Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Nov. 2018 - AN 9 K 16.00641

bei uns veröffentlicht am14.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten die bauaufsichtliche Genehmigung für eine Nutzungsänderung von Räumen im Erdgeschoss im Anwesen …straße ... in … (FlNr. …, Gemarkung …) beanspruchen kann.

Das Anwesen liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans, der zur Art der Nutzung keine Festsetzung enthält.

Im August 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Teilfläche der bereits seit den 1950er Jahren bestehenden Gaststätte im Erdgeschoss in eine Wettannahmestelle ohne Verweildauer.

Nach den Plänen soll in einem Teilbereich der genehmigten Gaststätte eine Wettannahmestelle eingerichtet werden. Die Verkaufsfläche ist auf dem Vorlageplan „Grundriss, Baumbestand“ mit „Verkaufsfläche Wettannahmestelle 26,07 m²“ und „Nebenzimmer“ beschrieben. Weiter sind auf dem Plan eine „Theke“ mit 6,24 m², zwei „Stehtische“ und an der rückwärtigen Wand eine Fläche beschriftet mit „Zeitungen, Zeitschriften“ eingezeichnet. Der Eingang zur Wettannahmestelle soll von der …straße aus erfolgen. Nach den Plänen besteht über eine Tür („NA 2. Rettungsweg“) eine Verbindung zu einem 10,38 m² großen Flur, über den sowohl ein Herren-WC und auch ein Damen-WC („Bestand“) sowie das Treppenhaus mit zwei Personal-WCs erschlossen werden. Der Grundrissplan zeigt auch die geplanten Veränderungen im Gaststättenbereich. Der Eingang zur Gaststätte erfolgt von der … Straße aus. Über zwei mit „NA 2. Rettungsweg“ bezeichnete Türen können von den Gasträumen aus sowohl der beschriebene Flur mit den WC’s sowie das Treppenhaus betreten werden. Nach der Betriebsbeschreibung vom 23. September 2014 sind als Betriebszeiten für die Wettannahmestelle, die zusammen mit einem Zeitungsladen (Verkauf von Zigaretten, Tabakwaren, Feuerzeugen, Süßigkeiten, Kaugummis, Lebensmitteln, Zeitschriften und Zeitungen) betrieben werden soll „Montag bis Samstag 8:00 bis 20:00 Uhr“ und für die Gaststätte „Montag bis Sonntag 8:00 bis 5:00 Uhr“ angegeben. Weiter ist vorgesehen, dass in der Wettannahmestelle der Wetteinsatz bezahlt und Wettgewinne ausgezahlt werden. Auch werden nach der Betriebsbeschreibung die aktuellen Wettquoten an kleinen Bildschirmen angezeigt. Außer den SB-Wett-Terminals soll es keine Zugänge zu Internet- oder Wettspielmöglichkeiten und auch keine Bildschirme zur Übertragung von Sportereignissen geben. Weiter wird ausgeführt, dass die Stehtische nur als Schreibunterlage während des Ausfüllens der Lesekarten dienen.

Das Stadtplanungsamt der Beklagten verweigerte mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 12. Februar 2015 das gemeindliche Einvernehmen.

Mit Bescheid vom 21. März 2016 versagte die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Klägerin die Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Der Gebietscharakter entspreche einem allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich um ein Wettbüro i.S.e. Vergnügungsstätte. Ein solches sei in einem allgemeinen Wohngebiet jedoch weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Aufgrund der allgemein anerkannten negativen städtebaulichen Auswirkungen von Vergnügungsstätten werde zudem davon ausgegangen, dass solche in einem allgemeinen Wohngebiet, das vorwiegend dem Wohnen diene, regelmäßig rücksichtslos seien. Infolge des An- und Abfahrtverkehrs außerhalb der üblichen Geschäftszeiten, der speziellen, dem Wohnen widersprechen Eigenart des Wettbürobetriebs und des mit deren Nutzung verbundenen typischen Verhaltens der Besucher bestehe ein Spannungsverhältnis zur Wohnnutzung, welches die Wohnnutzung beeinträchtige und zurückdränge.

Mit am 19. April 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen vortragen, die Nutzungsänderung sei genehmigungsfähig, so dass die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der gewünschten Baugenehmigung habe. So sei entgegen der Einschätzung der Beklagten die geplante Nutzung nicht als Vergnügungsstätte, sondern als eine ladengeschäftsartige Wettannahmestelle i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zu qualifizieren. Das Betriebskonzept sei entsprechend des Willens der Klägerin einzig darauf angelegt, ähnlich einer bloßen Lotto-Toto-Annahmestelle Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszubezahlen. In Ansehung des eindeutig geäußerten Willens sei der Bauantrag entsprechend auszulegen und das Gepräge als Laden bzw. sonstiger nicht störender Betrieb ggf. durch geeignete Auflagen in der Baugenehmigung behördenseitig sicherzustellen. Über die geplanten Quotenmonitore sei es nicht möglich, die bewetteten Sportereignisse mitzuverfolgen. Es handele sich bei diesen, wie bei den entsprechenden Info-Monitoren in Lotto-Annahmestellen, um gesetzlich vorgeschriebene Informationen, die bei den Wetten zu festen Quoten gemäß § 7 GlüStV notwendig seien. Auch beabsichtige die Klägerin, SB-Wett-Terminals einzusetzen, die technisch auch ohne das Angebot von Livewetten betrieben werden könnten. Dies könne im Zweifel ebenfalls auflagenbewährt in der Baugenehmigung sichergestellt werden. Unabhängig davon sei allein aufgrund des Betriebs von Livewett-Terminals eine Einordnung als Vergnügungsstätte nicht zwingend. Eine einheitliche Betrachtungsweise durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit gebe es hierzu jedenfalls nicht, sei aber unionsrechtlich notwendig. Ohne eigenständige Liveübertragungen an gesonderten Bildschirmen sei ein SB-Terminal grundsätzlich nur auf die kurzfristige Kundennutzung zur Wettabgabe und zur Abwicklung des Wettvorgangs angelegt. Auch unter Berücksichtigung der konkreten Ausstattung der Wettannahmestelle komme hier der kommerziellen Unterhaltung der Kunden durch die Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde - schon mangels Vorhandenseins von Sitzgruppen, Fernsehern oder sonstigen vergleichbaren Einrichtungen - keinerlei Bedeutung zu. Auch würden im Ladengeschäft Zeitschriften und Tabakware angeboten. Da es sich um einen Kleinstladen mit gerade 32,31 m² handele, fehle es für einen längeren Aufenthalt auch schlicht am Raumangebot. Das Ladengeschäft diene der Befriedigung des örtlichen Spielbedarfs und damit der Gebietsversorgung. Gleiches gelte für das geplante Zeitschriftensortiment. Auch ein funktionaler Zusammenhang mit der Gaststätte „…“ im selben Anwesen, auf den die Beklagte alternativ ihre Ablehnung des Bauantrages stütze, scheide aus. Weder sei die Gaststätte und die hier streitgegenständliche Wettannahmestelle als einheitliches Vorhaben beantragt worden, vielmehr bestehe die Gaststätte bereits seit Jahren, noch sei in dem benachbarten Gastronomiebetrieb eine Verfolgung von Live-Sportereignissen möglich, da sich dort keinerlei Bildschirme oder Fernseher befänden und auch kein Vertrag mit Sky oder einem ähnlichen Anbieter von Live-Übertragungen im Sportbereich vorliege. Der Nutzungsschwerpunkt der sehr viel größeren und sehr viel länger geöffneten Gaststätte sei daher zweifelsfrei ein gastronomischer. Überdies erfolge auch keine äußerliche Angleichung im Sinne eines einheitlichen Marken-Außenauftritts zwischen der Gaststätte und der Wettannahmestelle. Vielmehr solle die Gaststätte „…“ bestehen bleiben und gerade keine Sportsbar oder Ähnliches werden. Auch könne von angeglichenen Öffnungszeiten nicht ausgegangen werden, da die Gaststättengenehmigung lediglich die Beachtung der Sperrzeiten voraussetze, die Wettannahmestelle demgegenüber aber die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten einhalten müsse. Auch sei zwischenzeitlich eine Mitbenutzung der Toiletten in der benachbarten Gaststätte nicht mehr beabsichtigt. Soweit man jedoch mit der Beklagten hier von einem funktionellen Zusammenhang ausgehe, so würde sich das Vorhaben schon nicht als Nutzungsänderung darstellen, sondern als genehmigungsfreie Umnutzung innerhalb des Gaststättenbetriebs.

Entgegen der Ansicht der Beklagten befinde sich das Vorhaben nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet. Die nähere Umgebung werde hier durch die zur … Straße ausgerichtete Ladenzeile und nicht durch den rückwärtigen Gebäudeblock bestimmt. Das Vorhaben liege in dem von der …straße, der … Straße und der … Straße gebildeten dreieckigen Straßenblock. Die im Eckbereich … Straße und …straße sowie zur … Straße hin orientierten Nutzungen stellten sich durchweg gewerblich dar, im Rückbereich der …straße wie auch der … Straße überwiege Wohnnutzung. In unmittelbarer Nachbarschaft befänden sich zwei Wettbetriebe in der … Straße … und …, die unter Umständen als Vergnügungsstätten einzustufen seien. Auch in der unmittelbaren Umgebung befänden sich diverse Gaststätten mit erheblichen Öffnungszeiten. Die maßgebliche Umgebung bestehe hier aus dem Bereich beidseits der … Straße … sowie aus dem zurückliegenden Blockinnenbereich, auf Grund der vorhandenen Nutzungen liege hier kein Baugebiet im Sinne der §§ 2 bis 11 BauNVO vor. In der damit gegebenen Gemengelage werde insbesondere im Hinblick auf die Gastronomie „…“ sowie die Pilsbar in der … Straße … die Zulässigkeit des geplanten Vorhabens zweifelsfrei bewirkt. Insofern sei auch die Einstufung der näheren Umgebung als allgemeines Wohngebiet durch das Gericht im Verfahren AN 9 K 17.02668 fehlerhaft. Bereits die Bestimmung der näheren Umgebung durch die Kammer sei unzutreffend, auch das Grundstück mit dem …-Betriebsgebäude sei heranzuziehen. Im Übrigen seien weitere Nutzungen vorhanden, die nicht in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wären. Auch könnten eventuell fehlende Stellplätze hier nicht als Ablehnungsgrund herangezogen werden. Unabhängig davon stelle sich hinsichtlich der Einstufung als Vergnügungsstätte angesichts der Behördenpraxis der Beklagten auch die Frage, ob hier nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes diskriminierungsfrei gehandelt werde. Würde die Beklagte ihre Kriterien einheitlich anwenden, müsste auch bei Kombinationen von Oddset-Wettannahmestellen mit Cafés eine Qualifizierung als Vergnügungsstätte erfolgen, so beispielsweise bei den zahlreichen Lotto-Cafés in … Ebenso als Vergnügungsstätten zu qualifizieren wären die oftmals 24 Stunden/Tag geöffneten zahlreichen Tankstellen und Raststätten mit dem Shop-im-Shop Oddset-Angeboten und Lottoannahmestellen. Die Genehmigungspraxis der Beklagten verstoße auch gegen Unionsrecht, insbesondere gegen Art. 56 und 49 AEUV. Die Beklagte lehne Wettbüros durch private Betreiber ab, wie die Praxis in verschiedenen anderen Verfahren zeige, ebenso wie veröffentlichte Aussagen von Vertretern der Stadt nach entsprechenden Zeitungsberichten. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass neben dem geplanten Vorhaben zwei weitere Wettvermittlungsbetriebe vorhanden seien.

Die Klägerin habe mithin einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung.

Unabhängig davon sei für die hier in Rede stehenden Räumlichkeiten neben dem hier streitgegenständlichen Baugenehmigungsantrag zwischenzeitlich unter dem Aktenzeichen … ein weiterer Antrag bezüglich eines Betriebs zur Vermittlung von (Sport-)Wetten, welcher insbesondere keine Livewetten umfasse und der mit keinerlei Bildschirmen oder SB-Terminals ausgestattet sei, gestellt worden. Auch dieser sei seitens der Beklagten im Juli 2018 wegen Einordnung des Vorhabens als Vergnügungsstätte abgelehnt worden. Auch diesbezüglich sei zwischenzeitlich Versagungsgegenklage erhoben worden (AN 9 K 18.01621).

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 7. November 2018 beantragt die Klägerin zuletzt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2016 zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen,

hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2016 zu verpflichten, den Bauantrag (…) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf die bereits im streitgegenständlichen Bescheid genannten Gründe. Die Nutzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig, da nach Auffassung der Beklagten diese den Begriff der Vergnügungsstätte i.S.d. BauNVO erfülle. Nach der Betriebsbeschreibung sei es möglich, auch sog. Livewetten zu verfolgen. Auf die Ausstellung mit Sitzgelegenheiten komme es nicht maßgeblich an. Die Beklagte folge insoweit der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinen Beschlüssen vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) und vom 19. Mai 2016 (15 CS 16.300). Die in der näheren Umgebung im Erdgeschoss vorhandenen gewerblichen Nutzungen stünden einer Einstufung als allgemeines Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO nicht entgegen. Es handele sich hierbei um der Versorgung des Gebiets dienende Läden und sonstige nicht störende Handwerksbetriebe. Auch das genehmigte Internetcafé im Anwesen … Straße … sei nicht als Vergnügungsstätte zu klassifizieren. Für die Betriebsstätte … Straße … sei in der Gewerbeummeldung vom 12. September 2017 folgende Tätigkeit gemeldet worden: „Internetcafé sowie Abgabe von alkoholfreien Getränken und Süßwaren (kein Alkoholausschank und kein Verzehr von alkoholischen Getränken an Ort und Stelle, keine Durchführung, Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten, keine Bereitstellung von Einrichtungen hierfür sowie kein Betrieb einer sog. Spielhalle)“. Das Angebot des Ladenbesitzers sei damit lediglich auf eine Internetnutzung, nicht aber auf eine Nutzung der Computerplätze zur Abgabe von Wettangeboten gerichtet. Das Unternehmen präsentiere sich zur Straße hin als Laden, beworben werde am Schaufenster in der Auslage ein Angebot an Waren (Zigaretten, Getränke, SIM-Karten u.a.) und Dienstleistungen (u.a. Paketshop). Das Angebot „Internet“ trete demgegenüber zurück. Auch die Betriebsbeschreibung enthalte keinen Hinweis auf ein Angebot an die Kunden zum Abschluss von Sportwetten. Die im vorderen Teil vorhandene Annahmestelle für Lotto/Toto und Oddset-Wetten sei Teil der Verkaufsstelle nach § 1 des Gesetzes über den Ladenschluss. Eine Öffnungszeit auch an Sonn- und Werktagen über die gesetzliche Ladenschlusszeit hinaus führe zudem nicht automatisch zur Einstufung als Vergnügungsstätte, auch gebietsversorgende Gastronomiebetriebe seien abends und an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 9.3.2005 - 6 C 11/04) sei ein Internetcafé nur dann eine erlaubnispflichtige Spielhalle, wenn die Gesamtumstände darauf schließen ließen, dass die Betriebsräume hauptsächlich dem Spielzweck gewidmet seien und die anderweitige Nutzung der Computer dahinter zurücktrete. Als maßgebliche Umstände kämen dabei vor allem die Ausstattung der Räumlichkeiten und die Programmierung der Computer, aber auch die Selbstdarstellung des Unternehmens nach außen und die von dem Unternehmen betriebenen Werbung in Betracht. Hier werde eine solche Nutzung erkennbar nicht beworben; anhand der Betriebsbeschreibung und der Gewerbeanmeldung sei auch nicht davon auszugehen, dass eine spielhallenähnliche Nutzung stattfinde. Es sei auch keine Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO erteilt worden. Schließlich lehne die Beklagte den Abschluss einer Ablösevereinbarung für Stellplätze ab, so dass die notwendigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge tatsächlich nachgewiesen werden müssten.

Am 14. August 2018 nahm der Vorsitzende der Kammer als beauftragter Richter das Vorhabengrundstück sowie die nähere Umgebung in Augenschein.

In der mündlichen Verhandlung am 15. August 2018 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten ausführlich erörtert. Das Verfahren wurde zur weiteren Sachaufklärung vertagt. Die Beteiligten haben anschließend auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen, hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung und des Augenscheins wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klage, über die wegen Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat keinen Erfolg.

Sie ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zwar zulässig, aber sowohl im Hauptantrag wie auch im Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid der Beklagten verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da sie weder einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zur Nutzungsänderung hat noch einen auf erneute Verbescheidung, da das Vorhaben im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden Vorschriften widerspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO).

Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben ist nach der Art der Nutzung als Vergnügungsstätte einzustufen (dazu 1.). Die begehrte Nutzungsänderung ist auch genehmigungspflichtig (dazu 2.), jedoch bereits planungsrechtlich nicht genehmigungsfähig. Eine Vergnügungsstätte fügt sich gerade nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die vorliegend als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren ist (dazu 3.). Auch kann eine Genehmigungsfähigkeit nicht aus anderen von der Klägerin vorgebrachten Gründen hergeleitet werden (dazu 4.).

1. Das Vorhaben der Klägerin ist hier als Vergnügungsstätte einzustufen.

Ein Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten ist nach ständiger Rechtsprechung als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte einzustufen, wenn - in Abgrenzung zu einer bloßen Wettannahmestelle vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle als Laden - in den Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. Dabei reicht es insoweit für die Annahme einer Vergnügungsstätte nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits aus, wenn im Wettbüro Livewetten vermittelt werden und die Möglichkeit besteht, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quotenergebnisse live zu verfolgen. Bereits daraus resultieren der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. Gerade Livewetten bilden nämlich eine rasche Aufeinanderfolge ständig aktualisierter Wettmöglichkeiten und sprechen damit den Spieltrieb besonders nachhaltig an und sind ähnlich wie Geld- oder Glücksspielautomaten auf Unterhaltung an Ort und Stelle angelegt. Die Ausstattung der Räumlichkeiten mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind hingegen keine unabdingbaren Voraussetzungen für das Vorliegen eines als Vergnügungsstätte zu qualifizierenden Wettbüros, sondern lediglich weitere Indizien hierfür; selbiges gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist lediglich relevantes Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 15; B.v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 24; OVG NRW, U.v. 13.12.2017 - 7 A 880/16 - juris Rn. 47).

Ausgehend von den vorstehend genannten Abgrenzungskriterien ist die beantragte Nutzung hier als Vergnügungsstätte und nicht lediglich als ein bloßes Ladengeschäft oder ein nicht störender Gewerbebetrieb einzustufen. Dies ergibt sich nach der Auffassung des Gerichts schon aus den geplanten Quotenmonitoren, die nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wie vorstehend ausgeführt bereits zur Einstufung des Betriebs als Vergnügungsstätte führen, weil die Wettangebote und Ergebnisse live mitverfolgt werden können und damit, anders als bei einer bloßen Wettannahmestelle, ein erhöhter Anreiz für wiederholte Wetten und ein Verbleiben am Ort geschaffen wird (so schon VG Ansbach, U.v. 21.7.2017 - AN 9 K 15.01072 - juris Rn. 36). Dass die Klägerin mehrfach erklärt hat, dass sie keine Vergnügungsstätte betreiben wolle, ist hierbei ebenso ohne Belang wie die von der Klägerin gewählte Bezeichnung des Vorhabens als „Wettannahmestelle ohne Verweildauer“. Entscheidend ist vielmehr das, was nach den eingereichten Unterlagen und nachfolgende Ergänzungen bzw. Erläuterungen als Betriebsweise für das Vorhaben realistischerweise in Betracht gezogen werden muss (vgl. OVG NRW, U.v. 13.12.2017 - 7 A 880/16 - juris Rn 47). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass aus den Bauvorlagen gerade nicht hervorgeht, dass Livewetten hier nicht angeboten werden sollen. In diesen ist lediglich ausgeführt, dass es keinerlei weitere Wett-/Spielmöglichkeiten bzw. Bildschirme zu Übertragung von Sportereignissen und außer den SB-Wett-Terminals keinerlei Zugänge zum Internet geben soll. Soweit die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen hat, dass sie beabsichtige, in den Räumlichkeiten SB-Wett-Terminals einzusetzen, die technisch auch ohne Livewettangebot betrieben werden können, räumt sie damit selbst ein, dass ein Livewettangebot jedenfalls technisch möglich ist. Auch ist dem Gericht aus anderen Verfahren der Klägerin bekannt, dass deren Geschäftstätigkeit sich auch auf die Vermittlung von Livewetten konzentriert (vgl. hierzu das Urteil der Kammer vom 15. August 2018 - AN 9 K 17.02508), so dass bei einer Gesamtschau mit der insoweit einen Interpretationsspielraum offen lassenden Betriebsbeschreibung der Klägerin hier realistischerweise davon ausgegangen werden muss, dass hier auch Livewetten angeboten werden. Unabhängig davon würden etwaig verbleibende (Rest-) Zweifel daran, ob eine Vergnügungsstätte tatsächlich beabsichtigt ist oder nicht, ohnehin zulasten der Klägerin als Bauherrn gehen, da es wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten und des fließenden Übergangs zu einer Vergnügungsstätte notwendig ist, einer missbräuchlichen Nutzung vorzubeugen (VG Ansbach, U.v. 30.4.2015 - AN 9 K 13.02205 - juris Rn. 35). Überdies hätte die Klägerin bis zur Entscheidung des Gerichts, die Bauvorlagen etwa durch Beseitigung der Quotenmonitore und durch entsprechende Erklärungen, dass auf den SB-Wett-Terminals keine Software zur Verfügung gestellt wird, die das Angebot von Livewetten vorsieht, ändern können. Dies ist jedoch nicht erfolgt.

Die Klägerin vermag auch nicht mit der Argumentation durchdringen, die Beklagte hätte die Baugenehmigung insbesondere mit Blick auf ihren geäußerten Willen, hier keine Vergnügungsstätte betreiben zu wollen, jedenfalls in modifizierter Form dergestalt erteilen müssen, dass sie durch geeignete Auflagen der Baugenehmigung ein Gepräge als Laden bzw. sonstiger nicht störender Betrieb gibt bzw. ein solches sicherstellt. Es ist gerade Sache des Bauherrn, eine genehmigungsfähige Betriebsform zu entwickeln und diese zur Genehmigung zu stellen und nicht Sache der Baugenehmigungsbehörde, ein an sich nicht genehmigungsfähiges Vorhaben insbesondere durch die Beifügung von Nebenbestimmungen in ein (wesentlich anderes) genehmigungsfähiges Vorhaben zu modifizieren.

Da das Vorhaben nach Überzeugung des Gerichts bereits für sich allein als Vergnügungsstätte zu qualifizieren ist, kann offenbleiben, ob sich der Charakter als Vergnügungsstätte zusätzlich auch über einen funktionalen Zusammenhang mit der Gaststätte „…“ begründen ließe. Fehl geht in diesem Zusammenhang die Argumentation der Klägerin, dass bei Bejahung eines solchen Zusammenhangs das Vorhaben keine Nutzungsänderung sei, sondern lediglich eine genehmigungsfreie Umnutzung innerhalb des Gaststättenbetriebs darstelle. Hierbei wird verkannt, dass eine genehmigungsfreie Umnutzung schon daran scheitert, dass die beabsichtigte Nutzung als Vergnügungsstätte zu qualifizieren ist, die bereits vorhandenen Nutzung als Gaststätte hingegen als der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaft (dazu näher unter 3.2), beide Vorhaben ihrer Qualität nach damit verschiedene Nutzungsarten darstellen und sich die beabsichtigte Nutzung insofern nicht mehr innerhalb der schon bestehenden Variationsbreite der vorhandenen Nutzung als Gaststätte hält.

2. Die klägerseits angestrebte Nutzungsänderung ist baugenehmigungspflichtig. Die Voraussetzungen für eine Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 BayBO liegen nicht vor. An eine Nutzung als Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten sind andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu stellen als an eine Nutzung als Gaststätte, weil ein Betrieb zur Annahme von Sportwetten die Variationsbreite einer typischen Speisewirtschaft zweifelsohne überschreitet. Eine solche Nutzung ist geeignet, in Bezug auf die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Ziele der Bauleitplanung bodenrechtliche Spannungen auszulösen.

3. Der Betrieb einer Vergnügungsstätte ist planungsrechtlich unzulässig, da er sich nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Das Wettbüro soll in einem Bereich verwirklicht werden, für den kein qualifizierter oder einfacher Bebauungsplan besteht, der Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält. Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich daher insoweit nach § 34 BauGB. Das Gericht ist insbesondere auf Grund des durchgeführten Augenscheins der Auffassung, dass die Eigenart der näheren Umgebung um das Baugrundstück einem allgemeinen Wohngebiet im Sinn des § 34 Abs. 2 BauGB, § 4 BauNVO entspricht.

3.1 Die Grenzen der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Damit sind die Grundstücke in der Umgebung insoweit zu berücksichtigen, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG v. 26.5.1978 - 4 C 9.77; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 36). Eine Straße kann dabei ein trennen-des oder verbindendes Element sein.

Demnach ist im vorliegenden Fall die Bebauung in dem durch die … Straße, die …Straße sowie die …straße begrenzten Bauquartier, in dem auch das Baugrundstück gelegen ist, einschließlich der südlich der …straße gelegenen Anwesen …straße ... und … sowie … Straße …, …, …, maßgeblich.

Die Bebauung und Nutzungen jenseits der … Straße prägen demgegenüber nach Auffassung des Gerichts, die sich insbesondere auf das Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins stützt, das Baugrundstück nicht in maßgeblicher Weise. Die … Straße besitzt hier nach Auffassung des Gerichts trennende Wirkung. Es handelt sich dabei um eine der meistbefahrenen … Ausfallstraßen, die weiter stadtauswärts in die Bundesstraße ... übergeht, und die im hier maßgeblichen Bereich jeweils nicht nur zwei Fahrbahnen in beide Richtungen besitzt, sondern in deren Mitte auch noch in einem baulich von der Fahrbahn abgetrennten Bereich zwei Straßenbahngleise verlaufen. Eine Fahrbahnquerung durch Fußgänger ist zwischen der …straße und der … Straße mangels eines Überwegs nicht gefahrlos möglich und wird derzeit zudem durch die auf der östlichen Seite befindliche Baustelle verhindert.

Somit kann das Baugrundstück ebenso wie die … Straße, die …straße und die dort befindlichen Parkplätze nur von der westlichen Fahrbahn aus angefahren werden, wobei auf der Westseite der … Straße absolutes Halteverbot angeordnet ist. Diese Verkehrsführung und -regelung bedingt, dass Parksuchverkehr der Nutzer des Wettbüros zu einem erheblichen Teil das Bauquartier, in dem sich das Vorhaben befindet, umfahren wird, so dass auch die Anlieger der …- und …straße von dem vom Vorhaben ausgelösten Verkehr, gerade auch an Wochenenden und abends, betroffen sind.

Auch ist die Bebauung gegenüber dem Baugrundstück östlich der … Straße durch eine Reihe großer Bäume von der Fahrbahn und damit auch vom Bereich westlich optisch abgesetzt. Die funktionelle und optische Trennung im hier maßgeblichen Bereich führt hier zur Annahme einer trennenden Wirkung der … Straße.

Das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, welches eine Fläche von ca. 14.400 m2 besitzt und das große Verwaltungsgebäude der … Direktion Mittelfranken beinhaltet, zählt demgegenüber nicht zur näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Denn dieses Grundstück prägt trotz seiner dominanten und großvolumigen Bebauung das hier maßgebliche Baugrundstück nicht mit. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass entlang der nördlichen und östlichen Grenze dieses Grundstücks zur …straße und zur … Straße hin ein durchgehender begrünter Bereich von erheblicher Breite vorhanden ist, der das Grundstück, dessen Bebauung und Nutzung vom Bereich jenseits der …straße wie von den Anwesen …straße ... bis … und … Straße … bis … abschirmt. Hinzu kommt, dass sich auf Grund einer vorhandenen Mauer sowie Einfriedung kein Zugang zum …-Gebäude von der …straße aus befindet, ebenso ist das …-Grundstück gegenüber den genannten Grundstücken südlich der …straße und östlich der … Straße abgeschlossen und nicht zugänglich. Die zur …straße hin vorhandene Notausfahrt ist mit einem Tor verschlossen und dient nicht als Zugang zum Gebäude oder Grundstück von der …straße aus. Zugang und Zufahrt zu diesem Grundstück sind weiter westlich von der … Straße oder weiter südlich von der … Straße möglich. Auf Grund dieser optischen und funktionalen Abgrenzung dieses Grundstücks von dem nördlich und nordöstlich gelegenen Bereich, der die nähere Umgebung um das Baugrundstück bildet, sowie auf Grund der sich von der Bebauung und den Nutzungen dort völlig abhebenden Bebauung und Nutzungsstruktur ist dieses Grundstück bei der Einstufung der näheren Umgebung nicht mit heranzuziehen.

3.2 Die bauplanungsrechtliche Einstufung des somit maßgeblichen Bauquartiers, in dem das Baugrundstück gelegen ist, ergibt insbesondere nach dem Ergebnis des Augenscheins, dass hier ein allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO vorliegt. In der maßgeblichen näheren Umgebung sind zahlreiche ganz oder teilweise wohngenutzte Gebäude vorhanden, so dass die Voraussetzung für ein allgemeines Wohngebiet in § 4 Abs. 1 BauNVO, wonach das Gebiet vorwiegend dem Wohnen dient, erfüllt ist. Daneben sind im hier maßgeblichen Gebiet auch keine Nutzungen vorhanden, die im allgemeinen Wohngebiet nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind und durch ihre prägende Wirkung das Vorliegen eines allgemeinen Wohngebiets verhindern würden.

Soweit der Klägervertreter insofern auf die in den Nachbaranwesen … Straße … sowie … Straße … seit einiger Zeit betriebenen Wettbüros abstellt, so sind diese bei der Gebietseinstufung nicht zu berücksichtigen. Auch wenn grundsätzlich die tatsächlich vorhandene Bebauung maßgebend ist, bestehen hier insbesondere durch den Erlass von Nutzungsuntersagungsbescheiden bezüglich der genannten Anwesen weder in zeitlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Zweifel daran, dass sich die Beklagte mit dem Vorhandensein der Nutzung nicht abgefunden hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 18.4.2017 - 9 ZB 15.1846 - juris Rn. 11).

Soweit der Klägervertreter auf die Gaststätte „…“ in der …straße ... verweist, so handelt es sich insoweit nach Auffassung des Gerichts um eine der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaft im Sinn des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, die somit im allgemeinen Wohngebiet generell zulässig ist. Dies ergibt sich zum einen aus den beim Augenschein wahrgenommenen Speisekarten und dem daraus ersichtlichen Angebot an Speisen und Getränken sowie aus den ebenfalls per Aushang ersichtlichen Öffnungszeiten ebenso wie der Betriebsgröße und Ausstattung, die üblichen Gaststätten entsprechen. Entsprechendes gilt für die vom Klägervertreter angeführte Pizzeria im Anwesen … Straße … sowie die weiteren Gastronomiebetriebe in der Umgebung, selbst wenn dort die nach dem Glücksspielrecht zulässige Anzahl von zwei oder drei Spielautomaten vorhanden ist.

Soweit der Klägervertreter auf die Nutzung im Anwesen … Straße …, Erdgeschoss, rechts von der Eingangstür verweist, so handelt es sich dort nach den Feststellungen beim Augenschein um ein kleines Ladengeschäft mit Internetcafé. Dort werden Speisen und Getränke, Bonbons und Kaugummis, Zigaretten sowie Handykarten angeboten. Zusätzlich befindet sich an der südlichen Wand eine Lottoannahmestelle mit Toto und Oddset, im rückwärtigen Bereich ist ein kleines Internetcafé untergebracht, in einer Ecke befinden sich auch zwei Telefonzellen. Die dort ausgeübte Nutzung, für die nach Angabe der Beklagten eine Baugenehmigung erteilt wurde, stellt sich in der Gesamtschau nach Auffassung des Gerichts als wohngebietsverträgliche Nutzung und insbesondere nicht als Vergnügungsstätte dar. Dies ergibt sich zum einen aus dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck, wonach sowohl die Toto/Lotto/Oddset-Annahmestelle als auch die im rückwärtigen Bereich vorhandenen internetfähigen Computerplätze den vorhandenen Nutzungsmix nicht dominieren, sondern dies von der vorhandenen Theke mit dem Warenangebot und den angebotenen Dienstleistungen aus erfolgt. Dafür spricht auch neben der räumlichen und optischen Dominanz dieser Nutzungsteile die außen an der Ladenfassade und den Fenstern bzw. der Tür angebrachte Werbung, bei der neben einem kleinen beleuchteten Werbekasten für Lotto Bayern und einem kleinen beleuchteten Werbekasten für das Internetcafé weitere beleuchtete Werbekästen für die im Laden angebotenen Dienstleistungen sowie zahlreiche Beklebungen und Werbeaufdrucke für die im Laden angebotenen Waren und Dienstleistungen vorhanden sind, die das Erscheinungsbild dominieren und neben denen auch der an der Tür befestigte Aushang mit dem Jackpot der Woche für Lotto untergeordnet erscheint. Gerade die daneben im Anwesen … Straße …, aber auch im Anwesen … Straße … vorhandene vollflächige Schaufensterbeklebung mit Werbung für Sportwetten zeigt, dass es sich bei der Mischnutzung im Anwesen … Straße … um eine sich deutlich vom Gesamteindruck eines Wettbüros abhebende Nutzung handelt. Dem stehen auch die vorhandenen Bildschirme mit Internetanschluss nicht entgegen, da mit diesen zwar wie mit jedem internetfähigen Gerät ein Zugriff auf die im Internet vorhandenen Glücksspiel- oder Wettseiten möglich ist. Allerdings wird hierfür weder geworben noch in sonstiger Weise ein Anreiz dafür geschaffen, anders als etwa in einer Vergnügungsstätte, bei der der Kunde durch die oftmals großflächigen Anzeigen von Wettmöglichkeiten und Wettquoten in auffälliger Weise über das Wettangebot informiert und somit zum Abschluss von Wetten bewegt werden soll. Auch die an der Ladentür aufgedruckten Öffnungszeiten für diese Nutzung Mo-Sa von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr und Sonn- und Feiertag von 12.00 Uhr bis 23.00 Uhr führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen widersprechen sie bezogen auf das Internetcafé der Betriebsbeschreibung zum Bauantrag vom 28. April 2012, bei denen die Öffnungszeiten entsprechend den normalen Ladenöffnungszeiten bis maximal 20.00 Uhr sowie ohne Öffnung an Feiertagen aufgeführt ist, so dass eine genehmigte Nutzung diesbezüglich über die Ladenöffnungszeiten hinaus nicht gegeben ist. Entsprechendes gilt für die Toto/Lotto und Oddset-Wettannahmestelle, die als Teil der Verkaufsstelle § 1 des Ladenschlussgesetzes unterliegt.

Was den Hinweis des Klägervertreters auf eine im Anwesen … Straße … im Erdgeschoss geplante Pilsbar angeht, so wird diese derzeit nicht betrieben, die betreffenden Räume sind nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme ungenutzt und werden umgebaut, so dass eine Prägung hiervon nicht ausgeht.

Die maßgebliche nähere Umgebung um das Baugrundstück entspricht hiernach einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB, dort sind Vergnügungsstätten weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.

3.3 Das klägerische Vorhaben ist auch nicht nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB befreiungsfähig, da bei einer Befreiung hinsichtlich der Art der Nutzung im Regelfall bereits der Gebietscharakter als solcher tangiert wird. Dies gilt hier in besonderem Maße, da die Vergnügungsstätte und die Wohnnutzung nicht kompatibel sind.

4. Eine Genehmigungsfähigkeit ergibt sich auch nicht aus den anderen von der Klägerin vorgebrachten Gründen.

Soweit sich die Klägerin auf eine Ungleichbehandlung im Vergleich mit den klassischen Lotto-Toto-Annahmestellen bzw. den Oddset-Wettannahmestellen beruft, kann sie damit nicht durchdringen. Die Besonderheit ihrer Vorhabens liegt gerade darin, dass auch die Vermittlung von Livewetten vorgesehen bzw. jedenfalls zumindest möglich ist, die - wie bereits ausgeführt - durch die rasche Aufeinanderfolge aktualisierter Wettmöglichkeiten den Spielbetrieb besonders nachhaltig ansprechen. Damit unterscheidet sich das streitgegenständliche Vorhaben maßgeblich von den „klassischen“ Wettannahmestellen, die regelmäßig nur zur Abgabe eines Spielscheins und zur Abholung eines Gewinns aufgesucht werden und in denen ein weiteres Verweilen der Kunden nicht stattfindet. Diese sind damit gerade nicht als Vergnügungsstätten zu klassifizieren. Insofern sind die Sachverhalte schon nicht vergleichbar, so dass die Klägerin aus dem Umstand der Genehmigungserteilung für derartige „klassischen“ Wettannahmestellen - selbst wenn diese mit einem Café verbunden sind - nichts für ihre Rechtsposition gewinnen kann.

