 65 Nr. 53 m.w.N. und vom 8. Juni 2011 - BVerwG 4 BN 42.10 - BRS 78 Nr. 70 Rn. 9). Weil auch ein Revisionsverfahren deswegen nur zu einer Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht führen könnte, macht der Senat von seiner Befugnis nach § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Aus diesem Grund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der vom Kläger weiter geltend gemachte Verfahrensfehler der unzureichenden Sachaufklärung vorliegt und ob die in Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfolgreich gewesen wären (vgl. Beschlüsse vom 3. Februar 1993 - BVerwG 11 B 12.92 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 10 = juris Rn. 6, vom 31. August 1999 - BVerwG 3 B 57.99 - NVwZ-RR 2000, 259 = juris Rn. 11 und vom 29. Juli 2013 - BVerwG 4 BN 13.13 - ZfBR 2014, 159 Rn. 9; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 56; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 133 Rn. 86).

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, möchte Honorarforderungen anderer Steuerberater im Wege des Inkasso eintreiben. Sie begehrt die Feststellung, dass sie hierfür keiner Erlaubnis bedürfe, und hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung.

2

Die Klägerin wurde im Frühjahr 2008 von ihrer Geschäftsführerin und deren Sohn gegründet. Beide gehören dem Vorstand der D. an, die unter anderem den Ankauf und den Einzug von Steuerberaterhonorarforderungen als Factoring-Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Klägerin betrieb.

3

Der Unternehmensgegenstand der Klägerin umfasste gemäß § 2 Abs. 1 der Gesellschaftssatzung zunächst die "geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen sowie die damit zu vereinbarenden Tätigkeiten im Sinne des Steuerberatergesetzes". Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 15. Mai 2009 wurde der Unternehmensgegenstand dahin erweitert, dass auch mit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen zu vereinbarende Tätigkeiten im Sinne des Steuerberatungsgesetzes, insbesondere nach § 64 Abs. 2 StBerG, verfolgt würden.

4

Daraufhin widerrief die Beklagte die Zulassung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft mit Bescheid vom 7. August 2009, weil die Aufnahme einer gewerblichen Inkassotätigkeit mit dem Steuerberatergesetz unvereinbar sei. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht mit Urteil vom 24. Februar 2010 abgewiesen. Das anhängige Revisionsverfahren setzte der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 4. März 2010 bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht aus.

5

Am 16. Oktober 2009 beantragte die Klägerin eine Ausnahmegenehmigung für die Inkassotätigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juni 2010 ab. Da einem Steuerberater bei Wahrnehmung von Mandanteninteressen ein umfassender Einblick in die wirtschaftliche und in der Regel auch höchstpersönliche Situation des Mandanten gewährt werde, stehe das geschäftsmäßige (gewerbliche) Inkasso gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG unter dem Einwilligungsvorbehalt der Mandanten. Hiervon könne der Klägerin keine Ausnahme erteilt werden. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht erkennbar. Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2010 zurück.

6

Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht machte die Klägerin geltend, die grundsätzliche Vereinbarkeit von Inkassotätigkeiten mit dem Beruf des Steuerberaters folge bereits aus § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG. Ihre Inkassotätigkeit sei deshalb ohne Erlaubnis zulässig. Unabhängig davon bestehe ein Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung, weil eine Verletzung von Berufspflichten durch die gewerbliche Übernahme von Steuerberaterhonorarforderungen nicht zu erwarten sei. Für die Zweitberufsfreiheit der Steuerberater könne nichts anderes gelten als bei Rechtsanwälten, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich uneingeschränkt zu gewerblichen Zweitberufstätigkeiten berechtigt seien. Es komme mithin allein darauf an, ob durch die gewerbliche Tätigkeit eine konkrete Gefahr für die unabhängige Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit bestehe. Dies sei hier zu verneinen. Schließlich sei ein Forderungsmanagement durch die D. nicht mehr geplant, die Forderungseintreibung erfolge nur noch durch die Klägerin selbst, die D. sei nur noch für die Anwerbung der Kunden zuständig.

7

Mit Urteil vom 24. Februar 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die beabsichtigte Factoring- bzw. Inkassotätigkeit stelle eine gewerbliche Tätigkeit dar, die nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG verboten sei. Aus § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG folge keine allgemeine Aufhebung dieses Verbots. Diese Norm lasse allein die Abtretung von Honorarforderungen eines Steuerberaters unter Wahrung seiner Schweigepflicht zu. Die Voraussetzungen für die begehrte Ausnahmegenehmigung lägen nicht vor, weil eine Verletzung von Berufspflichten nicht ausgeschlossen werden könne.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22. Juni 2011 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Feststellungsbegehren sei unzulässig, weil die Klägerin ihre Rechte mit dem gestellten Verpflichtungsantrag verfolgen könne. Dieser aber sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung. Die von ihr angestrebte Inkassotätigkeit sei unstreitig gewerblich und gehöre nicht zu den sogenannten Vorbehaltsaufgaben nach § 33 StBerG. Die Erforderlichkeit der beantragten Genehmigung werde auch nicht durch die Neufassung des § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG in Frage gestellt. Der Regelung sei nicht zu entnehmen, dass eine gewerbliche Inkassotätigkeit durch Steuerberater von den Beschränkungen des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG hätte befreit werden sollen. Das von der Klägerin beabsichtigte gewerbliche Inkasso lasse eine Verletzung von Berufspflichten bereits deshalb erwarten, weil ihre Gesellschafter zugleich der D. angehörten. Sie könnten unter deren Einfluss versucht sein, deren Interesse an einer möglichst umfangreichen, effektiven und kostengünstigen Inkassotätigkeit Vorrang gegenüber ihren allgemeinen Berufspflichten als Steuerberater einzuräumen. Dies gelte selbst dann, wenn die D. nur werbend für die Klägerin tätig werde und von ihr auch keine Vergütung für ihre Leistungen erhalte; selbst dann habe die D. ein erhebliches Interesse daran, ihren Mitgliedern das von der Klägerin beabsichtigte Inkasso anbieten zu können, um so neue Mitglieder zu akquirieren. Schließlich rechtfertigten die unterschiedlichen Berufsbilder der Rechtsanwälte und der Steuerberater deren unterschiedliche Behandlung bei der Frage, wann und in welchem Umfang gewerbliche Tätigkeiten zulässig seien.

9

Im Revisionsverfahren beantragt die Klägerin,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2011 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz und das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. Februar 2011 zu ändern

und festzustellen, dass sie für die von ihr beabsichtigte gewerbliche Inkassotätigkeit für Angehörige steuerberatender Berufe keiner Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG bedarf,

hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 2. Juni 2010 und ihres Widerspruchsbescheides vom 15. September 2010 zu verpflichten, ihr die beantragte Ausnahmegenehmigung für eine zusätzliche gewerbliche Inkassotätigkeit für Angehörige steuerberatender Berufe zu erteilen.

10

Sie führt zur Begründung aus, dass sie für die beabsichtigte Inkassotätigkeit keiner Genehmigung bedürfe, weil ihre Tätigkeit durch § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG ausdrücklich erlaubt sei. Jedenfalls habe sie einen Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung. Die Gewerblichkeit der Tätigkeit als solche könne nicht die Erteilung hindern, weil dann in keinem Fall ein Anspruch auf Genehmigung bestehe. Nach Sinn und Zweck des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG könne nur die Verletzung anderer Berufspflichten als des Verbotes, gewerblich tätig zu werden, zur Versagung der Ausnahmegenehmigung führen. Gemeinwohlgründe, die zu einer Versagung der Ausnahmegenehmigung führen könnten, seien nicht ersichtlich. Ihr Geschäftsmodell sei in jeder Hinsicht gesetzeskonform.

11

Die Beklage beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts und weist darauf hin, dass die Unabhängigkeit der Berufsausübung als Steuerberater gefährdet sei, wenn die gewerbliche Inkassotätigkeit demgegenüber nicht in den Hintergrund trete. Wer wie die Klägerin in erheblichem Umfang der gewerblichen Inkassotätigkeit nachgehen wolle, sei auf die Abtretung von Honorarforderungen in einem entsprechenden Umfang angewiesen.

12

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er verteidigt ebenfalls das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

14

1. Gemäß § 17a Abs. 5 GVG steht für das Revisionsgericht bindend fest, dass der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Nach dieser Vorschrift prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der zu ihm beschrittene Rechtsweg zulässig ist (vgl. Beschluss vom 22. November 1997 - BVerwG 2 B 104.97 - BayVBl 1998, 603). Das gilt auch für den nunmehr als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag; auch insoweit hat das Oberverwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten - wenngleich stillschweigend - bejaht.

15

Unabhängig davon ist durch den Gesetzgeber der Verwaltungsrechtsweg für Streitigkeiten vorgegeben, die die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG zum Gegenstand haben. Zwar ist für Streitigkeiten über den berufsrechtlichen Status des Steuerberaters grundsätzlich das Finanzgericht zuständig. § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO verweist insoweit auf den Ersten Teil, den Zweiten und Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatergesetzes. Davon ist § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG jedoch nicht erfasst. Er befindet sich im Dritten Abschnitt des Zweiten Teils des Steuerberatergesetzes. Damit verbleibt es insoweit bei der allgemeinen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das müsste auch dann gelten, wenn der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG durch das 8. Steuerberatungsänderungsgesetz 2008 vom 11. April 2008 (BGBl I S. 666) übersehen haben sollte, § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO insoweit anzupassen. Zwar führt dies zu einer wenig zuträglichen Rechtswegspaltung, deren Beseitigung dringend wünschenswert wäre. Ob dies aber zugunsten der Finanzgerichte oder zugunsten der allgemeinen Verwaltungsgerichte geschieht, die auch sonst für das Recht der Freien Berufe ganz überwiegend zuständig sind, kann nur der Gesetzgeber entscheiden.

16

Dem lässt sich nicht dadurch entgehen, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme im Rahmen des Bestellungs- oder eines Widerrufsverfahren nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 2, § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG inzident geprüft werden (so aber offenbar BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 - VII R 47/10 - BFHE 234, 379 ; Beschluss vom 29. November 2011 - VII B 110/09 - BFH/NV 2012, 797 = juris ). § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG setzt ein Handeln der zuständigen Steuerberaterkammer mittels Verwaltungsakt voraus. Sinn und Zweck der Neuregelung in § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG bestehen gerade darin, dem Steuerberater unabhängig von der schwerwiegenden Entscheidung des Widerrufs der Bestellung die Möglichkeit einer zweitberuflichen Betätigung zu eröffnen und deren berufsrechtliche Unbedenklichkeit in einem hierauf gerichteten besonderen Verfahren vorab zu klären.

17

2. Das Oberverwaltungsgericht hält die Feststellungsklage der Klägerin für unzulässig, weil sie ihr Klageziel auch mit einer Verpflichtungsklage hätte erreichen können, die gemäß § 43 Abs. 2 VwGO vorrangig sei. Das verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Seine Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Feststellungsklage ist unbegründet.

18

a) Die Frage, ob die Klägerin für die von ihr beabsichtigte Inkassotätigkeit einer Genehmigung bedarf oder diese Tätigkeit genehmigungsfrei ist, stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin auch ein berechtigtes Interesse, weil die Beklagte die Zulässigkeit dieser Tätigkeit bestreitet und deshalb bereits sogar ihre Zulassung als Steuerberatungsgesellschaft widerrufen hat.

19

Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Genehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG subsidiär. Die Klägerin kann ihr Ziel mit einer Verpflichtungsklage nicht erreichen. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist das Feststellungsbegehren kein Bestandteil des auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gerichteten Verpflichtungsbegehrens. Die Klägerin will in erster Linie keine Ausnahmegenehmigung, sondern eine Klarstellung, dass ihre Tätigkeit ohne eine solche zulässig ist. Mit dieser Feststellung würde sich die Verpflichtungsklage erübrigen.

20

b) Die Feststellungsklage ist aber unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit nicht aufgrund § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG generell zulässig und damit genehmigungsfrei ist.

21

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts möchte die Klägerin anderen Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten sowie Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern und Rechtsanwälten in Kooperation mit der D. ein vollständiges Factoring und Forderungsmanagement für Honorare aus Steuerberatung anbieten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich dabei um eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG sind dem Steuerberater aber gewerbliche Tätigkeiten untersagt und nur bei Zulassung einer Ausnahme erlaubt. Das gilt auch für das gewerbliche Inkasso von Honorarforderungen, die dem Steuerberater von anderen Steuerberatern abgetreten oder sonst zur Einziehung überlassen werden ("von Steuerberatern für Steuerberater").

22

Aus § 64 Abs. 2 StBerG ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift erlaubt die Abtretung von Gebührenforderungen der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten oder die Übertragung ihrer Einziehung an Personen und Vereinigungen im Sinne von § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG und an von diesen gebildete Berufsausübungsgemeinschaften (§ 56 StBerG) auch ohne Zustimmung des Mandanten (Satz 1). Im Übrigen ist die Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist (Satz 2). Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären (Satz 3). Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte (Satz 4).

23

Entgegen der Auffassung der Revision beinhaltet § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG keinen spezialgesetzlichen Erlaubnistatbestand, der § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG einschränkt und zur Zulässigkeit des gewerblichen Inkasso ohne Erteilung einer Ausnahmegenehmigung führen würde. § 64 Abs. 2 StBerG regelt den Pflichtenkreis des Zedenten, nicht des Zessionars; für seine Anwendung ist unerheblich, ob die Inkassotätigkeit für den Zessionar eine gewerbliche oder nicht gewerbliche Tätigkeit darstellt. Das folgt schon aus dem Wortlaut von § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG, der nur auf die "Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung" abstellt, und dem Regelungsgegenstand des gesamten Absatzes, der allein die Verschwiegenheitspflicht des Zedenten betrifft. Daran sollte die Neufassung von § 64 Abs. 2 StBerG durch das 8. Steuerberatungsänderungsgesetz nichts ändern. Damit sollte die Abtretung von Honorarforderungen erleichtert, der Schutzzweck der Vorschrift aber gewahrt werden (BTDrucks 16/7250 S. 26 f.; 16/7077 S. 33 f.). Demzufolge schützt auch § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG das Interesse des Mandanten an der Verschwiegenheit des Steuerberaters. Da die neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten selbst Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind und daher selbst den strengen Regelungen zur Verschwiegenheit unterliegen, ist die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an diesen Personenkreis auch ohne Einwilligung des Mandanten möglich (BTDrucks 16/7077 S. 33). Gelockert wurden die Voraussetzungen für die Abtretung von Honorarforderungen an andere Personen. Hierfür genügt nunmehr die ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten, (BTDrucks 16/7077 S. 34), während nach der alten Rechtslage zusätzlich die rechtskräftige Feststellung der Forderung und ein erster fruchtloser Vollstreckungsversuch vorausgesetzt wurden.

24

Da nicht jede Einziehung von Honorarforderungen zwangsläufig gewerblicher Natur ist, ist auch nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber nur das gewerbliche Inkasso im Blick hatte. Das folgt insbesondere nicht aus dem Teil der Gesetzesbegründung zu § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG, wonach es die neue Regelung Steuerberatern ermöglichen soll, das Inkasso ihrer Honorare auf Verrechnungsstellen zu übertragen. Zur generellen Zulässigkeit des gewerblichen Inkassos verhält sich die Begründung nicht.

25

3. Die Revision ist auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung hat, weil durch die von ihr angestrebte gewerbliche Inkassotätigkeit die Verletzung von Berufspflichten zu erwarten ist (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG).

26

a) Gemäß § 57 Abs. 1 StBerG haben Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben. Gleiches gilt für Steuerberatungsgesellschaften (§ 72 StBerG). Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die ihr Beruf erfordert (§ 57 Abs. 2 StBerG). Als Tätigkeit, die mit dem Beruf des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten nicht vereinbar ist, gilt insbesondere eine gewerbliche Tätigkeit; die zuständige Steuerberaterkammer kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG).

27

Nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG ist der Freie Beruf des Steuerberaters mit einer gewerblichen Tätigkeit demnach grundsätzlich unvereinbar. Dem liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass eine gewerbliche Zweit- oder Nebentätigkeit im typischen Regelfall die verlässliche Einhaltung der allgemeinen Berufspflichten des Steuerberaters (§ 57 Abs. 1 und 2 StBerG) im Sinne einer abstrakten Gefahr zu beeinträchtigen droht. Die Neuregelung durch das 8. Steuerberatungsänderungsgesetz hat an diesem Grundsatz nichts geändert. Zwar wurde das zuvor ausnahmslose Verbot einer gewerblichen Tätigkeit durch die Neufassung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG zu einem nur grundsätzlichen Verbot abgeschwächt, das Ausnahmen zugänglich ist. Jedoch wurde der Katalog der mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbaren Tätigkeiten (§ 57 Abs. 3 StBerG) nicht erweitert (BTDrucks 16/7077 S. 1). Namentlich sind diese Tätigkeiten unverändert nur dann zulässig, wenn sie nicht gewerblich ausgeübt werden; der Absicht des Gesetzgebers widerspräche es, den Katalog des § 57 Abs. 3 StBerG durch Auslegung dahin zu erweitern, dass auch die gewerbliche Betätigung der gesetzlich vereinbaren Tätigkeiten darunter fällt (vereinbare Tätigkeit "im gewerblichen Kleid", vgl. Mutschler, DStR 2008, 1500 f.). Auch insofern verbleibt es vielmehr bei § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG.

28

Die Zulassung einer Ausnahme kommt nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG in Betracht, wenn die vom Gesetzgeber unterstellte abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung von Berufspflichten im konkreten Fall widerlegt ist (ebenso BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 a.a.O.; vgl. Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl. 2009, § 57 Rn. 92). Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Ergibt die vorzunehmende Einzelfallprüfung, dass eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist, besteht ein Anspruch auf die Zulassung der Ausnahme. Insofern ist der zuständigen Steuerberaterkammer kein Ermessensspielraum eröffnet. Die Formulierung in § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG ("kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen") beinhaltet eine Handlungsermächtigung, jedoch kein Entscheidungsermessen. Die Ausnahmegenehmigung ist hingegen zu versagen, wenn der Antragsteller die grundsätzlich bestehenden Zweifel, dass durch eine gewerbliche Zweitbetätigung die Berufspflichten als Steuerberater gefährdet werden, in seinem Einzelfall nicht ausgeräumt hat. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast (BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 a.a.O.; Beschluss vom 8. Februar 2000 - VII B 245.99 - DStR 2000, 670).

29

Allerdings hat die Bundessteuerberaterkammer in Wahrnehmung ihrer Regelungsautonomie (vgl. § 86 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 6 StBerG) in § 16 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) Fallgruppen bestimmt, in denen eine Gefahr für die Verletzung von Berufspflichten im Regelfalle ausgeschlossen ist. Deshalb genügt es, wenn der Steuerberater darlegt, dass seine gewerbliche Zweitbetätigung unter eine der Fallgruppen des § 16 BOStB einzuordnen ist. Es ist dann an der Steuerberaterkammer, eine etwa gleichwohl bestehende konkrete Gefahr für die Einhaltung der Berufspflichten ihrerseits darzutun und gegebenenfalls zu beweisen. Umgekehrt ist der Anwendungsbereich des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG nicht auf diese Fallgruppen beschränkt. Dem Steuerberater ist unbenommen, für eine nicht in § 16 BOStB angesprochene gewerbliche Tätigkeit gleichwohl eine Ausnahmegenehmigung zu verlangen; nur obliegt ihm dann der volle Nachweis, dass eine konkrete Gefahr für die Einhaltung seiner Berufspflichten als Steuerberater nicht besteht.

30

b) Der Klägerin ist nicht gelungen darzulegen, dass in ihrem konkreten Einzelfall keine Gefahr der Verletzung von Berufspflichten als Steuerberatungsgesellschaft durch das gewerbliche Inkasso besteht.

31

Das Oberverwaltungsgericht hat hierfür maßgeblich auf eine personelle Verflechtung zwischen der D. und der Klägerin abgestellt. Tatsächlich besteht die nicht entfernte Gefahr, dass die Gesellschafterin der Klägerin, die zugleich Gesellschafterin der D. und deshalb auch an deren Geschäftserfolg maßgeblich interessiert ist, den gewerblichen Interessen der D. im Konfliktfalle gegenüber den Berufspflichten des Steuerberaters den Vorzug einräumt. Dies gilt ungeachtet der Bemühungen um eine Entflechtung der beiden Gesellschaften, die die Klägerin - teilweise erst während des Revisionsverfahrens - vorgetragen hat.

32

Doch stehe dies dahin. Auf den positiven Nachweis einer konkreten Gefahr von Interessenkollisionen kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass der Klägerin nicht gelungen ist, die bestehende gesetzliche Vermutung einer allgemeinen Gefahr für ihren konkreten Fall auszuräumen. Dagegen spricht bereits, dass das von ihr angestrebte vollständige Factoring und Forderungsmanagement für Honorare steuerberatender Berufe von dem Berufsfeld des Steuerberaters nicht hinreichend abgegrenzt werden kann. Die Klägerin hat keine Umstände benannt, die eine Gefährdungssituation trotz dieser Nähe der beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit zu ihrem Beruf als Steuerberater als unwahrscheinlich erscheinen lassen.

33

c) Den verfassungsrechtlichen Einwänden der Klägerin vermag der Senat nicht zu folgen.

34

Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Zwar stellt das Verbot, neben dem Beruf des Steuerberaters ein Gewerbe auszuüben, eine Einschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit dar. Dieses beruht jedoch auf gesetzlicher Grundlage und ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Wahrung allgemeiner Belange des gemeinen Wohls erforderlich und verhältnismäßig (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Februar 1967 - 1 BvR 569, 589/62 - BVerfGE 21, 173 <179, 181 f.> und vom 4. November 1992 - 1 BvR 79/85 u.a. - BVerfGE 87, 287 <329>). Anhaltspunkte, dass sich das Berufsbild des Steuerberaters zwischenzeitlich so gravierend gewandelt hat, dass die Versagung einer Ausnahmegenehmigung unter dem Blickwinkel des Art. 12 Abs. 1 GG als nicht mehr verhältnismäßig anzusehen ist, bestehen nicht.

35

Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht gegeben. Ein Vergleich mit den Berufsgruppen der Wirtschaftsprüfer, Notare und Rechtsanwälte zeigt, dass Wirtschaftsprüfer eine gewerbliche Tätigkeit grundsätzlich nicht ausüben dürfen. Eine Ausnahmegenehmigung ist nicht vorgesehen (vgl. § 43a Abs. 3 WiPO). Das notarielle Berufsrecht sieht, wie das Berufsrecht der Steuerberater, lediglich die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung für eine gewerbliche Betätigung vor (§ 8 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 BNotO). Demgegenüber ist der Anwaltsberuf mit kaufmännisch-erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeiten nicht von vornherein unvereinbar (§ 7 Nr. 8, § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO). Dass der Gesetzgeber das Regel-Ausnahme-Verhältnis in § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG im Unterschied zu den Regelungen in der Bundesrechtsanwaltsordnung beibehalten hat, begegnet aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken. Zum einen sind beide Berufsbilder verschieden (vgl. BTDrucks 16/7077 S. 33). Zum anderen ist eine Differenzierung bezüglich der schützenswerten Interessen der jeweiligen Mandanten, denen die Berufspflichten vornehmlich dienen, sachlich gerechtfertigt. Im Gegensatz zur typischen Berufstätigkeit des Rechtsanwalts betreut der Steuerberater seine Mandanten in der Regel konstant über längere Zeiträume hinweg und erhält umfassend Einblick in dessen finanzielle und persönliche Verhältnisse.

Tenor

Die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt, tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Zwar rechtfertigt das Beschwerdevorbringen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (1.). Jedoch hat die Verfahrensrüge mit dem Ergebnis Erfolg (2.), dass der Rechtsstreit in dem im Tenor bezeichneten Umfang zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen wird (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 6 VwGO).

2

1. Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage dann, wenn für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>, vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - NVwZ 2005, 709 und vom 2. August 2006 - BVerwG 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290). Daran fehlt es.

3

a) Soweit die Beschwerde die Frage aufwirft,

"Ist es mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem aus Art. 3 GG folgenden Willkürverbot vereinbar, wenn § 3 Abs. 3 KAG NRW dahingehend ausgelegt wird, dass es als zwingende Voraussetzung für die Prognoseentscheidung der Gemeinde bezüglich zu erhebender Vorauszahlungen keiner Steuerfestsetzung aus dem Vorjahr bedarf?",

wendet sie sich gegen die Auslegung von Landesrecht (§ 3 Abs. 3 KAG NRW), die vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann. Abweichendes folgt nicht daraus, dass die Frage die Vereinbarkeit der vom Oberverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung mit Bestimmungen des Bundesverfassungsrechts thematisiert. Revisibilität könnte sie nur erlangen, wenn die angeführten bundesrechtlichen Maßstabsnormen, an denen die Auslegung und Anwendung der landesrechtlichen Vorschrift zu messen sind, ihrerseits ungeklärte Fragen von fallübergreifender Bedeutung aufwerfen würden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 7. März 1996 - BVerwG 6 B 11.96 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7). Das ist nicht ansatzweise dargetan.

4

b) Zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führt ebenfalls nicht die Frage,

"Wie ist § 139 BGB analog in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem aus Art. 3 GG folgenden Willkürverbot auszulegen, wenn eine Gemeinde in einer Satzung bewusst ein zweigleisiges Festsetzungssystem dergestalt geschaffen hat, dass dem Steuerschuldner zwei Festsetzungs- und Zahlungsmodalitäten eröffnet werden."

5

Bei sachgerechter Auslegung dieser Frage will die Beschwerde die Voraussetzungen einer Teil- oder Gesamtnichtigkeit von Satzungen mit den genannten Regelungen geklärt wissen. Dazu bedarf es jedoch keiner revisionsgerichtlichen Entscheidung. Die abstrakt-generellen, von der entsprechenden Anwendung des § 139 BGB ausgehenden Fragen der Gesamt- oder bloßen Teilnichtigkeit von Satzungen sind höchstrichterlich bereits geklärt. Danach steht fest, dass die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon abhängt, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. August 1991 - BVerwG 4 NB 3.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59 S. 81 ff. und vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13). Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage maßgeblich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, die einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich sind.

6

2. Mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) macht die Klägerin geltend, das Oberverwaltungsgericht habe ihr Klagebegehren unter Verstoß gegen § 88 VwGO unzutreffend ausgelegt und deshalb über einen Teil der Klage entgegen dem Klageantrag nicht in der Sache entschieden. Es habe zu Unrecht angenommen, das Verwaltungsgericht sei - seinerseits unter Verstoß gegen § 88 VwGO - mit der Aufhebung der Vorauszahlungsfestsetzungen für 2009 und die Folgejahre über das Klagebegehren hinausgegangen. Demgegenüber ergebe sich aus der Klagebegründung vom 7. Mai 2009, wie auch aus der Interessenlage der Klägerin, dass das Verwaltungsgericht das Klageziel zutreffend erkannt habe. Diese Rüge greift durch.

7

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden; es hat vielmehr das tatsächliche Rechtschutzbegehren zu ermitteln (Urteil vom 3. Juli 1992 - BVerwG 8 C 72.90 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 19 S. 4 f.; Beschlüsse vom 5. Februar 1998 - BVerwG 2 B 56.97 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 25 und vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 6 B 30.09 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 38 Rn. 3). Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel (stRspr; Urteil vom 3. Juli 1992 a.a.O.; Beschluss vom 25. Juni 2009 - BVerwG 9 B 20.09 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 37 Rn. 2). Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück (Urteil vom 27. April 1990 - BVerwG 8 C 70.88 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 5; Beschluss vom 19. Juni 2010 - BVerwG 6 B 12.10 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 55 Rn. 4). Neben dem Klageantrag und der Klagebegründung ist auch die Interessenlage des Klägers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und den Beklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. Urteil vom 18. November 1982 - BVerwG 1 C 62.81 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 11 S. 5 f.; Beschlüsse vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und vom 19. Juni 2010 a.a.O.).

8

Ist aber der Kläger bei der Fassung des Klageantrages anwaltlich vertreten worden, kommt der Antragsformulierung allerdings gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht.

9

Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht das Klagebegehren nicht zutreffend ausgelegt. Es ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem Klageantrag die Aufhebung des Bescheides vom 12. Dezember 2008 nur hinsichtlich der Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr 2007 und der Festsetzung von Vorauszahlungen für das Kalenderjahr 2008, nicht aber für das Kalenderjahr 2009 beantragt war. Dagegen hat es die Klagebegründung unberücksichtigt gelassen, die im Zusammenhang mit der Interessenlage der Klägerin deutlich erkennen lässt, dass Klageziel die Aufhebung der Festsetzung von Vorausleistungen insgesamt war. In der Klagebegründung hat die Klägerin ihr Aufhebungsbegehren auf die Rechtsauffassung gestützt, die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten sei nichtig. Diese Satzung bildete die Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Vorausleistungen nicht nur für das Jahr 2008, sondern in gleicher Weise für die Folgejahre. Indem die Klagebegründung daraus den Schluss gezogen hat, "die angefochtene Festsetzung von Vorausleistungen (sei) ebenfalls unwirksam", hat sie unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass diese Festsetzung uneingeschränkt angegriffen werden sollte. Gestützt wird dieses Auslegungsergebnis durch die Interessenlage. Die Klägerin wurde durch die Festsetzung von Vorausleistungen insgesamt belastet. Ein sachlicher Grund, warum sie gegen diese Belastung nur teilweise hätte vorgehen sollen, ist nicht erkennbar.

10

Das Urteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensmangel. Denn das Oberverwaltungsgericht hat den Teil des erstinstanzlichen Urteils, der die Festsetzung der Vergnügungssteuervorauszahlung für das Jahr 2009 betrifft, wegen Verstoßes gegen § 88 VwGO aufgehoben, aber nicht in der Sache entschieden.

11

Da weitere Zulassungsgründe nicht eingreifen, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, auf die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 133 Abs. 6 VwGO das angefochtene Urteil im Umfang des Verfahrensfehlers aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

12

3. Die Kostenentscheidung folgt, soweit über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden war, aus § 154 Abs. 2 VwGO. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsteht eine Gerichtsgebühr nur, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Die sonstigen Kosten des Beschwerdeverfahrens, namentlich die außergerichtlichen Kosten, waren verhältnismäßig zu teilen, und zwar in der Weise, dass die Klägerin die Kosten im Maße ihres Unterliegens trägt und die Entscheidung über diejenigen Kosten, die dem Anteil der erfolgreichen Beschwerde am gesamten Beschwerdeverfahren entsprechen, der Kostenentscheidung in der Hauptsache folgt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tatbestand

1

Die Beigeladene beabsichtigt, im Gemeindegebiet der Klägerin, der Stadt R., ein Möbel-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten mit einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 40 000 qm zu errichten. Die Klägerin ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) als Mittelzentrum eingestuft.

2

Den Antrag der Klägerin auf Zielabweichung für das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen lehnte der Beklagte ab. Das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot. Die beantragte Zielabweichung sei unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletzt würden. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung entgegenstehen, hilfsweise auf Verpflichtung des Beklagten, die vorsorglich beantragte Zielabweichung zuzulassen, wies das Verwaltungsgericht ab.

3

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Das Ansiedlungsvorhaben widerspreche den in den Plansätzen 3.3.7 Satz 1, Halbs. 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen. Es füge sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; der Einzugsbereich des Vorhabens überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich. Den Festlegungen komme Zielqualität zu. Dem stehe nicht entgegen, dass die Planaussagen als Soll-Vorschrift ausgestaltet seien. Lägen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen ließen, bedeute das "Soll" ein "Muss". Eine Soll-Vorschrift im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang führe zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulasse. Die Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 enthalte die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden dürfe. Mit diesem Inhalt sei die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände würden vom Plangeber insoweit negativ selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden dürfe. Die zwischen den Beteiligten unstreitigen Rechengrößen belegten einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot. Das in den Plansätzen 3.3.7 Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot verstießen nicht gegen die kommunale Planungshoheit und seien auch vereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG und Unionsrecht. Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Ziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstoße, könne offenbleiben. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene hätten keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung i.S.d. § 24 LplG berühre. Eine Zielabweichung, die zur - wenn auch einzelfallbezogenen - Abkehr von dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem als Komplementärelement verstandenen Kongruenzgebot führe, berühre immer die "Grundzüge der Planung". Der höheren Raumordnungsbehörde sei daher bereits kein Ermessen eröffnet gewesen; der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung sei zwingend abzulehnen gewesen.

4

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die Beigeladene die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Soll-Vorschriften seien keine Ziele der Raumordnung. Es stehe im Widerspruch zum Verbindlichkeitsanspruch von Zielfestlegungen, das Vorliegen atypischer Fälle der Einschätzung nachgeordneter Planungsträger zu überlassen. Bei Verstößen gegen das Kongruenzgebot komme eine Zielabweichung grundsätzlich in Betracht. Nicht jede landesplanerische Aussage, die auf das Zentrale-Orte-Prinzip zurückgehe, zähle zu den Grundzügen der Planung.

Entscheidungsgründe

5

Die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine Zielfestlegung des LEP 2002 entgegensteht, wenden. Dagegen sind die Revisionen hinsichtlich der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage begründet. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

6

1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass das in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 enthaltene Kongruenzgebot, wonach die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein soll, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, ein Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG3 Nr. 2 ROG a.F.) und damit eine verbindliche Vorgabe für raumbedeutsame Planungen darstellt, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Auch als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussagen können ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sein.

7

1.1 Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Sie sind anders als Grundsätze der Raumordnung nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung (Beschluss vom 20. August 1992 - BVerwG 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329 <333>). Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich.

8

Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Mussvorschriften ausgestaltet sind. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben der Regel auch die Voraussetzungen der Ausnahme mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt (Urteile vom 18. September 2003 - BVerwG 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 <58> und vom 20. November 2003 - BVerwG 4 CN 6.03 - BVerwGE 119, 217 <222 f.>).

9

Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. In ihrer Grundstruktur unterscheiden sich Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit in atypischen Fällen nicht von landesplanerischen Aussagen, die dem Regel-Ausnahme-Muster folgen; sie stellen keine eigenständige Zielkategorie des Raumordnungsrechts dar (vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 6. Juni 2005 - 10 D 145/04.NE - BauR 2005, 1577). Insoweit erscheint die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweise, sei nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (UA S. 23), verfehlt, zumindest aber missverständlich. Nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs führt das als Soll-Vorschrift gefasste Kongruenzgebot zu einer strikten Zielfestlegung, das eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Wenn eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall - als Soll-Vorschrift erlassen werde, sei der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt sei. Lägen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen ließen, so bedeute das "Soll" ein "Muss". Insofern folgen auch die hier einschlägigen Soll-Vorschriften des LEP 2002 dem Regel-Ausnahme-Muster; sie zeichnen sich nur dadurch aus, dass der Plangeber die Voraussetzungen der Ausnahme von der grundsätzlich geltenden Regel nicht ausdrücklich in Form einer textlichen Festlegung benennt.

10

Dass ein Plansatz keine normative Aufführung der atypischen Umstände enthält, die eine Ausnahme von der Regel zu rechtfertigen vermag, steht seiner Qualifizierung als verbindliches Ziel i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG nicht entgegen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind. Dagegen entfalten Soll-Vorschriften, die dem nachgeordneten Planungsträger bei der Einschätzung, ob ein atypischer Fall vorliegt, einen eigenen Abwägungsspielraum einräumen, keinen Verbindlichkeitsanspruch. Mit dem Merkmal der Atypizität allein sind die Fallgestaltungen, bei denen die Regelvorgaben der Vorschrift nicht gelten sollen, nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar beschrieben. Der Plangeber muss vielmehr selbst Anhaltspunkte für die Reichweite atypischer Fälle liefern. Auch abstrakte Kriterien können zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik und damit zur Bestimmbarkeit genügen. Lässt sich aus den Zielvorstellungen des Plangebers und dem Normzusammenhang der Regelung im Wege der Auslegung der atypische Fall bestimmen, kann die für die Ziele der Raumordnung vorausgesetzte Letztverbindlichkeit bejaht werden.

11

1.2 Gemessen an diesem Maßstab ist die Auslegung des in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 enthaltenen Kongruenzgebots als Ziel i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

12

Nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Kongruenzgebot als Soll-Vorschrift ohne ausdrücklich benannte Ausnahmen ausgestaltet. Der Plangeber habe auf eine weitere Konkretisierung des Kongruenzgebots durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Er habe allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt. Das Kongruenzgebot stehe mit Plansatz 3.3.7 und Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten, von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang. Das Beeinträchtigungsverbot in Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002, wonach die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, begründe keine Ausnahme vom Kongruenzgebot nach Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002. Vielmehr könne ein atypischer Fall nur dann vorliegen, wenn das Beeinträchtigungsverbot eingehalten werde und zusätzlich weitere Umstände hinzuträten. Die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, habe nach diesem Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen: Zum einen müsse die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen dürfe (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden (UA S. 25 f. - Klammerzusätze im Original).

