Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 17. Jan. 2018 - 3 K 11163/17

bei uns veröffentlicht am17.01.2018

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens unter Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese auf sich behält.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes als Dritter gegen eine der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis.
Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehöriger und betreibt in dem Gebäudekomplex ... in ... nach eigenen Angaben seit dem 24.03.2008 – spätestens aber seit dem 01.01.2011 – ein Büro für die Vermittlung von Sportwetten eines auf Malta konzessionierten Wettanbieters bzw. Buchmachers. In demselben Gebäudekomplex befindet sich die Spielhalle der Beigeladenen. Die Geschäfte des Antragstellers und der Beigeladenen werden durch einen Hauseingang und ein weiteres Ladengeschäft voneinander getrennt.
Die Spielhalle der Beigeladenen wurde zunächst durch die Väter ihrer Gesellschafter begründet und in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: D.-GbR) geführt. Zu diesem Zweck wurde im Mai 1986 das als Spielhalle genutzte Ladengeschäft angemietet. Als Mietdauer wurden 10 Jahre mit Verlängerungen um jeweils 5 Jahre sowie ein Recht auf Untervermietung oder Unterverpachtung vereinbart. Das seinerzeitige Mietverhältnis wurde mit Änderungsvertrag vom 16.04.1996 dahingehend geändert, dass eine Mietdauer von 20 Jahren vereinbart wurde. Das Mietverhältnis ist von den Gesellschaftern der Beigeladenen übernommen worden. Nach der Gründung der Beigeladenen im Jahre 2000 wurde mit Vertrag vom 28.06.2000 das Anlagevermögen der Spielhalle durch die D.-GbR an die Beigeladene auf eine Dauer von 20 Jahren mit Verlängerungen um jeweils fünf Jahre vorbehaltlich einer Kündigung verpachtet. Die Beigeladene hat danach das Ladengeschäft von der D.-GbR im Wege der Untermiete angemietet; die Mietzeit läuft parallel zum Hauptmietvertrag der D.-GbR. Dieser Mietvertrag wurde zum letzten möglichen Kündigungstermin – zwischen den Beteiligten unstreitig im Jahr 2015 – nicht gekündigt. Für den Betrieb der Spielhalle wurde der Beigeladenen mit Bescheid vom 01.09.2000 eine unbefristete Spielhallenerlaubnis gem. § 33i GewO in der seinerzeit geltenden Fassung erteilt.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.02.2016 beantragte die Beigeladene vorsorglich und unter Vorbehalt der Wirksamkeit des Glücksspielstaatsvertrags die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle gem. § 41 LGlüG, ggf. auch unter der Zulassung von Ausnahmen von den Anforderungen des § 42 Abs. 1-2 LGlüG gem. § 51 Abs. 5 LGlüG.
Mit – hier nicht verfahrensgegenständlichem – Bescheid vom 03.03.2016 untersagte das Regierungspräsidium ... dem Antragsteller unter Androhung eines Zwangsgelds, im Gebäude ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen. Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen. Der Bescheid wurde maßgeblich auf das glücksspielrechtliche Verbundverbot und dessen Umsetzung in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG gestützt. Auch sei die Untersagung der Sportwettenvermittlung unabhängig davon möglich, weil diese nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV generell verboten und nicht erlaubnisfähig sei. Dies sei in § 20 Abs. 1 LGlüG landesrechtlich umgesetzt worden und dem Antragsteller bekannt.
Das hiergegen gerichtete Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos (VG ..., Beschl. v. 12.07.2016 – 3 K 1270/16 –, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris). Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage ist beim beschließenden Gericht anhängig (Az.: 3 K 1266/16). Trotz der sofortigen Vollziehbarkeit wurde das Wettbüro des Antragstellers – ausweislich der tatsächlichen Feststellungen der Antragsgegnerin im Rahmen einer Kontrolle in den Geschäftsräumen am 25.07.2017 – weiterbetrieben.
Die Behördenakte enthält ein Schreiben des Antragstellers an die Beigeladene. Er führt darin aus, ein benachbartes Wettbüro zu betreiben und erklärt sich bereit, die Spielhalle zu übernehmen, um sein Wettbüro weiterführen zu können. Aufgrund des Mindestabstandsgebots nach dem Landesglücksspielgesetz würde es nach seiner Auffassung zu einer Konkurrenzsituation und womöglich der Versagung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis kommen. Ferner kündigte er an, im Falle einer Ablehnung seines Angebots selbst eine sog. Härtefallerlaubnis gem. § 51 Abs. 5 LGlüG zu beantragen und für den Fall der Erteilung einer solchen an die Beigeladene im Wege der Drittanfechtungsklage gegen diese vorzugehen.
Dieses Angebot wurde ausweislich des Anwaltsschriftsatzes der Beigeladenen an die Antragsgegnerin vom 10.11.2016 abgelehnt. Ergänzend wurde ein Schreiben der Hausverwaltung vom 09.11.2016 vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass der Vermieter der Beigeladenen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, einer Mietkürzung oder einer Nachvermietung nicht zustimmen könne.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.02.2017 wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass im Hinblick auf den laufenden Mietvertrag beabsichtigt werde, eine bis zum 30.04.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis unter Annahme einer unbilligen Härte zu erteilen.
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Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin. Es wurde im Wesentlichen unter näherer Erläuterung der Motive und Zielsetzung seines Schreibens an die Beigeladene ausgeführt, dass bei dieser keine unbillige Härte vorliege, da der Antragsteller ihr die Möglichkeit einer Übernahme der Spielhalle in Aussicht gestellt habe. Die Ablehnung des Antragstellers als Nachmietinteressenten sei grundlos und letztlich wider Treu und Glauben erfolgt. Die mögliche Betriebsfortführung durch einen Dritten sei mit Blick auf § 51 Abs. 5 LGlüG und die Auslegungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015 zu berücksichtigen. So würde letztlich der jeweilige Vermieter über einen Härtefall disponieren, während anderen Betriebsinhabern eine künftige Berufstätigkeit verwehrt bleibe. Dies zugrunde gelegt habe die Beigeladene den Härtefall selbst zu verantworten.
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Hierauf teilte die Antragsgegnerin mit, sich nicht zu „Fragen mit zivilrechtlichem Hintergrund“ zu äußern und auch „keine im Zivilrecht liegenden Aspekte“ zu prüfen. Sie beschränke sich auf ihre glücksspielrechtlichen Aufgaben und Zuständigkeiten.
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Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.06.2017 wurde der Beigeladenen zur Vermeidung unbilliger Härten für den Betrieb ihrer Spielhalle in der ... unter Befreiung der Anforderungen des § 42 Abs. 1 LGlüG gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG eine bis zum 30.04.2021 befristete Erlaubnis nach § 41 LGlüG erteilt. Im Übrigen wurde der Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis abgelehnt. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Gesetzesfolgen in Gestalt der zwingenden Aufgabe des Betriebs für sich genommen noch keine unbillige Härte begründeten. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Hauptvermieters zur vorzeitigen Vertragsauflösung bestehe jedoch keine Möglichkeit, das laufende Miet- bzw. Pachtverhältnis aufzulösen. Es stehe nicht hinreichend fest, dass ein Anspruch auf Vertragsauflösung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bestehe. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass im Falle von Vergnügungsstätten höhere Mieten vereinbart seien als bei sonst am Markt üblichen Mietverhältnissen. Andere Gründe wie etwa die Zahl der Beschäftigten oder die durch die Beigeladene abgeführten Steuern seien unerheblich.
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Auf diese Entscheidung wurde der Beigeladenen eine schriftliche Erlaubnisurkunde mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 01.07.2017 übersandt. Gegen die ablehnende Entscheidung hat die Beigeladene Widerspruch erhoben.
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Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.07.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin und legte gegen die verfahrensgegenständliche Erlaubnis als Drittbetroffener Widerspruch ein. Es werde davon ausgegangen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte, da keine Maßnahme der Glücksspielaufsicht vorliege.
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Auf den Widerspruch des Antragstellers teilte die Antragsgegnerin diesem mit Schreiben vom 03.08.2017 mit, dass dem Widerspruch aus ihrer Sicht das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn mit der Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 03.03.2016 sei es dem Antragsteller nicht nur untersagt worden, Sportwetten zu vermitteln, sondern auch aufgegeben worden, die vorgehaltenen Geräte dauerhaft zu entfernen und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen. Die Spielhalle der Beigeladenen in der ... werde aufgrund behördlicher Erlaubnis betrieben, sodass kein Handlungsbedarf bestehe.
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Auf Antrag der Beigeladenen wurde mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 08.08.2017 die sofortige Vollziehung der Erlaubnis vom 01.07.2017 angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass unter Abwägung der Interessenlage sowie der objektiven Bewertung des Sachverhalts das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug überwiege. Insbesondere sei der Antragsteller nie im Besitz einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für sein Unternehmen gewesen. Auch milderten die spezifischen Unterschiede zwischen Spielhallen und Wettbüros die Folgen für den Antragsteller ab, da die Einrichtung einer Spielhalle mit einem höheren Investitionsaufwand verbunden sei. Bei Wettbüros bestünden regelmäßig weitere Einnahmequellen.
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Der Antragsteller hat beim beschließenden Gericht am 17.08.2017 den vorliegenden Rechtsschutzantrag gestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche Erlaubnis die Fortgeltung und Vollstreckbarkeit der an den Antragsteller gerichteten Untersagungsverfügung bewirke. Ohne diese Erlaubnis würden sowohl das gesetzliche Verbundverbot als auch die Untersagungsverfügung ins Leere laufen. Durch die hieraus folgende Schließung seines Wettbüros könne der Antragsteller in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 56 AEUV verletzt sein. Der schrankenlose Vorrang von Spielhallen gegenüber der Wettvermittlung sei weder mit der Berufsausübungsfreiheit noch mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar. Denn letztlich müsse durch die Härtefallerlaubnis ein an sich legaler Wettvermittlungsbetrieb einer materiell an sich nicht genehmigungsfähigen Spielhalle weichen. Auch sei der Mindestabstand zu anderen Spielhallen nicht gewahrt. Die übrigen Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 LGlüG lägen ebenfalls nicht vor. Es bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis, da im Falle der Aussetzung der Vollziehung der hier verfahrensgegenständlichen Erlaubnis der Antragsteller im Verfahren des § 80 Abs. 7 VwGO die Aussetzung der Vollziehung der gegen ihn gerichteten Verfügung erwirken könne. Die erteilte Erlaubnis laufe den Zielen des Glückspielstaatsvertrags zuwider, da die Spielhalle des Beigeladenen nicht den Mindestabstand zu anderen Spielhallen einhalte. Die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis für ein Gebäude, in welchem sich bereits ein Wettbüro befinde, sei an den Abwehrrechten des Wettbürobetreibers zu messen. Die Verdrängung eines Wettbüros zugunsten einer Spielhalle entspreche auch nicht den Zielen in Art. 1 GlüStV, da dem gewerblichen Automatenspiel ein höheres Suchtrisiko zukomme, was jedenfalls dann gelte, wenn – wie in der...r Innenstadt – eine hohe räumliche Konzentration von Spielhallen gegeben sei. Vielmehr sei ein Wettbüro einer Spielhalle vorzuziehen. Denn zwischen Wettbüros sei kein Mindestabstand einzuhalten, woraus die gesetzliche Wertung folge, dass Wettbüros vom Gesetzgeber als weniger schädlich angesehen würden als Spielhallen. Dies gelte auch gegenüber Bestandsspielhallen, da auch diese vom Mindestabstandsgebot betroffen seien, und jedenfalls gegenüber solchen, bei denen die Voraussetzungen für eine Härtefallerlaubnis nicht vorlägen. Die Härten im Falle der Beigeladenen seien typische und gesetzgeberisch gewollte Folgen der Abstandsregelung und damit keine unbillige Härte im Sinne des § 51 LGlüG. Im Falle des Mietvertrags der Beigeladenen könne letztlich der Vermieter über den Härtefall disponieren. Langfristige Mietverträge seien indes im Spielhallengewerbe üblich und als solche vom Gesetzgeber berücksichtigt worden. Insbesondere bestehe die Möglichkeit des Mieters, Nachmietinteressenten zu vermitteln und so eine Vertragsaufhebung herbeizuführen. Auch habe sich die Beigeladene treuwidrig verhalten, indem sie auf das Übernahmeangebot des Antragstellers mit einer Strafanzeige und einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung reagiert habe. Vielmehr hätte diese freundlich auf den Antragsteller zugehen und ihn dem Vermieter als potentiellen Nachmieter vorstellen sollen. Auch hätte der Mietvertrag der Beigeladenen bzw. ihrer Gesellschafter als Hauptmieter bereits zum 30.04.2016 gekündigt werden können. Man habe sich jedoch im Jahre 2015 bewusst dagegen entschieden. Auch hätte die Beigeladene sich ein Sonderkündigungsrecht ausbedingen können. Die unterlassene Kündigung habe lediglich den Zweck verfolgt, einen Härtefall zu generieren. Auch lege die Erklärung der Vermieterin den Verdacht nahe, dass diese Erklärung, eine weitere Untervermietung nicht zulassen zu wollen, mit der Beigeladenen vorformuliert worden sei. Im Übrigen liege letztlich ein Härtefall nur bei den jeweiligen Vermietern vor, da diese die von den spielhallenrechtlichen Regelungen wirtschaftlich Betroffenen seien. Schließlich könne das Inventar der Beigeladenen auch anderenorts genutzt werden.
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Der Antragsteller beantragt,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen unter dem 01.07.2017 erteilte Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ im Gebäude ..., ... ..., wiederherzustellen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags bestünden. Der Betrieb des Wettbüros sei dem Antragsteller nämlich bereits durch das Regierungspräsidium ... untersagt worden. Diese Entscheidung sei auch sofort vollziehbar, nachdem die Rechtsschutzanträge des Antragstellers abgelehnt worden seien. Auch sei der Antrag unbegründet. Die zivilrechtlichen Aspekte betreffend das Mietverhältnis der Beigeladenen seien irrelevant. Ermessensfehler seien im Hinblick auf die Erteilung der Härtefallerlaubnis der Beigeladenen nicht ersichtlich. Es sei auch kein den Antragsteller begünstigender Vertrauensschutz ersichtlich, zumal dessen Wettbüro zeitlich nach der Spielhalle der Beigeladenen ihren Betrieb aufgenommen habe.
23 
Die mit Beschluss des Berichterstatters vom 18.10.2017 zum Verfahren Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie führt zum Verfahren aus, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig gewesen sei. Die Entscheidung der Antragsgegnerin stütze sich auf die Anordnungen des Wirtschaftsministeriums. Auch liege nicht nur ein Mietvertrag, sondern ein Pachtvertrag vor, weshalb gem. § 584a Abs. 1 BGB nicht auf § 540 Abs. 1 BGB verwiesen werden könne. Eine spätere Lösung vom Mietvertrag sei dessen ungeachtet nicht denkbar. Spielhallenbetreiber zahlten regelmäßig höhere Mieten als andere Gewerbetreibende. Eine Nachvermietung komme daher lediglich unter Vereinbarung einer geringeren Miete realistisch in Betracht. Auch sei der Antragsteller aufgrund seines „erpresserischen“ Versuchs, sein Eintreten in den Mietvertrag zu erzwingen, mangels hinreichender Seriosität nicht als Nachmieter denkbar. Dies habe der Vermieter auch mitgeteilt. Auch sei es der Beigeladenen nicht zumutbar, auf einen möglichen Weiterbetrieb zu verzichten und den Betrieb aufzugeben. Es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2015 nicht ersichtlich gewesen, wie ein Erlaubnisverfahren ausgehen würde. Auch sei keine Auswahlentscheidung zwischen einzelnen Spielhallen getroffen worden, weshalb es unbillig sei, zulasten der Beigeladenen von einem nicht genehmigungsfähigen Betrieb der Spielhalle auszugehen. Dass die Beigeladene sich ein Sonderkündigungsrecht aushandeln könne, sei praxisfern, da der Vermieter daran kein Interesse habe; der Antragsteller verkenne insofern die Grundsätze des zweiseitigen Vertrags. Sofern darauf abgestellt werde, dass alternativ auch eine Verlängerung bis zu einem früheren Zeitpunkt in Betracht komme, scheitere dies ebenfalls am Mietvertrag. Schließlich sei im Rahmen der Härtefallprüfung lediglich auf die Beigeladene als juristische Person und nicht die dahinter stehenden Gesellschafter abzustellen. Sofern dennoch auf die Gesellschafter abzustellen sei, so werde übersehen, dass diese wiederum durch den Hauptmietvertrag an den Hauptmieter gebunden seien; ein Insolvenzrisiko würde sich dann lediglich auf die Gesellschafter verlagern. Im Übrigen seien auch externe Härten – etwa bei einem Vermieter oder den Gesellschaftern – berücksichtigungsfähig. Dass das Inventar der Spielhalle anderenorts nutzbar sei, sei nicht ersichtlich. Auch sei der Antragsteller auf Rechtsbehelfe gegen ihn unmittelbar betreffende behördliche Versagungs- und Untersagungsentscheidungen zu verweisen. Schließlich begehre der Antragsteller mit seinem Antrag eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache zu seinen Gunsten.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten der Antragsgegnerin (2 Bände) im Verwaltungsverfahren und des Regierungspräsidiums ... im Untersagungsverfahren gegen den Antragsteller (1 Band), die beigezogenen Gerichtsakten des beschließenden Gerichts zu den Verfahren 3 K 1270/16, 3 K 1266/16, 3 K 2593/09 und 3 K 1517/08 sowie die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren Bezug genommen.
II.
25 
1. Der Antrag ist unzulässig. Zwar dürfte der Antrag statthaft sein, da die Antragsgegnerin im Schreiben vom 08.08.2017 die sofortige Vollziehung der Erlaubnis der Beigeladenen gem. §§ 80 Abs. 4 Nr. 4, 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet und diese Entscheidung gem. § 80 Abs. 3 VwGO auch begründet hat. Die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, der gegen einen an einen Dritten gerichteten und diesen begünstigenden Verwaltungsakt gerichtet ist (§ 80 Abs. 5 in Verbindung mit § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO), setzt aber voraus, dass dem jeweiligen Antragsteller eine Antragsbefugnis zusteht. Denn die durch §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten vermögen es nicht, einen über die Hauptsache hinausgehenden Rechtsschutz zu eröffnen (sog. Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzes, vgl. hierzu R.P. Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 23. Aufl., 2017, § 80 Rn. 133 f.).
26 
Eine solche liegt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung vor, wenn der jeweilige Antragsteller geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth (Hrsg.), VwGO, 6. Aufl., 2014, § 80a Rn. 73). Maßgeblich ist damit, ob die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller durch die der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis in einer seine Individualinteressen schützenden Norm verletzt wird. Dies ist durch Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften zu bestimmen (zum Ganzen R.P. Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 23. Aufl., 2017, § 42 Rn. 83, m.w.N.).
27 
a. Die in Verbindung mit § 41 Abs. 1-2 LGlüG als Rechtsgrundlage maßgebliche Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG entfaltet keine drittschützende Wirkung zugunsten des Antragstellers. Dem Wortlaut der Vorschrift können weder für sich noch in einer systematischen Gesamtschau Hinweise auf eine dritt- bzw. konkurrenzschützende Wirkung entnommen werden (so auch im Ergebnis Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 29 GlüStV Rn. 55). Auch die Entstehungsgeschichte der Norm lässt nicht auf eine drittschützende Wirkung schließen. Die Vorschrift setzt § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV um, wonach die zuständigen Behörden nach Ablauf des in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 113) sollte mit der Umsetzung der staatsvertraglichen Härtefallvorschrift für ältere Erlaubnisse eine landesrechtliche Härtefallklausel mit der Möglichkeit einer befristeten Suspendierung geschaffen werden, um einzelnen Spielhallenbetreibern eine Möglichkeit der Anschlussnutzung oder eine Anpassung der Mietverträge zu eröffnen. Die Berücksichtigung von Interessen etwaiger Konkurrenten sieht die Vorschrift nicht vor.
28 
Selbst wenn bei der Anwendung des § 51 Abs. 5 LGlüG Interessen betroffener Konkurrenten – wie etwa in Fällen durch gesetzliche Regulierung verknappter Konzessionen – betroffen wären, würde dies nicht zugunsten des Antragstellers durchgreifen. Der Normbefehl der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG bezieht sich auf Spielhallen und nicht auf Wettannahmestellen, denn die Regulierung der letzteren erfolgt hiervon unabhängig durch § 20 LGlüG. Dass sich die der Beigeladenen erteilte Härtefallerlaubnis faktisch dergestalt auf den Antragsteller auswirkt, dass seine eigene Wettannahmestelle aufgrund der Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG nicht genehmigungsfähig ist oder wird, ist indes nicht auf die Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG zurückzuführen, sondern auf die Regulierung der Tätigkeit von Wettannahmestellen in § 20 LGlüG, welche den Gegenstand des beim beschließenden Gericht anhängigen Verfahrens 3 K 1266/16 bildet. Allenfalls nach den – im Rahmen der Grundrechtsdogmatik entwickelten – Grundsätzen zu mittelbaren oder faktischen (Grund-)Rechtseingriffen, könnte ansatzweise die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch an Dritte – hier die Beigeladene und die Antragsgegnerin – adressierte Normen erwogen werde, was jedoch ebenfalls nicht verfängt. Denn die Frage, ob in Fällen der sog. „mittelbaren“ oder „faktischen Eingriffe“ solche als rechtfertigungsbedürftige Eingriffe in geschützte Rechtspositionen anzusehen sind, bemisst sich danach, ob die jeweilige Maßnahme den mittelbar Betroffenen derart in seiner Rechtsposition schmälert, dass deren Auswirkung in ihrer Intensität oder Intention einem finalen, unmittelbaren, imperativen und rechtsförmigen Eingriff in dessen Rechtsposition gleichzusetzen ist und damit eine regelungsähnliche Wirkung gegenüber dem Drittbetroffenen entfaltet (vgl. etwa zur berufsregelnden Tendenz BVerfG, Urt. v. 08.04.1997 – 1 BvR 48/94 –, BVerfGE 95, 267 <302 f.>; Urt. v. 17.02.1998 – 1 BvF 1/91 –, BVerfGE 97, 228 <254>; s. auch Nolte, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2. Aufl., 2016, Art. 12 Rn. 80 f.).
29 
Derartiges ist hier nicht gegeben. Denn im Wege des systematischen Gegenschlusses zu § 20 LGlüG und §§ 21-25 LGlüG kann angenommen werden, dass die legislative Intention hinter den Vorschriften der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG darin bestand, ausschließlich den Teilbereich des Spielhallenwesens zu regulieren und die Gestaltung des Sportwettenwesens den hierfür gesondert geschaffenen Vorschriften des 4. und 5. Abschnitts des LGlüG vorzubehalten. Auch eine hinreichende, auf die Vorschriften der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG zurückzuführende Regelungsintensität zulasten des Antragstellers ist nicht erkennbar, da die maßgebliche Rechtsfolge sich – wie bereits ausgeführt – aus der den Antragsteller unmittelbar betreffenden Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG ergibt. Will der Antragsteller gegen die hieraus folgende Beschwer vorgehen, hat er dieses Vorgehen – wie auch geschehen – gegen die Rechtsfolgen dieser Vorschrift zu richten. Deshalb verfängt die im Schrifttum vertretene Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung (Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 29 GlüStV Rn. 56) – gleich ob dieser Einwand zutrifft oder nicht – jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
30 
Auch der in § 51 Abs. 5 LGlüG enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der „unbilligen Härte“ begründet keine drittschützende Wirkung der Norm zugunsten des Antragstellers. Sinn und Zweck dieser Vorschrift bestehen – wie bereits ausgeführt – darin, die Auswirkungen und damit die Eingriffsintensität des mit der Regulierung bewirkten Verbots für eine im Einzelfall bislang erlaubt betriebene Spielhalle abzufedern. Ob bei der Prüfung des Vorliegens eines Härtefalls lediglich den jeweiligen unmittelbaren Spielhallenbetreiber – hier die Beigeladene – betreffende Auswirkungen („Härten“) zu berücksichtigen sind oder ob auch mittelbare Härten Dritter – etwa der Gesellschafter der Beigeladenen oder gar des Hauptvermieters des Ladenlokals – zu berücksichtigen sind, kann vorliegend offenbleiben. Selbst wenn solche mittelbaren Härten zu berücksichtigen wären, würde sich dies nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. Denn die vom Antragsteller gerügte ihn betreffende „Härte“ ist nicht diejenige, welche durch die Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG abgemildert werden soll, sondern stellt vielmehr eine faktische Folge dar, welche sich erst dann realisiert, wenn die Voraussetzungen der „unbilligen Härte“ bereits erfüllt sind. Diese ist allenfalls im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Rechtsfolgeermessens berücksichtigungsfähig; einer Berücksichtigung derartiger Auswirkungen – etwa im Wege einer normeinschränkenden oder gar verfassungskonformen Auslegung zugunsten Dritter – bedarf es deshalb nicht.
31 
b. Nach alledem scheidet auch eine unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG fußende Antragsbefugnis aus. Die Möglichkeit einer Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit ist nicht ersichtlich. Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Ergreifung und Ausübung einer jeden an sich erlaubten, dauerhaft auf Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage gerichteten Tätigkeit als Beruf (grundlegend BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 <397>). Entsprechend dieser Differenzierung sind als Eingriffstypen objektive und subjektive Regelungen der Berufswahl sowie Berufsausübungsregelungen denkbar (BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 <403>; Beschl. v. 16.06.1959 – 1 BvR 71/57 –, BVerfGE 9, 338 <344>). Vorliegend dürfte allenfalls eine einer Berufsausübungsregel entsprechende mittelbare bzw. faktische Beeinträchtigung vorliegen, für deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung maßgeblich ist, ob diese vernünftige Gründe des Allgemeinwohls in verhältnismäßiger Weise verfolgen (BVerfG, Beschl. v. 12.01.2016 – 1 BvL 6/13 –, juris; Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163 <182>). Denn die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene hindert nicht per se die Tätigkeit des Antragstellers als – selbst wenn hierin ein eigenständiges Berufsbild zu erblicken wäre – Betreiber einer Wettannahmestelle, sondern lediglich deren Ausübung am bisherigem Ort.
32 
Wie bereits ausgeführt richtet sich die hier verfahrensgegenständliche verwaltungsbehördliche Regelung jedoch nicht unmittelbar gegen den Antragsteller. Der maßgebliche – aus Sicht des Antragstellers rechtfertigungsbedürftige – Grundrechtseingriff folgt für ihn gerade nicht aus der der Beigeladenen erteilten, glücksspielrechtlichen Erlaubnis, sondern unmittelbar aus dem glücksspielrechtlichen Verbundverbot (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG), welches unions- und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. zu Spielhallen BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; StGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.06.2014 – 1 VB 15/13 –, juris). Dass nunmehr durch die befristete Fortführung der Legalisierung einer Spielhalle die Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG als dem typischerweise innewohnender Rechtsreflex ausgelöst wird, ist für sich genommen noch nicht geeignet, eine in Intention oder Intensität eingriffsgleiche und damit rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit zu begründen, zumal der Gesetzgeber den Vertrauensschutz im Rahmen der Neuregelung des Glücksspielwesens abschließend ausgestaltet hat (vgl. § 51 LGlüG). Der Antragsgegnerin war es – soweit ersichtlich – auch nicht daran gelegen, mit der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis im Sinne einer berufsregelnden Intention gezielt den Betrieb der Wettannahmestelle des Antragstellers faktisch zu untersagen; dies ist vielmehr bereits durch die sofort vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums ... erfolgt, welche u.a. Gegenstand der Verfahren 3 K 1270/16 sowie 3 K 1266/16 der Kammer und 6 S 263/17 sowie 6 S 1563/16 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg war bzw. ist. Der für den Antragsteller in seinem tatsächlichen Rechtsschutzbegehren zielführende Weg dürfte insofern wohl eher der Streit über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis an ihn sein, in deren Rahmen die Frage, ob die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis auch ihm entgegengehalten werden kann, ggf. inzident zu klären wäre.
33 
c. Auf die unionsrechtlich durch Art. 56 AEUV garantierte Dienstleistungsfreiheit kann sich der Antragsteller nicht berufen, da es an einem grenzüberschreitenden Bezug fehlt. Zwar mag der Antragsteller durch ein im EU-Ausland konzessioniertes Unternehmen angebotene Sportwetten und so Dienstleistungen zu vermitteln. Es ist jedoch nicht der Antragsteller, der unionsrechtlich von der Beschränkung der Vermittlungsmöglichkeiten betroffen ist, sondern vielmehr der Sportwettenanbieter als mittelbar betroffener Dritter. Die hier maßgebliche vom Antragsteller dem Verbraucher angebotene Dienstleistung, in Gestalt der Vermittlung der Teilnahme einer im Ausland angebotenen Sportwette, erfolgt durch den Antragsteller als deutschen Unternehmer im Bundesgebiet an dort ansässige Kunden (vgl. zum abzugrenzenden Fall eines eigene Sportwetten in einem anderen Mitgliedstaat anbietenden Wettanbieters Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, Unionsrechtliche Aspekte Rn. 20, m.w.N.). Eine Geltendmachung etwaiger Rechte des maltesischen Wettanbieters durch den Antragsteller – etwa im Wege einer Art der Prozessstandschaft – dürfte nicht geboten sein, da diese Rechte vom jeweiligen Betroffenen selbst mittels eigener Rechtsbehelfe geltend gemacht werden können.
34 
d. Schließlich vermögen es auch Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG nicht, dem Antragsteller eine Antragsbefugnis zu vermitteln. Soweit das antragsbegründende Vorbringen darauf zielt, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Spielhallen und Wettannahmestellen durch das glücksspielrechtliche Regelungsregime darzulegen, ist dies für die Erteilung der Härtefallerlaubnis an die Beigeladene unerheblich. Denn eine solche Ungleichbehandlung würde allenfalls zu einer Unanwendbarkeit bzw. Nichtigkeit der die Tätigkeit des Antragstellers regelnden Vorschrift des § 20 LGlüG führen, nicht jedoch einen Anspruch auf Aufhebung der Härtefallerlaubnis der Beigeladenen begründen. Selbst wenn § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG entweder – wie teilweise angenommen – einer anderen Auslegung im Hinblick auf das Verhältnis zu durch Härtefallerlaubnisse (weiterhin) legalisierten Spielhallen zugänglich oder generell nichtig wäre, könnte die Härtefallerlaubnis der Beigeladenen bestehen bleiben, ohne dass sie für den Antragsteller nachteilige Rechtswirkungen entfalten würde. All dies mag möglicherweise im Verfahren 3 K 1266/16, nicht jedoch im Verhältnis zur Beigeladenen bzw. der ihr erteilten Erlaubnis Relevanz entfalten. Nach alledem scheidet auch ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit als subsidiäres Auffanggrundrecht aus (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 07.01.1959 – 1 BvR 100/57 –, BVerfGE 9, 73 <77>; Beschl. v. 11.07.2006 – 1 BvL 4/00 –, BVerfGE 116, 202 <221>; Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163 <181>; Beschl. v. 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09 –, juris).
35 
e. Ob dem Antrag mit Blick auf die gegenüber dem Antragsteller bestehende vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums ... darüber hinaus auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, kann offenbleiben.
36 
2. Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf und das Interesse der Allgemeinheit und des Begünstigten am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.11.2015 – 10 S 2004/15 –, juris). Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs – hier des gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis erhobenen (Drittanfechtungs-)Widerspruchs –, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt oder angeordnet werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, kann dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel eher zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen. Erfolg kann die Anfechtung eines begünstigenden Verwaltungsakts durch einen Dritten aber nur dann haben, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Dritte – hier der Antragsteller – in eigenen Rechten verletzt ist, der Verwaltungsakt also gegen drittschützende Normen verstößt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
37 
Unabhängig von der Frage einer – nach den bisherigen Ausführungen eher unwahrscheinlich erscheinenden – eigenen Rechtsverletzung des Antragstellers hat sein Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg und führt mithin nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zu seinen Gunsten ausfällt. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen – aber auch genügenden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.01.1984 – 2 BvR 507/81, NVwZ 1984, 429 <429 f.>) – summarischen Prüfung dürfte die in Anwendung der Befreiungsmöglichkeit in § 51 Abs. 5 LGlüG erfolgte Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene wohl rechtmäßig sein.
38 
a. Rechtsgrundlage der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ist § 41 Abs. 1-2 in Verbindung mit § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG.
39 
b. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit bestehen nach summarischer Prüfung – ungeachtet der Frage, ob sich der Antragsteller auf solche berufen könnte – nicht. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin dürfte aus § 47 Abs. 5 Satz 1 LGlüG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG folgen. Da die vom Antragsteller beanstandete Wirkung der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ihn allenfalls als mittelbar wirkender Rechtsreflex treffen dürfte, dürfte er mangels einer ihm gegenüber unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkung auch nicht gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG zwingend als Verfahrensbeteiligter hinzuzuziehen gewesen sein. Deshalb dürfte er mangels eigener Verfahrensbeteiligung auch nicht gem. § 28 Abs. 1 LVwVfG vor der Entscheidung anzuhören gewesen sein. Darüber hinausgehende spezialgesetzliche Beteiligungserfordernisse zugunsten des Antragstellers sind nicht ersichtlich.
40 
c. Die verfahrensgegenständliche Erlaubnis dürfte nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig sein.
41 
aa. Bei der in § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG, Art. 29 Abs. 4 GlüStV enthaltenen Voraussetzung der „unbilligen Härte“ handelt es sich um einen vollständiger gerichtlicher Kontrolldichte unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff (Nds. OVG, Beschl. v. 05.09.2017 – 11 ME 169/17 –, juris; vgl. auch zur Bestimmtheit BVerwG, Beschl. v. 04.09.2012 – 5 B 8.12 –, juris). Bei der Bestimmung dessen Gehalts ist der Normzweck zu berücksichtigen, welcher in der Abfederung solcher Härten besteht, die eine abstrakt-generelle Neuregelung eines Rechtsbereichs bzw. des rechtlichen Rahmens für bestimmte bereits bestehende tatsächliche Phänomene mit sich bringt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2012 – 5 B 8.12 –, juris). Dies wird durch die Regelung in § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG konkretisiert, nach der Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen unbilligen Härte insbesondere dann gegeben sind, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Dabei dürfte die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG ausweislich ihres Wortlauts („des“ Betriebs) auf denjenigen Betrieb abstellen, für welchen die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Anwendung der Härtefallregelung in § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG beantragt wird. Dem entspricht die erklärte gesetzgeberische Zielsetzung der Regelung, nach welcher betroffene Gewerbetreibende, d.h. einen konkreten Betrieb führende Personen, in die Lage versetzt werden sollen, eine Anschlussnutzung der Betriebsräume mit einer anderen Zielrichtung – zum Beispiel als Gaststätte – zu realisieren (LT-Drs. 15/2431, S. 113). Dementsprechend kann ein betroffener Gewerbetreibender voraussichtlich auch auf die Möglichkeiten einer Umnutzung seines Betriebs bis hin zu dessen Veränderung verwiesen werden (vgl. Anwendungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, Stand: 11.12.2015, S. 26). Deshalb können – was die Antragsgegnerin ausweislich der Bescheidbegründung offenbar auch berücksichtigt hat – voraussichtlich auch zivilrechtliche Fragestellungen im Hinblick auf die (Um-)Nutzbarkeit oder die Bindungen des jeweils Betroffenen an vertragliche Vereinbarungen mit Dritten zu berücksichtigen sein.
42 
All dies dürfte jedoch darauf beschränkt sein, einen Betrieb unter dessen Aufrechterhaltung – selbst wenn dieser zu einem Betrieb mit einer völlig anderen Zielsetzung umgewandelt würde – anzupassen oder auf ein neues betriebswirtschaftliches Fundament zu stellen. Es dürfte jedoch nicht zumutbar sein, sich auf eine Möglichkeit, diesen Betrieb einem Dritten zu überlassen, verweisen lassen zu müssen. Denn dies würde – zumindest hinsichtlich der Erwerbsmöglichkeit – wohl der faktischen Entziehung eines den verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 12 Abs. 1 GG erfahrenden eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetriebs gleichkommen (vgl. allgemein zu dessen verfassungsrechtlichem Schutz BVerwG Urt. v. 25.05.2006 – 6 C 17/02 –, BVerwGE 118, 241 <226>, m.w.N. zur bisherigen Rspr.; s. auch BGH, Urt. v. 04.06.1981 – III ZR 31/80 –, NJW 1981, 2000 <2002>; Urt. v. 14.03.1996 – III ZR 224/94 –, NJW 1996, 2422 <2423>), welche wiederum dem gesetzlichen Ziel des § 51 Abs. 4-5 LGlüG – des begrenzten Vertrauensschutzes zugunsten einzelner konkreter Gewerbetreibender – zuwiderlaufen würde. Gegenteiliges dürfte auch nicht aus den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015 hervorgehen. Diese stellen vielmehr auf eine Umnutzung durch den jeweiligen Betreiber ab; miteingeschlossen soll ausdrücklich auch eine Nutzung als Spielhalle bis zum Ende der befristeten Befreiung sein (vgl. hierzu die Anwendungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, Stand: 11.12.2015, S. 23).
43 
Im vorliegenden Fall kann es jedoch offenbleiben, ob die vom Antragsteller behauptete Bereitschaft eines Eintritts in den Vertrag mit dem Verwalter der Geschäftsräume der Beigeladenen für sich genommen dazu führen kann, dass bei der Beigeladenen ein Härtefall abzulehnen wäre. Denn die Hausverwaltung hat mit Schreiben vom 09.11.2016 den Gesellschaftern der Beigeladenen mitgeteilt, dass sie am Mietvertrag festhalte und eine weitergehende Untervermietung nicht zulasse. Dies schließt nach summarischer Prüfung die Möglichkeit eines Eintretens des Antragstellers in dieses Mietverhältnis wohl aus. Die Prüfung eines mietrechtlichen Anspruchs auf Vertragsaufhebung wiederum erfolgt stets nach den Besonderheiten des Einzelfalls, wobei im Falle der Gewerberaummiete wohl zu beachten ist, dass das Verwendungsrisiko für Gewerberaum grundsätzlich der Mieter trägt (BGH, Urt. v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97 –, NZM 2000, 492 <495>; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.06.2014 – I-24 U 159/13 –, juris; OLG München, Urt. v. 18.11.1994 – 21 U 3072/94 –, NJW-RR 1995, 393; jew. m.w.N.). Dass im konkreten Falle der Beigeladenen – wie der Antragsteller meint – ein gesetzliches oder übergesetzliches (Sonder-)Kündigungsrecht mit derart überwiegender rechtlicher Klarheit bestünde, dass es im Rahmen der summarischen Prüfung als gegeben anzusehen wäre, ist weder ersichtlich noch dargelegt. Ein mietvertragliches Sonderkündigungsrecht besteht wohl nur dann, wenn das maßgebliche öffentlich-rechtliche Verbot an die Mietsache selbst anknüpft (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1994 – XII ZR 175/92 –, juris; Urt. v. 22.06.1988 – VIII ZR 232/87 –, NJW 1988, 2664). Dies dürfte im Falle der Glücksspielregulierung nicht der Fall sein. Denn die Glücksspielregulierung und das mit ihr einhergehende gesetzliche Verbot mit Erlaubnis- bzw. Befreiungsvorbehalt knüpfen an das Glücksspiel als solches und nicht an in den Geschäftsräumen der Beigeladenen wurzelnde Umstände an (vgl. Blank, in: Blank/Börstinghaus (Hrsg.), Miete, 5. Aufl., 2017, § 536 BGB Rn. 29; zum umgekehrten Fall der Vermieterkündigung KG, Urt. v. 14.07.2014 – 8 U 140/13 –, MDR 2014, 952 <953>). Nichts anderes dürfte aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 –, juris) für maßgeblich erachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 20.11.2013 – XII ZR 77/12 –, NZM 2014, 165 <166>) folgen. Denn diese Entscheidung betraf den Fall eines die Mietsache als solches betreffenden öffentlich-rechtlichen Verbots. Selbst wenn ein Anspruch der Beigeladenen oder ihrer Gesellschafter auf Vertragsbeendigung bestünde, wäre dieser – soweit ersichtlich – zunächst wirksam gegenüber dem Vermieter – ggf. gerichtlich – durchzusetzen. Solange eine (zivil-)gerichtliche Klärung jedoch nicht rechtskräftig herbeigeführt ist, wäre wohl – zumindest im Rahmen der hier aufgerufenen summarischen Prüfung – noch von einem Härtefall auszugehen sein.
44 
Dass trotz dieser differenzierten Rechtsentwicklung im Bereich des Gewerberaummietrechts ein offensichtliches Sonderkündigungsrecht der Beigeladenen bestünde, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Sein Vorbringen beschränkt sich insofern auf die bloße Behauptung eines solchen Gestaltungsrechts bzw. Anspruchs und in der unsubstantiierten Vermutung „ins Blaue hinein“, die Beigeladene habe in einem aus seiner Sicht kollusiven Zusammenwirken mit der Hausverwaltung die Ablehnung einer vorzeitigen Vertragsaufhebung oder Überlassung an den Antragsteller als Nachmieter treuwidrig bewirkt und das Schreiben vom 09.11.2016 „vorformuliert“. Diesen letztgenannten Mutmaßungen, die einer auch nur ansatzweise substantiiert dargelegten tatsächlichen Grundlage entbehren, braucht das Gericht nicht – jedenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – nachzugehen (vgl. zur sog. „Ausforschung“ BVerwG, Beschl. v. 15.02.2008 – 5 B 196.07 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 362; Beschl. v. 05.10.1990 – 4 B 249.89 –, Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6; Beschl. v. 29.03.1995 – 11 B 21.95 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266; vgl. zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.2016 – 5 S 1443/14 –, juris).
45 
Schließlich dürfte nach summarischer Prüfung der Einwand des Antragstellers, die Beigeladene hätte ihren Mietvertrag bereits im Jahre 2015 kündigen sollen, auch aus anderem Grunde nicht verfangen. Denn § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG räumte der Beigeladenen eine Frist zur Härtefallantragstellung bis zum 29.02.2016 ein. Hieraus dürfte die gesetzliche Wertung folgen, dass zumindest innerhalb dieser Frist es der Beigeladenen nicht zuzumuten gewesen wäre, ihren Betrieb aufzugeben.
46 
bb. Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG räumt der zuständigen Behörde ein gerichtlich lediglich begrenzt überprüfbares verwaltungsbehördliches Rechtsfolgeermessen ein. Diese gerichtliche Kontrolldichte ist dabei auf die Überprüfung der Einhaltung dessen gesetzlicher Grenzen beschränkt (§ 114 Satz 1 VwGO).
47 
Die Grenzen dieses verwaltungsbehördlichen Ermessens dürften durch die gesetzte und gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge der hier befristet erteilten Erlaubnis wohl nicht überschritten worden sein. Es ist nach summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin den Sachverhalt unzutreffend festgestellt oder gewürdigt und so den Umfang ihres Ermessens verkannt und unterschritten hätte. Die im Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.03.2017 enthaltene Aussage, dass keine zivilrechtlichen Fragestellungen geprüft würden, dürfte keinen Ermessensfehler – etwa in Gestalt einer mangelhaften Sachverhaltsaufklärung – begründen, nachdem sie die mietvertraglichen Bindungen der Beigeladenen im Bescheid berücksichtigt hat. Hierauf kommt es indes auch nicht an, da im Widerspruchsverfahren etwaige Unzulänglichkeiten in der Sachverhaltsermittlung ggf. behoben werden können.
48 
Dessen ungeachtet würde, selbst wenn im Rahmen der Ausübung des durch § 51 Abs. 5 LGlüG eingeräumten verwaltungsbehördlichen Rechtsfolgeermessens die Auswirkungen der Erlaubnis für Dritte zu berücksichtigen wären und der Norm so eine zumindest auch den Antragsteller schützende Rechtswirkung zukäme, diese wohl nicht durchgreifen. Denn im vorliegenden Fall drängt es sich nicht auf, dass es die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreiten würde, wenn die Abwägung der hier widerstreitenden – jeweils durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlichen Schutz erfahrenden – Interessen der Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers und der Beigeladenen zugunsten der Beigeladenen ausfällt.
49 
Die Ermessensausübung entspricht auch dem Zweck der Norm (vgl. § 40 LVwVfG). Denn zum einen hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner legislativen Einschätzungsprärogative, welche ihm im Rahmen der abstrakt-generellen Herstellung praktischer Konkordanz zwischen zueinander in Konflikt stehenden Rechtsgütern zukommt (BVerfG, Beschl. v. 17.07.1974 – 1 BvR 51/69 u.a. –, BVerfGE 38, 61 <87>; Beschl. v. 31.10.1984 – 1 BvR 35/82 u.a. –, BVerfGE 68, 193 <220> vgl. auch Kloepfer, Verfassungsrecht, Band I, 2011, § 10 Rn. 224; zum Glücksspielrecht BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; StGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.06.2014 – 1 VB 15/13 –, juris), berücksichtigt, dass eine landesrechtliche Regulierung des Glücksspielwesens nur dann mit einer hinreichenden Effektivität umgesetzt werden kann, wenn die eigentliche Regulierung nicht durch über besondere Ausnahmefälle hinausgehende Dispensvorbehalte unterlaufen wird. Als solchen Ausnahmefall hat der Gesetzgeber mit Blick auf die gegenüber den Lotterie- oder Wettannahmestellen bestehende Besonderheit von Spielhallen, welche sich durch einen dem Automatenspiel immanenten eigenen Investitionsaufwand des Betreibers auszeichnen, in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden Weise berücksichtigt, zumal es sich um eine zeitlich und sachlich eng umgrenzte Ausnahmevorschrift handelt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris). Denn anders als im Falle von Wettannahmestellen vermitteln Spielhallen primär eigene Leistungen, welche sie durch von ihnen – gleich in welchem privatrechtlichen Rechtsverhältnis (etwa Kauf, Miete, Leasing oder Pacht) – beschaffte Glücksspielautomaten bereitstellen. Wettannahmestellen hingegen greifen auf Wettsysteme des jeweiligen Wettanbieters zu, sodass der Bereitstellungsaufwand im Hinblick auf die Herstellung des Wettgeschäfts als solchem regelmäßig eher beim Wettanbieter und nicht beim Betreiber der Wettannahmestelle liegen dürfte. Hierfür spricht auch die aus der in der Behördenakte enthaltenen Lichtbilddokumentation ersichtliche Ausstattung des Wettbüros des Antragstellers, welche primär aus Monitoren, einer Computeranlage und einem Wettterminal zu bestehen scheint. Gegenteiliges ist auch nicht durchgreifend dargelegt worden. Eine Verfassungswidrigkeit der Regelungen drängt sich im Rahmen der hier gebotenen – aber auch genügenden – summarischen Prüfung nach alledem nicht auf.
50 
d. Ungeachtet der – nach summarischer Prüfung wohl gegebenen – Rechtmäßigkeit oder der – vom Antragsteller angenommenen – Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ergibt eine hiervon unabhängige Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen der Beteiligten, dass im vorliegenden Fall eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zugunsten des Antragstellers und zulasten der Beigeladenen ausscheidet.
51 
Bereits für sich genommen führt der Umstand, dass der Antragsteller seine Wettannahmestelle aufgrund der sofort vollziehbaren Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 03.03.2016 zu schließen hat, dazu, dass das Vollziehungsinteresse an der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis überwiegt.
52 
Ob eine abstrakt-generelle Regelung des Falles einer später in Konkurrenz zu einer zugelassenen Wettannahmestelle tretenden Spielhalle möglicherweise fehlt (so Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 21 GlüStV Rn. 32) und wie sich dies ggf. auswirkt, ist einer Klärung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugänglich und unter zwei Gesichtspunkten vorliegend wohl auch unerheblich. Denn zum einen war der Betrieb des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt nach Inkrafttreten der glücksspielstaatsvertraglichen bzw. landesrechtlichen Regulierung erlaubt oder zugelassen. Zum anderen war dieser es, der zu einer zum Zeitpunkt seiner Begründung erlaubt betriebenen Spielhalle hinzugetreten ist. Etwaige für Betreiber von zugelassenen Wettannahmestellen günstige Rechtsfolgen eines Regelungsdefizits – sollte ein solches vorliegen – würden sich jedenfalls im vorliegenden Verwaltungsrechtsverhältnis nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. Denn die Wirksamkeit der ihn betreffenden Regelung vermag dies nicht zu berühren. Deshalb bedarf es auch keiner Ausführungen zu einer – im Übrigen auch wohl mangels planwidriger Regelungslücke nicht gebotenen – Anwendbarkeit der Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG zugunsten von Wettannahmestellen im Wege der Analogie, zumal diese im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich wäre.
53 
Schließlich ist die verfahrensgegenständliche Erlaubnis aufgrund einer jedenfalls nicht offensichtlich verfassungswidrigen Rechtsgrundlage ergangen, welche primär den Interessen der Beigeladenen dient und lediglich mittelbar in Form eines bloßen – vom Gesetzgeber wohl hingenommenen – Rechtsreflexes zur Erfüllung eines den Antragsteller belastenden glücksspielrechtlichen Tatbestands führt. Selbst wenn eine generelle, mit dem höherrangigen Recht nicht vereinbare Benachteiligung von Wettannahmestellen gegenüber Spielhallen vorläge, wäre seitens des vermeintlich Benachteiligten primär gegen die sie belastenden Vorschriften des Glücksspielrechts vorzugehen. Jedenfalls im hier gegebenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann deshalb kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festgestellt werden. Denn allein für den eher fernliegenden Fall, dass die durch die vermeintliche Privilegierung von Spielhallen gem. § 51 Abs. 5 LGlüG eine verfassungswidrige Bevorteilung ebendieser bewirkt würde, kann diese nicht um den Preis der Existenzgefährdung eines Dritten – hier der Beigeladenen – zugunsten des Antragstellers angenommen werden, wenn diesem hinsichtlich der ihn belastenden glücksspielaufsichtsrechtlichen Maßnahmen noch Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, durch welche dem in Art. 19 Abs. 4 GG fußenden Justizgewährleistungsanspruch hinreichend Rechnung getragen wird. Deshalb überwiegt das in Art. 12 Abs. 1 GG hinsichtlich der Beigeladenen und in § 52 Abs. 5 LGlüG hinsichtlich der Antragsgegnerin fußende Interesse an der Vollziehung der Erlaubnis das Interesse des Antragstellers, von deren lediglich mittelbaren Auswirkungen verschont zu bleiben.
54 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 163 Abs. 3 VwGO.
55 
4. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Ziffern 54.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die Kammer geht davon aus, dass der Auffangstreitwert gem. § 52 Abs. 2 GKG den wirtschaftlichen Wert der Streitigkeit nicht hinreichend abbildet und orientiert sich daher an dem Mindeststreitwert in gewerberechtlichen Streitigkeiten. Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vermag es die Kammer nicht, mit hinreichender Sicherheit den erwarteten wirtschaftlichen Mehrwert der vom Antragsteller begehrten Suspensivwirkung einzuschätzen, sodass sie den Mindeststreitwert von 15.000,00 Euro in der Hauptsache zugrunde legt und diesen mangels ersichtlicher faktischer Vorwegnahme der Hauptsache halbiert.