Auch ist für das Gericht keine Verletzung von europäischen Grundfreiheiten, insbesondere der Niederlassungs- bzw. der Dienstleistungsfreiheit ersichtlich. Da der Ablehnung der Baugenehmigung keine offene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zugrunde liegt, könnte allenfalls eine bloße Beschränkung der Grundfreiheiten in Betracht kommen. Eine solche kann aber nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgrund zwingender Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern die Beschränkung geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, U.v. 24.3.2011 - Kommission/Spanien, C-400/08 - juris Rn. 73 ff). Dabei ist anerkannt, dass es sich bei der Raumordnung um ein zur Rechtfertigung von Beschränkungen taugliches Ziel handelt; anders wäre dies nur, wenn sich auf rein wirtschaftliche Gründe berufen würde (EuGH, U.v. 24.3.2011 - Kommission Spanien, C-400/08 - juris Rn. 74). Dies ist hier aber weder auf der gesetzlichen Ebene noch auf Ebene der Rechtsanwendung der Fall. § 34 BauGB dient ausschließlich der städtebaulichen Ordnung als Teil der Raumordnung, wie dies vom Europäischem Gerichtshof verstanden wird. Diese Norm schafft für den unbeplanten Innenbereich eine Art Planersatz zur Weiterentwicklung bereits vorhandener Nutzungsstrukturen. Inhaltlich geht es dabei darum, gleichartige Nutzungen in Gebieten zu konzentrieren um die durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Nutzungen auftretende Störungen zu vermeiden. Im Rahmen der Rechtsanwendung hat die Beklagte die Nutzung der Klägerin aufgrund des Angebots von Livewetten zutreffend als Vergnügungsstätte eingeordnet. Eine solche wird aufgrund ihres nutzungstypischen Charakters und des damit einhergehenden Störpotentials schon auf der rechtlichen Ebene aus Wohngebieten ausgeschlossen und insoweit baurechtlich zutreffend anders behandelt als eine bloße Wettannahmestelle als Ladengeschäft. Der darüber hinaus gehende Charakter, wie er dem Angebot von Livewetten innewohnt, nämlich dass neben der Abgabe der Wette noch im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang das Ergebnis fortlaufend mitverfolgt und aufgrund sich ändernder Wettquoten die Wette angepasst oder neue Wetten abgegeben werden können, mithin also das die Nutzung zu einer Vergnügung qualifizierende Element, fehlt der ladenmäßigen Wettannahmestelle gerade. Dieser gesetzlichen Differenzierung der Nutzungsarten und der darauf gründenden Zuordnungsentscheidung zu verschiedenen Gebietstypen liegen also gerade ausschließlich raumordnerische Gründe und keine wirtschaftlichen Gedanken, wie bspw. Konkurrentenschutz usw., zugrunde. Die Rechtsanwendung der Beklagten hielt sich innerhalb dieser Vorgaben. Die Beklagte hat deshalb der Klägerin zutreffend die Genehmigung ihrer Nutzung im allgemeinen Wohngebiet verweigert. Gleichermaßen führt ein klägerseits vorgebrachtes unterschiedliches Verständnis der Nuancen des Begriffs der Vergnügungsstätte in Bezug auf das Angebot von Sportwetten nicht zu einem Verstoß gegen die Grundfreiheiten, soweit die Gründe, die der Rechtsauslegung zugrunde liegen, sich im Rahmen der zur Rechtfertigung von Beschränkung der Grundfreiheiten geeigneten Ziele, wie vorliegend der Raumordnung, halten. Dass der Rechtsanwendung auch wirtschaftliche Ziele, nämlich die Bevorzugung von nationalen Wettangeboten gegenüber der grenzüberschreitenden Vermittlung von Livewetten, zugrunde lag, vermag das Gericht nicht zu erkennen, da, wie vorstehend bereits ausgeführt, der unterschiedlichen bauplanungsrechtlichen Behandlung eben ausschließlich nutzungstypische Unterschiede zugrunde liegen, die mithin auch als Gründe der Raumordnung zur Beschränkungen der Grundfreiheiten zulässig sind. Insgesamt gewährleisten die Grundfreiheiten damit - anders als dies die Klägerin meint - auch kein Recht auf freie Wahl des Standortes (VGH BW, U.v. 4.7.2012 - 3 S 351/11 - juris Rn. 47).

5. Nach alledem besteht bereits wegen bauplanungsrechtlicher Unzulässigkeit kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung, so dass der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2016 nicht zu beanstanden ist. Die Frage, ob auch bauordnungsrechtliche Bedenken gegen die Genehmigung bestehen und ob diese ausräumbar sind oder nicht, wie etwa die Frage der Notwendigkeit des Nachweises weiterer Stellplätze, kann damit mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen. Damit kommt auch eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Verbescheidung des Bauantrags nicht in Betracht, da die Voraussetzungen für die planungsrechtliche Zulässigkeit nach dem vorstehend Ausgeführten nicht bestehen und daher für eine erneute Entscheidung kein Raum ist. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Berufung ist entgegen der Anregung der Klägerin nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Nov. 2018 - AN 9 K 16.00641 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 2 Kleinsiedlungsgebiete


(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

Gewerbeordnung - GewO | § 33i Spielhallen und ähnliche Unternehmen


(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Nov. 2018 - AN 9 K 16.00641 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Tenor Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Nutzungsuntersagung für ein Wettbüro.

Die Klägerin ist Mieterin von Räumen im Erdgeschoss des Anwesens … Straße … in …, FlNr. …, Gemarkung … Die Klägerin hat diese Räume von der … GmbH gemietet und betreibt dort ein Wettbüro. Eigentümer des Anwesens ist Herr …, der die gegenständlichen Räume an die … GmbH vermietet hat.

Das gegenständliche Grundstück (Baugrundstück) ist derzeit bebaut mit einem sechsgeschossigen Gebäude. Mit Baugenehmigung vom 14. Oktober 1963 wurde für die Räume im Erdgeschoss rechts des Eingangs von der … Straße her Laden sowie für den Raum links des Eingangs vorne Laden und im rückwärtigen Bereich eine Schneiderei genehmigt.

Bei einer Ortseinsicht stellten Mitarbeiter der Bauordnungsbehörde der Beklagten (BOB) am 15. Dezember 2016 fest, dass Räume links vom Eingang im Erdgeschoss dieses Anwesens als Wettbüro/Wettannahmestelle genutzt würden, die Schaufenster und die Eingangstür links vom Eingangsbereich waren praktisch vollständig mit Werbeaufklebern für die Firma … beklebt, an der Eingangstür waren Schilder „Öffnungszeiten Mo-Fr 9.30 Uhr bis 23.30 Uhr und Sa-So 9.30 Uhr bis 23.30 Uhr“ sowie „Kein Zutritt unter 18 Jahren“ angebracht. In den Räumen sind auf den gefertigten Lichtbildern verschiedene Bildschirme, eine Theke, mehrere Tische mit Stühlen sowie Wettannahmeterminals zu sehen. Nach den Feststellungen des Mitarbeiters der BOB umfasste die genutzte Fläche 129,46 m2.

Bei einer weiteren Ortseinsicht am 23. Dezember 2016 wurde von der BOB festgestellt, dass auch im unmittelbar angrenzenden Anwesen … Straße … im Erdgeschoss ein Wettbüro in Zusammenarbeit mit dem Wettveranstalter … betrieben werde.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 jeweils an den Eigentümer … und die Klägerin wurde von der Beklagten mitgeteilt, dass die Nutzung als Wettbüro hier nicht zulässig sei, weil es sich dabei um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele und diese im Mischgebiet planungsrechtlich unzulässig sei, auch eine Genehmigung für die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung liege nicht vor. Für die Auflassung der Nutzung wurde jeweils Frist bis zum 15. Februar 2017 gewährt und ansonsten eine Nutzungsuntersagung durch Verwaltungsakt angedroht.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2017 teilte der Eigentümer … der Beklagten mit, laut Mietvertrag mit der … GmbH sei die Fläche nicht als Wettannahmestelle vermietet worden, die … GmbH habe ihm erklärt, sie werde Kontakt mit der Bauordnungsbehörde aufnehmen. Zugleich verwies er auf das Wettbüro in der … Straße … Bei einem weiteren Ortstermin am 1. März 2017 stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass das Wettbüro weiterhin betrieben werde und ein Bauantrag für die Nutzungsänderung von Laden zu Wettbüro bisher nicht eingegangen sei.

Mit am 15. März 2017 bei der Beklagten eingegangenem Bauantrag beantragte die … GmbH die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der Räume im Erdgeschoss links des Anwesens … Straße … „von Laden mit Schneiderei in Wettannahmestelle mit Quotenbildschirmen ohne Live-Übertragung (keine Vergnügungsstätte)“. Nach dem Bauantrag umfasst die Gesamtfläche 101,37 m2, bestehend aus Wettannahme, Büro, Entree und WC. Gemäß der Betriebsbeschreibung vom 15. März 2017 soll das Vorhaben „wie eine Lotto/Toto-Annahme“ täglich von 9.30 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden.

Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 8. Mai 2017 stellte die Beklagte fest, das Baugrundstück liege in einem Bereich ohne qualifizierten Bebauungsplan, die Gebietseinstufung ergebe hier ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB. Das Vorhaben sei auch nach § 15 BauNVO nicht zulässig. Das geplante Wettbüro stelle eine Vergnügungsstätte dar, die im WA weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sei, das gemeindliche Einvernehmen werde deshalb verweigert.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2017 wurden der … GmbH der Inhalt der planungsrechtlichen Einschätzung übermittelt und angekündigt, falls der Bauantrag nicht binnen eines Monats zurückgezogen werde, werde ein Ablehnungsbescheid ergehen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der Bauantrag unvollständig sei, es fehlten eine korrekte Stellplatzberechnung, Originallagepläne sowie Nachbarunterschriften.

Laut Aktenvermerk vom 14. Juli 2017 ergab die baurechtliche Vorprüfung, dass für das Vorhaben acht weitere Stellplätze fehlten, wobei von einer Nutzfläche von 116 m2 ausgegangen wurde.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2017 forderte die Beklagte auch die … GmbH auf, die unzulässige Nutzung bis spätestens 14. August 2017 aufzulassen, nachdem bei einer Ortseinsicht am 21. Juni 2017 der Weiterbetrieb des Wettbüros festgestellt worden war.

Bei einer weiteren Ortseinsicht stellten Mitarbeiter der BOB am 25. Oktober 2017 fest, in den gegenständlichen Räumen werde ein Wettbüro/eine Wettannahmestelle mit insgesamt sechs Wettannahmeterminals, einer Annahmetheke, 22 Bildschirmen und drei Geldspielautomaten betrieben, auf die gefertigten Lichtbilder wurde verwiesen. Eine Angestellte habe als Betreiber die Firma … GmbH benannt.

Mit Bescheid vom 27. November 2017 wurde gegenüber der Klägerin in Nr. 1 die Nutzung der als Laden genehmigten Räume im Erdgeschoss des Anwesens … Straße … als Wettbüro untersagt und die sofortige Vollziehung angeordnet, in Nr. 2 wurde ein Zwangsgeld von 10.000,00 EUR angedroht. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei eine Nutzung der Räumlichkeiten auf einer Fläche von 129,46 m2 als Wettbüro festgestellt worden, die weder genehmigt noch offensichtlich genehmigungsfähig sei. Die rechtswidrige Wettbüronutzung sei planungsrechtlich unzulässig im vorliegenden allgemeinen Wohngebiet, die Nutzungsuntersagung sei hier in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geboten, weiter wurde die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründet. Weiter wurde ausgeführt, dass insbesondere im Hinblick auf das vorhandene Wettbüro im Anwesen … Straße … der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt werde, da dieses ebenfalls unzulässige Vorhaben aufgegriffen und mit Bescheid vom heutigen Tag die Nutzung als Wettbüro untersagt worden sei.

Mit Bescheid vom 27. November 2017 wurde gegenüber der … GmbH die Erteilung der Baugenehmigung versagt (Nr. 1), in Nr. 2 wurde die … GmbH aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die nicht genehmigte Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens … Straße … als Wettbüro beendet wird, eine Vermietung bzw. andere Übergabe an Dritte für die Nutzung als Wettbüro sei zu unterlassen, die sofortige Vollziehung wurde angeordnet, und eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheides gesetzt. In Nr. 3 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht. Die … GmbH sei als Bauherrin des im Betreff genannten Vorhabens für die ordnungsgemäße Nutzung verantwortlich, auch sei sie als Mieterin, die die betreffenden Räume untervermietet habe, Zustandsstörerin und daher für die Auflassung der Nutzung als Wettbüro verantwortlich. Der Bauantrag sei nicht genehmigungsfähig, da die Nutzung als Wettbüro im beantragten Umfang im vorliegenden allgemeinen Wohngebiet unzulässig sei, da es sich um eine Vergnügungsstätte handele. Eine solche könne jedoch wegen der Art der Nutzung weder allgemein noch ausnahmsweise zugelassen werden.

Mit weiterem Bescheid vom 27. November 2017 an den Eigentümer … wurde dieser verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die nicht genehmigte Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens … Straße als Wettbüro beendet wurde und ihm ein Zwangsgeld von 10.000,00 EUR angedroht wurde, auf den Inhalt sämtlicher Bescheide wird verwiesen.

Mit am 21. Dezember 2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin Klage gegen die Stadt … erheben, auch die … GmbH und Herr … erhoben Klage gegen die ihnen zugestellten Bescheide.

Zur Begründung wurde dort sowie mit Schriftsatz vom 8. August 2018 im Wesentlichen vorgetragen, die beantragte Nutzungsänderung sei offensichtlich genehmigungsfähig, da es sich bei dem Vorhaben um ein Ladenlokal und nicht um eine Vergnügungsstätte handele. Die aktuelle Nutzung als Wettbüro nehme eine Fläche von weniger als 100 m2 in Anspruch, Anwohnerbeschwerden habe es bisher nicht gegeben, Betreiber sei die … GmbH. Die Betriebsfläche liege im linken Bereich im Erdgeschoss des Anwesens … Straße …, die Erschließung erfolge über einen Eingang zur … Straße hin. Für den rechten Teil des Erdgeschosses habe die Beklagte mit Baugenehmigung vom 4. Juni 2018 an Herrn …die Nutzung als Bistro bzw. Pilsbar genehmigt. Diese stehe in keinem funktionellen Zusammenhang mit der links geplanten Wettannahmestelle. In diesem Bescheid habe die Beklagte auf Seite 5 unter Ziffer 6 als Schutzcharakter der Gebäude … Straße …, …, … und … ein Mischgebiet angenommen. Die nähere Umgebung werde bestimmt durch die zur … Straße ausgerichtete Ladenzeile und nicht durch den rückwärtigen Gebäudeblock, es sei mithin kein Wohngebiet gegeben. Das Vorhaben liege in dem von der …straße, der … Straße und der … Straße gebildeten dreieckigen Straßenblock. Die im Eckbereich … Straße und …straße sowie zur … Straße hin orientierten Nutzungen stellten sich durchweg gewerblich dar, im Rückbereich der …straße wie auch der … Straße überwiege Wohnnutzung. In unmittelbarer Nachbarschaft befänden sich zwei Wettbetriebe in der … Straße … und …, die unter Umständen als Vergnügungsstätten einzustufen seien. Die Baugenehmigungen für diese Nutzung lägen bisher nicht vor, aber Bauanträge, die verschiedene Wettbetriebsvarianten enthielten. In der unmittelbaren Umgebung befänden sich diverse Gaststätten mit erheblichen Öffnungszeiten, so in der … Straße … die Gaststätte „…“ mit Sperrzeiten von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr in der Gaststätte und bis 23.00 Uhr auf dem Gehweg. Die maßgebliche Umgebung bestehe hier aus dem Bereich beidseits der … Straße … sowie aus dem zurückliegenden Blockinnenbereich, auf Grund der vorhandenen Nutzungen liege hier kein Baugebiet im Sinne der §§ 2 bis 11 BauNVO vor. In der damit gegebenen Gemengelage werde insbesondere im Hinblick auf die Gastronomie „…“ sowie die Pilsbar in der … Straße … die Zulässigkeit des geplanten Vorhabens bewirkt. Weiter führte der Klägervertreter in Bezugnahme auf verschiedene Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Ladengeschäft und Vergnügungsstätte und zur Frage der Bewertung eines Live-Wettangebots in diesem Zusammenhang aus. Dabei wurde auf die Rechtsprechung des VG Bremen, des VG Neustadt und des VG Schleswig einerseits und des BayVGH andererseits hingewiesen und erklärt, es werde eine grundsätzliche Klärung der Fragen angestrebt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wäre tatsächlich ein Angebot von Live-Wetten außerhalb von Vergnügungsstätten stationär nicht möglich, insofern sei aber § 7 GlüStV zu beachten. Werde das Vorhaben als Ladengeschäft oder sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb eingeordnet, sei es nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, selbst als Wettbüro in Gestalt einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte füge es sich nach § 34 Abs. 1 BauGB ein. Tatsächlich handele es sich um ein gewerblich geprägtes Mischgebiet, in dem sogar eine Vergnügungsstätte im hier gegenständlichen Umfang regelmäßig zulässig sei. Im Übrigen werde das Vorhaben der Klägerin von der Beklagten als Vergnügungsstätte eingestuft, während verschiedene vergleichbare Nutzungen von …-Wettannahmestellen verbunden mit Cafes anders beurteilt würden. Diese Praxis im Baugenehmigungsverfahren und in der Bauaufsicht habe wegen Art. 56 AEUV europarechtliche Dimension. Die praktizierte Baugenehmigungspraxis der Stadt … verstoße im Übrigen auch gegen Art. 7 Abs. 1 AGGlüStV, der eine Zahl von 400 Wettannahmestellen in Bayern als notwendig ansehe. Die Verfügung Ziffer 2 im Tenor leide unter Ermessensfehlern bei der Störerauswahl, hier werde die … GmbH gleichzeitig neben der Handlungsstörerin, der Klägerin in Anspruch genommen, was ermessensfehlerhaft sei. Darüber hinaus sei auch das gegen beide Klägerinnen in gleicher Höhe angeordnete Zwangsgeld unverhältnismäßig, auch im Vergleich zum Mietzins.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 27. November 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt in beiden Verfahren jeweils mit Schriftsatz vom 16. Januar 2018,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Baugenehmigung sei hier zu Recht versagt worden, da das beantragte Vorhaben alle Merkmale eines sogenannten Wettbüros aufweise und als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Im allgemeinen Wohngebiet sei eine solche nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO nicht zulässig. Daran ändere auch nichts, dass nach der Legende zum Grundrissplan die Quotenbildschirme keinen Live-Übertragungen dienen sollten. Da der Betrieb eines Wettbüros somit planungsrechtlich unzulässig sei, habe die Beklagte fehlerfrei gegenüber der … GmbH bzw. der Klägerin verfügt, für die Auflassung der Nutzung zu sorgen bzw. die Nutzung aufzugeben. Das hier betriebene Wettbüro weise eine Fläche von insgesamt ca. 129,46 m2 auf. Die Nutzungsuntersagung sei hier rechtmäßig erfolgt, da das Wettbüro ohne Genehmigung betrieben werde und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei.

Das Gericht nahm durch den Vorsitzenden am 14. August 2018 das gegenständliche Anwesen und dessen nähere Umgebung in Augenschein. In der mündlichen Verhandlung durch die Kammer am 15. August 2018 waren die Parteien vertreten und stellten die schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch auf die Akten der Verfahren AN 9 K 17.02667 (Klage der … GmbH) und AN 9 K 17.02638 bzw. AN 9 S 17.02637 (Klage- und Eilantrag des Eigentümers …*), hinsichtlich der Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung auf die jeweilige Niederschrift sowie die gefertigten Lichtbilder Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27. November 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, sie hat deshalb keinen Anspruch auf Aufhebung dieses Bescheides, § 113 Abs. 1 VwGO.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer Anlage untersagt werden, wenn sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Eine Nutzung von Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Über die formell rechtswidrige Nutzung hinaus ist nicht zu prüfen, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – juris).

Nach diesen Vorgaben ist die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung nicht zu beanstanden. Die Nutzung der streitgegenständlichen Räume als Wettbüro steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, da es sich um eine nicht genehmigte, aber baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung handelt (vgl. 1.). Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist keine Ermessensfehler auf (2.), sie ist insbesondere verhältnismäßig, da die geänderte Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (2.1). Auch die Auswahl des in Anspruch genommenen Adressaten ist nicht zu beanstanden (2.2). Die Androhung des Zwangsgeldes begegnet keinen rechtlichen Bedenken (3.).

1. Die im Erdgeschoss links des Gebäudes … Straße … in … ausgeübte Nutzung als Wettbüro ist in formeller Hinsicht rechtswidrig, da die erforderliche Baugenehmigung für die Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO nicht vorliegt. Die Änderung der Nutzung der gegenständlichen Räume von Laden und Schneiderei entsprechend der ursprünglichen Baugenehmigung aus dem Jahr 1963 in ein Wettbüro ist nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei zulässig, da für die neue Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, so etwa die bauplanungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen oder die Stellplatzpflicht. Auch verlässt die nunmehrige Nutzung als Wettbüro, wie sie zur Zeit des Erlasses des Bescheids am 27. November 2017 und auch noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sowie des in unmittelbarem Zusammenhang stattgefundenen Augenscheins betrieben wurde, die Bandbreite der genehmigten Nutzung.

Die tatsächlich ausgeübte und von der Beklagten aufgegriffene Nutzung stellt ein Wettbüro dar. Als solches werden Betriebe bezeichnet, in denen zwischen dem Kunden, dem Wettbüro als Vermittler und dem teilweise im europäischen Ausland ansässigen Wettunternehmen Sportwetten oder Wetten auf diverse sonstige Ereignisse abgeschlossen werden. Sowohl nach den Feststellungen der Beklagten bei den vor der Nutzungsuntersagung erfolgten Ortseinsichten als auch beim Augenschein durch das Gericht wird in den gegenständlichen Räumen zweifelsfrei ein Wettbüro betrieben, dies zeigt die vorhandene Ausstattung, insbesondere die zahlreich vorhandenen Quotenbildschirme, die Sitzgelegenheiten, die Tische mit Stühlen und auch die Sitzbänke vor den Fenstern; hinzu kommen die vier großen Bildschirme mit Sportübertragung, der Getränkeautomat sowie der Zigarettenautomat. Auch der Umfang der genutzten Fläche, nach Angabe der Beklagten 129,46 m2, wenn man den Bereich im rückwärtigen Raum hinter der Theke miteinbezieht, aber selbst bei Abzug der Fläche hinter der Theke von ca. 100 m2 ebenso wie das Erscheinungsbild und die Werbung an den großen Fenstern und an der Tür zeigen nach Auffassung der Kammer, dass es sich im vorliegenden Fall um ein Wettbüro, nicht aber um eine ladenmäßig betriebene Wettannahmestelle handelt. Denn die Räumlichkeiten bieten abgesehen von ihrer Größe auch durch die Verbindung der Wettgelegenheit, dem Verfolgen von Sportübertragungen, der laufenden Verfolgung der Wettquoten auf den Bildschirmen sowie den zahlreichen Sitzgelegenheiten gerade die Gelegenheit und den Anreiz zum geselligen Aufenthalt. Damit ist hier von einem Wettbüro in Gestalt einer Vergnügungsstätte auszugehen, wobei die Frage, ob es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte oder nicht handelt, für die vorliegende Entscheidung nicht von Bedeutung ist. Denn auch eine nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte unterliegt bauplanungsrechtlich anderen Anforderungen als die genehmigte Nutzung als Laden und Schneiderei, die Nutzungsänderung weist auch eine für ein Vorhaben im Sinn von § 29 Abs. 1 BauGB erforderliche bodenrechtliche Relevanz auf. Die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist mangels einer erforderlichen Baugenehmigung für das Vorhaben formell baurechtswidrig, die ausgeübte Nutzung steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 76 Satz 2 BayBO.

2. Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei innerhalb der gesetzten Grenzen und unter Berücksichtigung des Zwecks der Eingriffsermächtigung ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Falls wie hier die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen, muss im Regelfall nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird, eine weitergehende Begründung der Ermessenserwägung ist somit entbehrlich, da es sich bei dem durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumten Erschließungsermessen um ein sogenanntes intendiertes Ermessen handelt. Demnach ist die Ermessensbetätigung der Beklagten nicht zu beanstanden.

Die angeordnete Nutzungsuntersagung ist verhältnismäßig, insbesondere da das genehmigungspflichtige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (2.1). Auch die Auswahl des in Anspruch genommenen Adressaten ist nicht zu beanstanden (2.2).

2.1 Im Hinblick auf die hier ausgeübte und von der Beklagten untersagte Nutzung als Wettbüro lässt sich auf Grund der Feststellungen in den Akten und beim Augenschein mit hinreichender Sicherheit beurteilen, dass das Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Das streitgegenständliche Vorhaben liegt nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, die Gebietseinstufung nach § 34 Abs. 1 BauGB mit der Feststellung, ob ein Baugebiet im Sinn der §§ 34 Abs. 2 BauGB, 2 ff. BauNVO vorliegt, erforderten eine Beweisaufnahme in Form eines Augenscheins. Sowohl die qualitative Einstufung der näheren Umgebung, aber auch schon die Bestimmung des Umfangs der heranzuziehenden Bebauung und Nutzungen ist unter den Parteien umstritten und musste durch Beweisaufnahme vor Ort geklärt werden, eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit der untersagten Nutzung liegt allein deshalb nicht vor.

Die Grenzen der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Damit sind die Grundstücke in der Umgebung insoweit zu berücksichtigen, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG v. 26.5.1978 – 4 C 9.77, Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 Rn. 36). Eine Straße kann dabei ein trennendes oder verbindendes Element sein.

Demnach ist im vorliegenden Fall die Bebauung in dem durch die … Straße, die … Straße sowie die …straße begrenzten Bauquartier, in dem auch das Baugrundstück gelegen ist, einschließlich der südlich der …straße gelegenen Anwesen …straße * und … sowie … Straße …, …, … maßgeblich.

Die Bebauung und Nutzungen jenseits der … Straße prägen demgegenüber nach Auffassung der Kammer, die sich insbesondere auf das Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins stützt, das Baugrundstück nicht in maßgeblicher Weise, die … Straße besitzt hier nach Auffassung der Kammer trennende Wirkung. Es handelt sich dabei um eine der meistbefahrenen … Ausfallstraßen, die weiter stadtauswärts in die Bundesstraße * übergeht, und die im hier maßgeblichen Bereich jeweils nicht nur zwei Fahrbahnen in beide Richtungen besitzt, sondern in deren Mitte auch noch in einem baulich von der Fahrbahn abgetrennten Bereich zwei Straßenbahngleise verlaufen. Eine Fahrbahnquerung durch Fußgänger ist zwischen der …straße und der …Straße mangels eines Überwegs nicht gefahrlos möglich und wird zudem durch die auf der östlichen Seite befindlichen Baustelle verhindert.

Somit kann das Baugrundstück ebenso wie die …Straße, die …straße und die dort befindlichen Parkplätze nur von der westlichen Fahrbahn aus angefahren werden, wobei auf der Westseite der … Straße absolutes Halteverbot angeordnet ist. Diese Verkehrsführung und -regelung bedingt, dass Parksuchverkehr der Nutzer des Wettbüros zu einem erheblichen Teil das Bauquartier, in dem sich das Vorhaben befindet, umfahren wird, so dass auch die Anlieger der … und …straße von dem vom Vorhaben ausgelösten Verkehr, gerade auch an Wochenenden und abends, betroffen sind.

Auch ist die Bebauung gegenüber dem Baugrundstück östlich der … Straße durch eine Reihe großer Bäume von der Fahrbahn und damit auch vom Bereich westlich optisch abgesetzt. Die funktionelle und optische Trennung im hier maßgeblichen Bereich führt hier zur Annahme einer trennenden Wirkung der … Straße im hier maßgeblichen Bereich.

Das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, welches eine Fläche von ca. 14.400 m2 besitzt und das große Verwaltungsgebäude der …beinhaltet, zählt demgegenüber nicht zur näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Denn dieses Grundstück prägt trotz seiner dominanten und großvolumigen Bebauung das hier maßgebliche Baugrundstück nicht mit. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass entlang der nördlichen und östlichen Grenze dieses Grundstücks zur …straße und zur … Straße hin ein durchgehender begrünter Bereich von erheblicher Breite vorhanden ist, der das Grundstück, dessen Bebauung und Nutzung vom Bereich jenseits der …straße wie von den Anwesen …straße * bis … und … Straße … bis … abschirmt. Hinzu kommt, dass sich auf Grund einer vorhandenen Mauer sowie Einfriedung kein Zugang zum …Gebäude von der …straße aus befindet, ebenso ist das …Grundstück gegenüber den genannten Grundstücken südlich der …straße und östlich der … Straße abgeschlossen und nicht zugänglich. Die zur …straße hin vorhandene Notausfahrt ist mit einem Tor verschlossen und dient nicht als Zugang zum Gebäude oder Grundstück von der …straße aus. Zugang und Zufahrt zu diesem Grundstück sind weiter westlich von der …Straße oder weiter südlich von der … Straße möglich. Auf Grund dieser optischen und funktionalen Abgrenzung dieses Grundstücks von dem nördlich und nordöstlich gelegenen Bereich, der die nähere Umgebung um das Baugrundstück bildet, sowie auf Grund der sich von der Bebauung und den Nutzungen dort völlig abhebenden Bebauung und Nutzungsstruktur ist dieses Grundstück bei der Einstufung der näheren Umgebung nicht mit heranzuziehen.

Bei der bauplanungsrechtlichen Einstufung des somit maßgeblichen Bauquartiers, in dem das Baugrundstück gelegen ist, spricht nach den Ergebnissen des Augenscheins viel dafür, dass es sich um ein allgemeines Wohngebiet handelt, ohne dass dies hier endgültig entschieden werden müsste, denn keinesfalls liegt das Baugrundstück in einem Kerngebiet oder dem gewerblich geprägten Teil eines Mischgebiets, in dem nach §§ 7 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO Vergnügungsstätten generell planungsrechtlich zulässig wären. Damit kann ungeachtet der konkreten Einstufung des Gebiets nicht davon ausgegangen werden, dass ein Wettbüro in Form einer Vergnügungsstätte hier offenkundig bauplanungsrechtlich zulässig wäre. Hinzu kommt, dass bezüglich des gegenständlichen Bauvorhabens nach der Berechnung der Beklagten auch acht zusätzliche Stellplätze nachzuweisen wären, was bisher ebenfalls nicht geschehen ist. Die streitgegenständliche Nutzung ist somit weder im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der Umgebungsbebauung noch im Hinblick auf den Nachweis der erforderlichen Stellplätze offensichtlich genehmigungsfähig, so dass die angeordnete Nutzungsuntersagung insoweit verhältnismäßig erging.

2.2 Auch die Störerauswahl der Beklagten ist hier nicht zu beanstanden.

Bauaufsichtsrechtliche Anordnungen ergehen gegenüber derjenigen Person, die die sicherheitsrechtliche Verantwortung für den baurechtswidrigen Zustand trägt. Mangels spezialgesetzlicher Regelung in der Bayerischen Bauordnung ist für die Auswahl des in Anspruch zu nehmenden Adressaten auf die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze zurückzugreifen, insbesondere auf Art. 9 LStVG. Demnach kann die Anordnung sowohl gegenüber dem sogenannten Handlungsstörer, dem Zustandsstörer oder dem Nichtstörer ergehen. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat, Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder einer Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist.

Handlungsstörer ist bezogen auf die Nutzungsuntersagung also derjenige, der für die formelle und materiell rechtswidrige Nutzung unmittelbar verantwortlich ist. Die baurechtswidrige Nutzung der Räumlichkeiten ist vorliegend dadurch veranlasst, dass die Klägerin als Pächterin der Räumlichkeiten durch die Ausübung des auf sie angemeldeten Gewerbes ein Wettbüro betreibt. Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens unter mehreren Störern sind die Umstände des Einzelfalles, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrbeseitigung. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, wird es dabei regelmäßig sachgerecht sein, den Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2001 – 1 ZB 01.664 – juris). Nach dem Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Pächterin oder Mieterin der Räumlichkeiten und Betreiberin des Wettbüros in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648 – juris).

Dass die Beklagte gleichzeitig mit der Nutzungsuntersagung gegen die Klägerin auch bauaufsichtsrechtliche Anordnungen mit dem Ziel der Beendigung der Nutzung und der Verhinderung der Wiederaufnahme einer gleichartigen Nutzung gegen die Vermieterin … GmbH und den Eigentümer … erlassen hat, steht ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Anordnungen jedenfalls der Anordnung gegenüber der Klägerin als Handlungsstörerin und Betreiberin des Wettbüros nicht entgegen.

Die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung gegenüber der Klägerin stellt sich danach nicht als unverhältnismäßig dar, ein schonenderes Mittel der Gefahrenabwehr zur Herstellung rechtmäßiger Zustände ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im Übrigen den formal illegalen Betrieb des Wettbüros und damit auch die mit der Nutzungsuntersagung verbundenen rechtlich und wirtschaftlichen Folgen selbst zu vertreten, da sie die Nutzung vor Erlangung einer erforderlichen Baugenehmigung aufgenommen hat. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder eine willkürliche Vorgehensweise der Beklagten ist nicht ersichtlich, insbesondere nachdem auch eine vergleichbare Nutzung im Nachbaranwesen … Straße … aufgegriffen und bauordnungsrechtlich geahndet wurde.

Die angefochtene Nutzungsuntersagung im angefochtenen Bescheid vom 27. November 2017 erweist sich somit als rechtmäßig.

3. Auch das angedrohte Zwangsgeld begegnet keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde. Im Hinblick auf die Größe und Ausstattung des Wettbüros scheint es keinesfalls als überhöht, entsprechende substantiierte Einwendungen wurden insofern auch nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Zulassung der Berufung war hier nicht veranlasst, da keiner der Zulassungsgründe nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO vorliegt.

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Juni 2016 verpflichtet, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von einer Bankfiliale zur Wettannahmestelle.

1. Die Klägerin betreibt seit dem 14. Januar 2012 im Erdgeschoss des Anwesens …, … (Grundstück FlNr. …, Gemarkung …), eine - von ihr so bezeichnete - Wettvermittlungsstelle, deren Nutzfläche etwa 177 m2 beträgt.

Für das betreffende Gebäude hat die Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 1970 die Baugenehmigung für die „Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes und bauliche Änderungen im Rückgebäude“ erteilt. Nach den Bauvorlagen wurden im Erdgeschoss eine Bankfiliale und in den Obergeschossen Wohnnutzung genehmigt.

Am 17. Januar 2012 wurde bei einer bauaufsichtlichen Kontrolle durch die Beklage festgestellt, dass die Räume im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses als „Wettbüro“ genutzt werden und entsprechende Werbeanlagen angebracht worden waren.

Nachdem die Beklagte die Klägerin zur Beseitigung der Werbeanlagen und zur Beendigung der Nutzung als Wettbüro aufgefordert hatte, untersagte sie mit Bescheid vom 5. Juli 2012 der Klägerin die Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Anwesens … als Wettbüro und bestimmte, dass die Nutzung innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids einzustellen ist (Nr. 1). Weiter wurde angeordnet, die im Einzelnen bezeichneten Werbeanlagen innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids zu beseitigen (Nr. 2). Für den Fall der Nichteinhaltung „dieser Fristen“ wurde ein Zwangsgeld von insgesamt 14.200,00 EUR angedroht, das im Einzelnen aufgegliedert wurde. Auf den Inhalt des Bescheids insgesamt wird verwiesen.

Die fristgerecht erhobene Klage gegen diesen Bescheid wurde mit Urteil des VG Ansbach vom 15. Mai 2013 abgewiesen (AN 9 K 12.01411). Der hiergegen fristgerecht erhobene Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Mai 2016 abgelehnt (9 ZB 13.1991). Auf den Inhalt beider Entscheidungen wird verwiesen.

2. Mit Bauantrag vom 3. Dezember 2012, eingegangen bei der Baubehörde der Beklagten am 7. Dezember 2012, beantragte die Klägerin die Erteilung der Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Teilfläche einer Bankfiliale in eine Wettannahmestelle im Erdgeschoss des Anwesens … in … (…). Nach den vorgelegten Plänen soll die Wettannahmestelle im südwestlichen Teil des Erdgeschosses errichtet werden, der Zugang soll durch einen im südwestlichen Teil des Erdgeschosses gelegenen Windfang mit einer Fläche laut Angabe in den Plänen von 13 m2 erfolgen, die Wettannahmestelle soll eine Fläche von 60,87 m2 laut Angabe in den Plänen haben und über eine weitere Tür in der westlichen Außenwand zum rückwärtigen Grundstücksbereich verfügen. In dem Lageplan sowie in dem Plan „EG Grundriss“ sind zwei runde Stehtische sowie eine Theke enthalten, entlang der südlichen Wand sollen laut dortiger Bezeichnung drei „Quotenmonitore“ aufgestellt werden. In den zu diesem Bauantrag vorgelegten Plänen (Lageplan, Grundriss EG) ist im nördlichen Bereich des Erdgeschosses ein Gastraum eingezeichnet, dessen Zugang ebenfalls durch den Windfang erfolgen soll und der über eine Fläche laut Eintrag in den Plänen von 71,64 m2 verfügen soll. Die Theke des Gastraums stellt die durch die Zwischenwand unterbrochene Fortsetzung der Theke der Wettannahmestelle dar, im Gastraum sollen hinter der Theke ein Fernseher sowie entlang der nördlichen Gebäudewand drei weitere Fernseher aufgestellt werden, sowie zwei Spielautomaten im nördlichen Bereich des Erdgeschosses gegenüber von den dort untergebrachten Toiletten sowie einem kleinen Lagerraum. Laut Einzeichnung soll der Gastraum über 40 Sitzplätze verfügen, die Fenster des Gastraums sowie des Windfangs sollen mit einer einheitlichen durchgehenden Werbeanlage und der Aufschrift „Bistro Soccer Home“, die südlich angrenzende Zugangstür zum Windfang mit einem 50 cm großen Werbeaufdruck für den Wettveranstalter … versehen werden.