13

Als Ergebnis landesrechtlicher Auslegung für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindend ist sowohl das Verständnis des Beeinträchtigungsverbots in Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 als strikt festgelegtes Kernziel als auch die Schlussfolgerung, der Plangeber habe die atypischen Umstände, die eine Abweichung vom Kongruenzgebot durch den nachgeordneten Planungsträger erlaubten, insofern - negativ - selbst eingegrenzt, als das Beeinträchtigungsverbot jedenfalls nicht angetastet werden dürfe. Die - negative - Eingrenzung, dass die Beachtung des Beeinträchtigungsverbots nicht genügt, um eine Ausnahme vom Kongruenzgebot zu begründen, engt die Variationsbreite atypischer Umstände zwar ein. Das reicht aber nicht zur Bestimmbarkeit möglicher atypischer Fälle durch den nachgeordneten Planungsträger. Das erkennt auch der Verwaltungsgerichtshof. Ob es zur Bestimmbarkeit genügt, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat - "des Weiteren" die Begründung des LEP 2002 Leitlinien enthalte, die für die Feststellung einer Atypik, die den nachgeordneten Planungsträger von der Bindungswirkung des Ziels freistellt, herangezogen werden könnten, mag zweifelhaft sein. Denn auf der in Bezug genommenen Seite der Begründung (Seite B36) heißt es lediglich: "Einzelhandelsgroßprojekte können bei falscher Standortwahl und Größenordnung das zentralörtliche Versorgungssystem, die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne nachteilig beeinflussen". Auf den Einzelhandelserlass wird nur zur Bestimmung des Begriffs "Einzelhandelsgroßprojekte" verwiesen. Das bedarf indes keiner Vertiefung. Denn nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Plangeber nicht auf eine negative Abgrenzung möglicher atypischer Fallkonstellationen beschränkt, sondern gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können (UA S. 29): Der Plangeber habe in den Plansätzen 3.3.7 Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Danach wird der atypische Fall zielintern durch Rückgriff auf das im Plan normierte zentralörtliche Gliederungssystem und das Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit bestimmbar. Die vom Plangeber mit dem zentralörtlichen Gliederungssystem verfolgten Zwecke sind als Grundsätze der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG kodifiziert; dieser Regelungszusammenhang bewirkt, dass der atypische Fall durch Auslegung von Sinn und Zweck des Plans zielintern bestimmbar wird. Der Umstand, dass es sich um abstrakte Kriterien handelt, die der Konkretisierung mit Blick auf den jeweiligen Einzelfall bedürfen, steht der Bestimmbarkeit durch Auslegung nicht entgegen. Entgegen dem Einwand der Beigeladenen folgt aus der Notwendigkeit der Auslegung der Regelvorgabe nach Sinn und Zweck im Einzelfall keine "Universalität" der Belange, die dem nachgeordneten Planungsträger in unzulässiger Weise Gestaltungsspielraum eröffnen würden. Unvorhersehbar ist nicht der atypische Fall, sondern nur, ob der (seltene) Fall einer Ausnahme eintreten wird. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, wird dem nachgeordneten Planungsträger mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik gerade nicht die abschließende Abwägung übertragen. Fallkonstellationen, auf die die Planaussage - hier: das Kongruenzgebot - seinem Wesen nach, d.h. nach Sinn und Zweck wegen Besonderheiten des Einzelfalls nicht "passt", werden - wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung anschaulich ausgeführt hat - zudem selten sein. Die Abwägung des Plangebers führt damit zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Sind - wie hier - die atypischen Ausnahmen vom Kongruenzgebot auch ohne abschließenden oder auch nur beispielhaften Katalog anhand der im Plan zum Ausdruck kommenden Regelungsabsichten des Plangebers bestimmbar, entfaltet die als Soll-Vorschrift gefasste Planaussage auch als Gesamtregelung den Verbindlichkeitsanspruch eines Ziels i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG.

14

1.3 Auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Regeltatbestandes bestehen keine Bedenken gegen die Zielqualität des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002. Das Kongruenzgebot verlangt, dass die einzelnen Einzelhandelsbetriebe der jeweiligen Zentralitätsstufe der Standortgemeinde entsprechen; ein Verstoß liegt bei einer wesentlichen Überschreitung des Verflechtungsbereichs vor. Anknüpfungspunkt ist der landes- oder regionalplanerisch definierte Status eines Ortes nach der gestuften zentralörtlichen Gliederungshierarchie im Sinne des Zentrale-Orte-Prinzips. Der Verflechtungsbereich ist für Ober- und Mittelzentren durch die Region und den Mittelbereich vorgegeben. Durch die in Plansatz 2.5 LEP 2002 vorgenommene Festlegung der Zentralen Orte und deren Verflechtungsbereiche lässt sich ohne Weiteres die räumliche Bezugsgröße im Verhältnis zur Lage des Vorhabens bestimmen. Der für Mittelzentren als Einzugsbereich bestimmte Mittelbereich wird gemäß Plansatz 2.5.9 Abs. 5 im Anhang des LEP 2002 durch Nennung der maßgeblichen Ortschaften sowie kartographisch konkretisiert. Für Oberzentren verweist Plansatz 2.5.8 LEP 2002 auf die Region als Anknüpfungspunkt. Das genügt entgegen der Auffassung der Revisionen zur räumlichen Bestimmung des Verflechtungsbereichs. Zu dieser Feststellung ist der Senat befugt, weil der Verwaltungsgerichtshof zum Landesrecht - jedenfalls insoweit - keine Aussagen getroffen hat, an die das Revisionsgericht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden sein könnte.

15

Ebenfalls bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Verwaltungsgerichtshof die Bestimmtheit des unbestimmten Rechtsbegriffs "wesentlich" unter Rückgriff auf Schwellen- bzw. Grenzwerte, die sich als Erfahrungswerte zur Einschätzung der Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben gebildet haben, bejaht und sich dabei an dem Anhaltswert in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten vom 21. Februar 2001 (- Einzelhandelserlass - GABl S. 290) orientiert hat. Sowohl der voraussichtliche Umsatz eines geplanten Vorhabens je qm Verkaufsfläche als auch die nach Sortimenten bestimmbare branchenbezogene Kaufkraft der Einwohner eines räumlich bestimmten Einzugsbereichs - hier: eines Mittelzentrums - lassen sich prognostisch berechnen. Solche Marktgutachten stellen eine zulässige Methode dar, um die ökonomischen Zusammenhänge der Kaufkraftbindung im Einzugsbereich eines Vorhabens abzubilden und damit Anhaltspunkte für die raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf die raumordnungsrechtlich gewichtigen Belange der effektiven Nutzung und Bündelung der Infrastruktur und des Verkehrs zu bieten (Urteile vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 Rn. 14 und vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 Rn. 18, 21). Ob - wie in Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses vorgegeben - eine wesentliche Überschreitung in der Regel gegeben ist, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden, bedarf keiner Entscheidung. Denn nach den vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten gutachterlichen Berechnungen würden jedenfalls hinsichtlich des Möbel-Einrichtungshauses rund 90 % und bei einer gemeinsamen Betrachtung des Gesamtvorhabens immerhin noch 82 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Einzugsbereichs der Klägerin erwirtschaftet.

16

1.4 Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Vereinbarkeit des Kongruenzgebotes mit höherrangigem Recht bejaht. Ob und mit welchem Inhalt ein Kongruenzgebot normiert wird, ist zwar allein eine landesrechtliche Frage (Beschluss vom 8. Juni 2006 - BVerwG 4 BN 8.06 - BRS 70 Nr. 13 S. 93 f.). Die Zielfestlegung muss sich aber am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Maßstab sind Schutzzweck und Reichweite des bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzips, aus dem das Kongruenzgebot abgeleitet wird.

17

1.4.1 Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass, wenn die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden durch Normierung eines "strikten" Kongruenzgebots einschränkt, überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen müssen. Der Eingriff in Art. 28 Abs. 2 GG durch Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 ist formal vom Landesplanungsgesetz gedeckt und auch materiell gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig (vgl. auch Beschluss vom 20. August 1992 - BVerwG 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329 <335>).

18

Die mit dem Kongruenzgebot bewirkte raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit rechtfertigen kann. Das Kongruenzgebot wird aus dem Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitet (Beschluss vom 8. Juni 2006 a.a.O. S. 93). Dieser Grundsatz findet sich in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 ROG2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 ROG a.F.), der anordnet, dass die Siedlungstätigkeit auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten ist. Ziel der dieses Prinzip konkretisierenden raumordnerischen Regeln ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Aus diesem Grund ist der Einzelhandel an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Kongruenzgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe. Schutzzweck eines von der konkreten Beeinträchtigung der Versorgungssituation abgekoppelten Kongruenzgebots ist die raumordnerische Annahme, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe, die nach Lage, Umfang und Art nicht der jeweiligen zentralörtlichen Hierarchiestufe der Standortgemeinde entsprechen, selbst dann raumunverträglich sind, wenn sie nicht zu Beeinträchtigungen führen, weil sie wegen ihrer überörtlichen, über den Einzugsbereich der Standortgemeinde hinausgehenden Wirkung zur Zersiedelung und Erhöhung des Verkehrsaufkommens führen, mithin dem Grundsatz eines schonenden Flächen- und Ressourcenverbrauchs und dem Grundsatz der effektiven Nutzung und Bündelung der Infrastruktur und des Verkehrs widersprechen. Das ist ein raumordnungsrechtlich legitimer Zweck. Mit dieser Zielrichtung bestehen gegen die Geeignetheit eines Kongruenzgebots in der Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revisionen steht der Geeignetheit des raumordnerischen Ziels auch nicht die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit entgegen. Das Kongruenzgebot räumt den Gemeinden Spielraum ein und lässt sich mit dem verfügbaren städtebaulichen Planungsinstrumentarium, insbesondere den vielfältigen horizontalen und vertikalen Kombinations- und Gliederungsmöglichkeiten umsetzen.

19

Die Einschätzung des Plangebers, dass andere, weniger tief in die gemeindliche Selbstverwaltungshoheit eingreifende Mittel diese Ziele insgesamt nicht gleich effektiv verwirklichen können, mithin das Kongruenzgebot auch erforderlich ist, ist nicht zu beanstanden. Bei der Einschätzung der Erforderlichkeit einer Regelung, die - wie hier - dem Schutz des öffentlichen Interesses dient, kommt dem Plangeber eine Einschätzungsprärogative zu. Es genügt nicht, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die Betroffenen weniger belasten, wenn sie nicht die gleiche Wirksamkeit versprechen. Ein bloßes Beeinträchtigungsverbot wie auch ein - nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs - mit einem Beeinträchtigungsverbot verbundenes Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) mögen im Einzelfall "milder" sein, weil sie einem Vorhaben nicht strikt entgegenstehen, sondern eine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungssituation in der Standortgemeinde und in betroffenen Nachbargemeinden voraussetzen. Das legitime raumordnerische Ziel einer flächensparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung können sie jedoch nicht in gleicher Weise erreichen wie ein "striktes" vom Beeinträchtigungsverbot abgekoppeltes Kongruenzgebot.

20

Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof auch davon ausgegangen, dass das Kongruenzgebot nur dann verhältnismäßig ist, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beansprucht. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass die Möglichkeit bestehen muss, ein Vorhaben ausnahmsweise zuzulassen, das zwar formal gegen das Kongruenzgebot verstößt, aus atypischen Gründen im konkreten Einzelfall aber raumverträglich erscheint, mithin mit Blick auf das Schutzziel des Kongruenzgebots unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Dem hat der Plangeber im vorliegenden Fall durch Ausgestaltung des Kongruenzgebots als Soll-Vorschrift mit Abweichungsmöglichkeiten im atypischen Fall Rechnung getragen. Für Härtefälle, die keinen atypischen Fall begründen, steht zudem das förmliche Zielabweichungsverfahren gemäß § 6 Abs. 2 ROG11 ROG a.F.) zur Verfügung.

21

1.4.2 Der Senat stimmt dem Verwaltungsgerichtshof auch darin zu, dass das Kongruenzgebot mittelbar die von der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Standortwahl beschränkt und daher der Rechtfertigung durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls bedarf. Dieser Maßstab unterscheidet sich nicht von den "überörtlichen Interessen von höherem Gewicht", die zur Rechtfertigung nach Art. 28 Abs. 2 GG heranzuziehen sind. Auf die Ausführungen unter 1.4.1 kann daher Bezug genommen werden.

22

1.4.3 In Übereinstimmung mit dem revisiblen Unionsrecht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV jeder nationalen Maßnahme entgegensteht, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Unionsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Das Beschränkungsverbot erfasst nicht nur Maßnahmen mit unmittelbarer Wirkung gegenüber dem Betroffenen, sondern auch mittelbare Einschränkungen (EuGH, Urteile vom 25. Juli 1991 - Rs. C-76/90, Säger - Slg. 1991, I-4221 Rn. 12, vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-58/98, Corsten - Slg. 2000, I-7919 Rn. 33 und vom 15. Juni 2006 - Rs. C-255/04, Künstleragentur - Slg. 2006, I-5251 Rn. 37). Nicht diskriminierende, d.h. unterschiedslos wirkende beeinträchtigende Maßnahmen können jedoch gerechtfertigt sein, wenn die mit der Maßnahme verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellen und der unionsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, d.h. die Maßnahmen geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

23

Die Vermeidung von Sozial- und Umweltlasten mit den Mitteln des Raumordnungsrechts stellt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar. Entgegen der Anregung der Beigeladenen sieht der Senat keinen Anlass für eine Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die raumordnungsrechtliche Ansiedlungssteuerung für Einzelhandelsgroßbetriebe im Wege des Kongruenzgebotes dient - wie dargelegt - nicht, auch nicht mittelbar wirtschaftlichen Zwecken, sondern zielt auf effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Auch der Europäische Gerichtshof erkennt in Raumordnungszielen, die der Vermeidung von Sozial- und Umweltlasten dienen, zwingende Gründe des Allgemeininteresses (EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2009 - Rs. C-567/07, Woningstichting Sint Servatius - Slg. 2009, I-9021 Rn. 29 - zur Beschränkung des freien Kapitalverkehrs - unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999 - Rs. C-302/97, Konle - Slg. 1999, I-3099 Rn. 40). Unter den vom Gerichtshof bereits anerkannten Gründen finden sich auch der Umweltschutz (EuGH, Urteile vom 20. September 1988 - Rs. C-302/86, Kommission/Dänemark - Slg. 1988, I-4607 Rn. 9 und vom 14. Dezember 2004 - Rs. C-309/02, Radlberger Getränkegesellschaft - Slg. 2004, I-11763 Rn. 75) und der Verbraucherschutz (EuGH, Urteil vom 11. März 2010 - Rs. C-384/08, Attanasio Group Srl - ABl EU 2010 Nr. C 113 S. 11 Rn. 50 mit Verweis auf EuGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - Rs. C-220/83, Kommission/Frankreich - Slg. 1986, I-3663 Rn. 20 und vom 29. November 2007 - Rs. C-393/05, Kommission/Österreich - Slg. 2007, I-10195 Rn. 52). Wie sich aus den Schlussanträgen der Generalanwältin Sharpston vom 7. Oktober 2010 ergibt, sind planungsrechtlich bewirkte Beschränkungen der Standorte großer Einzelhandelseinrichtungen auf städtische Bevölkerungszentren und Beschränkungen der Größe der Einrichtungen in weniger bevölkerungsreichen Gebieten als geeignete Mittel anzusehen, weil sie dem Ziel dienen, umweltbelastende Autofahrten zu vermeiden, dem innerstädtischen Verfall entgegenzuwirken, ein umweltgerechtes Stadtmodell zu erhalten, den Bau neuer Straßen zu vermeiden und den Zugang mit öffentlichen Verkehrsmitteln sicherzustellen (Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 7. Oktober 2010 - Rs. C-400/08, Kommission/ Spanien - Rn. 79, 90, 91). Notwendig sind präventive Maßnahmen; gerade auch der Umweltschutz bedarf der Umsetzung durch raumordnungsrechtliche Maßnahmen. Das gilt ebenso für den Schutz der verbrauchernahen Versorgung, der angesichts der demographischen Entwicklung besonderes Gewicht hat (vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 Rn. 8).

24

Die Erforderlichkeit der Maßnahmen beurteilt sich allein danach, ob das (nationale) Raumordnungsrecht mildere Alternativen zur Verfügung stellt. Dass die mit der Standortsteuerung von Einzelhandelsgroßprojekten verbundenen Ziele des Umweltschutzes und des Verbraucherschutzes gegebenenfalls auch durch andere Maßnahmen außerhalb des Raumordnungsrechts gefördert werden könnten, führt nicht zur mangelnden Erforderlichkeit. Wie zu Art. 28 Abs. 2 GG ausgeführt, stellt das Raumordnungsrecht weniger einschneidende Alternativen zum Kongruenzgebot nicht zur Verfügung. Die Verhältnismäßigkeit der Regelung ist - wie ebenfalls bereits dargelegt - zudem dadurch gewahrt, dass die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens eröffnet ist.

25

2. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist dagegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, eine Zielabweichung, die zur - wenn auch einzelfallbezogenen - Abkehr von dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem als Komplementärelement verstandenen Kongruenzgebot führe, berühre immer die "Grundzüge der Planung", so dass der Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen gewesen sei (UA S. 48). Der Verwaltungsgerichtshof verkennt den Bedeutungsgehalt des bundesrechtlichen Begriffs "Grundzüge der Planung" i.S.d. § 6 Abs. 2 ROG11 Satz 1 ROG a.F.).

26

Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich ursprünglich als Rahmenrecht in § 11 Satz 1 ROG a.F., nun in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Der Begriff ist gesetzlich nicht definiert (Beschluss vom 15. Juli 2005 - BVerwG 9 VR 43.04 - Buchholz 406.14 § 4 ROG 1998 Nr. 1 S. 2). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Senats zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (Urteil vom 18. November 2010 - BVerwG 4 C 10.09 - Rn. 37). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (Urteile vom 4. August 2009 - BVerwG 4 CN 4.08 - BVerwGE 134, 264 Rn. 12, vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 23 und vom 9. März 1990 - BVerwG 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66 <72>).