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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2000 - XII ZR 279/97

bei uns veröffentlicht am 16.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄ UMNISURTEIL XII ZR 279/97 Verkündet am: 16. Februar 2000 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Mai 2016 - 5 S 1443/14

bei uns veröffentlicht am 11.05.2016

Tenor Der Planfeststellungsbeschluss für die „Straßenbahn im Neuenheimer Feld“ des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10. Juni 2014 in Gestalt von dessen Änderungsplanfeststellungsbeschluss (1. Planänderung) vom 27. Januar 2016 wird aufgehoben.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 12. Jan. 2016 - 1 BvL 6/13

bei uns veröffentlicht am 12.01.2016

Tenor § 59a Absatz 1 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 4 des Geset

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 25. Jan. 2011 - 1 BvR 1741/09

bei uns veröffentlicht am 25.01.2011

Tenor 1. § 3 Absatz 1 Satz 1 und 3 des Gesetzes über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg vom 16. Juni 2005 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen Teil I Sei
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 17. Jan. 2018 - 3 K 11163/17.

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Jan. 2019 - 3 K 14799/17

bei uns veröffentlicht am 15.01.2019

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckb

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. Juni 2018 - 6 S 304/18

bei uns veröffentlicht am 14.06.2018

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2018 - 3 K 11163/17 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Ko

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 9 K 4546/16

bei uns veröffentlicht am 26.04.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der ihm die gegenüber der X GmbH Verfügung über die Untersagung der

Referenzen

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:

"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Dem Pächter steht das in § 540 Abs. 1 bestimmte Kündigungsrecht nicht zu.

(2) Der Verpächter ist nicht berechtigt, das Pachtverhältnis nach § 580 zu kündigen.

(1) Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.

(2) Überlässt der Mieter den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauch zur Last fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

§ 59a Absatz 1 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 2840) geändert worden ist, ist mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit Rechtsanwälten untersagt wird, sich mit Ärzten und Apothekern zur Ausübung ihrer Berufe zu einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenzuschließen.

Gründe

A.

1

Der vorlegende Bundesgerichtshof geht von der Verfassungswidrigkeit des § 59a der Bundesrechtsanwaltsordnung (im Folgenden: BRAO) aus, nach dem sich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nur mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern und Steuerberaterinnen, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüferinnen sowie vereidigten Buchprüfern und vereidigten Buchprüferinnen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse verbinden dürfen.

I.

2

1. Die berufliche Zusammenarbeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Angehörigen anderer Berufsgruppen ist in § 59a BRAO geregelt und für die dort genannten "sozietätsfähigen Berufe" gestattet.

3

Die Vorschrift lautet in der aktuellen, seit dem 18. Dezember 2007 geltenden Fassung nach Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840):

§ 59a Berufliche Zusammenarbeit

(1) Rechtsanwälte dürfen sich mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse verbinden. § 137 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung und die Bestimmungen, die die Vertretung bei Gericht betreffen, stehen nicht entgegen. Rechtsanwälte, die zugleich Notar sind, dürfen eine solche Verbindung nur bezogen auf ihre anwaltliche Berufsausübung eingehen. Im Übrigen richtet sich die Verbindung mit Rechtsanwälten, die zugleich Notar sind, nach den Bestimmungen und Anforderungen des notariellen Berufsrechts.

(2) Eine gemeinschaftliche Berufsausübung ist Rechtsanwälten auch gestattet:

1. mit Angehörigen von Rechtsanwaltsberufen aus Staaten, die nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland oder nach § 206 berechtigt sind, sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes niederzulassen und ihre Kanzlei im Ausland unterhalten,

2. mit Patentanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern anderer Staaten, die einen in der Ausbildung und den Befugnissen den Berufen nach der Patentanwaltsordnung, dem Steuerberatungsgesetz oder der Wirtschaftsprüferordnung entsprechenden Beruf ausüben und mit Patentanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Beruf gemeinschaftlich ausüben dürfen.

(3) Für Bürogemeinschaften gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

4

2. Bereits vor der Einführung des bis heute im Wesentlichen unverändert gültigen § 59a BRAO durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I S. 2278) leitete die Rechtsprechung insbesondere aus § 43 BRAO in Verbindung mit den damals als maßgebend angesehenen Richtlinien des anwaltlichen Standesrechts ein weitreichendes Verbot interprofessioneller Zusammenschlüsse für Rechtsanwälte her. Mit Ausnahme einer Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern wurde es Rechtsanwälten untersagt, sich mit Angehörigen anderer Berufe zu einer Sozietät oder einer Bürogemeinschaft zusammenzuschließen. Erst als der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 4. Januar 1968 (BGHZ 49, 244) die Zulässigkeit einer Bürogemeinschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern bejaht hatte, wurden die Standesrichtlinien ergänzt und Sozietäten mit Steuerberatern sowie später auch mit Patentanwälten für zulässig erklärt.

5

Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschlüssen vom 14. Juli 1987 (BVerfGE 76, 171 ff.; 196 ff.) die Verfassungswidrigkeit weiter Teile des - auf Grundlage der Standesrichtlinien geschaffenen - anwaltlichen Berufsrechts festgestellt hatte, wurde eine umfassende neue gesetzliche Regelung der beruflichen Pflichten und Befugnisse der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nötig. Im Zuge dieser Reform durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 wurde auch die Zulässigkeit interprofessioneller Zusammenschlüsse in § 59a Abs. 1 BRAO gesetzlich geregelt.

6

In dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 12/4993, S. 23) wird die in § 59a BRAO getroffene Regelung wie folgt begründet:

Dem vielfältiger gewordenen Berufsbild soll auch bei der Neuordnung des Berufsrechts Rechnung getragen werden. Ausgangspunkt aller Reformüberlegungen muß aber immer sein, daß an der besonderen Mittlerfunktion des Rechtsanwalts im System der Rechtspflege nicht gerüttelt werden darf, weil dem Bürger ein rechtskundiger Berater in Form eines freien und unabhängigen Rechtsanwalts zur Verfügung stehen muß. Um einerseits diese unabdingbare Funktion des Rechtsanwalts zu stützen und andererseits dem gewandelten Verständnis vom Beruf des Rechtsanwalts in der Praxis gerecht zu werden, sind klare Regeln über die berufliche Zusammenarbeit mit anderen Berufen aufzustellen. Dazu soll die Einfügung von Vorschriften dienen, die die gemeinsame Berufsausübung und die Sozietät mit Kollegen und Angehörigen anderer Berufe ausdrücklich regeln. Es handelt sich hier um Berufsausübungsregelungen von erheblichem Gewicht für die Rechtsanwälte und für das Funktionieren des Rechts-, Wirtschafts- und Soziallebens, die durch den Gesetzgeber selbst zu treffen sind. Sozietäten mit Angehörigen anderer Berufe werfen die Frage der "Sozietätsfähigkeit" auf. Diese wird im konkreten Falle dadurch beantwortet, daß die sozietätsfähigen Berufe abschließend aufgezählt werden.