Laut der in den Bauvorlagen enthaltenen Betriebsbeschreibung vom 29. November 2012 soll die Wettannahmestelle von 10.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet sein und „wie eine Lottoannahmestelle ausschließlich der Vorbereitung der Wettabgabe am Schalter (Studieren der Wettprogramme, Ausfüllen der Lesekarte) sowie dem eigentlichen Wettvorgang (Einlesen der Lesekarte mittels Scanner durch Ladenpersonal am Schalter, Zahlung des Wetteinsatzes, Aushändigung der Wettquittung) dienen und keinerlei Aufenthaltsfunktion haben“. Die Wettkunden könnten sich auch Wettgewinne auszahlen lassen. Die Wettprogramme würden in der Betriebsstätte in Papierform vorgehalten, zusätzlich würden aktuelle Wettquoten an drei Flachbildschirmen angezeigt, Sportereignisse würden nicht übertragen. Dem Kunden würden keinerlei Sitzmöglichkeiten eingeräumt, es seien nur zwei Stehtische als Schreibunterlage vorhanden. Es finde weder ein Ausschank von Getränken noch ein Verkauf von Waren statt.

Mit Bauantrag vom 3. Dezember 2012, bei der Baubehörde der Beklagen eingegangen am 7. Dezember 2012, reichte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Teilfläche einer Bankfiliale in Bistro ein (…). Die zu diesem Vorhaben vorgelegten Pläne waren im Bauantrag für die Wettannahmestelle (…) vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 20. Mai 2014 zog die Klägerin daraufhin den Bauantrag für die Nutzungsänderung einer Teilfläche der Bankfiliale in ein Bistro (…) zurück, das entsprechende Bauantragsverfahren wurde mit Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2014 eingestellt.

Im Baugenehmigungsverfahren … kam die Beklagte in ihrer planungsrechtlichen Stellungnahme nach § 36 BauGB zu der Auffassung, das vorliegende Gebiet zwischen …, … sowie … und … sei als allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO einzuordnen, dort sei eine Vergnügungsstätte, wie in der vorliegend zur Genehmigung gestellten Wettannahmestelle, die mit dem Bistro eine funktionelle Einheit bilde, planungsrechtlich nicht zulässig.

Laut Aktenvermerk der Bauordnungsbehörde der Beklagten vom 20. Dezember 2012 ist das Anwesen … Bestandteil des denkmalgeschützten Ensembles „…“, das Anwesen sei gleichzeitig an die Einzeldenkmäler … und … angebaut. Im Erdgeschoss des Gebäudes seien alle Schaufenster fast vollständig blickdicht beklebt, zum Teil mit weißer Folie, zum Teil mit grellroten Blockstreifen am oberen und unteren Bereich des Fensters, zudem seien weiße Beschriftungen in zum Teil quadratischen grellroten Aufklebern und figürlich dargestellte Personen in annähernder Lebensgröße aufgebracht. Wegen der erheblichen Beeinträchtigung des Ensembles durch diese Beklebungen sei eine denkmalrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 DSchG nicht erteilbar.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2014 teilte die Beklagte den Klägervertretern mit, das Vorhaben im Verfahren …, Nutzungsänderung eines Teilbereichs der Bankfiliale als Wettannahmestelle mit Anbringung von Werbeanlagen (Schaufensterbeklebungen), sei nicht genehmigungsfähig, da es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte bestehend aus dem Bistro und der Wettannahmestelle als funktionale Einheit handele und eine solche im hier vorliegenden allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wäre.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 führten die Klägervertreter insofern aus, die Genehmigung für das zweite Bauvorhaben, das Bistro, sei später beantragt worden und hätte nach dem Prioritätsprinzip erst später bearbeitet werden können, so dass die Genehmigung des hier gegenständlichen Bauvorhabens nicht wegen des weiteren Bauantrags abgelehnt werden könne. Zwischenzeitlich sei das zweite Bauvorhaben jedoch aufgegeben und der Baugenehmigungsantrag für das Bistro zurückgenommen. Damit seien alle genannten Gründe für die Ablehnung der Baugenehmigung entfallen. Die verbleibende Nutzung als ladenmäßige Wettannahmestelle sei selbst in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig. Dem stehe auch die Größe des Vorhabens nicht entgegen. In der geplanten Ladenannahmestelle gebe es nichts, was die Kunden zum Verweilen animieren würde, außerhalb der Ladenannahmestelle sei insofern nichts vorhanden.

Mit weiterer planungsrechtlicher Stellungnahme nach § 36 BauGB vom 23. Juni 2014 stellte die Beklagte fest, die beiden Baugenehmigungsanträge seien zeitgleich bei der Behörde eingegangen. Bei der beantragten Wettannahmestelle handele es sich auch für sich betrachtet auf Grund der Größe um eine Vergnügungsstätte, darüber hinaus sei eine Öffnungszeit bis 23.00 Uhr keine übliche Ladensöffnungszeit. Es bleibe immer noch die Größe der Wettannahmestelle von 60,87 m2. Die Tatsache, dass im Grundriss lediglich zwei Stehtische, drei Monitore und eine Kasse dargestellt seien, bedeute nicht automatisch, dass für diesen, eine ladenmäßige Wettannahmestelle überdimensionierten Raum keine Aufenthaltsqualität vorliege. Schließlich könnte weiteres Mobiliar später aufgestellt werden, der Raum sei jedenfalls dazu geeignet.

Bei einer Ortseinsicht am 1. Juni 2015 wurde durch Mitarbeiter der Baubehörde festgestellt, dass die Wettannahmestelle im gesamten Erdgeschossbereich des Anwesens betrieben werde. Auf den gefertigten Lichtbildern sind eine Vielzahl von Monitoren, teils mit Sportübertragungen, teils mit Ergebnislisten sowie eine am Vordach über dem Eingang angebrachte Werbeanlage für die Firma … ersichtlich.

Mit Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2015 wurde für das genannte Vorhaben im Verfahren … die Genehmigung versagt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das genehmigungspflichtige Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, da die beantragte Nutzung als Wettannahmestelle im konkreten Fall eine Vergnügungsstätte darstelle, die im vorliegenden allgemeinen Wohngebiet auch nicht ausnahmsweise zulässig sei. Im Bescheid wurde das zur Beurteilung herangezogene Gebiet eingegrenzt und die dort vorhandenen Nutzungen dargestellt. Weiter wurde ausgeführt, dass es sich allein schon auf Grund der Größe von 60,87 m2 bei dem geplanten Wettbüro um eine Vergnügungsstätte handele. Insofern wurde auf ein Urteil der Kammer vom 30. April 2015 im Verfahren AN 9 K 13.02205 und die dortigen Ausführungen verwiesen. Auch die in den Plänen dargestellten Werbeanlagen seien als untergeordnete Nebenanlagen des Hauptvorhabens aus dem gleichen Grund nicht genehmigungsfähig. Zudem seien sie in den Plänen zwar dargestellt, aber hinsichtlich der Ausführung nicht vollständig beschrieben. Zudem seien die ursprünglich angebrachten und in den Plänen dargestellten Werbeanlagen zwischenzeitlich vor Ort verändert worden.

Gegen den den Klägervertretern am 29. Juni 2015 zugestellten Bescheid ließ die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 8. Juli 2015, eingegangen beim Gericht am selben Tag, Klage erheben mit dem sinngemäßen Antrag,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juni 2015 (…) die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Teilfläche im Erdgeschoss des Anwesens … in eine ladenmäßige Wettannahmestelle zu erteilen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 18. August 2015 zunächst die Entwicklung der stationären Wettvermittlung in Bayern seit 1999 aus Sicht der Klägervertreter dargestellt und in Bezug auf den konkreten Standort ausgeführt, nur wegen der von den Behörden bis zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 betriebenen, glücksspielrechtlich motivierten Ablehnung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Wettbüros und der Hoffnung, auf Grund dieser Entscheidungen werde eine vernünftigere Regulierung des Wettmarktes anstatt einer pauschalen Ablehnung zukünftig erfolgen, sei die vorhandene Situation erklärbar, an einem Standort wie dem gegenständlichen mit einer großdimensionierten Grundfläche würde heute mit Sicherheit kein Wettbüro mehr ohne Baugenehmigung entstehen und auch andernorts in … vermutlich nicht mehr. Als sich herausgestellt habe, dass die Genehmigung des faktischen Wettbürobetriebs wegen der Einstufung durch die Beklagte als Vergnügungsstätte und mit der umstrittenen Einstufung der näheren Umgebung wohl nur in einem Jahre dauernden Verwaltungsprozess würde erstritten werden können, habe die Klägerin als Alternativkonzept zwei Baugenehmigungsanträge, die eine Aufteilung des bisherigen Wettbüros in eine Wettannahmestelle und ein Bistro vorsahen, eingereicht. Die Beklagte habe erst nach erheblicher Zeit einen funktionalen Zusammenhang beider Nutzungen behauptet, nach Rücknahme des Genehmigungsantrags für das Bistro in einer weiteren Stellungnahme vom 23. Juni 2014 überraschenderweise festgestellt, dass die Wettannahmestelle auch isoliert betrachtet als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Erst nach einem weiteren Jahr sei dann schließlich der angefochtene Ablehnungsbescheid ergangen. Hätte die Beklagte die Klägerin frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Fläche der Wettannahmestelle zu groß wäre, so wäre bereits damals, etwa schon im Januar 2013, eine Umplanung erfolgt, eine Genehmigung hätte mithin schon seit über zwei Jahren vorliegen können. Das vorliegende Bauvorhaben sei im Gegensatz zu dem dem Urteil der Kammer vom 30. April 2015 zugrundeliegenden Fall dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin ganz bewusst keine Vergnügungsstättennutzung genehmigt haben wolle. Dementsprechend sei das Stadtplanungsamt auch zutreffend nicht von einer Vergnügungsstätte ausgegangen. In der Betriebsstätte seien drei explizit als Quotenmonitore bezeichnete Bildschirme eingezeichnet, eine Präsentation von Live-Sport sei nicht Bestandteil des Bauvorhabens. Es seien keinerlei Sitzmöbel eingezeichnet, in der Betriebsbeschreibung werde eine Aufenthaltsfunktion explizit verneint. Das Bauvorhaben sei unabhängig von der planungsrechtlichen Bewertung in der näheren Umgebung zulässig, da es sich um ein Ladengeschäft handele, wie es in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Der Begriff des Ladens schließe bauplanungsrechtlich auch ladenmäßig betriebene Gewerbebetriebe ohne Bezug zum Handel ein. Insofern wäre für die hier zur Genehmigung gestellte Nutzung eine Genehmigungspflicht gar nicht gegeben, da sich diese noch im Rahmen der Variationsbreite der 1970 erteilten Genehmigung für eine Bankfiliale bewege. Allein die beabsichtigte Trennung der bisher einheitlichen Ladenfläche in zwei Gewerbeeinheiten mache die Stellung eines Baugenehmigungsantrags notwendig, etwa wegen der Stellplatzfrage. Die Größe der Bistrofläche sei allein deshalb nicht noch größer ausgefallen mit gleichzeitiger Verkleinerung der Wettannahmestelle, damit nicht zusätzliche Stellplätze dort nötig gewesen wären. Die Größe der Räume stehe der Einstufung als Laden nicht entgegen. Die Baubehörde habe sich an den eingereichten Bauantrag zu halten, mit dem gerade eine ladenmäßige Wettannahmestelle ohne Mobiliar, das Verweilqualität herstelle, geplant sei. Wenn der Ablehnungsbescheid demgegenüber von einer planwidrigen, zwar theoretisch möglichen, vom Bauantragsteller aber nicht gewollten Alternativnutzung ausgehe, so sei dies nicht zulässig. Tatsächlich sei es vor allem der Live-Sport im Fernsehen, der Verweilanreize setze, solches sei hier gerade nicht vorgesehen. Die Klägerin wolle keinerlei Aufenthaltsfunktion für ihre Wettannahmestelle, die drei Flachbildschirme sollten ausschließlich für die Anzeigen für Wettquoten dienen. Die Aufstellung weiterer Bildschirme oder Mobiliar ebenso wie die Übertragung von Sportereignissen wären auch nach der Erteilung einer Baugenehmigung formell und materiell illegal. Die Größe der Fläche von ca. 60 m2 spreche nicht gegen die Ladenqualität, da es zahlreiche Ladengeschäfte mit größerer Fläche gebe. So sei z.B. die vorhandene Bankfiliale deutlich größer gewesen. So wie sich auch in einer großen Bankfiliale Kunden nur aufhielten, um dort Bankgeschäfte zu tätigen und dies von niemand bezweifelt werde, so könnten anderslautende Verdächtigungen bei einer Wettannahmestelle nicht dem Vorhaben entgegengehalten werden. Sollte wider Erwarten tatsächlich eine Aufenthaltsqualität von Personen wahrgenommen werden und diese längerfristig zu ihrem Vergnügen in der Annahmestelle verweilen, so wäre dies eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Es finde auch faktisch kein längerer Aufenthalt in der Ladenwettannahmestelle statt, insofern wurde auf Erhebungen eines nicht näher bezeichneten Dortmunder Wettvermittlers abgestellt, wonach die mittlere Aufenthaltsdauer der Kunden sich bei etwa sechs bis sieben Minuten bewege. Diese Aufenthaltsdauer wurde in Beziehung zur Aufenthaltsdauer von Kunden in einer Buchhandlung, in kleineren Supermärkten oder ähnlichen Nutzungen gestellt. Weiter sei festgestellt worden, dass nur eine verschwindende Mehrheit von vier Kunden unter den 36, die sich länger als 15 Minuten in der Wettannahmestelle aufgehalten hätten, sich so verhalten hätten, wie es der Erwartung der Bauaufsichtsämter entspreche, sie hätten nämlich die Quotenmonitore betrachtet, aber nicht mehr gewettet. Auch die Ladenöffnungszeit bis 23.00 Uhr stehe der Ladenqualität nicht entgegen, da der Begriff des Ladens weiter als der ladenschlussrechtliche Ladensbegriff reiche und auch ladenmäßig betriebene Dienstleistungsbetriebe mit eingeschlossen würden. Im Übrigen könnten in anderen Bundesländern Ladengeschäfte bis 24.00 Uhr oder sogar rund um die Uhr betrieben werden, ohne dass sie planungsrechtliche Zweifel an der Zulässigkeit der entsprechenden Nutzungen auslöse. Das Vorhaben habe entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Anreiz auf ein breites Zielpublikum, da es allein in … mindestens 20 Wettvermittlungsstellen geben dürfte. Die Einschätzung des Gebietscharakters durch die Beklagte sei unzutreffend, vorliegend handele es sich um ein Mischgebiet. Insofern wurden vorhandene Nutzungen dargelegt und ausgeführt, diese belegten, dass in dem von der Beklagten herangezogenen Areal eine Reihe von Betrieben vorhanden sei, die nicht allein der Gebietsversorgung dienten oder bei denen dies zumindest zweifelhaft sei. Gehe man aber von einem Mischgebiet aus, so sei selbst eine Vergnügungsstätte dort entweder generell zulässig oder zumindest ausnahmsweise genehmigungsfähig. Gerade das konkret zur Genehmigung gestellte Vorhaben stelle einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb dar, sollte die Öffnungszeit hier problematisch sein, wäre allenfalls die Forderung nach verkürzten Öffnungszeiten im Hinblick auf § 15 BauNVO gerechtfertigt. Schließlich werde darauf hingewiesen, dass der Ablehnungsbescheid vom 12. Juni 2015 ohne vorherige Anhörung etwa ein Jahr nach Rücknahme des Bauantrags für das Bistro ergangen sei. Damit sei der Klägerin die Möglichkeit genommen worden, als Reaktion auf die Bedenken der Beklagten eine Umplanung vorzunehmen, was die Klägerin sicherlich getan hätte. Selbst wenn man also das Bauvorhaben wegen der Größe der Grundfläche für nicht genehmigungsfähig hielte, könnte die Klage nicht vollumfänglich abgewiesen werden, vielmehr müsste der Ablehnungsbescheid im Hinblick auf Art. 28 BayVwVfG aufgehoben werden, damit die Klägerin die Chance bekäme, die Fläche soweit zu reduzieren, dass kein Widerspruch mehr zum Bauplanungsrecht bestünde. Weiter werde angeregt, für einen solchen Fall die Verfahrenskosten trotz des nur teilweisen Unterliegens der Beklagten entsprechend § 155 Abs. 4 VwGO und in Anwendung des Rechtsgedankens des § 161 Abs. 3 VwGO dieser vollumfänglich aufzuerlegen.

Mit Schreiben vom 16. September 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben solle hier in einem Bereich realisiert werden, der einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO entspreche. Hierzu wurde auf die Klageerwiderung im Verfahren AN 9 K 12.01411 und die dortigen Ausführungen verwiesen. Die Beklagte habe dort eine bei einer Ortseinsicht am 20. Dezember 2012 erstellte Nutzungsaufstellung in einem Lageplan vorgelegt. In dem maßgeblichen Karree seien im Erdgeschossbereich vereinzelt gewerbliche Nutzungen anzutreffen, etwa Lotto und Schreibwaren, Metzger mit kleinem Imbiss, Supermarkt, Vereinslokal mit drei Spielgeräten, Stadtteilbüro, Optiker, Telenetzshop, Gaststätten, ein Schneider und ein kleiner Sanitärbetrieb. Bis auf den kleinen Sanitärbetrieb, der nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig sei, handele es sich hier um allgemein nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässige Vorhaben. Die Filiale der … im Anwesen … befinde sich außerhalb des oben beschriebenen Umgriffs, sie sei auch als Laden nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO einzustufen, nicht aber als Anlage für Verwaltung. Dort würden Bankdienstleistungen im beschränkten Umfang angeboten. Das von der Klägerin genannte Obst- und Gemüsehandelshaus … auf den Grundstücken … sei ein der Versorgung des Gebiets dienender Laden. Mit einer Verkaufsfläche von ca. 330 m2 liege das Obst- und Gemüsegeschäft weit unterhalb der Grenze der Großflächigkeit eines Einzelhandelbetriebs. Dieser Betrieb sei nach seiner Lage und seiner objektiven Beschaffenheit geeignet, in nicht unerheblichem Umfang zur Versorgung der Menschen im Gebiet beizutragen, insofern sei es unschädlich, wenn der Laden außerdem von Kunden besucht werde, die außerhalb des Wohngebiets wohnten. Auch die vom Klägervertreter genannten Nutzungen Textilgeschäft, das Geschäft „…“ und das Optikerfachgeschäft … könnten von Kunden außerhalb des Wohngebiets aufgesucht werden, ohne dass deswegen diese kleinen Fachgeschäfte ihre funktionale Zuordnung zum maßgeblichen Wohngebiet verlören. Die Beklagte folge bei der Einstufung der Wettannahmestelle als Vergnügungsstätte der Auffassung des Verwaltungsgerichts Saarlandes im Urteil vom 19. November 2014 (5 K 2185/13), der auch die erkennende Kammer im Urteil vom 30. April 2015, AN 9 K 13.02205, folge. Auch habe der 15. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9) erkannt, dass das Fehlen von Sitzgelegenheiten nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte hindere. Auch ohne eine Live-Übertragung von Sportereignissen könne eine Vergnügungsstätte vorliegen. Im Übrigen sei auch die Gestaltung der Bewerbung der Wettannahmestelle nicht unproblematisch, auch insofern sei bereits im Verfahren AN 9 K 12.01411 vorgetragen worden, dass diese Werbung sowohl das Teil eines Ensembles darstellende Denkmal … beeinträchtige und nach der Werbeanlagensatzung der Beklagten unzulässig wäre.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2016 teilte die Beklagte mit, der Klägerin sei mit Bescheid vom 17. Mai 2016 (…) eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Bankfiliale zur Wettannahmestelle und Lager erteilt worden, die entsprechende Bauakte wurde vorgelegt. In den dort enthaltenen Plänen ist im südlichen Bereich des Erdgeschosses des gegenständlichen Gebäudes eine nach den Plänen 28,78 m2 große Wettannahmestelle, deren Zugang durch einen östlich davon gelegenen Windfang erfolgt, genehmigt worden. Der gesamte Bereich nördlich davon ist als „Lager für Wettannahmestelle“ mit einer Größe von 127,20 m2 Nutzfläche dargestellt, die im nördlichen Bereich befindlichen Personaltoiletten und der Abstellraum sind gegenüber der früheren Planung baulich unverändert geblieben, aber jetzt ausdrücklich als Personal-WC bezeichnet.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Dezember 2016 teilte der Klägervertreter mit, dass die Klägerin an dem gegenständlichen Bauantrag festhalte, auch wenn inzwischen für ein flächenmäßig kleineres Vorhaben eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Das Verfahren wurde sodann zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

Am 11. April 2017 nahm die Kammer durch den Berichterstatter das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein.

In der weiteren mündlichen Verhandlung am 12. April 2017 führte der Klägervertreter aus, die Klage auf Erteilung der Baugenehmigung für die Nutzungsänderung habe keine Werbeanlagen umfassen sollen, sie richte sich auch nur insofern gegen den Ablehnungsbescheid. Weiter erklärte der Klägervertreter, dass der Klageantrag ohne den Begriff „ladenmäßige“ gestellt werden solle. Der Beklagtenvertreter machte Ausführungen zur Genehmigungssituation insbesondere der Nutzungen in den Anwesen …, … und … Nachdem die Baugenehmigungen für einige weitere Anwesen in der näheren Umgebung des Vorhabens nicht vorlagen, wurde das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2017 teilte der Beklagtenvertreter die baurechtliche Genehmigungssituation für die Anwesen …, … sowie … mit und legte jeweils Auszüge aus den Bauakten vor.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2017 führte der Klägervertreter weiter aus, die Feststellungen der Beklagten zur gastronomischen Nutzung bestimmter Objekte in der näheren Umgebung sprächen deutlich gegen die Einstufung als allgemeines Wohngebiet. In der Gaststätte „…“ werde offensichtlich eine Nachtöffnung bereits seit 1996 geduldet, auch wenn die Beklagte dies als formal ungenehmigt betrachte. Der Vollzug sei solange ausgesetzt, wie keine Missstände oder Beschwerden bekannt würden. Auch im Fall des Imbisses … liege eine langjährige Duldung vor, hier sei infolge des Verlusts von Bauvorlagen eine Prüfung, ob die Nachtöffnung nicht von einer Baugenehmigung abgedeckt werde, nicht möglich, so dass eine bauordnungsrechtliche Unterbindung der Nachtöffnung aus Rechtsgründen ausgeschlossen sei. Auch bei der Betriebsstätte … sei davon auszugehen, dass Nachtöffnungen dieser ebenfalls stark durch das Automatenspiel geprägten Gaststätte geduldet würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch die der beigezogenen Verfahren AN 9 K 12.01411, AN 9 K 15.02345, AN 9 K 16.00304 und AN 9 S. 16.00305, wegen der mündlichen Verhandlungen und der Beweisaufnahme auf die Niederschriften vom 21. Dezember 2016, 11. April 2017 und 12. April 2017 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung gegen die Beklagte.

Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung für eine Wettannahmestelle gemäß den zum Bauantrag vom 3. Dezember 2012 eingereichten, mit dem Ablehnungsstempel der Beklagten vom 12. Juni 2015 versehenen Bauvorlagen, insbesondere Plänen, jedoch ohne jegliche Werbeanlagen, die nach den Angaben des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2017 nicht von der Klage umfasst sein sollen. Dass der Klägerin von der Beklagten für einen Teil der vom gegenständlichen Vorhaben umfassten Räume mit Bescheid vom 17. Mai 2016 die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Bankfiliale zur Wettannahmestelle erteilt worden ist, steht weder der Zulässigkeit der Klage noch der Geltendmachung des von der Klägerin behaupteten Genehmigungsanspruchs für die streitgegenständliche bauliche Anlage entgegen, da es einem Bauwerber unbenommen bleibt, auch mehrere, miteinander nicht vereinbare Bauvorhaben auf dem gleichen Grundstück genehmigen zu lassen, zumal das Vorhaben gemäß der Baugenehmigung vom 17. Mai 2016 nach den Feststellungen im Augenschein am 11. April 2017 sowie den Angaben der Beteiligten bis heute nicht umgesetzt wurde und damit einer Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens nicht entgegensteht.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für dieses Vorhaben, da es den im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Baurechtsnormen entspricht und keine weiteren Ablehnungsgründe von der Beklagten nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BayBO zur Begründung der Ablehnung angeführt wurden.

Der angefochtene Bescheid vom 12. Juni 2015, der die Erteilung der Baugenehmigung ausschließlich aus planungsrechtlichen Gründen ablehnt, ist demgemäß rechtswidrig.

Zwar geht die Beklagte zutreffender Weise davon aus, dass es sich bei dem hier gegenständlichen Vorhaben um eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handelt (1), allerdings handelt es bei der hier maßgeblichen näheren Umgebung des Baugrundstücks nicht um ein allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO, sondern um eine Gemengelage, die insbesondere im Bereich des Baugrundstücks und südlich davon auch deutliche gewerbliche Prägung aufweist und in der im Übrigen auch mindestens eine weitere Vergnügungsstätte vorhanden ist (2). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB stehen der Zulässigkeit des hier gegenständlichen Vorhabens nicht entgegen (3).

1. Wie auch die Beklagte im angefochtenen Bescheid ausführlich dargelegt hat, worauf ergänzend Bezug genommen wird, handelt es sich bei der gegenständlichen Wettannahmestelle um eine Vergnügungsstätte, nicht aber um ein Ladengeschäft bzw. einen nicht störenden Gewerbebetrieb. Dafür sprechen nach Auffassung der Kammer nicht nur die Öffnungszeit, die über eine ladenübliche Öffnungszeit hinausgeht, und die Größe, sondern insbesondere auch das Vorhandensein von Quotenmonitoren, die nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris) zur Einstufung als Live-Wett-Büro und damit als Vergnügungsstätte führen, weil die Wettangebote und Ergebnisse live mitverfolgt werden können und damit, anders als bei einer bloßen Wettannahmestelle, ein erhöhter Anreiz für wiederholte Wetten und Verbleiben am Ort geschaffen wird. Dass die Klägerin wiederholt vortragen ließ, eine Vergnügungsstätte nicht betreiben zu wollen, steht dieser Einstufung ebenso wenig entgegen wie der Einwand des Klägervertreters, der Bauantrag mit den Bauvorlagen stamme aus dem Jahr 2012, während die einschlägigen Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erst im Jahr 2016 ergangen seien. Denn zum einen hätte die Klägerin ja bis zur Entscheidung des Gerichts Bauvorlagen etwa durch Beseitigung der Quotenmonitore ändern können, zum anderen lässt die Einzeichnung in den Bauvorlagen und die Bezeichnung als Quotenmonitor objektiv die Einschätzung zu, dass dort Live-Wetten möglich sein sollen (vgl. auch BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris). Generelle Angaben zur Kundenauswertung über Verweildauer der Kunden bei anderen Vorhaben sind dabei ebenso wenig entscheidungsrelevant wie es eine Mindestfläche für das Vorhandensein einer Vergnügungsstätte gibt (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2016 - 9 ZB 14.1147 - juris). Hier zeigt gerade der Vergleich des gegenständlichen Vorhabens mit dem von der Beklagten mit Bescheid vom 17. Mai 2016 genehmigten Vorhaben, dass das geplante Wettbüro mit einer Fläche von mehr als 60 m2 und der in den Bauvorlagen dargestellten Einrichtung, insbesondere den Quotenmonitoren, sich in maßgeblicher Weise von der genehmigten kleinen Wettannahmestelle entsprechend den mit Bescheid vom 17. Mai 2016 genehmigten Bauvorlagen unterscheidet.

Dabei teilt das Gericht in Übereinstimmung mit den Parteien die Auffassung, dass es sich im Hinblick auf die Größe und Ausstattung und die daraus resultierende Attraktivität des Wettbüros nicht um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handelt.

2. Die Kammer geht davon aus, dass sich die hier maßgebliche Umgebung um das Baugrundstück nicht in den Typenkatalog der §§ 2 bis 11 BauNVO einstufen lässt, so dass kein Baugebiet im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, sondern eine Gemengelage, bei der die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB zu prüfen ist. Dabei geht die Kammer insbesondere auch auf Grund der Ergebnisse des Augenscheins davon aus, dass die hier maßgebliche Umgebung für die Bestimmung des Gebietstyps, d.h. das Umfeld, das auf das Bauvorhaben einwirkt bzw. auf das das Bauvorhaben Auswirkungen hat, aus dem Bereich beidseits der … von den Anwesen … westlich und … östlich der … im Norden bis zum Anwesen … östlich der … im Süden sowie dem Bereich südlich der …, östlich der … und nördlich der …, also dem Karree, in dem sich das Baugrundstück befindet, besteht. Die Einbeziehung der Nutzungen entlang der … ergibt sich dabei nach Auffassung der Kammer daraus, dass sich die optische Wirkung des Bauvorhabens dort auswirkt sowie der von diesem ausgelöste Verkehr sich entlang der … bewegt, wobei auf Grund des leichten Versatzes der Bereich südlich der … hier wohl nicht mehr einzubeziehen ist, während die unmittelbar nördlich am … gelegenen Gebäude … bis … noch im Blickbereich liegen. Die Einbeziehung des Blockinnenbereichs bis zur … erscheint der Kammer auch deshalb als angezeigt, weil sich der von einem Vorhaben ausgelöste Parksuchverkehr häufig um das Straßengeviert herum bewegt, in dem sich das Baugrundstück befindet; hinzu kommt, dass hier durch die rückwärtige Tür des Wettbüros ein Zugang zum rückwärtigen Bereich für die Kunden und Nutzer geschaffen ist, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Auswirkungen des Wettbüros sich ausschließlich auf die Straßenfront beziehen. Auch die Planungsbehörde der Beklagten hat diesen Blockinnenbereich als nähere Umgebung in die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit einbezogen.

Innerhalb des so eingegrenzten Bereichs befinden sich neben der insbesondere in den Obergeschossen, aber auch in den Anwesen etwa …, … und …, …, … und … oder in der … vorhandenen reinen Wohngebäuden zahlreiche gewerbliche Nutzungen, vorwiegend im Erdgeschossbereich. Darunter sind Nutzungen wie die große Geschäftsstelle der Sparkasse am …, die sich über mehrere Gebäude und zwei Geschosse erstreckt, oder dem Obstgeschäft …, das drei Gebäude auf drei Buchgrundstücken ausschließlich gewerblich nutzt, aber auch gastronomische Nutzungen in den Anwesen …, und …, die wegen der genehmigten oder geduldeten Betriebszeit in einem allgemeinen Wohngebiet unverträglich wären.

Dies gilt insbesondere für das Anwesen …, in dem auf Grund der Baugenehmigung von 1903 eine Gaststätte betrieben werden darf, ohne dass zeitliche Beschränkungen durch eine Betriebsbeschreibung oder Auflagen vorhanden wären. Auf Grund der geltenden Verordnung der Stadt … über die Sperrzeit für Gaststätten und öffentliche Vergnügungsstätten vom 23. Mai 2007 gilt für diese Gaststätte die gemäß § 8 Abs. 1 GastV generell geltende Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr, da die verlängerte Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung der Beklagten auf diesen Betrieb nicht anwendbar ist. Hinzu kommt, dass für diesen Betrieb in der Tekturgenehmigung vom 18. November 1994 in Auflage Nr. 5 Immissionsrichtwerte für den gesamten vom Betrieb dieser Gaststätte ausgehenden Lärm von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) für die Nachbarschaft festgesetzt wurden, was den Werten für ein Misch- oder Dorfgebiet, nicht aber für ein allgemeines Wohngebiet entspricht. Das in Auflage Nr. 4 dieses Bescheids vorgeschriebene Schalldämmmaß für die Decke über dem gesamten Gaststättenbereich wurde im letzten Satz dieser Auflage ausgesetzt, solange keine Missstände bekannt würden, was bisher soweit ersichtlich auch nicht geschehen ist. Wie der Augenschein ergeben hat, wird die Gaststätte auch tatsächlich von 10.00 Uhr bis 5.00 Uhr früh betrieben in Form einer Art Bar mit Cafe, so dass es sich insoweit um eine Vergnügungsstätte, nicht aber um eine in einem allgemeinen Wohngebiet verträgliche Gaststätte handelt.

Im Anwesen … wird nach den Feststellungen beim Augenschein ein Sportcafe betrieben, in dem nach der Fensterbeklebung wohl Wetten angenommen als auch türkische Spartensender für Sportübertragungen gezeigt werden. Gegen diese Nutzung ist soweit ersichtlich von der Beklagten bisher nicht eingeschritten worden, obwohl nach den vorgelegten Unterlagen für das Erdgeschoss dieses Gebäudes lediglich die Baugenehmigung für einen türkischen Kulturverein, nicht aber für einen Gaststättenbetrieb und keinesfalls für ein mögliches Wettbüro, vorliegt. Darauf kam es aber hier entscheidungserheblich ebenso wenig an wie auf die Nutzung des Imbisses im Anwesen …, der laut Aufkleber täglich bis 5.00 Uhr Früh und Sonntag bis 24.00 Uhr geöffnet sein soll. Auch hier ist von einem Einschreiten der Beklagten nichts bekannt, obwohl laut den vorgelegten Unterlagen die Baugenehmigung nur eine Gaststättennutzung bis 22.00 Uhr erlaubt.

Allein schon wegen der genehmigten Nutzung im Anwesen … scheidet hier das Vorliegen eines allgemeinen Wohngebietes aus, da nach der Zweckbestimmung des § 4 BauNVO ein Wohngebiet vorwiegend dem Wohnen dient, weshalb insbesondere der Schutz der Nachtruhe in diesem Gebiet besondere Bedeutung hat (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Anm. 20 zu § 4 BauNVO). Gegen das Vorliegen eines allgemeinen Wohngebietes im hier maßgeblichen Bereich spricht darüber hinaus auch die gewerbliche Prägung zahlreicher Grundstücke beidseits der … im hier gegenständlichen Bereich, insbesondere durch den Obstladen auf drei Buchgrundstücken, sowie die beiden großen Bankfilialen der … und der …, aber auch durch die praktisch durchgehende gewerbliche Nutzung der Erdgeschosse in diesem Bereich, die selbst bei einer Heranziehung nur der Nutzungen beidseits der … ohne den rückwärtigen Blockinnenbereich westlich davon das Vorliegen eines allgemeinen Wohngebietes ausschlössen.

Ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO liegt hier nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht vor. Zwar wären die hier vorhandenen Nutzungen einschließlich der Gaststätten sowie der Vergnügungsstätte in der … in einem Mischgebiet generell oder zumindest ausnahmsweise zulässig, allerdings spricht das deutliche Überwiegen der Wohnnutzung, insbesondere auch die rein wohngenutzten Gebäude im Bereich des hier gegenständlichen Karrees gegen eine gleichwertige und gleichgewichtige Verteilung von Wohnen und Gewerbe und damit gegen ein Mischgebiet. Selbst wenn man aber vom Vorliegen eines Mischgebietes etwa bei einer Beschränkung der maßgeblichen Umgebung auf den Bereich unmittelbar beidseits der … ausginge, stünde dies der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der gegenständlichen Nutzung nicht entgegen, da im Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO Vergnügungsstätten im überwiegend gewerblich geprägten Bereich generell und nach § 6 Abs. 3 BauNVO im übrigen Bereich ausnahmsweise zulässig sind, wobei planungsrechtliche Gründe für die Ablehnung der hier geplanten Vergnügungsstätte nicht ersichtlich sind.

Die hier vorliegende Gemengelage ist durch Gewerbe, insbesondere beidseits der … und dort überwiegend in den Erdgeschossen, aber auch durch die gastronomischen Nutzungen, insbesondere die an der südlich der … gelegenen, geprägt, aber auch durch umfangreiche Wohnnutzung sowie durch die vorhandene und genehmigte Vergnügungsstätte in der …

3. Das hier gegenständliche Vorhaben fügt sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB sowohl nach Art als auch nach Maß der baulichen Nutzung und den übrigen Kriterien in dieser Vorschrift in die in der Umgebung vorhandene Bau- und Nutzungsstruktur ein. So ist bereits eine Vergnügungsstätte in der … vorhanden und genehmigt, deren Öffnungszeit und deren Belästigungsgrad für die Umgebung über den vom gegenständlichen Vorhaben im Hinblick auf die Art der Nutzung und die Betriebszeiten zu erwartenden hinausgehen dürfte. Damit ist das geplante Vorhaben in der hier maßgeblichen Umgebung nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, zumal es sich um eine Nutzungsänderung innerhalb eines vorhandenen Gebäudes handelt, für das dort bisher eine gewerbliche Nutzung als Bankfiliale genehmigt war. Nachdem Werbeanlagen nicht Gegenstand der Klage sind, ist auch eine Beeinträchtigung des Ortsbilds nicht zu befürchten. Aber auch eine fehlende Rücksichtnahme auf die in der Umgebung vorhandenen Nutzungen, etwa auf die in den Obergeschossen des Gebäudes vorhandene Wohnnutzung, ist nicht zu erwarten. Eine solche Auswirkung auf die Wohnnutzung in den Obergeschossen des Gebäudes wurde weder von der Beklagten vorgetragen noch ist sie ersichtlich, dafür sprechen auch die Art des Betriebs, sowie der separate Eingang. Damit aber ist das Verfahren nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig.