27

Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die "als Grundzüge der Planung" die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen (UA S. 47), ist als Ergebnis der Auslegung des LEP, der dem irrevisiblen Landesrecht angehört, zwar bindend. Die Schlussfolgerung, dass ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, in jedem Fall die planerische Grundentscheidung berühre, verkennt aber, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt, ob die Grundzüge der Planung berührt werden. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorliegen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, darf nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch Beschluss vom 5. März 1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren ist nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Wie bereits dargelegt ist, erweist sich das Kongruenzgebot nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beansprucht. Dem steht eine Gleichsetzung der Grundzüge der Planung mit dem Zentrale-Orte-Prinzip entgegen. Ob hier raumordnerische Besonderheiten bereits deswegen vorliegen, weil das Vorhaben - wie die Klägerin und die Beigeladene vortragen - zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung im Einzugsbereich und der Funktion anderer Zentraler Orte führt oder weil andere Besonderheiten vorliegen, die den vorliegenden Fall als Härtefall i.S.d. § 6 Abs. 2 ROG erscheinen lassen, nicht aber die Grundzüge der Planung berühren, mithin eine Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens erlauben, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht geprüft. Da er auch darauf verzichtet hat zu prüfen, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht nur gegen das Kongruenzgebot, sondern auch gegen das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot verstößt, lässt sich auch nicht feststellen, ob die Ablehnung der Zielabweichung aus diesem Grund rechtmäßig ist und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sich im Ergebnis als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Teilfortschreibung des für sie geltenden Regionalplans des Antragsgegners hinsichtlich des Kapitels zum Einzelhandel.
Die Antragstellerin ist eine Stadt mit rund 21.000 Einwohnern und nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg (LEP 2002) und dem Regionalplan des Antragsgegners als Mittelzentrum ausgewiesen. Die Einwohnerzahl des ihr zugeordneten Verflechtungsbereichs beträgt rund 40.000 Einwohner. Sie bringt vor, auf Grund topografischer Besonderheiten über eine sehr kompakte Siedlungsstruktur mit nur noch wenigen Freiflächen zu verfügen. Eine von ihr in Auftrag gegebene Einzelhandelsuntersuchung sei im Jahr 2007 zum Ergebnis gekommen, dass sie nicht in der Lage sei, ihrer Versorgungsfunktion für sich selbst und ihren Verflechtungsbereich gerecht zu werden. Versuche, durch Neuansiedlungen von Einzelhandelsbetrieben Abhilfe zu schaffen, seien meist am Widerstand einzelner Grundstückseigentümer in ihrer Kernstadt gescheitert. Deswegen könne die gebotene künftige Behebung der bestehenden Unterversorgung nur über die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevanten Sortimenten in lediglich teilintegrierten Lagen gelingen.
Der Landesentwicklungsplan 2002 legt in seinem Kapitel „3.3 Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen“ Ziele der Raumordnung zu Standorten für Einzelhandelsgroßprojekte unter anderem wie folgt fest:
„3.3.7 Z
Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sollen sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen; …
3.3.7.2 Z
Einzelhandelsgroßprojekte dürfen weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihre Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht zentrenrelevante Warensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage.“
Der Regionalplan des Antragsgegners aus dem Jahr 1995 legt in seinem Plansatz 2.6.9 (Z) den Einzelhandel betreffend u.a. fest:
„Die Einzelhandelsdienstleistungen durch Einkaufszentren, durch großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher sollen von den Ober-, Mittel- und Unterzentren aus erfolgen. Diese Einrichtungen sollen städtebaulich und verkehrlich integriert in den Siedlungsbereichen der Zentralen Orte zugelassen werden …“
Nach Auffassung des Antragsgegners waren in den Jahren nach 1995 in der Region Entwicklungstendenzen zu beobachten, die eine verbraucher- und wohngebietsnahe Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs gefährdeten. Es sei zur Ausweisung und Errichtung von Einzelhandelsbetrieben mit umfangreichen Parkplatzangeboten und Verkaufsflächengrößen an nicht zentralen autoaffinen Standorten („Grüne Wiese“) gekommen. Das habe in Verbindung mit dem sich verändernden Verbraucherverhalten zu einer Verschiebung der Einkaufsschwerpunkte und einem schleichenden Bedeutungsverlust der Innenstädte als Handels- und Versorgungszentren sowie zu einem Anstieg des über den motorisierten Individualverkehr abgewickelten Einkaufsverkehrs und der Umweltbelastungen geführt. Plansatz 2.6.9 (Z) bisheriger Fassung habe somit seinen Zweck nicht hinreichend zu erfüllen vermocht; konkretere Festlegungen seien erforderlich.
Daher beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners im September 2009, eine Änderung des Plansatzes 2.6.9 (Z) im Wege einer Teilfortschreibung einzuleiten. Wesentliches Ziel der Fortschreibung sei die gebietsscharfe Darstellung von Vorrang- und Ausschlussflächen für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte in der Raumnutzungskarte.
10 
In der Raumnutzungskarte des ersten Entwurfs zur Teilfortschreibung vom 24.9.2009 war für die Gemarkung der Antragstellerin nur ein Vorranggebiet für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte (in der Innenstadt) dargestellt. Die Antragstellerin brachte mit Schreiben vom 17.12.2009 umfangreiche Einwendungen vor und regte an, Vorranggebiete auf ihrer Gemarkung in erheblich größerem Umfang darzustellen. Daraufhin kam es zu einem Gespräch zwischen Antragstellerin und Antragsgegner am 12.3.2010, in dem der Antragsgegner argumentierte, ein Großteil der von der Antragstellerin als Vorranggebiete gewünschten Areale entspreche nicht den Anforderungen des Landesentwicklungsplans an „städtebaulich integrierte Lagen“. Die Antragstellerin erhielt Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag. Dem kam sie mit Anwaltsschriftsatz vom 23.3.2010 nach und legte im Wesentlichen dar, bei den weiteren von ihr als Vorranggebieten gewünschten Arealen handele es sich zumindest um relativ gut integrierte Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte.
11 
Diesem Vorbringen trug der Antragsgegner nur insoweit Rechnung, als er in der Raumnutzungskarte des zweiten Entwurfs einer Teilfortschreibung vom 29.4.2010 das in der Innenstadt vorgesehene Vorranggebiet erweiterte und ein zusätzliches Vorranggebiet für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte im Teilort K. darstellte. Die Aufnahme der übrigen drei von der Antragstellerin vorgeschlagenen Vorranggebiete in die Raumnutzungskarte lehnte er unter Verweis auf ihre städtebauliche Randlage im Sinne des Landesentwicklungsplans ab. Mit Anwaltsschriftsatz vom 16.6.2010 wiederholte und vertiefte die Antragstellerin ihre Einwendungen.
12 
Am 16.7.2010 beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners die Teilfortschreibung unter Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Antragstellerin als Satzung. Das Wirtschaftsministerium erklärte die Teilfortschreibung mit Genehmigung vom 18.1.2011 für verbindlich. Die Genehmigung wurde am 28.1.2011 öffentlich bekannt gemacht. Damit trat folgende Fassung von Plansatz 2.6.9 in Kraft:
13 
„2.6.9 Einzelhandelsgroßprojekte
14 
2.6.9.1 (G) Gewährleistung einer verbrauchernahen Versorgung
15 
Um eine verbrauchernahe Versorgung in der gesamten Region zu gewährleisten, sollen im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung integrierte und wohngebietsnahe Standorte für die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsbetrieben herangezogen werden. Dabei soll insbesondere den Bedürfnissen von Behinderten, Familien mit Kindern und Senioren angemessen Rechnung getragen und auf eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fußgänger- und Fahrradverkehr hingewirkt werden.
16 
2.6.9.2 (Z) 1 Konzentrationsgebot
17 
Die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben (Einzelhandelsgroßprojekte) ist in der Regel nur in den Ober-, Mittel- und Unterzentren zulässig.
18 
(Z) 2 Abweichend hiervon kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Einstufung in Betracht, wenn dies zur Sicherung der Grundversorgung erforderlich ist und von den Einzelhandelsgroßprojekten keine überörtlichen Auswirkungen zu erwarten sind. Die Plansätze 2.6.9.3 bis 2.6.9.5 gelten entsprechend.
19 
2.6.9.5 (N) Integrationsgebot
20 
Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht-zentrenrelevante Warensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage.
21 
2.6.9.6 (Z) 1 Vorranggebiete für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten sind nur in den in der Raumnutzungskarte dargestellten Vorranggebieten für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte auszuweisen, zu errichten und zu erweitern. In den Vorranggebieten für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte sind andere mit der vorrangigen unvereinbare raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen. Außerhalb dieser Vorranggebiete ist die Ausweisung und Errichtung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevanten Sortimenten ausgeschlossen (Ausschlussgebiet für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte). Ausnahmsweise sind bestandsorientierte Erweiterungen zulässig, sofern sie entsprechend der Plansätze 2.6.9.2 bis 2.6.9.4 regionalplanerisch verträglich sind.
22 
(Z) 2
23 
Zentrenrelevante Randsortimente sind in den Ausschlussgebieten für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte auf die Verkaufsflächengröße zu begrenzen, die der Schwelle zur Großflächigkeit entspricht. Die Verkaufsfläche für zentrenrelevante Randsortimente hat sich der Verkaufsfläche des Hauptsortiments unterzuordnen...“
24 
Die Antragstellerin hat am 19.12.2011 ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Begehren, Plansatz 2.6.9.6 (Z) der Teilfortschreibung für unwirksam zu erklären. Mit Schriftsatz vom 29.3.2012 hat sie den Normenkontrollantrag begründet.
25 
Die Antragstellerin macht geltend, Plansatz 2.6.9.6 (Z) 1 sei mit höherrangigem Recht unvereinbar und abwägungsfehlerhaft zustande gekommen. Durch die in diesem Plansatz vorgesehene Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte komme es in der Raumnutzungskarte zu gebietsscharfen Darstellungen. Damit überschreite der Antragsgegner seine ihm durch das Landesrecht eingeräumte Befugnis. Denn wenn der Landesgesetzgeber die Regionalverbände zu gebietsscharfen Festlegungen ermächtigen wolle, verwende er im Landesplanungsgesetz den Begriff „Gebiete“ (wie in den Nummern 7 bis 10 des § 11 Abs. 3 Satz 2 LplG). Bei der Ermächtigung zur Festlegung hinsichtlich Einzelhandelsprojekten in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG benutze er jedoch nur den Begriff „Standorte“. Damit seien diesbezügliche gebietsscharfe Regelungen alleine der Bauleitplanung vorbehalten, zumal sie ohnehin zum „Bodenrecht“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 Alt. 2 GG zählten, wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden habe. Denn letztlich nehme der Antragsgegner hier mit raumplanerischen Mitteln Sondergebietsausweisungen nach § 11 Abs. 3 BauNVO auf ihrer Gemarkung vor.
26 
Durch die Ausgestaltung von Plansatz 2.6.9.6 (Z) 1 Sätze 1 und 3 als Muss-Vorschriften ohne Ausnahmemöglichkeit missachte der Antragsgegner die zwingenden Vorgaben des Landesentwicklungsplans, da dessen korrespondierender Plansatz zum Integrationsgebot 3.3.7.2 (Z) Satz 2 lediglich als Sollvorschrift ausgestaltet sei.
27 
Jedenfalls werde aber durch die Festlegungen von Vorrang- und Ausschlussgebieten unverhältnismäßig in ihre gemeindliche Planungshoheit eingegriffen. Denn solche Festlegungen dürften nur getroffen werden, wenn und soweit sie für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich seien. Daran fehle es hier aus unterschiedlichen Gründen. Den Festlegungen des Antragsgegners mangele es bereits an der erforderlichen Regionalbedeutsamkeit. Diese könne nicht damit begründet werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte schon nach der Definition in der Begründung zur Teilfortschreibung stets überörtliche Auswirkungen hätten. Auch die weitere Begründung, Ziel des angefochtenen Plansatzes sei die Stärkung der örtlichen Versorgungskerne, verfange nicht, weil die Verfolgung dieses Ziels eine Aufgabe der örtlichen Bauleitplanung sei. Die behauptete Verkehrsminderung trete allenfalls auf ihrem Gebiet und damit allenfalls örtlich ein. Die konkret erfolgte Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten auf ihrer Gemarkung führe dazu, dass sie kein einziges zentrenrelevantes Einzelhandelsgroßprojekt realisieren könne. Denn Versuche in den letzten Jahren hätten gezeigt, dass die Eigentumszersplitterung und der Egoismus einzelner Grundeigentümer in ihrer Innenstadt zu groß seien, um dort ein zentrenrelevantes Einzelhandelsgroßprojekt verwirklichen zu können. Die derzeit einzige größere Brachfläche liege im Ausschlussgebiet. Da der Antragsgegner davon ausgehe, dass es zur Realisierung eines Einzelhandelsgroßprojekts des Einsatzes von Instrumenten des Baugesetzbuchs (Umlegung, Sanierungs- oder Entwicklungsgebiet) bedürfe, sei die Intensität des Eingriffs in private Rechte besonders hoch und seien die Festlegungen deswegen unangemessen.
28 
Der Antragsgegner habe es in zu beanstandender Weise unterlassen, vor seiner Abwägung die Eignung der von ihm festgelegten Vorranggebiete auf ihrer Gemarkung zur Ansiedelung von Einzelhandelsbetrieben ausreichend zu untersuchen. Ebenso sei eine Untersuchung der Versorgungssituation auf ihrem Gebiet unterblieben. Diese Ermittlungsfehler könnten nicht unbeachtlich geworden sei. Denn sie habe den Antragsgegner auf diese Defizite schon im Aufstellungsverfahren hingewiesen und die Fehler seien so schwerwiegend, dass sie als Fehler im Abwägungsergebnis ausgelegt werden müssten.
29 
Die Antragstellerin beantragt,
30 
Plansatz 2.6.9.6 (Z) der Teilfortschreibung des Regionalplans 1995 des Regionalverbands Südlicher Oberrhein vom 16.7.2010 für unwirksam zu erklären.
31 
Der Antragsgegner beantragt,
32 
den Antrag abzuweisen.
33 
Er erwidert, der Landesgesetzgeber ermächtige die Regionalverbände im Landesplanungsgesetz zur Festlegung von Ausschlussgebieten auch für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte. Dass diese Bestimmungen verfassungswidrig seien, behaupte auch die Antragstellerin nicht. Somit könne es unter weiteren Voraussetzungen auch zu gebietsscharfen Festlegungen von Vorranggebieten kommen, die aber nicht schon alleine deswegen bodenrechtlicher Natur seien. Denn „Standorte“ im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG seien nicht nur Standorte im Gesamtraum, sondern auch gebietsscharfe Standorte innerhalb einer Gemeinde. Die angefochtenen Festlegungen nötigten die Antragstellerin auch nicht, in den festgelegten Vorranggebieten nur eine bestimmte Art von Vorhaben zuzulassen, so dass ihr schon deswegen ein genügender Planungsspielraum verbleibe.
34 
Die Teilfortschreibung des Regionalplans beachte die Vorgaben in Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 des LEP 2002. Die Antragstellerin vermenge zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung den Regelungsgehalt von Soll-Bestimmungen im Landesentwicklungsplan mit Bestimmungen, die eine Regel-Ausnahmestruktur aufwiesen. Dazu gehöre Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 des Landesentwicklungsplans nicht. Zudem könne atypischen Fällen über die Zulassung einer Zielabweichung Rechnung getragen werden.
35 
Die Festlegung in Plansatz 2.6.9.6. (Z) 1 sei verhältnismäßig. Sie werde durch gewichtige überörtliche Interessen gerechtfertigt. Denn sie beträfen nur solche Einzelhandelsgroßprojekte, die nach der Definition in der Begründung der Teilfortschreibung überörtliche Auswirkungen hätten. Weiter diene die Teilfortschreibung der Stärkung der Versorgungskerne der Ober-, Mittel- und Unterzentren, die definitionsgemäß auch der überörtlichen Versorgung des jeweiligen Verflechtungsbereichs mit Gütern des nichttäglichen Bedarfs dienten. Damit werde eine Stadt der kurzen Wege gefördert und Umweltbelastung durch Individualverkehr gemindert. Zweck der gebietsscharfen Festlegungen von Vorranggebieten sei es, das im Landesentwicklungsplan enthaltene Integrationsgebot räumlich zu verfeinern und durch eine bessere Bestimmbarkeit auch vollzugsfähig zu machen.
36 
Die Rüge unzureichender Ermittlung der Eignung der festgelegten Vorranggebiete auf ihrer Gemarkung zur Aufnahme von zentrenrelevanten Einzelhandelsgroßprojekten sei mangels rechtzeitiger Geltendmachung unbeachtlich. Im Übrigen liege ein dahingehender Ermittlungsfehler auch nicht vor, da der Hinweis der Antragstellerin auf die mangelnde Eignung der Flächen zu pauschal sei. Durch den Einsatz der Instrumente des Baugesetzbuchs sei eine Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten möglich, insbesondere innerhalb des Zeithorizonts von 15 Jahren, für den ein Regionalplan üblicherweise gelte.
37 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akten des Antragsgegners verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig (I.), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg (II.).
I.
39 
Der gegen einen Plansatz der als Satzung festgestellten (§ 12 Abs. 10 LplG) Teilfortschreibung des Regionalplans des Antragsgegners gerichtete Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin besitzt insbesondere die erforderliche Antragsbefugnis, da sie geltend machen kann, durch den angefochtenen Plansatz, der ein Ziel der Raumordnung festlegt, in ihrem Recht auf Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 LVerf) verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Unabhängig davon ist sie als Behörde antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO), da sie den Plansatz gemäß § 1 Abs. 4 BauGB als die für die Bauleitplanung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB zuständige Behörde zu beachten hat. Die einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Auch kann der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Plansatzes der Teilfortschreibung nicht abgesprochen werden, obwohl sie bereits durch das Integrationsgebot in Plansatz 3.3.7.2 (Z) des Landesentwicklungsplans (LEP 2002) über § 1 Abs. 4 BauGB rechtlich gebunden und faktisch nicht unerheblich in ihrer Planungshoheit beschränkt ist. Denn sie macht geltend, dass die Festlegungen des angefochtenen Plansatzes über den Regelungsrahmen des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 hinausgingen und deshalb eine zusätzliche Einschränkung ihrer Planungshoheit bewirkten.
II.
40 
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg. Für die gerichtliche Kontrolle ist die bei Erlass der Teilfortschreibung geltende Rechtslage maßgebend. Abzustellen ist deshalb auf das Raumordnungsgesetz vom 22.12.2008 (BGBl. I 2008, S. 2986) - ROG - (vgl. dessen Übergangsvorschrift § 28 Abs. 1 Satz 1) und ergänzend (§ 28 Abs. 3 ROG) auf das Landesplanungsgesetz in der Fassung vom 10.7.2003 (GBl. S. 385) - LplG -, zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 4.5.2009 (GBl. S. 185, 193). Gemessen daran ist Plansatz 2.6.9.6 (Z) der Teilfortschreibung wirksam.
41 
Verletzungen von Verfahrensvorschriften beim Zustandekommen der Teilfortschreibung werden von der Antragstellerin nicht gerügt; solche Verletzungen sind auch für den Senat nicht erkennbar.
42 
Plansatz 2.6.9.6 (Z) der Teilfortschreibung steht entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch mit materiellrechtlichen Vorgaben im Einklang. Sein maßgeblicher erster Absatz legt als Ziel der Raumordnung in beschreibender Darstellung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 ROG, § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 LplG) fest, dass die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevantem Sortiment nur in Vorranggebieten zulässig und ansonsten (abgesehen von Erweiterungen) ausgeschlossen ist. Was unter einem Einzelhandelsgroßprojekt zu verstehen ist, ergibt sich aus der Definition in Plansatz 2.6.9.1 (Z); die zentrenrelevanten Sortimente sind in einer Liste in Anlage 1 zur Teilfortschreibung bestimmt. Die genannten Vorranggebiete werden im Kartenteil zur Teilfortschreibung im Maßstab 1:50.000 dargestellt und damit zeichnerisch festgelegt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ROG, § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 LplG). Absatz 2 des angefochtenen Plansatzes ergänzt diese Festlegungen durch eine Regelung hinsichtlich zentrenrelevanter Randsortimente.
43 
Die von der Antragstellerin beanstandeten Festlegungen des ersten Absatzes von Plansatz 2.6.9.6 (Z) sind entgegen ihrer Ansicht wirksam. Denn diese Festlegungen sind erforderlich im Sinne des § 11 Abs. 3 LplG (1.), überschreiten durch ihre konkret gewählte Festsetzungsschärfe den Ermächtigungsrahmen des Landesplanungsgesetzes nicht (2.), sind hinreichend bestimmbar (3.), missachten keine zwingenden Vorgaben des Landesentwicklungsplans (4.) und leiden an keinen beachtlichen Abwägungsfehlern (5.).
44 
1. Die Festlegungen des Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1 sind erforderlich im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 LplG, d.h. regionalbedeutsam (a) und nicht offensichtlich umsetzungsunfähig (b).
45 
a) Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 LplG ist die Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Einzelhandelsgroßprojekte - wie jede sonstige regionalplanerische Festlegung - nur zulässig, soweit sie für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur in der Region erforderlich und damit als regionalbedeutsam anzusehen ist. Die Antragstellerin meint, der mit dem angefochtenen Plansatz bezweckte Erhalt zentraler Versorgungsbereiche betreffe eine auf ihr Gebiet beschränkte Entwicklung mit nur örtlicher Wirkung und könne deswegen nicht regionalbedeutsam sein (ähnlich auch Uechtritz, Agglomerationsregelungen in der Regionalplanung zur Steuerung des Einzelhandels, VBlBW 2010, 181, 190). Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Maßnahmen, die dem Erhalt zentraler Versorgungsbereiche in der gesamten Region dienen sollen, sind schon aus diesem Grund für die Entwicklung und Ordnung ihrer räumlichen Struktur erforderlich, weil der Regionalplangeber nach § 11 Abs. 2 Satz 1 LplG u.a. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG zu konkretisieren hat und zu diesen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 ROG kraft Bundesrechts auch gehört, dass die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtliche Zentren als zentrale Versorgungsbereiche (im gesamten Geltungsbereich des Raumordnungsplans) zu schaffen sind. Das ist ohne Festlegungen, die die örtliche und damit innergemeindliche Ebene betreffen, undenkbar (vgl. auch Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 180). In § 11 Abs. 2 Satz 3 LplG wird dementsprechend ergänzend bestimmt, dass der Regionalplan diese Grundsätze nicht nur sachlich, sondern auch räumlich auszuformen hat. Das den Schutz zentraler Versorgungsbereiche bezweckende Integrationsgebot dient somit, wie der Senat bereits entschieden hat, der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (Urt. d. Senats v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - BauR 2013, 425, juris Rn.73; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 4 C 8.10 - BVerwGE 138, 301, juris Rn. 18.). Die auf die räumliche Ausformung dieses Gebots gerichteten Festlegungen in der Teilfortschreibung des Regionalplans sind danach im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 LplG als raumbedeutsam anzusehen.
46 
b) Ein raumordnerisches Ziel ist allerdings auch dann nicht erforderlich im Sinne dieser Vorschrift, wenn es sich mit dem verfügbaren städtebaulichen Instrumentarium nicht rechtmäßig umsetzen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.5.2013 - 4 B 59.12 - juris Rn. 15; Bunzel/Hanke, Die Grenzen der Regelungskompetenz der Raumordnungsplanung im Verhältnis zur kommunalen Planungshoheit, 2011, S. 29; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz- berger, BauGB, 2013, § 1 Rn. 56). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn zulässige städtebauliche Regelungsinstrumente zur Umsetzung einer raumplanerisch gewünschten oder der Verhinderung einer raumplanerisch unerwünschten Entwicklung - etwa der Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben - nicht zur Verfügung stehen (Urt. d. Senats v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 149, juris Rn. 40; Füßer, Steuerung durch Raumplanung und ihre Grenzen, SächsVBl. 2013, 1, 8). Für das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nichts zu erkennen. Dass der Antragstellerin bauplanerische Festsetzungsmöglichkeiten für die Ausweisung von Flächen für die Ansiedlung zentrenrelevanter Einzelhandelsgroßprojekte in den Vorranggebieten einerseits und zur Verhinderung der Ansiedlung solcher Vorhaben auf den Flächen des Ausschlussgebiets andererseits fehlten, wird auch von ihr nicht behauptet.
47 
Ob es für die von der Antragstellerin behauptete Vollzugsunfähigkeit der angefochtenen Festlegungen auch darauf ankommt, dass keine Aussicht besteht, dass sich auf einer der beiden auf ihrer Gemarkung festgelegten Vorrangflächen tatsächlich wenigstens ein zentrenrelevantes Einzelhandelsgroßprojekt ansiedeln wird, wie dies die Antragstellerin vertritt (in dieser Richtung auch Rojahn, Umweltschutz in der raumordnerischen Standortplanung von Infrastrukturvorhaben, NVwZ 2011, 654, 662), lässt der Senat offen. Denn entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es keineswegs ausgeschlossen, dass es auch über Jahre hinweg nicht möglich sein wird, in den beiden Vorranggebieten ein zentrenrelevantes Einzelhandelsgroßprojekt anzusiedeln. Zum Beleg für eine solchermaßen offensichtliche Vollzugsunfähigkeit reicht es nicht aus, auf das Scheitern eines oder mehrerer Ansiedlungsprojekte in der Vergangenheit zu verweisen. Auch die von der Antragstellerin angeführte „starke Eigentumszersplitterung“ in den beiden Vorranggebieten lässt die Ansiedelung eines Einzelhandelsgroßprojekts nicht als unmöglich erscheinen. Denn zum einen sind Eigentümer und Eigentümerinteressen einem ständigen Wechsel unterworfen. Zum anderen fehlt jeder Beleg dafür, dass die „Eigentumszersplitterung“ in den Innenstädten anderen Mittelzentren im Geltungsbereich des Landesentwicklungsplans deutlich geringer ist als in jener der Antragstellerin. Schließlich hat selbst die von der Antragstellerin in Auftrag gegebene Einzelhandelsuntersuchung im Jahr 2007 in ihrem „Fazit“ auf S. 59 darauf hingewiesen, dass die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in den beiden zentralen Versorgungsbereichen auf der Gemarkung der Antragsgegnerin „durch eine hierauf abzielende Angebotsplanung der Stadt forciert“ werden sollte. Dazu gehöre auch die Erstellung eines Einzelhandelskonzepts. An einem solchen Konzept fehlt es auch noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
48 
2. Die vom Antragsgegner konkret gewählte „Schärfe“ der zeichnerischen Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten überschreitet den Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 11 LplG nicht.
49 
a) Die Vorrang- und Ausschlussgebiete für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte werden im Kartenteil zur Teilfortschreibung im Maßstab 1:50.000 dargestellt und damit zeichnerisch festgelegt. Die Verwendung dieses Maßstabs entspricht den Vorgaben in Nr. 4.3 Abs. 4 der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch geltenden Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums über die Aufstellung von Regionalplänen und die Verwendung von Planzeichen - VwV Regionalpläne - vom 14.9.2005. Das zur Darstellung verwendete Planzeichen nach Anlage 2 zu der genannten Verwaltungsvorschrift besteht aus einer Schraffur ohne feste Randlinie, während andere Planzeichen, etwa „Siedlungsbereich, gebietsscharf“, eine scharfe Randlinie vorsehen. Damit kommt es durch die konkret erfolgten zeichnerischen Festlegungen zu nicht unerheblichen Randunschärfen. Diese werden auch nicht durch die verbale Umschreibung der beiden Vorranggebiete auf Seite 19 der Begründung zur Teilfortschreibung beseitigt. Denn auf Seite 16 der Begründung wird darauf hingewiesen, dass sich die genaue Lage der Vorranggebiete ausschließlich aus der Raumnutzungskarte ergebe. Selbst wenn in der verbalen Beschreibung auf Straßennamen Bezug genommen werde, sei dies nicht als räumlich exakte Abgrenzung zu verstehen.
50 
b) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin überschreitet eine mit diesen Einschränkungen „gebietsscharfe“ Festlegung nicht schon per se den Rahmen der landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 LplG sind im Regionalplan insbesondere Standorte für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe festzulegen, wobei diese Festlegung in Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten und Ausschlussgebieten getroffen werden kann. Das Gebrauchmachen von dieser Ermächtigung setzt notwendigerweise eine zumindest gewisse Gebietsschärfe der Abgrenzung voraus, weil der Festlegung der genannten Gebiete anderenfalls die erforderliche Bestimmtheit fehlen würde (vgl. dazu 3.).
51 
Ein anderes Verständnis der genannten Vorschriften lässt sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht damit begründen, dass der Landesgesetzgeber in einigen Nummern des § 11 Abs. 3 Satz 2 LplG den Begriff „Gebiete“ verwendet, während er in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG von „Standorten“ spricht. Wie der Antragsgegner zu Recht betont, kommt der Verwendung dieser unterschiedlichen Begriffe nicht die Relevanz zu, die die Antragstellerin ihr beimisst, zumal in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG beide Begriffe sogar miteinander vermengt werden. Dort wird zur Festlegung von „Gebieten für Standorte“ für Nutzungen ermächtigt.
52 
Der regionalplanerische „Durchgriff“ auf Gemeindegebietsteile ist allerdings an verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden, die auch für Normen des Landesplanungsrechts gelten, die wie die genannte Vorschrift den Träger der Regionalplanung zu gebietsscharfen Eingriffen in die Planungshoheit der Gemeinden einer bestimmten Region berechtigen und verpflichten. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landesgesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzungen zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in die Planungshoheit der einzelnen Gemeinde muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten im Wege der Güterabwägung zu ermitteln BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 18; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - VBlBW 2010, 357; Urt. v. 19.12.2000 - 8 S 2477/99 - VBlBW 2001, 266). Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar (BVerwG, Urt. v. 15.5.2003, a.a.O.)
53 
Unter diesen Voraussetzungen können auch gebietsscharfe Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar sein, da es zu den herkömmlichen Mitteln überörtlicher Koordination gehört, Raumfunktionen zu sichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungen geknüpft sind (BVerwG, Urt. v. 15.5.2003, a.a.O.; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.12.2000, a.a.O.; Rojahn, Umweltschutz in der raumordnerischen Standortplanung von Infrastrukturvorhaben, NVwZ 2011, 654, 659).
54 
aa) Der Senat vermag danach der Auffassung nicht zu folgen, gebietsscharfe raumordnerische Flächenfunktionszuweisungen seien zwar zugunsten von Natur, Landschaft, Wasser- und Rohstoffvorkommen sowie für überörtlich bedeutsame Großvorhaben zulässig, weil deren besondere Situationsgebundenheit für die damit verbundene Beschränkung der kommunalen Planungshoheit streite; das gelte jedoch nicht für Integrationsgebote zur Steuerung des kommunalen Einzelhandels (so insbes. Uechtritz, Agglomerationsregelungen in der Regionalplanung zur Steuerung des Einzelhandels, VBlBW 2010, 181, 190 m.w.N.). Nach dem zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne dienenden Integrationsgebot sollen Einzelhandelsgroßprojekte nur an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, wie dies auch Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 vorschreibt. Unter einem städtebaulich integrierten Standort ist im Wesentlichen ein Standort zu verstehen, der in einem baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen und einem den Gegebenheiten angepassten öffentlichen Personennahverkehr liegt. Wie diese Definition verdeutlicht, wird mit dem Integrationsgebot an bestimmte siedlungsstrukturelle Gegebenheiten angeknüpft. Gebietsscharfe raumordnerische Festlegungen zur Verwirklichung dieses Gebots sind danach ebenfalls Ausdruck einer besonderen Situationsgebundenheit, sodass insoweit dieselbe Rechtfertigung für eine Beschränkung der kommunalen Planungshoheit streitet (vgl. zur Zulässigkeit von gebietsscharfen Festlegungen auch für Standorte von Einzelhandelsprojekten Urt. des Senats v. 17.12.2009, a.a.O., juris Rn. 52; Bartram, Die Ziele der Raumordnung, 2012, S. 242; Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, 2. Teil, VBlBW 2008, 201, 210).
55 
bb) Auch davon, dass der Antragsgegner mit dem angefochtenen Plansatz mit raumplanerischen Mitteln Sondergebietsausweisungen nach § 11 Abs. 3 BauNVO vornehme, kann nach Ansicht des Senats keine Rede sein. Zwar dürfte unstreitig sein, dass eine raumordnerische Festlegung zum Einzelhandel, deren Regelungsgehalt mit jenem einer städtebaulichen Festsetzung identisch ist, wegen eines Verstoßes gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und wohl auch wegen eines Eingriffs in den Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts unzulässig ist. Eine solche Identität des Regelungsgehalts bewirkt der Antragsgegner mit den angefochtenen Festlegungen aber nicht.
56 
Der Senat ist nicht der Meinung, dass raumordnerische innergemeindliche Festlegungen mit der dargelegten Gebietsschärfe stets bodenrechtlichen Charakter haben und damit stets zwingend nur der Bauleitplanung vorbehalten sind. Gegenteiliges lässt sich auch der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 30.9.2009 - 10 A 1676/08 - BauR 2010, 426, juris Rn. 89 ff.) nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, schon weil der dort zu entscheidende Sachverhalt erheblich vom Sachverhalt im vorliegenden Verfahren abweicht. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, da unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen kein Zweifel daran besteht, dass der Antragsgegner mit dem angefochtenen Plansatz keine Festlegung vorgenommen hat, die mit dem Regelungsgehalt einer städtebaulichen Festsetzung identisch ist. Denn der Antragstellerin verbleibt noch ein hinreichender Gestaltungsspielraum für eigenständige städtebauliche Entscheidungen (vgl. zu diesem Erfordernis Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 1 Rn. 66). Das gilt zum einen wegen der dargelegten geringen Randschärfe der Festlegungen der Vorranggebiete. Zum anderen führen die hier erfolgten Festlegungen zweier Vorranggebiete für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte inhaltlich nicht zu Festsetzungen von Sondergebieten nach § 11 Abs. 3 BauNVO und damit eindeutig städtebaulichen Regelungen. Denn in diesen Gebieten ist nicht jede andere bauliche Nutzung unzulässig, sondern sind nach Satz 2 des Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1 nur „andere mit der vorrangigen unvereinbare raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen“, wie dies auch den Vorgaben des § 11 Abs. 7 Satz 3 HS 2 LplG entspricht. Damit bleibt etwa die Zulassung von Wohnbauvorhaben zumindest auf Teilflächen der Vorranggebiete zulässig (so auch S. 13 der Begründung zur Teilfortschreibung).
57 
Schließlich ist auch der Umstand, dass in der Begründung zu Plansatz 2.6.9.2 (Z) 1 (vgl. S. 9 der Begründung) auf § 11 Abs. 3 BauNVO verwiesen wird, nicht geeignet, dem angefochtenen Plansatz einen städtebaulichen Charakter zu verleihen. Unter Einzelhandelsgroßprojekten sind nach der Definition in der Begründung die in § 11 Abs. 3 BauNVO aufgeführten Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher zu verstehen, von denen nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung ausgehen können. Der Antragsgegner macht damit deutlich, dass nicht schon jeder großflächige Einzelhandelsbetrieb mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche und mehr als 1.200 qm Geschossfläche als regionalbedeutsam eingestuft werden kann (vgl. dazu auch Urt. des Senats v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 122, juris Rn.33; Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, S. 198).
58 
3. Den zeichnerischen Festlegungen der Vorrang- und Ausschlussgebiete mangelt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit.
59 
Zwar erfordert das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot auch eine hinreichende Bestimmbarkeit verbindlicher zeichnerischer planerischer Regelungen (vgl. zu Festsetzungen nach dem BauGB Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2013, § 9 Rn.11). Gleichzeitig hat der Antragsgegner - wie dargelegt - aus verfassungsrechtlichen Gründen Zurückhaltung bei der Detailschärfe raumordnerischer zeichnerischer Festlegungen zu üben. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 3.7.2012 - 4 B 808/06 - BauR 2012, 1904 m.w.N.) hält der Senat in diesem Spannungsfeld zwischen rechtsstaatlichem Bestimmtheitsgebot und gebotener regionalplanerischer Zurückhaltung den hier verwendeten Maßstab von 1:50.000 und die hier erfolgte Darstellung der Vorranggebiete für noch ausreichend bestimmbar (vgl. auch Füßer, Steuerung durch Raumplanung und ihre Grenzen, SächsVBl. 2013, 1, 8). Solange eine Konkretisierung des Flächenumgriffs der Vorranggebiete durch die Bauleitplanung der Antragstellerin nicht erfolgt ist, dürfte das zur Folge haben, dass sich ein Grundstückseigentümer in einem Genehmigungsverfahren auf die denkbaren äußeren Grenzen des Gebietes berufen kann (vgl. nochmals OVG Sachsen, Urt. v. 3.7.2012, a.a.O.).
60 
4. Plansatz 2.6.9.6 (Z) 1 verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG i.V.m. Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002.
61 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG sind bei raumbedeutsamen Planungen öffentlicher Stellen Ziele der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 ROG) zu beachten; eine gleichlautende Pflicht ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 LplG. Zu den raumbedeutsamen Planungen öffentlicher Stellen zählt auch die Regionalplanung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2012 - 8 S 2525/09 - DVBl 2013, 384; Goppel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 4 Rn. 36). Eine regionalplanerische Festlegung, die ein in einem landesweiten Raumordnungsplan rechtswirksam festgelegtes Ziel der Raumordnung nicht beachtet, verstößt daher gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG und kann selbst kein gültiges Ziel der Raumordnung sein (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2012, a.a.O.).
62 
Die Bedeutung der Pflicht zum „Beachten“ von Zielen der Raumordnung erschließt sich insbesondere aus einem Vergleich mit der Relevanz von Grundsätzen der Raumordnung. Während diese als Vorgaben für die Abwägungsentscheidung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG; § 3 Abs. 2 LplG) vom Träger der Regionalplanung nur zu „berücksichtigen“ (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ROG) sind, hat er die Ziele der Raumordnung des Landesentwicklungsplans nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG (bzw. nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LplG) zu „beachten“, was auf einen erhöhten Grad der Verbindlichkeit hinweist. Der regionalplanerische Spielraum, den die Träger der Regionalplanung bei der ihnen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 LplG obliegenden Pflicht zur Ausformung eines Zieles der Raumordnung des Landesentwicklungsplanes besitzen, beschränkt sich damit auf Festlegungen, die den durch das Ziel festgelegten Rahmen nachvollziehend räumlich und sachlich verfeinern, soweit dieser Rahmen nicht selbst Spielraum für abweichende Ausgestaltungen im Regionalplan eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2012, a.a.O.).
63 
Gemessen daran verstoßen die Festlegungen des Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1 nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG. Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt zwar ein vom Antragsgegner zu beachtendes Ziel der Raumordnung dar (a), der von diesem Ziel vorgegebene Rahmen wird jedoch nicht überschritten (b).
64 
a) Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es sich bei dieser Vorgabe um ein abschließend abgewogenes (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG) Ziel der Raumordnung handelt und nicht nur um einen - falsch etikettierten - bloßen Grundsatz der Raumordnung (Urt. d. Senats v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - BauR 2013, 425 juris Rn. 70). Daran ist festzuhalten.
65 
Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift erfüllen allerdings nur dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 4 C 8.10 - BVerwGE 138, 301 juris Rn. 10; Urt. d. Senats vom 4.7.2012, a.a.O., juris Rn. 69; Bartram, Die Ziele der Raumordnung, 2012, S. 57). Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 erfüllt diese Voraussetzungen, da der nachfolgende Satz 3, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich die Ausnahme von der Zielbindung benennt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber durch die der Begründung zur Teilfortschreibung (S. 24) angefügte Sortimentsliste hinreichend bestimmbar.
66 
Die Ansicht der Antragstellerin, wonach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 über die in dem nachfolgenden Satz 3 ausdrücklich benannte Ausnahme hinaus weitere Ausnahmen in atypischen Fällen zulasse, vermag der Senat nicht zu teilen. Die Antragstellerin meint, da Satz 2 des genannten Plansatzes formuliere, Einzelhandelsgroßprojekte „sollen vorrangig“ an städtebaulich integrierten Lagen ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, müsse es noch weitere atypische Fallgestaltungen jenseits der in Satz 3 genannten Verwendung bestimmter Warensortimente geben, in denen ohne Zielabweichungsverfahren eine Ausweisung, Errichtung oder Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb von integrierten Lange möglich sei. Zu diesen atypischen Ausnahmefällen zählten etwa eine „bestehende Unterversorgung“ oder eine „starke Eigentumszersplitterung“. Sie rechtfertigten die Zulassung eines Einzelhandelsgroßprojekts auch in nur teilintegrierten Lagen ohne Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens. Damit sei Plansatz 2.6.9.6 (Z) 1 unzulässig enger als der Regelungsrahmen des Landesentwicklungsplans.
67 
Dieser Auffassung zur Reichweite der Ausnahmen von der Zielbindung in Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 4.7.2012 (a.a.O., juris Rn. 70) eine Absage erteilt. Der Senat hat aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 gefolgert, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürften und in diesem Zusammenhang ferner darauf hingewiesen, dass der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nur in diesem Sinn zu verstehen sei.
68 
An dieser Auslegung hält der Senat auch in Ansehung des Vorbringens der Antragstellerin fest. Der Wortlaut der Vorschrift gibt für ein anderes Verständnis der Vorschrift nichts her. Die Auffassung der Antragstellerin lässt sich auch mit der Begründung des Plansatzes im Landesentwicklungsplan nicht vereinbaren. Auf S. 36 der Begründung des Landesentwicklungsplans heißt es:
69 
„Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig in städtebaulich integrierten Lagen innerhalb des Bebauungszusammenhangs ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Bei Vorhaben, die auf Grund ihres Warenangebots nur geringe Auswirkungen auf die innerörtliche Einzelhandelsstruktur und damit auf die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne erwarten lassen oder auf Grund der Beschaffenheit der Waren für Stadt- und Ortskerne nicht geeignet sind, ist eine Ansiedlung in städtebaulichen Randlagen möglich. Die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde oder anderer Zentraler Orte ist in der Regel als wesentlich beeinträchtigt anzusehen, wenn dort wegen des zu erwartenden Kaufkraftabflusses Geschäftsaufgaben drohen.“
70 
Als einzige Fälle, in denen Einzelhandelsgroßprojekte auch in städtebaulich nicht integrierten Lagen ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden können, werden danach Vorhaben genannt, die auf Grund ihres Warenangebots nur geringe Auswirkungen auf die innerörtliche Einzelhandelsstruktur und damit auf die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne erwarten lassen oder auf Grund der Beschaffenheit der Waren für Stadt- und Ortskerne nicht geeignet sind. Ein Hinweis darauf, dass über diese Fälle hinaus auch in anderen Fallgestaltungen von der Vorgabe in 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 abgewichen werden dürfe, findet sich nicht. Der Vergleich mit der Begründung zu Plansatz 3.3.7 legt vielmehr das Gegenteil nahe. Denn zu der Vorgabe in Plansatz 3.3.7, nach der Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren zulässig sind, heißt es in der Begründung (vgl. Seite 36), dass von dieser Regelung über die beiden ausdrücklich geregelten Ausnahmefälle hinaus auch in atypischen Fällen abgewichen werden dürfe.
71 
b) Von diesem durch Sätze 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 vor-gegebenen Regelungsrahmen weicht der Antragsgegner durch die Fassung seines Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1, wonach zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte nur in Vorranggebieten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen, nicht ab.
72 
5. Der angefochtene Plansatz leidet an keinem zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsfehler.
73 
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Eine vergleichbare Verpflichtung sieht § 3 Abs. 2 Satz 1 LplG vor. Das stellt Anforderungen an den Abwägungsvorgang (a) und das Abwägungsergebnis (b).
74 
a) Nach Ansicht der Antragstellerin ist die vom Antragsgegner vorgenommene Abwägung fehlerhaft, da der Antragsgegner vor der Darstellung der Vorranggebiete in der Raumnutzungskarte auf ihrer Gemarkung die Eignung der Flächen und die Versorgungssituation nicht ermittelt habe. Ob das zutrifft, bedarf im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, da die damit gerügten Fehler im Abwägungsvorgang, sofern sie vorliegen sollten, nach § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG unbeachtlich geworden sind.
75 
Nach dieser Bestimmung werden nach § 12 Abs. 3 ROG beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Regionalplans gegenüber der zuständigen Stelle geltend gemacht worden sind. Der Antragsgegner hat in der öffentlichen Bekanntmachung der Erteilung der Genehmigung der Teilfortschreibung am 28.1.2011 ordnungsgemäß über die Voraussetzung für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften - insbesondere innerhalb der Jahresfrist - sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ROG). Die Antragstellerin hat aber die Rüge unzureichender Ermittlungen erst mit einem Schriftsatz, der im April 2012 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, geltend gemacht, und damit deutlich nach Ablauf der Jahresfrist. Etwaige Mängel des Abwägungsvorgangs sind damit unbeachtlich geworden.
76 
aa) Der Umstand, dass die Antragstellerin die von ihr geltend gemachten Ermittlungsfehler bereits während beider Offenlagen und damit vor Inkraftsetzung der Teilfortschreibung gerügt hatte, ändert daran nichts. § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG will erreichen, dass der Plangeber in angemessener Zeit Klarheit über die Gültigkeit seines Plans erhält. Während des Aufstellungsverfahrens erhobene Rügen müssen deshalb nach der Bekanntmachung des Plans noch einmal vorgebracht werden, um den Eintritt der Rechtsfolge des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG zu verhindern (vgl. zu den vergleichbaren Planerhaltungsvorschriften für Bebauungspläne in § 244 Abs. 2 BauGB a.F. bzw. § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB BVerwG, Beschl. v. 11.11.1998 - 4 BN 50.98 - NVwZ-RR 1999, 424; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.7.2012 - 10 D 47/10.NE - UPR 2012, 452; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 215 Rn. 38 m.w.N.).
77 
bb) Ebenso scheidet es aus, Ermittlungsfehler, die dem Abwägungsvorgang (§ 12 Abs. 3 Satz 2 ROG) zuzurechnen sind, bei einer bestimmten Schwere als Fehler im Abwägungsergebnis auszulegen und damit der der Planerhaltung dienenden Regelung in § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG zu entziehen (so aber Spannowsky in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 12 Rn. 25; Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2013, § 215 BauGB Rn. 14 zur vergleichbaren Planerhaltungsvorschrift im BauGB). Eine solche Gesetzesauslegung entgegen dem Wortlaut von § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Sie lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass das Abwägungsgebot nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsgebot wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist. Der Umstand, dass das Abwägungsgebot insoweit eine verfassungsrechtliche Komponente hat, schließt es nicht aus, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen dieses Gebot differenziert regelt. Das gilt umso mehr, als auch die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, denen die Regelung § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG dient, ihre Wurzel im Verfassungsrecht haben (vgl. Gaentzsch, Fehler bei der Aufstellung von Bauleitplänen, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 249, 265). Der Ausschluss von Einwendungen durch Fristablauf ist dementsprechend ein gängiges Rechtsinstitut. Parallelen finden sich z.B. bei der Präklusion im Planfeststellungsverfahren oder beim Institut der Bestandskraft. Eine einschränkende Auslegung des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG führte zudem zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung, wann ein Fehler im Abwägungsvorgang „hinreichend schwerwiegend“ ist, um der Anwendung der Vorschrift entzogen zu sein.
78 
b) Dem Antragsgegner ist auch kein Fehler im Abwägungsergebnis unterlaufen. Von einem Fehler im Abwägungsergebnis kann nur dann ausgegangen werden, wenn die erforderliche Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BauR 2011, 225; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.7.2012 - 10 D 47/10.NE - UPR 2012, 452; OVG Sachsen, Urt. v. 1.7.2011 - 1 C 25/08 - NuR 2012, 58). Das ist hier nicht der Fall. Mit ihrer gegenteiligen Auffassung überschätzt die Antragstellerin die Intensität des mit dem angefochtenen Plansatz verbundenen Eingriffs in ihre Planungshoheit (aa). Sie bestreitet zudem zu Unrecht das Vorliegen eines Handlungsbedarfs auf der Seite des Antragsgegners (bb).
79 
aa) Die Antragstellerin überzeichnet die Intensität des unzweifelhaft gegebenen Eingriffs in ihre Planungshoheit in mehrfacher Weise.
80 
Sie blendet aus, dass der Eingriff nur einen bestimmten Projekttyp betrifft (zentrenrelevante Einzelhandelsgroßbetriebe) und ihre Planungshoheit für alle übrigen planbaren Projekte durch den angefochtenen Plansatz nicht beschnitten wird. Auch hinsichtlich zentrenrelevanter Einzelhandelsgroßbetriebe verbleibt ihr noch ein gewisser Planungsspielraum. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Entscheidung über den Ort der Ansiedlung eines Einzelhandelsgroßprojekts für zentrenrelevante Sortimente durch die gebietsscharfe Festlegung der Vorranggebiete bereits auf der regionalplanerischen Ebene abschließend gefallen sei. Das trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Darüber, wo innerhalb der beiden zusammen rund 21 ha großen - Vorrangflächen ein solches Projekt realisiert werden soll, hat vielmehr allein die Antragstellerin zu entscheiden. Unter Einzelhandelsgroßprojekten sind zudem nach der bereits erwähnten Definition in der Begründung zu Plansatz 2.6.9.2 (Z) 1 der Teilfortschreibung (vgl. S. 10) nur die in § 11 Abs. 3 BauNVO aufgeführten Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher zu verstehen, von denen nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung ausgehen können. Wie es in der Begründung weiter heißt, sind dementsprechend „großflächige Nahversorgungsmärkte, die ausschließlich der wohnortnahen Nahversorgung dienen und von denen nachweislich keine wesentlichen Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung ausgehen“, auch außerhalb der Vorranggebiete zulässig. Weiter ermöglicht die als Anlage zur Begründung der Teilfortschreibung angefügte Sortimentsliste (vgl. S. 24) in begründeten Einzelfällen eine Anpassung an besondere örtliche Verhältnisse und damit eine angepasste Steuerung der von der Sperrwirkung der Ausschlussgebiet (vgl. § 11 Abs. 7 Satz 5 LplG) umfassten Einzelhandelsgroßprojekte.
81 
Es trifft entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht zu, dass der angefochtene Plansatz in seiner Wirkung über das von Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP festgelegte Integritätsgebot, wonach Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen, hinausgeht. Wie bereits unter 4. ausgeführt, ist das nicht der Fall. Die von der Antragstellerin beklagten Eingriffe in ihre Planungshoheit werden vielmehr im Wesentlichen bereits durch die Zielfestlegung in Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 bewirkt. Dass dieser seinerseits wegen eines Verstoßes gegen die kommunale Planungshoheit unwirksam sei, behauptet auch die Antragstellerin nicht und entspricht auch nicht der Rechtsprechung des Senats (Urt. d. Senats v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - BauR 2013, 425, juris Rn. 71 ff.). Schließlich rügt die Antragstellerin auch nicht, dass die in der Raumnutzungskarte festgelegten Vorranggebiete auf ihrer Gemarkung die „städtebaulich integrierten Standorte“ nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP fehlerhaft abgrenzten.
82 
bb) Die Antragstellerin verneint ferner zu Unrecht einen regionalplanerischen Handlungsbedarf zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche in den Kommunen.
83 
Zwar standen dem Antragsgegner schon bislang Instrumente zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche zur Verfügung (vgl. insbesondere das Planungsgebot in § 21 Abs. 1 LplG, den Antrag auf Erlass einer Untersagung im Einzelfall nach § 20 LplG und die Befugnis nach § 22 Abs. 1 LplG, gegen die Zulassung von Einzelhandels(groß)projekten zu klagen; vgl. dazu Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, 2. Teil, VBlBW 2008, 201, 204 f.; Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 173 ff.). Bei daraus entstandenen Rechtsstreitigkeiten bestand aber unter Geltung von Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 i.V.m. Plansatz 2.6.9 (Z) des Regionalplans des Antragsgegners a.F. die Schwierigkeit, dass nicht definiert ist, was „städtebaulich integrierte Lagen“ sind, und damit die Darlegungslast weitgehend beim Antragsgegner lag. Die „gebietsscharfe“ Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten verlagert dagegen die Darlegungslast künftig auf die jeweilige Kommune. Dass auch insoweit Unsicherheiten verbleiben, etwa die Kommune die Möglichkeit hat, vorzutragen, ihr zentrenrelevantes Einzelhandelsprojekt sei eines, das im Sinne von Plansatz 2.9.6.2 (Z) 1 ausschließlich der Nahversorgung diene, ändert daran nichts.
84 
Der Antragstellerin ist im Übrigen entgegen zu halten, dass auch der von ihr mit einer Einzelhandelsuntersuchung im Jahr 2007 beauftragte Gutachter Dr. A. bezogen auf das Gebiet der Antragstellerin Handlungsbedarf gesehen hat, da sich bei Betrachtung der räumlichen Verteilung des Warenangebots auf gesamtstädtischer Ebene zeige, dass der an nicht integrierten Standorten angesiedelte Einzelhandel - auch hinsichtlich üblicherweise zentrenrelevanter Sortimente - relativ hohe Anteile verzeichne. Der Gutachter hat daraus das Fazit gezogen (S. 59), dass zur langfristigen Sicherung bzw. Stärkung der schützenswerten Bereiche Innenstadt und zentraler Bereich K. zukünftig keine weiteren Ansiedlungen von zentrenrelevanten Sortimenten an nicht integrierten Standorten mehr erfolgen sollten.
III.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
86 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
87 
Beschluss vom 19. November 2013
88 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit endgültig auf 60.000 EUR festgesetzt.
89 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
38 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig (I.), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg (II.).
I.
39 
Der gegen einen Plansatz der als Satzung festgestellten (§ 12 Abs. 10 LplG) Teilfortschreibung des Regionalplans des Antragsgegners gerichtete Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin besitzt insbesondere die erforderliche Antragsbefugnis, da sie geltend machen kann, durch den angefochtenen Plansatz, der ein Ziel der Raumordnung festlegt, in ihrem Recht auf Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 LVerf) verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Unabhängig davon ist sie als Behörde antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO), da sie den Plansatz gemäß § 1 Abs. 4 BauGB als die für die Bauleitplanung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB zuständige Behörde zu beachten hat. Die einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Auch kann der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Plansatzes der Teilfortschreibung nicht abgesprochen werden, obwohl sie bereits durch das Integrationsgebot in Plansatz 3.3.7.2 (Z) des Landesentwicklungsplans (LEP 2002) über § 1 Abs. 4 BauGB rechtlich gebunden und faktisch nicht unerheblich in ihrer Planungshoheit beschränkt ist. Denn sie macht geltend, dass die Festlegungen des angefochtenen Plansatzes über den Regelungsrahmen des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 hinausgingen und deshalb eine zusätzliche Einschränkung ihrer Planungshoheit bewirkten.
II.
40 
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg. Für die gerichtliche Kontrolle ist die bei Erlass der Teilfortschreibung geltende Rechtslage maßgebend. Abzustellen ist deshalb auf das Raumordnungsgesetz vom 22.12.2008 (BGBl. I 2008, S. 2986) - ROG - (vgl. dessen Übergangsvorschrift § 28 Abs. 1 Satz 1) und ergänzend (§ 28 Abs. 3 ROG) auf das Landesplanungsgesetz in der Fassung vom 10.7.2003 (GBl. S. 385) - LplG -, zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 4.5.2009 (GBl. S. 185, 193). Gemessen daran ist Plansatz 2.6.9.6 (Z) der Teilfortschreibung wirksam.
41 
Verletzungen von Verfahrensvorschriften beim Zustandekommen der Teilfortschreibung werden von der Antragstellerin nicht gerügt; solche Verletzungen sind auch für den Senat nicht erkennbar.
42 
Plansatz 2.6.9.6 (Z) der Teilfortschreibung steht entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch mit materiellrechtlichen Vorgaben im Einklang. Sein maßgeblicher erster Absatz legt als Ziel der Raumordnung in beschreibender Darstellung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 ROG, § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 LplG) fest, dass die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevantem Sortiment nur in Vorranggebieten zulässig und ansonsten (abgesehen von Erweiterungen) ausgeschlossen ist. Was unter einem Einzelhandelsgroßprojekt zu verstehen ist, ergibt sich aus der Definition in Plansatz 2.6.9.1 (Z); die zentrenrelevanten Sortimente sind in einer Liste in Anlage 1 zur Teilfortschreibung bestimmt. Die genannten Vorranggebiete werden im Kartenteil zur Teilfortschreibung im Maßstab 1:50.000 dargestellt und damit zeichnerisch festgelegt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ROG, § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 LplG). Absatz 2 des angefochtenen Plansatzes ergänzt diese Festlegungen durch eine Regelung hinsichtlich zentrenrelevanter Randsortimente.
43 
Die von der Antragstellerin beanstandeten Festlegungen des ersten Absatzes von Plansatz 2.6.9.6 (Z) sind entgegen ihrer Ansicht wirksam. Denn diese Festlegungen sind erforderlich im Sinne des § 11 Abs. 3 LplG (1.), überschreiten durch ihre konkret gewählte Festsetzungsschärfe den Ermächtigungsrahmen des Landesplanungsgesetzes nicht (2.), sind hinreichend bestimmbar (3.), missachten keine zwingenden Vorgaben des Landesentwicklungsplans (4.) und leiden an keinen beachtlichen Abwägungsfehlern (5.).
44 
1. Die Festlegungen des Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1 sind erforderlich im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 LplG, d.h. regionalbedeutsam (a) und nicht offensichtlich umsetzungsunfähig (b).
45 
a) Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 LplG ist die Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten für Einzelhandelsgroßprojekte - wie jede sonstige regionalplanerische Festlegung - nur zulässig, soweit sie für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur in der Region erforderlich und damit als regionalbedeutsam anzusehen ist. Die Antragstellerin meint, der mit dem angefochtenen Plansatz bezweckte Erhalt zentraler Versorgungsbereiche betreffe eine auf ihr Gebiet beschränkte Entwicklung mit nur örtlicher Wirkung und könne deswegen nicht regionalbedeutsam sein (ähnlich auch Uechtritz, Agglomerationsregelungen in der Regionalplanung zur Steuerung des Einzelhandels, VBlBW 2010, 181, 190). Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Maßnahmen, die dem Erhalt zentraler Versorgungsbereiche in der gesamten Region dienen sollen, sind schon aus diesem Grund für die Entwicklung und Ordnung ihrer räumlichen Struktur erforderlich, weil der Regionalplangeber nach § 11 Abs. 2 Satz 1 LplG u.a. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG zu konkretisieren hat und zu diesen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 ROG kraft Bundesrechts auch gehört, dass die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtliche Zentren als zentrale Versorgungsbereiche (im gesamten Geltungsbereich des Raumordnungsplans) zu schaffen sind. Das ist ohne Festlegungen, die die örtliche und damit innergemeindliche Ebene betreffen, undenkbar (vgl. auch Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 180). In § 11 Abs. 2 Satz 3 LplG wird dementsprechend ergänzend bestimmt, dass der Regionalplan diese Grundsätze nicht nur sachlich, sondern auch räumlich auszuformen hat. Das den Schutz zentraler Versorgungsbereiche bezweckende Integrationsgebot dient somit, wie der Senat bereits entschieden hat, der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (Urt. d. Senats v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - BauR 2013, 425, juris Rn.73; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 4 C 8.10 - BVerwGE 138, 301, juris Rn. 18.). Die auf die räumliche Ausformung dieses Gebots gerichteten Festlegungen in der Teilfortschreibung des Regionalplans sind danach im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 LplG als raumbedeutsam anzusehen.
46 
b) Ein raumordnerisches Ziel ist allerdings auch dann nicht erforderlich im Sinne dieser Vorschrift, wenn es sich mit dem verfügbaren städtebaulichen Instrumentarium nicht rechtmäßig umsetzen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.5.2013 - 4 B 59.12 - juris Rn. 15; Bunzel/Hanke, Die Grenzen der Regelungskompetenz der Raumordnungsplanung im Verhältnis zur kommunalen Planungshoheit, 2011, S. 29; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz- berger, BauGB, 2013, § 1 Rn. 56). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn zulässige städtebauliche Regelungsinstrumente zur Umsetzung einer raumplanerisch gewünschten oder der Verhinderung einer raumplanerisch unerwünschten Entwicklung - etwa der Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben - nicht zur Verfügung stehen (Urt. d. Senats v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 149, juris Rn. 40; Füßer, Steuerung durch Raumplanung und ihre Grenzen, SächsVBl. 2013, 1, 8). Für das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nichts zu erkennen. Dass der Antragstellerin bauplanerische Festsetzungsmöglichkeiten für die Ausweisung von Flächen für die Ansiedlung zentrenrelevanter Einzelhandelsgroßprojekte in den Vorranggebieten einerseits und zur Verhinderung der Ansiedlung solcher Vorhaben auf den Flächen des Ausschlussgebiets andererseits fehlten, wird auch von ihr nicht behauptet.
47 
Ob es für die von der Antragstellerin behauptete Vollzugsunfähigkeit der angefochtenen Festlegungen auch darauf ankommt, dass keine Aussicht besteht, dass sich auf einer der beiden auf ihrer Gemarkung festgelegten Vorrangflächen tatsächlich wenigstens ein zentrenrelevantes Einzelhandelsgroßprojekt ansiedeln wird, wie dies die Antragstellerin vertritt (in dieser Richtung auch Rojahn, Umweltschutz in der raumordnerischen Standortplanung von Infrastrukturvorhaben, NVwZ 2011, 654, 662), lässt der Senat offen. Denn entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es keineswegs ausgeschlossen, dass es auch über Jahre hinweg nicht möglich sein wird, in den beiden Vorranggebieten ein zentrenrelevantes Einzelhandelsgroßprojekt anzusiedeln. Zum Beleg für eine solchermaßen offensichtliche Vollzugsunfähigkeit reicht es nicht aus, auf das Scheitern eines oder mehrerer Ansiedlungsprojekte in der Vergangenheit zu verweisen. Auch die von der Antragstellerin angeführte „starke Eigentumszersplitterung“ in den beiden Vorranggebieten lässt die Ansiedelung eines Einzelhandelsgroßprojekts nicht als unmöglich erscheinen. Denn zum einen sind Eigentümer und Eigentümerinteressen einem ständigen Wechsel unterworfen. Zum anderen fehlt jeder Beleg dafür, dass die „Eigentumszersplitterung“ in den Innenstädten anderen Mittelzentren im Geltungsbereich des Landesentwicklungsplans deutlich geringer ist als in jener der Antragstellerin. Schließlich hat selbst die von der Antragstellerin in Auftrag gegebene Einzelhandelsuntersuchung im Jahr 2007 in ihrem „Fazit“ auf S. 59 darauf hingewiesen, dass die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in den beiden zentralen Versorgungsbereichen auf der Gemarkung der Antragsgegnerin „durch eine hierauf abzielende Angebotsplanung der Stadt forciert“ werden sollte. Dazu gehöre auch die Erstellung eines Einzelhandelskonzepts. An einem solchen Konzept fehlt es auch noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
48 
2. Die vom Antragsgegner konkret gewählte „Schärfe“ der zeichnerischen Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten überschreitet den Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 11 LplG nicht.
49 
a) Die Vorrang- und Ausschlussgebiete für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte werden im Kartenteil zur Teilfortschreibung im Maßstab 1:50.000 dargestellt und damit zeichnerisch festgelegt. Die Verwendung dieses Maßstabs entspricht den Vorgaben in Nr. 4.3 Abs. 4 der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch geltenden Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums über die Aufstellung von Regionalplänen und die Verwendung von Planzeichen - VwV Regionalpläne - vom 14.9.2005. Das zur Darstellung verwendete Planzeichen nach Anlage 2 zu der genannten Verwaltungsvorschrift besteht aus einer Schraffur ohne feste Randlinie, während andere Planzeichen, etwa „Siedlungsbereich, gebietsscharf“, eine scharfe Randlinie vorsehen. Damit kommt es durch die konkret erfolgten zeichnerischen Festlegungen zu nicht unerheblichen Randunschärfen. Diese werden auch nicht durch die verbale Umschreibung der beiden Vorranggebiete auf Seite 19 der Begründung zur Teilfortschreibung beseitigt. Denn auf Seite 16 der Begründung wird darauf hingewiesen, dass sich die genaue Lage der Vorranggebiete ausschließlich aus der Raumnutzungskarte ergebe. Selbst wenn in der verbalen Beschreibung auf Straßennamen Bezug genommen werde, sei dies nicht als räumlich exakte Abgrenzung zu verstehen.
50 
b) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin überschreitet eine mit diesen Einschränkungen „gebietsscharfe“ Festlegung nicht schon per se den Rahmen der landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 LplG sind im Regionalplan insbesondere Standorte für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe festzulegen, wobei diese Festlegung in Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten und Ausschlussgebieten getroffen werden kann. Das Gebrauchmachen von dieser Ermächtigung setzt notwendigerweise eine zumindest gewisse Gebietsschärfe der Abgrenzung voraus, weil der Festlegung der genannten Gebiete anderenfalls die erforderliche Bestimmtheit fehlen würde (vgl. dazu 3.).
51 
Ein anderes Verständnis der genannten Vorschriften lässt sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht damit begründen, dass der Landesgesetzgeber in einigen Nummern des § 11 Abs. 3 Satz 2 LplG den Begriff „Gebiete“ verwendet, während er in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG von „Standorten“ spricht. Wie der Antragsgegner zu Recht betont, kommt der Verwendung dieser unterschiedlichen Begriffe nicht die Relevanz zu, die die Antragstellerin ihr beimisst, zumal in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG beide Begriffe sogar miteinander vermengt werden. Dort wird zur Festlegung von „Gebieten für Standorte“ für Nutzungen ermächtigt.
52 
Der regionalplanerische „Durchgriff“ auf Gemeindegebietsteile ist allerdings an verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden, die auch für Normen des Landesplanungsrechts gelten, die wie die genannte Vorschrift den Träger der Regionalplanung zu gebietsscharfen Eingriffen in die Planungshoheit der Gemeinden einer bestimmten Region berechtigen und verpflichten. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landesgesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzungen zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in die Planungshoheit der einzelnen Gemeinde muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten im Wege der Güterabwägung zu ermitteln BVerwG, Urt. v. 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 18; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - VBlBW 2010, 357; Urt. v. 19.12.2000 - 8 S 2477/99 - VBlBW 2001, 266). Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar (BVerwG, Urt. v. 15.5.2003, a.a.O.)
53 
Unter diesen Voraussetzungen können auch gebietsscharfe Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar sein, da es zu den herkömmlichen Mitteln überörtlicher Koordination gehört, Raumfunktionen zu sichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungen geknüpft sind (BVerwG, Urt. v. 15.5.2003, a.a.O.; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.12.2000, a.a.O.; Rojahn, Umweltschutz in der raumordnerischen Standortplanung von Infrastrukturvorhaben, NVwZ 2011, 654, 659).
54 
aa) Der Senat vermag danach der Auffassung nicht zu folgen, gebietsscharfe raumordnerische Flächenfunktionszuweisungen seien zwar zugunsten von Natur, Landschaft, Wasser- und Rohstoffvorkommen sowie für überörtlich bedeutsame Großvorhaben zulässig, weil deren besondere Situationsgebundenheit für die damit verbundene Beschränkung der kommunalen Planungshoheit streite; das gelte jedoch nicht für Integrationsgebote zur Steuerung des kommunalen Einzelhandels (so insbes. Uechtritz, Agglomerationsregelungen in der Regionalplanung zur Steuerung des Einzelhandels, VBlBW 2010, 181, 190 m.w.N.). Nach dem zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne dienenden Integrationsgebot sollen Einzelhandelsgroßprojekte nur an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, wie dies auch Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 vorschreibt. Unter einem städtebaulich integrierten Standort ist im Wesentlichen ein Standort zu verstehen, der in einem baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen und einem den Gegebenheiten angepassten öffentlichen Personennahverkehr liegt. Wie diese Definition verdeutlicht, wird mit dem Integrationsgebot an bestimmte siedlungsstrukturelle Gegebenheiten angeknüpft. Gebietsscharfe raumordnerische Festlegungen zur Verwirklichung dieses Gebots sind danach ebenfalls Ausdruck einer besonderen Situationsgebundenheit, sodass insoweit dieselbe Rechtfertigung für eine Beschränkung der kommunalen Planungshoheit streitet (vgl. zur Zulässigkeit von gebietsscharfen Festlegungen auch für Standorte von Einzelhandelsprojekten Urt. des Senats v. 17.12.2009, a.a.O., juris Rn. 52; Bartram, Die Ziele der Raumordnung, 2012, S. 242; Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, 2. Teil, VBlBW 2008, 201, 210).
55 
bb) Auch davon, dass der Antragsgegner mit dem angefochtenen Plansatz mit raumplanerischen Mitteln Sondergebietsausweisungen nach § 11 Abs. 3 BauNVO vornehme, kann nach Ansicht des Senats keine Rede sein. Zwar dürfte unstreitig sein, dass eine raumordnerische Festlegung zum Einzelhandel, deren Regelungsgehalt mit jenem einer städtebaulichen Festsetzung identisch ist, wegen eines Verstoßes gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und wohl auch wegen eines Eingriffs in den Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts unzulässig ist. Eine solche Identität des Regelungsgehalts bewirkt der Antragsgegner mit den angefochtenen Festlegungen aber nicht.
56 
Der Senat ist nicht der Meinung, dass raumordnerische innergemeindliche Festlegungen mit der dargelegten Gebietsschärfe stets bodenrechtlichen Charakter haben und damit stets zwingend nur der Bauleitplanung vorbehalten sind. Gegenteiliges lässt sich auch der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 30.9.2009 - 10 A 1676/08 - BauR 2010, 426, juris Rn. 89 ff.) nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, schon weil der dort zu entscheidende Sachverhalt erheblich vom Sachverhalt im vorliegenden Verfahren abweicht. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, da unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen kein Zweifel daran besteht, dass der Antragsgegner mit dem angefochtenen Plansatz keine Festlegung vorgenommen hat, die mit dem Regelungsgehalt einer städtebaulichen Festsetzung identisch ist. Denn der Antragstellerin verbleibt noch ein hinreichender Gestaltungsspielraum für eigenständige städtebauliche Entscheidungen (vgl. zu diesem Erfordernis Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 1 Rn. 66). Das gilt zum einen wegen der dargelegten geringen Randschärfe der Festlegungen der Vorranggebiete. Zum anderen führen die hier erfolgten Festlegungen zweier Vorranggebiete für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte inhaltlich nicht zu Festsetzungen von Sondergebieten nach § 11 Abs. 3 BauNVO und damit eindeutig städtebaulichen Regelungen. Denn in diesen Gebieten ist nicht jede andere bauliche Nutzung unzulässig, sondern sind nach Satz 2 des Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1 nur „andere mit der vorrangigen unvereinbare raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen“, wie dies auch den Vorgaben des § 11 Abs. 7 Satz 3 HS 2 LplG entspricht. Damit bleibt etwa die Zulassung von Wohnbauvorhaben zumindest auf Teilflächen der Vorranggebiete zulässig (so auch S. 13 der Begründung zur Teilfortschreibung).
57 
Schließlich ist auch der Umstand, dass in der Begründung zu Plansatz 2.6.9.2 (Z) 1 (vgl. S. 9 der Begründung) auf § 11 Abs. 3 BauNVO verwiesen wird, nicht geeignet, dem angefochtenen Plansatz einen städtebaulichen Charakter zu verleihen. Unter Einzelhandelsgroßprojekten sind nach der Definition in der Begründung die in § 11 Abs. 3 BauNVO aufgeführten Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher zu verstehen, von denen nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung ausgehen können. Der Antragsgegner macht damit deutlich, dass nicht schon jeder großflächige Einzelhandelsbetrieb mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche und mehr als 1.200 qm Geschossfläche als regionalbedeutsam eingestuft werden kann (vgl. dazu auch Urt. des Senats v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 122, juris Rn.33; Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, S. 198).
58 
3. Den zeichnerischen Festlegungen der Vorrang- und Ausschlussgebiete mangelt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit.
59 
Zwar erfordert das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot auch eine hinreichende Bestimmbarkeit verbindlicher zeichnerischer planerischer Regelungen (vgl. zu Festsetzungen nach dem BauGB Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2013, § 9 Rn.11). Gleichzeitig hat der Antragsgegner - wie dargelegt - aus verfassungsrechtlichen Gründen Zurückhaltung bei der Detailschärfe raumordnerischer zeichnerischer Festlegungen zu üben. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 3.7.2012 - 4 B 808/06 - BauR 2012, 1904 m.w.N.) hält der Senat in diesem Spannungsfeld zwischen rechtsstaatlichem Bestimmtheitsgebot und gebotener regionalplanerischer Zurückhaltung den hier verwendeten Maßstab von 1:50.000 und die hier erfolgte Darstellung der Vorranggebiete für noch ausreichend bestimmbar (vgl. auch Füßer, Steuerung durch Raumplanung und ihre Grenzen, SächsVBl. 2013, 1, 8). Solange eine Konkretisierung des Flächenumgriffs der Vorranggebiete durch die Bauleitplanung der Antragstellerin nicht erfolgt ist, dürfte das zur Folge haben, dass sich ein Grundstückseigentümer in einem Genehmigungsverfahren auf die denkbaren äußeren Grenzen des Gebietes berufen kann (vgl. nochmals OVG Sachsen, Urt. v. 3.7.2012, a.a.O.).
60 
4. Plansatz 2.6.9.6 (Z) 1 verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG i.V.m. Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002.
61 
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG sind bei raumbedeutsamen Planungen öffentlicher Stellen Ziele der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 ROG) zu beachten; eine gleichlautende Pflicht ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 LplG. Zu den raumbedeutsamen Planungen öffentlicher Stellen zählt auch die Regionalplanung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2012 - 8 S 2525/09 - DVBl 2013, 384; Goppel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 4 Rn. 36). Eine regionalplanerische Festlegung, die ein in einem landesweiten Raumordnungsplan rechtswirksam festgelegtes Ziel der Raumordnung nicht beachtet, verstößt daher gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG und kann selbst kein gültiges Ziel der Raumordnung sein (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2012, a.a.O.).
62 
Die Bedeutung der Pflicht zum „Beachten“ von Zielen der Raumordnung erschließt sich insbesondere aus einem Vergleich mit der Relevanz von Grundsätzen der Raumordnung. Während diese als Vorgaben für die Abwägungsentscheidung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG; § 3 Abs. 2 LplG) vom Träger der Regionalplanung nur zu „berücksichtigen“ (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ROG) sind, hat er die Ziele der Raumordnung des Landesentwicklungsplans nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG (bzw. nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LplG) zu „beachten“, was auf einen erhöhten Grad der Verbindlichkeit hinweist. Der regionalplanerische Spielraum, den die Träger der Regionalplanung bei der ihnen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 LplG obliegenden Pflicht zur Ausformung eines Zieles der Raumordnung des Landesentwicklungsplanes besitzen, beschränkt sich damit auf Festlegungen, die den durch das Ziel festgelegten Rahmen nachvollziehend räumlich und sachlich verfeinern, soweit dieser Rahmen nicht selbst Spielraum für abweichende Ausgestaltungen im Regionalplan eröffnet (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2012, a.a.O.).
63 
Gemessen daran verstoßen die Festlegungen des Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1 nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG. Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt zwar ein vom Antragsgegner zu beachtendes Ziel der Raumordnung dar (a), der von diesem Ziel vorgegebene Rahmen wird jedoch nicht überschritten (b).
64 
a) Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es sich bei dieser Vorgabe um ein abschließend abgewogenes (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG) Ziel der Raumordnung handelt und nicht nur um einen - falsch etikettierten - bloßen Grundsatz der Raumordnung (Urt. d. Senats v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - BauR 2013, 425 juris Rn. 70). Daran ist festzuhalten.
65 
Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift erfüllen allerdings nur dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 4 C 8.10 - BVerwGE 138, 301 juris Rn. 10; Urt. d. Senats vom 4.7.2012, a.a.O., juris Rn. 69; Bartram, Die Ziele der Raumordnung, 2012, S. 57). Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 erfüllt diese Voraussetzungen, da der nachfolgende Satz 3, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich die Ausnahme von der Zielbindung benennt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber durch die der Begründung zur Teilfortschreibung (S. 24) angefügte Sortimentsliste hinreichend bestimmbar.
66 
Die Ansicht der Antragstellerin, wonach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 über die in dem nachfolgenden Satz 3 ausdrücklich benannte Ausnahme hinaus weitere Ausnahmen in atypischen Fällen zulasse, vermag der Senat nicht zu teilen. Die Antragstellerin meint, da Satz 2 des genannten Plansatzes formuliere, Einzelhandelsgroßprojekte „sollen vorrangig“ an städtebaulich integrierten Lagen ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, müsse es noch weitere atypische Fallgestaltungen jenseits der in Satz 3 genannten Verwendung bestimmter Warensortimente geben, in denen ohne Zielabweichungsverfahren eine Ausweisung, Errichtung oder Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb von integrierten Lange möglich sei. Zu diesen atypischen Ausnahmefällen zählten etwa eine „bestehende Unterversorgung“ oder eine „starke Eigentumszersplitterung“. Sie rechtfertigten die Zulassung eines Einzelhandelsgroßprojekts auch in nur teilintegrierten Lagen ohne Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens. Damit sei Plansatz 2.6.9.6 (Z) 1 unzulässig enger als der Regelungsrahmen des Landesentwicklungsplans.
67 
Dieser Auffassung zur Reichweite der Ausnahmen von der Zielbindung in Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 4.7.2012 (a.a.O., juris Rn. 70) eine Absage erteilt. Der Senat hat aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 gefolgert, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürften und in diesem Zusammenhang ferner darauf hingewiesen, dass der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nur in diesem Sinn zu verstehen sei.
68 
An dieser Auslegung hält der Senat auch in Ansehung des Vorbringens der Antragstellerin fest. Der Wortlaut der Vorschrift gibt für ein anderes Verständnis der Vorschrift nichts her. Die Auffassung der Antragstellerin lässt sich auch mit der Begründung des Plansatzes im Landesentwicklungsplan nicht vereinbaren. Auf S. 36 der Begründung des Landesentwicklungsplans heißt es:
69 
„Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig in städtebaulich integrierten Lagen innerhalb des Bebauungszusammenhangs ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Bei Vorhaben, die auf Grund ihres Warenangebots nur geringe Auswirkungen auf die innerörtliche Einzelhandelsstruktur und damit auf die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne erwarten lassen oder auf Grund der Beschaffenheit der Waren für Stadt- und Ortskerne nicht geeignet sind, ist eine Ansiedlung in städtebaulichen Randlagen möglich. Die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde oder anderer Zentraler Orte ist in der Regel als wesentlich beeinträchtigt anzusehen, wenn dort wegen des zu erwartenden Kaufkraftabflusses Geschäftsaufgaben drohen.“
70 
Als einzige Fälle, in denen Einzelhandelsgroßprojekte auch in städtebaulich nicht integrierten Lagen ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden können, werden danach Vorhaben genannt, die auf Grund ihres Warenangebots nur geringe Auswirkungen auf die innerörtliche Einzelhandelsstruktur und damit auf die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne erwarten lassen oder auf Grund der Beschaffenheit der Waren für Stadt- und Ortskerne nicht geeignet sind. Ein Hinweis darauf, dass über diese Fälle hinaus auch in anderen Fallgestaltungen von der Vorgabe in 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 abgewichen werden dürfe, findet sich nicht. Der Vergleich mit der Begründung zu Plansatz 3.3.7 legt vielmehr das Gegenteil nahe. Denn zu der Vorgabe in Plansatz 3.3.7, nach der Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren zulässig sind, heißt es in der Begründung (vgl. Seite 36), dass von dieser Regelung über die beiden ausdrücklich geregelten Ausnahmefälle hinaus auch in atypischen Fällen abgewichen werden dürfe.
71 
b) Von diesem durch Sätze 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 vor-gegebenen Regelungsrahmen weicht der Antragsgegner durch die Fassung seines Plansatzes 2.6.9.6 (Z) 1, wonach zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte nur in Vorranggebieten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen, nicht ab.
72 
5. Der angefochtene Plansatz leidet an keinem zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsfehler.
73 
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Eine vergleichbare Verpflichtung sieht § 3 Abs. 2 Satz 1 LplG vor. Das stellt Anforderungen an den Abwägungsvorgang (a) und das Abwägungsergebnis (b).
74 
a) Nach Ansicht der Antragstellerin ist die vom Antragsgegner vorgenommene Abwägung fehlerhaft, da der Antragsgegner vor der Darstellung der Vorranggebiete in der Raumnutzungskarte auf ihrer Gemarkung die Eignung der Flächen und die Versorgungssituation nicht ermittelt habe. Ob das zutrifft, bedarf im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, da die damit gerügten Fehler im Abwägungsvorgang, sofern sie vorliegen sollten, nach § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG unbeachtlich geworden sind.
75 
Nach dieser Bestimmung werden nach § 12 Abs. 3 ROG beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Regionalplans gegenüber der zuständigen Stelle geltend gemacht worden sind. Der Antragsgegner hat in der öffentlichen Bekanntmachung der Erteilung der Genehmigung der Teilfortschreibung am 28.1.2011 ordnungsgemäß über die Voraussetzung für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften - insbesondere innerhalb der Jahresfrist - sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ROG). Die Antragstellerin hat aber die Rüge unzureichender Ermittlungen erst mit einem Schriftsatz, der im April 2012 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, geltend gemacht, und damit deutlich nach Ablauf der Jahresfrist. Etwaige Mängel des Abwägungsvorgangs sind damit unbeachtlich geworden.
76 
aa) Der Umstand, dass die Antragstellerin die von ihr geltend gemachten Ermittlungsfehler bereits während beider Offenlagen und damit vor Inkraftsetzung der Teilfortschreibung gerügt hatte, ändert daran nichts. § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG will erreichen, dass der Plangeber in angemessener Zeit Klarheit über die Gültigkeit seines Plans erhält. Während des Aufstellungsverfahrens erhobene Rügen müssen deshalb nach der Bekanntmachung des Plans noch einmal vorgebracht werden, um den Eintritt der Rechtsfolge des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG zu verhindern (vgl. zu den vergleichbaren Planerhaltungsvorschriften für Bebauungspläne in § 244 Abs. 2 BauGB a.F. bzw. § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB BVerwG, Beschl. v. 11.11.1998 - 4 BN 50.98 - NVwZ-RR 1999, 424; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.7.2012 - 10 D 47/10.NE - UPR 2012, 452; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 215 Rn. 38 m.w.N.).
77 
bb) Ebenso scheidet es aus, Ermittlungsfehler, die dem Abwägungsvorgang (§ 12 Abs. 3 Satz 2 ROG) zuzurechnen sind, bei einer bestimmten Schwere als Fehler im Abwägungsergebnis auszulegen und damit der der Planerhaltung dienenden Regelung in § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG zu entziehen (so aber Spannowsky in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 12 Rn. 25; Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2013, § 215 BauGB Rn. 14 zur vergleichbaren Planerhaltungsvorschrift im BauGB). Eine solche Gesetzesauslegung entgegen dem Wortlaut von § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Sie lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass das Abwägungsgebot nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsgebot wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist. Der Umstand, dass das Abwägungsgebot insoweit eine verfassungsrechtliche Komponente hat, schließt es nicht aus, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen dieses Gebot differenziert regelt. Das gilt umso mehr, als auch die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, denen die Regelung § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG dient, ihre Wurzel im Verfassungsrecht haben (vgl. Gaentzsch, Fehler bei der Aufstellung von Bauleitplänen, in: Festschrift für Weyreuther, 1993, S. 249, 265). Der Ausschluss von Einwendungen durch Fristablauf ist dementsprechend ein gängiges Rechtsinstitut. Parallelen finden sich z.B. bei der Präklusion im Planfeststellungsverfahren oder beim Institut der Bestandskraft. Eine einschränkende Auslegung des § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG führte zudem zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung, wann ein Fehler im Abwägungsvorgang „hinreichend schwerwiegend“ ist, um der Anwendung der Vorschrift entzogen zu sein.
78 
b) Dem Antragsgegner ist auch kein Fehler im Abwägungsergebnis unterlaufen. Von einem Fehler im Abwägungsergebnis kann nur dann ausgegangen werden, wenn die erforderliche Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BauR 2011, 225; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.7.2012 - 10 D 47/10.NE - UPR 2012, 452; OVG Sachsen, Urt. v. 1.7.2011 - 1 C 25/08 - NuR 2012, 58). Das ist hier nicht der Fall. Mit ihrer gegenteiligen Auffassung überschätzt die Antragstellerin die Intensität des mit dem angefochtenen Plansatz verbundenen Eingriffs in ihre Planungshoheit (aa). Sie bestreitet zudem zu Unrecht das Vorliegen eines Handlungsbedarfs auf der Seite des Antragsgegners (bb).
79 
aa) Die Antragstellerin überzeichnet die Intensität des unzweifelhaft gegebenen Eingriffs in ihre Planungshoheit in mehrfacher Weise.
80 
Sie blendet aus, dass der Eingriff nur einen bestimmten Projekttyp betrifft (zentrenrelevante Einzelhandelsgroßbetriebe) und ihre Planungshoheit für alle übrigen planbaren Projekte durch den angefochtenen Plansatz nicht beschnitten wird. Auch hinsichtlich zentrenrelevanter Einzelhandelsgroßbetriebe verbleibt ihr noch ein gewisser Planungsspielraum. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Entscheidung über den Ort der Ansiedlung eines Einzelhandelsgroßprojekts für zentrenrelevante Sortimente durch die gebietsscharfe Festlegung der Vorranggebiete bereits auf der regionalplanerischen Ebene abschließend gefallen sei. Das trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Darüber, wo innerhalb der beiden zusammen rund 21 ha großen - Vorrangflächen ein solches Projekt realisiert werden soll, hat vielmehr allein die Antragstellerin zu entscheiden. Unter Einzelhandelsgroßprojekten sind zudem nach der bereits erwähnten Definition in der Begründung zu Plansatz 2.6.9.2 (Z) 1 der Teilfortschreibung (vgl. S. 10) nur die in § 11 Abs. 3 BauNVO aufgeführten Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher zu verstehen, von denen nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung ausgehen können. Wie es in der Begründung weiter heißt, sind dementsprechend „großflächige Nahversorgungsmärkte, die ausschließlich der wohnortnahen Nahversorgung dienen und von denen nachweislich keine wesentlichen Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung ausgehen“, auch außerhalb der Vorranggebiete zulässig. Weiter ermöglicht die als Anlage zur Begründung der Teilfortschreibung angefügte Sortimentsliste (vgl. S. 24) in begründeten Einzelfällen eine Anpassung an besondere örtliche Verhältnisse und damit eine angepasste Steuerung der von der Sperrwirkung der Ausschlussgebiet (vgl. § 11 Abs. 7 Satz 5 LplG) umfassten Einzelhandelsgroßprojekte.
81 
Es trifft entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht zu, dass der angefochtene Plansatz in seiner Wirkung über das von Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP festgelegte Integritätsgebot, wonach Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen, hinausgeht. Wie bereits unter 4. ausgeführt, ist das nicht der Fall. Die von der Antragstellerin beklagten Eingriffe in ihre Planungshoheit werden vielmehr im Wesentlichen bereits durch die Zielfestlegung in Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 bewirkt. Dass dieser seinerseits wegen eines Verstoßes gegen die kommunale Planungshoheit unwirksam sei, behauptet auch die Antragstellerin nicht und entspricht auch nicht der Rechtsprechung des Senats (Urt. d. Senats v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - BauR 2013, 425, juris Rn. 71 ff.). Schließlich rügt die Antragstellerin auch nicht, dass die in der Raumnutzungskarte festgelegten Vorranggebiete auf ihrer Gemarkung die „städtebaulich integrierten Standorte“ nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP fehlerhaft abgrenzten.
82 
bb) Die Antragstellerin verneint ferner zu Unrecht einen regionalplanerischen Handlungsbedarf zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche in den Kommunen.
83 
Zwar standen dem Antragsgegner schon bislang Instrumente zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche zur Verfügung (vgl. insbesondere das Planungsgebot in § 21 Abs. 1 LplG, den Antrag auf Erlass einer Untersagung im Einzelfall nach § 20 LplG und die Befugnis nach § 22 Abs. 1 LplG, gegen die Zulassung von Einzelhandels(groß)projekten zu klagen; vgl. dazu Nonnenmacher, Kommunen und Raumordnung, 2. Teil, VBlBW 2008, 201, 204 f.; Sparwasser, Einzelhandelssteuerung in der Regionalplanung, VBlBW 2008, 171, 173 ff.). Bei daraus entstandenen Rechtsstreitigkeiten bestand aber unter Geltung von Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 i.V.m. Plansatz 2.6.9 (Z) des Regionalplans des Antragsgegners a.F. die Schwierigkeit, dass nicht definiert ist, was „städtebaulich integrierte Lagen“ sind, und damit die Darlegungslast weitgehend beim Antragsgegner lag. Die „gebietsscharfe“ Festlegung von Vorrang- und Ausschlussgebieten verlagert dagegen die Darlegungslast künftig auf die jeweilige Kommune. Dass auch insoweit Unsicherheiten verbleiben, etwa die Kommune die Möglichkeit hat, vorzutragen, ihr zentrenrelevantes Einzelhandelsprojekt sei eines, das im Sinne von Plansatz 2.9.6.2 (Z) 1 ausschließlich der Nahversorgung diene, ändert daran nichts.
84 
Der Antragstellerin ist im Übrigen entgegen zu halten, dass auch der von ihr mit einer Einzelhandelsuntersuchung im Jahr 2007 beauftragte Gutachter Dr. A. bezogen auf das Gebiet der Antragstellerin Handlungsbedarf gesehen hat, da sich bei Betrachtung der räumlichen Verteilung des Warenangebots auf gesamtstädtischer Ebene zeige, dass der an nicht integrierten Standorten angesiedelte Einzelhandel - auch hinsichtlich üblicherweise zentrenrelevanter Sortimente - relativ hohe Anteile verzeichne. Der Gutachter hat daraus das Fazit gezogen (S. 59), dass zur langfristigen Sicherung bzw. Stärkung der schützenswerten Bereiche Innenstadt und zentraler Bereich K. zukünftig keine weiteren Ansiedlungen von zentrenrelevanten Sortimenten an nicht integrierten Standorten mehr erfolgen sollten.
III.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
86 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
87 
Beschluss vom 19. November 2013
88 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit endgültig auf 60.000 EUR festgesetzt.
89 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Sie ist Eigentümerin eines im überwiegend bebauten und gewerblich genutzten Plangebiet - im Gebiet GE 6 - gelegenen Grundstücks, das mit einem Bau- und Heimwerkermarkt mit Gartencenter bebaut ist.