7

3. Eine in neuerer Zeit beabsichtigte Erweiterung des Kreises der sozietätsfähigen Berufe sollte im Rahmen der Reform des Rechtsberatungsrechts erfolgen und insbesondere einen Zusammenschluss mit Ärztinnen und Ärzten zulassen. Ein Entwurf aus dem Jahr 2006 (BTDrucks 16/3655, S. 15, 83) sah folgende Neufassung des § 59a Abs. 4 BRAO vor:

Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf gemeinschaftlich mit Angehörigen vereinbarer Berufe ausüben. Sie dürfen auch im Einzelfall einen Auftrag gemeinsam mit Angehörigen vereinbarer Berufe annehmen oder im Auftrag eines Angehörigen eines vereinbaren Berufs für dessen Vertragspartner Rechtsdienstleistungen erbringen. Sie sind verpflichtet sicherzustellen, dass bei der Zusammenarbeit ihre Berufspflichten eingehalten werden. Ist die Einhaltung der Berufspflichten nicht gewährleistet, muss die Zusammenarbeit unverzüglich beendet werden. Personen, mit denen zusammengearbeitet wird, sind vor Beginn der Zusammenarbeit schriftlich auf die Einhaltung der Berufspflichten zu verpflichten. Bei gemeinschaftlicher Berufsausübung nach Satz 1 sind der Rechtsanwaltskammer die Verpflichtung unter Angabe des Familiennamens und Vornamens, des bei der Zusammenarbeit ausgeübten Berufs und der Geschäftsanschrift der verpflichteten Person sowie die Beendigung der Zusammenarbeit unverzüglich in Textform anzuzeigen.

8

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten künftig gestattet werden, ihren Beruf gemeinschaftlich mit Angehörigen aller Berufe auszuüben, die auch mit der Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts im Sinne der § 7 Nr. 8, § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO vereinbar sind. Wenn Rechtsanwälte selbst "vereinbare" Tätigkeiten als Zweitberuf ausüben könnten und ihr Betätigungsfeld entsprechend ausweiteten, gäbe es keinen Grund, ihnen eine berufliche Zusammenarbeit "mit Professionals" zu untersagen, die dieselbe Tätigkeit ausübten.

9

Das Vorhaben wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses (vgl. BTDrucks 16/6634, S. 1, 54) "angesichts erheblicher Meinungsunterschiede innerhalb der Anwaltschaft" im Laufe des damals aktuellen Gesetzgebungsverfahrens zur Reform des Rechtsberatungsrechts nicht weiterverfolgt, sollte jedoch nicht völlig aufgegeben werden, sondern einem - bisher nicht in die Wege geleiteten - gesonderten Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten bleiben.

10

4. Vorschriften zur Zusammenarbeit mit anderen Berufen finden sich auch in der auf Grundlage des § 59b Abs. 2 Nr. 8 BRAO für Rechtsanwälte erlassenen Berufsordnung (in der Fassung vom 1. Juli 2015, zuletzt geändert durch Beschluss der Satzungsversammlung vom 10./11. November 2014, BRAK-Mitt. 2015, S. 83; im Folgenden: BORA). Die insoweit einschlägigen Bestimmungen lauten:

§ 30

Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe

Ein Rechtsanwalt darf sich mit Angehörigen anderer nach § 59a Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung sozietätsfähiger Berufe nur dann zu einer gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Sozietät, in sonstiger Weise oder in einer Bürogemeinschaft verbinden, wenn diese bei ihrer Tätigkeit auch das anwaltliche Berufsrecht beachten. Dasselbe gilt für die Verbindung mit Angehörigen anderer nach § 59a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung sozietätsfähiger Berufe, sofern sie in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden.

§ 33

Geltung der Berufsordnung bei beruflicher Zusammenarbeit

(1) Soweit Vorschriften dieser Berufsordnung Rechte und Pflichten des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Sozietät als Form der beruflichen Zusammenarbeit vorsehen, gelten sie sinngemäß für alle anderen Rechtsformen der beruflichen Zusammenarbeit.

(2) Bei beruflicher Zusammenarbeit gleich in welcher Form hat jeder Rechtsanwalt zu gewährleisten, dass die Regeln dieser Berufsordnung auch von der Organisation eingehalten werden.

11

5. Berufsordnungen gelten auch für andere Freie Berufe. So haben auch die Ärztekammer Bayern und die Bayerische Landesapothekerkammer aufgrund der ihnen durch das Heilberufe-Kammergesetz (in der Fassung vom 6. Februar 2002; BayGVBl 2002, S. 42) erteilten Ermächtigung jeweils Berufsordnungen für ihre Mitglieder erlassen.

12

In der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Januar 2012, Bayerisches Ärzteblatt Spezial 1/2012 Seite 5 ff.; im Folgenden: BOÄ) finden sich Regelungen zur beruflichen Zusammenarbeit. Während § 23a BOÄ die gemeinsame Berufsausübung mit Angehörigen anderer akademischer Heilberufe oder sonstiger Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen regelt, gestattet § 23b BOÄ den Ärztinnen und Ärzten ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe "in allen Rechtsformen", solange keine "Heilkunde am Menschen" ausgeübt wird. Die Formulierung entspricht im Wesentlichen dem Text des § 23c der Muster-Berufsordnung für Ärzte und ist dementsprechend in den meisten Berufsordnungen der Landesärztekammern wortgleich enthalten.

13

Die im Freistaat Bayern geltende Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker (vom 21. Mai 2006 - Pharmazeutische Zeitung vom 22. Juni 2006, S. 2432 ff., geändert am 19. November 2013 - Pharmazeutische Zeitung vom 12. Dezember 2013, S. 4413 und am 16. Mai 2014 - Pharmazeutische Zeitung vom 12. Juni 2014, S. 1950; im Folgenden: BOA) enthält dagegen keine Regelungen zu Zusammenschlüssen mit Angehörigen anderer Berufe.

14

6. Als eine Form der interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft steht Rechtsanwälten und Angehörigen anderer Freier Berufe die Partnerschaftsgesellschaft zur Verfügung. Sie ist im Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz; im Folgenden: PartGG) geregelt. Zu einer Partnerschaftsgesellschaft können sich Angehörige Freier Berufe zusammenschließen, um ihre beruflichen Tätigkeiten gemeinsam auszuüben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG). Allerdings sieht § 1 Abs. 3 PartGG einschränkend vor, dass die Berufsausübung in der Partnerschaft in Vorschriften über einzelne Berufe ausgeschlossen werden kann; das Sozietätsverbot des § 59a Abs. 1 BRAO wird zu diesen Vorschriften gezählt.

II.

15

1. Der Antragsteller zu 1) des Ausgangsverfahrens, ein Rechtsanwalt, und die Antragstellerin zu 2), eine Ärztin und Apothekerin, gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft und meldeten diese mit Sitz in H… (Bayern) und mit dem Namen "Dr. iur. W… W. H..., Rechtsanwalt, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. M… V. A…-H…, Ärztin und Apothekerin, interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers" beim zuständigen Amtsgericht zur Eintragung in das Partnerschaftsregister an. Zum Gegenstand der Gesellschaft im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 3 PartGG heißt es in der Anmeldung: "Gegenstand der Partnerschaft ist die Ausübung des selbständigen Berufes des Rechtsanwalts durch den Partner Dr. W… W. H… und der Ärztin und Apothekerin durch die Partnerin Dr. Dr. M… V. A…-H… . Die Partnerin Dr. Dr. M…V. A…-H… wird jedoch nur gutachterlich und beratend tätig; sie übt in der Partnerschaft weder die Heilkunde am Menschen aus, noch betreibt sie in der Partnerschaft eine Apotheke."

16

Das Amtsgericht wies die Anmeldung zurück.

17

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Der Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft stehe die abschließende Regelung des § 59a BRAO entgegen, in der die Berufe des Arztes und des Apothekers nicht aufgeführt seien. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift komme nicht in Betracht. Auch bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich der Bestimmung, deren grundrechtseinschränkende Wirkung durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sei.

18

2. Der mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde angerufene Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 59a BRAO mit dem Grundgesetz um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nachgesucht. Die Vorlagefrage hat der Bundesgerichtshof wie folgt formuliert:

Ist § 59a Abs. 1 BRAO in der Fassung vom 12. Dezember 2007 mit Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar?

19

a) Zur Begründung der Vorlage hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, die Verfassungsmäßigkeit des § 59a Abs. 1 BRAO sei entscheidungserheblich, weil die zulässige Rechtsbeschwerde Erfolg hätte, wenn § 59a Abs. 1 BRAO insoweit verfassungswidrig wäre, als dieser eine Partnerschaft von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern nicht zulasse. Sie sei dagegen unbegründet, wenn § 59a Abs. 1 BRAO insoweit verfassungsgemäß wäre.

20

Der Rechtsbeschwerde bleibe nicht bereits aus anderen Gründen ohne Rücksicht auf die fragliche Regelung der Erfolg versagt. Bei Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 59a Abs. 1 BRAO hätte das Amtsgericht die Partnerschaftsgesellschaft eintragen müssen, weil die formellen und materiellen Eintragungsvoraussetzungen nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz erfüllt seien.

21

§ 59a Abs. 1 BRAO enthalte eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Berufsausübungsgesellschaft verbinden dürfe, wobei die Berufe der Antragstellerin zu 2) nicht aufgezählt seien. Die abschließende Regelung ergebe sich aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, dem gesetzgeberischen Willen und dem Sinn der Vorschrift. Eine verfassungs- oder europarechtskonforme erlaubniserweiternde beziehungsweise verbotseinschränkende Auslegung sei ausgeschlossen, weil angesichts des klaren Wortlauts, der Entstehungsgeschichte und des gesetzgeberischen Willens die Grenzen der Auslegung überschritten würden, wolle man die abschließende Regelung des § 59a Abs. 1 BRAO anders auslegen. Eine erweiternde Auslegung zur Herstellung der Verfassungskonformität sei nicht zulässig. Gleiches gelte für eine eventuell vorzunehmende richtlinienkonforme Auslegung, die ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten finde.

22

b) Das in § 59a Abs. 1 BRAO für Rechtsanwälte enthaltene Verbot, sich beruflich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung mit Ärzten und Apothekern zu verbinden, sei nach Überzeugung des Senats mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar.

23

Die Vorschrift greife in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit ein und erfülle nicht die Voraussetzungen, unter denen eine derartige Berufsausübungsbeschränkung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig sei. Dass das Verbot anerkannten Gemeinwohlzwecken diene und hierfür geeignet sei, könne zwar, wenn auch nicht zweifelsfrei, bejaht werden; nach Überzeugung des Senats sei das Verbot aber zum Schutz der Gemeinwohlzwecke nicht erforderlich.

24

Sinn und Zweck der Regelung des § 59a BRAO sei es, im Interesse einer funktionsfähigen Rechtspflege, insbesondere im Interesse des rechtsuchenden Publikums, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts und den besonderen Schutz zu gewährleisten, den das Mandatsverhältnis durch die in § 43a BRAO normierten Grundpflichten des Rechtsanwalts, die flankierenden Straf- und Strafverfahrensvorschriften sowie durch die Aufsicht der Rechtsanwaltskammern erfahre. Bei den das Mandatsverhältnis in diesem Sinne prägenden Pflichten handele es sich insbesondere um die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO) sowie um das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO). Diese Grundpflichten und das in § 43a Abs. 1 BRAO enthaltene Gebot an den Rechtsanwalt, keine Bindungen einzugehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden, garantierten dem Mandanten, dass ihm als Rechtsuchendem unabhängige Anwälte als berufene Berater und Vertreter gegenüber dem Staat oder gegenüber Dritten zur Seite stünden (§§ 1, 3 BRAO). Diese Gewährleistung der anwaltlichen Unabhängigkeit im Dienste des Mandanten und der spezifische Schutz des anwaltlichen Mandatsverhältnisses im Interesse der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege stellten wichtige Gemeinwohlzwecke dar.

25

Die Beschränkung auf die in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufe könne allerdings schon deshalb als bedenklich anzusehen sein, weil auch Ärzte und Apotheker die Anforderungen an berufliche Verschwiegenheit erfüllten und daher die Eignung der so beschränkten Regelung zur Verfolgung der genannten Gemeinwohlzwecke als fraglich erscheinen könne. Verfassungswidrig sei ein derart weitreichendes Verbot aber jedenfalls, weil es zur Verfolgung des genannten legitimen Gemeinwohlziels - selbst unter Einbeziehung des weiten Einschätzungs- und Prognosespielraums des Gesetzgebers - nicht erforderlich sei. Für den Schutz des Geheimhaltungsinteresses des Mandanten des Anwalts sei das Verbot nicht erforderlich, weil bei der Berufsausübung von Ärzten und Apothekern gleichfalls ein gesetzlich abgesicherter Schutz gegeben sei. Er entspreche im Umfang demjenigen Schutz, der für die in § 59a Abs. 1 BRAO als sozietätsfähig aufgezählten Berufsgruppen gewährleistet sei. Die ärztliche Schweigepflicht und die Pflicht des Apothekers zur Verschwiegenheit seien, ebenso wie bei den als sozietätsfähig aufgezählten Berufsgruppen, strafbewehrt und flankierend durch die korrespondierenden Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte sowie das korrespondierende Beschlagnahmeverbot (§ 97 StPO) geschützt. Allein das Beweiserhebungs- und Beweisverwendungsverbot in § 160a StPO statuiere für Rechtsanwälte ein höheres Schutzniveau als für Ärzte und Apotheker. Nachdem aber auch die in § 59a Abs. 1 BRAO genannten sozietätsfähigen Berufsgruppen nur den Schutz des § 160a Abs. 2 StPO und damit kein höheres Schutzniveau genössen als die nach § 59a Abs. 1 BRAO nichtsozietätsfähigen Ärzte und Apotheker, sei kein tragfähiger Differenzierungsgrund gegeben.

26

Zur Sicherung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts sei das Verbot einer Berufsausübungsgesellschaft mit einem Arzt oder einem Apotheker ebenfalls nicht erforderlich. Das in erster Linie durch persönliche und eigenverantwortliche Dienstleistung charakterisierte Verhältnis zum Mandanten werde durch berufliche Zusammenschlüsse nicht aufgehoben oder wesentlich verändert. Es sei auch nicht ersichtlich, dass in Anwaltsgesellschaften mit Ärzten oder Apothekern gegenüber solchen in § 59a Abs. 1 BRAO aufgeführten Berufsangehörigen eine größere Gefahr für die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts bestünde.

27

Ebenso wenig sei das Verbot erforderlich, um einer gesteigerten Gefahr der Vertretung widerstreitender Interessen zu begegnen. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Gefahr allein durch die Beteiligung eines Arztes oder eines Apothekers an der Berufsausübungsgesellschaft mit einem Rechtsanwalt erhöht würde. Es sei zwar möglich, dass die Angehörigen der in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufe typischerweise mit Interessenkollisionen, dem richtigen Umgang mit ihnen und ihrer Vermeidung vertrauter sein dürften als Ärzte und Apotheker. Seien Ärzte und Apotheker aber seltener mit solchen Interessenkollisionen konfrontiert, so sei in gleichem Maße auch die Gefahr geringer, dass sie dem - im Vergleich zu den in § 59a Abs. 1 BRAO aufgeführten Berufsangehörigen - nicht sachgerecht begegnen könnten. Ebenso fehlten Anhaltspunkte dafür, dass Ärzte und Apotheker weniger verlässlich mit Interessenkollisionen umzugehen in der Lage sein sollten als die in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufsträger.

28

Schließlich könne den befürchteten Gefahren durch geeignete mildere Mittel als das absolute Verbindungsverbot begegnet werden. So sei es denkbar, die Aufnahme bestimmter Regelungen zum Umgang mit befürchteten Gefahren in den Gesellschaftsvertrag vorzuschreiben oder Schulungen zum Erkennen von und zum Umgang mit Interessenkollisionen zu verlangen.

29

Auch Eingriffszweck und Eingriffsintensität stünden in keinem angemessenen Verhältnis zueinander. Soweit der Gesetzgeber in Teilbereichen einer Berufsausübungsgesellschaft zwischen Rechtsanwälten und Ärzten oder Apothekern eine Gefährdung von Gemeinwohlbelangen zu erkennen meine, könne dieser wiederum durch mildere Mittel, wie etwa durch Auflagen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Zusammenarbeit, begegnet werden.

30

c) Die Regelung des § 59a Abs. 1 BRAO sei ferner mit der durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Vereinigungsfreiheit und wegen der Ungleichbehandlung von Ärzten und Apothekern gegenüber den sozietätsfähigen Berufsträgern auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

III.

31

Dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, vertreten durch das Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dem Bundesministerium des Inneren, den Landesregierungen, der Bundesrechtsanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein e.V., der Wirtschaftsprüferkammer, dem Institut der Wirtschaftsprüfer e.V., dem Verband für mittelständische Wirtschaftsprüfung (wp.net e.V.), der Bundesärztekammer, der Bayerischen Landesärztekammer, der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und der Bayerischen Landesapothekerkammer sowie den Antragstellern im Ausgangsverfahren wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

32

1. Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, § 59a Abs. 1 BRAO sei mit dem Grundgesetz vereinbar; insbesondere genüge die Vorschrift entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber bei der Frage der Erforderlichkeit ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zustehe, der vorliegend nicht überschritten sei. Die Beschränkung interprofessioneller Sozietäten sei Ausfluss der besonderen Stellung des Rechtsanwalts als unabhängigem Organ der Rechtspflege. Den hieraus erwachsenden besonderen Rechten und Pflichten des Rechtsanwalts werde durch eine Ausweitung der sozietätsfähigen Berufe nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Aufgaben und Rechte von Ärzten und Apothekern seien mit denen eines Rechtsanwalts nicht vergleichbar. Es stelle sich zudem die Frage, welche Kammer die Einhaltung des Berufsrechts überwachen solle. Auch seien die Verschwiegenheitspflichten der Berufsgruppen nicht deckungsgleich. Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte sei eine Begrenzung sozietätsfähiger Berufe erforderlich. Nur so könne eine mögliche Einflussnahme Dritter so gering wie möglich gehalten werden. Schließlich bestehe kein Bedürfnis für eine gemeinschaftliche Berufsausübungsgesellschaft zwischen Rechtsanwälten und Ärzten. Die bestehende Möglichkeit einer Kooperation sei ausreichend.

33

2. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Vorlage für unzulässig, weil sich der Bundesgerichtshof nur unzureichend mit der Rechtsprechung und Literatur zu § 59a Abs. 1 BRAO auseinandergesetzt habe. Im Übrigen sei § 59a Abs. 1 BRAO verfassungsmäßig. Zwar werde in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Der Eingriff sei jedoch verhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sinn und Zweck der Regelung sei es, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts und den besonderen Schutz zu gewährleisten, den das Mandatsverhältnis durch die berufsrechtlichen Pflichten des Rechtsanwalts und die damit einhergehenden Straf- und Strafverfahrensvorschriften sowie durch die Aufsicht der Rechtsanwaltskammer erfahre.

34

3. Hingegen verweisen die Bayerische Landesärztekammer und die Bundesärztekammer auf § 23b BOÄ und die zugrunde liegende Bestimmung in § 23c der Muster-Berufsordnung, die von den meisten Landesärztekammern wortgleich in ihren Berufsordnungen umgesetzt worden sei. Eine Umfrage der Bundesärztekammer unter den Landesärztekammern habe allerdings ergeben, dass keine Partnerschaften zwischen Ärzten und Rechtsanwälten bekannt seien.

35

4. Auch die Bayerische Landesapothekerkammer sieht keine berufsrechtlichen Bedenken gegen eine Zusammenarbeit von Apothekern mit Rechtsanwälten. Die hier beabsichtigte Konstellation der Zusammenarbeit sei aber bislang noch nicht in Erscheinung getreten.

36

5. Die Wirtschaftsprüferkammer und das Institut der Wirtschaftsprüfer verweisen auf das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer und führen aus, dass deren Berufsrecht im Vergleich zu § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO weiter gefasst sei. Nach § 44b Abs. 1 WPO dürften Wirtschaftsprüfer ihren Beruf mit allen natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften ausüben, die der Berufsaufsicht der Kammer eines Freien Berufs unterlägen und ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 StPO hätten. Nach Mitteilung des Instituts der Wirtschaftsprüfer sei eine gemeinsame Berufsausübung von Wirtschaftsprüfern und Ärzten in der Praxis anzutreffen, allerdings habe man keine Erkenntnisse über die genaue Anzahl derartiger Zusammenschlüsse.

37

6. Der Deutsche Anwaltverein e.V. hält den Vorlagebeschluss für begründet. § 59a Abs. 1 BRAO greife in unverhältnismäßiger Weise in Art. 12 Abs. 1 GG ein. Zwar verfolge die Vorschrift einen legitimen Gemeinwohlzweck. Sie sei jedoch zur Erreichung dieses Ziels weder geeignet noch erforderlich und angemessen. Angehörige anderer Freier Berufe unterlägen ihrerseits berufsrechtlichen Anforderungen und flankierenden Schutzvorschriften zu Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechten sowie Beschlagnahmeverboten, die sich nicht wesentlich von denen unterschieden, denen der Rechtsanwalt unterliege. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die anwaltliche Unabhängigkeit durch eine berufliche Zusammenarbeit mit Vertretern dieser Freien Berufe gefährdet sei. Außerdem dürfe nicht unterstellt werden, dass ein Rechtsanwalt die Möglichkeit beruflicher Zusammenarbeit mit anderen Freien Berufen dazu nutze, sich unzulässigen Bindungen zu unterwerfen. Ebenso wenig sei zu unterstellen, ein Arzt oder Apotheker beabsichtige, in unzulässiger Weise auf die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts einzuwirken. Milderes Mittel gegenüber einem Verbot seien daher berufsrechtliche Regelungen zur Zusammenarbeit. Schließlich sei § 59a Abs. 1 BRAO gleichheitswidrig. Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung anwaltlicher Unabhängigkeit bestehe kein sachlicher Grund, Ärzte und Apotheker hinsichtlich der Sozietätsfähigkeit anders zu behandeln.

38

7. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sieht keine apothekenrechtlichen Bedenken gegen Partnerschaften zwischen Apothekern und Rechtsanwälten. Das Apothekengesetz erfasse nur den Betrieb von Apotheken und stehe einer interprofessionellen Zusammenarbeit, bei der ausdrücklich keine Apotheke betrieben werden solle, nicht entgegen. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 59a BRAO würden die Bedenken des Bundesgerichtshofs indes nicht geteilt. Insbesondere sei es von seinem Einschätzungs- und Prognosespielraum gedeckt, dass der Gesetzgeber bei der Auswahl der sozietätsfähigen Berufe in § 59a BRAO einen typisierenden Ansatz gewählt habe.

B.

39

Die Vorlagefrage bedarf der Einschränkung.

40

Sie ist auf den entscheidungserheblichen Teil der zur Prüfung gestellten Norm zu beschränken (vgl. BVerfGE 80, 354 <357> m.w.N.; stRspr). Für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung steht die Verfassungsmäßigkeit des § 59a Abs. 1 BRAO nicht schlechthin, sondern nur insoweit in Frage, als die Vorschrift einer interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern entgegensteht. Maßgeblich ist überdies nicht jegliche Form der beruflichen Zusammenarbeit, sondern nur, ob und inwieweit § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO der Gründung einer Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 Abs. 1 PartGG) zwischen Angehörigen der genannten Berufsgruppen entgegensteht. Die vom Bundesgerichtshof formulierte Vorlagefrage, die die Verfassungsmäßigkeit des § 59a Abs. 1 BRAO in seiner umfassenden Begrenzung jeglicher interprofessionellen Zusammenarbeit auf die sozietätsfähigen Berufe zum Gegenstand hat, ist daher zu weit gefasst und in zweifacher Hinsicht einzuschränken: hinsichtlich der betroffenen Berufe auf die Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern sowie hinsichtlich der Form der Zusammenarbeit auf die Partnerschaftsgesellschaft.

C.

I.

41

Die eingeschränkte Vorlage ist zulässig (Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG).

42

Nicht nur die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung vorgelegten gesetzlichen Regelung, sondern auch die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von ihrer Verfassungswidrigkeit sind in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt (vgl. BVerfGE 132, 360 <366 ff.> m.w.N.). Das vorlegende Gericht ist zudem hinreichend auf die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung eingegangen. Die hierbei von ihm zugrunde gelegte Rechtsauffassung, wonach § 59a Abs. 1 BRAO eine abschließende Regelung der sozietätsfähigen Berufe enthalte, ist schon angesichts der Gesetzgebungsmaterialien (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte, BTDrucks 12/4993, S. 23, wonach "die sozietätsfähigen Berufe abschließend aufgezählt" sein sollen) naheliegend, jedenfalls aber keineswegs unhaltbar und damit für die Prüfung im Vorlageverfahren maßgebend (vgl. BVerfGE 131, 1 <15> m.w.N.; stRspr).

II.

43

§ 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO ist mit Art. 12 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar, als die Regelung einer Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht.

44

1. Zu der durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierten freien Berufsausübung zählt auch die Freiheit, den Beruf gemeinsam mit Angehörigen anderer Berufe auszuüben (vgl. BVerfGE 80, 269 <278>; 108, 150 <165>). Ein Sozietätsverbot, wie es hier zur verfassungsrechtlichen Überprüfung steht, greift daher in die Freiheit der Berufsausübung ein (vgl. BVerfGE 80, 269 <278>).

45

Durch § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO wird die gemeinschaftliche Berufsausübung von Rechtsanwälten sowohl mit Ärzten als auch mit Apothekern untersagt. Nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung durch das vorlegende Gericht enthält die Norm eine abschließende Aufzählung der sozietätsfähigen Berufe, bedeutet mithin für die dort nicht aufgeführten Berufe der Ärzte und der Apotheker ein Sozietätsverbot. Dieses steht auch einer Zusammenarbeit in der hier angestrebten Form einer Partnerschaftsgesellschaft entgegen. Die gemeinsame Berufsausübung in einer solchen Gesellschaft kann nach § 1 Abs. 3 PartGG "in Vorschriften über einzelne Berufe" ausgeschlossen sein, zu denen insbesondere das Sozietätsverbot für den Anwaltsberuf nach § 59a Abs. 1 BRAO gezählt wird (vgl. Zimmermann, in: Michalski/Römermann, PartGG, 4. Aufl. 2014, § 1 Rn. 164 f. m.w.N.). Ob es mit Blick auf die Nachfrage von Seiten der Rechtsuchenden einen "hinreichenden Bedarf" für derartige Partnerschaften gibt (insoweit zweifelnd Singer, DStR 2013, S. 1856 <1859>), ist für den Schutz der Berufsfreiheit unerheblich. Für die Ausübung eines Berufes im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG genügt jedenfalls eine Beschäftigung, die auf Erwerb lediglich gerichtet ist (vgl. BVerfGE 97, 228 <253>).

46

2. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

47

In das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit (stRspr; vgl. nur BVerfGE 7, 377 <402>; 103, 172 <183>; 135, 90 <111 Rn. 57>) darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (stRspr; vgl. nur BVerfGE 94, 372 <389 f.>; 103, 1 <10>; 126, 112 <139, 144>; 135, 90 <111 Rn. 57>). Hier ist mit dem Sozietätsverbot aus § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO zwar eine ausreichende gesetzliche Grundlage gegeben (a), und der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Regelung auch einen legitimen Zweck (b); die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs sind indessen nicht erfüllt. Ungeachtet der Frage seiner Eignung ist der vorliegend zu prüfende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele teilweise schon nicht erforderlich und im Übrigen zumindest nicht angemessen (c).

48

a) Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dürfen Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer hinreichend erkennbaren Regelung erfolgen, aus der sich die gesetzgeberische Entscheidung über den Umfang und die Grenzen des Eingriffs ergibt (vgl. BVerfGE 54, 237 <245 f.>; 86, 28 <40>). Diese Voraussetzungen erfüllt § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO. Mit dieser Vorschrift ist der Kreis der sozietätsfähigen Berufe ausdrücklich und abschließend benannt, so dass es im Umkehrschluss Rechtsanwälten untersagt ist, sich mit Angehörigen der übrigen, nicht genannten Berufsgruppen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zu verbinden.