Nachdem weitere Ablehnungsgründe von der Beklagten im angefochtenen Bescheid nicht herangezogen wurden, bleibt das Bauplanungsrecht alleiniger Prüfungsgegenstand auch im gerichtlichen Verfahren. Daneben sind sonstige Ablehnungsgründe nicht ersichtlich, insbesondere ist im Hinblick auf den Verzicht auf jegliche Werbeanlagen im Rahmen der gegenständlichen Baugenehmigung und im gerichtlichen Verfahren eine Beeinträchtigung in der Umgebung befindlicher denkmalrechtlich geschützter Gebäude nicht zu befürchten.

Damit war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Der Streitwert wurde von der Kammer in Anlehnung an die Regelungen im Streitwertkatalog für Spielhallen festgesetzt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens K. ..., als Wettbüro.

Der Kläger betreibt als Pächter im Erdgeschoss des Gebäudes K. ..., Gemarkung/Fl.Nr. ... auf einer Gesamtfläche von ca. 47,5 qm ein Wettbüro in Räumlichkeiten, die mit Baugenehmigung vom 15. September 1970 als „Cafe“ baurechtlich genehmigt wurden. Das maßgebliche Grundstück befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs eines einfachen Bebauungsplans.

Im Rahmen einer Ortseinsicht durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde am 1. Februar 2012 festgestellt, dass die als „Cafe“ baurechtlich genehmigte Einheit im o.g. Anwesen als „Wettannahmestelle“ genutzt und betrieben wird. Nach Angaben des Klägers, der Pächter der Räumlichkeiten ist, besteht die Nutzung als Wettbüro seit November 2011. Nach den Feststellungen im Rahmen der Ortseinsicht sind die Räumlichkeiten u. a. mit drei Flachbildschirmen, vier Spielautomaten, Sitzgelegenheiten sowie einer Kasse für die Wettannahme ausgestattet. Es wurden verschiedene Wettprogramme angeboten und auf den Tischen waren Wettscheine ausgelegt. An den Schaufenstern und an der Eingangstüre befanden sich Beklebungen mit der Aufschrift „...“ und „...“.

Nach der Gewerbeanmeldung des Klägers besteht der Betrieb seit dem 30. Januar 2012. Die Betriebstätigkeit wurde mit „Sportcafe „...“ mit der Abgabe von alkoholfreien Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle sowie Vermittlung von Sportwetten“ umschrieben.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 wurde der Kläger sowie die Eigentümerin der Räumlichkeiten aufgefordert, die Nutzung bis zum 29. Juli 2013 aufzugeben. Nach Akteneinsicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers teilte er mit Schreiben vom 28. August, 19. September und 30. September 2013 mit, dass unter Bezugnahme auf eine bauplanungsrechtliche Einschätzung der Bauordnungsbehörde der Beklagten für das Grundstück Gemarkung ... ..., Fl.Nr. ..., L.-straße ...vom Mai 2011, Az.: ... die Umgebungsbebauung einem Mischgebiet entspreche und die ausgeübte Nutzung daher genehmigungsfähig sei.

Im Rahmen einer Ortseinsicht der Beklagten vom 16. September 2013 wurde festgestellt, dass die Nutzung als Wettbüro weiterhin fortbesteht.

Mit Schreiben vom 13. November 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Umgebungsbebauung durch das Stadtplanungsamt der Beklagten erneut begutachtet worden sei. Danach handele es sich bei der Umgebungsbebauung gerade nicht um ein Mischgebiet sondern um ein allgemeines Wohngebiet, in dem ein Wettbüro als eine Vergnügungsstätte nicht zulässig sei. Der Kläger wurde zur beabsichtigten Nutzungsuntersagung angehört.

Mit Bescheid vom 22. November 2013 wurde der Kläger verpflichtet, die Nutzung als Wettbüro der im Erdgeschoss des Anwesens K. ... befindlichen Räumlichkeiten innerhalb eines Monats ab Unanfechtbarkeit des Bescheides aufzulassen. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Nutzung als Wettbüro sei nicht genehmigt und nicht genehmigungsfähig, da die nähere Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet entspreche. In dieser Umgebung nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO sei das als Vergnügungsstätte zu qualifizierende Wettbüro nicht zulässig. Der im Anwesen L.-straße ... befindliche metallverarbeitende Betrieb habe als atypischer Einzelfall keine gebietsprägende Wirkung. Im Umfeld des Wettbüros dominiere die Wohnnutzung, so dass selbst bei Qualifizierung als Mischgebiet die Vergnügungsstätte nicht zulässig wäre. Die Wohnnutzung werde durch das Vorhaben unzumutbar gestört. Darüber hinaus sei durch die Wettbüronutzung ein Trading-Down-Effekt zu befürchten.

Der Bescheid wurde per Empfangsbekenntnis den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 2. Dezember 2013 zugestellt.

Mit einem am 23. Dezember 2013 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 13. November 2013 Klage erhoben.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 22. November 2013 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Zwar sei die Nutzungsänderung von einem Cafe zu einer Wettannahmestelle gemäß Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig und das Vorhaben somit zunächst formell illegal. Allerdings werde die Einreichung eines Bauantrags vom Kläger in nächster Zeit versichert. Die formelle Illegalität reiche für eine Nutzungsuntersagung nicht aus, wenn das Vorhaben, wie vorliegend, offensichtlich genehmigungsfähig sei. Bei dem hier in Rede stehenden tatsächlichen Baugebiet entlang des K.- unter Einbeziehung der J.-straße, der B.-straße bis hin zur L.-straße handele es sich nicht um ein allgemeines Wohngebiet. Vielmehr entspreche die Eigenart der näheren Umgebung i. S. v. § 34 BauGB einem faktischen Mischgebiet. Diese Einschätzung habe die Beklagte auch bezüglich eines in unmittelbarer Nähe befindlichen Grundstückes (L.-straße ..., Gemarkung ... ..., Fl.Nr. ...) so nachweislich getroffen. Neben der Wohnnutzung fänden sich in dem Gebiet auch etliche Handwerksbetriebe, Ladengeschäfte, Gaststätten und Ähnliches. Dieses Gebiet sei überwiegend von diesen gewerblichen Nutzungen geprägt, so dass das klägerische Vorhaben gemäß §§ 30 Abs. 3, 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig sei. Dies gelte unabhängig davon, ob das Vorhaben als Vergnügungsstätte oder aber als Ladengeschäft zu qualifizieren sei. Der Einschätzung der Beklagten, es handele sich bei der Wettannahmestelle des Klägers um eine Vergnügungsstätte i. S. v. § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO werde vorsorglich entgegengetreten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 17. Januar 2014,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, eine Genehmigung für die Nutzung als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte liege nicht vor. Die Nutzung sei auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig, da die nähere Umgebung als allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO einzustufen sei. Dies ergebe sich bereits aus der Fotodokumentation des Klägers über die nähere Umgebung. Auch sei im gerichtlichen Verfahren AN 3 K 09.00911, AN 3 E 09.00694 und AN 3 S 09.00695 zu einem Bauvorhaben im K. ... die Einstufung der Umgebungsbebauung als allgemeines Wohngebiet erfolgt. Die anlässlich eines Bauvorhabens auf dem Anwesen L.-straße ... im Jahr 2011 getroffene Feststellung des Stadtplanungsamtes, sei nicht korrekt gewesen. Im Übrigen wird auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen.

Am 30. April 2015 hat die Kammer Beweis durch Einnahme eines Augenscheins am Vorhabensgrundstück und in dessen näherer Umgebung erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs von Augenschein und mündlicher Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. November 2013 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer Anlage untersagt werden, wenn sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Eine Nutzung von Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 -; U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris). Die Nutzungsuntersagung hat gleichsam einer Baueinstellung die Funktion, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen. Über die formell rechtswidrige Nutzung hinaus ist daher nicht zu prüfen, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 -; B.v. 30.8.2007 - 1 CS 07.1253 -; BayVGH, B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - jeweils juris).

Nach diesen Vorgaben ist die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung nicht zu beanstanden. Die Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten als Wettbüro steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, da es sich um eine nicht genehmigte, aber baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung handelt (vgl. nachfolgend 1.). Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist keine Ermessensfehler auf (vgl. nachfolgend 2.), sie ist insbesondere verhältnismäßig, da die geänderte Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. nachfolgend 2.1.). Auch die Auswahl des in Anspruch genommenen Adressaten ist nicht zu beanstanden (vgl. nachfolgend 2.2.). Die Androhung eines Zwangsgeldes begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. nachfolgend 3.).

1. Die im Erdgeschoss des Gebäudes K. ..., Gemarkung ..., Fl.Nr. ..., ..., ausgeübte Nutzung als Wettbüro ist in formeller Hinsicht rechtswidrig, da die erforderliche Nutzungsänderungsgenehmigung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO nicht vorliegt.

Nach dem Grundsatz in Art. 55 Abs. 1 BayBO bedürfen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung, soweit in Art. 56 bis 58, 72 und 73 BayBO nichts anderes bestimmt ist. Eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne des Art. 55 Abs. 1 BayBO liegt vor, wenn durch die Verwirklichung des Vorhabens im Wege einer neuen Zweckbestimmung die einer jeden Art von Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und für die geänderte Nutzung andere bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen können als für die bisherige Nutzung (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86; U.v. 18.5.1982 - 1 B 179/79 -, BayVBl. 1983, 656). Der bauordnungsrechtliche Begriff der Nutzungsänderung stimmt mit dem bauplanungsrechtlichen Begriff der Nutzung im Sinne des § 29 BauGB überein (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1988 - 4 C 50/87 -, NVwZ-RR 1989, 340). Eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ist ebenfalls ein Vorhaben, durch dessen Verwirklichung die bisherige Variationsbreite der genehmigten Nutzung verlassen wird und bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfähigkeit unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt.

Die Änderung der Nutzung von einem Cafe in ein Wettbüro ist nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei zulässig, da für die neue Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen in Betracht kommen, als für die bisherige Nutzung. Nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist die Änderung der Nutzung von Anlagen verfahrensfrei, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen oder die Errichtung oder Änderung der Anlagen nach Art. 57 Abs. 1 und 2 BayBO verfahrensfrei wäre. Eine Verfahrensfreiheit nach dieser Bestimmung scheidet bereits dann aus, wenn es möglich erscheint, dass an die neue Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu stellen sind als an die bisherige Nutzung. Dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesformulierung, wonach es darauf ankommt, ob für die neue Nutzung andere Vorschriften „in Betracht kommen“. Ob an die neue Nutzung tatsächlich weitergehende oder andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu stellen sind, ist im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen.

Hinsichtlich der von einem Cafe in ein Wettbüro geänderten Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten kommen andere öffentlich-rechtliche Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 BayBO, insbesondere bauplanungsrechtlicher Art, in Betracht als für die bisherige Nutzung.

Eine Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinn liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2011 - 4 C 10/09 - DVBl 2011, 358, m. w. N.). Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung wird dabei auch dann überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (vgl. BVerwG a. a. O.).

Für die streitgegenständlichen Räumlichkeiten wurde mit der Baugenehmigung vom 15. September 1970 eine Nutzung als „Cafe“ genehmigt. Die Variationsbreite dieser genehmigten Nutzung wird durch die zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Nutzungsuntersagung ausgeübte und aktuelle Nutzung als Wettbüro überschritten, da die beiden Nutzungen einer unterschiedlichen planungsrechtlichen Beurteilung unterliegen.

Die baurechtlich genehmigte Nutzung als „Cafe“ stellt sich als eine gebietsversorgende Schankwirtschaft im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO dar. Gebietsversorgend ist eine Schankwirtschaft dann, wenn sie nach Standort, Größe, Raumeinteilung, Ausstattung und betrieblicher Konzeption geeignet ist, überwiegend von den Bewohnern des Gebietes aufgesucht zu werden und damit dem Gebiet funktional zugeordnet ist. Im Hinblick auf die Lage und die Größe der Räumlichkeiten ist für die vormalige Nutzung als Cafe von einer gebietsversorgenden Schankwirtschaft auszugehen.

Demgegenüber handelt es sich bei der nunmehr ausgeübten streitgegenständlichen Nutzung als Wettbüro um eine Nutzung, die als Vergnügungsstätte zu qualifizieren ist.

Die Nutzungsart „Wettbüro“ beschreibt keinen feststehenden Betriebstyp und kann bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise keiner der in der Baunutzungsverordnung genannten Nutzungsarten eindeutig zugeordnet werden (OVG NRW, B.v. 18.10.2005 - 10 B 1600/05 - juris; vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO-Komm., 11. A. 2008, § 4a RdNr. 23.69). Wettbüros unterscheiden sich gleichwohl deutlich von den Ladengeschäften der Toto-Lotto-Annahmen, die gleichzeitig Zeitungen, Schreib- und Tabakwaren verkaufen (vgl. Fickert/Fieseler a. a. O., Rn. 23.69). In Abgrenzung zu einem Ladengeschäft oder einem sonstigen Gewerbebetrieb ist Kennzeichen einer Vergnügungsstätte, dass sie als besondere Art von Gewerbebetrieb durch die kommerzielle Unterhaltung der Besucher geprägt wird und dabei in unterschiedlicher Ausprägung unter Ansprache des Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstriebs einer bestimmten gewinnbringenden Freizeitunterhaltung dient (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O. Rn. 22). Als bauplanungsrechtlicher Nutzungsbegriff sind Vergnügungsstätten durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Komm., Stand 01/2011, § 4a BauNVO Rd.Nr. 69, Stand 01/2013, § 6 BauNVO RdNr. 42). In Abgrenzung zum gewerberechtlichen oder steuerrechtlichen Begriff einer Vergnügungsstätte gewinnt baurechtlich das Merkmal der städtebaurechtlichen Relevanz, mithin die Frage der mit der Nutzungsart verbundenen Auswirkungen an Bedeutung (Fickert/Fieseler, a. a. O., Rn. 22.1).

Beim Begriff des „Ladens“ handelt es sich um einen eigenständigen planungsrechtlichen Nutzungsbegriff, der in den Baugebietskatalogen der Baunutzungsverordnung den Wohngebieten zugewiesen ist und üblicherweise Verkaufsstellen bezeichnet, die sich aufgrund ihrer geringen Größe sowie eines eingeschränkten Warensortiments von Waren- und Kaufhäusern unterscheiden. Hierunter fallen auch ladenmäßig betriebene Gewerbebetriebe ohne Bezug zum Handel wie etwa Videoverleihe, Annahmestellen für Reinigungen oder auch Lotto- und Toto-Annahmestellen, die häufig im Verbund mit einer Verkaufsstelle (Kiosk) betrieben werden (vgl. VG München, U.v. 18.11.2013 - M 8 K 12.6444 - juris mit Verweis auf König/Rösner/Stock, BauNVO-Komm., 2. Aufl. 2003, § 4 RdNr. 21 m. w. N.).

Als „Wettbüros“ werden gemeinhin Betriebe bezeichnet, in denen zwischen dem Kunden, dem Wettbüro als Vermittler und dem häufig im europäischen Ausland ansässigen Wettunternehmen Sportwetten oder Wetten auf diverse sonstige Ereignisse abgeschlossen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel (vgl. BVerfG, U. v. 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276/304 ff.). Die suchtfördernde Wirkung von Spielhallen und Wettbüros begründet daher zu berücksichtigende negative Auswirkungen auf die Umgebungsbebauung und damit eine besondere städtebauliche Relevanz. Ein „Wettbüro“ lässt sich in verschiedenen Formen betreiben, die sich unter Zulässigkeitsgesichtspunkten deutlich voneinander abheben und auch gegenüber einer Ladennutzung wesentliche Unterschiede aufweisen können (vgl. OVG NRW, B.v. 18.10.2005 - 10 B 1600/05 - juris RdNr. 4). Unter Berücksichtigung der städtebaulich relevanten Auswirkung der Nutzung können Wettbüros je nach konkreter Ausgestaltung als Vergnügungsstätte zu bewerten sein (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris RdNr. 4; OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635).

Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen Ladengeschäft bzw. Gewerbebetrieb und einer Vergnügungsstätte sind neben der Ausgestaltung der Räumlichkeiten, das nach der Betriebskonzeption vorgehaltene Freizeitangebot, das jeweilige Zielpublikum sowie die jeweiligen Öffnungszeiten, da insoweit differierende Auswirkungen auf die Umgebung zu erwarten und damit eine andere städtebauliche Relevanz gegeben ist. Bieten die Räumlichkeiten, insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen sowie das Vorhalten von Sitzgelegenheiten oder Stehtischen Gelegenheit zum geselligen Aufenthalt, unterscheidet sich ein Wettbüro wesentlich von einer herkömmlichen ladenmäßig betriebenen Lotto-Toto-Annahmestelle (vgl. VG München, B.v. 12.10.2012 - M 8 S 12.3745 -; VG Ansbach, U.v. 9.4.2014 - AN 9 K 13.01367 - jeweils juris).

Nach der obergerichtlichen Verwaltungsrechtsprechung ist entscheidend für die Charakterisierung einer Lokalität als Wettbüro, dass die Räumlichkeiten, insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen, Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen und Sportwetten oder ähnliche Wetten abzuschließen (vgl. OVG NRW, B.v. 6.2.2014 - 2 A 2261/13 -; VGH Hessen, B.v. 19.9.2006 - 3 TG 2161/06 -; OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 -; BayVGH, B.v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 -; VGH Baden-Württem-berg, B.v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - und B.v. 15.10.2013 - 2 S 2514/12 - jeweils juris). Von einer bloßen Wettannahmestelle kann dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert werden, sich dort länger aufzuhalten und in geselligem Beisammensein Wetten abzuschließen oder Wettergebnisse abzuwarten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz a. a. O.). Bei einer Ausgestaltung der Räumlichkeiten mit Bildschirmen zur Verfolgung der Wettangebote bzw. -ergebnisse oder Sportereignisse, Aufenthaltsgelegenheiten durch eine entsprechende Größe sowie entsprechendes Mobiliar (Sitzgelegenheiten, Stehtische oder Ähnliches) sowie der möglichen Abgabe von Getränken, können Wettbüros bauplanungsrechtlich nicht dem Nutzungstyp „Laden“ oder „Gewerbebetrieb“ zugeordnet werden. Sie sind vielmehr als Vergnügungsstätte zu qualifizieren, da sie unter Ansprache des Spieltriebs ein bestimmtes gewinnbringendes Freizeitangebot vorhalten (vgl. VGH Hessen, B.v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143; OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 14.4.2011 a. a. O.). Wettbüros sind somit jedenfalls dann als Vergnügungsstätten zu qualifizieren, wenn sie nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen bieten, sondern zu einem wesentlichen Teil auch der Unterhaltung, dem Aufenthalt und dem geselligen Austausch dienen (vgl. VGH Baden-Württemberg v. 1.2.2007 a. a. O.; OVG Rheinland-Pfalz vom 14.4.2011 a. a. O.; VG Ansbach, U.v. 9.4.2014 - AN 9 K 13.01321 - und U.v. 15.5.2013 - AN 9 K 12.01411 und AN 9 K 12.01101 -; VG München, U.v. 10.11.2014 - M 8 K 14.389 - und B.v. 24.9.2012 - M 8 KS 12.3890 -; VG Augsburg, U.v. 13.11.2014 - AU 5 K 13.858 - und U.v. 30.1.2014 - AU 5 K 13.777 - jeweils juris). Als wesentliches Indiz für die eine Vergnügungsstätte kennzeichnende kommerzielle Unterhaltung der Besucher ist die jeweilige räumliche Ausgestaltung, die zu einem längeren Aufenthalt in geselligem Beisammensein animiert. Insbesondere das gemeinsame Verfolgen von Wettangeboten und -ergebnissen sowie gegebenenfalls Sportereignissen sind als wesentliche Elemente anzusehen, um die Spieler nach der getätigten Wette zum weiteren Verbleib in den Räumlichkeiten zu animieren. Auf die Ausstattung mit Sitzmöbeln oder Ähnlichem und das Angebot von Getränken sowie auf die konkrete Bezeichnung des Vorhabens kann es dabei nicht maßgeblich ankommen (vgl. ebenso VGH Baden-Württemberg, B.v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 -; VG Saarland, U.v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - jeweils juris m. w. N.). Wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten und des „fließenden Übergangs“ zu einer Vergnügungsstätte gilt es, einer missbräuchlichen Nutzung vorzubeugen, so dass etwaig verbleibende (Rest-) Zweifel hinsichtlich der Qualifizierung als Vergnügungsstätte zulasten des Bauherrn gehen (vgl. VG Berlin, U.v. 28.4.2014 - 19 K 146.13 - juris).

Gemessen an diesen Vorgaben erscheint es nicht zweifelhaft, dass es sich bei dem vom Kläger betriebenen Wettbüro um eine Vergnügungsstätte handelt. Durch das Aufstellen zahlreicher Bildschirme, einer größeren Anzahl von Sitzgelegenheiten und der Abgabe von Getränken wurde ersichtlich ein auf ein längeres Verweilen der Wettkunden abzielendes Ambiente geschaffen. Auch die gewerberechtlich angemeldete Betriebsbeschreibung „Sportcafe „...“ mit Abgabe von alkoholfreien Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle und Vermittlung von Sportwetten“ lässt erkennen, dass der Betrieb ersichtlich nicht lediglich darauf angelegt ist, Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszubezahlen, sondern vielmehr auch dem Zweck dient, u. a. die Sportereignisse, auf die die Kunden gewettet haben, auf den Bildschirmen zu verfolgen.

Bei der streitgegenständlichen Nutzung handelt es sich somit um eine Vergnügungsstätte, an die andere bauplanungsrechtliche Anforderungen zu stellen sind als an die genehmigte Nutzung. Die erfolgte Nutzungsänderung von einem Cafe in ein Wettbüro weist damit auch die für ein Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB erforderliche bodenrechtliche Relevanz auf.

Die erfolgte Nutzungsänderung ist genehmigungspflichtig nach Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO. Mangels Vorliegens der erforderlichen Baugenehmigung ist das Vorhaben formell baurechtswidrig; die ausgeübte Nutzung steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne von Art. 76 S. 2 BayBO.

2. Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei innerhalb der gesetzten Grenzen und unter Berücksichtigung des Zwecks der Eingriffsermächtigung ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, bestimmt (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris; BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris RdNr. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss dabei in einer Weise vorgehen, mit der die ihr obliegende Aufgabe, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen, möglichst effektiv erfüllt wird. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor, muss im Regelfall nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 a. a. O.). Eine weitergehende Begründung der Ermessenserwägung ist somit entbehrlich, da es sich bei den durch Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumten Entschließungsermessen um ein sogenanntes intendiertes Ermessen handelt, die Vorschrift daher für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne, nämlich hin zur Nutzungsuntersagung ausgeht, und besondere Gründe vorliegen müssen, um ausnahmsweise eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen.

Nach diesen Vorgaben ist die Ermessensbetätigung der Beklagten nicht zu beanstanden.

Die angeordnete Nutzungsuntersagung ist verhältnismäßig, insbesondere da das genehmigungspflichtige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. nachfolgend 2.1.). Auch die Auswahl des in Anspruch genommenen Adressaten ist nicht zu beanstanden (vgl. nachfolgend 2.2.).

2.1. Die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung erweist sich auch insoweit nicht als unverhältnismäßig, als das genehmigungspflichtige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist.

Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vergeblich nach Art. 76 S. 3 BayBO zur Stellung eines Bauantrages aufgefordert zu haben, wäre nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 30.8.2007 - 1 CS 07.1253 - juris; BayVGH, B. v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayVBl 2005, 369).

Einer abschließenden Aussage über die materielle Rechtmäßigkeit des Vorhabens steht bereits entgegen, dass es mangels Vorliegens von Bauantragsunterlagen mit einer detaillierten Betriebsbeschreibung schon an einer eindeutigen und prüffähigen Darstellung des Vorhabens, anhand dessen die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen wäre, fehlt. Gleichwohl lässt sich bezüglich der ausgeübten Nutzung als Wettbüro auch ohne Bauantragsunterlagen feststellen, dass diese Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist.

Das streitgegenständliche Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans und ist bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).

Als für das Vorhaben maßgebliche „nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des betroffenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, S. 369 ff. sowie zuletzt BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - juris Rn. 7 m.w.N; ; B.v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris; B.v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris; B.v. 2.10.2014 - 15 ZB 13.819 - juris Rn. 6). Auch für die Beurteilung eines Bereichs als faktisches Baugebiet ist die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblich (BVerwG, B.v. 11.2.2000 - 4 B 1/00 = juris Rn. 16).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Augenschein stellt sich die nähere Umgebung des streitgegenständlichen Vorhabens als allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO dar.

Die maßgebende nähere Umgebung reicht soweit, wie einerseits die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst und andererseits die Ausführung des Vorhabens sich auf die Umgebung auswirken kann (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2000 - 4 B 1/00 - juris). Die Grenze der näheren Umgebung lässt sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern ist nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das Vorhabensgrundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris). Ob eine Straße insoweit eine trennende oder verbindende Wirkung hat, ist eine Frage des Einzelfalles (vgl. BayVGH, B.v. 20.9.2012 - 15 ZB 11.460 - juris).

Die maßgebende nähere Umgebung wird für das streitgegenständliche Vorhaben im Wesentlichen durch den K., dessen beiderseitige Bebauung bis zur L-straße, die L-straße und die P. Straße sowie in Verbindung zum K. die J.-straße bestimmt. Die J.-straße weist als stark frequentierte Verkehrsachse hinsichtlich der gegenüberliegenden Straßenseite eine trennende Wirkung auf. Nach den Erkenntnissen im Augenschein ist die nähere Umgebung in dem Straßengeviert K.P. Straße, L-straße und J.-straße durch überwiegende Wohnnutzung geprägt. In der unmittelbaren Umgebung im K. finden sich abgesehen von der Wohnnutzung in den Erdgeschossen ein Schreibwarenladen, Ladengeschäfte für Zoobedarf und Schmuckdesign, eine soziale Betreuungseinrichtung für Kinder, ein Friseursalon sowie zwei Gaststätten. Die oberen Stockwerke der drei- bis viergeschossigen Gebäude sind wohngenutzt. In der P. Straße hat der Augenschein ergeben, dass neben einer Bäckerei, einer Gaststätte, einer Sanitärfirma, einer psychologischen Praxis sowie einer Zahnarztpraxis der Straßenzug durch Wohnnutzung geprägt ist. In der L-straße findet sich eine Büronutzung durch einen Immobilienmakler, eine Gaststätte sowie im Rückgebäude des Anwesens Nr. ... ein metallverarbeitender Betrieb. Im Übrigen ist der Straßenzug ebenfalls durch Wohnnutzung geprägt.

Die in den Erdgeschossen der Umgebungsbebauung anzufindende gewerbliche Nutzung stellt sich im Wesentlichen als der Versorgung des Gebietes dienenden Läden bzw. Gaststätten dar. Der im Rückgebäude des Anwesens L-straße ... befindliche metallverarbeitende Betrieb weist insoweit keine gebietsprägende Wirkung auf, zumal auch in den Rückgebäuden die Wohnnutzung vorherrscht. Abgesehen von teilweise gewerblichen Nutzungen in den Erdgeschossen einiger Gebäude sind in den Obergeschossen nahezu aller Gebäude Wohneinheiten untergebracht, so dass die Wohnnutzung die gewerblichen Einheiten im Erdgeschoss jeweils dominiert. Einige Anwesen der näheren Umgebung sind ausschließlich wohngenutzt. Insgesamt ergibt sich damit ein die Annahme eines faktischen Mischgebiets ausschließendes Übergewichts der Wohnnutzung gegenüber der nicht wesentlich störenden gewerblichen Nutzung.

Entgegen der klägerischen Auffassung liegt somit kein faktisches Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO vor. Nach § 6 Abs. 1 BauNVO dienen Mischgebiete dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Das von § 6 Abs. 1 BauNVO geforderte gleichwertige nebeneinander zweier Nutzungsarten setzt zum einen wechselseitige Rücksichtnahme der einen Nutzung auf die andere und deren Bedürfnisse voraus; es bedeutet zum anderen aber auch, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen darf (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 - 4 B 51/96 - juris m. w. N.). Eine solche Situation ist vorliegend jedoch nicht gegeben, da die Wohnnutzung in der maßgebenden näheren Umgebung gegenüber der gewerblichen Nutzung (einschließlich Laden- und Büronutzung) deutlich überwiegt. Die nähere Umgebung ist daher als faktisches allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO zu qualifizieren.

Das streitgegenständliche Vorhaben ist - wie ausgeführt - planungsrechtlich als Vergnügungsstätte zu beurteilen und im allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Das Vorhaben ist auch nicht gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB befreiungsfähig, da bei einer Befreiung hinsichtlich der Art der Nutzung im Regelfall bereits der Gebietscharakter als solcher tangiert wird. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, als Vergnügungsstätten und Wohnnutzungen als grundsätzlich nicht kompatibel anzusehen sind.

Auch wenn man die Umgebungsbebauung als Mischgebiet qualifizieren wollte, wäre das Vorhaben nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNV0 nicht zulässig, da der maßgebliche Gebietsteil, mithin die Umgebungsbebauung des streitgegenständlichen Vorhabens nicht überwiegend durch gewerbliche Nutzung, sondern durch Wohnnutzung geprägt ist.

Selbst bei einer Qualifizierung der maßgeblichen näheren Umgebungsbebauung als eine durch Wohnnutzung dominierte Gemengelage, würde sich das dann nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben nicht einfügen, da es sich nicht innerhalb des aus dieser Umgebung hervorgehenden Rahmens hält und aufgrund der negativen städtebaulichen Auswirkung von Vergnügungsstätten die dem hier streitigen Wettbüro und dem sich ergebenden Spannungsverhältnis zur Wohnnutzung als rücksichtslos darstellen würde (vgl. VG Berlin, U.v. 5.12.2013 - 13 K 2.13 - juris).

Die streitgegenständliche Nutzung stellt sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der Umgebungsbebauung somit nicht als offensichtlich genehmigungsfähig dar, so dass sich die angeordnete Nutzungsuntersagung insoweit als verhältnismäßig erweist.

2.2. Auch die Störerauswahl der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

Bauaufsichtsrechtliche Anordnungen ergehen gegenüber derjenigen Person, die die sicherheitsrechtliche Verantwortung für den baurechtswidrigen Zustand trägt. Mangels spezialgesetzlicher Regelungen in der Bayerischen Bauordnung ist für die Auswahl des in Anspruch zu nehmenden Adressaten auf die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere auf Art. 9 LStVG zurückzugreifen. Danach kann die Anordnung gegenüber dem sogenannten Handlungsstörer, dem Zustandsstörer oder dem Nichtstörer ergehen. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG). Zustandsstörer im Sinne von Art. 9 Abs. 2 LStVG ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder einer Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist.

Handlungsstörer ist bezogen auf die Nutzungsuntersagung also derjenige, der für die formell und materiell rechtswidrige Nutzung unmittelbar verantwortlich ist. Dies gilt in gleicher Weise für eine Person, die sich gegenüber der Bauaufsichtsbehörde als diejenige Person geriert, und der Hinweis auf die Verantwortlichkeit anderer Personen für den baurechtswidrigen Zustand unterbleibt (vgl. Simon/Busse, BayBO-Komm., Art. 76 RdNr. 164). Die baurechtswidrige Nutzung der Räumlichkeiten ist vorliegend dadurch veranlasst, dass der Kläger als Pächter der Räumlichkeiten durch die Ausübung des auf ihn persönlich angemeldeten Gewerbes „Sportcafe „...“ mit der Abgabe von alkoholfreien Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle sowie Vermittlung von Sportwetten“ betreibt, so dass eine Nutzungsänderung der genehmigten Cafe-Nutzung in eine Nutzung als Wettbüro erfolgte. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Kläger schuldrechtlich hierzu berechtigt war. Ebenso wenig ist eine Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung einer Nutzungsuntersagung gegenüber dem Kläger als Handlungs- und auch Zustandsstörer (vgl. VG München, U.v. 23.6.2009 - M 1 K 09.421 - juris).

Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens unter mehreren Störern sind die Umstände des Einzelfalles, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, wird es dabei regelmäßig sachgerecht sein, den Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2001 - 1 ZB 01.664 - juris). Nach dem Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes ist es ermessensfehlerfrei, den Kläger als Mieter der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris).

Die verfahrensgegenständliche Nutzungsuntersagung gegenüber dem Kläger stellt sich danach nicht als unverhältnismäßig dar. Zur Herstellung rechtmäßiger Zustände ist derzeit ein geeignetes schonenderes Mittel der Gefahrenabwehr nicht ersichtlich. Der Kläger hat im Übrigen den formell illegalen Betrieb des Wettbüros und damit auch die mit der Nutzungsuntersagung verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen selbst zu vertreten.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG oder eine willkürliche Vorgehensweise der Beklagten ist nicht ersichtlich.

Die angefochtene Nutzungsuntersagung der Beklagten mit Bescheid 22. November 2013 erweist sich somit als ermessensgerecht.

3. Auch das angedrohte Zwangsgeld (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

Die Kläger wenden sich als Nachbarn und Eigentümer des Grundstücks FlNr. .../15 gegen die dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21. Januar 2013 erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Tagesstätte für Menschen mit Behinderung und zur Nutzungsänderung bestehender Gebäude auf dem östlich angrenzenden, aus den Grundstücken FlNr. .../16 (alt), .../17 (alt) und .../18 (alt) hervorgegangenen Grundstück FlNr. .../18 Gemarkung K. Der Beigeladene ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung von Maßnahmen und Einrichtungen der Lebenshilfe für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen. Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich südlich der I. Straße. Nach den genehmigten Bauunterlagen sollen im nördlichen, zu dieser Straße gerichteten Teil des Baugrundstücks neun Stellplätze errichtet werden. Der Neubau im Westen des Baugrundstücks soll nach der dem Bauantrag beigefügten Nutzungsbeschreibung der Unterbringung einer Tagesstätte für ca. 27 bis 36 Kinder und Jugendliche dienen. Die Bestandsgebäude im Osten sollen als Frühförderstelle genutzt werden. Südlich des Baugrundstücks und des Grundstücks der Kläger befinden sich auf dem Grundstück FlNr. .../22 bereits eine Tagesstätte und ein Kindergarten des Beigeladenen. An dieses schließt sich im Westen ein Kirchengrundstück (FlNr. .../2) und im Süden - durch eine Stichstraße (FlNr. .../23) getrennt - das mit Schulgebäuden bebaute Grundstück FlNr. .../25 an.

Die Klage der Kläger gegen die Baugenehmigung hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 17. Juli 2013 abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie die Abweichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger durch die angegriffene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt werden, weil das Vorhaben keinen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die auch ihrem (Nachbar-)Schutz dienen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 60 Abs. 1 Satz 1 BayBO i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist nicht ernstlich zweifelhaft.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger sind ihre Nachbarrechte nicht deswegen verletzt, weil aus der Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt zu entnehmen wäre, wie viele Gruppenförderungen pro Tag in der Frühförderung stattfinden.

Ein Baugenehmigungsbescheid muss als Verwaltungsakt (Art. 35 BayVwVfG) inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten (Art. 13 BayVwVfG) - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 27.7.1982 - 7 B 122.81 - Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 1; U. v. 22.1.1993 - 8 C 57.91 - NJW 1993, 1667 = juris Rn. 15). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht (vgl. BayVGH‚ U. v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris Rn. 13 m. w. N.; B. v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Gemessen daran liegt keine Rechtsverletzung vor. Denn zum einen kann der bei der Beklagten am 27. September 2012 eingegangenen Nutzungsbeschreibung zur Frühförderstelle (vgl. Blatt 71 der Behördenakte) sowie der schalltechnischen Untersuchung der I.-GmbH vom 23. Oktober 2012 (vgl. Blatt 99 ff., 104 der Behördenakte), die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Juli 2013 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurden (vgl. Blatt 306 f. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts), mit noch hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, dass Gruppenförderungen mit einer Dauer von jeweils 1,5 Stunden und unter Beteiligung von zwei Mitarbeitern und sechs bis acht Kindern zweimal wöchentlich stattfinden. Gleiches gilt hinsichtlich der Betriebszeiten der Förderstelle, die nach der (ergänzenden) Beschreibung in der schalltechnischen Untersuchung der I.-GmbH vom 23. Oktober 2012 auf die Zeit von 8 Uhr bis ca. 17 Uhr beschränkt ist (vgl. Blatt 103 der Behördenakte). Zum anderen ist nicht ersichtlich, inwieweit durch eine fehlende Festlegung der Gruppenangebote Nachbarrechte der Kläger verletzt sein könnten, zumal die Frühförderung in den vom Grundstück der Kläger abgewandten östlichen Gebäudeteilen stattfinden soll. Auch ist angesichts der prognostizierten und von den Klägern nicht infrage gestellten deutlichen Unterschreitung der Lärmrichtwerte beim ihrem Anwesen um 11 dB(A) nicht erkennbar, dass sich auch bei einer Erhöhung der Anzahl der Gruppensitzungen nachbarliche Abwehransprüche ergeben könnten.

2. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Kläger verletzt, der durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst wird, durch das das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. zum Gebietserhaltungsanspruch BVerwG, B. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 5; B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011 = juris Rn. 4).

Die Ausführungen der Kläger im Zulassungsantrag stellen weder die Wertung des Verwaltungsgerichts infrage, dass die nähere Umgebung des Bauvorhabens als (faktisches) allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren ist (vgl. dazu unten a), noch, dass das Vorhaben im allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich ist (vgl. dazu unten b).

a) Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Qualifizierung der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB als (faktisches) allgemeines und nicht - wie die Kläger meinen - als reines Wohngebiet begegnet nicht deswegen Bedenken, weil das Gericht bei der Bestimmung der nach der Art der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung auch die Bebauung auf dem Baugrundstück FlNr. .../18 sowie auf dem Grundstück FlNr. .../22 einbezogen hat, obwohl die Gebäude auf diesen Grundstücken offenbar teilweise ohne die erforderliche Baugenehmigung und damit formell illegal genutzt wurden oder noch werden.

Nähere Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der Teil der zusammenhängenden Bebauung in der Nachbarschaft des Baugrundstücks, auf die sich das geplante Vorhaben in städtebaulicher Hinsicht auswirken kann und die ihrerseits das Baugrundstück prägt (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380 = juris Rn. 33). Wieweit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2). Zu berücksichtigen ist die im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt vorhandene Bebauung einschließlich einer solchen auf dem Baugrundstück selbst (vgl. BVerwG, B. v. 21.6.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007, 1691 = juris Rn. 4). Da bereits nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 BauGB die tatsächlich vorhandene Bebauung entscheidend ist, kommt es auf die Genehmigung der Bebauung und ihre Nutzung grundsätzlich nicht an. Dies gilt nicht nur für die Frage, ob ein Grundstück zum Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 BauGB gehört, sondern auch für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung (vgl. BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 - BRS 60 Nr. 82 = juris Rn. 6). Tatsächlich vorhandene Baulichkeiten und Nutzungen haben nur dann außer Betracht zu bleiben, wenn - wie namentlich durch den Erlass einer Beseitigungsverfügung - das Verhalten der zuständigen Behörde hinreichend klar ergibt, dass ihre Beseitigung im Hinblick auf die formelle und materielle Baurechtswidrigkeit absehbar ist, also kein Zweifel daran besteht, dass sich die zuständige Behörde mit dem Vorhandensein der Baulichkeit bzw. Nutzung nicht abgefunden hat (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22/26 = juris Rn. 22; BVerwG, U. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985 = juris Rn. 15; U. v. 17.5.2002 - 4 C 6.01 - NVwZ 2003, 211 = juris Rn. 35; OVG Saarl, B. v. 19.10.2008 - 2 B 347/08 - BauR 2009, 854 = juris Rn. 17; OVG Berlin-Bbg, B. v. 25.4.2013 - 10 N 21.10 - juris Leitsatz und Rn. 8).

Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, haben die Kläger nicht aufgezeigt. Selbst wenn es zutrifft, dass sich in den Gebäuden auf den Grundstücken FlNr. .../18 (I. Straße Nr. 1 und 3) und .../22 in den letzten Jahren ohne entsprechende Nutzungsänderungsgenehmigung Büroräume und Therapiepraxen bzw. ein Kindergarten befunden haben und die Beklagte hiervon keine Kenntnis hatte, so kann daraus noch nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass sich die zuständige Behörde bei Kenntnis mit dem Vorhandensein der tatsächlichen Nutzungen nicht abgefunden hätte und in absehbarer Zeit entsprechende Beseitigungsanordnungen erlassen hätte. Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht für seine Beurteilung, dass die nähere Umgebung des Baugrundstücks einem allgemeinen Wohngebiet entspricht, nicht nur auf die Bebauung auf den Grundstücken FlNr. .../18 und .../22 berufen, sondern auch auf die Nutzungen auf den Grundstücken FlNr. .../2 (Kirchengrundstück) und FlNr. .../2 (Reinigungsannahme mit Heißmangel) abgestellt, die in einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO nicht oder nur ausnahmsweise zulässig wären. Die tatsächlichen Nutzungen in den Gebäuden dieser Grundstücke haben die Kläger nicht infrage gestellt.

Auf die von den Klägern aufgeworfene Frage, wie lange die Nutzung auf dem Grundstück FlNr. .../18 (I. Straße Nr. 5) ihre prägende Wirkung behalten hätte, wenn dort seit 2009 tatsächlich ein Leerstand vorhanden gewesen ist, kommt es nicht mehr an.

Mit dem weiteren Einwand der Kläger, die maßgebliche Umgebungsbebauung sei als (faktisches) reines und nicht als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren, „wenn und soweit man die Bebauung auf dem Grundstück FlNr. .../22 wegen ihres anderweitigen Charakters sowie der deutlich größeren Kubatur der Gebäude als eigenen städtebaulichen Bereich qualifiziert, der in klarer Zäsur zur nördlich angrenzenden (überwiegenden) Bebauung steht“, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ebenfalls nicht aufgezeigt. Zwar kann eine Bebauung aufgrund ihrer andersartigen Bau- und Nutzungsstruktur ein Kriterium für die räumliche Abgrenzung der näheren Umgebung darstellen (vgl. BVerwG, B. v. 29.4.1997 - 4 B 67.97 - BRS 59 Nr. 80; B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich jedoch nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts im Einzelfall zu bestimmen. Allein der Hinweis auf die Andersartigkeit des Charakters sowie die größere Kubatur der Gebäude reicht daher für die Annahme einer Begrenzung der prägenden Wirkung der Bebauung südlich des Baugrundstücks nicht aus, zumal es hier um die Bestimmung der maßgeblichen näheren Umgebung des Bauvorhabens hinsichtlich des Merkmals der Art der baulichen Nutzung geht und diese unabhängig von den übrigen in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien, insbesondere auch der überbaubaren Grundstücksfläche, zu bewerten ist (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - ZfBR 2014, 574 = juris Leitsatz und Rn. 7).

b) Keinen ernstlichen Zweifeln begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben im faktischen allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich ist.

Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „Gebietsverträglichkeit“ eines Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Ein Vorhaben in einem Baugebiet nach §§ 2 bis 9 BauNVO ist, auch wenn es nach dem Nutzungskatalog des jeweiligen Baugebiets an sich allgemein oder ausnahmsweise zulässig wäre, mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vereinbar und damit unzulässig, wenn es - bezogen auf den jeweiligen Charakter des Gebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Gegenstand der Betrachtung sind die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten, ausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155/158 = juris Rn. 11 ff. [Unzulässigkeit eines Zustellstützpunkts der Deutschen Post im allgemeinen Wohngebiet]; B. v. 28.2.2008 - 4 B 60.07 - ZfBR 2008, 379 = juris Rn. 6 [Unzulässigkeit eines Dialysezentrums mit 33 Behandlungsplätzen im allgemeinen Wohngebiet]); U. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 11 ff. [Unzulässigkeit einer Krypta im Industriegebiet]; B. v. 31.7.2013 - 4 B 8.13 - BauR 2013, 1996 = juris Rn. 7 f. [Unzulässigkeit eines Stundenhotels im allgemeinen Wohngebiet]). Bei der Prüfung sind - anders als bei § 15 BauNVO - nicht die konkreten Verhältnisse an Ort und Stelle maßgebend, sondern alle mit dem Vorhaben typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung.

Nach diesem Maßstab bestehen an der Gebietsverträglichkeit keine ernstlichen Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat unter Zugrundelegung der angeführten Rechtsprechung angenommen, dass die geplante Einrichtung mit einem Betreuungsumfang von 27 bis 36 Kindern und Jugendlichen in der Tagesstätte sowie von weiteren vier Kindern in Einzeltherapien und sechs bis acht Kindern in Gruppentherapien in der Frühförderung den Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht gefährde. Es hat die Gebietsunverträglichkeit im Hinblick auf den Einzugsbereich, die Art und Weise der Betriebsvorgänge, den vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie die zeitliche Dauer dieser Auswirkungen und ihre Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten maßgeblich deswegen verneint, weil die Frühförderung zu ca. 65 v. H. in mobiler Weise außerhalb des Gebäudes erfolgt und der Nutzungsumfang zeitlich und zahlenmäßig beschränkt sei (vgl. Urteilsabdruck Rn. 81). Hiergegen haben die Kläger Einwendungen nicht erhoben (§124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Soweit sie geltend machen, das Vorhaben sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts schon wegen seines überörtlichen Einzugsbereichs gebietsunverträglich, und meinen, Gebietsverträglichkeit bedeute, dass Anlagen im allgemeinen Wohngebiet „unter dem Vorbehalt der Gebietsversorgung“ stehen müssen, allen Nutzungen im allgemeinen Wohngebiet eine „dem Wohnen zu- und untergeordnete, dienende (Versorgungs-)Funktion für das konkrete Wohngebiet“ zukommen müsse und „Vorhaben mit einem überregionalen Einzugsbereich demnach im allgemeinen Wohngebiet unzulässig seien“, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Ein Zulässigkeitskriterium der „Unterordnung“, wie es etwa in § 14 Abs. 1 und 3 BauNVO normiert ist, ist von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit nicht entwickelt worden. Dass für die Frage, ob sich ein Vorhaben nach seinen Auswirkungen, die typischerweise von ihm ausgehen, mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets verträgt oder zu einer das Wohngebiet prägenden Beeinträchtigung der Wohnruhe führt, auch die Größe des betrieblichen Einzugsbereichs zu berücksichtigen ist, besagt noch nicht, dass jedes Vorhaben, welches einen über das betreffende Baugebiet hinausgehenden Einzugsbereich erwarten lässt, gebietsunverträglich ist. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtschau aller mit dem Vorhaben typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht hier dem von dem Vorhaben betroffenen Einzugsbereich im Hinblick auf den Umstand, dass die Betreuung der Kinder in der Frühförderung zum überwiegenden Teil nicht auf dem Baugrundstück stattfindet und im Übrigen der Nutzungsumfang der Betreuung zeitlich und zahlenmäßig begrenzt ist, geringe Bedeutung beigemessen hat.

3. Es ist auch nicht fraglich, dass das Bauvorhaben nicht zulasten der Kläger gegen das im Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879/880; B. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris Rn. 21) Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

Das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme wird verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 20.9.1984 - 4 B 181.84 - NVwZ 1985, 37/38; U. v. 19.9.1986 - 4 C 8.84 - NVwZ 1987, 409/410; B. v. 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516; B. v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8), also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss, überschritten wird (vgl. BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - BayVBl 2009, 751 = juris Rn. 21 m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, wird im Zulassungsantrag nicht aufgezeigt.

a) Das Vorbringen der Kläger lässt nicht den Schluss zu, dass die vom An- und Abfahrtsverkehr auf dem mit dem Vorhaben genehmigten Parkplatz mit neun Stellplätzen ausgehende Immissionsbelastung so erheblich ist, dass für die Kläger die Grenze des Zumutbaren überschritten wird.

Nach § 12 Abs. 2 BauNVO sind in Wohngebieten Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig. Die Vorschrift begründet für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Bauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 20.3.2003 - 4 B 59.02 - NVwZ 2003, 1516 = juris Rn. 6 ff.; BayVGH, B. v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 34 ff. m. w. N.). Davon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen (vgl. Urteilsabdruck Rn. 88). Besondere Umstände, die die Anordnung der Stellplätze hier ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen, wie etwa eine unmittelbare Nähe von schutzwürdigen Aufenthaltsräumen in ihrem Wohngebäude, werden von den Klägern nicht geltend gemacht.

Ihr Einwand, das Verwaltungsgericht habe seine Argumentation fehlerhaft darauf gestützt, dass „nach den unwiderlegten Angaben der Beigeladenen insgesamt keine Intensivierung der Nutzung des Vorhabensgrundstücks und der südlichen Flächen erfolgen (werde)“, obwohl dies von den Klägern in der mündlichen Verhandlung bestritten worden sei, begründet schon deswegen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, weil für die Frage, ob der von dem Vorhaben ausgehende An- und Abfahrtsverkehr gegenüber den Klägern rücksichtslos ist, allein das streitgegenständliche Vorhaben, nicht aber auch die Vornutzung auf dem Baugrundstück zu beurteilen ist. Ob diese formell genehmigt wurde und mit dem genehmigten Vorhaben eine „Intensivierung der Nutzung des Vorhabensgrundstücks“ verbunden ist, kann allenfalls für die - hier nicht zu entscheidende - Frage von Bedeutung sein, inwieweit die Schutzwürdigkeit der Kläger infolge bestehender Lärmvorbelastungen gemindert ist.

Soweit die Kläger befürchten, dass die der Baugenehmigung zugrunde gelegten „mindestens 120 Fahrbewegungen täglich sich in der Zeit zwischen 12.30 Uhr und 16.00 Uhr bzw. freitags 15.00 Uhr ballen“ würden, so dass sie „in den Nachmittagsstunden, in welche gerade der Aufenthalt im Garten bzw. die Konzentration der Kinder im Viertel auf die Hausaufgaben falle, massiven Lärmimmissionen ausgesetzt (wären)“, verkennen sie, dass sie bereits durch die immissionsschutzrechtlichen Auflagen in Ziff. II. Nr. 7. des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids gegen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) tags ausreichend geschützt sind. Dass die Einhaltung dieser Richtwerte auf dem Grundstück der Kläger in den Nachmittagsstunden nicht möglich wäre, machen die Kläger nicht geltend (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Soweit ihre Rüge dahin gehend zu verstehen sein sollte, dass sie meinen, der Beigeladene werde sich an die Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz nicht halten, hätte dies auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung keinen Einfluss (vgl. BayVGH, B. v. 27.11.2008 - 1 ZB 06.594 - juris Rn. 24; VGH BW, U. v. 21.4.1995 - 3 S 2514/94 - VBlBW 1995, 481).

Schließlich führt auch der Einwand, das der Baugenehmigung zugrunde gelegte Gutachten habe die Geräuschvorbelastung des Grundstücks der Kläger durch den An- und Abfahrtsverkehr benachbarter Einrichtungen (Sonderschule etc.) nicht berücksichtigt, nicht zur Zulassung der Berufung. Denn bei der Beurteilung von Ge- räuschimmissionen aus Anlagen, die wie hier nach der von den Klägern nicht angegriffenen Annahme des Verwaltungsgerichts in den Anwendungsbereich der 18. BImSchV fallen, sind Vorbelastungen aus anderen Anlagen nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - NVwZ 2001, 1167 = juris Rn. 17). Die von den Klägern angeführte Bestimmung der Nr. 4.2 TA Lärm ist nicht einschlägig, weil dieses Regelungswerk nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a) und h) TA Lärm auf Anlagen, die der 18. BImSchV unterliegen, sowie auf Anlagen für soziale Zwecke nicht anwendbar ist. Im Übrigen ist der von Schulen ausgehende Lärm im Rahmen des Üblichen auch in Wohngebieten grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, U. v. 24.4.1991 - 7 C 12.90 - BVerwGE 88, 143 = juris Rn. 6).

b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen der geltend gemachten „deutlichen Verdichtung“ des Baugebiets und des „Einmauerungseffekts“ durch das Bauvorhaben und das Bestandsgebäude auf dem Grundstück FlNr. .../22 kann ebenfalls nicht angenommen werden.

Zwar ist den Klägern darin zu folgen, dass das Rücksichtnahmegebot auch dann verletzt sein kann, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 = juris Leitsatz und Rn. 3). Da das Abstandsflächenrecht im Hinblick auf die Belichtung, Belüftung und Besonnung von Nachbargrundstücken aber zumindest indizielle Bedeutung auch für die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots hat, kommen für seine Verletzung nur seltene Ausnahmefälle in Betracht. Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme unter dem Aspekt der „Einmauerung“ setzt nach allgemeiner Rechtsprechung voraus, dass die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft (vgl. BayVGH, U. v. 11.4.2011 - 9 N 10.1373 - juris Rn. 56; B. v. 22.8.2012 - 14 CS 12.1031 - juris Rn. 13; OVG RhPf, B. v. 27.4.2015 - 8 B 10304/15 - juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B. v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 4).

Davon kann hier, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, angesichts eines Abstands des Wohngebäudes der Kläger von über 8 m zu dem (einschließlich Dachfirst) 9,84 m hohen Gebäude auf dem Baugrundstück und von mindestens 20 m zu dem Gebäude auf dem südlich angrenzenden Grundstück FlNr. .../22 nicht gesprochen werden. Dass aufgrund besonderer Umstände, wie etwa speziellen Geländeverhältnissen, eine andere Beurteilung geboten sein könnte, ergibt sich weder aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag noch aus den beim Augenschein des Verwaltungsgerichts erstellten Fotografien (Bl. 86 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Allein die nachteilige Veränderung der Situation für die Kläger und der Umstand einer deutlichen Verdichtung des Baugebiets reichen für die Annahme einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht aus.

4. Ebenso wenig ist nach dem Vorbringen der Kläger zweifelhaft, dass das Bauvorhaben zu ihren Lasten keine Abstandsflächenvorschriften verletzt.

Die Rüge, die 3,7 m hohe Fluchttreppe auf der Westseite des Gebäudes auf dem Baugrundstück halte entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts angesichts des tatsächlichen Abstands zur Grundstücksgrenze die volle Abstandsfläche von 1 H nicht ein, greift schon deswegen nicht durch, weil das Verwaltungsgericht seine Annahme, dass durch diese Treppe (selbst wenn sie einer gesonderten abstandsflächenrechtlichen Beurteilung unterliegen sollte) Rechte der Kläger nicht verletzt werden, nicht allein auf die Annahme gestützt hat, dass diese die volle Abstandsfläche einhalte. Vielmehr hat es maßgeblich auch darauf abgestellt, dass für sie das sog. 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO gelte und die danach erforderliche Abstandsfläche von H/2 eingehalten sei. Hiergegen haben die Kläger Einwendungen nicht vorgebracht. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt (Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011 = juris Rn. 2; BayVGH, U. v. 22.10.2015 - 22 ZB 15.1584 - juris Rn. 11 m. w. N.).

B. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2002 - 4 C 1.02 - (BVerwGE 116, 155/158 = juris Rn. 11 ff.) und vom 28. Februar 2008 - 4 B 60.07 - (ZfBR 2008, 379 = juris Rn. 6) zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwal-tungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52.14 - juris Rn. 5 ff.; B. v. 12.9.2014 - 5 PB 8.14 - juris). Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden. Diese Anforderungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht.

Die Kläger behaupten, das Verwaltungsgericht sei „mit seiner Einschätzung, dass die Gebietsverträglichkeit nach dem jeweiligen konkreten Baugebiet zu bestimmen sei und es auf den räumlichen Einzugsbereich und damit einen Gebietsbezug nicht ankomme, weil der Lärm der Anlage gering sei und zudem sozialverträglich“ von den vom Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen aufgestellten Rechtssätzen abgewichen, dass „nicht auf das konkrete Baugebiet abzustellen ist, sondern eine typisierende Betrachtung zu erfolgen hat“, „dass die sonstigen Vorhaben im WA eine dienende Funktion zum Wohnen haben müssen, welche sich auch bei Anlagen für gesundheitliche Zwecke auf eine Versorgung der,kurzen Wege‘ beschränke“ und „dass auf die konkreten Lärmauswirkungen des Vorhabens in keinem Fall abzustellen ist, hier (vielmehr) eine typisierende Betrachtungsweise gelte“.

Unabhängig von der Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht derartige Rechtssätze überhaupt formuliert hat, zeigen die Kläger damit schon deswegen keine Divergenz auf, weil das Verwaltungsgericht weder den Rechtssatz aufgestellt hat, dass „die Gebietsverträglichkeit nach dem jeweiligen konkreten Baugebiet zu bestimmen sei“, noch den, dass es bei der Beurteilung der Gebietsverträglichkeit einer Anlage „auf den räumlichen Einzugsbereich und damit einen Gebietsbezug nicht ankomme“. Vielmehr hat es - wie oben ausgeführt (vgl. oben 2. b) - unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Gebietsunverträglichkeit des streitgegenständlichen Vorhabens im Hinblick darauf verneint, dass die Frühförderung zu ca. 65 v. H. in mobiler Weise außerhalb des Gebäudes erfolgt und der Nutzungsumfang zeitlich und zahlenmäßig beschränkt ist. Soweit die Kläger rügen wollten, das Verwaltungsgericht habe damit einen der angeführten abstrakten Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft angewendet, genügt dies den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge ebenfalls nicht (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52.14 - juris Rn. 5; B. v. 22.10.2014 - 8 B 2.14 - juris Rn. 23).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, erscheint billig, weil er keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine Nutzungsuntersagung ihres Wettbüros und begehrt zugleich die Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung.

Im Oktober 2012 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin in einem ehemaligen Ladengeschäft im Erdgeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung T …, F …, das in einem faktischen Kerngebiet liegt, ein Wettbüro betreibt. Für diese Nutzungsänderung beantragte die Klägerin mit Unterlagen vom 9. September 2013 die Erteilung einer Baugenehmigung.

Mit Beschluss vom 16. Januar 2014 fasste der Stadtplanungsausschuss der Beklagten den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 4629 „F …“ im Gebiet F …, B …platz, E …straße und T …straße, in dem auch das Baugrundstück liegt. Ziel dieses Vergnügungsstättenbebauungsplans ist es, die Beeinträchtigung der bestehenden Nutzungen im Planungsgebiet zu verhindern. Am 20. Februar 2014 fasste der Stadtplanungsausschuss den Beschluss, die Veränderungssperre Nr. 78 für das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 4629 zu erlassen.

Gegen den Zurückstellungsbescheid der Beklagten vom 5. Februar 2014 erhob die Klägerin am 7. März 2014 Klage, die später zurückgenommen wurde, sowie gleichzeitig Untätigkeitsklage auf Erteilung der Genehmigung der beantragten Nutzungsänderung (Az. AN 9 K 14.00355). Mit Bescheid vom 6. Juni 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Genehmigung der Nutzungsänderung der Klägerin ab (Nr. 1) und untersagte ihr unter Androhung eines Zwangsgeldes (Nr. 3) die Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens F … als Wettbüro innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit dieses Bescheides (Nr. 2). Hiergegen erhob die Klägerin ebenfalls Klage (Az. AN 9 K 14.01140). Beide Klagen wurden vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 1. Juli 2015 abgewiesen. Die Nutzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig, weil dem geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung die von der Beklagten zur Sicherung ihrer Bauleitplanung erlassene Veränderungssperre entgegenstehe. Mangels formeller Legalität des Wettbüros und dessen fehlender offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit sei auch die Nutzungsuntersagung rechtmäßig. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin beruft sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe die Erforderlichkeit des Vergnügungsstättenbebauungsplans zu Unrecht bejaht. Die Festsetzungen dürften nur im Angesicht der konkreten Situation und nicht aus einer allgemein ablehnenden Haltung gegenüber Vergnügungsstätten erfolgen. Es sei nicht gewürdigt worden, dass das Wettbüro bereits seit über zwei Jahren existiere und die hochwertige Nutzungsstruktur unbeeinträchtigt geblieben sei. Ein Trading-Down-Effekt liege nicht vor und eine Fehlentwicklung durch die Ansiedelung lediglich eines Vergnügungsstättenbetriebs sei nicht prognostizierbar. Dieses Zulassungsvorbringen führt nicht zum Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte eine Veränderungssperre erst erlassen darf, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll und dabei wesentlich ist, dass sie im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. Insofern ist es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris Rn. 19). An einen Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 2b BauGB sind insoweit keine höheren Anforderungen zu stellen (vgl. Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 14 Rn. 9).

Hier hat die Beklagte als Ziel der Bauleitplanung für den Erlass eines Vergnügungsstättenbebauungsplans im Beschluss vom 16. Januar 2014 (vgl. Bl. 27 der Behördenakte) angegeben, dass die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um die Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets zu verhindern. Es habe sich gezeigt, dass die Ansiedlung von Vergnügungsstätten in benachbarten, städtebaulich ähnlich strukturierten Innenstadt-Randlagen zu einem „Trading-Down-Prozess“ geführt haben und kerngebietstypische Nutzungen zugunsten einer Häufung von Spielhallen verschwunden seien. Es gelte daher im Planungsgebiet Nutzungskonflikte zum Schutz bestehender Gewerbebetriebe bzw. des Bodenpreisgefüges zukünftig zu vermeiden. Hieraus wird deutlich, dass sich die Beklagte - entgegen dem Zulassungsvorbringen der Klägerin - nicht bloß auf allgemeine politische Erwägungen beruft, sondern auf eine konkrete städtebauliche Konfliktlage abstellt (vgl. Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB, 8. Aufl. 2017, § 9 Rn. 98). Sie hat - wie auch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Augenscheinstermin vom 1. Juli 2015 im Verfahren Az. AN 9 K 14.01140 zeigen - die konkret vorhandenen Nutzungen des Gebiets berücksichtigt und auf die planerisch beabsichtigte Entwicklungsstruktur abgestellt. Die angeführte Zweckbestimmung stellt damit einen tragenden städtebaulichen Grund für die Aufstellung des Bebauungsplans dar (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Okt. 2016, § 9 Rn. 243a). Die Festsetzungen dienen ausweislich des Beschlusses der Beklagten dem Ziel, Beeinträchtigungen i.S.v. § 9 Abs. 2b Nr. 1 oder Nr. 2 BauGB zu steuern bzw. zu verhindern. Derartige Beeinträchtigungen müssen jedoch nicht bereits vorliegen; vielmehr kann die Beklagte auch schon im Vorfeld vorsorgend einen Bebauungsplan aufstellen, um derartige Auswirkungen erst gar nicht entstehen zu lassen (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 9 Rn. 191, 194; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, a.a.O., § 9 Rn. 243a; Spieß in Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 9 Rn. 97). Im Hinblick darauf, dass sich eine solche Konfliktlage auch bereits aus der erstmaligen Ansiedelung einer Vergnügungsstätte ergeben kann (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2008 - 4 BN 9.98 - juris Rn. 8; Gierke in Brügelmann, BauGB, Stand Nov. 2016, § 9 Rn. 515bq), ist auch die Prognose gerechtfertigt, dass durch die Planungsentscheidung die entsprechende Gebietsfunktion wahrscheinlich gewahrt bzw. dass eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung vermieden werden kann (vgl. Spannowsky in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 9 Rn. 137; Gierke in Brügelmann, a.a.O., § 9 Rn. 515bo). Die städtebauliche Funktion ergibt sich dabei aus der vorhandenen Bebauung, die auch Maßstab für die Zulässigkeit von Vorhaben i.S.d. § 34 BauGB ist (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 9 Rn. 243a).

Die Ansicht der Klägerin, ihr bereits - ohne Genehmigung - betriebenes Wettbüro sei zu berücksichtigen, geht indes fehl, weil zwar die tatsächlich vorhandene Bebauung maßgebend ist, hier aber - insbesondere durch den Erlass der angegriffenen Nutzungsuntersagungsverfügung - weder in zeitlicher noch tatsächlicher Hinsicht Zweifel daran bestehen, dass sich die Beklagte mit dem Vorhandensein der Nutzung nicht abgefunden hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 12 m.w.N.). Das für den Erlass einer Veränderungssperre erforderliche Sicherungsinteresse liegt damit vor, insbesondere lässt sich daraus ableiten, dass die Nutzung der Klägerin dem Vergnügungsstättenkonzept der Beklagten entgegensteht. Dass die Klägerin die Konkretisierung der gemeindlichen Planungsabsichten anders sieht, führt zu keinem Rechtsverstoß (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris Rn. 20).