2

Zu Anlass, Erforderlichkeit und Zielsetzung der Planung führt die Planbegründung im Wesentlichen aus, dass es zur Erhaltung des städtebaulichen Gefüges und um die Veränderungen im Einzelhandel in geordnete Bahnen zu lenken, notwendig sei, die Ansiedlungen jeglicher Einzelhandelsnutzungen räumlich und inhaltlich zu steuern. Das Plangebiet solle in den überwiegenden Teilbereichen für das produzierende beziehungsweise dienstleistende Gewerbe gesichert werden. Ferner sollten Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten ausgeschlossen werden, um die umliegenden Stadtteil- und Nahversorgungszentren im Sinne des "Masterplans Einzelhandel" zu schützen.

3

Der Bebauungsplan setzt gegliederte Gewerbe- und Industriegebiete fest. Im Baugebiet GE 6 sind Einzelhandelsbetriebe mit im Einzelnen aufgeführten zentrenrelevanten Hauptsortimenten unzulässig. Ausnahmsweise zulässig ist Einzelhandel mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten in Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen produzierenden Gewerbebetrieben, die sich ganz oder teilweise an den Endverbraucher richten, "wenn sie nach Art und Umfang in eindeutigem Zusammenhang mit der Produktion, der Ver- und Bearbeitung von Gütern einschließlich Reparatur und Serviceleistungen der Betriebsstätten im Plangebiet stehen" (Annex-Handel). Nach der Planbegründung tritt in den Gewerbegebieten GE 5 bis GE 8 insbesondere der Schutz der Stadtteil- und Nahversorgungszentren in den Vordergrund. Durch die Einzelhandelssteuerung sollten negative städtebauliche Auswirkungen auf das Zentrengefüge sowie auf bestehende Nahversorgungsbereiche verhindert werden.

4

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan für unwirksam erklärt, weil zumindest zwei zentrale Festsetzungen - der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten in den Baugebieten GE 5 bis GE 8 und die Ausnahmeregelungen zur Zulässigkeit von Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen produzierenden Gewerbebetrieben - unzulässig seien. Der vorgesehene Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten sei schon nicht im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt. Ein schlüssiges Planungskonzept sei nicht erkennbar, weil die getroffenen Festsetzungen die ihnen zugedachte Funktion, den Einzelhandel im Plangebiet zum Zwecke der Zentrenstärkung weitgehend auszuschließen, nicht erfüllten. Aus ihnen lasse sich keine hinreichend bestimmte umfängliche Beschränkung zentrenrelevanter Randsortimente herleiten. Der Ausschluss von nur zentrenrelevanten Hauptsortimenten widerspreche zudem den Erkenntnissen des "Masterplans Einzelhandel", nach dessen Grundsatz 4 auch nicht zentrenrelevanter Einzelhandel räumlich zu lenken und auf eine begrenzte Zahl von Sonderstandorten zu konzentrieren sei und ferner Angebote zentrenrelevanter Sortimente generell nicht in Gewerbegebieten verortet werden sollten, wobei der Problematik von Randsortimenten eine besondere Bedeutung zukomme. Der Rat der Antragsgegnerin sei aber zur Umsetzung sämtlicher Grundsätze des Masterplans verpflichtet gewesen. Wenn nämlich - wie hier - im Bebauungsplan Festsetzungen zur Steuerung des Einzelhandels getroffen würden, deren städtebauliche Erforderlichkeit losgelöst von konkreten Untersuchungen allein damit begründet werde, dass das beschlossene Einzelhandelskonzept umgesetzt werden solle, müsse sich der Rat grundsätzlich an dieses Konzept halten oder aber nachvollziehbar städtebaulich begründen, weshalb etwaige Abweichungen von diesem Konzept im Einzelfall den Zielen der gewollten Einzelhandelssteuerung insgesamt nicht schadeten oder jedenfalls hinzunehmen seien. Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten in den Baugebieten GE 5 bis GE 8 könne auch nicht durch den Schutz der umliegenden Versorgungsbereiche städtebaulich gerechtfertigt werden. Der Plangeber habe keine konkreten Angaben dazu gemacht, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art, würde er im Plangebiet angesiedelt, die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den zu schützenden Zentren unabhängig von der Art und dem Umfang des jeweiligen Warenangebotes schädigen würde. Dies sei auch sonst nicht ersichtlich. Den - ebenfalls unwirksamen - Ausnahmeregelungen zur Zulässigkeit des Annex-Handels fehle die gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO erforderliche städtebauliche Rechtfertigung, weil sie keine relative oder absolute flächenmäßige Begrenzung der Einzelhandelsaktivitäten enthielten. Sowohl die Unwirksamkeit der Festsetzung zum Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten als auch der Festsetzung zum "Annexhandel" führten jeweils zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Ob der Bebauungsplan noch an weiteren Mängeln leide, könne offen bleiben.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Antragsgegnerin einen Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB geltend, dessen Anforderungen die Vorinstanz überspanne.