49

b) Mit dem Eingriff in die freie Berufsausübung durch Begrenzung der sozietätsfähigen Berufe verfolgt der Gesetzgeber einen legitimen Zweck. Die Vorschrift soll die Beachtung der wesentlichen anwaltlichen Grundpflichten aus § 43a BRAO sichern und damit zu einer funktionsfähigen Rechtspflege beitragen.

50

aa) Den Normzweck des § 59a BRAO benennt die Begründung des Gesetzentwurfs nur allgemein dahin, dass "gesetzliche Regeln der Zusammenarbeit von Rechtsanwälten untereinander und mit Angehörigen anderer Berufsgruppen auf örtlicher, überörtlicher und internationaler Ebene" geschaffen werden sollen (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte, BTDrucks 12/4993, S. 33). Hinsichtlich des Ausschlusses der interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit anderen als den genannten Freien Berufen enthält die Begründung zwar keine näheren Angaben zum beabsichtigten Regelungsziel. Bei der Einzelbegründung zum hier nicht prüfungsgegenständlichen Absatz 4 des § 59a BRAO a.F. (jetzt § 59a Abs. 3 BRAO), wonach die Regelung der Sozietätsverbote für Bürogemeinschaften entsprechend gelten soll, wird aber konkret als Ziel formuliert, dass "die mit dem Rechtsanwalt tätigen Angehörigen anderer Berufe in gleicher Weise wie der Rechtsanwalt der Verschwiegenheitspflicht und den damit korrespondierenden Aussageverweigerungsrechten und Beschlagnahmeverboten unterfallen" sollen. Gewährleistet sei dies bei den genannten sozietätsfähigen Berufen, "die zudem der Aufsicht durch ihre eigenen Berufskammern, durch gleichfalls verpflichtete Kollegen also, unterliegen" (BTDrucks 12/4993, S. 34). Dieser Gedanke trägt erst recht für die Regelung des § 59a Abs. 1 BRAO zur interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft; denn bei dieser ist die Zusammenarbeit nicht auf die gemeinsame Nutzung der Betriebsmittel beschränkt und damit enger und intensiver als bei einer bloßen Bürogemeinschaft.

51

Mit der Wahrung der Verschwiegenheitspflicht (§ 43a Abs. 2 BRAO) ist zwar nur eine der Grundpflichten des anwaltlichen Berufsrechts angesprochen. Da sich aber für eine bewusste Beschränkung allein auf den Schutz der Verschwiegenheit kein tragfähiger Grund erkennen lässt, ist mit dem vorlegenden Bundesgerichtshof der Ansatz des Gesetzgebers dahin zu verallgemeinern, dass die Regelung in § 59a BRAO insgesamt das Ziel verfolgt, die Beachtung der anwaltlichen Grundpflichten zu sichern, die durch eine interprofessionelle Zusammenarbeit in besonderer Weise gefährdet sein können. Damit ist neben der Pflicht zur Verschwiegenheit, die durch die Strafbewehrung von Verstößen sowie durch Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte und Beschlagnahmeverbote flankiert wird, das ebenso in Teilen strafbewehrte Verbot angesprochen, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO), sowie ferner die Pflicht, keine die berufliche Unabhängigkeit gefährdenden Bindungen einzugehen (§ 43a Abs. 1 BRAO).

52

bb) Um den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen zu können, genügt es, wenn die vom Gesetzgeber verfolgten Gemeinwohlziele auf vernünftigen Erwägungen beruhen (stRspr; vgl. nur BVerfGE 117, 163 <182>; 123, 186 <238> m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier schon mit Blick auf das den geschilderten Einzelzwecken übergeordnete Allgemeininteresse an einer funktionierenden Rechtspflege zu bejahen. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte können ihre Aufgaben der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten nur dann sachgerecht erfüllen, wenn zwischen ihnen und den Mandanten ein Vertrauensverhältnis besteht. Damit sich ein solches Vertrauen einstellen kann und erhalten bleibt, sind die anwaltlichen Grundpflichten zu beachten. Über den Schutz des individuellen Mandatsverhältnisses hinaus dient die Vorschrift aber auch dem Gemeinwohl in Gestalt einer funktionierenden Rechtspflege, die insbesondere auf die Geradlinigkeit anwaltlicher Berufsausübung angewiesen ist (vgl. BVerfGE 108, 150 <161>).

53

c) Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass ein grundrechtseinschränkendes Gesetz geeignet, erforderlich und angemessen sein muss, um den vom Gesetzgeber erstrebten Zweck zu erreichen. In diesem Sinne geeignet ist ein Gesetz, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (stRspr; vgl. nur BVerfGE 30, 292 <316>; 67, 157 <173, 176>). Angemessen ist eine gesetzliche Regelung schließlich dann, wenn bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs, dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wird (stRspr; vgl. nur BVerfGE 51, 193 <208>; 83, 1 <19>).

54

aa) Für das vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellte Ziel der Sicherstellung der anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung (<1>) ist das Sozietätsverbot mit Ärzten und Apothekern in weiten Bereichen nicht erforderlich (<2>), während sich im Übrigen der damit verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit als unangemessen erweist (<3>). Auch zum Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheit durch die flankierenden Rechte zur Zeugnisverweigerung (<4>), durch die Beschlagnahmeverbote (<5>) und durch die Beschränkung weiterer Ermittlungsmaßnahmen (<6>) fehlt es teilweise schon an der Erforderlichkeit, im Übrigen aber jedenfalls an der Angemessenheit des Eingriffs in die freie Berufsausübung.

55

(1) Die Verpflichtung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Verschwiegenheit zählt nach § 43a Abs. 2 BRAO zu den ihren Beruf prägenden Pflichten (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte, BTDrucks 12/4993, S. 27). Diese Pflicht ist Grundlage des notwendigen Vertrauensverhältnisses zum Mandanten und bezieht sich auf alles, was in Ausübung des Anwaltsberufs bekanntgeworden ist (§ 43a Abs. 2 Satz 2 BRAO). Die Einhaltung der anwaltlichen Pflicht zur Verschwiegenheit ist nach Maßgabe des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbewehrt.

56

Bei der beruflichen Zusammenarbeit mit anderen Personen erweitert sich zwangsläufig der Kreis derjenigen, die von Umständen erfahren oder zumindest Kenntnis erlangen können, hinsichtlich derer anwaltliche Verschwiegenheit einzuhalten ist. Die damit verbundenen Gefahren für die Wahrung der Verschwiegenheit mögen gering erscheinen, soweit sich die gemeinsame Berufsausübung auf Angehörige des Anwaltsberufs beschränkt. Bei einer berufsübergreifenden Zusammenarbeit kann das Geheimhaltungsinteresse der Mandanten wegen der selbst für Freie Berufe nicht zwingend gleich strengen und auf jeweils andere Aspekte gerichteten Verpflichtungen zur Verschwiegenheit indessen stärker gefährdet sein. Angesichts dieser spezifischen Gefährdungen der Mandanteninteressen, die sich aus der Zusammenarbeit eines Rechtsanwalts mit anderen Berufen ergeben können, ist der Gesetzgeber grundsätzlich nicht gehindert, solche Berufe von der gemeinschaftlichen Ausübung auszuschließen, für die ein ausreichendes Maß an Verschwiegenheit nicht gesichert erscheint. Diesem Ansatz folgend hat der Gesetzgeber nur bei den in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufen solche Defizite der jeweiligen Verschwiegenheitspflichten nicht zugrunde gelegt und sie daher als sozietätsfähig zugelassen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte, BTDrucks 12/4993, S. 34 für die Bürogemeinschaft).

57

(2) Der hiernach erfolgte Ausschluss von Ärzten und Apothekern aus dem Kreis der sozietätsfähigen Berufe ist jedoch regelmäßig schon nicht erforderlich, um das Geheimhaltungsinteresse der Mandanten zu sichern, und vermag in einer Vielzahl von Fällen den Eingriff in die Berufsfreiheit nicht zu rechtfertigen.

58

(a) Ein Rechtsanwalt verletzt nicht schon durch die Weitergabe mandatsrelevanter Informationen an seine nichtanwaltlichen Partner die berufliche Verschwiegenheitspflicht. Die Unterrichtung der nichtanwaltlichen Partner wird im Gegenteil bei einer interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft geradezu vorausgesetzt, ist sie doch den Mandanten bekannt und von ihnen im Zweifel - wegen der Vorteile einer Bearbeitung durch interprofessionell verbundene Berufsträger - auch gewollt. Ein Mandant, der eine interprofessionelle Sozietät mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, wird regelmäßig nicht nur damit einverstanden sein, sondern sogar erwarten, dass sein Anliegen nicht nur durch die anwaltlichen Partner, sondern bei Bedarf berufsübergreifend von mehreren Angehörigen unterschiedlicher Berufsgruppen besprochen und betreut wird.

59

(b) Aber auch zum Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheit vor einer Offenbarung von Kenntnissen an außenstehende Dritte ist ein Sozietätsverbot für eine Partnerschaft zwischen Anwälten und Ärzten oder Apothekern zumindest in weiten Bereichen nicht erforderlich.

60

(aa) Aufgrund der für sie maßgeblichen Regelungen sind auch Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker gleich den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet. Auch die unbefugte Offenbarung eines fremden Geheimnisses ist gemäß dem Katalog des § 203 Abs. 1 StGB nicht nur für die unter Nr. 3 genannten Rechtsanwälte, sondern in gleicher Weise nach Nr. 1 für Ärzte und Apotheker strafbar. Zudem schreibt hier die maßgebliche Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Bayern - in Übereinstimmung mit der Muster-Berufsordnung und inhaltsgleichen Bestimmungen in den anderen Ländern - unter § 9 Abs. 1 Satz 1 BOÄ vor, dass die Ärztin oder der Arzt über das, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist, - auch über den Tod des Patienten hinaus - zu schweigen haben.

61

Gerichtet ist die Verschwiegenheitspflicht an Ärztinnen und Ärzte. Diese Berufsbezeichnung dürfen nach Maßgabe des § 2a der Bundesärzteordnung (BÄO) nur solche Berufsträger führen, die als Ärztinnen und Ärzte approbiert oder nach § 2 Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 4 BÄO zur Ausübung des ärztlichen Berufs befugt sind. Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes setzt nicht voraus, dass die Heilkunde in Form der Heilbehandlung am Menschen ausgeübt wird, sondern umfasst die gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit der Ärztin oder des Arztes für Patientinnen und Patienten in gleicher Weise. Dies folgt aus der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden und damit für den Senat maßgeblichen Rechtsprechung der Fachgerichte (vgl. BGHZ 40, 288 <293 f.>; BGHSt 38, 369 <370>), die auch dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt.

62

Die ärztliche Schweigepflicht gilt umfassend für alle nicht allgemein bekannten Tatsachen, die dem Berufsträger in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut oder sonst bekannt werden (vgl. Sobotta, in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 9 MBO Rn. 2; Scholz, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 9 MBO Rn. 2; Lippert, in: Ratzel/Lippert, MBO, 6. Aufl. 2015, § 9 Rn. 4). Sie schützt die Gesamtheit der Angaben des Patienten über seine persönliche, familiäre, wirtschaftliche, berufliche, finanzielle, kulturelle und sonstige soziale Situation sowie seine darüber preisgegebenen Ansichten und Reflexionen. Anknüpfungspunkt der Schweigepflicht ist, dass die jeweiligen Informationen dem Arzt gerade als solchem, also in gewolltem oder zumindest faktischem Bezug zu seiner Berufsausübung zugänglich gemacht worden sind. Rein private, bei gesellschaftlicher Gelegenheit in Erfahrung gebrachte Daten unterfallen hingegen nicht der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. Katzenmeier, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl. 2015, S. 307 Rn. 12).

63

Geschützt sind danach nicht nur persönliche, private oder intime Umstände, sondern auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Patientinnen und Patienten. Insoweit ist wiederum allein die berufsbezogene Kenntnisnahme maßgeblich, die auch aus der gemeinsamen Berufsausübung mit dem Anwaltssozius entstehen kann. Da eine berufsspezifische Konnexität nicht voraussetzt, dass ein Umstand unmittelbar vom Mandanten anvertraut oder offenbart wird, reicht es zur Begründung seiner Verschwiegenheitspflicht aus, wenn die Ärztin oder der Arzt ihr Wissen nicht direkt erlangen, sondern über ihre anwaltlichen Partner bei der beruflichen Zusammenarbeit.

64

(bb) Für die berufliche Verschwiegenheitspflicht von Apothekerinnen und Apothekern gilt all dies entsprechend.

65

Für Bayern regelt § 14 Abs. 1 Satz 1 BOA, dass Apothekerinnen und Apotheker "zur Verschwiegenheit über alle Vorkommnisse verpflichtet" sind, die ihnen "in Ausübung" ihres Berufes bekannt werden. Weitgehend damit übereinstimmende Vorschriften finden sich der Sache nach in den Berufsordnungen der anderen Länder. Die Verschwiegenheitspflicht ist wiederum an den Beruf, hier an die berufliche Tätigkeit als Apothekerin oder Apotheker, geknüpft. Auch hier ist der Tätigkeitsbereich weit gefasst; denn nach § 2 Abs. 3 der Bundes-Apothekerordnung (im Folgenden: BApO) ist die Ausübung des Apothekerberufs - der grundsätzlich die Approbation nach § 3 BApO erfordert - nicht auf die Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln beschränkt, sondern umfasst jede Form einer pharmazeutischen Tätigkeit. Auch wenn in einer interprofessionellen Partnerschaft keine Apotheke betrieben wird - und nach dem einschlägigen Berufsrecht auch nicht betrieben werden darf -, bleiben danach für eine berufliche Tätigkeit als Apothekerin oder Apotheker im Rahmen einer Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten genügend Felder, wie etwa bei der pharmazeutischen Beratung aus Anlass von Haftungsmandaten.

66

Für Gegenstand und Umfang der Verschwiegenheitspflicht ist - nicht anders als bei ärztlicher Tätigkeit - auch für Apothekerinnen und Apotheker das Anvertrauen oder Bekanntwerden von Umständen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit maßgeblich. Ist in diesem Sinne die berufsspezifische Konnexität gegeben, so haben Apotheker bei gemeinsamer Berufsausübung mit Rechtsanwälten insbesondere über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ebenso berufliche Verschwiegenheit zu wahren wie über Umstände des Auftraggebers, die ihnen nicht direkt, sondern mittelbar über die anwaltlichen Partner bei der beruflichen Zusammenarbeit anvertraut werden.

67

(3) Soweit ein nichtanwaltlicher Partner im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit eines Anwaltspartners Kenntnisse erlangt, die ihm nicht bei der Berufsausübung als Arzt oder Apotheker anvertraut oder sonst bekannt geworden sind, besteht für ihn zwar keine eigene berufliche Verschwiegenheitspflicht. Gleichwohl ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nicht mehr gewahrt, wenn das Sozietätsverbot aus § 59a BRAO allein darauf gestützt wird.

68

(a) Der Eingriff in die freie Berufsausübung durch das Sozietätsverbot hat erhebliches Gewicht. Gerade bei der Einschränkung der Zusammenarbeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit anderen Berufen zeigt sich dies in besonderem Maße; denn die begrenzte Überschaubarkeit und zunehmende Komplexität moderner Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse haben zur Folge, dass Rechtsfragen oft nicht ohne professionellen Sachverstand aus anderen Berufen ausreichend beantwortet werden können und die Nachfrage nach kombinierten interprofessionellen Dienstleistungen wächst. Für eine qualifizierte Beratung und Vertretung der Rechtsuchenden, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg einer Anwaltskanzlei kann es daher entscheidend sein, anwaltliche Hilfe in spezialisierten Bereichen anzubieten und sich mit Angehörigen hierfür geeigneter Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenzuschließen. Im Unterschied zu einer Zusammenarbeit nur in konkreten einzelnen Fällen ermöglicht ein solch dauerhafter Zusammenschluss eine gemeinsame Außendarstellung und damit auch Vorteile beim Angebot der berufsübergreifenden Leistungen. Dass hierbei auch wirtschaftliche Ziele Bedeutung erlangen, schmälert das Gewicht des Eingriffs eines an die Rechtsanwaltschaft gerichteten Sozietätsverbots nicht. Als Angehörige eines Freien Berufs tragen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte das volle wirtschaftliche Risiko ihrer beruflichen Tätigkeit, so dass kommerzielles Denken mit dem Anwaltsberuf nicht schlechthin unvereinbar ist (vgl. BVerfGE 117, 163 <183> m.w.N.).

69

(b) Mit dem Interesse derjenigen, die die Leistungen der Sozietät in Anspruch nehmen, an der Wahrung der Verschwiegenheit über ihre persönlichen Umstände oder geschäftlichen Geheimnisse steht dem Eingriff zwar ein schützenswerter Belang von Gewicht gegenüber, den der Gesetzgeber durch grundlegende Verschwiegenheitspflichten, aber auch durch Ausschluss einer beruflichen Zusammenarbeit zu wahren versucht, falls er in einer solchen zusätzliche Gefährdungen der Verschwiegenheit sieht (vgl. oben C. II. 2. c aa <1>). Diese zusätzliche Gefahr ist jedoch gering und kann den erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit im Ergebnis nicht rechtfertigen. Dies entspricht der vom Gesetzgeber für vergleichbare Konstellationen getroffenen Bewertung. Bei den in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufen hat der Gesetzgeber solche zusätzlichen Gefährdungen nicht zugrunde gelegt und sie daher für eine gemeinsame Berufsausübung mit Rechtsanwälten zugelassen. Auch bei der Zusammenarbeit mit den hiernach als sozietätsfähig anerkannten Berufen sind aber Situationen nicht ausgeschlossen, in denen der berufsfremde Partner von Umständen Kenntnis erlangt, die zwar der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht, nicht aber seiner eigenen beruflichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit insbesondere als Patentanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer unterfallen. So ist etwa denkbar, dass er von Umständen eines Mandanten im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des anwaltlichen Partners erfährt, die ihm nicht selbst aufgrund seines Berufes anvertraut wurden. Dass es in dieser Hinsicht an einer Verschwiegenheitspflicht des nichtanwaltlichen Partners fehlt, nimmt die gesetzliche Regelung hin und lässt eine Berufsausübungsgemeinschaft gleichwohl zu. Auf diese Weise trägt die uneingeschränkte Zulassung der genannten Berufe zur gemeinsamen Ausübung auch den grundrechtlich geschützten Interessen der Berufsträger und der Angemessenheit des ihre Berufsfreiheit beschränkenden Sozietätsverbots Rechnung. Dies gilt für die Zusammenarbeit mit Ärzten und Apothekern genauso wie für die Zusammenarbeit mit den in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Gefährdungspotential bei der Zusammenarbeit mit Ärzten und Apothekern höher wäre.

70

(c) Es kommt hinzu, dass für die Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheit von einer Beachtung der weiteren berufsrechtlichen Pflichten für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gemäß § 30 Satz 1, § 33 BORA ausgegangen werden kann. Hiernach ist bei Verbindung zu einer gemeinschaftlichen Berufsausübung zunächst gemäß § 30 Satz 1 BORA dafür Sorge zu tragen, dass auch die berufsfremden Partner das anwaltliche Berufsrecht beachten. Nach § 33 Abs. 2 BORA ist bei einer solchen beruflichen Zusammenarbeit ferner zu gewährleisten, dass die Regeln der Berufsordnung, zu denen die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 2 BORA zählt, auch "von der Organisation" eingehalten werden. Somit kann nicht nur aus § 30 Satz 1 BORA die Verpflichtung hergeleitet werden, den nichtanwaltlichen Partner etwa vertraglich an die Bestimmungen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht zu binden (vgl. Scharmer, in: Hartung, BORA/FAO, 5. Aufl. 2012, § 30 BORA Rn. 23; Henssler, in: Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Aufl. 2014, § 30 BORA Rn. 5; vgl. auch Brüggemann, in: Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, 9. Aufl. 2016, § 30 BORA Rn. 3 f.). Vielmehr verpflichtet § 33 Abs. 2 BORA auch dazu, aktiv Einfluss auf das kollektive Verhalten der Partnerschaft zu nehmen, um Verstöße gegen die Berufsordnung und damit gegen die dort geregelte Verschwiegenheitspflicht (§ 2 BORA) zu verhindern (vgl. Henssler, in: Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Aufl. 2014, § 33 BORA Rn. 13; Scharmer, in: Hartung, BORA/FAO, 5. Aufl. 2012, § 33 BORA Rn. 28; Bormann, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 59a BRAO/§ 33 BORA Rn. 11). Auf dieser Grundlage können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte daher gehalten sein, an die Partnerschaft gerichtete Mandate, bei denen sie die Verletzung ihrer eigenen Verschwiegenheitspflicht durch den nichtanwaltlichen Partner befürchten müssen, abzulehnen. Die rechtliche Möglichkeit hierzu kann ihnen selbst der Partnerschaftsvertrag nicht entziehen; denn durch die zwingende Regelung in § 6 PartGG ist die Gestaltungsfreiheit der Partner insoweit eingeschränkt, als sich der Partnerschaftsvertrag zu den berufsrechtlichen Pflichten jedes einzelnen Partners nicht in Widerspruch setzen darf (vgl. Hirtz, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2014, § 6 PartGG Rn. 2).

71

(4) Zur Sicherung der anwaltlichen Zeugnisverweigerungsrechte () ist ein Verbot einer Partnerschaft von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern ebenfalls weitgehend nicht erforderlich (), zumindest aber unangemessen ().

72

(a) Das Recht der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, in gerichtlichen Verfahren das Zeugnis verweigern zu dürfen, dient flankierend dem Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Mandanten und dem darauf gestützten Vertrauensverhältnis (vgl. BVerfGE 38, 312 <323>). Regelungen hierzu finden sich in den einschlägigen Verfahrensordnungen. So sind Rechtsanwälte in Strafverfahren gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO berechtigt, über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwalt anvertraut oder bekannt geworden ist, das Zeugnis zu verweigern. Im Zivilprozess und aufgrund des Generalverweises in § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren folgt ein entsprechendes Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Ferner verweisen § 98 VwGO für das Verwaltungsstreitverfahren und § 118 SGG für die Sozialgerichtsbarkeit jeweils auf § 383 ZPO, während vor den Finanzgerichten § 84 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO ein inhaltsgleiches Zeugnisverweigerungsrecht gibt.

73

(b) Die Erforderlichkeit eines Sozietätsverbots kann auf die Notwendigkeit der Sicherung der anwaltlichen Zeugnisverweigerungsrechte jedoch nicht gestützt werden, weil nach den genannten Bestimmungen auch Ärzte und Apotheker ein eigenes Recht zur Zeugnisverweigerung beanspruchen können. Sie sind ebenfalls in die dort normierten Kataloge der aussageverweigerungsberechtigten Berufe aufgenommen. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Ärztinnen und Ärzte umfasst dabei alle Erkenntnisse, die sie bei der Untersuchung oder Heilbehandlung erlangt haben. Dies ist nicht in einem engen Sinne zu verstehen und steht daher einem Zeugnisverweigerungsrecht bei Tätigwerden als medizinischer Gutachter, wie es bei einer Berufsausübungsgemeinschaft mit Rechtsanwälten typisch sein wird, nicht entgegen. Nach der insoweit maßgeblichen fachgerichtlichen Rechtsprechung, die keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, ist vielmehr auch der nur gutachterlich tätig gewordene Arzt nicht nur gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbewehrt zur Verschwiegenheit verpflichtet, vielmehr wird ihm auch ein korrespondierendes Zeugnisverweigerungsrecht zuerkannt (vgl. BGHSt 38, 369 <370>). Entsprechendes gilt für Apothekerinnen und Apotheker, die ebenfalls hinsichtlich aller Informationen, die ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind, zeugnisverweigerungsberechtigt sind (vgl. Huber, in: BeckOK StPO, Stand: 1. September 2015, § 53 Rn. 15; Senge, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 53 Rn. 17).

74

(c) Sollten sich gleichwohl in einzelnen Fällen Situationen ergeben, in denen das Zeugnisverweigerungsrecht des nichtanwaltlichen Partners hinter dem des Rechtsanwalts zurückbleibt, so ist die mit dem dann reduzierten Schutz der Verschwiegenheit verbundene Gefahr gering und unterscheidet sich wiederum nicht von dem, das der Gesetzgeber für die von ihm bereits als sozietätsfähig zugelassenen Berufe hinnimmt. Auch bei diesen können Beeinträchtigungen der Geheimhaltungsinteressen nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Demgemäß ist ein an Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker gerichtetes Sozietätsverbot zumindest unangemessen.

75

Im Übrigen ist auch in solcher Konstellation ein Zeugnisverweigerungsrecht des nichtanwaltlichen Partners - ungeachtet seines eigenen Berufes - aufgrund des § 53a StPO möglich. Danach können neben den in § 53 StPO genannten Berufsgeheimnisträgern auch deren Gehilfen das Zeugnis verweigern. Ist die zivilprozessuale Regelung des § 383 ZPO maßgeblich, so schließt das Zeugnisverweigerungsrecht die Mitarbeiter der genannten Berufsträger ebenfalls ein (vgl. RGZ 54, 360 <361>). Bei Anwendung namentlich des § 53a StPO sieht die - auch hier maßgebliche - fachgerichtliche Rechtsprechung als Gehilfen alle Personen an, die eine in unmittelbarem Zusammenhang mit der Berufsausübung des Geheimnisträgers stehende Tätigkeit ausüben (vgl. Senge, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 53a Rn. 2); ein soziales Abhängigkeitsverhältnis ist für die Gehilfenstellung nicht erforderlich (vgl. Huber, in: BeckOK StPO, Stand: 1. September 2015, § 53a Rn. 2). Über die Regelungen in den §§ 53, 53a StPO können mithin alle Gesellschafter einer interprofessionellen Partnerschaft wie der anwaltliche Berufsträger umfassend zeugnisverweigerungsberechtigt sein.

76

(5) Auch die Sicherung der strafprozessualen Beschlagnahmeverbote, die ebenfalls dem Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Mandant und Rechtsanwalt dienen (vgl. BVerfGE 113, 29 <54 f.>), macht ein Verbot der Partnerschaft mit Ärzten und Apothekern nicht erforderlich. Der Schutz dieser Berufsgruppen vor einer Beschlagnahme bleibt nicht hinter dem Schutz zurück, den Rechtsanwälte beanspruchen können. Vielmehr knüpft § 97 StPO die Untersagung der Beschlagnahme an das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b StPO und ist daher sowohl auf Rechtsanwälte als auch auf Ärzte und Apotheker anwendbar. Auf dem Wege der Beschlagnahme kann daher eine Gefährdung ihrer Verschwiegenheit für keinen der Berufsträger drohen, der an der interprofessionellen Zusammenarbeit beteiligt ist. Gegenstände, die sich im Gewahrsam der Kanzlei des anwaltlichen Partners befinden, sind zudem auch dann vor einem staatlichen Zugriff geschützt, wenn der nichtanwaltliche Sozius an ihnen unmittelbaren Besitz hat; denn nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung der Fachgerichte verlangt § 97 StPO keinen Alleingewahrsam des Geheimnisträgers (vgl. BGHSt 19, 374; 25, 168 <169>; LG Aachen, MDR 1981, S. 603). Damit fallen Aufzeichnungen sowie sonstige Gegenstände, auf die sich das Beschlagnahmeverbot erstreckt, unabhängig davon, ob sie sich am Arbeitsplatz des anwaltlichen Partners oder des mit ihm beruflich assoziierten Arztes oder Apothekers befinden, unter den Schutz des § 97 StPO.

77

(6) Unterschiede im Schutzniveau, die das Geheimhaltungsinteresse der Mandantinnen und Mandanten berühren können, sind zwar bei Ermittlungsmaßnahmen im repressiven Bereich der Strafverfolgung und im präventiven Bereich der Gefahrenabwehr sowie bei der Straftatenverhütung zu verzeichnen (). Hierauf lässt sich indessen kein Sozietätsverbot stützen, das sich in den Grenzen eines angemessenen Eingriffs in die freie Berufsausübung hält ().

78

(a) Nach § 160a Abs. 1 StPO sind Ermittlungsmaßnahmen gegen eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt, die voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würden, über die diese das Zeugnis verweigern dürften, schlechthin unzulässig. Zudem genießen Rechtsanwälte im präventiven Bereich wenigstens bei einer Mandatierung als Strafverteidiger absoluten und im Übrigen relativen Schutz nach § 20u des Bundeskriminalamtgesetzes. Zugunsten der Anwaltschaft besteht mithin jedenfalls im Anwendungsbereich des Strafprozessrechts ein absolutes Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot. Für Ärzte und Apotheker gilt demgegenüber nur ein relatives Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot gemäß § 160a Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Danach sind ihre Berufsgeheimnisse betreffende Ermittlungsmaßnahmen nicht grundsätzlich verboten; der Umstand, dass solche Maßnahmen sich gegen eine zeugnisverweigerungsberechtigte Person richten und dabei voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist allerdings auch hier jedenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Dabei wird die Abwägung bei verständiger Auslegung der Vorschrift nicht dazu genutzt werden dürfen, den gesetzlich gewährleisteten strikten Schutz der Vertraulichkeit aus dem Mandatsverhältnis durch Maßnahmen gegenüber dem Partner zu umgehen. Gleichwohl bleibt damit der Schutz der Vertraulichkeit bei Ärzten und Apothekern hinter dem Schutzniveau bei Rechtsanwälten zurück.