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die Veränderungssperre auch als Sicherungsmittel nicht deswegen ungeeignet ist, weil sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, der beabsichtige Bebauungsplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (vgl. BVerwG, B.v. 21.12. 1993 - 4 NB 40.93 - juris Rn. 3). Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen. Ein Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB stellt gerade einen ausdrücklich zulässigen Ausschlussbebauungsplan für spezielle Nutzungsarten dar (vgl. Gierke in Brügelmann, a.a.O., § 9 Rn. 515ay). Eine Veränderungssperre ist auch als Reaktion auf einen Bauantrag grundsätzlich zulässig (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.1998 - 4 B 72.98 - juris Rn. 7). Dass die Planungskonzeption der Beklagten eindeutig nicht verwirklichungsfähig ist, wird im Zulassungsvorbringen nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 26. Juni 2008 - 6 K 2099/07 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen, soweit das Bundesverwaltungsgericht über diese noch nicht entschieden hat, die Klägerin und die Beigeladene ebenfalls je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin und die Beigeladene begehren die Verpflichtung des beklagten Landes, für die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten die Abweichung von Zielen der Raumordnung gem. § 24 Landesplanungsgesetz - LplG - zuzulassen.
Am 30.05.2007 beantragte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für ein ...-Einrichtungshaus einschließlich ergänzender Fachmärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 41.000 m². Am 31.05.2007 ging beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ergänzender bzw. fürsorglich gestellter Zielabweichungsantrag der Klägerin gem. § 24 LplG ein. Gegenstand dieser Anträge ist die von der Beigeladenen beabsichtigte Errichtung eines ...-Einrich-tungshauses mit ca. 25.500 m² Verkaufsfläche sowie eines Bau- und Gartenmarkts mit ca. 11.000 m² Verkaufsfläche und eines Küchenfachmarkts mit ca. 4.000 m² Verkaufsfläche auf der Gemarkung der Klägerin unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 5 und südlich der R... Straße/R... Straße. Der geplante Standort liegt überwiegend im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Lochfeld“, der für diesen Bereich teilweise ein Gewerbegebiet und teilweise ein Industriegebiet festsetzt, und - zu einem geringen Teil - im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Baisert“. Nach entsprechender Zuordnung eines von der Beigeladenen eingeholten Marktgutachtens der Gesellschaft ......- ... ... vom Mai 2007: Wirkungsanalyse ...-Einrichtungshaus, Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt in Raststatt - im Folgenden: ...-Gutachten 2007 - umfassen die 25.500 m² Verkaufsfläche des Einrichtungshauses 16.800 m² Möbel-Kernsortiment, 4.650 m² zentrenrelevante Nebensortimente und 4.050 m² nicht zentrenrele-vante Nebensortimente. Der geplante Bau- und Gartenmarkt enthält 700 m² zentrenrelevante Randsortimente sowie 700 m² nicht zentrenrelevante Randsortimente. Der geplante Küchenfachmarkt umfasst 100 m² zentrenrelevante Randsortimente. Für das ...-Einrichtungshaus sind ca. 2.300 Stellplätze vorgesehen. Die Klägerin ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) als Mittelzentrum eingestuft.
Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag der Klägerin vom 31.05.2007 auf Abweichung von Zielen des LEP 2002 und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003 i.d.F. der Teilfortschreibung Einzelhandel vom Mai 2006 zum Zweck der geplanten Ansiedlung eines ...-Möbelhauses mit ergänzenden Fachmärkten in Rastatt ab. Das geplante Vorhaben verletze als typisch oberzentrale Einrichtung das raum-ordnungsrechtliche Kongruenzgebot. Die beantragte Zielabweichung sei unzulässig, da das Vorhaben raumordnerisch nicht vertretbar sei und Grundzüge der Planung in gravierender Weise verletzt würden.
Die von der Klägerin erhobene Klage auf Feststellung, dass dem Vorhaben der Beigeladenen keine verbindlichen Ziele der Raumordnung entgegenstehen, hilfsweise auf Verpflichtung des Beklagten, die vorsorglich beantragte Zielabweichung zuzulassen, wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - ab.
Der Senat hat mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - (VBlBW 2010, 357) die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot hätten Zielqualität. Das Ansiedlungsvorhaben widerspreche diesen verbindlichen Zielen. Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Ziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstoße, könne offenbleiben. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene hätten keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung i.S.d. § 24 LplG berühre. Wegen der weiteren Begründung wird auf das in den VBlBW 2010, 357 abgedruckte Urteil des Senats verwiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die - vom Senat zugelassenen - Revisionen mit Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 - (BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821) das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zwar sei die Auffassung des Senats, dass das Vorhaben dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und dem Kongruenzgebot als Ziele des Landesentwicklungsplans widerspreche, nicht zu beanstanden. Jedoch müsse über die Verpflichtungsklage der Klägerin, eine Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans zuzulassen, erneut entschieden werden. Die Auffassung des Senats, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehörten, die "als Grundzüge der Planung" die Planungskonzeption des LEP 2002 trügen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmten, sei als Ergebnis der Auslegung des LEP, der dem irreversiblen Landesrecht angehöre, zwar bindend. Die Schlussfolgerung, dass ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert werde, in jedem Fall die planerische Grundentscheidung berühre, verkenne aber, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankomme, ob die Grundzüge der Planung berührt würden. Daraus, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlaubten, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (NVwZ 2011, 821) verwiesen.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
1. das vorangegangene Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26.06.2008 - 6 K 2099/07 - abzuändern und
2. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 zu verpflichten, die beantragte Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen;
10 
3. festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft; fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen;
11 
4. die Anträge zu 2. und 3. auf die Verwirklichung ausschließlich des ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken.
12 
Weiterhin erklärt die Klägerin, sie schließe sich dem Klagantrag Ziff. 6 der Beigeladenen an.
13 
Zur Begründung verweist die Klägerin hinsichtlich des Kongruenzgebots, des Integrationsgebots und des Beeinträchtigungsverbots auf ihr Vorbringen und das der Beigeladenen vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe, dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und dem Bundesverwaltungsgericht. Die Zielabweichung vom Kongruenzgebot sei begründet, da die Region Mittlerer Oberrhein „...-mäßig“ unterversorgt sei, das Oberzentrum Karlsruhe trotz intensiver Suche keinen geeigneten Standort für einen ...-Möbelmarkt habe anbieten können, Möbelhäuser wie ... branchenüblich den Verflechtungsbereich der Standortgemeinden überschritten und mit den „Markenartikeln“ in der jeweiligen Innenstadt regelmäßig gar nicht in Konkurrenz träten, sondern unter Umständen sogar deren Geschäft belebten, die Klägerin unter den Gesichtspunkten Entwicklungsdynamik, Arbeitsplatzzentralität und Einzelhandelszentralität de facto bereits die Merkmale eines kleineren Oberzentrums aufweise und sie im Interesse des Erhalts der Einzelhandelszentralität und der Funktion der Innenstadt sowie zur Sicherstellung einer verbrauchernahen Versorgung bereits seit 2001 in einer Vielzahl von Fällen bauplanerische Festsetzungen i.S.d. Ausschlusses des Einzelhandels oder seiner Begrenzung getroffen habe. Ergänzend sei zu nennen, dass die autobahnnahe, überaus verkehrsgünstige Lage des geplanten Vorhabens an der Kreuzung einer Nord-Süd- und einer Ost-West-Achse im Herzen der Region und damit auch im Herzen des Verflechtungsbereichs des Oberzentrums Karlsruhe liege. Gegenüber einem ...-Markt im Oberzentrum sei mit allenfalls geringfügigen, auf jeden Fall aber nicht spürbaren Mehrverkehr zu rechnen. Weiterhin sei auf die Notwendigkeit der Bildung eines Gegengewichts im Sinne eines besonders attraktiven Einzelhandelsangebots gegenüber dem unmittelbaren an der Grenze der Region in R.../Elsass errichteten FOC hinzuweisen. Schließlich erschwere die Vielzahl zentraler Orte bzw. Mittelzentren auf engem Raum mit räumlich begrenzten Verflechtungsbereichen die Einhaltung des Kongruenzgebots. Bei der Entscheidung über die Abweichung von Soll-Zielen des Kongruenzgebots und des Integrationsgebots dürften diese raumordnerischen Zielvorgaben nicht gewissermaßen absolut betrachtet werden. Sie müssten vielmehr mit der gemeindlichen Planungshoheit, der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Standortwahl der Vorhaben-trägerin und mit der Niederlassungsfreiheit in ein angemessenes Verhältnis gesetzt werden. Unter Berücksichtigung all dessen könne die Ermessensentscheidung der Raumordnungsbehörde danach eigentlich nur auf eine „Zulassung der Abweichung“ lauten. Dies gelte insbesondere deshalb, weil das Beeinträchtigungsverbot nicht tangiert werde. Schließlich werde der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten, eine Zielabweichung nicht zuzulassen, den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit insbesondere von Einzelhandelsgroßbetrieben nicht gerecht. Die Erforderlichkeit raumordnungsrechtlicher Vorgaben für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe müsse konkret belegt bzw. durch die Angabe genauer Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Dem genüge die Heranziehung der Anhalts-werte im Einzelhandelserlass nicht.
14 
Die Beigeladene beantragt zuletzt,
15 
das Urteil des VG Karlsruhe vom 26.06.2008 - 2 K 2099/07 - abzuändern und
16 
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2007 zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...- Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Zielen aus Plansatz 3.3.7.1 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg und Plansatz 2.5.3 (3) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Kongruenzgebote) beantragt hat, und
17 
2. festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 weder Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg noch die Plansätze 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung entgegenstehen,
18 
3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 Baden-Württemberg und den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat,
19 
4. weiter hilfsweise den Bescheid des Beklagten, Regierungspräsidium Karlsruhe vom 21.06.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 erneut zu entscheiden,
20 
5. die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken;
21 
6. höchst hilfsweise das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 267 AEUV einzuholen, zu folgenden Fragen:
22 
a) Ist Art. 49 i.V.m. Art. 54 und Art. 63 AEUV dahin auszulegen, dass die dort gewährleistete Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit einer Vorschrift des nationalen Rechts entgegenstehen, die die Ansiedlung einer großflächigen Einzelhandelseinrichtung verbietet, sofern mehr als 30 % des Umsatzes dieser Einzelhandelseinrichtung durch Kunden generiert werden, die ihren Wohnsitz außerhalb eines festgelegten Verflechtungsbereichs der Standortgemeinde haben?
23 
b) Sind Art. 49 i.V.m. Art. 54 und Art. 63 AEUV dahin auszulegen, dass die dort niedergelegte Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, die die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente außerhalb bestimmter in der Landes- oder Regionalplanung festgelegter integrierter Lagen verbietet?
24 
Zur Begründung trägt die Beigeladene im Wesentlichen vor:
25 
Der Widerspruch des ...-Ansiedlungsvorhabens zum landes- und regionalplanerischen Kongruenzgebot könne im Wege der Zielabweichung ausgeräumt werden, da die Voraussetzungen der Zielabweichung vorlägen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben sei am Standort R... raumordnerisch vertretbar. Sowohl die regionale Situation als auch die Besonderheiten des ...-Ansiedlungsvorhabens seien derart atypisch, dass eine Vorbildwirkung für andere Fälle nicht entstehe. Die raumstrukturelle Besonderheit sei durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren (Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl) auf engem Raum gekennzeichnet. Dies habe zur Folge, dass das 30 %-Kriterium aus Ziff. 3.2.1.4 des Einzelhandelserlasses 2001 leicht sehr weit überschritten werde. Diese atypische Situation sei mit der Lage im übrigen Geltungsbereich des LEP 2002 sowie im nördlichen Verbandsgebiet des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein nicht vergleichbar. ...-Einrichtungshäuser seien im Bereich des großflächigen Einzelhandels singulär. Das Ansiedlungsvorhaben berühre auch nicht Grundzüge der Planung. Dies gelte sowohl für die allgemeine Struktur des Zentrale-Orte-Konzepts als auch für die konkreten planerischen Ziele, die mit den Regelungen des Kongruenzgebots verfolgt würden, und insbesondere unter Berücksichtigung des höherrangigen Rechts der Europäischen Union. Auch andere Ziele der Raumordnung stünden dem ...-Ansiedlungsvorhaben nicht entgegen. Ein ...-Einrichtungshaus entspreche dem definierten Versorgungs-auftrag des Mittelzentrums R..., weil es sich um eine Einkaufsmöglichkeit des gehobenen Bedarfs und um kein Spezialfachgeschäft handle, das typisch für ein Oberzentrum wäre (Plansatz 2.5.9 Abs. 1 Satz 1 LEP 2002). Der Zweck des Kongruenzgebots werde nicht wesentlich tangiert, weil eine Zersiedelung oder ein Verstoß gegen den Grundsatz flächensparender Raumnutzung am konkreten Standort in Rastatt - in unmittelbarer Nähe der BAB 5 als zentraler Infrastrukturachse - nicht zu befürchten sei. Auch das Ziel der Verkehrsvermeidung werde durch das Vorhaben nicht gefährdet, sondern sogar befördert. Die Fahrtzeit zu den nächstgelegenen ...-Einrichtungshäusern in Walldorf und Freiburg werde durch das Ansiedlungsvorhaben für die in 60-Minuten-Fahrzeitradius lebenden ca. 1,2 Millionen Einwohner insgesamt um ca. 32 % verkürzt. Die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses in Karlsruhe als dem nach dem Kongruenzgebot „idealtypischen“ Alternativstandort im Oberzentrum Karlsruhe würde zu keiner höheren Reduzierung der ...-Kundenverkehre führen. Vor diesem Hintergrund sei die Zulassung einer Zielabweichung auch unionsrechtlich geboten. Das dem Grunde nach anerkannte Interesse an der effektiven Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur und der Vermeidung unnötigen Verkehrs rechtfertige eine Beschränkung der unionsrechtlich gewährleisteten Niederlassungsfreiheit nur dann, wenn die Ausgestaltungen des Kongruenzgebots im konkreten Fall zur Erreichung dieser Ziele auch tatsächlich erforderlich seien. Dies müsse durch eine Untersuchung belegt sein, woran es vorliegend im Übrigen fehle.
26 
Das ...-Ansiedlungsvorhaben entspreche den Vorgaben des landesplanerischen und des regionalplanerischen Beeinträchtigungsverbots, da es weder die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich noch die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde oder anderer Zentraler Orte im Einzugsbereich in rechtlich relevanter Weise beeinträchtige. Das ...-Gutachten Mai 2007 weise plausibel nach, dass die Anhaltspunkte von Ziff. 3.2.2.3 Abs. 3 des Einzelhandelserlasses 2001 zur Ermittlung etwaiger Beeinträchtigungen (10 %- und 20 %-Schwellen) weder für das Möbelkernsortiment noch für die zentrenrelevanten oder die nicht-zentrenrele-vanten Nebensortimente in erheblicher Weise überschritten würden. Die Stellungnahme der ... vom 13.05.2011 bestätige, dass die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens hinsichtlich der Flächenproduktivität von ...-Einrichtungshäusern und bezüglich des Einzelhandelsbesatzes im Einzugsgebiet nach wie vor aktuell seien. Entwicklungen, die höhere als die seinerzeit berechneten Umsatzumverteilungen erwarten ließen, habe es im Einzugsgebiet nicht gegeben.
27 
Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten auch einen Anspruch auf Zulassung der Zielabweichung vom Kongruenzgebot. Die Ermessensreduzierung auf Null ergebe sich aus der kommunalen Planungshoheit der Klägerin. Durch eine strikte Anwendung des Kongruenzgebots werde die kommunale Planungshoheit der Klägerin unverhältnismäßig beschränkt. Grund hierfür seien die besonderen raumstrukturellen Gegebenheiten im südlichen Verbandsgebiet der Region Mittlerer Oberrhein, nämlich die Ansammlung zahlreicher Mittelzentren auf engem Raum. Hierauf weise die Begründung des Regionalplans hinsichtlich der Anwendung der Schwellenwerte des Einzelhandelserlasses zur Auslegung des Kongruenzgebots auch ausdrücklich hin (Nr. 2.5.3 [3] Satz 2 LEP 2001). Ferner gebiete die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit der schwedischen Muttergesellschaft der Beigeladenen die Zulassung der Zielabweichung vom Kongruenzgebot. Die Beigeladene habe verschiedene Standorte im benachbarten Oberzentrum Karlsruhe unter Berücksichtigung zahlreicher Varianten geprüft und gleichwohl keinen geeigneteren Standort gefunden. Werde die Ansiedlung der Beigeladenen - wie hier - an einem der wenigen geeigneten Standorte durch die strikte Anwendung des Kongruenzgebots vereitelt - und zwar ohne, dass die mit dem Kongruenzgebot verfolgten verkehrlichen und umweltpolitischen Ziele gefährdet wären oder Beeinträchtigungen der zentralen örtlichen Funktionen drohten - so verletzte dies die Beigeladene in ihrer Niederlassungsfreiheit.
28 
Die landes- und regionalplanerischen Regelungen des Integrationsgebots seien bereits deshalb keine verbindlichen Ziele der Raumordnung, weil sie nicht durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht zu rechtfertigen seien, wie dies für Eingriffe in die von Art. 28 Abs. 2 GG garantierte kommunale Planungshoheit erforderlich sei. Es gehe nicht um Fragen der Standortentscheidung zwischen verschiedenen Gemeinden, sondern um rein innergemeindliche Ansiedlungsfragen. Die lokale Standortfestlegung für großflächige Einzelhandelseinrichtungen sei eine klassische Aufgabe des Städtebaus und damit der kommunalen Bauleitplanung. Hieraus ergebe sich ferner, dass dem Landesgesetzgeber für die Regelung eines Integrationsgebots auch die Gesetzgebungskompetenz fehle. Der Bundesgesetzgeber habe im Baugesetzbuch und der BauNVO den bodenrechtlichen Rahmen für die Zulässigkeit der Ansiedlung großflächigen Einzelhandels abschließend geregelt. Weiterhin sei das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Sätze 2 und 3 LEP 2002 aufgrund seiner Soll-Formulierung zu unbestimmt, um für sich genommen ein Ziel der Raumordnung zu sein. Auch wenn man den Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 als kombiniertes Beeinträchtigungsverbot mit Integrationsgebot verstehe, widerspreche dem das Ansiedlungsvorhaben nicht.
29 
Die regionalplanerischen Ausgestaltungen des Integrationsgebots (Plansatz 2.5.3 [4] und Plansatz 2.5.3 [5] des Regionalplans) stünden dem ...-Ansiedlungsvorhaben ebenfalls nicht entgegen, da das Angebot weit überwiegend aus nicht-zentrenrelevanten Sortimenten bestehen solle. Die Regelung im Plansatz 2.5.3 [5] des Regionalplans enthalte kein verbindliches Ziel der Raumordnung. Es mangle ferner an der hinreichenden Bestimmtheit. Zwar befinde sich das ...-Ansiedlungsvorhaben nicht in einem Vorbehaltsgebiet i.S.v. Plansatz 2.5.3 [5] Satz 3 des Regionalplans. Satz 2 spreche indessen nicht davon, dass diese Nutzungen nur in städtebaulichen Randlagen zulässig seien. Ferner bestehe außerhalb festgelegter Vorbehaltsgebiete keine Ausschlusswirkung. Soweit der Bescheid des Beklagten auf die 800 m²-Grenze für zentrenrelevante Sortimente abstelle, fehle es an einer rechtlichen Grundlage im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan. Darüber hinaus stehe das Unionsrecht dieser Auslegung des Integrationsgebots entgegen.
30 
Selbst wenn die landes- und/oder regionalplanerischen Ausgestaltungen des Integrationsgebots verbindliche Ziele der Raumordnung darstellten, lägen die Voraussetzungen der Zielabweichung vor. Das Vorhaben sei raumordnerisch vertretbar. Es handle sich um eine städtebauliche Randlage. Der Bereich des Plangebiets werde durch gewerbliche Nutzungen einschließlich Einzelhandelsnutzungen geprägt. Es verfüge über eine hervorragende verkehrliche Anbindung. Es handle sich also gerade nicht um einen Standort „auf der grünen Wiese“, an dem eine Zersiedelung der Landschaft zu befürchten wäre oder aufwendige Erschließungsmaßnahmen erforderlich würden. Die hohen infra-strukturellen Standortanforderungen seien eine spezifische Eigenschaft von ...-Einrichtungshäusern, so dass auch insoweit keine negative Vorbildwirkung zu erwarten sei. Die Grundzüge der Planung seien gleichfalls nicht berührt, da das Integrationsgebot nicht durch überörtliche Interessen gerechtfertigt sei. Das Integrationsgebot könne daher kein „Grundkonzept“ der raumordnerischen Planung darstellen. Das ...-Ansiedlungsvorhaben wahre auch die Funktionsfähigkeit zentralörtlicher Versorgungskerne i.S.v. Nr. 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses 2001, da geeignete Flächen in der Innenstadt R... nicht zur Verfügung stünden und eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Innenstadt ausgeschlossen sei. Durch die Zulassung der Zielabweichung vom Integrationsgebot würden auch deshalb keine Grundzüge der Planung berührt, weil eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungshäusern aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten sei. Es bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Denn ansonsten würde die kommunale Planungshoheit der Klägerin und die Niederlassungsfreiheit der schwedischen Muttergesellschaft der Beigeladenen verletzt. Der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit der Beigeladenen sei um so schwerwiegender, als ...-Einrichtungshäuser aufgrund der mit ihnen verbundenen Ziel- und Quellverkehre typischerweise nicht in integrierten Lagen angesiedelt werden könnten. Sie seien daher regelmäßig auf verkehrlich gut erschlossene Standorte angewiesen, wie sie in städtebaulichen Randlagen anzutreffen seien.
31 
Der Beklagte beantragt,
32 
die Berufungen zurückzuweisen.
33 
Das Vorhabens würde am geplanten Standort das Kongruenzgebot gravierend verletzen. Das Vorhaben sei auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 LEP 2002 nicht vereinbar. Das Integrationsgebot habe Zielqualität. Es sei genau wie das Kongruenzgebot als Soll-Vorschrift gefasst, nenne aber im Gegensatz zu diesem die Ausnahmen ausdrücklich mit. Bei dem „...-Einrichtungshaus“ handle es sich gerade nicht um ein „klassisches Möbelhaus“ mit keinem oder nur geringem zentrenrelevanten Randsortiment, sondern um ein Warenhaus mit dem Schwerpunkt auf Wohnen und Einrichten. Der Verkaufsflächenanteil beim Kernsortiment „Möbel“ betrage ca. 66 %. Für zentrenrelevante Sortimente werde eine Verkaufsfläche von 8.350 m² vorgehalten. Bei dem vorgesehenen Standort handle es sich ersichtlich nicht um eine integrierte Lage. Das Vorhaben widerspreche auch dem Beeinträchtigungsverbot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002. Die von der Beigeladenen vorgelegte Wirkungsanalyse im Gutachten der ... Mai 2007 beruhe hinsichtlich der Umverteilungswirkungen in den zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sortimenten auf einer Fehleinschätzung. Denn es sei fehlerhaft von einer Flächenproduktivität des ...-Einrichtungshauses von 2.820 bzw. 2.860,-- EUR/m² ausgegangen. Die Flächenproduktivität betrage indessen 3.600,-- EUR/m². Das Marktgutachten habe in seiner Berechnungsmethode einen durchschnittlichen Umsatz pro ...-Haus ermittelt und auf das in R... geplante, jedoch deutlich größere Haus übertragen. Hierbei gehe es von einer offensichtlich unrichtigen Annahme aus, dass der Umfang der Verkaufsflächen keinen Einfluss auf den erzielten Umsatz eines ...-Einrichtungshauses habe. Ferner fehle sowohl eine allgemeine Beschreibung wie auch eine in einzelnen Schritten nachvollziehbare Dokumentation des Rechenweges für die Berechnung der potentiellen wettbewerblichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens. Des Weiteren habe das Marktgutachten die konkrete städtebauliche Situation der betroffenen Versorgungsbereiche, die Größe und Marktstellung der in den betroffenen Versorgungsbereichen vorhandenen Einzelhandelsbetriebe, den Umfang, Art und Qualität der angebotenen Sortimente und ihre Auswirkungen auf die Innenstadt nicht hinreichend gewürdigt. Durch die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen umfangreichen zentrenrelevanten Sortimente würden die Innenstädte von R... und G... nachhaltig beeinträchtigt und die Bemühungen zur Stärkung dieser Innenstädte zunichte gemacht. Im Weiteren könnten die der Wirkungsanalyse der ... zugrunde liegenden Bestandsdaten aus 2006 bzw. Anfangs 2007 nicht mehr aussagekräftig sein. Insbesondere in der Innenstadt der Klägerin hätten zwei große Einzelhandelsbetriebe mit umfangreichen Verkaufsflächen und einer entsprechenden Magnetfunktion ihren Betrieb aufgegeben (Kaufhaus S... und M...). Das Verhältnis von Verkaufsflächen in der Innenstadt zu Flächen in städtebaulichen Randlagen weise in R... mittlerweile ein Verhältnis von etwa 1 : 2 auf, was bedeute, dass sich in städtebaulichen Randlagen inzwischen doppelt so viele Verkaufsflächen wie in der Innenstadt befänden. Durch diese Schwächung des zentralörtlichen Versorgungskerns und durch den Wegfall zweier wesentlicher Magnetbetriebe seien die Auswirkungen des geplanten Vorhabens insbesondere wegen dort angebotenen zentrenrelevanten Sortimente deutlich gravierender einzuschätzen als noch im Jahr 2007. Darüber hinaus sei auf das im benachbarten elsässischen R... gebaute FOC mit zentrenrelevanten Sortimenten auf mehreren 10.000 m² Verkaufsflächen hinzuweisen. Schließlich verstoße das ...-Ansiedlungsvorhaben auch gegen einzelhandelsbezogene Festlegungen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein 2003. Betroffen seien das Kongruenzgebot, das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot. Ein Anspruch auf Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens bestehe nicht. Mangels Planbarkeit des Ansiedlungsvorhabens bestehe keine raumordnerische Vertretbarkeit. Die Schaffung des Planungsrechts für ein Projekt dieser Größenordnung mit einem so großen Einzugsgebiet und mit einem solchen Umfang an zentrenrelevanten Sortimenten in städtebaulicher Randlage eines Mittelzentrums würde die landesplanerische Einzelhandelskonzeption konterkarieren. Das Ansiedlungsvorhaben berühre auch die Grundzüge der Planung. Die planerische Grundkonzeption des Landesentwicklungsplans bzw. des Regionalplans werde von den oben angeführten einzelnen Zielen getragen. Diese zur raumordnerischen Steuerung des regionalbedeutsamen Einzelhandels austarierte Konzeption der einzelhandelsbezogenen Ge- und Verbote bilden in ihrer Gesamtheit die Grundzüge der Planung.
34 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, des Beklagten (5 Leitzordner) sowie seine Gerichtsakten (2 Bände) vor, auf deren Inhalt verwiesen wird. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Klägerin und die Beigeladenen haben, soweit hierüber der Senat nicht bereits mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - rechtskräftig entschieden hat, auch im Weiteren keinen Erfolg.
36 
Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens noch können sie Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags verlangen (A.). Ihre Klage auf Feststellung, dass der Ansiedelung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten das Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg (B.) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (C.) als Ziel der Raumordnung nicht entgegenstehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dies gilt auch für die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von diesem Ziel der Raumordnung (D. und E.). Die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindlichem Ziel der Raumordnung zuwiderläuft, ist ebenso unzulässig wie die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage, eine entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (F.). Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig (G.).
A.
37 
Der Berufungsantrag Ziffer 2 der Klägerin und die Berufungsanträge Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 kann nicht zugelassen werden; es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist daher im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
38 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -, NVwZ 2010, 133; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
39 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des LEP 2002 zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (I.) noch auf Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags (II.).
40 
Nach § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG kann die höhere Raum-ordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordne-rischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Nach § 24 Satz 2 LplG sind antragsbefugt die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben.
41 
1. a.) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) - revisionsrechtlich insoweit bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris) - entschieden, dass das aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, ein verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ist. Hieran ist festzuhalten.
42 
b.) Des Weiteren hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O) ausgeführt, dass das Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung mit dem im LEP 2002 festgelegten Gehalt nicht gegen die kommunale Planungshoheit der Klägerin als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung verstößt (ebenso BVerwG vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris). Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
43 
c.) Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass die die Berufsausübungsfreiheit der Beigeladenen einschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mit Art. 12 GG vereinbar sind. Denn sie beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
44 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O., juris Rn. 58, insoweit bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.) ausgeführt:
45 
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zen-tralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in Bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).“
46 
Hieran hält der Senat auch in Ansehung der Einwände der Klägerin und der Beigeladenen fest.
47 
d.) Schließlich hat der Senat entschieden, dass die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 auch mit Unionsrecht vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002 ist gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordne-rischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24.03.2011 – C-400/08 -, BauR 2011, 1117; Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
48 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., vgl. Rn. 22 - 24) ausgeführt, die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland beruhten auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie seien auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine vorgehenden Ausführungen zu Art. 12 GG (unter A. I. 1. c.)).
49 
Diese Erwägungen zur gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten gleichermaßen für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und für die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) vom 24.03.2011 (- C-400/08 -, BauR 2011, 1117) fest. In dieser hat der EuGH ausgeführt, dass Beschränkungen in Bezug auf den Standort und die Größe von Einzelhandelseinrichtungen geeignete Mittel seien, um Ziele der Raumordnung und des Umweltschutzes zu erreichen. Unter diesen Umständen müsse - so der Gerichtshof weiter unter Hinweis auf sein Urteil vom 22.12.2008 (- C-161/07 -, Slg. 2008, I-10671, Rn. 36) - ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geltend machen kann, eine Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen. Mit den Darlegungen unter A. I. 1. c.) wird diesen Maßgaben hinreichend Rechnung getragen. Sie legen nicht nur die Rechtfertigungsgründe dar sondern zeigen auch die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im Einzelnen auf. Die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien, weil Einzelhandelsgroßprojekte ein Beein-trächtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Diese Erkenntnis beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, die in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001(im Folgenden: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001), in § 34 Abs. 3, § 11 Abs. 3 BauNVO sowie in der Begründung des LEP 2002 (vgl. z. B. Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) ihren Niederschlag gefunden hat.
50 
2. Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen verstößt ferner gegen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip [vgl. hierzu zusammenfassend Kluth, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 157]) und das aus ihm abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich - wie der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) ausgeführt hat - ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein, weil sein Einzugsbereich unter Berücksichtigung der Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 (30 %-Schwellenwert) im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich überschreitet. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 stammen bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... als dem maßgebenden Verflechtungsbereich (siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b), mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb. Bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses beläuft sich der Marktanteil sogar nur auf ca. 10 bis 11 % aus dem Mittelbereich R..., so dass rund 90 % dessen zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet werden (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil des Senats vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357).
51 
3. Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der In-frastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 [S. B22]). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 16.10.2010, a.a.O. Rn. 27).
52 
4. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 bleibt ohne Erfolg.
53 
Der Senat kann hierbei im Ergebnis unerörtert lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG insoweit erfüllt sind, als die Zielabweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist (a.)). Denn die Zielabweichung zur Realisierung des mit dem Kongruenzgebot unvereinbaren Ansiedlungsvorhaben scheitert daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung im Sinne des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG berührt werden (b.)).
54 
a.) Die Vertretbarkeit unter raumordnerischen Gesichtspunkten als erste Voraussetzung für eine Zielabweichungsentscheidung dürfte, ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden muss, wohl vorliegen. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist anzunehmen, wenn die Zielabweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung planbar gewesen wäre, wenn also der Weg der Planung statt der Abweichung gewählt worden wäre. Ein durch die förmliche Raumplanung nicht zu erzielendes Ergebnis kann auch nicht im Wege der Abweichung erreicht werden. Nur solche Gründe können eine Zielabweichung als vertretbar rechtfertigen, die nicht bereits bei der Planfeststellung erörtert und nicht bewusst zurückgestellt worden sind. Denn in einem solchen Fall hat der Plangeber eine Aussage gegen die raumordnerische Zulassung der fraglichen Maßnahme getroffen, an die die Raumordnungsbehörde gebunden bleibt (vgl. zu alledem Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6 Rn. 115).
55 
Gemessen daran dürfte eine raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens wohl gegeben sein. Auch der LEP 2002 geht in seinem Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 von der Planbarkeit der angestrebten Abweichungsentscheidung aus. Zwar sollen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Im 2. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 wird dieses Ziel insoweit ergänzt, als derartige Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Damit bringt der LEP 2002 zum Ausdruck, dass Einzelhandelsgroßprojekte - wie das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen - jedenfalls grundsätzlich auch in einem Mittelzentrum wie der Klägerin raumordnungsrechtlich planbar gewesen wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Plangeber nach den weiteren Zielvorgaben im LEP 2002 in Ergänzung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten aufgestellt hat.
56 
b.). Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot ist jedoch ungeachtet der Frage, ob sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, deshalb nicht zulassungsfähig, weil dadurch die Grundzüge der Planung des LEP 2002 berührt werden.
57 
Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil vom 04.08.2009 - 4 CN 4.08 -, BVerwGE 134, 264; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66).
58 
Mit Blick auf das hier in Rede stehende Kongruenzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem hinsichtlich der Zulassung einer Zielabweichung zurückverweisendem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, a.a.O.) ausgeführt, für ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, komme es für die Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren sei nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den raumordnerischen Besonderheiten Rechnung tragenden Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Denn das Kongruenzgebot erweise sich nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beanspruche.
59 
Nach diesen Maßgaben stellt das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in der konkreten Planungssituation keinen Härtefall dar, der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufgrund raumordnerischer Besonderheiten eine Zielabweichung trotz Verstoßes gegen das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung rechtfertigt.
60 
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.), insoweit revisionsrechtlich unbeanstandet, festgestellt, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot als eine tragende Ausformung des zen-tralörtlichen Gliederungsprinzips nicht nur geringfügig, sondern gravierend beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung noch einmal darauf hinzuweisen, dass es vorliegend nicht nur um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses geht. Das hier in Rede stehende Gesamtvorhaben der Beigeladenen umfasst neben dem ...-Einrichtungshaus („Möbelkaufhaus“) auch die Ansiedlung weiterer gegenüber dem klassischen ...-Einrichtungshaus branchenfremder Fachmärkte (Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt) mit einer Gesamt-Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² auf einer Fläche von ca. 12 ha. Bei der gebotenen gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... 82 % der zu erwartenden Umsätze werden außerhalb des Mittelzentrums R...t generiert. Noch deutlicher wird die Überschreitung des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs, wenn nur das Gesamtsortiment des ...-Einrich-tungshauses in den Blick genommen wird. Hier werden nur ca. 10 bis 11 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden aus dem Mittelzentrum R..., hingegen 90 % der zu erwartenden Umsätze außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet.
61 
bb) Der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen, die fehlende Vorbildwirkung des Vorhabens gebiete im vorliegenden Einzelfall eine Zielabweichung, kann nicht gefolgt werden. Gerade hier zeigt sich die unzulässige Blickverengung allein auf das ...-Einrichtungshaus. Selbst wenn man der Meinung der Beigeladenen folgen wollte, im Bereich des großflächigen Einzelhandels nähmen ...-Einrichtungshäuser eine Sonderstellung ein, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es mit dem mit den Berufungsanträgen Ziffer 2 der Klägerin und Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen verfolgten Zielabweichungsverfahren nicht um ein singuläres ...-Einrichtungshaus geht, sondern um ein Konglomerat von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehend aus ...-Einrichtungshaus und weiteren - insoweit branchenfremden - Fachmärkten, die als eine - wirtschaftliche - Einheit verwirklicht werden sollen. Gerade dieses Geschäftsmodell - ein Magnetbetrieb und weitere „Trabantenbetriebe“ - würde eine erhebliche Vorbildwirkung entfalten und damit eine Durchbrechung der im Landesentwicklungsplan 2002 zum Ausdruck kommenden tragenden Raumordnungsstruktur bewirken (zur Präjudizwirkung vgl. auch Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6, Rn. 121; HessVGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230; Hager, BauR 2011, 1093).
62 
Zutreffend weisen die Klägerin und Beigeladene zwar in diesem Zusammenhang auf die raumstrukturellen Besonderheiten im Bereich des Mittelzentrums R... hin. Diese raumordnerische Situation ist durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren auf engen Raum gekennzeichnet, nämlich der Mittelzentren Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl. Anders jedoch als die Klägerin und die Beigeladene meinen, würde das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in seiner Gesamtheit diese besondere raumordnerische Struktur ganz erheblich belasten und die durch den LEP 2002 geplante Mittelzentrenstruktur geradezu auflösen zugunsten des Mittelzentrums R... Die mit dem Kongruenzgebot verfolgte Stärkung aller Zentren würde mit der Zulassung des Ansiedlungsvorhaben im Ergebnis konterkariert. Die Entwicklungsbereiche der benachbarten Zentren würden erheblich betroffen. Die Raumordnungsstruktur des LEP 2002 hat gerade auch zum Ziel, die Entwicklungsmöglichkeiten der weiteren Mittelzentren zu gewährleisten und damit auch deren bereits ins Werk gesetzten Anstrengungen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer urbanen Strukturen abzusichern. Andererseits könnte jedes der aufgeführten Mittelzentren unter Hinweis auf das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit gleichen Gründen eine Zielabweichung für ein vergleichbares Vorhaben verlangen, dem mit Blick auf Art. 3 GG nur schwer gegenzusteuern wäre. Denn die Situation ist für diese Mittelzentren insoweit identisch, als ihnen jeweils nur ein kleiner Mittelbereich zugeordnet ist. Ein „Windhundrennen“ um Großvorhaben zwischen den Zentren wäre die unausweichliche Folge. Die Vorbildwirkung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen würde daher eine Entwicklung auslösen, die den in seinen raumordnerischen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommenden Planungsgrundsätzen des LEP 2002 grundlegend zuwiderliefe und ihn in letzter Konsequenz funktionslos machte. Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 07.12.2005 - 3 S 2693/04 - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Entscheidend für die dort vom Senat bestätigte Zielabweichungsentscheidung des Beklagten war die Raumbedeutsamkeit, dass der Standort des Sondergebiets teilweise auch die Funktion einer Nahversorgung erfüllte. Ferner waren für das Gebiet ca. 1.000 Wohneinheiten für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, deren Versorgung das Vorhaben ebenfalls dienen sollte. Der geplante Standort des Gesamtvorhabens der Beigeladenen weist diese Besonderheiten indessen nicht auf.
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cc) Das Vorbringen der Beigeladenen, trotz intensiver Suche sei im Oberzentrum Karlsruhe für das Ansiedelungsvorhaben kein geeigneter Standort gefunden worden, vermag – selbst wenn dies zuträfe – keinen eine Abweichungsentscheidung rechtfertigenden Härtefall zu begründen.
64 
Die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit steht der Geeignetheit eines raumordnerischen Ziels grundsätzlich nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 18). Die Raumordnung durch Zuordnung und Mischung der Raumnutzungen und Raumfunktionen ist - auch mit Blick auf die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit - allein Aufgabe des (Mitglied)Staates, nicht aber einzelner Unternehmen. Denn andernfalls hätte dieses es in der Hand, durch entsprechende Dimensionierung eines Vorhabens die auch unionsrechtlich geforderte und geförderte Raumplanung der Mitgliedstaaten (vgl. insoweit Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK – vom 10. Mai 1999) zu durchkreuzen und „planlos“ den Raum zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann die Raumplanung, wenn sie - wie der LEP 2002 - von gemeinwohlorientierten Zielen wie dem Umwelt- und Ressourcenschutz durch Verhinderung enormen Flächenverbrauchs sowie dem Landschaftsschutz durch Vermeidung großflächiger Zersiedelungen - gerade des städtischen Umlands - getragen ist, auch zur Folge haben, das bestimmte Ansiedlungsvorhaben an bestimmten Standorten im Ergebnis ausgeschlossen sind (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248). Erst recht stellt ein nach der Raumordnung rechtlich an einem bestimmten Standort zulässiges, aber faktisch dort aufgrund der beabsichtigten Größe und der vom Unternehmen selbst definierten Anforderungen an Lage und Infrastruktur nicht verwirklichbares Vorhaben keinen Härtefall dar. Diese Fallkonstellation verleiht einem Unternehmen auch nicht unter Berufung auf die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und unter Abkehr der legitimen Raumplanung des Mitgliedstaats und dem wohlbegründeten Raumordnungsgefüge das Recht, einen seinen eigengesetzten Anforderungen genügenden Standort in der Raumschaft auszuwählen.
65 
dd) Die von der Beigeladenen vorgetragene Verkehrsreduzierung zeigt gleichfalls keinen eine Zielabweichung vom Kongruenzgebot gebietenden Härtefall auf. Die Einschätzung einer Verkehrsreduzierung mag hinsichtlich des geplanten ...-Einrichtungshauses im Verhältnis zu den vorhandenen ...-Unternehmen in Walldorf, Mannheim, Freiburg, Sindelfingen und Straßburg zutreffen. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Einwohner im Einzugsbereich des geplanten Standorts Raststatt ganz überwiegend das dortige ...-Einrichtungshauses anfahren würden. Die behauptete Verkehrsreduzierung beschränkt sich indessen allein auf das ...-Einrichtungshaus. Sie gilt indessen nicht für das hier allein zu beurteilende Gesamtvorhaben. Überdies übersehen die Klägerin und die Beigeladene hierbei, dass das Verkehrsaufkommen, das durch das ...-Einrichtungshaus - geplant sind ca. 2.300 Stellplätze - und erst recht durch das Gesamtvorhaben ausgelöst werden wird, die bestehende Verkehrsinfrastruktur des Mittelzentrums R... deutlich überfordert. Hiervon geht auch das Verkehrsgutachten des Ingenieurbüros ... ... ..., ... ... ... ... ... vom Mai 2007 (Untersuchung zum Raumordnungsverfahren zur verkehrlichen Erschließung des geplanten ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten im Gewerbegebiet Lochfeld in R...) aus, das die Beigeladene ihrem Antrag auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 beigefügt hat. Danach seien - bezogen allein auf das ...-Einrichtungshaus - Verkehrsströme in einer Größenordnung von ca. 10.400 Kfz/24 h als DTV (normaler Werktag) zu erwarten. Die Anschlussstelle Rastatt (Nord) an die BAB 5 (Nr. 49) über die B 462 sei bereits heute regelmäßig überlastet. Eine weitere Verschärfung dieses Missstandes würde sich nicht nur bei zusätzlichen Gewerbeansiedlungen sondern darüber hinaus bei der Ansiedlung ... (allein) verschärfen. Das ...-Einrichtungshaus wie auch das Gesamtvorhaben lassen sich nach diesen Feststellungen ohne bedeutsame Änderungen und Neubau von Straßenverkehrsanlagen daher nicht verwirklichen. Zur Lösung der zu erwartenden Verkehrsprobleme wird in dem Verkehrsgutachten Mai 2007 der Neubau einer Anschlussstelle Rastatt-Mitte oder alternativ dazu den Ausbau der Anschlussstelle Nr. 49 zu einem „Kleeblatt“ und einen Umbau des Knotenpunktes B 462/K 3716 vorgeschlagen. In beiden Varianten soll zusätzlich die K 3716 parallel zur BAB 5 verlegt werden.