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Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Antragsgegnerin ist begründet. Das Normenkontrollurteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

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1. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht die Rechtsgrundlage für den im Bebauungsplan enthaltenen und dem Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides entgegenstehenden Einzelhandelsausschluss in § 1 Abs. 9 BauNVO gesehen und nicht nur für die Planung insgesamt, sondern auch für diese Einzelfestsetzung eine städtebauliche Rechtfertigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verlangt (vgl. für eine Festsetzung nach § 1 Abs. 5 BauNVO Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 4 C 21.07 - BVerwGE 133, 310 = Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 34 Rn. 11). Die Anforderungen, die die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB an die städtebauliche Rechtfertigung stellt, hat das Oberverwaltungsgericht aber in bundesrechtswidriger Weise überspannt und deswegen die Wirksamkeit des Einzelhandelsausschlusses in nicht tragfähiger Weise verneint.

9

a) Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt nach der Rechtsprechung des Senats dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. hierzu Urteil vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <60> m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind; § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag (Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <146 f.> m.w.N.). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (vgl. bereits Urteil vom 3. Juni 1971 - BVerwG 4 C 64.70 - BVerwGE 38, 152 <157>; ebenso OVG Münster, Urteil vom 3. Juni 2002 - 7a D 92.99.NE - BRS 65 Nr. 38 S. 184). Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (Urteil vom 21. März 2002 a.a.O. S. 147), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.

10

Für die hier in Rede stehenden Festsetzungen nach § 1 Abs. 9 BauNVO gilt nichts Abweichendes. Soweit hierfür "besondere städtebauliche Gründe" gegeben sein müssen, bleibt dies ohne Einfluss auf den Maßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Vielmehr werden zusätzliche Anforderungen des Festsetzungsinstrumentariums formuliert, die nach der Rechtsprechung des Senats nicht besonders gewichtige, sondern die auf § 1 Abs. 9 BauNVO gestützte Feindifferenzierung rechtfertigende Gründe verlangen (vgl. etwa Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 13 m.w.N.). Abwägungsfragen sind insoweit nicht aufgerufen.

11

Die dem Abwägungsgebot unterfallenden Einzelheiten der Planung werden auch dann nicht Teil der städtebaulichen Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn der Träger der Bauleitplanung - wie hier - die Erforderlichkeit seiner Planung durch eine Bezugnahme auf ein gemeindliches Planungskonzept begründet, dessen Vorgaben aber nur teilweise umsetzt. Wie sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ergibt, sind derartige Planungskonzepte als Belang im Rahmen der planerischen Abwägung - nur - zu berücksichtigen (Urteil vom 29. Januar 2009 a.a.O. Rn. 25 f.). Eine Bindung der Gemeinde, auch im Sinne eines Alles-oder-nichts-Prinzips, kann deswegen nicht bestehen. Vielmehr kann es aufgrund einer ordnungsgemäßen Abwägung sogar geboten sein, das Planungskonzept im Rahmen einer konkreten Bauleitplanung nicht oder nur mit Abstrichen zu verfolgen. Aufgrund solcher Durchbrechungen mag das Planungskonzept zukünftig zwar seine steuernde Kraft nur noch in abgeschwächter Weise erfüllen oder sogar ganz einbüßen (Urteil vom 29. Januar 2009 a.a.O. Rn. 28). Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass Bauleitplanungen, die ein gemeindliches Konzept - sei es im Hinblick auf die Zahl der darin vorgegebenen Ziele, sei es in Bezug auf die Intensität der jeweiligen Zielverfolgung - nur unvollständig umsetzen, von vornherein die städtebauliche Erforderlichkeit abzusprechen wäre. Ebensowenig hängt die städtebauliche Rechtfertigung davon ab, dass jede Abweichung oder unvollständige Umsetzung des Planungskonzepts den Anforderungen des Abwägungsgebots entspricht. Auch insoweit bleibt es bei dem dargelegten Maßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

12

Aus der Entscheidung des Senats vom 26. März 2009 (a.a.O. Rn. 20) ist nichts Gegenteiliges herzuleiten. Soweit der Senat darin auf die sachlichen Rechtfertigungsgrenzen eines planerischen Konzepts im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB hinweist und ausführt, dass Festsetzungen, die nicht oder nicht vollständig der Realisierung der mit der Planung verfolgten städtebaulichen Zielsetzung dienen, deshalb auch nicht erforderlich sind, wollte er, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der für sich genommen möglicherweise missverständlichen Formulierung deutlich ergibt, nur die Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringen, dass ein Planungskonzept nicht solche planerischen Festsetzungen in einem Bebauungsplan rechtfertigen kann, die von vornherein nicht geeignet sind, dieses Ziel zu fördern. Deswegen hat er den Ausschluss bestimmter Einzelhandelsbetriebe zum Zwecke des mit dem Planungskonzept verfolgten Ziels der Zentrenstärkung beanstandet, soweit die ausgeschlossenen Betriebe aus tatsächlichen Gründen nicht im Zentrum angesiedelt werden konnten. Das hindert einen Planungsträger nicht, sich die rechtfertigende Wirkung eines Planungskonzeptes auch im Falle seiner nicht vollständigen Umsetzung zunutze zu machen, sofern die Festsetzungen des Bebauungsplans jedenfalls geeignet sind, einen Beitrag zur Förderung des Planungskonzepts zu leisten. Davon kann allerdings nicht mehr ausgegangen werden, wenn die realistische Gefahr besteht, dass eine nur teilweise Umsetzung das Planungskonzept konterkariert. In diesem Fall muss sich die Gemeinde auf andere städtebauliche Ziele stützen, um die Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu erfüllen.

13

b) Hieran gemessen hat das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung der Wirksamkeit der Festsetzungen zum Ausschluss von Einzelhandel mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten einen zu strengen und mithin bundesrechtswidrigen Maßstab angelegt.

14

aa) Das gilt zunächst, soweit die Vorinstanz den Einzelhandelsausschluss mit dem Ziel der Zentrenstärkung als städtebaulich nicht gerechtfertigt ansieht.

15

In Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 4 C 21.07 - BVerwGE 133, 310 Rn. 19 m.w.N.) hat das Oberverwaltungsgericht die Stärkung der gemeindlichen Versorgungszentren als grundsätzlich tragfähiges städtebauliches Ziel angesehen, das den Ausschluss von zentrenrelevantem Einzelhandel rechtfertigen kann. Es hat jedoch die Bezugnahme auf den dieses Ziel verfolgenden Masterplan der Antragsgegnerin nicht als hinreichende städtebauliche Rechtfertigung der Planung ausreichen lassen, weil die darin aufgestellten Grundsätze nicht vollständig umgesetzt würden. Das ist indes nicht erforderlich. Denn der Gemeinde ist es nicht verwehrt, die Vorgaben ihrer Planungskonzepte zwar als Argumentationshilfe zu nutzen, sie jedoch im Rahmen der konkreten Planung nicht in derselben Intensität zu realisieren. Dass die Gemeinde bei der Umsetzung ihrer Planungskonzepte keinem Alles-oder-nichts-Prinzip unterliegt, hat das Oberverwaltungsgericht zwar erkannt. Es hat aber den dargelegten bundesrechtlichen Maßstab verfehlt, wenn es für die Abweichungen nachvollziehbare Begründungen fordert, die auf der Ebene der Bauleitplanung ein schlüssiges Planungskonzept erkennen lassen, und wenn es die getroffenen Festsetzungen daran misst, ob sie den Einzelhandel "weitgehend" ausschließen. Auf der Grundlage dieses Maßstabs ist die im Bebauungsplan enthaltene allgemeine Zulassung von Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Hauptsortimenten unter dem Gesichtspunkt der Zentrenstärkung nicht deswegen unwirksam, weil der Bebauungsplan nicht zentrenrelevanten Einzelhandel im Gewerbegebiet, dessen Zulassung nach den Feststellungen der Vorinstanz eigenständige Zielsetzungen verfolgt und für den wohl auch der Masterplan in Grundsatz 4 ein eigenständiges, von den Zielen des Schutzes und der Stärkung der Zentren, grundsätzlich unabhängiges Ziel formuliert, überhaupt ermöglicht oder weil er die zulässigen Neben- oder Randsortimente künftiger Einzelhandelsbetriebe nach Art oder Umfang nicht weiter einschränkt und somit das Ziel der Zentrenstärkung möglicherweise nicht mit der gleichen Intensität verfolgt, wie sie der Masterplan für erwägenswert erachtet. Eine solche Regelung ist vielmehr erst dann zu beanstanden, wenn sie nicht geeignet ist, das Ziel der Zentrenstärkung zu fördern oder dieses Ziel gar konterkariert. Diese Prüfung hat das Oberverwaltungsgericht nicht vorgenommen.

16

bb) Auch soweit das Oberverwaltungsgericht den Einzelhandelsausschluss unter der Zielsetzung des Zentrenschutzes als städtebaulich nicht gerechtfertigt ansieht, überspannt es den dargelegten bundesrechtlichen Maßstab.

17

Entsprechend ihrer ständigen Rechtsprechung hält die Vorinstanz in einem solchen Fall Angaben des Plangebers für erforderlich, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art, würde er im Plangebiet angesiedelt, die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den geschützten Zentren unabhängig von der Art und dem Umfang des jeweiligen Warenangebotes schädigen würde. Dem ist nicht zu folgen.

18

Der Rechtsprechung des Senats ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Danach bedarf es bei einem nur zum Schutz eines Zentrums erfolgten Einzelhandelsausschlusses der Ermittlung der konkret zentrenschädlichen Sortimente (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 19). Weitergehende Anforderungen hat der Senat nicht gestellt. Sie sind auch nicht gerechtfertigt. Denn auch insoweit gilt der dargelegte Maßstab, nach dem es darauf ankommt, ob der festgesetzte Einzelhandelsausschluss geeignet ist, das vom Plangeber ins Auge gefasste städtebauliche Ziel zu fördern. Davon ist grundsätzlich auszugehen, wenn in einem Zentrenkonzept die für die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Zentren entscheidenden und mithin zentrenbildenden Sortimente festgelegt werden und diese Sortimente in einem Bebauungsplan für ein Gebiet außerhalb der Zentren ausgeschlossen werden. Die weitergehende Anforderung des Oberverwaltungsgerichts ist systemfremd. Denn auch bei der Verfolgung des Ziels der Stärkung von Versorgungszentren geht es nicht um punktuelle Abwehr konkreter Gefahren, sondern um planerische Lenkung und mithin eine längerfristige Beeinflussung der Entwicklung, die bereits durch den Ausschluss der für die Zentren konstitutiven Sortimente an anderer Stelle bewirkt wird (vgl. zur Unterscheidung von Gefahren- und Planungsschwelle auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 4 C 1.11 - BauR 2013, 191 Rn. 16 ff.). Etwas anderes kann nur in offensichtlichen Ausnahmefällen gelten, in denen der Ausschluss zentrenbildender Sortimente keinerlei Beitrag zum Zentrenschutz leisten kann.

19

c) Den dargelegten bundesrechtlichen Maßstab verfehlt das Oberverwaltungsgericht auch, soweit es die den Annex-Handel regelnden Festsetzungen mangels städtebaulicher Rechtfertigung für unwirksam hält, weil sie keine relative oder absolute flächenmäßige Begrenzung der Einzelhandelsaktivitäten enthalten. Auf das für diese Regelung erkennbar einschlägige, nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in der Planbegründung enthaltene Ziel, das Plangebiet für das produzierende bzw. dienstleistende Gewerbe zu sichern, geht die Vorinstanz in diesem Zusammenhang nicht ein. Dass aufgrund der Zulassung des Annex-Handels die Grundsätze des Masterplans nur in eingeschränktem Umfang umgesetzt werden mögen, steht der städtebaulichen Rechtfertigung dieser Regelung nach dem oben Gesagten nicht entgegen. Dass die Regelung das mit der Bauleitplanung ebenfalls verfolgte Ziel der Zentrenstärkung konterkariert oder der im Bebauungsplan geregelte Einzelhandelsausschluss wegen der Einbeziehung der Zulassung des Annex-Handels keinerlei Beitrag zur Förderung des Ziels der Zentrenstärkung leisten könnte, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt und liegt auch nicht auf der Hand.

20

2. Da sich das Urteil der Vorinstanz auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist und der Senat mangels hinreichender Feststellungen - auch im Hinblick auf den von der Antragstellerin geltend gemachten Abwägungsfehler wegen fehlender bestandserhaltender Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO - nicht in der Lage ist, in der Sache selbst zu entscheiden, ist sie an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

21

Bei der vom Oberverwaltungsgericht vorzunehmenden Beurteilung, ob der im Bebauungsplan enthaltene Einzelhandelsausschluss geeignet ist, das Ziel der Stärkung oder des Schutzes der Versorgungszentren zu fördern, wird es von einem realitätsnahen Maßstab auszugehen haben, der nicht nach theoretischen Möglichkeiten fragt, sondern die konkreten Gegebenheiten im Plangebiet zugrunde legt und auf dieser Grundlage die realistischerweise zu erwartenden Entwicklungen in den Blick nimmt. Für die Beantwortung der Frage, ob die fehlende Begrenzung zentrenrelevanter Randsortimente die Verfolgung der genannten Ziele konterkariert, wird deswegen zu bedenken sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Umfang sich entsprechende Betriebe im Plangebiet ansiedeln werden. Dabei ist in rechtlicher Hinsicht einzubeziehen, dass auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung (Urteil vom 24. November 2005 - BVerwG 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 <365 f.>) Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm grundsätzlich nur in dafür ausgewiesenen Sondergebieten zulässig sind, so dass Rand- und Nebensortimenten auch insoweit deutliche Grenzen gesetzt sind. Schließlich ist nicht erkennbar, dass das Oberverwaltungsgericht gehindert wäre, dem Begriff des Rand- und Nebensortiments als korrespondierendem Begriff zu dem des Hauptsortiments im Wege einer bundesrechtsfreundlichen Auslegung einen hinreichend begrenzten Inhalt zu geben, der - auch unter Einbeziehung der Berechtigung der Baugenehmigungsbehörde, weitere Konkretisierungen im Einklang mit diesen Vorgaben vorzunehmen - geeignet ist, negativen Auswirkungen zentrenschädlicher Sortimente auf die Zentren effektiv vorzubeugen. Sinngemäß gilt dies auch für die Regelung des Annex-Handels, für die mit Blick darauf, dass es sich um ein bloßes Anhängsel der Hauptnutzung handelt, die hierdurch ihre prägende Wirkung nicht verlieren darf, ein das mögliche Warenangebot begrenzender und mithin die zu seiner Zulassung erforderliche Ausnahmeentscheidung nach § 31 Abs. 1 BauGB hinreichend steuernder Regelungsgehalt durch Auslegung gefunden und festgeschrieben werden könnte.