79

(b) Entscheidende Bedeutung für die hier zu prüfende Frage einer zulässigen Begrenzung der sozietätsfähigen Berufe kann der gelockerte Schutz für Ärzte und Apotheker indessen nicht erlangen, weil die daraus resultierenden Gefährdungen zu gering sind. Vielmehr ist eine begrenzte Schwächung der Geheimhaltungsinteressen der Mandanten zugunsten der Berufsfreiheit hinzunehmen. Dies entspricht der vom Gesetzgeber selbst in anderem Zusammenhang getroffenen Einschätzung. Auch die in § 59a Abs. 1 BRAO genannten sozietätsfähigen Berufe, nämlich Patentanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie - mit Einschränkungen - Anwaltsnotare unterfallen § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO und damit auch nur dem relativen Schutz des § 160a Abs. 2 StPO.

80

Insoweit nimmt der Gesetzgeber mit der Zulassung sozietätsfähiger Berufe in § 59a BRAO eine begrenzte Schwächung der Geheimhaltungsinteressen der Mandanten zugunsten der Berufsfreiheit ebenfalls hin. Auf einen weitergehenden Schutz gegen die Offenbarung von Berufsgeheimnissen im Zuge von Ermittlungsmaßnahmen, wie ihn §160a Abs. 1 StPO gewährt, musste der Gesetzgeber bei Einfügung des § 59a Abs. 1 BRAO im Jahr 1994 schon deshalb verzichten, weil § 160a Abs. 1 StPO erst im Jahr 2008 Gesetz geworden ist (Art. 1 Nr. 13a des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007, BGBl I S. 3198). Umgekehrt war zum Zeitpunkt der Einfügung des § 160a Abs. 1 StPO die Problematik namentlich des Verschwiegenheitsschutzes bei interprofessionellen Sozietäten allerdings bekannt. Dennoch wurden die in § 59a Abs. 1 BRAO genannten sozietätsfähigen Berufe nicht in den Kreis der von § 160a Abs. 1 StPO geschützten Personen aufgenommen, zumal in der ursprünglichen Fassung der Vorschrift noch nicht der Rechtsanwalt, sondern lediglich der Strafverteidiger von § 160a Abs. 1 StPO erfasst wurde.

81

Diese Einschätzung des Gefährdungspotentials und die auf dieser Grundlage erfolgte Berücksichtigung gegenläufiger Interessen an einer interprofessionellen Zusammenarbeit trifft auf die als sozietätsfähig zugelassenen Berufe einerseits und Ärzte sowie Apotheker andererseits gleichermaßen zu. Insbesondere sind keine unterschiedlichen Gefährdungspotentiale wegen strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen erkennbar. Signifikante Unterschiede in der Betroffenheit von Ermittlungsmaßnahmen sind zwischen beiden Berufsgruppen nicht auszumachen.

82

bb) Zur Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit mag sich ein Sozietätsverbot, das Partnerschaftsgesellschaften zwischen Rechtsanwälten und Ärzten oder Apothekern entgegensteht, noch als erforderlich darstellen (<1>); auch hier ist aber jedenfalls die Angemessenheit angesichts des vom Gesetzgeber bestimmten Schutzniveaus nicht mehr gewahrt (<2>).

83

(1) Die Achtung ihrer beruflichen Unabhängigkeit garantiert den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten rechtliche und tatsächliche Handlungsfreiheit (vgl. BVerfGE 87, 287 <326>). Mit dem Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit verfolgt der Gesetzgeber mit Blick auf das übergeordnete Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege einen legitimen Zweck (BVerfGE 117, 163 <182>). Die Wahrung der Unabhängigkeit ist unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege (§ 1 BRAO) und berufene Berater und Vertreter der Rechtsuchenden (§ 3 Abs. 1 BRAO) durch ihre berufliche Tätigkeit zu einer funktionierenden Rechtspflege beitragen können (BVerfGE 117, 163<182>; 135, 90 <113 Rn. 62>). Anwaltliche Unabhängigkeit ist nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch im Verhältnis zu Sozien und anderen Dritten zu wahren (vgl. BVerfGE 135, 90 <113 Rn. 62>). Demgemäß ist es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten durch § 43a Abs. 1 BRAO untersagt, sich auch durch Gesellschaftsverträge rechtlichen Bindungen zu unterwerfen, durch deren Ausgestaltung die anwaltliche Unabhängigkeit gefährdet wird (vgl. BVerfGE 135, 90 <118 Rn. 76>).

84

Bei der Zusammenarbeit mehrerer Berufsträger lassen sich Beeinträchtigungen der beruflichen Unabhängigkeit der einzelnen Partner etwa wegen der Rücksichtnahme auf die Belange anderer zur Vermeidung oder Lösung von Interessenskonflikten oder auch aufgrund entstehender Machtstrukturen nie völlig ausschließen. Die Annahme des Gesetzgebers, insoweit gelte es einer Gefährdung der Unabhängigkeit zu begegnen, ist daher plausibel und nicht zu beanstanden. Allerdings erscheint die Gefahr in der konkreten Konstellation einer Partnerschaft vergleichsweise gering. Die Verpflichtung zu beruflicher Unabhängigkeit ist nicht auf die Rechtsanwaltschaft beschränkt, sondern ein wesentliches Kennzeichen aller Freien Berufe. Insbesondere bestimmt § 1 Abs. 2 Satz 1 PartGG, dass die Freien Berufe "im allgemeinen … die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art … zum Inhalt" haben. Dem trägt nicht nur für die bayerische Ärzteschaft § 30 BOÄ Rechnung; vielmehr finden sich in den Berufsordnungen der anderen Landesärztekammern Regelungen, die entsprechend der Muster-Berufsordnung überwiegend wortgleich oder im Übrigen jedenfalls der Sache nach vorschreiben, dass Ärztinnen und Ärzte in allen vertraglichen und sonst beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren haben. Ähnlich verpflichtende Regelungen zur Wahrung der beruflichen Unabhängigkeit gelten für Apothekerinnen und Apotheker nach den Berufsordnungen der jeweiligen Apothekerkammern. So wird etwa für Apothekerinnen und Apotheker in Bayern durch §§ 7, 12 und 13 BOA die Unabhängigkeit ihrer heilberuflichen Entscheidungen besonders normiert. Verstöße gegen diese Pflichten unterliegen - wie auch für die Anwaltschaft nach § 113 BRAO - der berufsgerichtlichen Ahndung gemäß den Heilberufsgesetzen der Länder. Ungeachtet dieser flankierenden Sanktionsbestimmungen beruht die Konzeption des jeweiligen Berufsrechts ohnehin nicht auf der Annahme, dass eine situationsgebundene Gelegenheit zur Pflichtverletzung im Regelfall zu einem pflichtwidrigen Handeln führt, sondern darauf, dass sich die Berufsträger - namentlich Ärzte und Apotheker nicht anders als Rechtsanwälte - grundsätzlich rechtstreu verhalten (vgl. BVerfGE 108, 150 <163>).

85

(2) Hiernach sind die Gefahren, die mit jeder gemeinsamen Berufsausübung für die Unabhängigkeit einzelner Berufsträger verbunden sind, zu gering, als dass das Sozietätsverbot angemessen wäre. Dass mit der gemeinsamen Berufsausübung gewisse Gefahren für die Unabhängigkeit der einzelnen Berufsträger einhergehen, ist im Übrigen keine Besonderheit einer interprofessionellen Kooperation, sondern gilt nicht weniger für monoprofessionelle Berufsausübungsgemeinschaften unter Rechtsanwälten (vgl. Hellwig, AnwBl. 2014, S. 606 <609>). Aber diese wurden vom Gesetzgeber nicht nur ausdrücklich erlaubt, sondern auch um die Zusammenarbeit mit den weiteren nach § 59a Abs. 1 BRAO als sozietätsfähig anerkannten Berufen insbesondere der Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erweitert. Für all diese Berufe hat der Gesetzgeber also das mit gemeinsamer Ausübung verbundene Risiko einer Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit hingenommen. Auch insoweit wurde ein Ausgleich zwischen dem allgemeinen Interesse an einer funktionierenden Rechtspflege und der Berufsfreiheit gefunden. Die zugrunde liegende Einschätzung trifft wiederum für den vorliegenden Fall einer Partnerschaft von Rechtsanwälten mit Ärzten oder Apothekern gleichermaßen zu. Der Ausschluss einer solchen beruflichen Zusammenarbeit wäre nur dann angemessen und den Berufsträgern zumutbar, wenn es für eine hier abweichende Gewichtung der betroffenen Rechtsgüter hinreichende Gründe gäbe. Daran fehlt es jedoch nicht nur mit Blick auf die Sicherung der beruflichen Verschwiegenheit (vgl. oben C. II. 2. c aa <3>), sondern auch für die maßgebliche Wahrung der anwaltlichen Unabhängigkeit.

86

(a) Dies gilt zunächst mit Blick auf die im konkreten Fall betroffenen Berufe. Im Vergleich zu den nach § 59a BRAO zulässigen Konstellationen der gemeinsamen Berufsausübung bietet die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern kein entscheidend erhöhtes Gefährdungspotential für die anwaltliche Unabhängigkeit. Zwar fehlt es hier im Unterschied zu den sozietätsfähigen Berufen an der Gemeinsamkeit einer im weitesten Sinne wirtschaftlichen oder wirtschaftsrechtlichen Beratung; dies lässt jedoch keinen plausiblen Grund für einen gesteigerten Schutzbedarf zugunsten der anwaltlichen Unabhängigkeit erkennen. Im Gegenteil spricht das grundlegend andere, im Heil- und Gesundheitswesen liegende Tätigkeitsfeld der Ärzte und Apotheker eher dafür, dass diese schon wegen ihrer beruflichen Distanz zu rechtlichen Fragestellungen die Unabhängigkeit des anwaltlichen Partners stärker respektieren werden.

87

(b) Eine stärkere Gefährdung der Unabhängigkeit folgt auch nicht aus der hier in Frage stehenden Organisationsform. Es mag ein grundsätzliches Problem darin gesehen werden, dass Berufsfremde aus weiteren, völlig anderen Tätigkeitsfeldern in interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaften zu Entscheidungsträgern der Sozietät werden und damit die rechtliche und tatsächliche Handlungsfreiheit der anwaltlichen Partner einschränken könnten. Diese Befürchtung vermag vorliegend jedoch den Ausschluss von Ärzten und Apothekern aus dem Kreis der sozietätsfähigen Berufe nach § 59a BRAO nicht zu rechtfertigen. Das folgt aus den besonderen Vorschriften für die - hier allein zu erörternde - Partnerschaftsgesellschaft. Die Berufsausübung in einer solchen Gesellschaft kann den jeweiligen Berufsträger nach § 6 Abs. 1 PartGG nicht von seinen berufsrechtlichen Pflichten befreien (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Schaffung von Partnerschaftsgesellschaften und zur Änderung anderer Gesetze, BTDrucks 12/6152, S. 15), so dass der anwaltliche Partner weiterhin seiner beruflichen Unabhängigkeit verpflichtet bleibt. Diese berufsrechtlichen Bindungen des Rechtsanwalts können seine Partner nicht übergehen. Denn der Grundsatz der Selbstorganschaft ist, ungeachtet der Möglichkeiten, die aufgrund der Vertragsfreiheit insbesondere für die Gestaltung des Innenverhältnisses ansonsten eröffnet sind, bei der Partnerschaftsgesellschaft aufgrund der zwingenden Regelung in § 6 Abs. 2 PartGG entscheidend gestärkt (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Schaffung von Partnerschaftsgesellschaften und zur Änderung anderer Gesetze, a.a.O.). Hiernach kann die Geschäftsführungsbefugnis des einzelnen Partners insoweit nicht beschränkt werden, als seine Berufsausübung betroffen ist. Sichergestellt ist damit zumindest, dass berufsfremde Partner die anwaltliche Berufstätigkeit nicht im Rahmen der Geschäftsführung beeinflussen können.

88

(c) Ohnehin sind ungeachtet der gewählten gesellschaftsrechtlichen Form bei einer beruflichen Zusammenarbeit die bereits erwähnten satzungsrechtlichen Sicherungen (vgl. oben C. II. 2. c aa <3>) auch für die anwaltliche Unabhängigkeit zu beachten. So darf sich ein Rechtsanwalt gemäß § 30 Satz 1 BORA mit Angehörigen anderer Berufe nur dann zu einer gemeinschaftlichen Berufsausübung verbinden, wenn diese bei ihrer Tätigkeit das anwaltliche Berufsrecht beachten. Da die Angehörigen anderer Berufe nicht unmittelbar Normadressaten der Berufsordnung der Rechtsanwälte und damit des anwaltlichen Berufsrechts sind, wird die Vorschrift überwiegend - und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden - so verstanden, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, seine nichtanwaltlichen Partner anzuhalten, dass diese bei ihrer Tätigkeit in der Berufsausübungsgemeinschaft das anwaltliche Berufsrecht beachten (Scharmer, in: Hartung, BORA/FAO, 5. Aufl. 2012, § 30 BORA Rn. 23; Brüggemann, in: Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, 9. Aufl. 2016, § 30 BORA Rn. 3; Henssler, in: Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 4. Aufl. 2014, § 30 BORA Rn. 5). Lassen sich die nichtanwaltlichen Partner hierauf nicht ein, so darf der Rechtsanwalt die Partnerschaft nicht eingehen oder fortsetzen, ohne seine berufsrechtlichen Pflichten zu verletzen und deshalb Sanktionen befürchten zu müssen.

89

Daneben bestimmt § 33 Abs. 2 BORA, dass jeder Rechtsanwalt bei beruflicher Zusammenarbeit "gleich in welcher Form" zu gewährleisten hat, dass die Regeln der Berufsordnung der Rechtsanwälte auch von der damit geschaffenen "Organisation" eingehalten werden. Die Vorschrift verpflichtet zwar anders als § 30 BORA nicht zum Unterlassen des Beitritts oder zum Austritt aus einer Berufsausübungsgemeinschaft, der anwaltliche Partner hat aber aufgrund des § 33 Abs. 2 BORA das ihm Mögliche zu tun, um berufswidriges Verhalten der Berufsausübungsgemeinschaft zu beenden. Hierzu zählt auch die Verpflichtung, sich gegen Beeinträchtigungen seiner anwaltlichen Unabhängigkeit gegenüber seinen Partnern aktiv zur Wehr zu setzen.

90

cc) Ein Sozietätsverbot, das Partnerschaftsgesellschaften zwischen Rechtsanwälten und Ärzten oder Apothekern hindert, erfüllt schließlich auch dann nicht die Anforderungen an einen im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessenen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung, wenn mit ihm das Ziel verfolgt wird, die Geradlinigkeit anwaltlicher Tätigkeit zu wahren, also Interessenkonflikte zu vermeiden.

91

(1) Gemäß § 43a Abs. 4 BRAO und nach näherer Maßgabe des § 3 BORA ist es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten untersagt, widerstreitende Interessen zu vertreten. Strafrechtlich abgesichert ist dieses Verbot in wesentlichen Teilen durch die Strafbarkeit des Parteiverrats nach § 356 StGB. Normzweck der Regelungen ist die Wahrung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant sowie die Sicherung der Stellung des Rechtsanwalts als eines unabhängigen Sachwalters im Dienste der Rechtsuchenden (vgl. BVerfGE 108, 150 <160 f.>). Damit dient die Geradlinigkeit anwaltlicher Interessenvertretung auch dem übergeordneten Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege.

92

Entsprechende Bestimmungen finden sich in den Berufsordnungen für Ärzte und Apotheker nicht. Der Verzicht auf vergleichbare Regelungen erscheint nachvollziehbar, weil Ärzte und Apotheker bei Ausübung ihrer Berufe typischerweise nicht im Interesse ihrer Patienten in ein Gegnerverhältnis zu Dritten geraten. Auch die Täterqualifikation der Strafvorschrift des § 356 StGB können weder Ärzte noch Apotheker verwirklichen (vgl. etwa Dahs, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2014, § 356 Rn. 12 ff. m.w.N.). Abgesehen von Rechtsanwälten - und den in § 209 BRAO genannten Kammermitgliedern - sind aber auch die in § 59a BRAO genannten sozietätsfähigen Berufe nicht zu geradliniger Interessenvertretung gemäß § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA verpflichtet. Zudem können sich allenfalls noch Patentanwälte sowie in dem sehr eingeschränkten Rahmen des § 392 AO auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer wegen Parteiverrats strafbar machen (vgl. etwa Dahs, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2014, § 356 Rn. 19, 21 m.w.N.). Um zu verhindern, dass über die Partner aus sozietätsfähigen Berufen Interessen vertreten werden, die denen des Mandanten zuwiderlaufen, bleibt daher regelmäßig nur der Weg, den anwaltlichen Partner gemäß § 30 Satz 1 BORA zu verpflichten, diese bei der Begründung einer beruflichen Zusammenarbeit vertraglich an die Einhaltung des anwaltlichen Berufsrechts zu binden und damit auch an die Beachtung der Pflicht zur Geradlinigkeit (§ 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA). Hinzu kommt die Verpflichtung des Rechtsanwalts, aufgrund seiner unentziehbaren Befugnisse als Partner (§ 6 Abs. 2 PartGG) gemäß § 33 Abs. 2 BORA zu verhindern, dass durch sozietätsweit wirkende Maßnahmen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen missachtet wird.

93

(2) In dem damit gezogenen engen Rahmen hat es auch der Gesetzgeber bei Zulassung der sozietätsfähigen Berufe durch § 59a Abs. 1 BRAO unter Abwägung und zum Ausgleich mit der grundrechtlich geschützten freien Berufsausübung hingenommen, dass Gefährdungen für die Geradlinigkeit anwaltlicher Tätigkeit durch interprofessionelle Zusammenarbeit nicht völlig auszuschließen sind. Da sich wiederum zeigt, dass bei einer Partnerschaft mit Ärzten und Apothekern im Vergleich zu Angehörigen sozietätsfähiger Berufe keine spezifisch erhöhten Gefährdungen der anwaltlichen Geradlinigkeit auszumachen sind, erweist sich das Sozietätsverbot unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls als unangemessener, den betroffenen Grundrechtsträgern nicht zumutbarer Eingriff in deren Berufsfreiheit.

III.

94

Da sich die Verfassungswidrigkeit des § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO bereits aus der Unvereinbarkeit mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit ergibt, bedarf es keiner Entscheidung, ob noch weitere Grundrechte, wie namentlich der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), verletzt sind.

IV.

95

Wegen der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz ist § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO in dem zur Überprüfung stehenden Teil der Regelung für nichtig zu erklären. Dies betrifft das an Rechtsanwälte gerichtete Verbot, sich mit Ärzten und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft zu verbinden.

96

Eine nicht hinnehmbare Regelungslücke (vgl. dazu BVerfGE 128, 326 <404> m.w.N.) entsteht hierdurch nicht. Die teilweise Nichtigkeit der Verbotsnorm bedeutet angesichts der Garantie der freien Berufsausübung nichts anderes als die Zulässigkeit der genannten interprofessionellen Zusammenarbeit, ohne dass hiermit Komplikationen einhergehen würden. Diese Rechtswirkungen der teilweisen Nichtigerklärung schaffen insbesondere keine Unsicherheit über die Rechtslage zulasten der Behörden und der Rechtsunterworfenen. Für den konkreten Fall steht vielmehr außer Frage, dass der gegründeten Partnerschaftsgesellschaft zwischen einem Rechtsanwalt und einer Ärztin und Apothekerin die Eintragung nicht wegen eines Sozietätsverbots verweigert werden darf.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. § 3 Absatz 1 Satz 1 und 3 des Gesetzes über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg vom 16. Juni 2005 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen Teil I Seite 432) ist nach Maßgabe der Gründe mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2011 eine Neuregelung zu treffen.

3. Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Dezember 2008 - 8 AZR 692/07 - und des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. Juli 2007 - 2 Sa 641/07 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Hessische Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Verfahren ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen.

4. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Hessen haben der Beschwerdeführerin jeweils zur Hälfte die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Urteile des Landesarbeitsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts, durch die eine Klage der Beschwerdeführerin auf Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten des Ausgangsverfahrens, dem Land Hessen, abgewiesen wurde.

2

Mittelbar wendet sich die Verfassungsbeschwerde gegen das hessische Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UK-Gesetz) vom 16. Juni 2005 (GVBl I S. 432; im Folgenden: UKG). Es regelt die Zusammenlegung der beiden rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts "Universitätsklinikum Gießen" und "Universitätsklinikum Marburg" zu der neu errichteten Anstalt des öffentlichen Rechts "Universitätsklinikum Gießen und Marburg". Das Gesetz enthält ferner eine Ermächtigung, die neue Anstalt im Wege der Rechtsverordnung zu privatisieren. Diese Privatisierung hat Anfang 2006 stattgefunden.

I.

3

1. In Hessen wurden die Universitätskliniken ursprünglich als nichtrechtsfähige Anstalten und Bestandteile der öffentlichrechtlichen Körperschaft Universität geführt (so zuletzt noch § 33 Abs. 1 des Gesetzes über die Universitäten des Landes Hessen in der Fassung vom 28. März 1995, GVBl I S. 325).

4

2. Die Universitätskliniken Frankfurt, Gießen und Marburg wurden durch das Gesetz für die hessischen Universitätskliniken (im Folgenden: UniKlinG) vom 26. Juni 2000, in Kraft getreten am 1. Januar 2001 (GVBl I S. 344), als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet (§ 1 Abs. 1 UniKlinG).

5

Von den Beschäftigten der bisherigen Universitätskliniken verblieben gemäß § 22 Abs. 1 UniKlinG alle diejenigen im Dienst des Landes, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 1. Januar 2001 begründet worden war. § 22 Abs. 1 Satz 2 UniKlinG bestimmte, dass diese Beschäftigten mit Inkrafttreten des Gesetzes als zur Universität versetzt gelten sollten. Die damit weiterhin in den Diensten des Landes stehenden nichtwissenschaftlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden wurden durch § 22 Abs. 2 Satz 1 UniKlinG verpflichtet, ihre Dienste beim Universitätsklinikum zu erbringen. Die verbeamteten nichtwissenschaftlichen Beschäftigten wurden dem Universitätsklinikum mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2001 zur Dienstleistung zugewiesen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 UniKlinG). Eine umgekehrte Regelung traf das Gesetz für das wissenschaftliche Personal. Insoweit bestimmte § 22 Abs. 3 UniKlinG, dass die Mitarbeiter bei der Universität beschäftigt blieben, aber verpflichtet waren, ihre Dienste beim Universitätsklinikum zu erbringen, soweit zu ihren Aufgaben Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 UniKlinG gehörten.

6

In § 22 Abs. 7 UniKlinG wurde allerdings die Möglichkeit vorgesehen, die bei den Universitätskliniken beschäftigten Landesbediensteten in den Dienst des Universitätsklinikums überzuleiten. Die Überleitung wurde jedoch nicht durch das Gesetz selbst angeordnet. Einer solchen im Einzelfall zu vereinbarenden Überleitung sollten die Beschäftigten außerdem "widersprechen" können. In diesem Fall sollten sie auf Verlangen des Landes von dem Universitätsklinikum gegen Kostenerstattung weiterbeschäftigt werden (§ 22 Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 UniKlinG).

7

3. In der Folge kam das Land Hessen vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Probleme der Universitätskliniken zu dem Entschluss, die Universitätskliniken Gießen und Marburg zu einem Klinikum zusammenzufassen und sodann zu privatisieren.

8

a) Das hierzu erlassene Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg trat am 1. Juli 2005 in Kraft (§ 6 Abs. 1 UKG).

9

§ 1 Abs. 3 Satz 1 UKG regelt, dass Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten der bislang selbständigen Universitätskliniken Gießen und Marburg im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf das Universitätsklinikum Gießen und Marburg als neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts übergehen. § 1 UKG lautet:

10

§ 1

11

Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg

12

(1) Das Klinikum der Justus-Liebig-Universität mit Sitz in Gießen (Universitätsklinikum Gießen) und das Klinikum der Philipps-Universität mit Sitz in Marburg (Universitätsklinikum Marburg) werden zusammengelegt und als eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Standorten und Sitz in Gießen und Marburg errichtet.

13

(2) Die Anstalt führt den Namen "Universitätsklinikum Gießen und Marburg". Sie führt ein eigenes Siegel und gibt sich eine Satzung.

14

(3) Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten der Universitätskliniken Gießen und Marburg gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf das Universitätsklinikum Gießen und Marburg über. Das jeweilige Betriebsvermögen wird insoweit mit den Buchwerten der von einem Abschlussprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Schlussbilanzen zum 31. Dezember 2004 des Universitätsklinikums Gießen und des Universitätsklinikums Marburg bilanziell mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005/ 31. Dezember 2004 übernommen.

15

§ 3 Abs. 1 UKG regelt die neue rechtliche Zuordnung der nichtwissenschaftlichen Beschäftigten der beiden Kliniken und lautet:

16

§ 3

17

Beschäftigte

18

(1) Die bisher in der Krankenversorgung und Verwaltung der Universitätskliniken Gießen und Marburg tätigen nicht wissenschaftlichen Beschäftigten im Arbeits- oder Auszubildendenverhältnis zum Land Hessen werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg zum Universitätsklinikum Gießen und Marburg versetzt und in den Anstaltsdienst übergeleitet. Die Beschäftigten im Anstaltsdienst der Universitätskliniken Gießen und Marburg werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes Beschäftigte des Universitätsklinikums Gießen und Marburg. Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg tritt in die Rechte und Pflichten der Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der in Satz 1 und 2 genannten Arbeitnehmer ein. Soweit bisher nicht wissenschaftliche Beschäftigte im Beamtenverhältnis den Universitätskliniken Gießen und Marburg zur Dienstleistung zugewiesen sind, werden sie mit Inkrafttreten dieses Gesetzes dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg zur Dienstleistung zugewiesen.

19

Damit wurden die bisher in der Krankenversorgung und Verwaltung der beiden Kliniken tätigen nichtwissenschaftlichen Beschäftigten, die Arbeitnehmer oder Auszubildende des Landes waren, von der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg "zum Universitätsklinikum Gießen und Marburg versetzt und in den Anstaltsdienst übergeleitet". Dazu gehörte die Beschwerdeführerin. Diejenigen Arbeitnehmer, die Beschäftigte im Anstaltsdienst der beiden Kliniken waren, wurden ebenfalls Beschäftigte des Universitätsklinikums Gießen und Marburg. Für beide Gruppen regelt § 3 Abs. 1 Satz 3 UKG, dass das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (unmittelbar kraft Gesetzes) in die Rechte und Pflichten der Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse eintritt.

20

§ 5 UKG enthält in Satz 1 eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung für die Landesregierung. Danach wird die Landesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Anstalt des öffentlichen Rechts Universitätsklinikum Gießen und Marburg nach ihrer rechtswirksamen Errichtung durch Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, umzuwandeln. Die Umwandlung soll nach Maßgabe der §§ 301 bis 304 des Umwandlungsgesetzes vom 28. Oktober 1994 (- UmwG -, BGBl I S. 3210, 1995 I S. 428; zuletzt geändert am 12. Juni 2003, BGBl I S. 838 <842>) geschehen. § 5 Satz 2 UKG bestimmt, dass der Erste Teil des Fünften Buches des Umwandlungsgesetzes auf den durch die Rechtsverordnung zu regelnden Formwechsel keine Anwendung findet. § 5 Satz 3 UKG legt fest, dass die zu erlassende Rechtsverordnung die nähere Ausgestaltung des Formwechsels regelt, nämlich im Hinblick auf die Firma, das Kapital sowie den Gesellschaftsvertrag beziehungsweise die Satzung.

21

Anfang Juli 2005 informierte das Universitätsklinikum Gießen und Marburg die nichtwissenschaftlichen Beschäftigten darüber, dass es mit Wirkung vom 1. Juli 2005 als neuer Arbeitgeber aufgrund des Gesetzes über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg in die Rechte und Pflichten der mit den Beschäftigten bestehenden Arbeitsverhältnisse eintrete.

22

b) Am 1. Dezember 2005 verordnete die Hessische Landesregierung aufgrund § 5 UKG die Umwandlung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Verordnung zur Umwandlung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung - UK-UmwVO -, GVBl I S. 792). § 2 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Anstellungs-, Arbeits- und Ausbildungsverträgen durch den Formwechsel unberührt bleiben und ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a Abs. 1 BGB nicht stattfindet. Der Formwechsel wurde mit der Eintragung in das Handelsregister am 2. Januar 2006 wirksam (§ 1 Abs. 1 Satz 2 UK-UmwVO).