66 
Die vorstehenden Ausführungen unter (aa) bis (dd) zeigen, dass eine Abweichung vom Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht zulassungsfähig ist, weil es einen wesentlichen Teil der Grundzüge der Planung darstellt und diese durch eine Abweichungsentscheidung auch berührt würden, da keine einen Härtefall begründenden besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen. Allein der Umstand, dass das dem Konzentrationsgebot und dem Kongruenzgebot inne wohnende Ziel eines schonenden Flächen-und Ressourcenverbrauchs vorliegend deshalb in den Hintergrund tritt, weil der Standort des Ansiedlungsvorhabens durch die Bebauungspläne „Lochfeld“ und „Im Baisert“ überplant ist, vermag die aufgezeigten nachteiligen raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf das Vorliegen eines Härtefalls nicht auszugleichen. Überdies ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die durch die Ziele des LEP 2002 auch bezweckte Ressourcenschonung folgendes zu bedenken: Nach den Zielen des LEP 2002 werden entsprechend dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem Kongruenzgebot zugunsten von Einzelhandelsgroßprojekten in den Oberzentren Stand-orte für deren Ansiedlung raumplanerisch vorgehalten. Zielabweichungen im Einzelfall hinsichtlich nachgeordneter Zentren änderten an diesem raumordnungsrechtlichen Tatbestand nichts. Die Inanspruchnahme von Flächen in nachgeordneten Zentren durch Einzelhandelsgroßprojekte wird nicht durch eine entsprechende Verminderung von entsprechenden Flächen in Oberzentren gewissermaßen „ausgeglichen“. In der Summation führen daher Zielabweichungen in einer Gesamtbilanz zu einem vom LEP 2002 gerade nicht gewollten höheren Flächenverbrauch.
67 
c.) Ungeachtet dessen, dass eine Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 24 Satz 1 LplG für das Gesamtansiedlungsvorhaben der Beigeladenen schon deshalb zwingend ausscheidet, weil eine Abweichung vom Kongruenzgebot mangels Vorliegens eines Härtefalls Grundzüge der Planung berühren würde, ist eine Zielabweichung ferner deshalb unzulässig, weil das Vorhaben auch gegen das landesplanerische Integrationsgebot verstößt.
68 
Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 kommen für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Frage.
69 
aa) Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Dem steht nicht entgegen, dass diese landesplanerische Aussage als Soll-Vorschrift gefasst ist. Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491; vgl. auch Urteile vom 22.06.2011 - 4 CN 4.10 -, BVerwGE 140, 54 = NVwZ 2011, 1468 und vom 10.11.2011 - 4 CN 9.10 -, NVwZ 2012, 315) ausgeführt hat - nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Muss-Vorschriften ausgestaltet sind, sondern auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. Diese erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).
70 
Nach Maßgabe dessen ist die als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussage im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Denn der Plangeber hat in dem Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich eine Ausnahme von der Zielbindung benannt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber anhand des Einzelhandelserlasses hinreichend bestimmbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.04.2012 - 8 S 1739/10 -, juris). Aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 folgt im Umkehrschluss, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen. In diesem Sinn ist auch der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 zu verstehen.
71 
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstößt das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
72 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtritz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
73 
Dem Integrationsgebot fehlt es nicht an einem es legitimierenden überörtlichen raumordnungsrechtlichen Bezug, der den Eingriff in die kommunale Planungshoheit rechtfertigt. Das Integrationsgebot gehört zum überörtlichen und zusammenfassenden Regelungsgegenstand der Raumordnung und ist als inhaltliche Ausgestaltung innergemeindlicher Siedlungsschwerpunkte nicht nur eine städtebauliche und rein örtliche Aufgabe. Das Integrationsgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Kongruenzgebot und das Beein-trächtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren entschieden, dass es, wenn diese insbesondere wegen ihrer Größe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinausgehen, gerechtfertigt sein kann, sie einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und planerisch nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen. Eine solche Zielfestlegung schließe es zwar für das gesamte Gebiet einer Gemeinde, die nicht Oberzentrum ist, aus, die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren planerisch zuzulassen; da die Zielfestlegung lediglich eine eng umgrenzte Nutzungsart ausschließe, verbleibe der Gemeinde jedoch substanzieller Raum für eine anderweitige Bauleitplanung (BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Diese Entscheidung betraf die Errichtung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums (Designer-Outlet-Center in S...; vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, NdsVBl 2006, 71) mit einer Verkaufsfläche von zunächst 10.000 m² in einer ersten Ausbaustufe, sodann in einer zweiten Ausbaustufe auf insgesamt 20.000 m². Angesichts der Größe der Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² des geplanten Gesamtvorhabens der Beigeladenen, einer Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von mindestens 5.450 m², wobei das ...-Einrichtungshaus allein eine Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 4.650 m² vorsieht (hierbei ist die - zwischen den Beteiligten streitige - Zuordnung von Leuchten und Teppichen zu den zentrenrelevanten Sortimenten noch nicht berücksichtigt; bei deren Einbeziehung ergäbe sich eine Verkaufsfläche von 8.450 m² zentren-relevanter Sortimente) besteht kein qualitativer Unterschied zu dem vom BVerwG entschiedenen Hersteller-Direktverkaufszentrums. Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zentrenrelevanten Sortimenten des ...-Einrichtungshauses nicht um dem Kernsortiment „Möbel“ hinsichtlich Umsatz und Verkaufsfläche deutlich untergeordnete sog. Randsortimente handelt (siehe hierzu Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. ff., insbesondere Rn. 94 zu sog. Möbelmärkten und -Häusern mit breitgefächerten Nicht-Möbel-Sortiment; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.1998 - 7a D 108/96.NE -, NVwZ 1999, 79). Gegen das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 bestehen daher mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG weder allgemein noch im konkreten das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Einzelfall verfassungsrechtliche Bedenken.
74 
cc) Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil - wie die Beigeladene meint - dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle, durch raumordne-rische Ziele innerörtliche Standorte von Einzelhandelsnutzungen festzulegen, und deshalb - insoweit - die der Landesregierung erteilte Ermächtigung verfassungswidrig sei, gemäß § 7 und § 10 LplG durch Rechtsverordnung den Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen.
75 
§ 7 LplG regelt den Inhalt des Landesentwicklungsplans (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LplG). Danach ist der Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen. Er enthält die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Landes. Er enthält ferner Ziele für einzelne raumbedeutsame Vorhaben, die für das Land von Bedeutung sind. Der Landesentwicklungsplan muss mit den in § 2 des Raum-ordnungsgesetzes enthaltenen Grundsätzen in Einklang stehen; er konkretisiert diese Grundsätze. Die Ziele sind durch den Buchstaben »Z«, die Grundsätze sind durch den Buchstaben »G« zu kennzeichnen. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b und d ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten, insbesondere zu Zentralen Orten und Siedlungsentwicklungen. Insbesondere nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. d ROG ist es danach zulässig, dass in einem Raumordnungsplan Festlegungen über Siedlungsentwicklungen getroffen werden, die auch und gerade mit Blick auf die für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Bestimmbarkeit bereichsscharf sein sollen. Aufgrund der Planungsgrundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG und der Festlegungsmöglichkeiten des § 8 Abs. 5 ROG zugunsten gemeindeinterner Festlegungen für den besiedelten wie auch für den nicht besiedelten Bereich hat der für die Raumordnung zuständige Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 i.V.m. Art. 72 GG - ungeachtet der Abweichungsbefugnis der Länder nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG) entschieden, dass ein Raumordnungsplan auch gemeindeinterne Flächennutzungs- und Flächenfunktionszuweisungen treffen darf (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn. 70). Insoweit ergänzt das Raumordnungsgesetz das von dem für das Bodenrecht (einschließlich des Städtebaurechts) gleichfalls zuständigen Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art 72 GG) erlassene Baugesetzbuch. Der Landesgesetzgeber hat in § 7 LplG für den Inhalt des Landesentwicklungsplans, der als Rechtsverordnung erlassen wird (§ 10 LplG), diese Maßgaben des Raumordnungsgesetzes für verbindlich erklärt. Aufgrund dessen maßt sich der Landesgesetzgeber weder im Landesplanungsgesetz noch im Landesentwicklungsplan eine ihm nicht zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung standort- bzw. bereichsbezogener Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsplan an, sondern setzt vielmehr die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes um (vgl. hierzu auch Uechtritz, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 57 ff. 66).
76 
dd). Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 verstößt auch nicht zulasten der Beigeladenen gegen Art. 12 GG. Insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. c.) hier entsprechend.
77 
ee). Der das Integrationsgebot festlegende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 begegnet auch in unionsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Diese gilt sowohl für die Vereinbarkeit des Integrationsgebots als Ziel der Raumordnung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) als auch mit der Dienstleistungsfreiheit(Art. 56 AEUV) als auch mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Auch insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. d.) i.V.m. c). hier entsprechend. Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof herausgestellten Voraussetzungen, unter denen die Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten zulässigerweise eingeschränkt werden darf, ist darauf hinzuweisen, dass die Raumordnungsprinzipien, wie sie in den hier maßgeblichen Zielen des LEP 2002 festgelegt werden, gerade nicht auf rein wirtschaftlichen Erwägungen beruhen. Dem Raumordnungssystem des LEP 2002 liegen keine wirtschaftlichen Motive zugrunde und eine Bedarfsprüfung findet nicht statt. Der Normzweck der Raumplanung ist es weder unmittelbar noch mittelbar, vorhandene Einzelhandelseinrichtungen vor der Ansiedlung neuer Konkurrenz zu schützen. Das raumordnerische Steuerungsinstrumentarium verfolgt eine andere Zielrichtung. Es sind dies die bedeutenden öffentlichen Belange der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes (Ressourcenschonung, Verkehrsvermeidung), Bewahrung der Stadtzentren als Kerne des urbanen Lebens hinsichtlich des Handels, der Begegnung und der Kommunikation sowie schließlich der verbrauchernahen Versorgungssicherheit - und damit mittelbar dem Schutz der Verbraucherinteressen - und zwar insbesondere, aber nicht nur von älteren und behinderten Menschen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Hager, BauR 2011, 1093; Uechtritz, ZfBR 2011, 648; Wiggers, NJW-Spezial, 2011, 556). Im Weiteren ist daran zu erinnern, dass städtebaulich integrierte Standorte im Sinne des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002, an denen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig ausgewiesen werden sollen, nicht nur Innenstädte darstellen. Städtebaulich integrierte Stand-orte können auch andere zentrale Versorgungsbereiche der Standortgemeinde sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308; Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, 2010, 590).
78 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu der beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.10.2010 - 7 B 22.10 -, juris). Das Vorbringen der Beigeladenen, eine Vorlagepflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht zu erkennen gegeben habe, die Streitfrage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn dem Urteil des BVerwG vom 16.12.2010 (a.a.O.) dies zu entnehmen wäre, hat die Beigeladene nichts dafür dargetan, dass das BVerwG auch in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.2011 (a.a.O.) hieran festhalten wolle.
79 
ff) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem in den Sätzen 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 verorteten Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht vereinbar.
80 
(1) Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, dass das Gesamtvorhaben der Beigeladenen nicht an einem städtebaulich integrierten Standort geplant und errichtet werden soll.
81 
(2) Die Ausnahmevoraussetzungen für nicht zentrenrelevante Warensortimente nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 sind vorliegend gleichfalls nicht erfüllt.
82 
Zwar werden in dem ...-Einrichtungshaus, dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt nicht zentrenrelevante Warensortimente auf einer Gesamtfläche von ca. 35.050 m² (20.850 [...-Einrichtungshaus] + 10.300 [Bau- und Gartenmarkt] + 3.900 [Küchenfachmarkt[) angeboten. Gleichzeitig sind aber durch diese drei Einzelvorhaben auf einer Gesamtfläche von ca. 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (einschließlich Nahrungsmittel) vorgesehen. Hierbei mag es sich bei dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt, die zusammen auf einer Fläche von ca. 800 m² zentren-relevante Sortimente anbieten, insgesamt noch um sogenannte Randsortimente handeln, die einer Errichtung in einer städtebaulichen Randlage wohl nicht entgegenstünden. Für das ...-Einrichtungshaus ist dies indessen nicht der Fall. Das ...-Einrichtungshaus beabsichtigt, auf einer Fläche von ca. 4.650 m² zentrenrelevante Sortimente mit - wie bei bestehenden ...-Häusern üblich und gerichtsbekannt - breitester Fächerung anzubieten. Damit nehmen diese von der Beigeladenen als Nebensortimente bezeichneten Warengruppen schon bei einem rein rechnerisch betrachteten Vergleich der Verkaufsflächen ca. 19,4 % der geplanten Verkaufsfläche (ohne Einbeziehung der Fläche für die gastronomischen Angebote) ein. Berücksichtigt man im Rahmen einer gebotenen wertenden Betrachtung zudem, dass es sich bei den Möbeln schwerpunktmäßig um großvolumige Waren handelt, während die sonstigen Sortimente eher kleinvolumige Waren darstellen, tritt die wirtschaftliche Bedeutung der zentrenrelevanten Sortimente noch deutlicher hervor. Vor diesem Hintergrund können die zentrenrelevanten Sortimente nicht mehr als bloße Neben- oder gar Randsortimente zum Kernsortiment „Möbel“ angesehen werden. Diese zentrenrelevanten Sortimente, die eine Vielzahl unterschiedlichster Waren des zentrenrelevanten Sortimentsbereichs bis hin zu Nahrungsmitteln abdecken, stellen vielmehr ein selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) neben dem - weiteren - Kernsortiment „Möbel“ dar.
83 
(3) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspräche auch dann dem Integrationsgebot, wenn man dieses - wie die Klägerin und die Beigeladene meinen - nur unter Einschluss des in Satz 1 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbots als Ziel der Raumordnung begreift. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihren Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Bei dieser - das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot kombinierenden - Betrachtungsweise müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dahingehend verstanden werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten errichtet werden sollen, nicht zentrenrelevante Warensortimente auch in städtebaulichen Randlagen. Von diesem „Soll-Ziel“ könne aber nach der Ausnahmeregelung im Satz 1 immer dann abgewichen werden, wenn das Vorhaben weder durch Lage und Größe noch durch seine Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtige. Dieser Auslegung ist indessen nicht zuzustimmen. Vielmehr führt die Gesamtbetrachtung des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dazu, dass Satz 2 dieses Plansatzes das als Muss-Ziel festgelegte Beeinträchtigungsverbot in Satz 1 im Sinne einer Begründung näher konkretisiert. Zur Sicherung des Beeinträchtigungsverbots sollen Einzelhandelsgroßprojekte deshalb vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Satz 3 dieses Plansatzes macht hiervon für nicht zentrenrelevante Warensortimente insoweit eine Ausnahme, als für sie auch städtebauliche Randlagen in Frage kommen. Das in diesem Zusammenhang gegenüber dem Gesamt-Ansiedlungsvorhaben isoliert zu betrachtende ...-Ansiedlungsvorhaben wird - wie vorgehend ausgeführt und entgegen der Auffassung der Beigeladenen - durch sein Möbelkernsortiment nicht schon entscheidend dahingehend geprägt, dass es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten handelt. Die zentrenrelevanten Sortimente stellen vielmehr ein hinzutretendes selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) dar.
84 
gg) Das Integrationsgebot gehört - neben dem Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem Kongruenzgebot - gleichfalls zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt eine flankierende Maßnahme zur Sicherung des Kongruenzgebots dar. Das aus dem bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitete (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13; Spannowsky, UPR 2003, 248; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025) Kongruenzgebot bezweckt die raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe, zu denen das Gesamtvorhaben der Beigeladenen zweifellos gehört. Zu den weiteren das Zentrale-Orte-Prinzip und das Kongruenzgebot konkretisierenden raumordnerischen Regeln zählt das Integrationsgebot. Dessen Ziel ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Der Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Integrationsgebot, nach dem Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten verwirklicht werden sollen, dient der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem hieraus abgeleiteten Kongruenzgebot beabsichtigten Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris).
85 
hh) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls, der das Grundanliegen des vorgehend dargestellten Integrationsgebots als Ziel der Raumplanung im LEP 2002 unangetastet und deshalb die Grundzüge der Planung trotz Verstoßes des Gesamtvorhaben gegen dieses Ziel unberührt ließe, sind auch in Ansehung des Vorbringens der Klägerin und der Beigeladene nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungs-häusern sei aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten, vermag einen Härtefall nicht zu begründen. Eine Zielabweichung isoliert vom Integrationsgebot als Ziel der Raumplanung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 LplG scheidet daher aus.
86 
ii) Vor dem Hintergrund, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen sowohl gegen das Kongruenzgebot als auch gegen das Integrationsgebot des LEP 2002 verstößt und in beiden Fällen von diesen Zielen der im LEP 2002 zum Ausdruck kommenden Raumordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG nicht abgewichen werden kann, weil dadurch die Grundzüge der Planung dadurch berührt werden, kann der Senat unerörtert lassen, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus auch noch gegen die in den Plansätzen 3.3.1.1 (Z) Satz 2 und Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbote verstößt und ob gegebenenfalls hiervon eine Zielabweichung zugelassen werden müsste.
87 
II. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Deshalb bedurfte es auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG zutreffend verneint hat. Da der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen war, ist der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag auf Neubescheidung daher gleichfalls unbegründet.
88 
Nach den obigen Darlegungen bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein vereinbar ist.
B.
89 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 der Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) als Ziel der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 1. Alt.), haben keinen Erfolg.
90 
Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob diese Berufungsanträge schon deshalb unzulässig sind, weil der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, juris) entsprechend den dort von der Klägerin und der Beigeladenen gestellten Anträgen rechtskräftig entschieden hat, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Gleiches gilt für die Frage, ob für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO besteht, nachdem weder ein Anspruch auf Zielabweichung von den Zielen des LEP 2002 noch ein Anspruch auf Neubescheidung des Zielabweichungsantrags besteht, weil - wie vorstehend ausgeführt - mit Blick auf die Unvereinbarkeit des Ansiedlungsvorhabens mit dem Kongruenzgebot als verbindliches Ziel des LEP 2002 durch eine Zielabweichung die Grundsätze der Planung i. S. d. des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG berührt werden.
91 
Denn diese Berufungsanträge sind jedenfalls unbegründet, wie sich aus den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. c.) ergibt, auf die verwiesen wird.
C.
92 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 den Plansätzen 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 2. Alt.), haben ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt den Berufungsanträgen das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse für den Fall besteht, dass - wie vorliegend - das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit den raumordnerischen Zielen LEP 2002 nicht vereinbar ist.
D.
93 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 3, 1. Alt.), bleiben entsprechend den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. h.) ebenfalls erfolglos.
E.
94 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der beigeladenen Ziffer 3, 2. Alt.), sind bereits unzulässig. Ihnen fehlt das in jedem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund mit der hilfsweise beantragten Zielabweichung von den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein ihre Rechtsstellung hinsichtlich der von ihnen begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat sieht hierfür keine Anhaltspunkte.
F.
95 
Die Berufungsanträge der Klägerin, festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindliches Ziel der Raumordnung zuwiderläuft (Ziffer 3, 1. Hs., 1. Alt.), und fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, eine entsprechende Zielabweichung zuzulassen, sind sowohl hinsichtlich des LEP 2002 als auch hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall besteht, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier:...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits - wie im Urteil des Senats vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) rechtskräftig festgestellt - mit dem aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleiteten und zu seiner Konkretisierung festgelegten Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP und - wie unter A. I. 4. c.) ausgeführt - auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 und 3 LEP 2002 nicht vereinbar ist und ferner eine Zielabweichung von beiden Zielen ausscheidet. Im Übrigen fehlt auch das Rechtsschutzinteresse. Denn auch insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund selbst bei Erfolg ihres Feststellungsantrags ihre Rechtsstellung hinsichtlich der begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedelungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat vermag hierfür keine Anhaltspunkte zu erkennen. Diese Erwägungen gelten für die von der Klägerin begehrte Feststellung hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein wie auch für die weiterhin hilfsweise begehrte Zielabweichung vom Beeinträchtigungsverbot; im Übrigen verweist der Senat insoweit auf seine hier entsprechend geltenden Ausführungen unter C. und E.
G.
96 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig. Dies gilt - in Auslegung dieser Berufungsanträge - sowohl für die damit begehrte Verpflichtung des Beklagten, in entsprechender Anwendung der Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 2 und der Beigeladenen Ziffer 1 für das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte eine Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen (I.), als auch für die beantragte Feststellung, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs. und wohl der Beigeladenen Ziffer 2 jeweils in entsprechender Anwendung; II.), wie auch schließlich für den hilfsweise gestellten Antrag, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und der Beigeladenen Ziffer 4 jeweils in entsprechender Anwendung; III.).
97 
I. Die auf Zulassung einer Abweichung vom Kongruenzgebot gerichtete Verpflichtungsklage bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte ist unzulässig.
98 
1. Die Unzulässigkeit folgt zunächst aus dem Fehlen der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts (vgl. zum Verwaltungsaktcharakter der Zielabweichung BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386), die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, DVBl. 1996, 309; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 -, juris; Urteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504 jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall bezog sich der Antrag der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich beratenen und vertretenen Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent - auch nicht hilfsweise - auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte, sondern vielmehr allein auf das ...-Einrichtungshaus mit begleitenden Fachmärkte. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin, in dem ausdrücklich auf den Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Bezug genommen wird. Auch dieser Antrag hat, wie sich nicht nur aus ihm selbst (vgl. dort unter I. Projektbeschreibung) sondern auch aus den ihm beigefügten Unterlagen (vgl. Märktegutachten, Verkehrsgutachten, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, schalltechnische Untersuchung) ergibt, allein das ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten zum Gegenstand. In Würdigung dessen enthält der Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 nicht gleichsam als ein „Minus“ den Antrag auf Zielabweichung bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne ergänzende Fachmärkte - ebenso wenig wie einen Antrag auf Zielabweichung hinsichtlich eines der Fachmärkte ohne das ...-Einrichtungshaus.
99 
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundes- oder landesrechtlich geordneten Verwaltungsverfahrensrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504). Jedoch nötigen die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes nicht dazu, in Bezug auf die erstrebte Zielabweichung von dem genannten, in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts abzuweichen. Vielmehr spricht das in § 24 Satz 3 LplG sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren gerade für das Gegenteil.
100 
2. Vor diesem Hintergrund kann der Senat unerörtert lassen, ob die Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 der Klägerin und der Beigeladenen eine nach § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung darstellen. Zweifellos treten die Streitgegenstände der Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 selbständig neben die der übrigen Berufungsanträge. Sie stellen ersichtlich diesen gegenüber kein „Minus“ dar; insoweit ist auf die hier entsprechend geltenden vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vorliegen, könnte die Klagänderung nur dann zulässig sein, wenn sie der Senat als sachdienlich erachtete. Dies kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn der Senat die Sachdienlichkeit nämlich bejahte, führte dies ebenfalls zur Unzulässigkeit der geänderten Klage. Denn der Umstand, dass eine Klageänderung zulässig ist, weil das Gericht sie als sachdienlich zugelassen hat, entbindet dieses nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört unter anderem, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 22.02.1980 IV C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 91 Rn. 11; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 38). Wie oben festgestellt, fehlt es vorliegend an dieser Sachurteilsvoraussetzung. Gleiches gilt für die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, die ebenfalls nicht erfüllt sind.
101 
II. Soweit die Klägerin und die Beigeladene mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung die Feststellung begehren, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Inte-grationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, mangelt es an der Statthaftigkeit der Feststellungsklage.
102 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Streitgegenstand der Feststellungsklage muss – soweit nicht die Nichtigkeitsfeststellung in Rede steht – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss – ferner - ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 - 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75; Urteil vom 25.03.2009 - 8 C 1.09 -, NVwZ 2009, 1170; Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 - jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 -, juris).
103 
Daran fehlt es vorliegend. Mit ihren Berufungsanträgen behaupten die Klägerin und die Beigeladene zwar konkludent, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) - zuwiderläuft. Das von der Klägerin und der Beigeladenen behauptete Rechtsverhältnis ist indessen noch nicht in dem - erforderlichen - Sinne verdichtet, dass zwischen ihnen und dem Beklagten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht. Denn der Beklagte war mit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob ein auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränktes Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) – zuwiderläuft, und damit mit dem behaupteten Rechtsverhältnis zuvor noch nicht befasst. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung keine inhaltlich der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen entgegenstehende Auffassung vertreten, sondern für den Senat nachvollziehbar erklärt, die zum Gegenstand der Feststellungsklage gemachte Behauptung zum Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses bedürfe zunächst – nach Vorlage entsprechender Antragsunterlagen – einer eingehenden Prüfung. Diese könne in der mündlichen Verhandlung nicht geleistet werden.
104 
Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen einer vorbeugenden Feststellungsklage ersichtlich nicht vor. Denn Gegenstand dieser besonderen Ausgestaltung der Feststellungsklage sind bestimmte Rechtsfolgen, die sich aus bereits hinreichend konkretisierten Rechtsbeziehungen ergeben. Im vorliegenden Fall liegt weder letzteres vor noch haben die Klägerin und die Beigeladene konkret zu erwartende Rechtsfolgen dargelegt, deren Abwehr zu besorgen sind.
105 
III. Auch die von der Klägerin und der Beigeladenen mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung hilfsweise begehrte Verpflichtung des beklagten Landes, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Im vorliegenden Fall steht das Feststellungsbegehren mit dem hilfsweise verfolgten Verpflichtungsantrag in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass die - vorstehend ausgeführte - Unzulässigkeit des ersteren auch die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich zieht. Ungeachtet dessen ist die - hilfsweise erhobene - Verpflichtungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts fehlt, die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist; insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter G. I. 1., die hier entsprechend gelten.
106 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
107 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
108 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
109 
Beschluss vom 26. Juni 2012
110 
Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 60.000,--EUR und der Streitwert im Berufungsverfahren auf 120.000,-- EUR festgesetzt (§§ 39 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung). Die Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren beruht auf der dort erstmals beantragten Erstreckung aller bisherigen gerichtlichen Anträge auf ein ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte. Den Streitwert diesen neuen Streitgegenstands bemisst der Senat gleichfalls insgesamt mit 60.000,-- EUR. Die Streitwerte waren gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
111 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Klägerin und die Beigeladenen haben, soweit hierüber der Senat nicht bereits mit Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - rechtskräftig entschieden hat, auch im Weiteren keinen Erfolg.
36 
Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg 2002 (im Folgenden: LEP 2002) zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens noch können sie Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags verlangen (A.). Ihre Klage auf Feststellung, dass der Ansiedelung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten das Integrationsgebot des Landesentwicklungsplans 2002 Baden Württemberg (B.) und des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (C.) als Ziel der Raumordnung nicht entgegenstehen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dies gilt auch für die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage auf Zulassung einer Zielabweichung von diesem Ziel der Raumordnung (D. und E.). Die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindlichem Ziel der Raumordnung zuwiderläuft, ist ebenso unzulässig wie die (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage, eine entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (F.). Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig (G.).
A.
37 
Der Berufungsantrag Ziffer 2 der Klägerin und die Berufungsanträge Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 kann nicht zugelassen werden; es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist daher im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
38 
Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -, NVwZ 2010, 133; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
39 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin und die Beigeladene haben gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel des LEP 2002 zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (I.) noch auf Neubescheidung des hierauf gerichteten Antrags (II.).
40 
Nach § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG kann die höhere Raum-ordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordne-rischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Nach § 24 Satz 2 LplG sind antragsbefugt die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben.
41 
1. a.) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) - revisionsrechtlich insoweit bestätigt durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris) - entschieden, dass das aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, ein verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ist. Hieran ist festzuhalten.
42 
b.) Des Weiteren hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O) ausgeführt, dass das Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung mit dem im LEP 2002 festgelegten Gehalt nicht gegen die kommunale Planungshoheit der Klägerin als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung verstößt (ebenso BVerwG vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris). Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
43 
c.) Ferner hat der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass die die Berufsausübungsfreiheit der Beigeladenen einschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mit Art. 12 GG vereinbar sind. Denn sie beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74).
44 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O., juris Rn. 58, insoweit bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.) ausgeführt:
45 
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zen-tralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in Bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]).“
46 
Hieran hält der Senat auch in Ansehung der Einwände der Klägerin und der Beigeladenen fest.
47 
d.) Schließlich hat der Senat entschieden, dass die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 auch mit Unionsrecht vereinbar sind. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002 ist gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordne-rischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 24.03.2011 – C-400/08 -, BauR 2011, 1117; Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.).
48 
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., vgl. Rn. 22 - 24) ausgeführt, die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland beruhten auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie seien auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine vorgehenden Ausführungen zu Art. 12 GG (unter A. I. 1. c.)).
49 
Diese Erwägungen zur gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten gleichermaßen für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV und für die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) vom 24.03.2011 (- C-400/08 -, BauR 2011, 1117) fest. In dieser hat der EuGH ausgeführt, dass Beschränkungen in Bezug auf den Standort und die Größe von Einzelhandelseinrichtungen geeignete Mittel seien, um Ziele der Raumordnung und des Umweltschutzes zu erreichen. Unter diesen Umständen müsse - so der Gerichtshof weiter unter Hinweis auf sein Urteil vom 22.12.2008 (- C-161/07 -, Slg. 2008, I-10671, Rn. 36) - ein Mitgliedstaat neben den Rechtfertigungsgründen, die er für eine Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geltend machen kann, eine Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen beschränkenden Maßnahme vorlegen sowie genaue Tatsachen zur Stützung seines Vorbringens anführen. Mit den Darlegungen unter A. I. 1. c.) wird diesen Maßgaben hinreichend Rechnung getragen. Sie legen nicht nur die Rechtfertigungsgründe dar sondern zeigen auch die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Maßnahmen im Einzelnen auf. Die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien, weil Einzelhandelsgroßprojekte ein Beein-trächtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Diese Erkenntnis beruht auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, die in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001(im Folgenden: Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001), in § 34 Abs. 3, § 11 Abs. 3 BauNVO sowie in der Begründung des LEP 2002 (vgl. z. B. Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) ihren Niederschlag gefunden hat.
50 
2. Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen verstößt ferner gegen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip [vgl. hierzu zusammenfassend Kluth, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 157]) und das aus ihm abgeleitete und zu seiner Konkretisierung festgelegte Kongruenzgebot. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich - wie der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) ausgeführt hat - ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein, weil sein Einzugsbereich unter Berücksichtigung der Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 (30 %-Schwellenwert) im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich überschreitet. Nach dem Gutachten der ... vom Mai 2007 stammen bei einer gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... als dem maßgebenden Verflechtungsbereich (siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im ...-Gutachten Zone I a und I b), mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb. Bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses beläuft sich der Marktanteil sogar nur auf ca. 10 bis 11 % aus dem Mittelbereich R..., so dass rund 90 % dessen zu erwartenden Umsätze durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet werden (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil des Senats vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357).
51 
3. Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) festgestellt, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehören, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der In-frastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 [S. B22]). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2009 - 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 16.10.2010, a.a.O. Rn. 27).
52 
4. Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung im LEP 2002 bleibt ohne Erfolg.
53 
Der Senat kann hierbei im Ergebnis unerörtert lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG insoweit erfüllt sind, als die Zielabweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist (a.)). Denn die Zielabweichung zur Realisierung des mit dem Kongruenzgebot unvereinbaren Ansiedlungsvorhaben scheitert daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung im Sinne des § 24 Satz 1 LplG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG berührt werden (b.)).
54 
a.) Die Vertretbarkeit unter raumordnerischen Gesichtspunkten als erste Voraussetzung für eine Zielabweichungsentscheidung dürfte, ohne dass dies der Senat abschließend entscheiden muss, wohl vorliegen. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist anzunehmen, wenn die Zielabweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung planbar gewesen wäre, wenn also der Weg der Planung statt der Abweichung gewählt worden wäre. Ein durch die förmliche Raumplanung nicht zu erzielendes Ergebnis kann auch nicht im Wege der Abweichung erreicht werden. Nur solche Gründe können eine Zielabweichung als vertretbar rechtfertigen, die nicht bereits bei der Planfeststellung erörtert und nicht bewusst zurückgestellt worden sind. Denn in einem solchen Fall hat der Plangeber eine Aussage gegen die raumordnerische Zulassung der fraglichen Maßnahme getroffen, an die die Raumordnungsbehörde gebunden bleibt (vgl. zu alledem Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6 Rn. 115).
55 
Gemessen daran dürfte eine raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens wohl gegeben sein. Auch der LEP 2002 geht in seinem Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 von der Planbarkeit der angestrebten Abweichungsentscheidung aus. Zwar sollen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen. Im 2. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 wird dieses Ziel insoweit ergänzt, als derartige Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden dürfen. Damit bringt der LEP 2002 zum Ausdruck, dass Einzelhandelsgroßprojekte - wie das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen - jedenfalls grundsätzlich auch in einem Mittelzentrum wie der Klägerin raumordnungsrechtlich planbar gewesen wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Plangeber nach den weiteren Zielvorgaben im LEP 2002 in Ergänzung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung von Einzelhandelsgroßprojekten aufgestellt hat.
56 
b.). Die beantragte Zielabweichung vom Kongruenzgebot ist jedoch ungeachtet der Frage, ob sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, deshalb nicht zulassungsfähig, weil dadurch die Grundzüge der Planung des LEP 2002 berührt werden.
57 
Der landesrechtlich in § 24 LplG verwendete Begriff "Grundzüge der Planung" nimmt Bezug auf den bundesrechtlich in § 6 Abs. 2 ROG vorgegebenen Begriff. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert (BVerwG, Beschluss vom 15.07.2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390). § 6 ROG unterscheidet nunmehr ausdrücklich zwischen Ausnahmen, die im Raumordnungsplan festgelegt werden können, und "Abweichungen", über die in einem eigens dafür geschaffenen raumordnerischen Zielabweichungsverfahren zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber folgt mit der Neufassung des § 6 Abs. 2 ROG dem Muster der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 2003, Band 2, K § 11 Rn. 30); insofern kann die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 BauGB Orientierung bieten. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748). Wie auch im Fall des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Frage, ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, nach dem im Plan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die dem Plan zugrunde gelegte Planungskonzeption ("Grundgerüst") in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Plangeber gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er den Grund für die Abweichung gekannt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Urteil vom 04.08.2009 - 4 CN 4.08 -, BVerwGE 134, 264; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66).
58 
Mit Blick auf das hier in Rede stehende Kongruenzgebot hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem hinsichtlich der Zulassung einer Zielabweichung zurückverweisendem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, a.a.O.) ausgeführt, für ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, komme es für die Frage, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine atypischen Umstände vorlägen, die nach dem Willen des Plangebers dem nachgeordneten Planungsträger ausnahmsweise außerhalb des Zielabweichungsverfahrens eine Abweichung erlauben würden, dürfe nicht gefolgert werden, dass mit einer Abweichung im Wege des Zielabweichungsverfahrens die vom Plangeber getroffene planerische Regelung beiseite geschoben würde (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2). Das Zielabweichungsverfahren sei nicht auf den atypischen Fall, sondern gerade auf den raumordnerischen Besonderheiten Rechnung tragenden Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Denn das Kongruenzgebot erweise sich nur dann als verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beanspruche.
59 
Nach diesen Maßgaben stellt das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in der konkreten Planungssituation keinen Härtefall dar, der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls aufgrund raumordnerischer Besonderheiten eine Zielabweichung trotz Verstoßes gegen das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung rechtfertigt.
60 