22

Für den Fall, dass es im Rahmen der erneuten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf die Frage ankommen sollte, ob der Masterplan oder die weiteren Planungskonzepte der Antragsgegnerin selbst den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB entsprechen, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass auch insoweit der unter 1. dargelegte Maßstab anzuwenden ist.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen, soweit das Bundesverwaltungsgericht über diese noch nicht entschieden hat, die Klägerin und die Beigeladene ebenfalls je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und die Beigeladene begehren die Verpflichtung des beklagten Landes, für die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten die Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein ...-Einrichtungshaus einschließlich ergänzender Fachmärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die von der Beigeladenen beabsichtigte Errichtung eines ...-Einrich-tungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf der Gemarkung der Klägerin unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der R... Straße/R... Straße. Der geplante Standort liegt überwiegend im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt, und - zu einem geringen Teil - im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Baisert“. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft ......- ... ... vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: ...-Gutachten 2007 - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrele-vante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente. Für das ...-Einrichtungshaus sind ca. 2.300 Stellplätze vorgesehen. Die Klägerin ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) als Mittelzentrum eingestuft.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des LEP 2002 und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raum-ordnungsrechtliche Kongruenzgebot. Die beantragte Zielabweichung sei unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletzt würden.
Die von der Klägerin erhobene Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung entgegenstehen, hilfsweise auf Verpflichtung des Beklagten, die vorsorglich beantragte Zielabweichung zuzulassen, wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - ab.
Der Senat hat mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - (VBlBW 2010, 357) die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot hätten Zielqualität. Das Ansiedlungsvorhaben widerspreche diesen verbindlichen Zielen. Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Ziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstoße, könne offenbleiben. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene hätten keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung i.S.d. § 24 LplG berühre. Wegen der weiteren Begründung wird auf das in den VBlBW 2010, 357 abgedruckte Urteil des Senats verwiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die - vom Senat zugelassenen - Revisionen mit Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 - (BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821) das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zwar sei die Auffassung des Senats, dass das Vorhaben dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und dem Kongruenzgebot als Ziele des Landesentwicklungsplans widerspreche, nicht zu beanstanden. Jedoch müsse über die Verpflichtungsklage der Klägerin, eine Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans zuzulassen, erneut entschieden werden. Die Auffassung des Senats, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehörten, die "als Grundzüge der Planung" die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, sei als Ergebnis der Auslegung des LEP, der dem irreversiblen Landesrecht angehöre, zwar bindend. Die Schlussfolgerung, dass ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert werde, in jedem Fall die planerische Grundentscheidung berühre, verkenne aber, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankomme, ob die Grundzüge der Planung berührt würden. Daraus, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlaubten, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (NVwZ 2011, 821) verwiesen.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
1. das vorangegangene Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - abzuändern und
2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 zu verpflichten, die beantragte Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen;
10 
3. festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft; fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen;
11 
4. die Anträge zu 2. und 3. auf die Verwirklichung ausschließlich des ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken.
12 
Weiterhin erklärt die Klägerin, sie schließe sich dem Klagantrag Ziff. 6 der Beigeladenen an.
13 
Zur Begründung verweist die Klägerin hinsichtlich des Kongruenzgebots, des Integrationsgebots und des Beeinträchtigungsverbots auf ihr Vorbringen und das der Beigeladenen vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe, dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und dem Bundesverwaltungsgericht. Die Zielabweichung vom Kongruenzgebot sei begründet, da die Region Mittlerer Oberrhein „...-mäßig“ unterversorgt sei, das Oberzentrum Karlsruhe trotz intensiver Suche keinen geeigneten Standort für einen ...-Möbelmarkt habe anbieten können, Möbelhäuser wie ... branchenüblich den Verflechtungsbereich der Standortgemeinden überschritten und mit den „Markenartikeln“ in der jeweiligen Innenstadt regelmäßig gar nicht in Konkurrenz träten, sondern unter Umständen sogar deren Geschäft belebten, die Klägerin unter den Gesichtspunkten Entwicklungsdynamik, Arbeitsplatzzentralität und Einzelhandelszentralität de facto bereits die Merkmale eines kleineren Oberzentrums aufweise und sie im Interesse des Erhalts der Einzelhandelszentralität und der Funktion der Innenstadt sowie zur Sicherstellung einer verbrauchernahen Versorgung bereits seit 2001 in einer Vielzahl von Fällen bauplanerische Festsetzungen i.S.d. Ausschlusses des Einzelhandels oder seiner Begrenzung getroffen habe. Ergänzend sei zu nennen, dass die autobahnnahe, überaus verkehrsgünstige Lage des geplanten Vorhabens an der Kreuzung einer Nord-Süd- und einer Ost-West-Achse im Herzen der Region und damit auch im Herzen des Verflechtungsbereichs des Oberzentrums Karlsruhe liege. Gegenüber einem ...-Markt im Oberzentrum sei mit allenfalls geringfügigen, auf jeden Fall aber nicht spürbaren Mehrverkehr zu rechnen. Weiterhin sei auf die Notwendigkeit der Bildung eines Gegengewichts im Sinne eines besonders attraktiven Einzelhandelsangebots gegenüber dem unmittelbaren an der Grenze der Region in R.../Elsass errichteten FOC hinzuweisen. Schließlich erschwere die Vielzahl zentraler Orte bzw. Mittelzentren auf engem Raum mit räumlich begrenzten Verflechtungsbereichen die Einhaltung des Kongruenzgebots. Bei der Entscheidung über die Abweichung von Soll-Zielen des Kongruenzgebots und des Integrationsgebots dürften diese raumordnerischen Zielvorgaben nicht gewissermaßen absolut betrachtet werden. Sie müssten vielmehr mit der gemeindlichen Planungshoheit, der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Standortwahl der Vorhaben-trägerin und mit der Niederlassungsfreiheit in ein angemessenes Verhältnis gesetzt werden. Unter Berücksichtigung all dessen könne die Ermessensentscheidung der Raumordnungsbehörde danach eigentlich nur auf eine „Zulassung der Abweichung“ lauten. Dies gelte insbesondere deshalb, weil das Beeinträchtigungsverbot nicht tangiert werde. Schließlich werde der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten, eine Zielabweichung nicht zuzulassen, den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit insbesondere von Einzelhandelsgroßbetrieben nicht gerecht. Die Erforderlichkeit raumordnungsrechtlicher Vorgaben für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe müsse konkret belegt bzw. durch die Angabe genauer Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Dem genüge die Heranziehung der Anhalts-werte im Einzelhandelserlass nicht.
14 
Die Beigeladene beantragt zuletzt,
15 
das Urteil des VG Karlsruhe vom 26.06.2008 - 2 K 2099/07 - abzuändern und
16 
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2007 zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...- Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Zielen aus Plansatz 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg und Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Kongruenzgebote) beantragt hat, und
17 
2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 weder Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg noch die Plansätze 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung entgegenstehen,
18 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg und den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat,
19 
4. weiter hilfsweise den Bescheid des Beklagten, Regierungspräsidium Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 erneut zu entscheiden,
20 
5. die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken;
21 
6. höchst hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 267 AEUV einzuholen, zu folgenden Fragen:
22 
a) Ist Art. 49 i.V.m. Art. 54 und Art. 63 AEUV dahin auszulegen, dass die dort gewährleistete Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit einer Vorschrift des nationalen Rechts entgegenstehen, die die Ansiedlung einer großflächigen Einzelhandelseinrichtung verbietet, sofern mehr als 30 % des Umsatzes dieser Einzelhandelseinrichtung durch Kunden generiert werden, die ihren Wohnsitz außerhalb eines festgelegten Verflechtungsbereichs der Standortgemeinde haben?
23 
b) Sind Art. 49 i.V.m. Art. 54 und Art. 63 AEUV dahin auszulegen, dass die dort niedergelegte Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, die die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente außerhalb bestimmter in der Landes- oder Regionalplanung festgelegter integrierter Lagen verbietet?
24 
Zur Begründung trägt die Beigeladene im Wesentlichen vor:
25 
Der Widerspruch des ...-Ansiedlungsvorhabens zum landes- und regionalplanerischen Kongruenzgebot könne im Wege der Zielabweichung ausgeräumt werden, da die Voraussetzungen der Zielabweichung vorlägen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei am Standort R... raumordnerisch vertretbar. Sowohl die regionale Situation als auch die Besonderheiten des ...-Ansiedlungsvorhabens seien derart atypisch, dass eine Vorbildwirkung für andere Fälle nicht entstehe. Die raumstrukturelle Besonderheit sei durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren (Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl) auf engem Raum gekennzeichnet. Dies habe zur Folge, dass das 30 %-Kriterium aus Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 leicht sehr weit überschritten werde. Diese atypische Situation sei mit der Lage im übrigen Geltungsbereich des LEP 2002 sowie im nördlichen Verbandsgebiet des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein nicht vergleichbar. ...-Einrichtungshäuser seien im Bereich des großflächigen Einzelhandels singulär. Das Ansiedlungsvorhaben berühre auch nicht Grundzüge der Planung. Dies gelte sowohl für die allgemeine Struktur des Zentrale-Orte-Konzepts als auch für die konkreten planerischen Ziele, die mit den Regelungen des Kongruenzgebots verfolgt würden, und insbesondere unter Berücksichtigung des höherrangigen Rechts der Europäischen Union. Auch andere Ziele der Raumordnung stünden dem ...-Ansiedlungsvorhaben nicht entgegen. Ein ...-Einrichtungshaus entspreche dem definierten Versorgungs-auftrag des Mittelzentrums R..., weil es sich um eine Einkaufsmöglichkeit des gehobenen Bedarfs und um kein Spezialfachgeschäft handle, das typisch für ein Oberzentrum wäre (Plansatz 2.5.9 Abs. 1 Satz 1 LEP 2002). Der Zweck des Kongruenzgebots werde nicht wesentlich tangiert, weil eine Zersiedelung oder ein Verstoß gegen den Grundsatz flächensparender Raumnutzung am konkreten Standort in Rastatt - in unmittelbarer Nähe der BAB 5 als zentraler Infrastrukturachse - nicht zu befürchten sei. Auch das Ziel der Verkehrsvermeidung werde durch das Vorhaben nicht gefährdet, sondern sogar befördert. Die Fahrtzeit zu den nächstgelegenen ...-Einrichtungshäusern in Walldorf und Freiburg werde durch das Ansiedlungsvorhaben für die in 60-Minuten-Fahrzeitradius lebenden ca. 1,2 Millionen Einwohner insgesamt um ca. 32 % verkürzt. Die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses in Karlsruhe als dem nach dem Kongruenzgebot „idealtypischen“ Alternativstandort im Oberzentrum Karlsruhe würde zu keiner höheren Reduzierung der ...-Kundenverkehre führen. Vor diesem Hintergrund sei die Zulassung einer Zielabweichung auch unionsrechtlich geboten. Das dem Grunde nach anerkannte Interesse an der effektiven Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur und der Vermeidung unnötigen Verkehrs rechtfertige eine Beschränkung der unionsrechtlich gewährleisteten Niederlassungsfreiheit nur dann, wenn die Ausgestaltungen des Kongruenzgebots im konkreten Fall zur Erreichung dieser Ziele auch tatsächlich erforderlich seien. Dies müsse durch eine Untersuchung belegt sein, woran es vorliegend im Übrigen fehle.
26 
Das ...-Ansiedlungsvorhaben entspreche den Vorgaben des landesplanerischen und des regionalplanerischen Beeinträchtigungsverbots, da es weder die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich noch die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde oder anderer Zentraler Orte im Einzugsbereich in rechtlich relevanter Weise beeinträchtige. Das ...-Gutachten Mai 2007 weise plausibel nach, dass die Anhaltspunkte von Ziff. 3.2.2.3 Abs. 3 des Einzelhandelserlasses 2001 zur Ermittlung etwaiger Beeinträchtigungen (10 %- und 20 %-Schwellen) weder für das Möbelkernsortiment noch für die zentrenrelevanten oder die nicht-zentrenrele-vanten Nebensortimente in erheblicher Weise überschritten würden. Die Stellungnahme der ... vom 13.05.2011 bestätige, dass die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens hinsichtlich der Flächenproduktivität von ...-Einrichtungshäusern und bezüglich des Einzelhandelsbesatzes im Einzugsgebiet nach wie vor aktuell seien. Entwicklungen, die höhere als die seinerzeit berechneten Umsatzumverteilungen erwarten ließen, habe es im Einzugsgebiet nicht gegeben.
27 
Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten auch einen Anspruch auf Zulassung der Zielabweichung vom Kongruenzgebot. Die Ermessensreduzierung auf Null ergebe sich aus der kommunalen Planungshoheit der Klägerin. Durch eine strikte Anwendung des Kongruenzgebots werde die kommunale Planungshoheit der Klägerin unverhältnismäßig beschränkt. Grund hierfür seien die besonderen raumstrukturellen Gegebenheiten im südlichen Verbandsgebiet der Region Mittlerer Oberrhein, nämlich die Ansammlung zahlreicher Mittelzentren auf engem Raum. Hierauf weise die Begründung des Regionalplans hinsichtlich der Anwendung der Schwellenwerte des Einzelhandelserlasses zur Auslegung des Kongruenzgebots auch ausdrücklich hin (Nr. 2.5.3 [3] Satz 2 LEP 2001). Ferner gebiete die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit der schwedischen Muttergesellschaft der Beigeladenen die Zulassung der Zielabweichung vom Kongruenzgebot. Die Beigeladene habe verschiedene Standorte im benachbarten Oberzentrum Karlsruhe unter Berücksichtigung zahlreicher Varianten geprüft und gleichwohl keinen geeigneteren Standort gefunden. Werde die Ansiedlung der Beigeladenen - wie hier - an einem der wenigen geeigneten Standorte durch die strikte Anwendung des Kongruenzgebots vereitelt - und zwar ohne, dass die mit dem Kongruenzgebot verfolgten verkehrlichen und umweltpolitischen Ziele gefährdet wären oder Beeinträchtigungen der zentralen örtlichen Funktionen drohten - so verletzte dies die Beigeladene in ihrer Niederlassungsfreiheit.
28 
Die landes- und regionalplanerischen Regelungen des Integrationsgebots seien bereits deshalb keine verbindlichen Ziele der Raumordnung, weil sie nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht zu rechtfertigen seien, wie dies für Eingriffe in die von Art. 28 Abs. 2 GG garantierte kommunale Planungshoheit erforderlich sei. Es gehe nicht um Fragen der Standortentscheidung zwischen verschiedenen Gemeinden, sondern um rein innergemeindliche Ansiedlungsfragen. Die lokale Standortfestlegung für großflächige Einzelhandelseinrichtungen sei eine klassische Aufgabe des Städtebaus und damit der kommunalen Bauleitplanung. Hieraus ergebe sich ferner, dass dem Landesgesetzgeber für die Regelung eines Integrationsgebots auch die Gesetzgebungskompetenz fehle. Der Bundesgesetzgeber habe im Baugesetzbuch und der BauNVO den bodenrechtlichen Rahmen für die Zulässigkeit der Ansiedlung großflächigen Einzelhandels abschließend geregelt. Weiterhin sei das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Sätze 2 und 3 LEP 2002 aufgrund seiner Soll-Formulierung zu unbestimmt, um für sich genommen ein Ziel der Raumordnung zu sein. Auch wenn man den Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 als kombiniertes Beeinträchtigungsverbot mit Integrationsgebot verstehe, widerspreche dem das Ansiedlungsvorhaben nicht.
29 
Die regionalplanerischen Ausgestaltungen des Integrationsgebots (Plansatz 2.5.3 [4] und Plansatz 2.5.3 [5] des Regionalplans) stünden dem ...-Ansiedlungsvorhaben ebenfalls nicht entgegen, da das Angebot weit überwiegend aus nicht-zentrenrelevanten Sortimenten bestehen solle. Die Regelung im Plansatz 2.5.3 [5] des Regionalplans enthalte kein verbindliches Ziel der Raumordnung. Es mangle ferner an der hinreichenden Bestimmtheit. Zwar befinde sich das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht in einem Vorbehaltsgebiet i.S.v. Plansatz 2.5.3 [5] Satz 3 des Regionalplans. Satz 2 spreche indessen nicht davon, dass diese Nutzungen nur in städtebaulichen Randlagen zulässig seien. Ferner bestehe außerhalb festgelegter Vorbehaltsgebiete keine Ausschlusswirkung. Soweit der Bescheid des Beklagten auf die 800 m²-Grenze für zentrenrelevante Sortimente abstelle, fehle es an einer rechtlichen Grundlage im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan. Darüber hinaus stehe das Unionsrecht dieser Auslegung des Integrationsgebots entgegen.
30 
Selbst wenn die landes- und/oder regionalplanerischen Ausgestaltungen des Integrationsgebots verbindliche Ziele der Raumordnung darstellten, lägen die Voraussetzungen der Zielabweichung vor. Das Vorhaben sei raumordnerisch vertretbar. Es handle sich um eine städtebauliche Randlage. Der Bereich des Plangebiets werde durch gewerbliche Nutzungen einschließlich Einzelhandelsnutzungen geprägt. Es verfüge über eine hervorragende verkehrliche Anbindung. Es handle sich also gerade nicht um einen Standort „auf der grünen Wiese“, an dem eine Zersiedelung der Landschaft zu befürchten wäre oder aufwendige Erschließungsmaßnahmen erforderlich würden. Die hohen infra-strukturellen Standortanforderungen seien eine spezifische Eigenschaft von ...-Einrichtungshäusern, so dass auch insoweit keine negative Vorbildwirkung zu erwarten sei. Die Grundzüge der Planung seien gleichfalls nicht berührt, da das Integrationsgebot nicht durch überörtliche Interessen gerechtfertigt sei. Das Integrationsgebot könne daher kein „Grundkonzept“ der raumordnerischen Planung darstellen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben wahre auch die Funktionsfähigkeit zentralörtlicher Versorgungskerne i.S.v. Nr. 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses 2001, da geeignete Flächen in der Innenstadt R... nicht zur Verfügung stünden und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Innenstadt ausgeschlossen sei. Durch die Zulassung der Zielabweichung vom Integrationsgebot würden auch deshalb keine Grundzüge der Planung berührt, weil eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungshäusern aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten sei. Es bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Denn ansonsten würde die kommunale Planungshoheit der Klägerin und die Niederlassungsfreiheit der schwedischen Muttergesellschaft der Beigeladenen verletzt. Der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit der Beigeladenen sei um so schwerwiegender, als ...-Einrichtungshäuser aufgrund der mit ihnen verbundenen Ziel- und Quellverkehre typischerweise nicht in integrierten Lagen angesiedelt werden könnten. Sie seien daher regelmäßig auf verkehrlich gut erschlossene Standorte angewiesen, wie sie in städtebaulichen Randlagen anzutreffen seien.
31 
Der Beklagte beantragt,
32 
die Berufungen zurückzuweisen.
33 
Das Vorhabens würde am geplanten Standort das Kongruenzgebot gravierend verletzen. Das Vorhaben sei auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 LEP 2002 nicht vereinbar. Das Integrationsgebot habe Zielqualität. Es sei genau wie das Kongruenzgebot als Soll-Vorschrift gefasst, nenne aber im Gegensatz zu diesem die Ausnahmen ausdrücklich mit. Bei dem „...-Einrichtungshaus“ handle es sich gerade nicht um ein „klassisches Möbelhaus“ mit keinem oder nur geringem zentrenrelevanten Randsortiment, sondern um ein Warenhaus mit dem Schwerpunkt auf Wohnen und Einrichten. Der Verkaufsflächenanteil beim Kernsortiment „Möbel“ betrage ca. 66 %. Für zentrenrelevante Sortimente werde eine Verkaufsfläche von 8.350 m² vorgehalten. Bei dem vorgesehenen Standort handle es sich ersichtlich nicht um eine integrierte Lage. Das Vorhaben widerspreche auch dem Beeinträchtigungsverbot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002. Die von der Beigeladenen vorgelegte Wirkungsanalyse im Gutachten der ... Mai 2007 beruhe hinsichtlich der Umverteilungswirkungen in den zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sortimenten auf einer Fehleinschätzung. Denn es sei fehlerhaft von einer Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses von 2.820 bzw. 2.860,-- EUR/m² ausgegangen. Die Flächenproduktivität betrage indessen 3.600,-- EUR/m². Das Marktgutachten habe in seiner Berechnungsmethode einen durchschnittlichen Umsatz pro ...-Haus ermittelt und auf das in R... geplante, jedoch deutlich größere Haus übertragen. Hierbei gehe es von einer offensichtlich unrichtigen Annahme aus, dass der Umfang der Verkaufsflächen keinen Einfluss auf den erzielten Umsatz eines ...-Einrichtungshauses habe. Ferner fehle sowohl eine allgemeine Beschreibung wie auch eine in einzelnen Schritten nachvollziehbare Dokumentation des Rechenweges für die Berechnung der potentiellen wettbewerblichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens. Des Weiteren habe das Marktgutachten die konkrete städtebauliche Situation der betroffenen Versorgungsbereiche, die Größe und Marktstellung der in den betroffenen Versorgungsbereichen vorhandenen Einzelhandelsbetriebe, den Umfang, Art und Qualität der angebotenen Sortimente und ihre Auswirkungen auf die Innenstadt nicht hinreichend gewürdigt. Durch die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen umfangreichen zentrenrelevanten Sortimente würden die Innenstädte von R... und G... nachhaltig beeinträchtigt und die Bemühungen zur Stärkung dieser Innenstädte zunichte gemacht. Im Weiteren könnten die der Wirkungsanalyse der ... zugrunde liegenden Bestandsdaten aus 2006 bzw. Anfangs 2007 nicht mehr aussagekräftig sein. Insbesondere in der Innenstadt der Klägerin hätten zwei große Einzelhandelsbetriebe mit umfangreichen Verkaufsflächen und einer entsprechenden Magnetfunktion ihren Betrieb aufgegeben (Kaufhaus S... und M...). Das Verhältnis von Verkaufsflächen in der Innenstadt zu Flächen in städtebaulichen Randlagen weise in R... mittlerweile ein Verhältnis von etwa 1 : 2 auf, was bedeute, dass sich in städtebaulichen Randlagen inzwischen doppelt so viele Verkaufsflächen wie in der Innenstadt befänden. Durch diese Schwächung des zentralörtlichen Versorgungskerns und durch den Wegfall zweier wesentlicher Magnetbetriebe seien die Auswirkungen des geplanten Vorhabens insbesondere wegen dort angebotenen zentrenrelevanten Sortimente deutlich gravierender einzuschätzen als noch im Jahr 2007. Darüber hinaus sei auf das im benachbarten elsässischen R... gebaute FOC mit zentrenrelevanten Sortimenten auf mehreren 10.000 m² Verkaufsflächen hinzuweisen. Schließlich verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben auch gegen einzelhandelsbezogene Festlegungen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003. Betroffen seien das Kongruenzgebot, das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot. Ein Anspruch auf Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens bestehe nicht. Mangels Planbarkeit des Ansiedlungsvorhabens bestehe keine raumordnerische Vertretbarkeit. Die Schaffung des Planungsrechts für ein Projekt dieser Größenordnung mit einem so großen Einzugsgebiet und mit einem solchen Umfang an zentrenrelevanten Sortimenten in städtebaulicher Randlage eines Mittelzentrums würde die landesplanerische Einzelhandelskonzeption konterkarieren. Das Ansiedlungsvorhaben berühre auch die Grundzüge der Planung. Die planerische Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans bzw. des Regionalplans werde von den oben angeführten einzelnen Zielen getragen. Diese zur raumordnerischen Steuerung des regionalbedeutsamen Einzelhandels austarierte Konzeption der einzelhandelsbezogenen Ge- und Verbote bilden in ihrer Gesamtheit die Grundzüge der Planung.
34 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Klägerin und die Beigeladenen haben, soweit hierüber der Senat nicht bereits mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - rechtskräftig entschieden hat, auch im Weiteren keinen Erfolg.
36 
Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens noch können sie Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags verlangen (A.). Ihre Klage auf Feststellung, dass der Ansiedelung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten das Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg (B.) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (C.) als Ziel der Raumordnung nicht entgegenstehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dies gilt auch für die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von diesem Ziel der Raumordnung (D. und E.). Die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindlichem Ziel der Raumordnung zuwiderläuft, ist ebenso unzulässig wie die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage, eine entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (F.). Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig (G.).
A.
37 
Der Berufungsantrag Ziffer 2 der Klägerin und die Berufungsanträge Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 kann nicht zugelassen werden; es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist daher im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
38 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -, NVwZ 2010, 133; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
39 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des LEP 2002 zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (I.) noch auf Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags (II.).
40 
Nach § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG kann die höhere Raum-ordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordne-rischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Nach § 24 Satz 2 LplG sind antragsbefugt die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben.
41 
1. a.) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) - revisionsrechtlich insoweit bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris) - entschieden, dass das aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, ein verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ist. Hieran ist festzuhalten.
42 
b.) Des Weiteren hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O) ausgeführt, dass das Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung mit dem im LEP 2002 festgelegten Gehalt nicht gegen die kommunale Planungshoheit der Klägerin als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung verstößt (ebenso BVerwG vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris). Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
43 
c.) Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass die die Berufsausübungsfreiheit der Beigeladenen einschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mit Art. 12 GG vereinbar sind. Denn sie beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
44 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O., juris Rn. 58, insoweit bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.) ausgeführt:
45 
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zen-tralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in Bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).“
46 
Hieran hält der Senat auch in Ansehung der Einwände der Klägerin und der Beigeladenen fest.
47 
d.) Schließlich hat der Senat entschieden, dass die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 auch mit Unionsrecht vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002 ist gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordne-rischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24.03.2011 – C-400/08 -, BauR 2011, 1117; Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
48 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., vgl. Rn. 22 - 24) ausgeführt, die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland beruhten auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie seien auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine vorgehenden Ausführungen zu Art. 12 GG (unter A. I. 1. c.)).
49 
Diese Erwägungen zur gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten gleichermaßen für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und für die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) vom 24.03.2011 (- C-400/08 -, BauR 2011, 1117) fest. In dieser hat der EuGH ausgeführt, dass Beschränkungen in Bezug auf den Standort und die Größe von Einzelhandelseinrichtungen geeignete Mittel seien, um Ziele der Raumordnung und des Umweltschutzes zu erreichen. Unter diesen Umständen müsse - so der Gerichtshof weiter unter Hinweis auf sein Urteil vom 22.12.2008 (- C-161/07 -, Slg. 2008, I-10671, Rn. 36) - ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geltend machen kann, eine Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen. Mit den Darlegungen unter A. I. 1. c.) wird diesen Maßgaben hinreichend Rechnung getragen. Sie legen nicht nur die Rechtfertigungsgründe dar sondern zeigen auch die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im Einzelnen auf. Die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien, weil Einzelhandelsgroßprojekte ein Beein-trächtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Diese Erkenntnis beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, die in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001(im Folgenden: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001), in § 34 Abs. 3, § 11 Abs. 3 BauNVO sowie in der Begründung des LEP 2002 (vgl. z. B. Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) ihren Niederschlag gefunden hat.
50 
2. Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen verstößt ferner gegen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip [vgl. hierzu zusammenfassend Kluth, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 157]) und das aus ihm abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich - wie der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) ausgeführt hat - ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein, weil sein Einzugsbereich unter Berücksichtigung der Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 (30 %-Schwellenwert) im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich überschreitet. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 stammen bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... als dem maßgebenden Verflechtungsbereich (siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b), mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb. Bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses beläuft sich der Marktanteil sogar nur auf ca. 10 bis 11 % aus dem Mittelbereich R..., so dass rund 90 % dessen zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet werden (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil des Senats vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357).
51 
3. Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der In-frastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 [S. B22]). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 16.10.2010, a.a.O. Rn. 27).
52 
4. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 bleibt ohne Erfolg.
53 
Der Senat kann hierbei im Ergebnis unerörtert lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG insoweit erfüllt sind, als die Zielabweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist (a.)). Denn die Zielabweichung zur Realisierung des mit dem Kongruenzgebot unvereinbaren Ansiedlungsvorhaben scheitert daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung im Sinne des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG berührt werden (b.)).
54 
a.) Die Vertretbarkeit unter raumordnerischen Gesichtspunkten als erste Voraussetzung für eine Zielabweichungsentscheidung dürfte, ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden muss, wohl vorliegen. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist anzunehmen, wenn die Zielabweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung planbar gewesen wäre, wenn also der Weg der Planung statt der Abweichung gewählt worden wäre. Ein durch die förmliche Raumplanung nicht zu erzielendes Ergebnis kann auch nicht im Wege der Abweichung erreicht werden. Nur solche Gründe können eine Zielabweichung als vertretbar rechtfertigen, die nicht bereits bei der Planfeststellung erörtert und nicht bewusst zurückgestellt worden sind. Denn in einem solchen Fall hat der Plangeber eine Aussage gegen die raumordnerische Zulassung der fraglichen Maßnahme getroffen, an die die Raumordnungsbehörde gebunden bleibt (vgl. zu alledem Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6 Rn. 115).
55 
Gemessen daran dürfte eine raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens wohl gegeben sein. Auch der LEP 2002 geht in seinem Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 von der Planbarkeit der angestrebten Abweichungsentscheidung aus. Zwar sollen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Im 2. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 wird dieses Ziel insoweit ergänzt, als derartige Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Damit bringt der LEP 2002 zum Ausdruck, dass Einzelhandelsgroßprojekte - wie das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen - jedenfalls grundsätzlich auch in einem Mittelzentrum wie der Klägerin raumordnungsrechtlich planbar gewesen wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Plangeber nach den weiteren Zielvorgaben im LEP 2002 in Ergänzung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten aufgestellt hat.
56 
b.). Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot ist jedoch ungeachtet der Frage, ob sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, deshalb nicht zulassungsfähig, weil dadurch die Grundzüge der Planung des LEP 2002 berührt werden.
57 
Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil vom 04.08.2009 - 4 CN 4.08 -, BVerwGE 134, 264; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66).
58 
Mit Blick auf das hier in Rede stehende Kongruenzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem hinsichtlich der Zulassung einer Zielabweichung zurückverweisendem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, a.a.O.) ausgeführt, für ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, komme es für die Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren sei nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den raumordnerischen Besonderheiten Rechnung tragenden Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Denn das Kongruenzgebot erweise sich nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beanspruche.
59 
Nach diesen Maßgaben stellt das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in der konkreten Planungssituation keinen Härtefall dar, der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufgrund raumordnerischer Besonderheiten eine Zielabweichung trotz Verstoßes gegen das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung rechtfertigt.
60 
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.), insoweit revisionsrechtlich unbeanstandet, festgestellt, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot als eine tragende Ausformung des zen-tralörtlichen Gliederungsprinzips nicht nur geringfügig, sondern gravierend beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung noch einmal darauf hinzuweisen, dass es vorliegend nicht nur um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses geht. Das hier in Rede stehende Gesamtvorhaben der Beigeladenen umfasst neben dem ...-Einrichtungshaus („Möbelkaufhaus“) auch die Ansiedlung weiterer gegenüber dem klassischen ...-Einrichtungshaus branchenfremder Fachmärkte (Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt) mit einer Gesamt-Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² auf einer Fläche von ca. 12 ha. Bei der gebotenen gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... 82 % der zu erwartenden Umsätze werden außerhalb des Mittelzentrums R...t generiert. Noch deutlicher wird die Überschreitung des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs, wenn nur das Gesamtsortiment des ...-Einrich-tungshauses in den Blick genommen wird. Hier werden nur ca. 10 bis 11 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden aus dem Mittelzentrum R..., hingegen 90 % der zu erwartenden Umsätze außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet.
61 
bb) Der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen, die fehlende Vorbildwirkung des Vorhabens gebiete im vorliegenden Einzelfall eine Zielabweichung, kann nicht gefolgt werden. Gerade hier zeigt sich die unzulässige Blickverengung allein auf das ...-Einrichtungshaus. Selbst wenn man der Meinung der Beigeladenen folgen wollte, im Bereich des großflächigen Einzelhandels nähmen ...-Einrichtungshäuser eine Sonderstellung ein, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es mit dem mit den Berufungsanträgen Ziffer 2 der Klägerin und Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen verfolgten Zielabweichungsverfahren nicht um ein singuläres ...-Einrichtungshaus geht, sondern um ein Konglomerat von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehend aus ...-Einrichtungshaus und weiteren - insoweit branchenfremden - Fachmärkten, die als eine - wirtschaftliche - Einheit verwirklicht werden sollen. Gerade dieses Geschäftsmodell - ein Magnetbetrieb und weitere „Trabantenbetriebe“ - würde eine erhebliche Vorbildwirkung entfalten und damit eine Durchbrechung der im Landesentwicklungsplan 2002 zum Ausdruck kommenden tragenden Raumordnungsstruktur bewirken (zur Präjudizwirkung vgl. auch Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6, Rn. 121; HessVGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230; Hager, BauR 2011, 1093).
62 
Zutreffend weisen die Klägerin und Beigeladene zwar in diesem Zusammenhang auf die raumstrukturellen Besonderheiten im Bereich des Mittelzentrums R... hin. Diese raumordnerische Situation ist durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren auf engen Raum gekennzeichnet, nämlich der Mittelzentren Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl. Anders jedoch als die Klägerin und die Beigeladene meinen, würde das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in seiner Gesamtheit diese besondere raumordnerische Struktur ganz erheblich belasten und die durch den LEP 2002 geplante Mittelzentrenstruktur geradezu auflösen zugunsten des Mittelzentrums R... Die mit dem Kongruenzgebot verfolgte Stärkung aller Zentren würde mit der Zulassung des Ansiedlungsvorhaben im Ergebnis konterkariert. Die Entwicklungsbereiche der benachbarten Zentren würden erheblich betroffen. Die Raumordnungsstruktur des LEP 2002 hat gerade auch zum Ziel, die Entwicklungsmöglichkeiten der weiteren Mittelzentren zu gewährleisten und damit auch deren bereits ins Werk gesetzten Anstrengungen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer urbanen Strukturen abzusichern. Andererseits könnte jedes der aufgeführten Mittelzentren unter Hinweis auf das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit gleichen Gründen eine Zielabweichung für ein vergleichbares Vorhaben verlangen, dem mit Blick auf Art. 3 GG nur schwer gegenzusteuern wäre. Denn die Situation ist für diese Mittelzentren insoweit identisch, als ihnen jeweils nur ein kleiner Mittelbereich zugeordnet ist. Ein „Windhundrennen“ um Großvorhaben zwischen den Zentren wäre die unausweichliche Folge. Die Vorbildwirkung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen würde daher eine Entwicklung auslösen, die den in seinen raumordnerischen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommenden Planungsgrundsätzen des LEP 2002 grundlegend zuwiderliefe und ihn in letzter Konsequenz funktionslos machte. Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 07.12.2005 - 3 S 2693/04 - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Entscheidend für die dort vom Senat bestätigte Zielabweichungsentscheidung des Beklagten war die Raumbedeutsamkeit, dass der Standort des Sondergebiets teilweise auch die Funktion einer Nahversorgung erfüllte. Ferner waren für das Gebiet ca. 1.000 Wohneinheiten für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, deren Versorgung das Vorhaben ebenfalls dienen sollte. Der geplante Standort des Gesamtvorhabens der Beigeladenen weist diese Besonderheiten indessen nicht auf.
63 
cc) Das Vorbringen der Beigeladenen, trotz intensiver Suche sei im Oberzentrum Karlsruhe für das Ansiedelungsvorhaben kein geeigneter Standort gefunden worden, vermag – selbst wenn dies zuträfe – keinen eine Abweichungsentscheidung rechtfertigenden Härtefall zu begründen.
64 
Die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit steht der Geeignetheit eines raumordnerischen Ziels grundsätzlich nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 18). Die Raumordnung durch Zuordnung und Mischung der Raumnutzungen und Raumfunktionen ist - auch mit Blick auf die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit - allein Aufgabe des (Mitglied)Staates, nicht aber einzelner Unternehmen. Denn andernfalls hätte dieses es in der Hand, durch entsprechende Dimensionierung eines Vorhabens die auch unionsrechtlich geforderte und geförderte Raumplanung der Mitgliedstaaten (vgl. insoweit Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK – vom 10. Mai 1999) zu durchkreuzen und „planlos“ den Raum zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann die Raumplanung, wenn sie - wie der LEP 2002 - von gemeinwohlorientierten Zielen wie dem Umwelt- und Ressourcenschutz durch Verhinderung enormen Flächenverbrauchs sowie dem Landschaftsschutz durch Vermeidung großflächiger Zersiedelungen - gerade des städtischen Umlands - getragen ist, auch zur Folge haben, das bestimmte Ansiedlungsvorhaben an bestimmten Standorten im Ergebnis ausgeschlossen sind (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248). Erst recht stellt ein nach der Raumordnung rechtlich an einem bestimmten Standort zulässiges, aber faktisch dort aufgrund der beabsichtigten Größe und der vom Unternehmen selbst definierten Anforderungen an Lage und Infrastruktur nicht verwirklichbares Vorhaben keinen Härtefall dar. Diese Fallkonstellation verleiht einem Unternehmen auch nicht unter Berufung auf die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und unter Abkehr der legitimen Raumplanung des Mitgliedstaats und dem wohlbegründeten Raumordnungsgefüge das Recht, einen seinen eigengesetzten Anforderungen genügenden Standort in der Raumschaft auszuwählen.
65 
dd) Die von der Beigeladenen vorgetragene Verkehrsreduzierung zeigt gleichfalls keinen eine Zielabweichung vom Kongruenzgebot gebietenden Härtefall auf. Die Einschätzung einer Verkehrsreduzierung mag hinsichtlich des geplanten ...-Einrichtungshauses im Verhältnis zu den vorhandenen ...-Unternehmen in Walldorf, Mannheim, Freiburg, Sindelfingen und Straßburg zutreffen. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Einwohner im Einzugsbereich des geplanten Standorts Raststatt ganz überwiegend das dortige ...-Einrichtungshauses anfahren würden. Die behauptete Verkehrsreduzierung beschränkt sich indessen allein auf das ...-Einrichtungshaus. Sie gilt indessen nicht für das hier allein zu beurteilende Gesamtvorhaben. Überdies übersehen die Klägerin und die Beigeladene hierbei, dass das Verkehrsaufkommen, das durch das ...-Einrichtungshaus - geplant sind ca. 2.300 Stellplätze - und erst recht durch das Gesamtvorhaben ausgelöst werden wird, die bestehende Verkehrsinfrastruktur des Mittelzentrums R... deutlich überfordert. Hiervon geht auch das Verkehrsgutachten des Ingenieurbüros ... ... ..., ... ... ... ... ... vom Mai 2007 (Untersuchung zum Raumordnungsverfahren zur verkehrlichen Erschließung des geplanten ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten im Gewerbegebiet Lochfeld in R...) aus, das die Beigeladene ihrem Antrag auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 beigefügt hat. Danach seien - bezogen allein auf das ...-Einrichtungshaus - Verkehrsströme in einer Größenordnung von ca. 10.400 Kfz/24 h als DTV (normaler Werktag) zu erwarten. Die Anschlussstelle Rastatt (Nord) an die BAB 5 (Nr. 49) über die B 462 sei bereits heute regelmäßig überlastet. Eine weitere Verschärfung dieses Missstandes würde sich nicht nur bei zusätzlichen Gewerbeansiedlungen sondern darüber hinaus bei der Ansiedlung ... (allein) verschärfen. Das ...-Einrichtungshaus wie auch das Gesamtvorhaben lassen sich nach diesen Feststellungen ohne bedeutsame Änderungen und Neubau von Straßenverkehrsanlagen daher nicht verwirklichen. Zur Lösung der zu erwartenden Verkehrsprobleme wird in dem Verkehrsgutachten Mai 2007 der Neubau einer Anschlussstelle Rastatt-Mitte oder alternativ dazu den Ausbau der Anschlussstelle Nr. 49 zu einem „Kleeblatt“ und einen Umbau des Knotenpunktes B 462/K 3716 vorgeschlagen. In beiden Varianten soll zusätzlich die K 3716 parallel zur BAB 5 verlegt werden.
66 
Die vorstehenden Ausführungen unter (aa) bis (dd) zeigen, dass eine Abweichung vom Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht zulassungsfähig ist, weil es einen wesentlichen Teil der Grundzüge der Planung darstellt und diese durch eine Abweichungsentscheidung auch berührt würden, da keine einen Härtefall begründenden besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen. Allein der Umstand, dass das dem Konzentrationsgebot und dem Kongruenzgebot inne wohnende Ziel eines schonenden Flächen-und Ressourcenverbrauchs vorliegend deshalb in den Hintergrund tritt, weil der Standort des Ansiedlungsvorhabens durch die Bebauungspläne „Lochfeld“ und „Im Baisert“ überplant ist, vermag die aufgezeigten nachteiligen raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf das Vorliegen eines Härtefalls nicht auszugleichen. Überdies ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die durch die Ziele des LEP 2002 auch bezweckte Ressourcenschonung folgendes zu bedenken: Nach den Zielen des LEP 2002 werden entsprechend dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem Kongruenzgebot zugunsten von Einzelhandelsgroßprojekten in den Oberzentren Stand-orte für deren Ansiedlung raumplanerisch vorgehalten. Zielabweichungen im Einzelfall hinsichtlich nachgeordneter Zentren änderten an diesem raumordnungsrechtlichen Tatbestand nichts. Die Inanspruchnahme von Flächen in nachgeordneten Zentren durch Einzelhandelsgroßprojekte wird nicht durch eine entsprechende Verminderung von entsprechenden Flächen in Oberzentren gewissermaßen „ausgeglichen“. In der Summation führen daher Zielabweichungen in einer Gesamtbilanz zu einem vom LEP 2002 gerade nicht gewollten höheren Flächenverbrauch.
67 
c.) Ungeachtet dessen, dass eine Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 24 Satz 1 LplG für das Gesamtansiedlungsvorhaben der Beigeladenen schon deshalb zwingend ausscheidet, weil eine Abweichung vom Kongruenzgebot mangels Vorliegens eines Härtefalls Grundzüge der Planung berühren würde, ist eine Zielabweichung ferner deshalb unzulässig, weil das Vorhaben auch gegen das landesplanerische Integrationsgebot verstößt.
68 
Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 kommen für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Frage.
69 
aa) Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Dem steht nicht entgegen, dass diese landesplanerische Aussage als Soll-Vorschrift gefasst ist. Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491; vgl. auch Urteile vom 22.06.2011 - 4 CN 4.10 -, BVerwGE 140, 54 = NVwZ 2011, 1468 und vom 10.11.2011 - 4 CN 9.10 -, NVwZ 2012, 315) ausgeführt hat - nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Muss-Vorschriften ausgestaltet sind, sondern auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. Diese erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).
70 
Nach Maßgabe dessen ist die als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussage im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Denn der Plangeber hat in dem Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich eine Ausnahme von der Zielbindung benannt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber anhand des Einzelhandelserlasses hinreichend bestimmbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.04.2012 - 8 S 1739/10 -, juris). Aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 folgt im Umkehrschluss, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen. In diesem Sinn ist auch der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 zu verstehen.
71 
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstößt das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
72 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtritz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
73 
Dem Integrationsgebot fehlt es nicht an einem es legitimierenden überörtlichen raumordnungsrechtlichen Bezug, der den Eingriff in die kommunale Planungshoheit rechtfertigt. Das Integrationsgebot gehört zum überörtlichen und zusammenfassenden Regelungsgegenstand der Raumordnung und ist als inhaltliche Ausgestaltung innergemeindlicher Siedlungsschwerpunkte nicht nur eine städtebauliche und rein örtliche Aufgabe. Das Integrationsgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Kongruenzgebot und das Beein-trächtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren entschieden, dass es, wenn diese insbesondere wegen ihrer Größe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinausgehen, gerechtfertigt sein kann, sie einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und planerisch nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen. Eine solche Zielfestlegung schließe es zwar für das gesamte Gebiet einer Gemeinde, die nicht Oberzentrum ist, aus, die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren planerisch zuzulassen; da die Zielfestlegung lediglich eine eng umgrenzte Nutzungsart ausschließe, verbleibe der Gemeinde jedoch substanzieller Raum für eine anderweitige Bauleitplanung (BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Diese Entscheidung betraf die Errichtung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums (Designer-Outlet-Center in S...; vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, NdsVBl 2006, 71) mit einer Verkaufsfläche von zunächst 10.000 m² in einer ersten Ausbaustufe, sodann in einer zweiten Ausbaustufe auf insgesamt 20.000 m². Angesichts der Größe der Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² des geplanten Gesamtvorhabens der Beigeladenen, einer Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von mindestens 5.450 m², wobei das ...-Einrichtungshaus allein eine Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 4.650 m² vorsieht (hierbei ist die - zwischen den Beteiligten streitige - Zuordnung von Leuchten und Teppichen zu den zentrenrelevanten Sortimenten noch nicht berücksichtigt; bei deren Einbeziehung ergäbe sich eine Verkaufsfläche von 8.450 m² zentren-relevanter Sortimente) besteht kein qualitativer Unterschied zu dem vom BVerwG entschiedenen Hersteller-Direktverkaufszentrums. Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zentrenrelevanten Sortimenten des ...-Einrichtungshauses nicht um dem Kernsortiment „Möbel“ hinsichtlich Umsatz und Verkaufsfläche deutlich untergeordnete sog. Randsortimente handelt (siehe hierzu Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. ff., insbesondere Rn. 94 zu sog. Möbelmärkten und -Häusern mit breitgefächerten Nicht-Möbel-Sortiment; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.1998 - 7a D 108/96.NE -, NVwZ 1999, 79). Gegen das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 bestehen daher mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG weder allgemein noch im konkreten das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Einzelfall verfassungsrechtliche Bedenken.
74 
cc) Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil - wie die Beigeladene meint - dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle, durch raumordne-rische Ziele innerörtliche Standorte von Einzelhandelsnutzungen festzulegen, und deshalb - insoweit - die der Landesregierung erteilte Ermächtigung verfassungswidrig sei, gemäß § 7 und § 10 LplG durch Rechtsverordnung den Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen.
75 
§ 7 LplG regelt den Inhalt des Landesentwicklungsplans (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LplG). Danach ist der Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen. Er enthält die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Landes. Er enthält ferner Ziele für einzelne raumbedeutsame Vorhaben, die für das Land von Bedeutung sind. Der Landesentwicklungsplan muss mit den in § 2 des Raum-ordnungsgesetzes enthaltenen Grundsätzen in Einklang stehen; er konkretisiert diese Grundsätze. Die Ziele sind durch den Buchstaben »Z«, die Grundsätze sind durch den Buchstaben »G« zu kennzeichnen. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b und d ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten, insbesondere zu Zentralen Orten und Siedlungsentwicklungen. Insbesondere nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. d ROG ist es danach zulässig, dass in einem Raumordnungsplan Festlegungen über Siedlungsentwicklungen getroffen werden, die auch und gerade mit Blick auf die für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Bestimmbarkeit bereichsscharf sein sollen. Aufgrund der Planungsgrundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG und der Festlegungsmöglichkeiten des § 8 Abs. 5 ROG zugunsten gemeindeinterner Festlegungen für den besiedelten wie auch für den nicht besiedelten Bereich hat der für die Raumordnung zuständige Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 i.V.m. Art. 72 GG - ungeachtet der Abweichungsbefugnis der Länder nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG) entschieden, dass ein Raumordnungsplan auch gemeindeinterne Flächennutzungs- und Flächenfunktionszuweisungen treffen darf (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn. 70). Insoweit ergänzt das Raumordnungsgesetz das von dem für das Bodenrecht (einschließlich des Städtebaurechts) gleichfalls zuständigen Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art 72 GG) erlassene Baugesetzbuch. Der Landesgesetzgeber hat in § 7 LplG für den Inhalt des Landesentwicklungsplans, der als Rechtsverordnung erlassen wird (§ 10 LplG), diese Maßgaben des Raumordnungsgesetzes für verbindlich erklärt. Aufgrund dessen maßt sich der Landesgesetzgeber weder im Landesplanungsgesetz noch im Landesentwicklungsplan eine ihm nicht zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung standort- bzw. bereichsbezogener Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsplan an, sondern setzt vielmehr die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes um (vgl. hierzu auch Uechtritz, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 57 ff. 66).
76 
dd). Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 verstößt auch nicht zulasten der Beigeladenen gegen Art. 12 GG. Insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. c.) hier entsprechend.
77 
ee). Der das Integrationsgebot festlegende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 begegnet auch in unionsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Diese gilt sowohl für die Vereinbarkeit des Integrationsgebots als Ziel der Raumordnung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) als auch mit der Dienstleistungsfreiheit(Art. 56 AEUV) als auch mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Auch insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. d.) i.V.m. c). hier entsprechend. Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof herausgestellten Voraussetzungen, unter denen die Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten zulässigerweise eingeschränkt werden darf, ist darauf hinzuweisen, dass die Raumordnungsprinzipien, wie sie in den hier maßgeblichen Zielen des LEP 2002 festgelegt werden, gerade nicht auf rein wirtschaftlichen Erwägungen beruhen. Dem Raumordnungssystem des LEP 2002 liegen keine wirtschaftlichen Motive zugrunde und eine Bedarfsprüfung findet nicht statt. Der Normzweck der Raumplanung ist es weder unmittelbar noch mittelbar, vorhandene Einzelhandelseinrichtungen vor der Ansiedlung neuer Konkurrenz zu schützen. Das raumordnerische Steuerungsinstrumentarium verfolgt eine andere Zielrichtung. Es sind dies die bedeutenden öffentlichen Belange der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes (Ressourcenschonung, Verkehrsvermeidung), Bewahrung der Stadtzentren als Kerne des urbanen Lebens hinsichtlich des Handels, der Begegnung und der Kommunikation sowie schließlich der verbrauchernahen Versorgungssicherheit - und damit mittelbar dem Schutz der Verbraucherinteressen - und zwar insbesondere, aber nicht nur von älteren und behinderten Menschen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Hager, BauR 2011, 1093; Uechtritz, ZfBR 2011, 648; Wiggers, NJW-Spezial, 2011, 556). Im Weiteren ist daran zu erinnern, dass städtebaulich integrierte Standorte im Sinne des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002, an denen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig ausgewiesen werden sollen, nicht nur Innenstädte darstellen. Städtebaulich integrierte Stand-orte können auch andere zentrale Versorgungsbereiche der Standortgemeinde sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308; Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, 2010, 590).
78 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu der beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.10.2010 - 7 B 22.10 -, juris). Das Vorbringen der Beigeladenen, eine Vorlagepflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht zu erkennen gegeben habe, die Streitfrage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn dem Urteil des BVerwG vom 16.12.2010 (a.a.O.) dies zu entnehmen wäre, hat die Beigeladene nichts dafür dargetan, dass das BVerwG auch in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.2011 (a.a.O.) hieran festhalten wolle.
79 
ff) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem in den Sätzen 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 verorteten Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht vereinbar.
80 
(1) Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, dass das Gesamtvorhaben der Beigeladenen nicht an einem städtebaulich integrierten Standort geplant und errichtet werden soll.
81 
(2) Die Ausnahmevoraussetzungen für nicht zentrenrelevante Warensortimente nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 sind vorliegend gleichfalls nicht erfüllt.
82 
Zwar werden in dem ...-Einrichtungshaus, dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt nicht zentrenrelevante Warensortimente auf einer Gesamtfläche von ca. 35.050 m² (20.850 [...-Einrichtungshaus] + 10.300 [Bau- und Gartenmarkt] + 3.900 [Küchenfachmarkt[) angeboten. Gleichzeitig sind aber durch diese drei Einzelvorhaben auf einer Gesamtfläche von ca. 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (einschließlich Nahrungsmittel) vorgesehen. Hierbei mag es sich bei dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt, die zusammen auf einer Fläche von ca. 800 m² zentren-relevante Sortimente anbieten, insgesamt noch um sogenannte Randsortimente handeln, die einer Errichtung in einer städtebaulichen Randlage wohl nicht entgegenstünden. Für das ...-Einrichtungshaus ist dies indessen nicht der Fall. Das ...-Einrichtungshaus beabsichtigt, auf einer Fläche von ca. 4.650 m² zentrenrelevante Sortimente mit - wie bei bestehenden ...-Häusern üblich und gerichtsbekannt - breitester Fächerung anzubieten. Damit nehmen diese von der Beigeladenen als Nebensortimente bezeichneten Warengruppen schon bei einem rein rechnerisch betrachteten Vergleich der Verkaufsflächen ca. 19,4 % der geplanten Verkaufsfläche (ohne Einbeziehung der Fläche für die gastronomischen Angebote) ein. Berücksichtigt man im Rahmen einer gebotenen wertenden Betrachtung zudem, dass es sich bei den Möbeln schwerpunktmäßig um großvolumige Waren handelt, während die sonstigen Sortimente eher kleinvolumige Waren darstellen, tritt die wirtschaftliche Bedeutung der zentrenrelevanten Sortimente noch deutlicher hervor. Vor diesem Hintergrund können die zentrenrelevanten Sortimente nicht mehr als bloße Neben- oder gar Randsortimente zum Kernsortiment „Möbel“ angesehen werden. Diese zentrenrelevanten Sortimente, die eine Vielzahl unterschiedlichster Waren des zentrenrelevanten Sortimentsbereichs bis hin zu Nahrungsmitteln abdecken, stellen vielmehr ein selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) neben dem - weiteren - Kernsortiment „Möbel“ dar.
83 
(3) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspräche auch dann dem Integrationsgebot, wenn man dieses - wie die Klägerin und die Beigeladene meinen - nur unter Einschluss des in Satz 1 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbots als Ziel der Raumordnung begreift. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihren Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Bei dieser - das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot kombinierenden - Betrachtungsweise müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dahingehend verstanden werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten errichtet werden sollen, nicht zentrenrelevante Warensortimente auch in städtebaulichen Randlagen. Von diesem „Soll-Ziel“ könne aber nach der Ausnahmeregelung im Satz 1 immer dann abgewichen werden, wenn das Vorhaben weder durch Lage und Größe noch durch seine Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtige. Dieser Auslegung ist indessen nicht zuzustimmen. Vielmehr führt die Gesamtbetrachtung des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dazu, dass Satz 2 dieses Plansatzes das als Muss-Ziel festgelegte Beeinträchtigungsverbot in Satz 1 im Sinne einer Begründung näher konkretisiert. Zur Sicherung des Beeinträchtigungsverbots sollen Einzelhandelsgroßprojekte deshalb vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Satz 3 dieses Plansatzes macht hiervon für nicht zentrenrelevante Warensortimente insoweit eine Ausnahme, als für sie auch städtebauliche Randlagen in Frage kommen. Das in diesem Zusammenhang gegenüber dem Gesamt-Ansiedlungsvorhaben isoliert zu betrachtende ...-Ansiedlungsvorhaben wird - wie vorgehend ausgeführt und entgegen der Auffassung der Beigeladenen - durch sein Möbelkernsortiment nicht schon entscheidend dahingehend geprägt, dass es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten handelt. Die zentrenrelevanten Sortimente stellen vielmehr ein hinzutretendes selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) dar.
84 
gg) Das Integrationsgebot gehört - neben dem Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem Kongruenzgebot - gleichfalls zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt eine flankierende Maßnahme zur Sicherung des Kongruenzgebots dar. Das aus dem bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitete (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13; Spannowsky, UPR 2003, 248; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025) Kongruenzgebot bezweckt die raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe, zu denen das Gesamtvorhaben der Beigeladenen zweifellos gehört. Zu den weiteren das Zentrale-Orte-Prinzip und das Kongruenzgebot konkretisierenden raumordnerischen Regeln zählt das Integrationsgebot. Dessen Ziel ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Der Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Integrationsgebot, nach dem Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten verwirklicht werden sollen, dient der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem hieraus abgeleiteten Kongruenzgebot beabsichtigten Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris).
85 
hh) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls, der das Grundanliegen des vorgehend dargestellten Integrationsgebots als Ziel der Raumplanung im LEP 2002 unangetastet und deshalb die Grundzüge der Planung trotz Verstoßes des Gesamtvorhaben gegen dieses Ziel unberührt ließe, sind auch in Ansehung des Vorbringens der Klägerin und der Beigeladene nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungs-häusern sei aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten, vermag einen Härtefall nicht zu begründen. Eine Zielabweichung isoliert vom Integrationsgebot als Ziel der Raumplanung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 LplG scheidet daher aus.
86 
ii) Vor dem Hintergrund, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen sowohl gegen das Kongruenzgebot als auch gegen das Integrationsgebot des LEP 2002 verstößt und in beiden Fällen von diesen Zielen der im LEP 2002 zum Ausdruck kommenden Raumordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG nicht abgewichen werden kann, weil dadurch die Grundzüge der Planung dadurch berührt werden, kann der Senat unerörtert lassen, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus auch noch gegen die in den Plansätzen 3.3.1.1 (Z) Satz 2 und Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbote verstößt und ob gegebenenfalls hiervon eine Zielabweichung zugelassen werden müsste.
87 
II. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Deshalb bedurfte es auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG zutreffend verneint hat. Da der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen war, ist der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag auf Neubescheidung daher gleichfalls unbegründet.
88 
Nach den obigen Darlegungen bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein vereinbar ist.
B.
89 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 der Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) als Ziel der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 1. Alt.), haben keinen Erfolg.