23

Mit Gesellschaftsvertrag vom 13. Dezember 2005 zur neu geschaffenen Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH (UGM-GmbH) behielt sich das Land verschiedene Zustimmungs- und Informationsrechte vor. Nach § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags können die Rechtsform und die Firma, der Sitz, der Gegenstand, Zweck und Aufgabe des Unternehmens, das Stammkapital, Verfügungen über Geschäftsanteile und Rechte des Landes nur mit Einwilligung des Landes geändert oder ergänzt werden. § 14 regelt, unter welchen Voraussetzungen das Land Gesellschaftsanteile im Falle der Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschafter oder der Gesellschaft einziehen kann.

24

In das Gesetz für die hessischen Universitätskliniken wurde durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken und anderer Vorschriften vom 15. Dezember 2005 (GVBl I S. 843) mit Wirkung zum 1. Januar 2006 § 25a eingefügt. Dieser trifft Regelungen für ein Universitätsklinikum in privater Rechtsform. Das Land übernimmt dafür keine Gewährträgerschaft mehr. Das in privater Rechtsform betriebene Universitätsklinikum wird mit den wahrzunehmenden Aufgaben beliehen und untersteht der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.

25

Mit Wirkung zum 1. Februar 2006 verkaufte das Land 95 % der Geschäftsanteile der UGM-GmbH an die R… AG. Diese verpflichtete sich, bis zum 31. Dezember 2010 an beiden Standorten insgesamt 367 Mio. € zu investieren und bis zum 31. Dezember 2010 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Das Land verpflichtete sich, den von der R… AG gezahlten Kaufpreis von 102 Mio. € in eine Stiftung einzubringen, die die Hochschulmedizin der Universitäten Gießen und Marburg unterstützt.

II.

26

Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163), in Kraft getreten am 1. April 2002, in § 613a Abs. 6 BGB geregelt, dass die von einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB betroffenen Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber widersprechen können. Die Vorschrift lautet:

27

Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

28

Die Bundesregierung knüpfte in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 613a Abs. 6 BGB dabei wie folgt an die aus der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang bekannten verfassungsrechtlichen Erwägungen an (BTDrucks 14/7760, S. 20):

29

Der neue § 613a Abs. 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt das Recht des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses vom Betriebsveräußerer auf den Betriebserwerber zu widersprechen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung seit über 25 Jahren (Urteil vom 2. Oktober 1974 - 5 AZR 504/73) und vom Europäischen Gerichtshof seit 1992 (Urteil vom 16. Dezember 1992 - verb. Rs. C-132/91, 138/91, 139/91) anerkannt. Das Widerspruchsrecht ergibt sich vor allem daraus, dass es mit der Würde des Menschen, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl (Artikel 1, 2 und 12 des Grundgesetzes) unvereinbar wäre, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet würde, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22. April 1993 - 2 AZR 50/92; Urteil des EuGH vom 16. Dezember 1992, a.a.O. Rdn. 32).

III.

30

Die Beschwerdeführerin war seit 1985 als Pflegekraft beziehungsweise Krankenschwester und damit als nichtwissenschaftlich tätige Arbeitnehmerin des Klinikums der Philipps-Universität Marburg beim Land beschäftigt. Sie widersprach dem ihr im Juli 2005 mitgeteilten Übergang des Arbeitsverhältnisses auf das Universitätsklinikum Gießen und Marburg als Anstalt des öffentlichen Rechts und später auf die Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH.

31

In der Folge verklagte die Beschwerdeführerin das Land Hessen mit dem Antrag festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Land über den 30. Juni 2005 hinaus fortbesteht. Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Das Landesarbeitsgericht wies sie auf Berufung des Landes ab.

32

Die Revision der Beschwerdeführerin erachtete das Bundesarbeitsgericht für unbegründet.

33

Das Arbeitsverhältnis der Beschwerdeführerin mit dem Land bestehe nicht mehr. Es sei kraft Gesetzes auf die Anstalt des öffentlichen Rechts "Universitätsklinikum Gießen und Marburg" übergeleitet worden. Ein Widerspruchsrecht habe ihr weder aus dem Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg selbst noch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen zugestanden.

34

Das Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg erwähne ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer nicht. Nach seinem Wortlaut werde es ausdrücklich weder eingeräumt noch ausgeschlossen. Die Auslegung des Gesetzes ergebe jedoch, dass ein Widerspruchsrecht für die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer nicht vorgesehen gewesen sei. Die Formulierung in § 3 Abs. 1 Satz 3 UKG, die Anstalt des öffentlichen Rechts trete in die Rechte und Pflichten der Arbeitsverhältnisse ein, entspreche im Wesentlichen § 613a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB. Eine dem § 613a Abs. 6 BGB entsprechende Formulierung habe der Landesgesetzgeber dagegen nicht aufgenommen, obwohl es nach der Gesetzessystematik der positiven Regelung eines Gestaltungsrechts bedurft hätte. Gegen ein Widerspruchsrecht sprächen auch Sinn und Zweck des Gesetzes über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg. Nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 UKG und § 3 Abs. 1 UKG sei es Gesetzesziel, die beiden Universitätskliniken Gießen und Marburg als Ganzes und im unveränderten Bestand sowohl hinsichtlich der personellen als auch der sonstigen Ausstattung auf die neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts zu übertragen. Dem stünde ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer gegen die Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse entgegen. Daher scheide auch eine analoge Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB aus. Der Landesgesetzgeber habe den vom Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Anstalt des öffentlichen Rechts "Universitätsklinikum Gießen und Marburg" betroffenen Arbeitnehmern bewusst kein Widerspruchsrecht eingeräumt. Über diese gesetzgeberische Entscheidung könne sich die Rechtsprechung nicht hinwegsetzen.

35

Die Nichteinräumung eines Widerspruchsrechts verstoße nicht gegen § 613a Abs. 6 BGB. Vom sachlichen Anwendungsbereich des § 613a BGB seien Betriebsübergänge ausgenommen, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes vollzogen würden.

36

Das Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg verstoße auch nicht gegen das Umwandlungsgesetz, insbesondere nicht gegen § 168 UmwG, denn durch das Gesetz seien zwei bisher selbständige, rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts zu einer zusammengelegt worden. Diesen Fall regele das Umwandlungsgesetz nicht. Unzutreffend sei die Annahme, Arbeitsverhältnisse aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes könnten nach Bundesrecht nur nach § 168 UmwG in den Bereich der Privatwirtschaft überführt werden. Selbst wenn man davon ausginge, dass mit dem Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg nur der erste Rechtsakt eines mehrfach gestaffelt durchgeführten Privatisierungsvorhabens des Landes gesetzt worden sei, könnten sich die Arbeitnehmer nicht auf § 168 UmwG und daher auch nicht auf § 324 UmwG in Verbindung mit § 613a Abs. 6 BGB berufen. Denn schon das Umwandlungsgesetz selbst sehe für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts die Möglichkeit des Formwechsels vor (6. Abschnitt des Fünften Buches des UmwG, vgl. §§ 301 ff. UmwG). Für solche Formwechsel gelte § 324 UmwG bereits seinem Wortlaut nach nicht.

37

Weder die Überleitung der Arbeitsverhältnisse noch die Nichtgewährung eines Widerspruchsrechts verstießen gegen Verfassungsrecht.

38

Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin (Art. 12 Abs. 1 GG) sei nicht verletzt. Zwar stellten sowohl die durch § 3 Abs. 1 UKG gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse der bisher beim beklagten Land beschäftigten Arbeitnehmer auf die neu errichtete rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts als auch die fehlende gesetzliche Einräumung eines Widerspruchsrechts einen Eingriff in das Grundrecht der Arbeitnehmer auf freie Wahl des Arbeitsplatzes dar. Die zwingend ausgestaltete gesetzliche Regelung lasse die Rechte und Pflichten der Arbeitsverhältnisse bestehen, wechsle aber das Land als Arbeitgeber gegen die neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts aus. Damit werde in die Berufsausübungsfreiheit eingegriffen. Sowohl die Überleitung der Arbeitsverhältnisse als auch die Nichteinräumung eines Widerspruchsrechts seien aber durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.

39

Die Privatisierungsentscheidung der Hessischen Landesregierung wie das ihr dienende, vom Landesgesetzgeber verabschiedete Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg hätten das Ziel, wichtige Gemeinschaftsgüter zu schützen. Die Fusion der beiden Universitätskliniken auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts und die beabsichtigte spätere Überführung der Trägerschaft auf einen privaten Krankenhausbetreiber habe dem Erhalt beider Kliniken gedient, um so eine ortsnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung und zugleich Forschung und Lehre im Bereich der Hochschulmedizin beider Universitäten zu sichern. Dabei handele es sich um wichtige Gemeinschaftsgüter.

40

Die Regelungen in § 3 UKG und das fehlende Widerspruchsrecht für das nichtwissenschaftliche Personal seien geeignet gewesen, die personellen Voraussetzungen für den Bestand und die Funktionsfähigkeit der beiden auf die Anstalt des öffentlichen Rechts überführten Universitätskliniken zu erhalten. Sie seien auch erforderlich gewesen. Das Ziel einer Beibehaltung der Funktionsfähigkeit beider Kliniken habe nicht durch andere Mittel erreicht werden können, welche die nichtwissenschaftlich tätigen Mitarbeiter weniger belastet hätten.

41

Bei Einräumung eines Widerspruchsrechts habe man damit rechnen müssen, dass dieses im Hinblick auf das offengelegte Privatisierungsziel in großem Umfang von den betroffenen Arbeitnehmern ausgeübt worden wäre. Ohne eingearbeitetes Personal wäre aber sowohl die kontinuierliche Krankenversorgung gefährdet als auch eine Beeinträchtigung von Forschung und Lehre an den Universitätskliniken zu befürchten gewesen. Zudem hätten beim Land für widersprechende Arbeitnehmer keine oder, im Hinblick auf das Universitätsklinikum Frankfurt, nur wenige entsprechende Arbeitsplätze zur Verfügung gestanden, was notwendig zu einer Bestandsgefährdung dieser Arbeitsplätze geführt hätte.

42

Das Land sei nicht gehalten gewesen, als milderes Mittel die Arbeitnehmer im Wege der Personalgestellung in den Universitätskliniken arbeiten zu lassen. Das Gebot der Erforderlichkeit verlange nur, innerhalb desselben Systems ein milderes Mittel zu wählen. Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Privatisierung hätte die Personalgestellung an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung jedoch einen Systemwechsel bedeutet. Das Modell einer Personalgestellung hätte weiter das Risiko beinhaltet, mehrere hundert Beschäftigungsverhältnisse beizubehalten, ohne dass unmittelbarer Einfluss darauf bestanden hätte, wie der künftige private Klinikbetreiber die entsprechenden Arbeitsleistungen abrufen würde.

43

Die Abwägung des gesetzgeberischen Ziels gegen die Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit der Arbeitnehmer lasse die Regelung auch als angemessen erscheinen.

44

Bei der geschützten Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes könne es dem Arbeitnehmer um die einmal getroffene Wahl des konkreten Vertragspartners als Arbeitgeber gehen. Die Bedeutung der Person des Vertragspartners und die persönliche Verbindung in einem Arbeitsverhältnis präge auch die - nicht zwingende - Auslegungsregel des § 613 Satz 2 BGB, wonach der Anspruch auf Leistung der Dienste im Zweifel nicht übertragbar sei. Dieses Element sei jedoch im öffentlichen Dienst nur von zweitrangiger Bedeutung. Zum einen seien die Arbeitnehmer auch nach der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse durch das Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg im öffentlichen Dienst geblieben, in dem zahlreiche Arbeitnehmer in hierarchischen Strukturen arbeiteten. Mit dem Land sei der frühere Arbeitgeber eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts gewesen, mit dem "Universitätsklinikum Gießen und Marburg" sei er eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts geworden. Die persönliche Verbindung im Rahmen der Arbeitsverhältnisse sei dadurch nicht berührt und durch den späteren Formwechsel sowie den noch späteren Verkauf von Gesellschaftsanteilen nur marginal betroffen, wobei letztere Schritte einen Arbeitgeberwechsel nicht beinhalteten und auch im rechtsgeschäftlichen Bereich weder einen Betriebsübergang darstellten noch Widerspruchsrechte auslösten.

45

Durch das Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg seien außer dem Wechsel des Vertragspartners keine weiteren arbeitsvertraglichen Veränderungen gesetzlich angeordnet worden. Durch § 3 Abs. 1 Satz 3 UKG sei sichergestellt, dass sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bestehen blieben. Es lägen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sich durch die geplante und schließlich durchgeführte Privatisierung die mittelbaren Arbeitsbedingungen nachteilig änderten. Auch unter Einbeziehung des gesamten Privatisierungskonzepts ergäben sich vorliegend keine Bedenken, dass den Arbeitnehmern mit der R… AG kein dem Land vergleichbarer solventer Schuldner mehr gegenüberstehe.

46

Auch europäischem Recht widerspreche die zwingend angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse nicht.

47

Da die Universitätskliniken weder durch Vertrag noch durch Verschmelzung, auch nicht durch sonstiges Rechtsgeschäft oder eine hoheitliche Verwaltungsentscheidung auf die Anstalt des öffentlichen Rechts übertragen worden seien, sei die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG nicht anwendbar. Es könne im Übrigen dahinstehen, ob diese Richtlinie über ihren Wortlaut hinaus auch auf andere Sachverhalte anzuwenden sei, bei denen der Betriebsübergang durch einen Rechtssatz bewirkt werde. Die Richtlinie 2001/23/EG verlange nämlich nicht die Einräumung eines Widerspruchsrechts im Sinne des § 613a Abs. 6 BGB. Zwar müsse der Arbeitnehmer nach europäischem Recht bei der Wahl seines Arbeitgebers frei sein und dürfe nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt habe. Es sei jedoch Sache der Mitgliedstaaten zu bestimmen, was in einem solchen Fall mit dem Arbeitsverhältnis geschehe. Indem sich deutsche Arbeitnehmer im Falle eines Arbeitgeberwechsels ohne Widerspruchsmöglichkeit auf das nach § 626 Abs. 1 BGB bestehende Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berufen könnten, würden die europäischen Rechtsanforderungen erfüllt.

IV.

48

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts "auf freie Wahl bzw. Beibehaltung des Arbeitsplatzes aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Würde des Menschen) sowie Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht)" und ihres grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

49

1. Die Urteile des Landesarbeitsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts würden ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzen, soweit ein Widerspruchsrecht gegen die gesetzliche Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses versagt worden sei.

50

Bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg hätte ihr ein Widerspruchsrecht zugesprochen werden müssen. Eine solche verfassungskonforme Auslegung sei möglich. Dem Wortlaut des Gesetzes lasse sich zum Widerspruchsrecht nichts entnehmen. Das Bundesarbeitsgericht stütze den von ihm angenommenen Ausschluss des Widerspruchsrechts auf systematische, historische und teleologische Erwägungen. Doch keines dieser Argumente lasse nur eine einzige Schlussfolgerung zu. Vielmehr seien Interpretationen unter Einschluss eines Widerspruchsrechts möglich.

51

Das Bundesarbeitsgericht habe schon den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG verkannt, indem es angenommen habe, die gesetzliche Überleitung der Arbeitsverhältnisse greife in die Freiheit der Berufsausübung und nicht in die Freiheit der Berufswahl ein. Zur freien Berufswahl gehöre das Recht auf Beibehaltung des gewählten Berufs. Entsprechendes müsse für die Wahl des Arbeitsplatzes gelten, und dazu zähle auch die Beibehaltung des gewählten Vertragspartners.

52

Der Eingriff in die Berufsfreiheit liege in der Privatisierung der Universitätskliniken als einem einheitlichen Vorgang, nicht allein im ersten Teilschritt der Übertragung der Kliniken auf eine neue Anstalt des öffentlichen Rechts. Demgegenüber habe das Bundesarbeitsgericht formal darauf abgestellt, dass der spätere Formwechsel und die Veräußerung der Mehrheitsanteile die Arbeitsverhältnisse nicht berührten. Diese Betrachtung werde dem wirtschaftlichen Sinn und den sozialen Konsequenzen der Privatisierung nicht gerecht. Die bisher im Dienst des Landes beschäftigten nichtwissenschaftlichen Arbeitnehmer hätten sich am Ende nach Durchlaufen der einzelnen Teilschritte in einer privatwirtschaftlich betriebenen Konzerntochter wiedergefunden, ohne dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt hätten widersprechen können.

53

Der Eingriff in die Berufsfreiheit sei nicht erforderlich. Die Erforderlichkeit könne nicht damit begründet werden, dass die betroffenen Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse sonst in großer Zahl widersprochen und damit für die weitere Arbeit in der Klinik nicht zur Verfügung gestanden hätten. Diese Argumentation laufe darauf hinaus, die Wahrnehmung von Grundrechten als gemeinwohlgefährdendes Risiko einzustufen. Das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Widerspruchsrecht dürfe nicht deshalb pauschal verwehrt werden, weil es genutzt werden könnte. Außerdem wolle sich der widersprechende Arbeitnehmer in erster Linie nicht gegen den Wechsel des Arbeitgebers, sondern gegen die häufig damit verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen wehren. Die Arbeitsleistung werde hingegen wie bisher erbracht, so dass keine Rede davon sein könne, die widersprechenden Arbeitnehmer hätten für die weitere Arbeit nicht mehr zur Verfügung gestanden.

54

Der Eingriff in die Berufsfreiheit durch Versagung des Widerspruchsrechts sei unzumutbar.

55

Auf Arbeitnehmerseite sei in die Abwägung einzubeziehen, dass die freie Wahl des Vertragspartners auch Element der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Privatautonomie sei. Das für den Fall eines Betriebsübergangs früher in der Rechtsprechung entwickelte und später in § 613a Abs. 6 BGB normierte Widerspruchsrecht folge außerdem aus der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Verweisung auf eine mögliche Kündigung sei in der Sache nicht berechtigt und angesichts drohender Arbeitslosigkeit zynisch. Eine an der Menschenwürde orientierte Gestaltung des Arbeitsverhältnisses müsse den Arbeitnehmern Rechte innerhalb des Arbeitsverhältnisses an die Hand geben. Die auf Arbeitgeberseite für die Abwägung relevanten Rechtsgüter müssten sich aus den Gesetzesmaterialien ergeben. Dort sei zum Ausschluss des Widerspruchsrechts jedoch nichts zu finden. Die Befürchtung eines massenhaften Ausscheidens der nichtwissenschaftlichen Beschäftigten und einer Gefährdung der medizinischen Versorgung sei daher reine Spekulation des Bundesarbeitsgerichts. Im Ergebnis stünden grundrechtlich geschützten Belangen von hohem Rang auf Arbeitnehmerseite spekulativ bleibende und sich nicht aus den Gesetzesmaterialien ergebende Erwägungen zugunsten des Landes gegenüber.

56

Die Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts zur Zumutbarkeit eines Arbeitgeberwechsels führten dazu, dass das Gericht seine Einschätzung an die Stelle der Sorgen, Zweifel, Vorbehalte und subjektiven Präferenzen der betroffenen Arbeitnehmer setze. Das Widerspruchsrecht solle demgegenüber die freie Entscheidung des Arbeitnehmers sichern, mit welchem Arbeitgeber er das Arbeitsverhältnis fortsetzen wolle.

57

Werde ungeachtet dessen ein objektivierender Vergleich zwischen den Arbeitsbedingungen bei verschiedenen Arbeitgebern gezogen, könne der Methode des Bundesarbeitsgerichts nicht gefolgt werden. Das Gericht habe lediglich einzelne Elemente gegenübergestellt. Dabei bleibe unbeachtet, was bei einer Gesamtschau an typischen Merkmalen und Tendenzen bei einer Privatisierung festzustellen sei. Selbstverständlich gälten das Kündigungsschutzrecht und das Tarifrecht im Arbeitsverhältnis mit einem privatrechtlichen Arbeitgeber ebenso wie im Arbeitsverhältnis mit dem Land Hessen. Faktisch ergäben sich aber erhebliche Unterschiede. So zeichneten sich Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft durch ein hohes Maß an existenzieller Unsicherheit aus.

58

2. Das Bundesarbeitsgericht habe das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Entgegen der in Art. 234 Abs. 3 EGV (jetzt: Art. 267 Abs. 3 AEUV) festgelegten Pflicht habe das Gericht die Vorlage der zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen an den Gerichtshof der Europäischen Union unterlassen, ob die Richtlinie 2001/23/EG auch auf die gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen anwendbar sei und ob sich aus dem Gemeinschaftsrecht ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer ergebe.

59

Das Bundesarbeitsgericht habe die Vorlagepflicht in offensichtlich unhaltbarer Weise verkannt. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei bisher nicht entschieden, ob die Richtlinie auf Betriebsübergänge aufgrund gesetzlicher Anordnung anzuwenden sei und ob ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer gemeinschaftsrechtlich gefordert werde. Entschieden sei vielmehr nur, dass ein nationales Widerspruchsrecht der Richtlinie nicht entgegenstehe. Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts sei auch nicht derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibe. Die Ansicht des Bundesarbeitsgerichts zum Anwendungsbereich der Richtlinie sei mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs unvereinbar. Auch sei nicht auszuschließen, dass der Gerichtshof seine Rechtsprechung dahingehend konkretisieren würde, dass es gemeinschaftsrechtlich erforderlich sei, den Arbeitnehmern ein Widerspruchsrecht einzuräumen.

V.

60

Zur Verfassungsbeschwerde haben sich die Hessische Landesregierung, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund geäußert.

61

1. Die Hessische Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

62

Hätte sich der Gesetzgeber gegen eine Überleitung der Arbeitsverhältnisse entschieden, wären betriebsbedingte Kündigungen unvermeidbar gewesen. Der Gesetzgeber sei also seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Pflicht zum Schutz der Arbeitsplätze nachgekommen. Ein Gesetz könne aber nicht zugleich Erfüllung der grundgesetzlichen Verpflichtungen des Gesetzgebers und Eingriff in das Grundrecht sein. Berührt sei allenfalls die Freiheit der Berufsausübung unter dem Gesichtspunkt der Beibehaltung des bisherigen Arbeitgebers. Wenn die Beschwerdeführerin ein Widerspruchsrecht verlange, fordere sie über den durch das Gesetz über die Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg gewährten Schutz ihres Arbeitsplatzes hinaus das Recht zu wählen, ob sie diesen Schutz annehme oder einen Arbeitsplatz beim Land behalte. Der Gesetzgeber habe vor dem Hintergrund dann unvermeidlicher betriebsbedingter Kündigungen davon ausgehen dürfen, dass ein Widerspruchsrecht die Arbeitnehmer nicht schütze. Abgesehen davon hätte ein Widerspruchsrecht auch einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers mit sich gebracht. Gäbe es einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf Beibehaltung eines einmal begründeten Arbeitsverhältnisses zum Staat, wäre dem Staat ein wesentlicher Aspekt seiner Dispositionsfreiheit genommen.

63

Selbst wenn ein Eingriff in die Berufsfreiheit angenommen werden sollte, sei § 3 Abs. 1 UKG durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Land sei mit diesem Gesetz seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht umfassend nachgekommen, indem die neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts in die Rechte und Pflichten der Arbeitsverhältnisse der nichtwissenschaftlichen Beschäftigten eingetreten sei und zudem das Land unter anderem die Gewährträgerschaft übernommen habe und betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2010 ausgeschlossen worden seien.

64

Der Landesgesetzgeber habe das Ziel der Umstrukturierung der Universitätskliniken verfolgt, um überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern Rechnung zu tragen, nämlich der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sowie im Zusammenhang damit der fachlichen Qualifikation des öffentlichen Dienstes und der Gewährleistung einer modernen, effektiven und nach rechtsstaatlichen Maßstäben arbeitenden Verwaltung sowie der Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes. Die Regelung sei geeignet gewesen, die wirtschaftliche Situation der Universitätskliniken zu verbessern, die Arbeitnehmer vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze zu schützen und die Funktionsfähigkeit der Kliniken zu erhalten. Mildere Mittel - wie etwa eine Personalgestellung - seien nicht geeignet, weil damit ein erhebliches rechtliches Risiko verbunden gewesen wäre. So wären bei einer Personalgestellung alle Aufgaben bei der öffentlichen Hand geblieben, die sich auf die Personalhoheit und die damit verbundenen Aufgaben und Risiken bezogen hätten. Das Privatisierungskonzept hätte daher nicht umgesetzt werden können.

65

2. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hält die Verfassungsbeschwerde ebenso für unbegründet, der Deutsche Gewerkschaftsbund geht hingegen von ihrer Begründetheit aus.

VI.

66

Dem Bundesverfassungsgericht haben die Verfahrensakten des Ausgangsverfahrens, der Gesellschaftsvertrag der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, der Kauf- und Abtretungsvertrag über einen Teilgeschäftsanteil an der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH sowie der Vertrag über die Beleihung des Universitätsklinikums in privater Rechtsform aufgrund von § 25a UniKlinG vorgelegen.

B.

67

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts sowie der mittelbar angegriffene § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes aus Art. 12 Abs. 1 GG (I). Demgegenüber wird die Beschwerdeführerin durch die angegriffene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht in ihrem Anspruch auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt (II).

I.

68

Die durch § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG angeordnete und vom Landesarbeitsgericht sowie vom Bundesarbeitsgericht bestätigte Überleitung des Arbeitsverhältnisses vom Land auf das Universitätsklinikum Gießen und Marburg ist mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin unvereinbar.

69

1. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>; 85, 360 <372 f.>; 96, 152 <163>; 96, 205 <210 f.>; 98, 365 <385>). Dazu zählt bei abhängig Beschäftigten auch die Wahl des Vertragspartners (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>; Kühling, ArbuR 1994, S. 126 <128>). Dies gilt in gleicher Weise für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>). Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ist daher unbeschadet der Organisationsgewalt des Staates berührt, wenn der Gesetzgeber bestehende Arbeitsverhältnisse in der Weise normativ umgestaltet, dass er die Person des Arbeitgebers auswechselt.

70

Neben Art. 12 Abs. 1 GG scheidet Art. 2 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit aus. Die Vertragsfreiheit wird zwar als Teil der Privatautonomie durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet (vgl. BVerfGE 65, 196 <210>; 74, 129 <151 f.>) und ist daher grundsätzlich betroffen, wenn aufgrund oder durch Gesetz ein Wechsel des Vertragspartners ohne Zustimmung erfolgt (vgl. BVerfGE 114, 1 <34>). Betrifft eine gesetzliche Regelung jedoch - wie hier durch die gesetzliche Auswechslung des Arbeitgebers - die Vertragsfreiheit gerade im Bereich beruflicher Betätigung, die ihre spezielle Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG gefunden hat, scheidet die gegenüber anderen Freiheitsrechten subsidiäre allgemeine Handlungsfreiheit als Prüfungsmaßstab aus (vgl. BVerfGE 68, 193 <223 f.>; 77, 84 <118>; 95, 173 <188>; 116, 202 <221>).

71

2. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihrer Berufsfreiheit betroffen, dass anstelle des Landes das Universitätsklinikum und später ein privater Arbeitgeber in die Position des Arbeitgebers einrückt, mit dem sie arbeitsvertraglich verbunden sein soll. Diese durch Gesetz vollzogene Zuweisung eines anderen Arbeitgebers durch § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG ist ein Eingriff in das Recht auf die freie Wahl des Arbeitsplatzes.

72

a) Da mit dem Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes weder ein Anspruch auf Bereitstellung eines Arbeitsplatzes eigener Wahl noch eine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz verbunden ist und das Grundrecht auch keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust eines Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen gewährt, obliegt dem Staat hinsichtlich des durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesses des Arbeitnehmers auf Achtung der ausgeübten Arbeitsplatzwahl allerdings grundsätzlich lediglich eine Schutzpflicht, der er insbesondere im Kündigungsrecht nachgekommen ist (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>; 85, 360 <372 f.>; 92, 140 <150>; 97, 169 <175>).

73

Soweit der Gesetzgeber zulässt, dass der Arbeitgeber durch Rechtsgeschäft ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ausgewechselt wird, trifft ihn eine Schutzpflicht, die nicht nur das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes trotz Arbeitgeberwechsels, sondern auch seine privatautonome Entscheidung über die Person des Vertragspartners beachten muss. Dem ist zum Beispiel mit der Regelung des § 613a BGB Rechnung getragen worden. Danach wird einerseits das Fortbestehen des Arbeitsplatzes trotz Betriebsübergangs gesichert. Andererseits wird dem Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 6 BGB die Möglichkeit gegeben, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Er behält mit dem Widerspruch den alten Vertragspartner, geht aber auch das Risiko einer betriebsbedingten Kündigung ein, wenn beim alten Arbeitgeber wegen des Betriebsübergangs kein Bedarf an seiner Arbeit mehr besteht. Der Regelung des § 613a Abs. 6 BGB war dabei eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorausgegangen, nach der den Arbeitnehmern bei einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang - auch ohne ausdrückliche Normierung - ein Widerspruchsrecht zustehen müsse (vgl. BAG, Urteil vom 2. Oktober 1974 - 5 AZR 504/73 -, AP BGB § 613a Nr. 1; Urteil vom 30. Oktober 1986 - 2 AZR 101/85 -, AP BGB § 613a Nr. 55). Das so begründete Widerspruchsrecht wurde auch bei einem Betriebsübergang im Zusammenhang mit einer privatisierenden Umwandlung nach § 168 UmwG anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 25. Mai 2000 - 8 AZR 416/99 -, AP BGB § 613a Nr. 209).