aa) Der Senat hat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.), insoweit revisionsrechtlich unbeanstandet, festgestellt, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot als eine tragende Ausformung des zen-tralörtlichen Gliederungsprinzips nicht nur geringfügig, sondern gravierend beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung noch einmal darauf hinzuweisen, dass es vorliegend nicht nur um die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses geht. Das hier in Rede stehende Gesamtvorhaben der Beigeladenen umfasst neben dem ...-Einrichtungshaus („Möbelkaufhaus“) auch die Ansiedlung weiterer gegenüber dem klassischen ...-Einrichtungshaus branchenfremder Fachmärkte (Bau- und Gartenmarkt und Küchenfachmarkt) mit einer Gesamt-Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² auf einer Fläche von ca. 12 ha. Bei der gebotenen gemeinsamen Betrachtung des ...-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen lediglich ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich R... 82 % der zu erwartenden Umsätze werden außerhalb des Mittelzentrums R...t generiert. Noch deutlicher wird die Überschreitung des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs, wenn nur das Gesamtsortiment des ...-Einrich-tungshauses in den Blick genommen wird. Hier werden nur ca. 10 bis 11 % der zu erwartenden Umsätze durch Kunden aus dem Mittelzentrum R..., hingegen 90 % der zu erwartenden Umsätze außerhalb des Mittelbereichs R... erwirtschaftet.
61 
bb) Der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen, die fehlende Vorbildwirkung des Vorhabens gebiete im vorliegenden Einzelfall eine Zielabweichung, kann nicht gefolgt werden. Gerade hier zeigt sich die unzulässige Blickverengung allein auf das ...-Einrichtungshaus. Selbst wenn man der Meinung der Beigeladenen folgen wollte, im Bereich des großflächigen Einzelhandels nähmen ...-Einrichtungshäuser eine Sonderstellung ein, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es mit dem mit den Berufungsanträgen Ziffer 2 der Klägerin und Ziffer 1 und Ziffer 4 der Beigeladenen verfolgten Zielabweichungsverfahren nicht um ein singuläres ...-Einrichtungshaus geht, sondern um ein Konglomerat von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehend aus ...-Einrichtungshaus und weiteren - insoweit branchenfremden - Fachmärkten, die als eine - wirtschaftliche - Einheit verwirklicht werden sollen. Gerade dieses Geschäftsmodell - ein Magnetbetrieb und weitere „Trabantenbetriebe“ - würde eine erhebliche Vorbildwirkung entfalten und damit eine Durchbrechung der im Landesentwicklungsplan 2002 zum Ausdruck kommenden tragenden Raumordnungsstruktur bewirken (zur Präjudizwirkung vgl. auch Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, ROG, L § 6, Rn. 121; HessVGH, Urteil vom 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230; Hager, BauR 2011, 1093).
62 
Zutreffend weisen die Klägerin und Beigeladene zwar in diesem Zusammenhang auf die raumstrukturellen Besonderheiten im Bereich des Mittelzentrums R... hin. Diese raumordnerische Situation ist durch die Ansammlung etlicher Mittelzentren auf engen Raum gekennzeichnet, nämlich der Mittelzentren Rastatt, Ettlingen, Gaggenau/Gernsbach, Baden-Baden, Bühl, Achern und Kehl. Anders jedoch als die Klägerin und die Beigeladene meinen, würde das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen in seiner Gesamtheit diese besondere raumordnerische Struktur ganz erheblich belasten und die durch den LEP 2002 geplante Mittelzentrenstruktur geradezu auflösen zugunsten des Mittelzentrums R... Die mit dem Kongruenzgebot verfolgte Stärkung aller Zentren würde mit der Zulassung des Ansiedlungsvorhaben im Ergebnis konterkariert. Die Entwicklungsbereiche der benachbarten Zentren würden erheblich betroffen. Die Raumordnungsstruktur des LEP 2002 hat gerade auch zum Ziel, die Entwicklungsmöglichkeiten der weiteren Mittelzentren zu gewährleisten und damit auch deren bereits ins Werk gesetzten Anstrengungen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer urbanen Strukturen abzusichern. Andererseits könnte jedes der aufgeführten Mittelzentren unter Hinweis auf das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit gleichen Gründen eine Zielabweichung für ein vergleichbares Vorhaben verlangen, dem mit Blick auf Art. 3 GG nur schwer gegenzusteuern wäre. Denn die Situation ist für diese Mittelzentren insoweit identisch, als ihnen jeweils nur ein kleiner Mittelbereich zugeordnet ist. Ein „Windhundrennen“ um Großvorhaben zwischen den Zentren wäre die unausweichliche Folge. Die Vorbildwirkung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen würde daher eine Entwicklung auslösen, die den in seinen raumordnerischen Zielvorstellungen zum Ausdruck kommenden Planungsgrundsätzen des LEP 2002 grundlegend zuwiderliefe und ihn in letzter Konsequenz funktionslos machte. Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des erkennenden Senats vom 07.12.2005 - 3 S 2693/04 - rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Entscheidend für die dort vom Senat bestätigte Zielabweichungsentscheidung des Beklagten war die Raumbedeutsamkeit, dass der Standort des Sondergebiets teilweise auch die Funktion einer Nahversorgung erfüllte. Ferner waren für das Gebiet ca. 1.000 Wohneinheiten für 4.000 bis 5.000 Einwohner vorgesehen, deren Versorgung das Vorhaben ebenfalls dienen sollte. Der geplante Standort des Gesamtvorhabens der Beigeladenen weist diese Besonderheiten indessen nicht auf.
63 
cc) Das Vorbringen der Beigeladenen, trotz intensiver Suche sei im Oberzentrum Karlsruhe für das Ansiedelungsvorhaben kein geeigneter Standort gefunden worden, vermag – selbst wenn dies zuträfe – keinen eine Abweichungsentscheidung rechtfertigenden Härtefall zu begründen.
64 
Die fehlende städtebauliche Umsetzbarkeit steht der Geeignetheit eines raumordnerischen Ziels grundsätzlich nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 18). Die Raumordnung durch Zuordnung und Mischung der Raumnutzungen und Raumfunktionen ist - auch mit Blick auf die unionsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit - allein Aufgabe des (Mitglied)Staates, nicht aber einzelner Unternehmen. Denn andernfalls hätte dieses es in der Hand, durch entsprechende Dimensionierung eines Vorhabens die auch unionsrechtlich geforderte und geförderte Raumplanung der Mitgliedstaaten (vgl. insoweit Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK – vom 10. Mai 1999) zu durchkreuzen und „planlos“ den Raum zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Eigeninteressen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann die Raumplanung, wenn sie - wie der LEP 2002 - von gemeinwohlorientierten Zielen wie dem Umwelt- und Ressourcenschutz durch Verhinderung enormen Flächenverbrauchs sowie dem Landschaftsschutz durch Vermeidung großflächiger Zersiedelungen - gerade des städtischen Umlands - getragen ist, auch zur Folge haben, das bestimmte Ansiedlungsvorhaben an bestimmten Standorten im Ergebnis ausgeschlossen sind (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248). Erst recht stellt ein nach der Raumordnung rechtlich an einem bestimmten Standort zulässiges, aber faktisch dort aufgrund der beabsichtigten Größe und der vom Unternehmen selbst definierten Anforderungen an Lage und Infrastruktur nicht verwirklichbares Vorhaben keinen Härtefall dar. Diese Fallkonstellation verleiht einem Unternehmen auch nicht unter Berufung auf die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und unter Abkehr der legitimen Raumplanung des Mitgliedstaats und dem wohlbegründeten Raumordnungsgefüge das Recht, einen seinen eigengesetzten Anforderungen genügenden Standort in der Raumschaft auszuwählen.
65 
dd) Die von der Beigeladenen vorgetragene Verkehrsreduzierung zeigt gleichfalls keinen eine Zielabweichung vom Kongruenzgebot gebietenden Härtefall auf. Die Einschätzung einer Verkehrsreduzierung mag hinsichtlich des geplanten ...-Einrichtungshauses im Verhältnis zu den vorhandenen ...-Unternehmen in Walldorf, Mannheim, Freiburg, Sindelfingen und Straßburg zutreffen. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Einwohner im Einzugsbereich des geplanten Standorts Raststatt ganz überwiegend das dortige ...-Einrichtungshauses anfahren würden. Die behauptete Verkehrsreduzierung beschränkt sich indessen allein auf das ...-Einrichtungshaus. Sie gilt indessen nicht für das hier allein zu beurteilende Gesamtvorhaben. Überdies übersehen die Klägerin und die Beigeladene hierbei, dass das Verkehrsaufkommen, das durch das ...-Einrichtungshaus - geplant sind ca. 2.300 Stellplätze - und erst recht durch das Gesamtvorhaben ausgelöst werden wird, die bestehende Verkehrsinfrastruktur des Mittelzentrums R... deutlich überfordert. Hiervon geht auch das Verkehrsgutachten des Ingenieurbüros ... ... ..., ... ... ... ... ... vom Mai 2007 (Untersuchung zum Raumordnungsverfahren zur verkehrlichen Erschließung des geplanten ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten im Gewerbegebiet Lochfeld in R...) aus, das die Beigeladene ihrem Antrag auf Einleitung eines Raumordnungsverfahrens vom 30.05.2007 beigefügt hat. Danach seien - bezogen allein auf das ...-Einrichtungshaus - Verkehrsströme in einer Größenordnung von ca. 10.400 Kfz/24 h als DTV (normaler Werktag) zu erwarten. Die Anschlussstelle Rastatt (Nord) an die BAB 5 (Nr. 49) über die B 462 sei bereits heute regelmäßig überlastet. Eine weitere Verschärfung dieses Missstandes würde sich nicht nur bei zusätzlichen Gewerbeansiedlungen sondern darüber hinaus bei der Ansiedlung ... (allein) verschärfen. Das ...-Einrichtungshaus wie auch das Gesamtvorhaben lassen sich nach diesen Feststellungen ohne bedeutsame Änderungen und Neubau von Straßenverkehrsanlagen daher nicht verwirklichen. Zur Lösung der zu erwartenden Verkehrsprobleme wird in dem Verkehrsgutachten Mai 2007 der Neubau einer Anschlussstelle Rastatt-Mitte oder alternativ dazu den Ausbau der Anschlussstelle Nr. 49 zu einem „Kleeblatt“ und einen Umbau des Knotenpunktes B 462/K 3716 vorgeschlagen. In beiden Varianten soll zusätzlich die K 3716 parallel zur BAB 5 verlegt werden.
66 
Die vorstehenden Ausführungen unter (aa) bis (dd) zeigen, dass eine Abweichung vom Kongruenzgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht zulassungsfähig ist, weil es einen wesentlichen Teil der Grundzüge der Planung darstellt und diese durch eine Abweichungsentscheidung auch berührt würden, da keine einen Härtefall begründenden besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen. Allein der Umstand, dass das dem Konzentrationsgebot und dem Kongruenzgebot inne wohnende Ziel eines schonenden Flächen-und Ressourcenverbrauchs vorliegend deshalb in den Hintergrund tritt, weil der Standort des Ansiedlungsvorhabens durch die Bebauungspläne „Lochfeld“ und „Im Baisert“ überplant ist, vermag die aufgezeigten nachteiligen raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf das Vorliegen eines Härtefalls nicht auszugleichen. Überdies ist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die durch die Ziele des LEP 2002 auch bezweckte Ressourcenschonung folgendes zu bedenken: Nach den Zielen des LEP 2002 werden entsprechend dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem Kongruenzgebot zugunsten von Einzelhandelsgroßprojekten in den Oberzentren Stand-orte für deren Ansiedlung raumplanerisch vorgehalten. Zielabweichungen im Einzelfall hinsichtlich nachgeordneter Zentren änderten an diesem raumordnungsrechtlichen Tatbestand nichts. Die Inanspruchnahme von Flächen in nachgeordneten Zentren durch Einzelhandelsgroßprojekte wird nicht durch eine entsprechende Verminderung von entsprechenden Flächen in Oberzentren gewissermaßen „ausgeglichen“. In der Summation führen daher Zielabweichungen in einer Gesamtbilanz zu einem vom LEP 2002 gerade nicht gewollten höheren Flächenverbrauch.
67 
c.) Ungeachtet dessen, dass eine Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 24 Satz 1 LplG für das Gesamtansiedlungsvorhaben der Beigeladenen schon deshalb zwingend ausscheidet, weil eine Abweichung vom Kongruenzgebot mangels Vorliegens eines Härtefalls Grundzüge der Planung berühren würde, ist eine Zielabweichung ferner deshalb unzulässig, weil das Vorhaben auch gegen das landesplanerische Integrationsgebot verstößt.
68 
Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 sollen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 kommen für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Frage.
69 
aa) Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist ein verbindliches Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Dem steht nicht entgegen, dass diese landesplanerische Aussage als Soll-Vorschrift gefasst ist. Ziele i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.12.2010 (- 4 C 8.10 -, DVBl. 2011, 491; vgl. auch Urteile vom 22.06.2011 - 4 CN 4.10 -, BVerwGE 140, 54 = NVwZ 2011, 1468 und vom 10.11.2011 - 4 CN 9.10 -, NVwZ 2012, 315) ausgeführt hat - nicht nur nach dem Wortlaut strikt formulierte landesplanerische Vorgaben, die durch zwingende Formulierungen als Muss-Vorschriften ausgestaltet sind, sondern auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen. Landesplanerische Aussagen in Gestalt einer Soll-Vorschrift können ebenfalls die Merkmale eines Ziels der Raumordnung erfüllen. Diese erfüllen dann die Merkmale eines Ziels der Raumordnung, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O.).
70 
Nach Maßgabe dessen ist die als Soll-Vorschrift gefasste landesplanerische Aussage im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ein verbindliches Ziel der Raumordnung. Denn der Plangeber hat in dem Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002, wonach für nicht zentrenrelevante Warensortimente auch städtebauliche Randlagen in Betracht kommen, ausdrücklich eine Ausnahme von der Zielbindung benannt. Diese Ausnahme ist für sich genommen auch im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „nicht zentrenrelevante Warensortimente“ hinreichend bestimmt, jedenfalls aber anhand des Einzelhandelserlasses hinreichend bestimmbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.04.2012 - 8 S 1739/10 -, juris). Aus der Ausnahmeregelung im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 folgt im Umkehrschluss, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Warensortimenten allein an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden sollen. In diesem Sinn ist auch der Begriff der Vorrangigkeit im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 zu verstehen.
71 
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstößt das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung.
72 
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtritz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85).
73 
Dem Integrationsgebot fehlt es nicht an einem es legitimierenden überörtlichen raumordnungsrechtlichen Bezug, der den Eingriff in die kommunale Planungshoheit rechtfertigt. Das Integrationsgebot gehört zum überörtlichen und zusammenfassenden Regelungsgegenstand der Raumordnung und ist als inhaltliche Ausgestaltung innergemeindlicher Siedlungsschwerpunkte nicht nur eine städtebauliche und rein örtliche Aufgabe. Das Integrationsgebot dient - ebenso wie das Konzentrationsgebot, das Kongruenzgebot und das Beein-trächtigungsverbot - der Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2010, a.a.O., juris Rn. 18; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren entschieden, dass es, wenn diese insbesondere wegen ihrer Größe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinausgehen, gerechtfertigt sein kann, sie einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und planerisch nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen. Eine solche Zielfestlegung schließe es zwar für das gesamte Gebiet einer Gemeinde, die nicht Oberzentrum ist, aus, die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren planerisch zuzulassen; da die Zielfestlegung lediglich eine eng umgrenzte Nutzungsart ausschließe, verbleibe der Gemeinde jedoch substanzieller Raum für eine anderweitige Bauleitplanung (BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Diese Entscheidung betraf die Errichtung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums (Designer-Outlet-Center in S...; vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, NdsVBl 2006, 71) mit einer Verkaufsfläche von zunächst 10.000 m² in einer ersten Ausbaustufe, sodann in einer zweiten Ausbaustufe auf insgesamt 20.000 m². Angesichts der Größe der Verkaufsfläche von ca. 41.000 m² des geplanten Gesamtvorhabens der Beigeladenen, einer Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von mindestens 5.450 m², wobei das ...-Einrichtungshaus allein eine Verkaufsfläche zentrenrelevanter Sortimente von 4.650 m² vorsieht (hierbei ist die - zwischen den Beteiligten streitige - Zuordnung von Leuchten und Teppichen zu den zentrenrelevanten Sortimenten noch nicht berücksichtigt; bei deren Einbeziehung ergäbe sich eine Verkaufsfläche von 8.450 m² zentren-relevanter Sortimente) besteht kein qualitativer Unterschied zu dem vom BVerwG entschiedenen Hersteller-Direktverkaufszentrums. Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich bei den zentrenrelevanten Sortimenten des ...-Einrichtungshauses nicht um dem Kernsortiment „Möbel“ hinsichtlich Umsatz und Verkaufsfläche deutlich untergeordnete sog. Randsortimente handelt (siehe hierzu Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. ff., insbesondere Rn. 94 zu sog. Möbelmärkten und -Häusern mit breitgefächerten Nicht-Möbel-Sortiment; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.06.1998 - 7a D 108/96.NE -, NVwZ 1999, 79). Gegen das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 bestehen daher mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG weder allgemein noch im konkreten das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Einzelfall verfassungsrechtliche Bedenken.
74 
cc) Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil - wie die Beigeladene meint - dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle, durch raumordne-rische Ziele innerörtliche Standorte von Einzelhandelsnutzungen festzulegen, und deshalb - insoweit - die der Landesregierung erteilte Ermächtigung verfassungswidrig sei, gemäß § 7 und § 10 LplG durch Rechtsverordnung den Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen.
75 
§ 7 LplG regelt den Inhalt des Landesentwicklungsplans (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LplG). Danach ist der Landesentwicklungsplan als Raumordnungsplan für das Land aufzustellen. Er enthält die Ziele und Grundsätze der Raumordnung für die räumliche Entwicklung und Ordnung des Landes. Er enthält ferner Ziele für einzelne raumbedeutsame Vorhaben, die für das Land von Bedeutung sind. Der Landesentwicklungsplan muss mit den in § 2 des Raum-ordnungsgesetzes enthaltenen Grundsätzen in Einklang stehen; er konkretisiert diese Grundsätze. Die Ziele sind durch den Buchstaben »Z«, die Grundsätze sind durch den Buchstaben »G« zu kennzeichnen. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. b und d ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten, insbesondere zu Zentralen Orten und Siedlungsentwicklungen. Insbesondere nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. d ROG ist es danach zulässig, dass in einem Raumordnungsplan Festlegungen über Siedlungsentwicklungen getroffen werden, die auch und gerade mit Blick auf die für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Bestimmbarkeit bereichsscharf sein sollen. Aufgrund der Planungsgrundsätze in § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG und der Festlegungsmöglichkeiten des § 8 Abs. 5 ROG zugunsten gemeindeinterner Festlegungen für den besiedelten wie auch für den nicht besiedelten Bereich hat der für die Raumordnung zuständige Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 i.V.m. Art. 72 GG - ungeachtet der Abweichungsbefugnis der Länder nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG) entschieden, dass ein Raumordnungsplan auch gemeindeinterne Flächennutzungs- und Flächenfunktionszuweisungen treffen darf (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn. 70). Insoweit ergänzt das Raumordnungsgesetz das von dem für das Bodenrecht (einschließlich des Städtebaurechts) gleichfalls zuständigen Bundesgesetzgeber (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 i.V.m. Art 72 GG) erlassene Baugesetzbuch. Der Landesgesetzgeber hat in § 7 LplG für den Inhalt des Landesentwicklungsplans, der als Rechtsverordnung erlassen wird (§ 10 LplG), diese Maßgaben des Raumordnungsgesetzes für verbindlich erklärt. Aufgrund dessen maßt sich der Landesgesetzgeber weder im Landesplanungsgesetz noch im Landesentwicklungsplan eine ihm nicht zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung standort- bzw. bereichsbezogener Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsplan an, sondern setzt vielmehr die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes um (vgl. hierzu auch Uechtritz, in: Erbguth/Kluth [Hrsg.], Planungsrecht in der gerichtlichen Kontrolle, 2012, S. 57 ff. 66).
76 
dd). Der das Integrationsgebot tragende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 verstößt auch nicht zulasten der Beigeladenen gegen Art. 12 GG. Insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. c.) hier entsprechend.
77 
ee). Der das Integrationsgebot festlegende Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 begegnet auch in unionsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Diese gilt sowohl für die Vereinbarkeit des Integrationsgebots als Ziel der Raumordnung mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) als auch mit der Dienstleistungsfreiheit(Art. 56 AEUV) als auch mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV). Auch insoweit gelten die Ausführungen des Senats unter A. I. 1. d.) i.V.m. c). hier entsprechend. Das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof herausgestellten Voraussetzungen, unter denen die Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten zulässigerweise eingeschränkt werden darf, ist darauf hinzuweisen, dass die Raumordnungsprinzipien, wie sie in den hier maßgeblichen Zielen des LEP 2002 festgelegt werden, gerade nicht auf rein wirtschaftlichen Erwägungen beruhen. Dem Raumordnungssystem des LEP 2002 liegen keine wirtschaftlichen Motive zugrunde und eine Bedarfsprüfung findet nicht statt. Der Normzweck der Raumplanung ist es weder unmittelbar noch mittelbar, vorhandene Einzelhandelseinrichtungen vor der Ansiedlung neuer Konkurrenz zu schützen. Das raumordnerische Steuerungsinstrumentarium verfolgt eine andere Zielrichtung. Es sind dies die bedeutenden öffentlichen Belange der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Klimaschutzes (Ressourcenschonung, Verkehrsvermeidung), Bewahrung der Stadtzentren als Kerne des urbanen Lebens hinsichtlich des Handels, der Begegnung und der Kommunikation sowie schließlich der verbrauchernahen Versorgungssicherheit - und damit mittelbar dem Schutz der Verbraucherinteressen - und zwar insbesondere, aber nicht nur von älteren und behinderten Menschen (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821; Hager, BauR 2011, 1093; Uechtritz, ZfBR 2011, 648; Wiggers, NJW-Spezial, 2011, 556). Im Weiteren ist daran zu erinnern, dass städtebaulich integrierte Standorte im Sinne des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002, an denen Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig ausgewiesen werden sollen, nicht nur Innenstädte darstellen. Städtebaulich integrierte Stand-orte können auch andere zentrale Versorgungsbereiche der Standortgemeinde sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308; Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, 2010, 590).
78 
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu der beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.10.2010 - 7 B 22.10 -, juris). Das Vorbringen der Beigeladenen, eine Vorlagepflicht ergäbe sich aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht zu erkennen gegeben habe, die Streitfrage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn dem Urteil des BVerwG vom 16.12.2010 (a.a.O.) dies zu entnehmen wäre, hat die Beigeladene nichts dafür dargetan, dass das BVerwG auch in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.03.2011 (a.a.O.) hieran festhalten wolle.
79 
ff) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem in den Sätzen 2 und 3 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 verorteten Integrationsgebot als verbindliches Ziel der Raumordnung nicht vereinbar.
80 
(1) Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, dass das Gesamtvorhaben der Beigeladenen nicht an einem städtebaulich integrierten Standort geplant und errichtet werden soll.
81 
(2) Die Ausnahmevoraussetzungen für nicht zentrenrelevante Warensortimente nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 3 LEP 2002 sind vorliegend gleichfalls nicht erfüllt.
82 
Zwar werden in dem ...-Einrichtungshaus, dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt nicht zentrenrelevante Warensortimente auf einer Gesamtfläche von ca. 35.050 m² (20.850 [...-Einrichtungshaus] + 10.300 [Bau- und Gartenmarkt] + 3.900 [Küchenfachmarkt[) angeboten. Gleichzeitig sind aber durch diese drei Einzelvorhaben auf einer Gesamtfläche von ca. 5.450 m² zentrenrelevante Sortimente (einschließlich Nahrungsmittel) vorgesehen. Hierbei mag es sich bei dem Bau- und Gartenmarkt sowie dem Küchenfachmarkt, die zusammen auf einer Fläche von ca. 800 m² zentren-relevante Sortimente anbieten, insgesamt noch um sogenannte Randsortimente handeln, die einer Errichtung in einer städtebaulichen Randlage wohl nicht entgegenstünden. Für das ...-Einrichtungshaus ist dies indessen nicht der Fall. Das ...-Einrichtungshaus beabsichtigt, auf einer Fläche von ca. 4.650 m² zentrenrelevante Sortimente mit - wie bei bestehenden ...-Häusern üblich und gerichtsbekannt - breitester Fächerung anzubieten. Damit nehmen diese von der Beigeladenen als Nebensortimente bezeichneten Warengruppen schon bei einem rein rechnerisch betrachteten Vergleich der Verkaufsflächen ca. 19,4 % der geplanten Verkaufsfläche (ohne Einbeziehung der Fläche für die gastronomischen Angebote) ein. Berücksichtigt man im Rahmen einer gebotenen wertenden Betrachtung zudem, dass es sich bei den Möbeln schwerpunktmäßig um großvolumige Waren handelt, während die sonstigen Sortimente eher kleinvolumige Waren darstellen, tritt die wirtschaftliche Bedeutung der zentrenrelevanten Sortimente noch deutlicher hervor. Vor diesem Hintergrund können die zentrenrelevanten Sortimente nicht mehr als bloße Neben- oder gar Randsortimente zum Kernsortiment „Möbel“ angesehen werden. Diese zentrenrelevanten Sortimente, die eine Vielzahl unterschiedlichster Waren des zentrenrelevanten Sortimentsbereichs bis hin zu Nahrungsmitteln abdecken, stellen vielmehr ein selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) neben dem - weiteren - Kernsortiment „Möbel“ dar.
83 
(3) Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspräche auch dann dem Integrationsgebot, wenn man dieses - wie die Klägerin und die Beigeladene meinen - nur unter Einschluss des in Satz 1 des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbots als Ziel der Raumordnung begreift. Nach Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihren Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Bei dieser - das Beeinträchtigungsverbot und das Integrationsgebot kombinierenden - Betrachtungsweise müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Plansatz 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dahingehend verstanden werden, dass Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten errichtet werden sollen, nicht zentrenrelevante Warensortimente auch in städtebaulichen Randlagen. Von diesem „Soll-Ziel“ könne aber nach der Ausnahmeregelung im Satz 1 immer dann abgewichen werden, wenn das Vorhaben weder durch Lage und Größe noch durch seine Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtige. Dieser Auslegung ist indessen nicht zuzustimmen. Vielmehr führt die Gesamtbetrachtung des Plansatzes 3.3.7.2 (Z) LEP 2002 dazu, dass Satz 2 dieses Plansatzes das als Muss-Ziel festgelegte Beeinträchtigungsverbot in Satz 1 im Sinne einer Begründung näher konkretisiert. Zur Sicherung des Beeinträchtigungsverbots sollen Einzelhandelsgroßprojekte deshalb vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Satz 3 dieses Plansatzes macht hiervon für nicht zentrenrelevante Warensortimente insoweit eine Ausnahme, als für sie auch städtebauliche Randlagen in Frage kommen. Das in diesem Zusammenhang gegenüber dem Gesamt-Ansiedlungsvorhaben isoliert zu betrachtende ...-Ansiedlungsvorhaben wird - wie vorgehend ausgeführt und entgegen der Auffassung der Beigeladenen - durch sein Möbelkernsortiment nicht schon entscheidend dahingehend geprägt, dass es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten handelt. Die zentrenrelevanten Sortimente stellen vielmehr ein hinzutretendes selbständiges Hauptsortiment (Kernsortiment) dar.
84 
gg) Das Integrationsgebot gehört - neben dem Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und dem Kongruenzgebot - gleichfalls zu den Zielen, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für ihn wesentlichen Gehalt bestimmten. Das Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 2 LEP 2002 stellt eine flankierende Maßnahme zur Sicherung des Kongruenzgebots dar. Das aus dem bundesrechtlichen Zentrale-Orte-Prinzip abgeleitete (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13; Spannowsky, UPR 2003, 248; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025) Kongruenzgebot bezweckt die raumordnerische Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe, zu denen das Gesamtvorhaben der Beigeladenen zweifellos gehört. Zu den weiteren das Zentrale-Orte-Prinzip und das Kongruenzgebot konkretisierenden raumordnerischen Regeln zählt das Integrationsgebot. Dessen Ziel ist die raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt. Der Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Das Integrationsgebot, nach dem Einzelhandelsgroßprojekte vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten verwirklicht werden sollen, dient der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip und dem hieraus abgeleiteten Kongruenzgebot beabsichtigten Sicherstellung einer raumstrukturell und -funktionell verträglichen Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 4 C 8.10 -, BVerwGE 138, 301 = NVwZ 2011, 821 = juris).
85 
hh) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls, der das Grundanliegen des vorgehend dargestellten Integrationsgebots als Ziel der Raumplanung im LEP 2002 unangetastet und deshalb die Grundzüge der Planung trotz Verstoßes des Gesamtvorhaben gegen dieses Ziel unberührt ließe, sind auch in Ansehung des Vorbringens der Klägerin und der Beigeladene nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, eine verbrauchernahe Ansiedlung von ...-Einrichtungs-häusern sei aufgrund der Besonderheiten des Geschäftsmodells der Beigeladenen und der regelmäßig langen Anfahrtswege der Kunden ohnehin nicht zu gewährleisten, vermag einen Härtefall nicht zu begründen. Eine Zielabweichung isoliert vom Integrationsgebot als Ziel der Raumplanung nach § 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 LplG scheidet daher aus.
86 
ii) Vor dem Hintergrund, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen sowohl gegen das Kongruenzgebot als auch gegen das Integrationsgebot des LEP 2002 verstößt und in beiden Fällen von diesen Zielen der im LEP 2002 zum Ausdruck kommenden Raumordnung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG nicht abgewichen werden kann, weil dadurch die Grundzüge der Planung dadurch berührt werden, kann der Senat unerörtert lassen, ob das Ansiedlungsvorhaben darüber hinaus auch noch gegen die in den Plansätzen 3.3.1.1 (Z) Satz 2 und Plansatz 3.3.7.2 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Beeinträchtigungsverbote verstößt und ob gegebenenfalls hiervon eine Zielabweichung zugelassen werden müsste.
87 
II. Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Deshalb bedurfte es auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG i.V.m. § 24 LplG zutreffend verneint hat. Da der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung zwingend abzulehnen war, ist der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag auf Neubescheidung daher gleichfalls unbegründet.
88 
Nach den obigen Darlegungen bedarf es ferner keiner Entscheidung, ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen mit den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein vereinbar ist.
B.
89 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass der Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 der Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) als Ziel der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 1. Alt.), haben keinen Erfolg.
90 
Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob diese Berufungsanträge schon deshalb unzulässig sind, weil der Senat in seinem Urteil vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, juris) entsprechend den dort von der Klägerin und der Beigeladenen gestellten Anträgen rechtskräftig entschieden hat, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Gleiches gilt für die Frage, ob für die begehrte Feststellung ein Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO besteht, nachdem weder ein Anspruch auf Zielabweichung von den Zielen des LEP 2002 noch ein Anspruch auf Neubescheidung des Zielabweichungsantrags besteht, weil - wie vorstehend ausgeführt - mit Blick auf die Unvereinbarkeit des Ansiedlungsvorhabens mit dem Kongruenzgebot als verbindliches Ziel des LEP 2002 durch eine Zielabweichung die Grundsätze der Planung i. S. d. des § 6 Abs. 2 Satz 1 ROG und § 24 LplG berührt werden.
91 
Denn diese Berufungsanträge sind jedenfalls unbegründet, wie sich aus den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. c.) ergibt, auf die verwiesen wird.
C.
92 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen festzustellen, dass die Ansiedlung eines ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten gemäß dem Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raum-ordnungsverfahrens vom 30.05.2007 den Plansätzen 2.5.3 (4) oder 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) als Ziele der Raumordnung nicht entgegensteht (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs., 2. Alt. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 2, 2. Alt.), haben ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt den Berufungsanträgen das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse für den Fall besteht, dass - wie vorliegend - das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit den raumordnerischen Zielen LEP 2002 nicht vereinbar ist.
D.
93 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 (Integrationsgebot) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der Beigeladenen Ziffer 3, 1. Alt.), bleiben entsprechend den Ausführungen des Senats unter A. I. 4. h.) ebenfalls erfolglos.
E.
94 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin unter dem 31.05.2007 fürsorglich beantragte Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungs-hauses nebst ergänzenden Fachmärkten zuzulassen, soweit die Klägerin die Abweichung von den Plansätzen 2.5.3 (4) und 2.5.3 (5) des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Integrationsgebote) beantragt hat (Antrag der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und Antrag der beigeladenen Ziffer 3, 2. Alt.), sind bereits unzulässig. Ihnen fehlt das in jedem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderliche und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier: ...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits mit dem LEP 2002 nicht vereinbar ist. Denn die Klägerin und die Beigeladene haben nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund mit der hilfsweise beantragten Zielabweichung von den Zielen des Regionalplans Mittlerer Oberrhein ihre Rechtsstellung hinsichtlich der von ihnen begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedlungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat sieht hierfür keine Anhaltspunkte.
F.
95 
Die Berufungsanträge der Klägerin, festzustellen, dass das beantragte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot als verbindliches Ziel der Raumordnung zuwiderläuft (Ziffer 3, 1. Hs., 1. Alt.), und fürsorglich, das beklagte Land zu verpflichten, eine entsprechende Zielabweichung zuzulassen, sind sowohl hinsichtlich des LEP 2002 als auch hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein unzulässig. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, worin ihr Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 2 VwGO im vorliegenden Fall besteht, nachdem das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen (hier:...-Einrichtungshauses mit ergänzenden Fachmärkten) bereits - wie im Urteil des Senats vom 17.12.2009 (- 3 S 2110/08 -, VBlBW 2010, 357 = juris) rechtskräftig festgestellt - mit dem aus dem Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) abgeleiteten und zu seiner Konkretisierung festgelegten Kongruenzgebot in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1 Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP und - wie unter A. I. 4. c.) ausgeführt - auch mit dem Integrationsgebot im Plansatz 3.3.7.2 Satz 2 und 3 LEP 2002 nicht vereinbar ist und ferner eine Zielabweichung von beiden Zielen ausscheidet. Im Übrigen fehlt auch das Rechtsschutzinteresse. Denn auch insoweit hat die Klägerin nicht dargelegt, wie sie vor diesem Hintergrund selbst bei Erfolg ihres Feststellungsantrags ihre Rechtsstellung hinsichtlich der begehrten raumplanerischen Zulassung des Ansiedelungsvorhabens der Beigeladenen verbessern könnte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, BauR 2008, 2031; Urteil vom 28.4.1999 - 4 CN 5.99 -, BRS 62, Nr. 47 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO, Nr. 61, m.w.N.). Auch der Senat vermag hierfür keine Anhaltspunkte zu erkennen. Diese Erwägungen gelten für die von der Klägerin begehrte Feststellung hinsichtlich des Regionalplans Mittlerer Oberrhein wie auch für die weiterhin hilfsweise begehrte Zielabweichung vom Beeinträchtigungsverbot; im Übrigen verweist der Senat insoweit auf seine hier entsprechend geltenden Ausführungen unter C. und E.
G.
96 
Die Berufungsanträge der Klägerin und der Beigeladenen, die Anträge zu 2. und 3. der Klägerin auf die Verwirklichung ausschließlich auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte zu beschränken (Antrag der Klägerin Ziffer 4 und Antrag der Beigeladenen Ziffer 5), sind unzulässig. Dies gilt - in Auslegung dieser Berufungsanträge - sowohl für die damit begehrte Verpflichtung des Beklagten, in entsprechender Anwendung der Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 2 und der Beigeladenen Ziffer 1 für das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte eine Abweichung vom Kongruenzgebot zuzulassen (I.), als auch für die beantragte Feststellung, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 1. Hs. und wohl der Beigeladenen Ziffer 2 jeweils in entsprechender Anwendung; II.), wie auch schließlich für den hilfsweise gestellten Antrag, das beklagte Land zu verpflichten, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen (Berufungsanträge der Klägerin Ziffer 3, 2. Hs. und der Beigeladenen Ziffer 4 jeweils in entsprechender Anwendung; III.).
97 
I. Die auf Zulassung einer Abweichung vom Kongruenzgebot gerichtete Verpflichtungsklage bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne begleitende Fachmärkte ist unzulässig.
98 
1. Die Unzulässigkeit folgt zunächst aus dem Fehlen der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts (vgl. zum Verwaltungsaktcharakter der Zielabweichung BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386), die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 -, DVBl. 1996, 309; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 -, juris; Urteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 -, juris; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Die Klage vermag den Antrag nicht zu ersetzen. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504 jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall bezog sich der Antrag der schon im Verwaltungsverfahren anwaltlich beratenen und vertretenen Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent - auch nicht hilfsweise - auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte, sondern vielmehr allein auf das ...-Einrichtungshaus mit begleitenden Fachmärkte. Dies ergibt sich bereits aus dem Antrag der Klägerin, in dem ausdrücklich auf den Antrag der Beigeladenen vom 30.05.2007 auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens Bezug genommen wird. Auch dieser Antrag hat, wie sich nicht nur aus ihm selbst (vgl. dort unter I. Projektbeschreibung) sondern auch aus den ihm beigefügten Unterlagen (vgl. Märktegutachten, Verkehrsgutachten, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, schalltechnische Untersuchung) ergibt, allein das ...-Einrichtungshaus mit ergänzenden Fachmärkten zum Gegenstand. In Würdigung dessen enthält der Antrag der Klägerin auf Zielabweichung vom 31.05.2007 nicht gleichsam als ein „Minus“ den Antrag auf Zielabweichung bezüglich eines ...-Einrichtungshauses ohne ergänzende Fachmärkte - ebenso wenig wie einen Antrag auf Zielabweichung hinsichtlich eines der Fachmärkte ohne das ...-Einrichtungshaus.
99 
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht zwar unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundes- oder landesrechtlich geordneten Verwaltungsverfahrensrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (BVerwG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 = NVwZ 2008, 575; Urteil vom 16.12.2009 - 6 C 40.07 -, NJW-RR 2010, 1504). Jedoch nötigen die Vorschriften des Landesplanungsgesetzes nicht dazu, in Bezug auf die erstrebte Zielabweichung von dem genannten, in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz des Prozessrechts abzuweichen. Vielmehr spricht das in § 24 Satz 3 LplG sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren gerade für das Gegenteil.
100 
2. Vor diesem Hintergrund kann der Senat unerörtert lassen, ob die Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 der Klägerin und der Beigeladenen eine nach § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung darstellen. Zweifellos treten die Streitgegenstände der Berufungsanträge Ziffer 4 und Ziffer 5 selbständig neben die der übrigen Berufungsanträge. Sie stellen ersichtlich diesen gegenüber kein „Minus“ dar; insoweit ist auf die hier entsprechend geltenden vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vorliegen, könnte die Klagänderung nur dann zulässig sein, wenn sie der Senat als sachdienlich erachtete. Dies kann indessen unentschieden bleiben. Selbst wenn der Senat die Sachdienlichkeit nämlich bejahte, führte dies ebenfalls zur Unzulässigkeit der geänderten Klage. Denn der Umstand, dass eine Klageänderung zulässig ist, weil das Gericht sie als sachdienlich zugelassen hat, entbindet dieses nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört unter anderem, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1986 - 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412; Urteil vom 22.02.1980 IV C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 91 Rn. 11; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 91 Rn. 38). Wie oben festgestellt, fehlt es vorliegend an dieser Sachurteilsvoraussetzung. Gleiches gilt für die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, die ebenfalls nicht erfüllt sind.
101 
II. Soweit die Klägerin und die Beigeladene mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung die Feststellung begehren, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben nicht dem Beeinträchtigungsverbot und nicht dem Inte-grationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, mangelt es an der Statthaftigkeit der Feststellungsklage.
102 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Streitgegenstand der Feststellungsklage muss – soweit nicht die Nichtigkeitsfeststellung in Rede steht – ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sein. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss – ferner - ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 28.01.2010 - 8 C 38.09 -, BVerwGE 136, 75; Urteil vom 25.03.2009 - 8 C 1.09 -, NVwZ 2009, 1170; Urteil vom 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262 - jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2012 - 10 S 2554/10 -, juris).
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Daran fehlt es vorliegend. Mit ihren Berufungsanträgen behaupten die Klägerin und die Beigeladene zwar konkludent, dass das auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränkte Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) - zuwiderläuft. Das von der Klägerin und der Beigeladenen behauptete Rechtsverhältnis ist indessen noch nicht in dem - erforderlichen - Sinne verdichtet, dass zwischen ihnen und dem Beklagten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht. Denn der Beklagte war mit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob ein auf das ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte beschränktes Vorhaben weder dem Beeinträchtigungsverbot noch dem Integrationsgebot als verbindlichen Zielen der Raumordnung – nämlich dem LEP 2002 (Rechtsverordnung) und dem Regionalplan Oberrhein (Satzung) – zuwiderläuft, und damit mit dem behaupteten Rechtsverhältnis zuvor noch nicht befasst. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung keine inhaltlich der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen entgegenstehende Auffassung vertreten, sondern für den Senat nachvollziehbar erklärt, die zum Gegenstand der Feststellungsklage gemachte Behauptung zum Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses bedürfe zunächst – nach Vorlage entsprechender Antragsunterlagen – einer eingehenden Prüfung. Diese könne in der mündlichen Verhandlung nicht geleistet werden.
104 
Vor diesem Hintergrund liegen auch die Voraussetzungen einer vorbeugenden Feststellungsklage ersichtlich nicht vor. Denn Gegenstand dieser besonderen Ausgestaltung der Feststellungsklage sind bestimmte Rechtsfolgen, die sich aus bereits hinreichend konkretisierten Rechtsbeziehungen ergeben. Im vorliegenden Fall liegt weder letzteres vor noch haben die Klägerin und die Beigeladene konkret zu erwartende Rechtsfolgen dargelegt, deren Abwehr zu besorgen sind.
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III. Auch die von der Klägerin und der Beigeladenen mit ihren Berufungsanträgen Ziffer 4 und Ziffer 5 in entsprechender Anwendung hilfsweise begehrte Verpflichtung des beklagten Landes, entsprechende Zielabweichungen zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Im vorliegenden Fall steht das Feststellungsbegehren mit dem hilfsweise verfolgten Verpflichtungsantrag in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass die - vorstehend ausgeführte - Unzulässigkeit des ersteren auch die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich zieht. Ungeachtet dessen ist die - hilfsweise erhobene - Verpflichtungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts fehlt, die eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist; insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen unter G. I. 1., die hier entsprechend gelten.
106 
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen.
107 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 Satz 1 VwGO.
108 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
109 
Beschluss vom 26. Juni 2012
110 
Unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 60.000,--EUR und der Streitwert im Berufungsverfahren auf 120.000,-- EUR festgesetzt (§§ 39 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung). Die Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren beruht auf der dort erstmals beantragten Erstreckung aller bisherigen gerichtlichen Anträge auf ein ...-Einrichtungshaus ohne begleitende Fachmärkte. Den Streitwert diesen neuen Streitgegenstands bemisst der Senat gleichfalls insgesamt mit 60.000,-- EUR. Die Streitwerte waren gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.
111 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.