90 
Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob diese Berufungsanträge schon deshalb unzulässig sind, weil der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, juris) entsprechend den dort von der Klägerin und der Beigeladenen gestellten Anträgen rechtskräftig entschieden hat, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Gleiches gilt für die Frage, ob für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO besteht, nachdem weder ein Anspruch auf Zielabweichung von den Zielen des LEP 2002 noch ein Anspruch auf Neubescheidung des Zielabweichungsantrags besteht, weil - wie vorstehend ausgeführt - mit Blick auf die Unvereinbarkeit des Ansiedlungsvorhabens mit dem Kongruenzgebot als verbindliches Ziel des LEP 2002 durch eine Zielabweichung die Grundsätze der Planung i. S. d. des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG berührt werden.
91 
Denn diese Berufungsanträge sind jedenfalls unbegründet, wie sich aus den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. c.) ergibt, auf die verwiesen wird.
C.
92 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 den Plansätzen 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 2. Alt.), haben ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt den Berufungsanträgen das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse für den Fall besteht, dass - wie vorliegend - das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit den raumordnerischen Zielen LEP 2002 nicht vereinbar ist.
D.
93 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 3, 1. Alt.), bleiben entsprechend den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. h.) ebenfalls erfolglos.
E.
94 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der beigeladenen Ziffer 3, 2. Alt.), sind bereits unzulässig. Ihnen fehlt das in jedem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund mit der hilfsweise beantragten Zielabweichung von den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein ihre Rechtsstellung hinsichtlich der von ihnen begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat sieht hierfür keine Anhaltspunkte.
F.
95 
Die Berufungsanträge der Klägerin, festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindliches Ziel der Raumordnung zuwiderläuft (Ziffer 3, 1. Hs., 1. Alt.), und fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, eine entsprechende Zielabweichung zuzulassen, sind sowohl hinsichtlich des LEP 2002 als auch hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall besteht, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier:...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits - wie im Urteil des Senats vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) rechtskräftig festgestellt - mit dem aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleiteten und zu seiner Konkretisierung festgelegten Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP und - wie unter A. I. 4. c.) ausgeführt - auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 und 3 LEP 2002 nicht vereinbar ist und ferner eine Zielabweichung von beiden Zielen ausscheidet. Im Übrigen fehlt auch das Rechtsschutzinteresse. Denn auch insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund selbst bei Erfolg ihres Feststellungsantrags ihre Rechtsstellung hinsichtlich der begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedelungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat vermag hierfür keine Anhaltspunkte zu erkennen. Diese Erwägungen gelten für die von der Klägerin begehrte Feststellung hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein wie auch für die weiterhin hilfsweise begehrte Zielabweichung vom Beeinträchtigungsverbot; im Übrigen verweist der Senat insoweit auf seine hier entsprechend geltenden Ausführungen unter C. und E.
G.
96 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig. Dies gilt - in Auslegung dieser Berufungsanträge - sowohl für die damit begehrte Verpflichtung des Beklagten, in entsprechender Anwendung der Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 2 und der Beigeladenen Ziffer 1 für das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte eine Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen (I.), als auch für die beantragte Feststellung, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs. und wohl der Beigeladenen Ziffer 2 jeweils in entsprechender Anwendung; II.), wie auch schließlich für den hilfsweise gestellten Antrag, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und der Beigeladenen Ziffer 4 jeweils in entsprechender Anwendung; III.).
97 
I. Die auf Zulassung einer Abweichung vom Kongruenzgebot gerichtete Verpflichtungsklage bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte ist unzulässig.
98 
1. Die Unzulässigkeit folgt zunächst aus dem Fehlen der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts (vgl. zum Verwaltungsaktcharakter der Zielabweichung BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386), die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, DVBl. 1996, 309; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 -, juris; Urteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504 jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall bezog sich der Antrag der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich beratenen und vertretenen Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent - auch nicht hilfsweise - auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte, sondern vielmehr allein auf das ...-Einrichtungshaus mit begleitenden Fachmärkte. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin, in dem ausdrücklich auf den Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Bezug genommen wird. Auch dieser Antrag hat, wie sich nicht nur aus ihm selbst (vgl. dort unter I. Projektbeschreibung) sondern auch aus den ihm beigefügten Unterlagen (vgl. Märktegutachten, Verkehrsgutachten, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, schalltechnische Untersuchung) ergibt, allein das ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten zum Gegenstand. In Würdigung dessen enthält der Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 nicht gleichsam als ein „Minus“ den Antrag auf Zielabweichung bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne ergänzende Fachmärkte - ebenso wenig wie einen Antrag auf Zielabweichung hinsichtlich eines der Fachmärkte ohne das ...-Einrichtungshaus.
99 
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundes- oder landesrechtlich geordneten Verwaltungsverfahrensrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504). Jedoch nötigen die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes nicht dazu, in Bezug auf die erstrebte Zielabweichung von dem genannten, in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts abzuweichen. Vielmehr spricht das in § 24 Satz 3 LplG sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren gerade für das Gegenteil.
100 
2. Vor diesem Hintergrund kann der Senat unerörtert lassen, ob die Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 der Klägerin und der Beigeladenen eine nach § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung darstellen. Zweifellos treten die Streitgegenstände der Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 selbständig neben die der übrigen Berufungsanträge. Sie stellen ersichtlich diesen gegenüber kein „Minus“ dar; insoweit ist auf die hier entsprechend geltenden vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vorliegen, könnte die Klagänderung nur dann zulässig sein, wenn sie der Senat als sachdienlich erachtete. Dies kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn der Senat die Sachdienlichkeit nämlich bejahte, führte dies ebenfalls zur Unzulässigkeit der geänderten Klage. Denn der Umstand, dass eine Klageänderung zulässig ist, weil das Gericht sie als sachdienlich zugelassen hat, entbindet dieses nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört unter anderem, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 22.02.1980 IV C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 91 Rn. 11; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 38). Wie oben festgestellt, fehlt es vorliegend an dieser Sachurteilsvoraussetzung. Gleiches gilt für die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, die ebenfalls nicht erfüllt sind.
101 
II. Soweit die Klägerin und die Beigeladene mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung die Feststellung begehren, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Inte-grationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, mangelt es an der Statthaftigkeit der Feststellungsklage.
102 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Streitgegenstand der Feststellungsklage muss – soweit nicht die Nichtigkeitsfeststellung in Rede steht – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss – ferner - ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 - 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75; Urteil vom 25.03.2009 - 8 C 1.09 -, NVwZ 2009, 1170; Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 - jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 -, juris).
103 
Daran fehlt es vorliegend. Mit ihren Berufungsanträgen behaupten die Klägerin und die Beigeladene zwar konkludent, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) - zuwiderläuft. Das von der Klägerin und der Beigeladenen behauptete Rechtsverhältnis ist indessen noch nicht in dem - erforderlichen - Sinne verdichtet, dass zwischen ihnen und dem Beklagten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht. Denn der Beklagte war mit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob ein auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränktes Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) – zuwiderläuft, und damit mit dem behaupteten Rechtsverhältnis zuvor noch nicht befasst. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung keine inhaltlich der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen entgegenstehende Auffassung vertreten, sondern für den Senat nachvollziehbar erklärt, die zum Gegenstand der Feststellungsklage gemachte Behauptung zum Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses bedürfe zunächst – nach Vorlage entsprechender Antragsunterlagen – einer eingehenden Prüfung. Diese könne in der mündlichen Verhandlung nicht geleistet werden.
104 
Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen einer vorbeugenden Feststellungsklage ersichtlich nicht vor. Denn Gegenstand dieser besonderen Ausgestaltung der Feststellungsklage sind bestimmte Rechtsfolgen, die sich aus bereits hinreichend konkretisierten Rechtsbeziehungen ergeben. Im vorliegenden Fall liegt weder letzteres vor noch haben die Klägerin und die Beigeladene konkret zu erwartende Rechtsfolgen dargelegt, deren Abwehr zu besorgen sind.
105 
III. Auch die von der Klägerin und der Beigeladenen mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung hilfsweise begehrte Verpflichtung des beklagten Landes, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Im vorliegenden Fall steht das Feststellungsbegehren mit dem hilfsweise verfolgten Verpflichtungsantrag in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass die - vorstehend ausgeführte - Unzulässigkeit des ersteren auch die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich zieht. Ungeachtet dessen ist die - hilfsweise erhobene - Verpflichtungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts fehlt, die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist; insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter G. I. 1., die hier entsprechend gelten.
106 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
107 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
108 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
109 
Beschluss vom 26. Juni 2012
110 
Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 60.000,--EUR und der Streitwert im Berufungsverfahren auf 120.000,-- EUR festgesetzt (§§ 39 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung). Die Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren beruht auf der dort erstmals beantragten Erstreckung aller bisherigen gerichtlichen Anträge auf ein ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte. Den Streitwert diesen neuen Streitgegenstands bemisst der Senat gleichfalls insgesamt mit 60.000,-- EUR. Die Streitwerte waren gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
111 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Klägerin und die Beigeladenen haben, soweit hierüber der Senat nicht bereits mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - rechtskräftig entschieden hat, auch im Weiteren keinen Erfolg.
36 
Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens noch können sie Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags verlangen (A.). Ihre Klage auf Feststellung, dass der Ansiedelung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten das Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg (B.) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (C.) als Ziel der Raumordnung nicht entgegenstehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dies gilt auch für die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von diesem Ziel der Raumordnung (D. und E.). Die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindlichem Ziel der Raumordnung zuwiderläuft, ist ebenso unzulässig wie die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage, eine entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (F.). Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig (G.).
A.
37 
Der Berufungsantrag Ziffer 2 der Klägerin und die Berufungsanträge Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 kann nicht zugelassen werden; es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist daher im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
38 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -, NVwZ 2010, 133; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
39 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des LEP 2002 zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (I.) noch auf Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags (II.).
40 
Nach § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG kann die höhere Raum-ordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordne-rischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Nach § 24 Satz 2 LplG sind antragsbefugt die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben.
41 
1. a.) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) - revisionsrechtlich insoweit bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris) - entschieden, dass das aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, ein verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ist. Hieran ist festzuhalten.
42 
b.) Des Weiteren hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O) ausgeführt, dass das Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung mit dem im LEP 2002 festgelegten Gehalt nicht gegen die kommunale Planungshoheit der Klägerin als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung verstößt (ebenso BVerwG vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris). Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
43 
c.) Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass die die Berufsausübungsfreiheit der Beigeladenen einschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mit Art. 12 GG vereinbar sind. Denn sie beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
44 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O., juris Rn. 58, insoweit bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.) ausgeführt:
45 
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zen-tralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in Bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).“
46 
Hieran hält der Senat auch in Ansehung der Einwände der Klägerin und der Beigeladenen fest.
47 
d.) Schließlich hat der Senat entschieden, dass die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 auch mit Unionsrecht vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002 ist gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordne-rischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24.03.2011 – C-400/08 -, BauR 2011, 1117; Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
48 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., vgl. Rn. 22 - 24) ausgeführt, die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland beruhten auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie seien auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine vorgehenden Ausführungen zu Art. 12 GG (unter A. I. 1. c.)).
49 
Diese Erwägungen zur gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten gleichermaßen für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und für die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) vom 24.03.2011 (- C-400/08 -, BauR 2011, 1117) fest. In dieser hat der EuGH ausgeführt, dass Beschränkungen in Bezug auf den Standort und die Größe von Einzelhandelseinrichtungen geeignete Mittel seien, um Ziele der Raumordnung und des Umweltschutzes zu erreichen. Unter diesen Umständen müsse - so der Gerichtshof weiter unter Hinweis auf sein Urteil vom 22.12.2008 (- C-161/07 -, Slg. 2008, I-10671, Rn. 36) - ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geltend machen kann, eine Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen. Mit den Darlegungen unter A. I. 1. c.) wird diesen Maßgaben hinreichend Rechnung getragen. Sie legen nicht nur die Rechtfertigungsgründe dar sondern zeigen auch die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im Einzelnen auf. Die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien, weil Einzelhandelsgroßprojekte ein Beein-trächtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Diese Erkenntnis beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, die in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001(im Folgenden: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001), in § 34 Abs. 3, § 11 Abs. 3 BauNVO sowie in der Begründung des LEP 2002 (vgl. z. B. Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) ihren Niederschlag gefunden hat.
50 
2. Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen verstößt ferner gegen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip [vgl. hierzu zusammenfassend Kluth, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 157]) und das aus ihm abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich - wie der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) ausgeführt hat - ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein, weil sein Einzugsbereich unter Berücksichtigung der Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 (30 %-Schwellenwert) im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich überschreitet. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 stammen bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... als dem maßgebenden Verflechtungsbereich (siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b), mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb. Bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses beläuft sich der Marktanteil sogar nur auf ca. 10 bis 11 % aus dem Mittelbereich R..., so dass rund 90 % dessen zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet werden (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil des Senats vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357).
51 
3. Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der In-frastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 [S. B22]). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 16.10.2010, a.a.O. Rn. 27).
52 
4. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 bleibt ohne Erfolg.
53 
Der Senat kann hierbei im Ergebnis unerörtert lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG insoweit erfüllt sind, als die Zielabweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist (a.)). Denn die Zielabweichung zur Realisierung des mit dem Kongruenzgebot unvereinbaren Ansiedlungsvorhaben scheitert daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung im Sinne des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG berührt werden (b.)).
54 
a.) Die Vertretbarkeit unter raumordnerischen Gesichtspunkten als erste Voraussetzung für eine Zielabweichungsentscheidung dürfte, ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden muss, wohl vorliegen. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist anzunehmen, wenn die Zielabweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung planbar gewesen wäre, wenn also der Weg der Planung statt der Abweichung gewählt worden wäre. Ein durch die förmliche Raumplanung nicht zu erzielendes Ergebnis kann auch nicht im Wege der Abweichung erreicht werden. Nur solche Gründe können eine Zielabweichung als vertretbar rechtfertigen, die nicht bereits bei der Planfeststellung erörtert und nicht bewusst zurückgestellt worden sind. Denn in einem solchen Fall hat der Plangeber eine Aussage gegen die raumordnerische Zulassung der fraglichen Maßnahme getroffen, an die die Raumordnungsbehörde gebunden bleibt (vgl. zu alledem Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6 Rn. 115).
55 
Gemessen daran dürfte eine raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens wohl gegeben sein. Auch der LEP 2002 geht in seinem Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 von der Planbarkeit der angestrebten Abweichungsentscheidung aus. Zwar sollen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Im 2. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 wird dieses Ziel insoweit ergänzt, als derartige Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Damit bringt der LEP 2002 zum Ausdruck, dass Einzelhandelsgroßprojekte - wie das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen - jedenfalls grundsätzlich auch in einem Mittelzentrum wie der Klägerin raumordnungsrechtlich planbar gewesen wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Plangeber nach den weiteren Zielvorgaben im LEP 2002 in Ergänzung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten aufgestellt hat.
56 
b.). Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot ist jedoch ungeachtet der Frage, ob sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, deshalb nicht zulassungsfähig, weil dadurch die Grundzüge der Planung des LEP 2002 berührt werden.
57 
Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil vom 04.08.2009 - 4 CN 4.08 -, BVerwGE 134, 264; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66).
58 
Mit Blick auf das hier in Rede stehende Kongruenzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem hinsichtlich der Zulassung einer Zielabweichung zurückverweisendem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, a.a.O.) ausgeführt, für ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, komme es für die Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren sei nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den raumordnerischen Besonderheiten Rechnung tragenden Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Denn das Kongruenzgebot erweise sich nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beanspruche.
59 
Nach diesen Maßgaben stellt das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in der konkreten Planungssituation keinen Härtefall dar, der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufgrund raumordnerischer Besonderheiten eine Zielabweichung trotz Verstoßes gegen das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung rechtfertigt.
60 
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.), insoweit revisionsrechtlich unbeanstandet, festgestellt, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot als eine tragende Ausformung des zen-tralörtlichen Gliederungsprinzips nicht nur geringfügig, sondern gravierend beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung noch einmal darauf hinzuweisen, dass es vorliegend nicht nur um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses geht. Das hier in Rede stehende Gesamtvorhaben der Beigeladenen umfasst neben dem ...-Einrichtungshaus („Möbelkaufhaus“) auch die Ansiedlung weiterer gegenüber dem klassischen ...-Einrichtungshaus branchenfremder Fachmärkte (Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt) mit einer Gesamt-Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² auf einer Fläche von ca. 12 ha. Bei der gebotenen gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... 82 % der zu erwartenden Umsätze werden außerhalb des Mittelzentrums R...t generiert. Noch deutlicher wird die Überschreitung des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs, wenn nur das Gesamtsortiment des ...-Einrich-tungshauses in den Blick genommen wird. Hier werden nur ca. 10 bis 11 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden aus dem Mittelzentrum R..., hingegen 90 % der zu erwartenden Umsätze außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet.
61 
bb) Der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen, die fehlende Vorbildwirkung des Vorhabens gebiete im vorliegenden Einzelfall eine Zielabweichung, kann nicht gefolgt werden. Gerade hier zeigt sich die unzulässige Blickverengung allein auf das ...-Einrichtungshaus. Selbst wenn man der Meinung der Beigeladenen folgen wollte, im Bereich des großflächigen Einzelhandels nähmen ...-Einrichtungshäuser eine Sonderstellung ein, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es mit dem mit den Berufungsanträgen Ziffer 2 der Klägerin und Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen verfolgten Zielabweichungsverfahren nicht um ein singuläres ...-Einrichtungshaus geht, sondern um ein Konglomerat von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehend aus ...-Einrichtungshaus und weiteren - insoweit branchenfremden - Fachmärkten, die als eine - wirtschaftliche - Einheit verwirklicht werden sollen. Gerade dieses Geschäftsmodell - ein Magnetbetrieb und weitere „Trabantenbetriebe“ - würde eine erhebliche Vorbildwirkung entfalten und damit eine Durchbrechung der im Landesentwicklungsplan 2002 zum Ausdruck kommenden tragenden Raumordnungsstruktur bewirken (zur Präjudizwirkung vgl. auch Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6, Rn. 121; HessVGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230; Hager, BauR 2011, 1093).
62 
Zutreffend weisen die Klägerin und Beigeladene zwar in diesem Zusammenhang auf die raumstrukturellen Besonderheiten im Bereich des Mittelzentrums R... hin. Diese raumordnerische Situation ist durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren auf engen Raum gekennzeichnet, nämlich der Mittelzentren Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl. Anders jedoch als die Klägerin und die Beigeladene meinen, würde das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in seiner Gesamtheit diese besondere raumordnerische Struktur ganz erheblich belasten und die durch den LEP 2002 geplante Mittelzentrenstruktur geradezu auflösen zugunsten des Mittelzentrums R... Die mit dem Kongruenzgebot verfolgte Stärkung aller Zentren würde mit der Zulassung des Ansiedlungsvorhaben im Ergebnis konterkariert. Die Entwicklungsbereiche der benachbarten Zentren würden erheblich betroffen. Die Raumordnungsstruktur des LEP 2002 hat gerade auch zum Ziel, die Entwicklungsmöglichkeiten der weiteren Mittelzentren zu gewährleisten und damit auch deren bereits ins Werk gesetzten Anstrengungen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer urbanen Strukturen abzusichern. Andererseits könnte jedes der aufgeführten Mittelzentren unter Hinweis auf das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit gleichen Gründen eine Zielabweichung für ein vergleichbares Vorhaben verlangen, dem mit Blick auf Art. 3 GG nur schwer gegenzusteuern wäre. Denn die Situation ist für diese Mittelzentren insoweit identisch, als ihnen jeweils nur ein kleiner Mittelbereich zugeordnet ist. Ein „Windhundrennen“ um Großvorhaben zwischen den Zentren wäre die unausweichliche Folge. Die Vorbildwirkung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen würde daher eine Entwicklung auslösen, die den in seinen raumordnerischen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommenden Planungsgrundsätzen des LEP 2002 grundlegend zuwiderliefe und ihn in letzter Konsequenz funktionslos machte. Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 07.12.2005 - 3 S 2693/04 - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Entscheidend für die dort vom Senat bestätigte Zielabweichungsentscheidung des Beklagten war die Raumbedeutsamkeit, dass der Standort des Sondergebiets teilweise auch die Funktion einer Nahversorgung erfüllte. Ferner waren für das Gebiet ca. 1.000 Wohneinheiten für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, deren Versorgung das Vorhaben ebenfalls dienen sollte. Der geplante Standort des Gesamtvorhabens der Beigeladenen weist diese Besonderheiten indessen nicht auf.
63 
cc) Das Vorbringen der Beigeladenen, trotz intensiver Suche sei im Oberzentrum Karlsruhe für das Ansiedelungsvorhaben kein geeigneter Standort gefunden worden, vermag – selbst wenn dies zuträfe – keinen eine Abweichungsentscheidung rechtfertigenden Härtefall zu begründen.
64 
Die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit steht der Geeignetheit eines raumordnerischen Ziels grundsätzlich nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 18). Die Raumordnung durch Zuordnung und Mischung der Raumnutzungen und Raumfunktionen ist - auch mit Blick auf die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit - allein Aufgabe des (Mitglied)Staates, nicht aber einzelner Unternehmen. Denn andernfalls hätte dieses es in der Hand, durch entsprechende Dimensionierung eines Vorhabens die auch unionsrechtlich geforderte und geförderte Raumplanung der Mitgliedstaaten (vgl. insoweit Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK – vom 10. Mai 1999) zu durchkreuzen und „planlos“ den Raum zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann die Raumplanung, wenn sie - wie der LEP 2002 - von gemeinwohlorientierten Zielen wie dem Umwelt- und Ressourcenschutz durch Verhinderung enormen Flächenverbrauchs sowie dem Landschaftsschutz durch Vermeidung großflächiger Zersiedelungen - gerade des städtischen Umlands - getragen ist, auch zur Folge haben, das bestimmte Ansiedlungsvorhaben an bestimmten Standorten im Ergebnis ausgeschlossen sind (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248). Erst recht stellt ein nach der Raumordnung rechtlich an einem bestimmten Standort zulässiges, aber faktisch dort aufgrund der beabsichtigten Größe und der vom Unternehmen selbst definierten Anforderungen an Lage und Infrastruktur nicht verwirklichbares Vorhaben keinen Härtefall dar. Diese Fallkonstellation verleiht einem Unternehmen auch nicht unter Berufung auf die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und unter Abkehr der legitimen Raumplanung des Mitgliedstaats und dem wohlbegründeten Raumordnungsgefüge das Recht, einen seinen eigengesetzten Anforderungen genügenden Standort in der Raumschaft auszuwählen.
65 
dd) Die von der Beigeladenen vorgetragene Verkehrsreduzierung zeigt gleichfalls keinen eine Zielabweichung vom Kongruenzgebot gebietenden Härtefall auf. Die Einschätzung einer Verkehrsreduzierung mag hinsichtlich des geplanten ...-Einrichtungshauses im Verhältnis zu den vorhandenen ...-Unternehmen in Walldorf, Mannheim, Freiburg, Sindelfingen und Straßburg zutreffen. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Einwohner im Einzugsbereich des geplanten Standorts Raststatt ganz überwiegend das dortige ...-Einrichtungshauses anfahren würden. Die behauptete Verkehrsreduzierung beschränkt sich indessen allein auf das ...-Einrichtungshaus. Sie gilt indessen nicht für das hier allein zu beurteilende Gesamtvorhaben. Überdies übersehen die Klägerin und die Beigeladene hierbei, dass das Verkehrsaufkommen, das durch das ...-Einrichtungshaus - geplant sind ca. 2.300 Stellplätze - und erst recht durch das Gesamtvorhaben ausgelöst werden wird, die bestehende Verkehrsinfrastruktur des Mittelzentrums R... deutlich überfordert. Hiervon geht auch das Verkehrsgutachten des Ingenieurbüros ... ... ..., ... ... ... ... ... vom Mai 2007 (Untersuchung zum Raumordnungsverfahren zur verkehrlichen Erschließung des geplanten ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten im Gewerbegebiet Lochfeld in R...) aus, das die Beigeladene ihrem Antrag auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 beigefügt hat. Danach seien - bezogen allein auf das ...-Einrichtungshaus - Verkehrsströme in einer Größenordnung von ca. 10.400 Kfz/24 h als DTV (normaler Werktag) zu erwarten. Die Anschlussstelle Rastatt (Nord) an die BAB 5 (Nr. 49) über die B 462 sei bereits heute regelmäßig überlastet. Eine weitere Verschärfung dieses Missstandes würde sich nicht nur bei zusätzlichen Gewerbeansiedlungen sondern darüber hinaus bei der Ansiedlung ... (allein) verschärfen. Das ...-Einrichtungshaus wie auch das Gesamtvorhaben lassen sich nach diesen Feststellungen ohne bedeutsame Änderungen und Neubau von Straßenverkehrsanlagen daher nicht verwirklichen. Zur Lösung der zu erwartenden Verkehrsprobleme wird in dem Verkehrsgutachten Mai 2007 der Neubau einer Anschlussstelle Rastatt-Mitte oder alternativ dazu den Ausbau der Anschlussstelle Nr. 49 zu einem „Kleeblatt“ und einen Umbau des Knotenpunktes B 462/K 3716 vorgeschlagen. In beiden Varianten soll zusätzlich die K 3716 parallel zur BAB 5 verlegt werden.
66 
Die vorstehenden Ausführungen unter (aa) bis (dd) zeigen, dass eine Abweichung vom Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht zulassungsfähig ist, weil es einen wesentlichen Teil der Grundzüge der Planung darstellt und diese durch eine Abweichungsentscheidung auch berührt würden, da keine einen Härtefall begründenden besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen. Allein der Umstand, dass das dem Konzentrationsgebot und dem Kongruenzgebot inne wohnende Ziel eines schonenden Flächen-und Ressourcenverbrauchs vorliegend deshalb in den Hintergrund tritt, weil der Standort des Ansiedlungsvorhabens durch die Bebauungspläne „Lochfeld“ und „Im Baisert“ überplant ist, vermag die aufgezeigten nachteiligen raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf das Vorliegen eines Härtefalls nicht auszugleichen. Überdies ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die durch die Ziele des LEP 2002 auch bezweckte Ressourcenschonung folgendes zu bedenken: Nach den Zielen des LEP 2002 werden entsprechend dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem Kongruenzgebot zugunsten von Einzelhandelsgroßprojekten in den Oberzentren Stand-orte für deren Ansiedlung raumplanerisch vorgehalten. Zielabweichungen im Einzelfall hinsichtlich nachgeordneter Zentren änderten an diesem raumordnungsrechtlichen Tatbestand nichts. Die Inanspruchnahme von Flächen in nachgeordneten Zentren durch Einzelhandelsgroßprojekte wird nicht durch eine entsprechende Verminderung von entsprechenden Flächen in Oberzentren gewissermaßen „ausgeglichen“. In der Summation führen daher Zielabweichungen in einer Gesamtbilanz zu einem vom LEP 2002 gerade nicht gewollten höheren Flächenverbrauch.
67 
c.) Ungeachtet dessen, dass eine Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 24 Satz 1 LplG für das Gesamtansiedlungsvorhaben der Beigeladenen schon deshalb zwingend ausscheidet, weil eine Abweichung vom Kongruenzgebot mangels Vorliegens eines Härtefalls Grundzüge der Planung berühren würde, ist eine Zielabweichung ferner deshalb unzulässig, weil das Vorhaben auch gegen das landesplanerische Integrationsgebot verstößt.
68 
Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 kommen für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Frage.
69 
aa) Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Dem steht nicht entgegen, dass diese landesplanerische Aussage als Soll-Vorschrift gefasst ist. Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491; vgl. auch Urteile vom 22.06.2011 - 4 CN 4.10 -, BVerwGE 140, 54 = NVwZ 2011, 1468 und vom 10.11.2011 - 4 CN 9.10 -, NVwZ 2012, 315) ausgeführt hat - nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Muss-Vorschriften ausgestaltet sind, sondern auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. Diese erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).
70 
Nach Maßgabe dessen ist die als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussage im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Denn der Plangeber hat in dem Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich eine Ausnahme von der Zielbindung benannt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber anhand des Einzelhandelserlasses hinreichend bestimmbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.04.2012 - 8 S 1739/10 -, juris). Aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 folgt im Umkehrschluss, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen. In diesem Sinn ist auch der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 zu verstehen.
71 
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstößt das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
72 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtritz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
73 
Dem Integrationsgebot fehlt es nicht an einem es legitimierenden überörtlichen raumordnungsrechtlichen Bezug, der den Eingriff in die kommunale Planungshoheit rechtfertigt. Das Integrationsgebot gehört zum überörtlichen und zusammenfassenden Regelungsgegenstand der Raumordnung und ist als inhaltliche Ausgestaltung innergemeindlicher Siedlungsschwerpunkte nicht nur eine städtebauliche und rein örtliche Aufgabe. Das Integrationsgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Kongruenzgebot und das Beein-trächtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren entschieden, dass es, wenn diese insbesondere wegen ihrer Größe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinausgehen, gerechtfertigt sein kann, sie einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und planerisch nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen. Eine solche Zielfestlegung schließe es zwar für das gesamte Gebiet einer Gemeinde, die nicht Oberzentrum ist, aus, die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren planerisch zuzulassen; da die Zielfestlegung lediglich eine eng umgrenzte Nutzungsart ausschließe, verbleibe der Gemeinde jedoch substanzieller Raum für eine anderweitige Bauleitplanung (BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Diese Entscheidung betraf die Errichtung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums (Designer-Outlet-Center in S...; vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, NdsVBl 2006, 71) mit einer Verkaufsfläche von zunächst 10.000 m² in einer ersten Ausbaustufe, sodann in einer zweiten Ausbaustufe auf insgesamt 20.000 m². Angesichts der Größe der Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² des geplanten Gesamtvorhabens der Beigeladenen, einer Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von mindestens 5.450 m², wobei das ...-Einrichtungshaus allein eine Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 4.650 m² vorsieht (hierbei ist die - zwischen den Beteiligten streitige - Zuordnung von Leuchten und Teppichen zu den zentrenrelevanten Sortimenten noch nicht berücksichtigt; bei deren Einbeziehung ergäbe sich eine Verkaufsfläche von 8.450 m² zentren-relevanter Sortimente) besteht kein qualitativer Unterschied zu dem vom BVerwG entschiedenen Hersteller-Direktverkaufszentrums. Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zentrenrelevanten Sortimenten des ...-Einrichtungshauses nicht um dem Kernsortiment „Möbel“ hinsichtlich Umsatz und Verkaufsfläche deutlich untergeordnete sog. Randsortimente handelt (siehe hierzu Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. ff., insbesondere Rn. 94 zu sog. Möbelmärkten und -Häusern mit breitgefächerten Nicht-Möbel-Sortiment; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.1998 - 7a D 108/96.NE -, NVwZ 1999, 79). Gegen das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 bestehen daher mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG weder allgemein noch im konkreten das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Einzelfall verfassungsrechtliche Bedenken.
74 
cc) Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil - wie die Beigeladene meint - dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle, durch raumordne-rische Ziele innerörtliche Standorte von Einzelhandelsnutzungen festzulegen, und deshalb - insoweit - die der Landesregierung erteilte Ermächtigung verfassungswidrig sei, gemäß § 7 und § 10 LplG durch Rechtsverordnung den Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen.
75 
§ 7 LplG regelt den Inhalt des Landesentwicklungsplans (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LplG). Danach ist der Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen. Er enthält die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Landes. Er enthält ferner Ziele für einzelne raumbedeutsame Vorhaben, die für das Land von Bedeutung sind. Der Landesentwicklungsplan muss mit den in § 2 des Raum-ordnungsgesetzes enthaltenen Grundsätzen in Einklang stehen; er konkretisiert diese Grundsätze. Die Ziele sind durch den Buchstaben »Z«, die Grundsätze sind durch den Buchstaben »G« zu kennzeichnen. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b und d ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten, insbesondere zu Zentralen Orten und Siedlungsentwicklungen. Insbesondere nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. d ROG ist es danach zulässig, dass in einem Raumordnungsplan Festlegungen über Siedlungsentwicklungen getroffen werden, die auch und gerade mit Blick auf die für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Bestimmbarkeit bereichsscharf sein sollen. Aufgrund der Planungsgrundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG und der Festlegungsmöglichkeiten des § 8 Abs. 5 ROG zugunsten gemeindeinterner Festlegungen für den besiedelten wie auch für den nicht besiedelten Bereich hat der für die Raumordnung zuständige Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 i.V.m. Art. 72 GG - ungeachtet der Abweichungsbefugnis der Länder nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG) entschieden, dass ein Raumordnungsplan auch gemeindeinterne Flächennutzungs- und Flächenfunktionszuweisungen treffen darf (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn. 70). Insoweit ergänzt das Raumordnungsgesetz das von dem für das Bodenrecht (einschließlich des Städtebaurechts) gleichfalls zuständigen Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art 72 GG) erlassene Baugesetzbuch. Der Landesgesetzgeber hat in § 7 LplG für den Inhalt des Landesentwicklungsplans, der als Rechtsverordnung erlassen wird (§ 10 LplG), diese Maßgaben des Raumordnungsgesetzes für verbindlich erklärt. Aufgrund dessen maßt sich der Landesgesetzgeber weder im Landesplanungsgesetz noch im Landesentwicklungsplan eine ihm nicht zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung standort- bzw. bereichsbezogener Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsplan an, sondern setzt vielmehr die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes um (vgl. hierzu auch Uechtritz, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 57 ff. 66).
76 
dd). Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 verstößt auch nicht zulasten der Beigeladenen gegen Art. 12 GG. Insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. c.) hier entsprechend.
77 
ee). Der das Integrationsgebot festlegende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 begegnet auch in unionsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Diese gilt sowohl für die Vereinbarkeit des Integrationsgebots als Ziel der Raumordnung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) als auch mit der Dienstleistungsfreiheit(Art. 56 AEUV) als auch mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Auch insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. d.) i.V.m. c). hier entsprechend. Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof herausgestellten Voraussetzungen, unter denen die Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten zulässigerweise eingeschränkt werden darf, ist darauf hinzuweisen, dass die Raumordnungsprinzipien, wie sie in den hier maßgeblichen Zielen des LEP 2002 festgelegt werden, gerade nicht auf rein wirtschaftlichen Erwägungen beruhen. Dem Raumordnungssystem des LEP 2002 liegen keine wirtschaftlichen Motive zugrunde und eine Bedarfsprüfung findet nicht statt. Der Normzweck der Raumplanung ist es weder unmittelbar noch mittelbar, vorhandene Einzelhandelseinrichtungen vor der Ansiedlung neuer Konkurrenz zu schützen. Das raumordnerische Steuerungsinstrumentarium verfolgt eine andere Zielrichtung. Es sind dies die bedeutenden öffentlichen Belange der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes (Ressourcenschonung, Verkehrsvermeidung), Bewahrung der Stadtzentren als Kerne des urbanen Lebens hinsichtlich des Handels, der Begegnung und der Kommunikation sowie schließlich der verbrauchernahen Versorgungssicherheit - und damit mittelbar dem Schutz der Verbraucherinteressen - und zwar insbesondere, aber nicht nur von älteren und behinderten Menschen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Hager, BauR 2011, 1093; Uechtritz, ZfBR 2011, 648; Wiggers, NJW-Spezial, 2011, 556). Im Weiteren ist daran zu erinnern, dass städtebaulich integrierte Standorte im Sinne des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002, an denen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig ausgewiesen werden sollen, nicht nur Innenstädte darstellen. Städtebaulich integrierte Stand-orte können auch andere zentrale Versorgungsbereiche der Standortgemeinde sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308; Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, 2010, 590).
78 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu der beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.10.2010 - 7 B 22.10 -, juris). Das Vorbringen der Beigeladenen, eine Vorlagepflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht zu erkennen gegeben habe, die Streitfrage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn dem Urteil des BVerwG vom 16.12.2010 (a.a.O.) dies zu entnehmen wäre, hat die Beigeladene nichts dafür dargetan, dass das BVerwG auch in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.2011 (a.a.O.) hieran festhalten wolle.
79 
ff) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem in den Sätzen 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 verorteten Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht vereinbar.
80 
(1) Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, dass das Gesamtvorhaben der Beigeladenen nicht an einem städtebaulich integrierten Standort geplant und errichtet werden soll.
81 
(2) Die Ausnahmevoraussetzungen für nicht zentrenrelevante Warensortimente nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 sind vorliegend gleichfalls nicht erfüllt.
82 
Zwar werden in dem ...-Einrichtungshaus, dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt nicht zentrenrelevante Warensortimente auf einer Gesamtfläche von ca. 35.050 m² (20.850 [...-Einrichtungshaus] + 10.300 [Bau- und Gartenmarkt] + 3.900 [Küchenfachmarkt[) angeboten. Gleichzeitig sind aber durch diese drei Einzelvorhaben auf einer Gesamtfläche von ca. 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (einschließlich Nahrungsmittel) vorgesehen. Hierbei mag es sich bei dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt, die zusammen auf einer Fläche von ca. 800 m² zentren-relevante Sortimente anbieten, insgesamt noch um sogenannte Randsortimente handeln, die einer Errichtung in einer städtebaulichen Randlage wohl nicht entgegenstünden. Für das ...-Einrichtungshaus ist dies indessen nicht der Fall. Das ...-Einrichtungshaus beabsichtigt, auf einer Fläche von ca. 4.650 m² zentrenrelevante Sortimente mit - wie bei bestehenden ...-Häusern üblich und gerichtsbekannt - breitester Fächerung anzubieten. Damit nehmen diese von der Beigeladenen als Nebensortimente bezeichneten Warengruppen schon bei einem rein rechnerisch betrachteten Vergleich der Verkaufsflächen ca. 19,4 % der geplanten Verkaufsfläche (ohne Einbeziehung der Fläche für die gastronomischen Angebote) ein. Berücksichtigt man im Rahmen einer gebotenen wertenden Betrachtung zudem, dass es sich bei den Möbeln schwerpunktmäßig um großvolumige Waren handelt, während die sonstigen Sortimente eher kleinvolumige Waren darstellen, tritt die wirtschaftliche Bedeutung der zentrenrelevanten Sortimente noch deutlicher hervor. Vor diesem Hintergrund können die zentrenrelevanten Sortimente nicht mehr als bloße Neben- oder gar Randsortimente zum Kernsortiment „Möbel“ angesehen werden. Diese zentrenrelevanten Sortimente, die eine Vielzahl unterschiedlichster Waren des zentrenrelevanten Sortimentsbereichs bis hin zu Nahrungsmitteln abdecken, stellen vielmehr ein selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) neben dem - weiteren - Kernsortiment „Möbel“ dar.
83 
(3) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspräche auch dann dem Integrationsgebot, wenn man dieses - wie die Klägerin und die Beigeladene meinen - nur unter Einschluss des in Satz 1 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbots als Ziel der Raumordnung begreift. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihren Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Bei dieser - das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot kombinierenden - Betrachtungsweise müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dahingehend verstanden werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten errichtet werden sollen, nicht zentrenrelevante Warensortimente auch in städtebaulichen Randlagen. Von diesem „Soll-Ziel“ könne aber nach der Ausnahmeregelung im Satz 1 immer dann abgewichen werden, wenn das Vorhaben weder durch Lage und Größe noch durch seine Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtige. Dieser Auslegung ist indessen nicht zuzustimmen. Vielmehr führt die Gesamtbetrachtung des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dazu, dass Satz 2 dieses Plansatzes das als Muss-Ziel festgelegte Beeinträchtigungsverbot in Satz 1 im Sinne einer Begründung näher konkretisiert. Zur Sicherung des Beeinträchtigungsverbots sollen Einzelhandelsgroßprojekte deshalb vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Satz 3 dieses Plansatzes macht hiervon für nicht zentrenrelevante Warensortimente insoweit eine Ausnahme, als für sie auch städtebauliche Randlagen in Frage kommen. Das in diesem Zusammenhang gegenüber dem Gesamt-Ansiedlungsvorhaben isoliert zu betrachtende ...-Ansiedlungsvorhaben wird - wie vorgehend ausgeführt und entgegen der Auffassung der Beigeladenen - durch sein Möbelkernsortiment nicht schon entscheidend dahingehend geprägt, dass es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten handelt. Die zentrenrelevanten Sortimente stellen vielmehr ein hinzutretendes selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) dar.
84 
gg) Das Integrationsgebot gehört - neben dem Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem Kongruenzgebot - gleichfalls zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt eine flankierende Maßnahme zur Sicherung des Kongruenzgebots dar. Das aus dem bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitete (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13; Spannowsky, UPR 2003, 248; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025) Kongruenzgebot bezweckt die raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe, zu denen das Gesamtvorhaben der Beigeladenen zweifellos gehört. Zu den weiteren das Zentrale-Orte-Prinzip und das Kongruenzgebot konkretisierenden raumordnerischen Regeln zählt das Integrationsgebot. Dessen Ziel ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Der Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Integrationsgebot, nach dem Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten verwirklicht werden sollen, dient der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem hieraus abgeleiteten Kongruenzgebot beabsichtigten Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris).
85 
hh) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls, der das Grundanliegen des vorgehend dargestellten Integrationsgebots als Ziel der Raumplanung im LEP 2002 unangetastet und deshalb die Grundzüge der Planung trotz Verstoßes des Gesamtvorhaben gegen dieses Ziel unberührt ließe, sind auch in Ansehung des Vorbringens der Klägerin und der Beigeladene nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungs-häusern sei aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten, vermag einen Härtefall nicht zu begründen. Eine Zielabweichung isoliert vom Integrationsgebot als Ziel der Raumplanung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 LplG scheidet daher aus.
86 
ii) Vor dem Hintergrund, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen sowohl gegen das Kongruenzgebot als auch gegen das Integrationsgebot des LEP 2002 verstößt und in beiden Fällen von diesen Zielen der im LEP 2002 zum Ausdruck kommenden Raumordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG nicht abgewichen werden kann, weil dadurch die Grundzüge der Planung dadurch berührt werden, kann der Senat unerörtert lassen, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus auch noch gegen die in den Plansätzen 3.3.1.1 (Z) Satz 2 und Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbote verstößt und ob gegebenenfalls hiervon eine Zielabweichung zugelassen werden müsste.
87 
II. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Deshalb bedurfte es auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG zutreffend verneint hat. Da der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen war, ist der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag auf Neubescheidung daher gleichfalls unbegründet.
88 
Nach den obigen Darlegungen bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein vereinbar ist.
B.
89 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 der Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) als Ziel der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 1. Alt.), haben keinen Erfolg.
90 
Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob diese Berufungsanträge schon deshalb unzulässig sind, weil der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, juris) entsprechend den dort von der Klägerin und der Beigeladenen gestellten Anträgen rechtskräftig entschieden hat, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Gleiches gilt für die Frage, ob für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO besteht, nachdem weder ein Anspruch auf Zielabweichung von den Zielen des LEP 2002 noch ein Anspruch auf Neubescheidung des Zielabweichungsantrags besteht, weil - wie vorstehend ausgeführt - mit Blick auf die Unvereinbarkeit des Ansiedlungsvorhabens mit dem Kongruenzgebot als verbindliches Ziel des LEP 2002 durch eine Zielabweichung die Grundsätze der Planung i. S. d. des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG berührt werden.
91 
Denn diese Berufungsanträge sind jedenfalls unbegründet, wie sich aus den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. c.) ergibt, auf die verwiesen wird.
C.
92 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 den Plansätzen 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 2. Alt.), haben ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt den Berufungsanträgen das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse für den Fall besteht, dass - wie vorliegend - das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit den raumordnerischen Zielen LEP 2002 nicht vereinbar ist.
D.
93 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 3, 1. Alt.), bleiben entsprechend den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. h.) ebenfalls erfolglos.
E.
94 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der beigeladenen Ziffer 3, 2. Alt.), sind bereits unzulässig. Ihnen fehlt das in jedem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund mit der hilfsweise beantragten Zielabweichung von den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein ihre Rechtsstellung hinsichtlich der von ihnen begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat sieht hierfür keine Anhaltspunkte.
F.
95 
Die Berufungsanträge der Klägerin, festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindliches Ziel der Raumordnung zuwiderläuft (Ziffer 3, 1. Hs., 1. Alt.), und fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, eine entsprechende Zielabweichung zuzulassen, sind sowohl hinsichtlich des LEP 2002 als auch hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall besteht, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier:...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits - wie im Urteil des Senats vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) rechtskräftig festgestellt - mit dem aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleiteten und zu seiner Konkretisierung festgelegten Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP und - wie unter A. I. 4. c.) ausgeführt - auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 und 3 LEP 2002 nicht vereinbar ist und ferner eine Zielabweichung von beiden Zielen ausscheidet. Im Übrigen fehlt auch das Rechtsschutzinteresse. Denn auch insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund selbst bei Erfolg ihres Feststellungsantrags ihre Rechtsstellung hinsichtlich der begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedelungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat vermag hierfür keine Anhaltspunkte zu erkennen. Diese Erwägungen gelten für die von der Klägerin begehrte Feststellung hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein wie auch für die weiterhin hilfsweise begehrte Zielabweichung vom Beeinträchtigungsverbot; im Übrigen verweist der Senat insoweit auf seine hier entsprechend geltenden Ausführungen unter C. und E.
G.
96 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig. Dies gilt - in Auslegung dieser Berufungsanträge - sowohl für die damit begehrte Verpflichtung des Beklagten, in entsprechender Anwendung der Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 2 und der Beigeladenen Ziffer 1 für das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte eine Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen (I.), als auch für die beantragte Feststellung, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs. und wohl der Beigeladenen Ziffer 2 jeweils in entsprechender Anwendung; II.), wie auch schließlich für den hilfsweise gestellten Antrag, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und der Beigeladenen Ziffer 4 jeweils in entsprechender Anwendung; III.).
97 
I. Die auf Zulassung einer Abweichung vom Kongruenzgebot gerichtete Verpflichtungsklage bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte ist unzulässig.
98 
1. Die Unzulässigkeit folgt zunächst aus dem Fehlen der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts (vgl. zum Verwaltungsaktcharakter der Zielabweichung BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386), die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, DVBl. 1996, 309; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 -, juris; Urteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504 jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall bezog sich der Antrag der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich beratenen und vertretenen Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent - auch nicht hilfsweise - auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte, sondern vielmehr allein auf das ...-Einrichtungshaus mit begleitenden Fachmärkte. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin, in dem ausdrücklich auf den Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Bezug genommen wird. Auch dieser Antrag hat, wie sich nicht nur aus ihm selbst (vgl. dort unter I. Projektbeschreibung) sondern auch aus den ihm beigefügten Unterlagen (vgl. Märktegutachten, Verkehrsgutachten, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, schalltechnische Untersuchung) ergibt, allein das ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten zum Gegenstand. In Würdigung dessen enthält der Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 nicht gleichsam als ein „Minus“ den Antrag auf Zielabweichung bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne ergänzende Fachmärkte - ebenso wenig wie einen Antrag auf Zielabweichung hinsichtlich eines der Fachmärkte ohne das ...-Einrichtungshaus.
99 
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundes- oder landesrechtlich geordneten Verwaltungsverfahrensrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504). Jedoch nötigen die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes nicht dazu, in Bezug auf die erstrebte Zielabweichung von dem genannten, in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts abzuweichen. Vielmehr spricht das in § 24 Satz 3 LplG sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren gerade für das Gegenteil.
100 
2. Vor diesem Hintergrund kann der Senat unerörtert lassen, ob die Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 der Klägerin und der Beigeladenen eine nach § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung darstellen. Zweifellos treten die Streitgegenstände der Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 selbständig neben die der übrigen Berufungsanträge. Sie stellen ersichtlich diesen gegenüber kein „Minus“ dar; insoweit ist auf die hier entsprechend geltenden vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vorliegen, könnte die Klagänderung nur dann zulässig sein, wenn sie der Senat als sachdienlich erachtete. Dies kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn der Senat die Sachdienlichkeit nämlich bejahte, führte dies ebenfalls zur Unzulässigkeit der geänderten Klage. Denn der Umstand, dass eine Klageänderung zulässig ist, weil das Gericht sie als sachdienlich zugelassen hat, entbindet dieses nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört unter anderem, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 22.02.1980 IV C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 91 Rn. 11; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 38). Wie oben festgestellt, fehlt es vorliegend an dieser Sachurteilsvoraussetzung. Gleiches gilt für die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, die ebenfalls nicht erfüllt sind.
101 
II. Soweit die Klägerin und die Beigeladene mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung die Feststellung begehren, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Inte-grationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, mangelt es an der Statthaftigkeit der Feststellungsklage.
102 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Streitgegenstand der Feststellungsklage muss – soweit nicht die Nichtigkeitsfeststellung in Rede steht – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss – ferner - ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 - 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75; Urteil vom 25.03.2009 - 8 C 1.09 -, NVwZ 2009, 1170; Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 - jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 -, juris).
103 
Daran fehlt es vorliegend. Mit ihren Berufungsanträgen behaupten die Klägerin und die Beigeladene zwar konkludent, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) - zuwiderläuft. Das von der Klägerin und der Beigeladenen behauptete Rechtsverhältnis ist indessen noch nicht in dem - erforderlichen - Sinne verdichtet, dass zwischen ihnen und dem Beklagten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht. Denn der Beklagte war mit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob ein auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränktes Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) – zuwiderläuft, und damit mit dem behaupteten Rechtsverhältnis zuvor noch nicht befasst. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung keine inhaltlich der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen entgegenstehende Auffassung vertreten, sondern für den Senat nachvollziehbar erklärt, die zum Gegenstand der Feststellungsklage gemachte Behauptung zum Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses bedürfe zunächst – nach Vorlage entsprechender Antragsunterlagen – einer eingehenden Prüfung. Diese könne in der mündlichen Verhandlung nicht geleistet werden.
104 
Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen einer vorbeugenden Feststellungsklage ersichtlich nicht vor. Denn Gegenstand dieser besonderen Ausgestaltung der Feststellungsklage sind bestimmte Rechtsfolgen, die sich aus bereits hinreichend konkretisierten Rechtsbeziehungen ergeben. Im vorliegenden Fall liegt weder letzteres vor noch haben die Klägerin und die Beigeladene konkret zu erwartende Rechtsfolgen dargelegt, deren Abwehr zu besorgen sind.
105 
III. Auch die von der Klägerin und der Beigeladenen mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung hilfsweise begehrte Verpflichtung des beklagten Landes, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Im vorliegenden Fall steht das Feststellungsbegehren mit dem hilfsweise verfolgten Verpflichtungsantrag in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass die - vorstehend ausgeführte - Unzulässigkeit des ersteren auch die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich zieht. Ungeachtet dessen ist die - hilfsweise erhobene - Verpflichtungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts fehlt, die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist; insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter G. I. 1., die hier entsprechend gelten.
106 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
107 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
108 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
109 
Beschluss vom 26. Juni 2012
110 
Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 60.000,--EUR und der Streitwert im Berufungsverfahren auf 120.000,-- EUR festgesetzt (§§ 39 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung). Die Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren beruht auf der dort erstmals beantragten Erstreckung aller bisherigen gerichtlichen Anträge auf ein ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte. Den Streitwert diesen neuen Streitgegenstands bemisst der Senat gleichfalls insgesamt mit 60.000,-- EUR. Die Streitwerte waren gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
111 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beigeladene beabsichtigt, im Gemeindegebiet der Klägerin, der Stadt R., ein Möbel-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten mit einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 40 000 qm zu errichten. Die Klägerin ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) als Mittelzentrum eingestuft.