74

b) Anders als bei der Ausgestaltung privatgeschäftlicher Betriebsübergänge greift der Gesetzgeber im vorliegenden Fall unmittelbar durch Gesetz in die freie Wahl des Arbeitsplatzes ein, indem aufgrund der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG das Universitätsklinikum als rechtsfähige Anstalt zum Arbeitgeber der Beschwerdeführerin wird.

75

Ein Eingriff ist dabei bereits die durch das Gesetz unmittelbar vollzogene Versetzung aus dem Landesdienst in den Dienst des Universitätsklinikums, denn schon dadurch wird der Beschwerdeführerin ohne ihre Zustimmung ein anderer als der gewählte Arbeitgeber zugewiesen.

76

Dieser Eingriff erschöpft sich nicht darin, dass der Beschwerdeführerin ein neuer, von ihr nicht frei gewählter Arbeitgeber aufgedrängt wird. Wenn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG das Universitätsklinikum in die Arbeitgeberstellung einrückt, bedeutet dies zugleich, dass sich das Land als bisheriger Arbeitgeber unmittelbar kraft Gesetzes von den Arbeitsverträgen löst, durch die es bislang mit den in den Kliniken tätigen Arbeitnehmern verbunden war. Den betroffenen Arbeitnehmern wird also der von ihnen gewählte Arbeitgeber entzogen.

77

Die Überleitung der Beschäftigungsverhältnisse in den Anstaltsdienst ist darüber hinaus bereits im Zusammenhang mit der geplanten Privatisierung zu sehen. Dadurch erhält der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG hier ein besonderes Gewicht. Das Gesetz, das die Ersetzung des Arbeitgebers vollzieht, sieht als weiteren Schritt die formelle Privatisierung vor (§ 5 UKG), um das politische Ziel des Verkaufs der Beteiligung an einen privaten Investor zu ermöglichen. Schon im Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses war auch die materielle Privatisierung durch die fast vollständige Veräußerung der späteren Gesellschafteranteile des Landes an einen privaten Krankenhausbetreiber geplant (vgl. LTDrucks 16/3758, S. 1). Mit der Versetzung an das Klinikum ist damit ein Prozess in Gang gesetzt, der die Beschwerdeführerin letztlich nicht nur aus dem Landesdienst, sondern auch aus dem öffentlichen Dienst entfernt.

78

c) Dieser Eingriff lässt sich zugunsten der nichtwissenschaftlichen Arbeitnehmer nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG durch Einräumung eines Widerspruchsrechts entsprechend § 613a Abs. 6 BGB oder eines Rückkehrrechts kompensieren. Der Wortlaut der Norm gibt dem Arbeitnehmer solche Rechte jedenfalls nicht ausdrücklich. Das Bundesarbeitsgericht hat im angegriffenen Urteil nachvollziehbar dargestellt und im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass eine widerspruchsgewährende Auslegung von § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG der bewussten Entscheidung des Landesgesetzgebers widersprechen würde. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers steht, kann auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden (vgl. BVerfGE 101, 54 <86>; 112, 164 <183>; 122, 39 <61>).

79

3. Der durch § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG bewirkte Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

80

a) Das angegriffene Gesetz dient der Durchführung der Privatisierung der Universitätskliniken. Dabei ist nicht zweifelhaft, dass der Landesgesetzgeber berechtigt war, die Universitätskliniken zu privatisieren. Das gilt unabhängig von den besonderen, auch ökonomischen Gründen, die den Gesetzgeber im vorliegenden Fall zu dieser Entscheidung bewogen haben. Jedenfalls dann, wenn die Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Fakultäten gesichert ist (vgl. dazu BVerfGE 57, 70 <98 f.>; BVerfGK 12, 440 <447 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2002 - 1 BvR 2145/01 -, NVwZ 2003, S. 600 <601>), darf das Land im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Organisation der Hochschulen die Universitätskliniken privatisieren. Dass die Privatisierung als solche eine legitime Wahrnehmung der Organisationsgewalt des Landes ist, rechtfertigt allerdings noch nicht den Eingriff in die Arbeitsverträge. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass organisatorische Privatisierungen stets nur unter Zurückstellung berechtigter Arbeitnehmerbelange am Erhalt des von ihm gewählten Arbeitsplatzes erfolgreich durchgeführt werden könnten. Schon die gesetzliche Regelung der Privatisierung in § 168 UmwG sowie die frühere Rechtsprechung und Regelungen in anderen Landesgesetzen zeigen, dass Privatisierungen unter Wahrung der bei Betriebsübergängen im Regelfall geltenden Arbeitnehmerrechte möglich sind (zum Rückkehrrecht nach hamburgischem Recht vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris). Auch der hessische Landesgesetzgeber hatte in § 22 Abs. 7 UniKlinG im Zusammenhang mit der Überleitung von Landesbediensteten in den Dienst des Universitätsklinikums zunächst ein Widerspruchsrecht vorgesehen.

81

Die Nichteinräumung eines Widerspruchsrechts hatte aus der Sicht des Landesgesetzgebers das Ziel, die Privatisierung zu erleichtern. Die Arbeitsverhältnisse möglichst vieler Arbeitnehmer sollten auf das Universitätsklinikum übertragen werden, um die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern sowie Forschung und Lehre an beiden Standorten des Universitätsklinikums zu erhalten.

82

b) Für dieses Ziel kann die mittelbar angegriffene Vorschrift jedenfalls teilweise noch als geeignet und erforderlich angesehen werden.

83

Allerdings konnte das Land sein Ziel einer die Privatisierung erleichternden Überleitung der Beschäftigungsverhältnisse auch bei Ausschluss einer Widerspruchsmöglichkeit nicht gegen den Willen der Arbeitnehmer realisieren, weil ihnen bei einem unerwünschten Vertragspartnerwechsel ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Obwohl ihnen weder ein Widerspruchsrecht nach dem Vorbild des § 613a Abs. 6 BGB noch ein Rückkehrrecht eingeräumt wurde, konnten sich die Arbeitnehmer für oder gegen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Universitätsklinikum entscheiden. Somit könnte allenfalls die Tatsache, dass die Versetzungs- und Überleitungsanordnung in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG wegen der sozialrechtlichen Folgen einer Eigenkündigung und der fehlenden Rückkehrperspektive einen erheblichen Druck auf die Arbeitnehmer ausübt, trotz Arbeitgeberwechsels auf ihrem Arbeitsplatz zu verbleiben, die Eignung der Regelung begründen.

84

Aus dem gleichen Grund kann man die Überleitung der Arbeitsverhältnisse ohne Widerspruchs- oder Rückkehrmöglichkeit aus der Perspektive des Gesetzgebers bei der Verfolgung ökonomischer Ziele auch noch als erforderlich ansehen, da die Ausschaltung der vom allgemeinen Recht gewährten Arbeitnehmerrechte den reibungslosen Vollzug der Privatisierung erleichtert.

85

c) Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber zur Erleichterung seiner Privatisierungsentscheidung als Arbeitgeber die Privatautonomie seiner Arbeitnehmer beschneidet, macht die Regelung jedoch unzumutbar.

86

aa) Allerdings wiegt der Regelungsgehalt der Norm weniger schwer, soweit der gesetzliche Eingriff in die Berufsfreiheit darin liegt, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 UKG das Universitätsklinikum Gießen und Marburg zum neuen Arbeitgeber der Beschwerdeführerin bestimmt.

87

Unter Berücksichtigung des sowohl im Ausgangsverfahren als auch in der Stellungnahme der Hessischen Landesregierung dargestellten, vom Landesgesetzgeber verfolgten Ziels einer Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Kliniken stellt der in Vorbereitung der Privatisierung gesetzlich begründete Eintritt des Universitätsklinikums in die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten noch keine unangemessene Beeinträchtigung der betroffenen Arbeitnehmer dar.

88

§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG bewirkt zwar, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar kraft Gesetzes einen Arbeitgeber erhält, den sie nicht selbst gewählt hat. Die Rechtsordnung trägt insoweit dem durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Schutz der freien Wahl des Vertragspartners jedoch hinreichend Rechnung, indem sie den von einem gesetzlich angeordneten Arbeitgeberwechsel betroffenen Arbeitnehmern das Recht einräumt, das Arbeitsverhältnis - gemäß § 626 BGB auch außerordentlich - zu kündigen (vgl. BAG, Urteil vom 25. Januar 2001 - 8 AZR 336/00 -, AP BGB § 613a Nr. 215). Die Arbeitnehmer sind damit unabhängig von einem Widerspruchsrecht, wie es § 613a Abs. 6 BGB vorsieht, rechtlich davor geschützt, für ein Unternehmen arbeiten zu müssen, mit dem sie arbeitsvertraglich nicht verbunden sein wollen. Im Verhältnis zum gesetzlich bestimmten neuen Arbeitgeber sind die Rechtsfolgen eines Widerspruchs gegen den gesetzlichen Arbeitgeberwechsel und einer gegenüber dem neuen Arbeitgeber auszusprechenden fristlosen Kündigung identisch: Der neue Arbeitgeber scheidet als Vertragspartner des Arbeitnehmers aus.

89

Allerdings hat eine Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses neben dem vorrangig zu berücksichtigenden Verlust von Erwerbseinkommen nicht zuletzt auch negative sozialrechtliche Konsequenzen, soweit etwa § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB III bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitnehmer die Verhängung einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld vorsieht. Damit besteht ein erheblicher - vom Gesetzgeber auch gewollter - tatsächlicher Druck, den Arbeitsplatz bei dem neuen Arbeitgeber zu behalten.

90

bb) Einschneidender als die gesetzliche Bestimmung eines neuen Arbeitgebers ist jedoch der damit verbundene Verlust des alten Arbeitgebers.

91

Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG ausgestaltete Überleitung der Arbeitsverhältnisse bewirkt eine Loslösung des Landes von eingegangenen arbeitsvertraglichen Bindungen, ohne dass bei einem entgegenstehenden Willen des Arbeitnehmers die Einhaltung kündigungsrechtlicher Vorschriften, die in gesetzgeberischer Umsetzung der aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht entstanden sind, sichergestellt werden muss. Dadurch wird dem Arbeitnehmer ein erhebliches Maß an Bestandsschutz entzogen.

92

Die vom Landesgesetzgeber bewusst nicht gewährte Widerspruchsmöglichkeit - entsprechend § 613a Abs. 6 BGB - ließe demgegenüber das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbestehen. Ist in dessen Betrieb der Beschäftigungsbedarf weggefallen, käme eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht, die aber den gesetzlichen Anforderungen des § 1 KSchG standhalten muss. Insbesondere dürfte im Unternehmen keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden sein (§ 1 Abs. 2 KSchG). Zudem wären bei einer Kündigung die Grundsätze der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zu beachten. Aufgrund der Regelungen des § 1 KSchG könnte der widersprechende Arbeitnehmer erreichen, dass er sein Arbeitsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber nicht verliert, obwohl der Betrieb oder Betriebsteil, in dem er bislang eingesetzt wurde, auf ein anderes Unternehmen übergegangen ist. Ob es dem Arbeitnehmer gelingt, seine Beschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber auf Dauer beizubehalten, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Das Risiko einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung oder sonstiger Nachteile kann größer oder kleiner sein. Dementsprechend kann es objektiv mehr oder weniger vernünftig erscheinen, wenn sich der Arbeitnehmer durch Ausübung des Widerspruchsrechts für die zumindest vorübergehende Beibehaltung seines bisherigen Vertragspartners entscheidet. Die Abwägung dieser Risiken ist der privatautonomen Entscheidung des Arbeitnehmers vorbehalten.

93

Die Sicherung des Rechts auf freie Arbeitsplatzwahl als Ausprägung der Privatautonomie durch § 613a Abs. 6 BGB ist sowohl vom Gesetzgeber (vgl. BTDrucks 14/7760, S. 20) wie in der vorausgehenden Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil vom 2. Oktober 1974 - 5 AZR 504/73 -, AP BGB § 613a Nr. 1; zuletzt etwa Urteil vom 19. Februar 2009 - 8 AZR 176/08 -, AP BGB § 613a Nr. 368) im Wesentlichen auch mit den Grundrechten der Arbeitnehmer begründet worden.

94

Das bedeutet zwar nicht, dass die Vorschrift des § 613a Abs. 6 BGB damit verfassungsrechtlich geboten ist. Der Gesetzgeber muss aber grundsätzlich das Grundrecht der Arbeitnehmer auf freie Wahl des Arbeitsplatzes bei einem ohne ihren Willen erfolgenden Arbeitgeberwechsel schützen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Wechsel des Arbeitgebers unmittelbar kraft Gesetzes aus der Beschäftigung bei einem öffentlichen Arbeitgeber zu einem privaten Arbeitgeber führt, oder wenn es sich - wie hier - lediglich um einen Zwischenschritt hin zu einer beabsichtigten und klar absehbaren Privatisierung des Arbeitgebers handelt. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts § 613a BGB bei einem gesetzlich angeordneten Übergang von Arbeitsverhältnissen weder direkt noch analog gilt (vgl. etwa BAG, Urteil vom 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 -, AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25), folgt daraus, dass der den Übergang regelnde Gesetzgeber bei einem Privatisierungsprozess wie im vorliegenden Fall die grundrechtlichen Probleme selbst bewältigen muss. Das heißt zwar nicht, dass die Überleitung von Beschäftigten einer Gebietskörperschaft etwa auf eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts stets nur unter Einräumung eines Widerspruchsrechts zulässig wäre; denn insoweit darf der Gesetzgeber berücksichtigen, dass dem Arbeitnehmer bei Fortbestand der übrigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten nicht nur der Arbeitsplatz erhalten bleibt, sondern er auch weiterhin "im öffentlichen Dienst" beschäftigt bleibt. Die gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen in Vorbereitung und Umsetzung einer Privatisierungsentscheidung kann aber nicht dazu führen, dass der durch Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Schutz völlig entfällt. Soweit die in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG geregelte Überleitung überhaupt keine Möglichkeit bietet, den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse zum Land geltend machen zu können, stellt dies eine unverhältnismäßige Beschränkung des durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesses der betroffenen Arbeitnehmer an der Beibehaltung des gewählten Vertragspartners dar.

95

Privatisierungsgestaltungen der vorliegenden Art unterliegen einer besonderen verfassungsgerichtlichen Kontrolle daraufhin, ob der Gesetzgeber seiner Pflicht zum Schutz der Rechte der Arbeitnehmer bei der Wahl des Arbeitsplatzes gerecht geworden ist. Denn das Land tritt in einem Privatisierungsprozess in einer Doppelrolle auf, nämlich sowohl als (bisheriger) Arbeitgeber wie als Gesetzgeber, der sich selbst unmittelbar durch Gesetz aus der Arbeitgeberstellung löst und sich damit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten entzieht. Damit eröffnet sich das Land rechtliche Möglichkeiten, die sonstigen Arbeitgebern nicht zur Verfügung stehen. Gerade die Rechtsfolge, die allgemein dem Arbeitgeber vom Gesetzgeber zugemutet wird, nämlich die Erschwerung eines Betriebsübergangs durch eine - gegebenenfalls auch massenhafte - Ausübung des Widerspruchsrechts, soll den staatlichen Arbeitgeber zur Erleichterung des Privatisierungsprozesses legitimieren, sich ohne Einräumung eines § 613a Abs. 6 BGB entsprechenden Widerspruchsrechts von Arbeitsverträgen lösen zu können. Der aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Grundrechtsschutz der Arbeitnehmer soll nach dem Willen des Landesgesetzgebers damit geringer sein, wenn sie beim Land beschäftigt sind und das Land ihre Arbeitsverhältnisse auf einen Dritten überleiten will. Für diese Privilegierung des Landes in seiner Doppelrolle als Arbeitgeber und Gesetzgeber reicht das legitime Ziel der Privatisierung nicht aus.

96

Hinzu kommt, dass mit dem Verlust eines öffentlichrechtlichen Arbeitgebers, stärker als beim Wechsel von einem privaten Arbeitgeber zu einem anderen, die vom Arbeitnehmer gewählte Berufswahlentscheidung berührt wird, da dieser Entscheidung die Abwägung der typischen Vor- und Nachteile der Beschäftigung in einem öffentlichrechtlich geprägten Arbeitsverhältnis zugrunde liegt.

97

Im Hinblick auf seine durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Entscheidungsfreiheit kann der gesetzliche Eingriff in die Freiheit der Wahl, seinen Vertragspartner beizubehalten, nicht damit gerechtfertigt werden, dass beim gewählten Vertragspartner Beschäftigungsmöglichkeiten wegfallen und der Arbeitnehmer möglicherweise mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen müsste. Grundsätzlich gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG dem Arbeitnehmer das Recht, solche Risiken selbst abzuwägen und über sie nach eigener Einschätzung frei zu entscheiden. Entsprechendes gilt für die Frage, wie nachteilig der Verlust des bisherigen, durch den frei gewählten Arbeitgeber gekennzeichneten Arbeitsplatzes gegenüber dem Arbeitsplatz bei dem neuen Arbeitgeber ist. Die diesbezüglichen künftigen Entwicklungen sind insoweit zu wenig vorhersehbar und die Risiken zu wenig vergleichbar, als dass es angemessen und zumutbar wäre, dem Arbeitnehmer diese Entscheidungsfreiheit abzusprechen und an seiner Stelle gesetzlich zu entscheiden. Da diese Entscheidung dem Arbeitnehmer überlassen bleibt und eine betriebsbedingte Kündigung sich im Einzelfall rechtfertigen muss, überschreitet ein unmittelbarer Ausschluss des Rechts des Arbeitnehmers, sich für die Beibehaltung des Landes als Arbeitgeber - mit allen damit verbundenen Risiken - zu entscheiden, den Maßstab des Angemessenen.

98

Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie des Arbeitnehmers erlaubt Gesetzgeber und Gerichten vorliegend nicht, kraft vermeintlich besserer Einsicht die Entscheidung, welcher von mehreren zur Auswahl stehenden Arbeitgebern mehr Vorteile bietet, an Stelle des Arbeitnehmers zu treffen. Auch den Bestand der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH sichernde Regularien, wie die in § 14 des Gesellschaftsvertrags für den Fall einer Insolvenzverfahrenseröffnung geregelte Möglichkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen, genügen nicht, um die Nichteinräumung eines Widerspruchsrechts bei der Beendigung arbeitsvertraglicher Bindungen des Landes noch für angemessen zu erachten. Zwar mögen solche Maßnahmen geeignet erscheinen, den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse nach einer Überleitung zu erhöhen und damit den mit dem Eintritt eines neuen Arbeitgebers in die Rechte und Pflichten der Arbeitsverträge verbundenen Eingriff in die Vertragspartnerwahlfreiheit der Arbeitnehmer abzumildern. Ein ausreichendes Gegengewicht zu dem ebenso durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesse der Arbeitnehmer am Erhalt des selbst gewählten Arbeitgebers stellt dies jedoch nicht dar. Derartige bestandserhaltende Vorkehrungen allein sind schon angesichts der auf längere Sicht offenen Folgen einer Privatisierung nicht hinreichend, die weitgehende Beschränkung privatautonomer Entscheidungsmöglichkeiten zu rechtfertigen.

99

Das Land war daher nicht berechtigt, sich selbst kraft Gesetzes seiner arbeitsvertraglichen Bindungen zu entziehen und von der Notwendigkeit zu entlasten, die gewünschte Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beschwerdeführerin im Streitfall im Einklang mit den allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften herbeizuführen.

II.

100

Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken dagegen, dass das Bundesarbeitsgericht von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV abgesehen hat.

101

1. Der Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>; stRspr).

102

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, "dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 "C.I.L.F.I.T." -, Slg. 1982, S. 3415 Rn. 21). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht (vgl. BVerfGE 82, 159 <194>; EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O. Rn. 10; ders., Urteil vom 27. Juni 1991 - C-348/89 "Mecanarte" -, Slg. 1991, S. I-3277 Rn. 47).

103

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (Willkürmaßstab; vgl. BVerfGE 82, 159 <194 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, NJW 2010, S. 3422 <3427>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08 -, GRUR 2010, S. 999 <1000>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. November 2010 - 1 BvR 2065/10 -, juris Rn. 23).

104

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 -, NJW 2010, S. 3422 <3427>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 -, NJW 2010, S. 1268 <1269>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08 -, GRUR 2010, S. 999 <1000>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. November 2010 - 1 BvR 2065/10 -, juris Rn. 23). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. Februar 2010, a.a.O.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2010, a.a.O.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. November 2010, a.a.O.).

105

Dies entspricht dem Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Juli 2010 (a.a.O.). Auch dort wird darauf abgestellt, dass das Bundesverfassungsgericht keine Vollkontrolle, sondern nur eine Vertretbarkeitskontrolle hinsichtlich der Vorlagepflicht am Willkürmaßstab durchführt, mit der die Beachtung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und damit die Beachtung der Voraussetzungen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV geprüft wird, dessen Auslegung seinerseits dem Gerichtshof der Europäischen Union unterliegt (vgl. BVerfGE 73, 339 <368>; 82, 159 <193 f.>; 123, 267 <397 f.>).

106

2. Nach diesen Maßstäben ist Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt.

107

a) Soweit die Beschwerdeführerin die Frage nach dem Bestehen einer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zur Begründung eines Widerspruchsrechts im Sinne des § 613a Abs. 6 BGB aufwirft, hat das Bundesarbeitsgericht die Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht grundsätzlich verkannt.

108

aa) Es hatte bereits keine Zweifel an der richtigen Beantwortung der Frage nach der Bedeutung der europarechtlichen Vorgaben in der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG für die Herleitung eines Widerspruchsrechts. Das Bundesarbeitsgericht ist auch nicht bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs abgewichen, sondern hat sich im Gegenteil mit dessen Rechtsprechung zum Widerspruchsrecht im Einklang gesehen und seine Entscheidung maßgeblich auf Schlussfolgerungen aus dem Urteil vom 16. Dezember 1992 (C-132/91, C-138/91, C-139/91, Slg. 1992, S. I-6577) gestützt.

109

bb) Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht seinen Spielraum bei der Beurteilung, ob eine Vorlage an den Gerichtshof wegen einer Unvollständigkeit dessen Rechtsprechung geboten ist, nicht überschritten.

110

Das Bundesarbeitsgericht konnte im Ergebnis vertretbar davon ausgehen, dass die Frage des Widerspruchsrechts der Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang durch den Gerichtshof bereits entschieden ist beziehungsweise die richtige Antwort trotz verbleibender Lücken in der Rechtsprechung des Gerichtshofs offenkundig ist. Es hat verfassungsrechtlich unbedenklich angenommen, dass ein Widerspruchsrecht, wie es in § 613a Abs. 6 BGB normiert ist, nicht auf europarechtliche Grundlagen zurückgeführt werden kann. Insofern hat das Bundesarbeitsgericht die Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgewertet und das Ergebnis in vertretbarer Weise für so eindeutig gehalten, dass eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV unterbleiben konnte.

111

Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG selbst enthält ebenso wie ihre früheren Fassungen keine Vorschrift zum Widerspruchsrecht. Auch der Gerichtshof hat unmittelbar aus der Richtlinie kein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer abgeleitet. In den Urteilen, in denen er sich mit Fragen zum Widerspruchsrecht auseinandergesetzt hat (Urteil vom 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 -, Slg. 1992, S. I-6577; Urteil vom 7. März 1996 - C-171/94 und C-172/94 -, Slg. 1996, S. I-1253; Urteil vom 24. Januar 2002 - C-51/00 -, Slg. 2002, S. I-969), wird vielmehr betont, dass die in Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG angeordnete Rechtsfolge des Betriebsübergangs, das heißt der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, zwingend ist. Der Gerichtshof hat es ausdrücklich abgelehnt, den Zweck der Richtlinie auch darin zu sehen, dass die Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit nicht für den Betriebserwerber ausüben wollen, das Arbeitsverhältnis mit dem Veräußerer fortsetzen können.

112

Zwar scheint nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine europarechtliche Herleitung des Widerspruchsrechts durchaus in Betracht zu kommen. So heißt es in den Urteilen vom 16. Dezember 1992 (C-132/91, C-138/91 und C-139/91, Slg. 1992, S. I-6577) und 7. März 1996 (C-171/94 und C-172/94, Slg. 1996, S. I-1253), es würde gegen Grundrechte des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers verstoßen, ihn zu verpflichten, das Arbeitsverhältnis gegen seinen Willen mit dem Erwerber fortzusetzen. Deshalb könne ihm durch die Richtlinie 2001/23/EG nicht verwehrt werden, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Durch die Grundrechte des Arbeitnehmers scheint also die eigentlich zwingende Wirkung der Richtlinie 2001/23/EG, bezogen auf die ihn betreffenden Rechtsfolgen, beseitigt zu werden. Diese These wird im Urteil vom 24. Januar 2002 (C-51/00, Slg. 2002, S. I-969) dahingehend zusammengefasst, dass dem Arbeitnehmer "die Befugnis zuerkannt" werde, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Näher begründet wird dies nicht. Es wird nicht einmal ausgeführt, welche europäischen Grundrechte gemeint sind und ob beziehungsweise inwieweit diese These das Ergebnis einer Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist.

113

Ungeachtet dieser Unklarheiten kann aus den Entscheidungen des Gerichtshofs jedenfalls nicht gefolgert werden, in die Richtlinie 2001/23/EG müsse unter Berücksichtigung der Gemeinschaftsgrundrechte doch ein der Regelung des § 613a Abs. 6 BGB entsprechendes Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer hineingelesen werden. Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, für das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB fehle es an einer europarechtlichen Grundlage, wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht in Frage gestellt. Die Bedeutung des vom Gerichtshof zwar nicht aus der Richtlinie, aber aus den Grundrechten der Arbeitnehmer abgeleiteten Widerspruchsrechts entspricht nicht dem vom deutschen Gesetzgeber in § 613a Abs. 6 BGB geregelten Recht. Die Ausübung dieses Rechts bewirkt, dass das Arbeitsverhältnis entgegen der in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB angeordneten Rechtsfolge beim bisherigen Arbeitgeber, dem Betriebsveräußerer, verbleibt. Dieses Klageziel hat auch die Beschwerdeführerin verfolgt, indem sie die Feststellung beantragt hat, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Land fortbesteht. Ein solches Recht, abweichend von Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer herbeiführen zu können, hat der Gerichtshof aber gerade nicht postuliert. Den Grundrechten der Arbeitnehmer ist aus seiner Sicht vielmehr nur geschuldet, dass sie sich gegen die eigentlich durch den Betriebsübergang bewirkte Begründung einer arbeitsvertraglichen Beziehung mit dem Betriebserwerber entscheiden können. Den Arbeitnehmern darf nicht gegen ihren Willen ein Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber aufgezwungen werden. Die Folge ihrer - gemeinschaftsrechtlich zuzulassenden - Entscheidung, nicht für den Betriebserwerber arbeiten zu wollen, muss nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aber nicht der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber sein. Von diesbezüglichen Vorgaben an die Mitgliedstaaten wurde ausdrücklich abgesehen. Wenn der Gerichtshof den Begriff des Widerspruchsrechts verwendet, dann nur im Sinne eines Abwehrrechts gegen den Zwang zur Erbringung der Arbeitsleistung für den Betriebserwerber und anders als bei § 613a Abs. 6 BGB nicht im Sinne eines Anspruchs auf Beibehaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer.

114

b) Auf dieser Grundlage ist von Verfassungs wegen auch nicht zu beanstanden, dass das Bundesarbeitsgericht die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/23/EG auf einen gesetzlichen Übergang von Arbeitsverhältnissen dem Gerichtshof nicht zur Entscheidung vorgelegt hat. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei die ausweitende Auslegung des Anwendungsbereichs der Betriebsübergangsrichtlinie durch den Gerichtshof (vgl. Urteil vom 14. September 2000 - C-343/98 -, Slg. 2000, S. I-6659) nicht übersehen. Es konnte diese Frage jedoch offen lassen und als nicht entscheidungserheblich ansehen, da es unabhängig vom Anwendungsbereich der Richtlinie ein europarechtlich fundiertes Widerspruchsrecht im Sinne des § 613a Abs. 6 BGB verneint hat. Da die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV aber eine Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage erfordert, scheidet eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aus.

C.