2

Den Antrag der Klägerin auf Zielabweichung für das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen lehnte der Beklagte ab. Das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot. Die beantragte Zielabweichung sei unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletzt würden. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung entgegenstehen, hilfsweise auf Verpflichtung des Beklagten, die vorsorglich beantragte Zielabweichung zuzulassen, wies das Verwaltungsgericht ab.

3

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Das Ansiedlungsvorhaben widerspreche den in den Plansätzen 3.3.7 Satz 1, Halbs. 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen. Es füge sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; der Einzugsbereich des Vorhabens überschreite den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich. Den Festlegungen komme Zielqualität zu. Dem stehe nicht entgegen, dass die Planaussagen als Soll-Vorschrift ausgestaltet seien. Lägen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen ließen, bedeute das "Soll" ein "Muss". Eine Soll-Vorschrift im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang führe zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulasse. Die Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 enthalte die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden dürfe. Mit diesem Inhalt sei die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände würden vom Plangeber insoweit negativ selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden dürfe. Die zwischen den Beteiligten unstreitigen Rechengrößen belegten einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot. Das in den Plansätzen 3.3.7 Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot verstießen nicht gegen die kommunale Planungshoheit und seien auch vereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG und Unionsrecht. Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Ziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstoße, könne offenbleiben. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene hätten keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung i.S.d. § 24 LplG berühre. Eine Zielabweichung, die zur - wenn auch einzelfallbezogenen - Abkehr von dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem als Komplementärelement verstandenen Kongruenzgebot führe, berühre immer die "Grundzüge der Planung". Der höheren Raumordnungsbehörde sei daher bereits kein Ermessen eröffnet gewesen; der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung sei zwingend abzulehnen gewesen.

4

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die Beigeladene die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Soll-Vorschriften seien keine Ziele der Raumordnung. Es stehe im Widerspruch zum Verbindlichkeitsanspruch von Zielfestlegungen, das Vorliegen atypischer Fälle der Einschätzung nachgeordneter Planungsträger zu überlassen. Bei Verstößen gegen das Kongruenzgebot komme eine Zielabweichung grundsätzlich in Betracht. Nicht jede landesplanerische Aussage, die auf das Zentrale-Orte-Prinzip zurückgehe, zähle zu den Grundzügen der Planung.

Entscheidungsgründe

5

Die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine Zielfestlegung des LEP 2002 entgegensteht, wenden. Dagegen sind die Revisionen hinsichtlich der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage begründet. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

6

1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass das in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 enthaltene Kongruenzgebot, wonach die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten so bemessen sein soll, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, ein Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG3 Nr. 2 ROG a.F.) und damit eine verbindliche Vorgabe für raumbedeutsame Planungen darstellt, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Auch als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussagen können ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sein.

7

1.1 Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Sie sind anders als Grundsätze der Raumordnung nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung (Beschluss vom 20. August 1992 - BVerwG 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329 <333>). Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich.

8

Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Mussvorschriften ausgestaltet sind. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben der Regel auch die Voraussetzungen der Ausnahme mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlegt (Urteile vom 18. September 2003 - BVerwG 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 <58> und vom 20. November 2003 - BVerwG 4 CN 6.03 - BVerwGE 119, 217 <222 f.>).

9

Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. In ihrer Grundstruktur unterscheiden sich Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit in atypischen Fällen nicht von landesplanerischen Aussagen, die dem Regel-Ausnahme-Muster folgen; sie stellen keine eigenständige Zielkategorie des Raumordnungsrechts dar (vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 6. Juni 2005 - 10 D 145/04.NE - BauR 2005, 1577). Insoweit erscheint die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweise, sei nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (UA S. 23), verfehlt, zumindest aber missverständlich. Nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs führt das als Soll-Vorschrift gefasste Kongruenzgebot zu einer strikten Zielfestlegung, das eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Wenn eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall - als Soll-Vorschrift erlassen werde, sei der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt sei. Lägen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen ließen, so bedeute das "Soll" ein "Muss". Insofern folgen auch die hier einschlägigen Soll-Vorschriften des LEP 2002 dem Regel-Ausnahme-Muster; sie zeichnen sich nur dadurch aus, dass der Plangeber die Voraussetzungen der Ausnahme von der grundsätzlich geltenden Regel nicht ausdrücklich in Form einer textlichen Festlegung benennt.

10

Dass ein Plansatz keine normative Aufführung der atypischen Umstände enthält, die eine Ausnahme von der Regel zu rechtfertigen vermag, steht seiner Qualifizierung als verbindliches Ziel i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG nicht entgegen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind. Dagegen entfalten Soll-Vorschriften, die dem nachgeordneten Planungsträger bei der Einschätzung, ob ein atypischer Fall vorliegt, einen eigenen Abwägungsspielraum einräumen, keinen Verbindlichkeitsanspruch. Mit dem Merkmal der Atypizität allein sind die Fallgestaltungen, bei denen die Regelvorgaben der Vorschrift nicht gelten sollen, nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar beschrieben. Der Plangeber muss vielmehr selbst Anhaltspunkte für die Reichweite atypischer Fälle liefern. Auch abstrakte Kriterien können zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik und damit zur Bestimmbarkeit genügen. Lässt sich aus den Zielvorstellungen des Plangebers und dem Normzusammenhang der Regelung im Wege der Auslegung der atypische Fall bestimmen, kann die für die Ziele der Raumordnung vorausgesetzte Letztverbindlichkeit bejaht werden.

11

1.2 Gemessen an diesem Maßstab ist die Auslegung des in Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 enthaltenen Kongruenzgebots als Ziel i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

12

Nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Kongruenzgebot als Soll-Vorschrift ohne ausdrücklich benannte Ausnahmen ausgestaltet. Der Plangeber habe auf eine weitere Konkretisierung des Kongruenzgebots durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Er habe allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt. Das Kongruenzgebot stehe mit Plansatz 3.3.7 und Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten, von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang. Das Beeinträchtigungsverbot in Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002, wonach die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, begründe keine Ausnahme vom Kongruenzgebot nach Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002. Vielmehr könne ein atypischer Fall nur dann vorliegen, wenn das Beeinträchtigungsverbot eingehalten werde und zusätzlich weitere Umstände hinzuträten. Die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem in Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, habe nach diesem Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen: Zum einen müsse die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen dürfe (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden (UA S. 25 f. - Klammerzusätze im Original).

13

Als Ergebnis landesrechtlicher Auslegung für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindend ist sowohl das Verständnis des Beeinträchtigungsverbots in Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 als strikt festgelegtes Kernziel als auch die Schlussfolgerung, der Plangeber habe die atypischen Umstände, die eine Abweichung vom Kongruenzgebot durch den nachgeordneten Planungsträger erlaubten, insofern - negativ - selbst eingegrenzt, als das Beeinträchtigungsverbot jedenfalls nicht angetastet werden dürfe. Die - negative - Eingrenzung, dass die Beachtung des Beeinträchtigungsverbots nicht genügt, um eine Ausnahme vom Kongruenzgebot zu begründen, engt die Variationsbreite atypischer Umstände zwar ein. Das reicht aber nicht zur Bestimmbarkeit möglicher atypischer Fälle durch den nachgeordneten Planungsträger. Das erkennt auch der Verwaltungsgerichtshof. Ob es zur Bestimmbarkeit genügt, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat - "des Weiteren" die Begründung des LEP 2002 Leitlinien enthalte, die für die Feststellung einer Atypik, die den nachgeordneten Planungsträger von der Bindungswirkung des Ziels freistellt, herangezogen werden könnten, mag zweifelhaft sein. Denn auf der in Bezug genommenen Seite der Begründung (Seite B36) heißt es lediglich: "Einzelhandelsgroßprojekte können bei falscher Standortwahl und Größenordnung das zentralörtliche Versorgungssystem, die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne nachteilig beeinflussen". Auf den Einzelhandelserlass wird nur zur Bestimmung des Begriffs "Einzelhandelsgroßprojekte" verwiesen. Das bedarf indes keiner Vertiefung. Denn nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Plangeber nicht auf eine negative Abgrenzung möglicher atypischer Fallkonstellationen beschränkt, sondern gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können (UA S. 29): Der Plangeber habe in den Plansätzen 3.3.7 Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Danach wird der atypische Fall zielintern durch Rückgriff auf das im Plan normierte zentralörtliche Gliederungssystem und das Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit bestimmbar. Die vom Plangeber mit dem zentralörtlichen Gliederungssystem verfolgten Zwecke sind als Grundsätze der Raumordnung in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG kodifiziert; dieser Regelungszusammenhang bewirkt, dass der atypische Fall durch Auslegung von Sinn und Zweck des Plans zielintern bestimmbar wird. Der Umstand, dass es sich um abstrakte Kriterien handelt, die der Konkretisierung mit Blick auf den jeweiligen Einzelfall bedürfen, steht der Bestimmbarkeit durch Auslegung nicht entgegen. Entgegen dem Einwand der Beigeladenen folgt aus der Notwendigkeit der Auslegung der Regelvorgabe nach Sinn und Zweck im Einzelfall keine "Universalität" der Belange, die dem nachgeordneten Planungsträger in unzulässiger Weise Gestaltungsspielraum eröffnen würden. Unvorhersehbar ist nicht der atypische Fall, sondern nur, ob der (seltene) Fall einer Ausnahme eintreten wird. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, wird dem nachgeordneten Planungsträger mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik gerade nicht die abschließende Abwägung übertragen. Fallkonstellationen, auf die die Planaussage - hier: das Kongruenzgebot - seinem Wesen nach, d.h. nach Sinn und Zweck wegen Besonderheiten des Einzelfalls nicht "passt", werden - wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung anschaulich ausgeführt hat - zudem selten sein. Die Abwägung des Plangebers führt damit zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Sind - wie hier - die atypischen Ausnahmen vom Kongruenzgebot auch ohne abschließenden oder auch nur beispielhaften Katalog anhand der im Plan zum Ausdruck kommenden Regelungsabsichten des Plangebers bestimmbar, entfaltet die als Soll-Vorschrift gefasste Planaussage auch als Gesamtregelung den Verbindlichkeitsanspruch eines Ziels i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG.

14

1.3 Auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Regeltatbestandes bestehen keine Bedenken gegen die Zielqualität des Plansatzes 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002. Das Kongruenzgebot verlangt, dass die einzelnen Einzelhandelsbetriebe der jeweiligen Zentralitätsstufe der Standortgemeinde entsprechen; ein Verstoß liegt bei einer wesentlichen Überschreitung des Verflechtungsbereichs vor. Anknüpfungspunkt ist der landes- oder regionalplanerisch definierte Status eines Ortes nach der gestuften zentralörtlichen Gliederungshierarchie im Sinne des Zentrale-Orte-Prinzips. Der Verflechtungsbereich ist für Ober- und Mittelzentren durch die Region und den Mittelbereich vorgegeben. Durch die in Plansatz 2.5 LEP 2002 vorgenommene Festlegung der Zentralen Orte und deren Verflechtungsbereiche lässt sich ohne Weiteres die räumliche Bezugsgröße im Verhältnis zur Lage des Vorhabens bestimmen. Der für Mittelzentren als Einzugsbereich bestimmte Mittelbereich wird gemäß Plansatz 2.5.9 Abs. 5 im Anhang des LEP 2002 durch Nennung der maßgeblichen Ortschaften sowie kartographisch konkretisiert. Für Oberzentren verweist Plansatz 2.5.8 LEP 2002 auf die Region als Anknüpfungspunkt. Das genügt entgegen der Auffassung der Revisionen zur räumlichen Bestimmung des Verflechtungsbereichs. Zu dieser Feststellung ist der Senat befugt, weil der Verwaltungsgerichtshof zum Landesrecht - jedenfalls insoweit - keine Aussagen getroffen hat, an die das Revisionsgericht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden sein könnte.

15

Ebenfalls bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Verwaltungsgerichtshof die Bestimmtheit des unbestimmten Rechtsbegriffs "wesentlich" unter Rückgriff auf Schwellen- bzw. Grenzwerte, die sich als Erfahrungswerte zur Einschätzung der Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben gebildet haben, bejaht und sich dabei an dem Anhaltswert in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten vom 21. Februar 2001 (- Einzelhandelserlass - GABl S. 290) orientiert hat. Sowohl der voraussichtliche Umsatz eines geplanten Vorhabens je qm Verkaufsfläche als auch die nach Sortimenten bestimmbare branchenbezogene Kaufkraft der Einwohner eines räumlich bestimmten Einzugsbereichs - hier: eines Mittelzentrums - lassen sich prognostisch berechnen. Solche Marktgutachten stellen eine zulässige Methode dar, um die ökonomischen Zusammenhänge der Kaufkraftbindung im Einzugsbereich eines Vorhabens abzubilden und damit Anhaltspunkte für die raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf die raumordnungsrechtlich gewichtigen Belange der effektiven Nutzung und Bündelung der Infrastruktur und des Verkehrs zu bieten (Urteile vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 Rn. 14 und vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 Rn. 18, 21). Ob - wie in Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses vorgegeben - eine wesentliche Überschreitung in der Regel gegeben ist, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden, bedarf keiner Entscheidung. Denn nach den vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten gutachterlichen Berechnungen würden jedenfalls hinsichtlich des Möbel-Einrichtungshauses rund 90 % und bei einer gemeinsamen Betrachtung des Gesamtvorhabens immerhin noch 82 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Einzugsbereichs der Klägerin erwirtschaftet.

16

1.4 Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Vereinbarkeit des Kongruenzgebotes mit höherrangigem Recht bejaht. Ob und mit welchem Inhalt ein Kongruenzgebot normiert wird, ist zwar allein eine landesrechtliche Frage (Beschluss vom 8. Juni 2006 - BVerwG 4 BN 8.06 - BRS 70 Nr. 13 S. 93 f.). Die Zielfestlegung muss sich aber am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Maßstab sind Schutzzweck und Reichweite des bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzips, aus dem das Kongruenzgebot abgeleitet wird.

17

1.4.1 Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass, wenn die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden durch Normierung eines "strikten" Kongruenzgebots einschränkt, überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen müssen. Der Eingriff in Art. 28 Abs. 2 GG durch Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 ist formal vom Landesplanungsgesetz gedeckt und auch materiell gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig (vgl. auch Beschluss vom 20. August 1992 - BVerwG 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329 <335>).

18

Die mit dem Kongruenzgebot bewirkte raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit rechtfertigen kann. Das Kongruenzgebot wird aus dem Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitet (Beschluss vom 8. Juni 2006 a.a.O. S. 93). Dieser Grundsatz findet sich in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 ROG2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 ROG a.F.), der anordnet, dass die Siedlungstätigkeit auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten ist. Ziel der dieses Prinzip konkretisierenden raumordnerischen Regeln ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Aus diesem Grund ist der Einzelhandel an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Kongruenzgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe. Schutzzweck eines von der konkreten Beeinträchtigung der Versorgungssituation abgekoppelten Kongruenzgebots ist die raumordnerische Annahme, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe, die nach Lage, Umfang und Art nicht der jeweiligen zentralörtlichen Hierarchiestufe der Standortgemeinde entsprechen, selbst dann raumunverträglich sind, wenn sie nicht zu Beeinträchtigungen führen, weil sie wegen ihrer überörtlichen, über den Einzugsbereich der Standortgemeinde hinausgehenden Wirkung zur Zersiedelung und Erhöhung des Verkehrsaufkommens führen, mithin dem Grundsatz eines schonenden Flächen- und Ressourcenverbrauchs und dem Grundsatz der effektiven Nutzung und Bündelung der Infrastruktur und des Verkehrs widersprechen. Das ist ein raumordnungsrechtlich legitimer Zweck. Mit dieser Zielrichtung bestehen gegen die Geeignetheit eines Kongruenzgebots in der Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revisionen steht der Geeignetheit des raumordnerischen Ziels auch nicht die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit entgegen. Das Kongruenzgebot räumt den Gemeinden Spielraum ein und lässt sich mit dem verfügbaren städtebaulichen Planungsinstrumentarium, insbesondere den vielfältigen horizontalen und vertikalen Kombinations- und Gliederungsmöglichkeiten umsetzen.

19

Die Einschätzung des Plangebers, dass andere, weniger tief in die gemeindliche Selbstverwaltungshoheit eingreifende Mittel diese Ziele insgesamt nicht gleich effektiv verwirklichen können, mithin das Kongruenzgebot auch erforderlich ist, ist nicht zu beanstanden. Bei der Einschätzung der Erforderlichkeit einer Regelung, die - wie hier - dem Schutz des öffentlichen Interesses dient, kommt dem Plangeber eine Einschätzungsprärogative zu. Es genügt nicht, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die Betroffenen weniger belasten, wenn sie nicht die gleiche Wirksamkeit versprechen. Ein bloßes Beeinträchtigungsverbot wie auch ein - nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs - mit einem Beeinträchtigungsverbot verbundenes Integrationsgebot (Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002) mögen im Einzelfall "milder" sein, weil sie einem Vorhaben nicht strikt entgegenstehen, sondern eine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungssituation in der Standortgemeinde und in betroffenen Nachbargemeinden voraussetzen. Das legitime raumordnerische Ziel einer flächensparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung können sie jedoch nicht in gleicher Weise erreichen wie ein "striktes" vom Beeinträchtigungsverbot abgekoppeltes Kongruenzgebot.

20

Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof auch davon ausgegangen, dass das Kongruenzgebot nur dann verhältnismäßig ist, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beansprucht. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass die Möglichkeit bestehen muss, ein Vorhaben ausnahmsweise zuzulassen, das zwar formal gegen das Kongruenzgebot verstößt, aus atypischen Gründen im konkreten Einzelfall aber raumverträglich erscheint, mithin mit Blick auf das Schutzziel des Kongruenzgebots unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Dem hat der Plangeber im vorliegenden Fall durch Ausgestaltung des Kongruenzgebots als Soll-Vorschrift mit Abweichungsmöglichkeiten im atypischen Fall Rechnung getragen. Für Härtefälle, die keinen atypischen Fall begründen, steht zudem das förmliche Zielabweichungsverfahren gemäß § 6 Abs. 2 ROG11 ROG a.F.) zur Verfügung.

21

1.4.2 Der Senat stimmt dem Verwaltungsgerichtshof auch darin zu, dass das Kongruenzgebot mittelbar die von der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Standortwahl beschränkt und daher der Rechtfertigung durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls bedarf. Dieser Maßstab unterscheidet sich nicht von den "überörtlichen Interessen von höherem Gewicht", die zur Rechtfertigung nach Art. 28 Abs. 2 GG heranzuziehen sind. Auf die Ausführungen unter 1.4.1 kann daher Bezug genommen werden.

22

1.4.3 In Übereinstimmung mit dem revisiblen Unionsrecht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV jeder nationalen Maßnahme entgegensteht, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Unionsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Das Beschränkungsverbot erfasst nicht nur Maßnahmen mit unmittelbarer Wirkung gegenüber dem Betroffenen, sondern auch mittelbare Einschränkungen (EuGH, Urteile vom 25. Juli 1991 - Rs. C-76/90, Säger - Slg. 1991, I-4221 Rn. 12, vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-58/98, Corsten - Slg. 2000, I-7919 Rn. 33 und vom 15. Juni 2006 - Rs. C-255/04, Künstleragentur - Slg. 2006, I-5251 Rn. 37). Nicht diskriminierende, d.h. unterschiedslos wirkende beeinträchtigende Maßnahmen können jedoch gerechtfertigt sein, wenn die mit der Maßnahme verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellen und der unionsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, d.h. die Maßnahmen geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

23

Die Vermeidung von Sozial- und Umweltlasten mit den Mitteln des Raumordnungsrechts stellt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar. Entgegen der Anregung der Beigeladenen sieht der Senat keinen Anlass für eine Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die raumordnungsrechtliche Ansiedlungssteuerung für Einzelhandelsgroßbetriebe im Wege des Kongruenzgebotes dient - wie dargelegt - nicht, auch nicht mittelbar wirtschaftlichen Zwecken, sondern zielt auf effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Auch der Europäische Gerichtshof erkennt in Raumordnungszielen, die der Vermeidung von Sozial- und Umweltlasten dienen, zwingende Gründe des Allgemeininteresses (EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2009 - Rs. C-567/07, Woningstichting Sint Servatius - Slg. 2009, I-9021 Rn. 29 - zur Beschränkung des freien Kapitalverkehrs - unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999 - Rs. C-302/97, Konle - Slg. 1999, I-3099 Rn. 40). Unter den vom Gerichtshof bereits anerkannten Gründen finden sich auch der Umweltschutz (EuGH, Urteile vom 20. September 1988 - Rs. C-302/86, Kommission/Dänemark - Slg. 1988, I-4607 Rn. 9 und vom 14. Dezember 2004 - Rs. C-309/02, Radlberger Getränkegesellschaft - Slg. 2004, I-11763 Rn. 75) und der Verbraucherschutz (EuGH, Urteil vom 11. März 2010 - Rs. C-384/08, Attanasio Group Srl - ABl EU 2010 Nr. C 113 S. 11 Rn. 50 mit Verweis auf EuGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - Rs. C-220/83, Kommission/Frankreich - Slg. 1986, I-3663 Rn. 20 und vom 29. November 2007 - Rs. C-393/05, Kommission/Österreich - Slg. 2007, I-10195 Rn. 52). Wie sich aus den Schlussanträgen der Generalanwältin Sharpston vom 7. Oktober 2010 ergibt, sind planungsrechtlich bewirkte Beschränkungen der Standorte großer Einzelhandelseinrichtungen auf städtische Bevölkerungszentren und Beschränkungen der Größe der Einrichtungen in weniger bevölkerungsreichen Gebieten als geeignete Mittel anzusehen, weil sie dem Ziel dienen, umweltbelastende Autofahrten zu vermeiden, dem innerstädtischen Verfall entgegenzuwirken, ein umweltgerechtes Stadtmodell zu erhalten, den Bau neuer Straßen zu vermeiden und den Zugang mit öffentlichen Verkehrsmitteln sicherzustellen (Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 7. Oktober 2010 - Rs. C-400/08, Kommission/ Spanien - Rn. 79, 90, 91). Notwendig sind präventive Maßnahmen; gerade auch der Umweltschutz bedarf der Umsetzung durch raumordnungsrechtliche Maßnahmen. Das gilt ebenso für den Schutz der verbrauchernahen Versorgung, der angesichts der demographischen Entwicklung besonderes Gewicht hat (vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 Rn. 8).

24

Die Erforderlichkeit der Maßnahmen beurteilt sich allein danach, ob das (nationale) Raumordnungsrecht mildere Alternativen zur Verfügung stellt. Dass die mit der Standortsteuerung von Einzelhandelsgroßprojekten verbundenen Ziele des Umweltschutzes und des Verbraucherschutzes gegebenenfalls auch durch andere Maßnahmen außerhalb des Raumordnungsrechts gefördert werden könnten, führt nicht zur mangelnden Erforderlichkeit. Wie zu Art. 28 Abs. 2 GG ausgeführt, stellt das Raumordnungsrecht weniger einschneidende Alternativen zum Kongruenzgebot nicht zur Verfügung. Die Verhältnismäßigkeit der Regelung ist - wie ebenfalls bereits dargelegt - zudem dadurch gewahrt, dass die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens eröffnet ist.

25

2. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist dagegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, eine Zielabweichung, die zur - wenn auch einzelfallbezogenen - Abkehr von dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem als Komplementärelement verstandenen Kongruenzgebot führe, berühre immer die "Grundzüge der Planung", so dass der Antrag auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen gewesen sei (UA S. 48). Der Verwaltungsgerichtshof verkennt den Bedeutungsgehalt des bundesrechtlichen Begriffs "Grundzüge der Planung" i.S.d. § 6 Abs. 2 ROG11 Satz 1 ROG a.F.).

26

Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich ursprünglich als Rahmenrecht in § 11 Satz 1 ROG a.F., nun in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Der Begriff ist gesetzlich nicht definiert (Beschluss vom 15. Juli 2005 - BVerwG 9 VR 43.04 - Buchholz 406.14 § 4 ROG 1998 Nr. 1 S. 2). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Senats zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (Urteil vom 18. November 2010 - BVerwG 4 C 10.09 - Rn. 37). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (Urteile vom 4. August 2009 - BVerwG 4 CN 4.08 - BVerwGE 134, 264 Rn. 12, vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 23 und vom 9. März 1990 - BVerwG 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66 <72>).

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Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die "als Grundzüge der Planung" die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen (UA S. 47), ist als Ergebnis der Auslegung des LEP, der dem irrevisiblen Landesrecht angehört, zwar bindend. Die Schlussfolgerung, dass ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, in jedem Fall die planerische Grundentscheidung berühre, verkennt aber, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt, ob die Grundzüge der Planung berührt werden. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorliegen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, darf nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch Beschluss vom 5. März 1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren ist nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Wie bereits dargelegt ist, erweist sich das Kongruenzgebot nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beansprucht. Dem steht eine Gleichsetzung der Grundzüge der Planung mit dem Zentrale-Orte-Prinzip entgegen. Ob hier raumordnerische Besonderheiten bereits deswegen vorliegen, weil das Vorhaben - wie die Klägerin und die Beigeladene vortragen - zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung im Einzugsbereich und der Funktion anderer Zentraler Orte führt oder weil andere Besonderheiten vorliegen, die den vorliegenden Fall als Härtefall i.S.d. § 6 Abs. 2 ROG erscheinen lassen, nicht aber die Grundzüge der Planung berühren, mithin eine Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens erlauben, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht geprüft. Da er auch darauf verzichtet hat zu prüfen, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht nur gegen das Kongruenzgebot, sondern auch gegen das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot verstößt, lässt sich auch nicht feststellen, ob die Ablehnung der Zielabweichung aus diesem Grund rechtmäßig ist und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sich im Ergebnis als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.