115

Aus der Unvereinbarkeit der angegriffenen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 UKG mit dem Grundgesetz folgt nicht die Nichtigkeit der Norm, weil sonst dem gesetzgeberischen Konzept der Überleitung der Arbeitsverhältnisse in Vorbereitung der Privatisierung rückwirkend die Grundlage entzogen würde. Die Verfassungswidrigkeit der Überleitungsvorschrift liegt auch nicht in dem gesetzlich angeordneten Eintritt des Universitätsklinikums in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse begründet. Sie folgt aus der fehlenden, aber notwendig gesetzlich zu verankernden Möglichkeit für die von der Überleitung betroffenen Arbeitnehmer, den Fortbestand ihrer arbeitsvertraglichen Bindungen zum Land geltend machen zu können. Zur Sicherstellung dieses Anspruchs und Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben stehen dem Landesgesetzgeber verschiedene Regelungsalternativen, wie etwa die Einräumung eines Widerspruchs- oder eines Rückkehrrechts für die im Dienste der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH stehenden Arbeitnehmer, zur Verfügung.

116

Die angegriffenen Urteile des Landesarbeitsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts sind aufzuheben, da sie auf der mit dem Grundgesetz unvereinbaren inkompletten Regelung beruhen. Die Beschwerdeführerin erhält so Gelegenheit, ihr Anliegen im Ausgangsverfahren ohne Kostennachteil weiter zu verfolgen (vgl. BVerfGE 91, 186 <207>). Die Sache ist dabei an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung lediglich in die Revisionsinstanz ist nicht angezeigt, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Prüfung der Begründetheit des Feststellungsbegehrens der Beschwerdeführerin nach einer gesetzlichen Neuregelung nicht ausschließlich rechtliche Erwägungen, sondern auch tatsächliche Feststellungen notwendig macht.

D.

117

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
XII ZR 279/97 Verkündet am:
16. Februar 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Rechtsposition eines Mieters, der ein Ladenlokal in einem erst zu erstellenden
Einkaufszentrum gemietet hat, wenn dieses nach der Eröffnung nicht in der erwarteten
Weise von den Kunden angenommen wird.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - OLG Naumburg
LG Halle
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Oktober 1997 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin eines Einkaufszentrums "C. -C. " in der Innenstadt von H. . Sie bot dem Beklagten über die I. C. M. GmbH (ICM) - unter Vorlage von Grundrißzeichnungen und eines Standortprospekts - Geschäftsräume in dem damals erst noch zu erstellenden C. -C. an. Der Prospekt enthielt unter anderem folgende Angaben:
"... An den Bahnhof angrenzend, am R. platz, beginnt H. 's Fußgängerzone - die L. Straße. Vom Tunnelausgang L. Straße mit Läden und überdachten Verbindungen und über die R. straße führt der direkte Weg in das neue C. -C. . ... ein attraktiver Standort und ein starkes Konzept, das den Erfolg des C. - C. garantiert." Durch Vertrag vom 28. Juni 1994 mietete der Beklagte ein Ladengeschäft mit einer Grundfläche von ca. 35 qm im Passagenbereich des Geschäftszentrums zum Betrieb eines Fachgeschäfts für Wäsche und Dessous. Das Mietverhältnis sollte mit der Übergabe des Objekts, voraussichtlich im November 1995, beginnen und war zunächst auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Der Mietzins sollte monatlich 2.100 DM zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer betragen. Als Mietsicherheit hatte der Beklagte vor Übergabe der Mieträume eine Kaution von 8.100 DM zu leisten. Der Mietvertrag enthielt unter anderem nähere Regelungen über die Nutzung der Mieträume, die Betriebspflicht, die Ladenöffnungszeiten und die Verpflichtung des Mieters, einer zu gründenden Werbegemeinschaft anzugehören, sowie über die Aufgaben des Vermieters, unter anderem hinsichtlich der "Organisation eines objektbezogenen Center-Managements", wodurch "die Voraussetzungen und Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts geschaffen und gefördert werden" sollten. Am 15. Oktober 1995 schlossen sich die damaligen Mieter zu einer Interessengemeinschaft zusammen, die gegenüber der Klägerin beanstandete, daß bislang nur 50 % der Läden auf 2/3 der Gesamtfläche vermietet seien. Daraufhin halbierte die Klägerin den jeweils vereinbarten Mietzins. Am 23. Oktober 1995 erhielt der Beklagte die gemieteten Räume übergeben. Die vereinbarte Kaution zahlte er nicht. In der Folgezeit geriet er in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die er darauf zurückführte, daß die Klägerin
Zusagen unter anderem über die günstige Verkehrsanbindung sowie über die (Voll-) Belegung des C. -C. nicht eingehalten habe mit der Folge, daß dieses von den Kunden nicht angenommen worden sei. Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 erklärte der Beklagte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, hilfsweise verlangte er die sofortige Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie hat den Beklagten mit der Klage auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Mietkaution in Höhe von 8.100 DM in Anspruch genommen. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis durch die von ihm erklärte fristlose Kündigung beendet sei. Er hat behauptet, die Klägerin habe ihm bei der Anmietung des Objekts umfangreiche Zusicherungen gemacht über die günstige Erreichbarkeit des Einkaufszentrums, das Vorhandensein einer erheblichen Anzahl von Parkplätzen und die Vollvermietung desC. -C. einschließlich der Belegung mit einem Lebensmittelmarkt. Damit habe die Klägerin - und zwar bereits in ihrem Prospekt - die Garantie für das Gesamtkonzept und für den Erfolg des Einkaufszentrums übernommen, der indessen nicht eingetreten sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses verneint, da dem Beklagten kein Kündigungsgrund zur Seite gestanden habe. Der Mietvertrag enthalte keine besonderen Zusicherungen der Klägerin. Das von ihr erstellte Exposései unverbindlich gewesen. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei ebenfalls nicht anzunehmen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 1997 eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung durchgeführt und sodann - im Hinblick auf eine noch ausstehende schriftliche Zeugenaussage - im Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 11. August 1997 (später verlängert bis zum 14. August 1997) und Verkündungstermin am 28. August 1997 (später verlegt auf den 9. Oktober 1997) angeordnet. Durch Urteil vom 9. Oktober 1997 hat das Oberlandesgericht unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, daß der Mietvertrag zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 7. Februar 1996 beendet sei. Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

A

Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

B

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I.

Die Revision erhebt zunächst eine Verfahrensrüge im Zusammenhang mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungsgericht. Sie macht dazu geltend: Das Oberlandesgericht habe nicht dargelegt, inwieweit der Prozeß nicht auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif gewesen sei. Durch die Anordnung des schriftlichen Verfahrens und die Verkündung des Berufungsurteils am 9. Oktober 1997 - auf die Verhandlung vom 23. Juni 1997 - sei die Dreiwochenfrist des § 310 Abs. 1 ZPO erheblich überschritten worden. Hierauf könne das angefochtene Urteil beruhen , da der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme berührt sei. Diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens war durch den Umstand bedingt, daß die schriftliche Aussage des Zeugen H. noch ausstand. Aus diesem Grund haben sich beide Parteivertreter ausdrücklich mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Die Überschreitung der Dreiwochenfrist - im schriftlichen Verfahren allerdings zu bemessen vom Ende der eingeräumten Schriftsatzfrist bis zur Urteilsverkündung -, die aus dienstlichen Gründen, zunächst zum Zwecke einer Nachberatung , erfolgte, hält sich noch in dem Rahmen, den § 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgibt (vgl. BVerfG Beschluß vom 5. Juni 1992 - 2 BvR 1307/91 = NJW-RR 1993, 253).

II.

Die Revision greift auch die materiell-rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts als fehlerhaft an. 1. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, der vertraglich vereinbarte Anspruch der Klägerin auf die Kautionszahlung sei infolge wirksamer fristloser Kündigung des Mietvertrages durch den Beklagten erloschen. Die fristlose Kündigung sei berechtigt gewesen, da dem Beklagten der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache nicht gewährt worden sei, §§ 542, 537 BGB. Hierzu hat das Gericht im einzelnen ausgeführt: Der gemietete Laden habe mehrere Mängel aufgewiesen, die seine Tauglichkeit für den vorgesehenen Zweck entscheidend beeinträchtigt hätten. Das gesamte C. -C. und damit auch das Geschäftslokal des Beklagten sei für Fußgänger aus dem Innenstadtbereich nicht in so bequemer Weise zu erreichen gewesen, daß Kunden auch bei schlechtem Wetter angezogen worden seien. Von dem Fußgängerbereich der L. Straße habe kein überdachter Weg zum C. -C. geführt. Das sei dem Beklagten aber bei der Anmietung zugesagt worden. Hierfür spreche schon der Wortlaut des Standort-Prospekts der den Mietern ausgehändigt worden sei. Außerdem hätten auch die Zeugen B. (B.) und K. (K.) - ebenfalls Mieter im C. - -C. - bekundet, ihnen sei zugesichert worden, man werde das C. - -C. vom Bahnhof trockenen Fußes erreichen können. Diesen Bekundungen sei entgegen den Aussagen der auf der Vermieterseite an den Mietverhandlungen beteiligten Zeugen C. (C.) und G. -S. (G.-S.) zu fol-
gen. Das Fehlen einer Überdachung für die Fußgänger sei ein die Erreichbarkeit des C. -C. betreffender Mangel. Ein weiterer Mangel der Mietsache liege darin, daß am C. -C. weniger als 200 Parkplätze für Mieter und Kunden zur Verfügung ständen, obwohl 600 bis 1200 Parkplätze zugesagt worden seien, wie sich ebenfalls aus den Bekundungen der Zeugen B. und K. ergebe. Ferner sei nach den Aussagen B. und K. das Vorhandensein eines Lebensmittelmarktes mit Vollsortiment unter Beteiligung bekannter Firmen zugesichert worden. Auch das sei ein Umstand, der Kunden anziehen könne. Eingehalten worden sei die Zusicherung jedoch nicht. Schließlich sei nach der Aussage K. zugesichert worden, das Zentrum sei voll vermietet, wodurch eine werbewirksame Anziehung von Kunden zu erwarten gewesen sei. Auch diese Zusicherung sei nicht eingehalten worden. Die Gesamtwürdigung der genannten Umstände führe zu dem Ergebnis, daß ein schwerwiegender Mangel des Mietobjekts im Sinne von § 537 BGB anzunehmen sei. Dieser habe die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Wenn auch der Mieter eines Ladenlokals das Risiko für die Verwertbarkeit des Mietobjekts und die Ertragslage seines Geschäfts selbst zu tragen habe , dürfe er doch darauf vertrauen, daß die objektiven Gegebenheiten, die die Erreichbarkeit der Geschäfte und die generelle Werbewirksamkeit eines Einkaufszentrums beträfen, in der zugesicherten Weise vorhanden seien. Nur auf dieser Grundlage könne er seine Entscheidung, ob er das Geschäftsrisiko an diesem Ort eingehen wolle, sachgerecht abwägen. Wenn ihm Umstände als besonders werbewirksam dargestellt worden seien, dürfe er darauf vertrauen, daß er sich in einem entsprechenden Umfeld einmiete. Wenn sodann mehrere dieser Umstände nachhaltig ausfielen, liege eine erhebliche Hinderung im Gebrauch vor (§ 542 Abs. 2 BGB).
Eine Frist zur Beseitigung der Mängel habe der Beklagte gemäß § 542 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zu bestimmen brauchen; denn es sei aufgrund der Haltung der Klägerin nicht damit zu rechnen gewesen, daß die Mängel innerhalb zumutbarer Frist behoben werden könnten. So habe die Klägerin durch ihr weiteres Verhalten zu erkennen gegeben, daß sie weitere bauliche Investitionen - insbesondere Schaffung eines überdachten Fußgängerweges und von Parkplätzen - nicht plane. 2. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht geltend macht, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Kündigungsrecht nach § 542 BGB setzt voraus, daß die Mietsache mit einem Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB behaftet ist, oder daß ihr eine besonders zugesicherte Eigenschaft (§ 537 Abs. 2 BGB) fehlt (vgl. Gerber/ Eckert, Gewerbliches Miet- und Pachtrecht 3. Aufl., Rdn. 116).
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht und mit nicht zutreffender Begründung das Vorliegen eines Mangels des von dem Beklagten gemieteten Geschäftslokals bejaht. Unter einem Mangel im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand zu verstehen (vgl. BGH Urteil vom 26. September 1990 - VIII ZR 205/89 = BGHR BGB § 537 Abs. 1 Fehler 1 m.w.N.; Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete , 3. Aufl. III B Rdn. 1328 ff; Gerber/Eckert aaO Rdn. 117), wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können (st.Rspr. vgl. etwa BGH Urteil vom 1. Juli 1981 - VIII ZR 192/80 = NJW 1981, 2405; Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 = WM 1992, 583, 585, jeweils m.N.). So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände - etwa die Behinderung
des beschwerdefreien Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal - einen Fehler des Mietobjekts begründen (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405; Wolf/ Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl. Rdn. 235 ff). Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405 m.N.; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1342; auch Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. Vorbem. zu § 537 Rdn 32), wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (Wolf/Eckert aaO Rdn. 243). In diesem Sinn scheiden die Umstände, die das Berufungsgericht zur Begründung der allgemeinen Werbewirksamkeit des Einkaufszentrums hervorgehoben hat, von vornherein als Fehler des gemieteten Ladenlokals im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB aus. Sowohl das Vorhandensein eines überdachten Zuweges vom Hauptbahnhof zu demC. -C. als auch der Bestand von Parkplätzen in ausreichender Anzahl in der Nähe des Einkaufszentrums sind zwar Umstände, die für die Attraktivität des Einkaufszentrums in der Innenstadtlage von - sogar erheblicher - Bedeutung sein dürften. Sie führen jedoch nicht zu einer unmittelbaren Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit des von dem Beklagten gemieteten Geschäftslokals für Wäsche und Dessous (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2405, 2406). Ein Geschäft dieser Art ist auch ohne überdachten Zuweg - grundsätzlich beschwerdefrei und ungehindert - zu erreichen, und zwar auch unabhängig davon, ob ein Kunde, je nach Tageszeit, einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums oder an entfernterer Stelle findet. Bei einem Geschäft, zu und von dem die Kunden typischerweise
schwerere Lasten zu transportieren haben (wie etwa bei einem Getränkemarkt ), kann das anders sein. Soweit der Beklagte seine fristlose Kündigung darauf gestützt hat, daß das Einkaufszentrum im Zeitpunkt der Eröffnung - und auch später - nicht vollständig vermietet und daß entgegen den Planungen kein Lebensmittelmarkt vorhanden gewesen sei, begründen auch diese Umstände keinen Fehler des Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 1 BGB. Denn auch sie stellen keine - unmittelbare - Beeinträchtigung der Tauglichkeit der gemieteten Räume zu dem vertraglich vereinbarten Zweck als Geschäftslokal für Wäsche und Dessous dar. Die Möglichkeit, an dem von anderen Geschäften in einem Einkaufszentrum angezogenen Kundenstrom zu partizipieren, kann sich zwar - mittelbar - auf den zu erwartenden Umsatz und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg des einzelnen Geschäfts auswirken. Insoweit steht jedoch, wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, nicht die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts in Frage, sondern das allgemeine unternehmerische Verwendungsund Gewinnerzielungsrisiko, das grundsätzlich bei dem Mieter und nicht bei dem Vermieter liegt (allgemeine Meinung, vgl. nur BGH aaO NJW 1981, 2405 f; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1342; Wolf/Eckert aaO Rdn. 168).
b) Das Berufungsgericht hat mehrfach darauf abgehoben, daß die Klägerin bestimmte Zusicherungen bzw. Zusagen erteilt habe, die nicht eingehalten worden seien, und es ist sodann in einer "Gesamtwürdigung der aufgeführten Umstände" zu dem Ergebnis gelangt, daß "ein schwerwiegender Mangel im Sinne des § 537 BGB" vorliege. Diesen Ausführungen ist nicht mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, ob das Oberlandesgericht hiermit das Fehlen zugesicherter Eigenschaften des Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB bejahen wollte.
Sollte das der Fall sein, so hält auch diese Annahme der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn die von dem Beklagten geltend gemachten Umstände stellen - schon - keine zusicherungsfähigen Eigenschaften des hier streitigen Mietobjekts im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB dar; im übrigen fehlt es auch an der schlüssigen Behauptung einer "zugesicherten" Eigenschaft im Sinne der Vorschrift. Als Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB kommen - entsprechend der Regelung in § 459 Abs. 2 BGB (vgl. Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. § 537 Rdn. 58; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1357; RG, Urteil vom 12. November 1936 - IV 148/36 = JW 1937, 675) - neben der physischen Beschaffenheit die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietgegenstandes zu seiner Umwelt in Betracht, die für die Brauchbarkeit und den Wert des Mietobjekts von Bedeutung sind. Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen (vgl. BGHZ 111, 75, 78; 79, 183, 185; 114, 263, 266 jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab scheiden hier zunächst der - überdachte - Zugang vom Hauptbahnhof zu dem Einkaufszentrum, in welchem sich das gemietete Ladenlokal des Beklagten befindet, und das Vorhandensein von zugesagten 600 bis 1200 (statt ca. 200) Parkplätzen im Umfeld des Einkaufszentrums als zusicherungsfähige Eigenschaften der Mietsache selbst aus. Sie haben mit der Beschaffenheit des gemieteten Ladenlokals nichts zu tun. Aber auch eine (augenblickliche) Vollbelegung (Vollvermietung) des C. - C. , unter anderem mit einem für die Anziehung von Kunden gegebenen-
falls wichtigen Lebensmittelmarkt, stellt keine Eigenschaft des einzelnen in dem Einkaufszentrum gemieteten Ladenlokals dar. Zwar wird die Vollvermietung eines Einkaufszentrums für den Mieter des einzelnen Ladenlokals regelmäßig von erheblicher Bedeutung sein. Gleichwohl stellt sie keinen Umstand dar, der dem Mietobjekt - auf Dauer - als "Eigenschaft" anhaftet. Denn auch insoweit fehlt es an dem notwendigen Bezug zu der Beschaffenheit des Mietobjekts , in der die Bedeutung und die Auswirkungen der "Umweltbeziehungen" auf die Mietsache ihren Grund haben müßten. So kann zwar die örtliche Lage eines gemieteten Ladenlokals als Beschaffenheitsmerkmal, d.h. als tatsächliche Beziehung der Mietsache zu ihrer Umgebung, eine zusicherungsfähige Eigenschaft gemäß § 537 Abs. 2 Satz 1 BGB sein, etwa in dem Sinn, daß die Lage in einer Fußgängerzone im Innenstadtbereich, in einem bestehenden Neubaugebiet oder auch in einem Einkaufszentrum in der Innenstadt oder einem außerörtlichen Gewerbegebiet als Eigenschaft zugesichert wird. Ob und in welchem Umfang potentielle Kunden die Fußgängerzone besuchen, die Geschäfte in dem Neubaugebiet aufsuchen, und/oder durch die Attraktivität des - teil- oder vollbelegten - Einkaufszentrums angezogen werden und damit letztlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbes in dem gemieteten Ladenlokal beitragen, beurteilt sich hingegen aufgrund von Umständen, die außerhalb des Mietobjekts liegen (vgl. BGHZ 111 aaO) und ihre Ursache nicht in seiner Beschaffenheit haben. Abgesehen davon, daß die von dem Beklagten geltend gemachten Umstände hiernach bereits die Voraussetzungen einer zusicherungsfähigen Eigenschaft im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB nicht erfüllen, fehlt es nach dem eigenen Vortrag des Beklagten auch an dem Merkmal der Zusicherung im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB. Dazu müßte die Klägerin durch ihre mit den Vertragsverhandlungen betrauten Mitarbeiter über allgemeine Anpreisungen und Be-
schreibungen der Mietsache hinaus vertragsmäßig bindend erklärt haben, die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten zu wollen (vgl. Wolf/Eckert aaO Rdn. 221; Kraemer in Bub/Treier aaO III B Rdn. 1355; BGHZ 132, 55, 58 zu § 459 Abs. 2 BGB). Eine derartige Zusicherung durch die Klägerin hat der Beklagte nicht (schlüssig) behauptet. Sein allgemeingehaltener Vortrag, die Klägerin habe die Vollvermietung des Einkaufszentrums, das Vorhandensein eines überdachten Zugangs vom Hauptbahnhof zu dem Zentrum und die Erstellung von mehr als 600 Parkplätzen "zugesagt" bzw. "zugesichert", erfüllt die Voraussetzungen des § 537 Abs. 2 BGB nicht. Soweit sich der Beklagte hinsichtlich des überdachten Zugangs auf den Prospekt der Klägerin bezieht, ist diesem schon nach seinem Wortlaut eine entsprechende Aussage nicht zu entnehmen.
c) Da das von dem Beklagten gemietete Geschäftslokal nach den vorstehenden Ausführungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit einem die Gebrauchstauglichkeit mindernden Fehler behaftet war (§ 537 Abs. 1 BGB) und ihm auch keine zugesicherte Eigenschaft fehlte (§ 537 Abs. 2 BGB), kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung nicht bestehenbleiben. 3. Es kann auch nicht mit anderer Begründung gehalten werden (§ 563 ZPO).
a) Der Beklagte hat in seinem Schreiben vom 7. Februar 1996, mit dem er die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärte, hilfsweise die Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage verlangt.

b) Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt war er indessen nicht zur vorzeitigen Kündigung des Mietvertrages berechtigt. Zwar können die Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 242 Rdn. 113 m.w.N.) dann eingreifen, wenn und soweit der Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften nach §§ 537 ff. BGB nicht betroffen ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 aaO m.w.N.). Fehlt oder entfällt die Geschäftsgrundlage , so führt dies im Regelfall zur Notwendigkeit der Anpassung des Vertrages an die veränderten Umstände. Ist eine Anpassung im Einzelfall nicht möglich oder unzumutbar, so kann ausnahmsweise eine Auflösung des Vertrages verlangt werden (vgl. BGH Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 140/83 = WM 1985, 32, 33/34 m.w.N.). Die Auflösung tritt allerdings nicht automatisch als Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein, sondern wird durch entsprechende Gestaltungserklärung - beim Mietvertrag in der Regel durch eine für die Zukunft wirkende Kündigungserklärung - herbeigeführt (vgl. BGHZ 101, 143, 150 m.w.N.; Bub in Bub/Treier aaO II Rdn. 651). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage - hier etwa der dem Vermieter bei Vertragsschluß erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellung und Erwartung des Mieters, in dem gemieteten Ladengeschäft aufgrund einer positiven Entwicklung des angeblich bereits voll vermieteten und bequem erreichbaren Einkaufszentrums Gewinne zu erzielen - ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen (vgl. BGHZ 74, 370, 373 m.w.N.). Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen - abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvor-
hergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt (vgl. etwa Senatsurteil vom 13. Dezember 1995 - XII ZR 185/93 = BGHR BGB § 242 Geschäftsgrundlage 54) - regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. Staudinger/Emmerich aaO Vorbemerkung zu § 537 Rdn. 31 ff.). Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen sich die Anfangsschwierigkeiten , die typischerweise mit einer Existenzgründung oder der Eröffnung eines neuen Ladenlokals verbunden sind, für den Mieter wirtschaftlich negativ auswirken. Aus diesem Grund stand dem Beklagten im vorliegenden Fall kein Recht zur vorzeitigen Beendigung bzw. Kündigung des Mietvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB zu. aa) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH aaO NJW 1981, 2405, 2406 m.w.N.; Gerber/Eckert aaO Rdn. 128; Schmidt-Futterer/Eisenschmid , Mietrecht, 7. Aufl. §§ 535, 536 Rdn. 174). Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich diese Erwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht auf den Vermieter verlagern kann. bb) Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, daß das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können (BGH aaO NJW 1981, 2406; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 400, 401; OLG Düsseldorf BB 1991, 159, 160; OLG München ZMR 1996, 256,
257; teilweise anderer Ansicht für ein projektiertes Einkaufszentrum: OLG Celle NJW 1978, 2510, 2511; allgemein zur Risikoverteilung: BGH Urteil vom 20. Mai 1970 - VIII ZR 197/68 = WM 1970, 907, 908 f.). Wie auch in anderen Geschäftslagen fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfaßt bei einem erst geplanten Einkaufszentrum neben der Chance, in einem später florierenden Zentrum erhöhte Gewinne zu erzielen, auch das Risiko eines Scheiterns des Gesamtobjekts mit entsprechenden negativen Folgen für das gemietete Einzelgeschäft (vgl. BGH aaO NJW 1981, 2406). Allein der Umstand, daß auch der Vermieter von einem wirtschaftlichen Erfolg des Projekts ausgeht, verlagert das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für das einzelne gemietete Geschäft in dem Einkaufszentrum nicht von dem Mieter auf den Vermieter. cc) Die Parteien können allerdings die Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, daß der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters - ganz oder zum Teil - übernimmt. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, eine Auslegung des Mietvertrages vom 28. Juni 1994 unter diesem Gesichtspunkt nicht vorgenommen. Da weitere Feststellungen insoweit jedoch nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat den Vertrag selbst auslegen (vgl. BGH Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 = NJW 1998, 1219 m.w.N.). Hierbei ergibt sich, daß der Vertragsinhalt nicht die Annahme rechtfertigt, die Parteien hätten eine Verlagerung des unternehmerischen Geschäftsrisikos von dem Mieter auf den Vermieter vereinbart. Dafür reicht es nicht aus, daß der Mieter in einem projektierten Einkaufszentrum einzelne zusätzliche Vertrags-
pflichten "im Gesamtinteresse" aller Mieter des Zentrums übernommen hat (insoweit teilweise anderer Ansicht OLG Koblenz aaO S. 401). Der Vertrag muß vielmehr konkrete Anhaltspunkte für eine Risikoübernahme durch den Vermieter enthalten. Dabei kann es sich um Vereinbarungen handeln, die den Mieter in seinen unternehmerischen Entscheidungen über das übliche Maß hinaus einschränken, sein Geschäft nach dem äußeren Erscheinungsbild zu einem eingefügten Teil einer Anlage werden lassen (vgl. dazu Sonnenschein EWiR 1987, 1174, Anmerkung zu LG Duisburg 12 O 197/96 oder etwa dem Vermieter das Risiko einer Betriebsunterbrechung auch dann auferlegen, wenn nicht das vermietete Geschäft, sondern nur ein anderer Teil der Anlage dem Publikumsverkehr nicht mehr zugänglich ist (OLG Koblenz aaO S. 402). Solche Vereinbarungen sind dem hier streitigen Vertrag nicht zu entnehmen. Die in den einzelnen Vertragsvorschriften enthaltenen, für Einkaufszentren nicht ungewöhnlichen Regelungen - wie etwa: Beschränkung des Sortiments, Betriebspflicht während der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten, Pflichtmitgliedschaft in der Werbegemeinschaft, Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtanlage und zur Mitteilung der Umsätze - führen allein nicht zu einer Verlagerung des unternehmerischen Risikos auf den Vermieter. Die Festlegung des Mietzweckes, hier zum Betrieb eines Geschäftes für Wäsche und Dessous (§ 1 Nr. 4), ist in einem Mietvertrag über Gewerberäume üblich. Soweit nach § 2 Nr. 1 des Vertrages jede Ä nderung des Betriebszwecks und die Übernahme branchenfremder Artikel der Zustimmung des Vermieters bedürfen und die Gestaltung des Sortiments und des Geschäftsbetriebes so erfolgen muß, daß keine Überschneidung mit dem Sortiment eines anderen Geschäfts besteht (§ 2 Nr. 3), handelt es sich zwar um einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Mieters; dieser korrespondiert jedoch mit dem festgelegten Vertragszweck und schützt umgekehrt auch den Mieter vor der Konkurrenz durch andere Ge-
schäfte in dem Einkaufszentrum. Hingegen betrifft die Pflicht, die Ladenöffnungszeiten "maximal auszuschöpfen" und für Beleuchtung zu sorgen (§ 2 Nr. 2), in erster Linie das Gesamtinteresse. Ä hnliches gilt für die Nebenkosten, die für die Gesamtanlage zu zahlen sind, insbesondere die Kosten des Hauspersonals und zwar auch insoweit, als von diesem Leistungen für Instandhaltung und Hausverwaltung erbracht werden (§ 7 Nr. 1 Buchst. l), sowie - neben anderem - die Kosten für den Betrieb und die Wartung der Klimaanlage, für die Pflege der Außenanlagen, für die Instandhaltung und Instandsetzung der Gemeinschaftseinrichtungen und -flächen, die Kosten des Center-Managements und die der zur kaufmännischen und technischen Betreuung des Objekts durch vom Vermieter eingesetzten Verwalter (§ 7). Derartige Kosten, die ein Mieter eines Geschäfts in Einzellage nicht zu zahlen hat, hat der Mieter des C. - C. z u dem Zweck übernommen, auf diese Weise für den erhofften wirtschaftlichen Erfolg seines Geschäfts von der Gesamtattraktivität des Einkaufszentrums zu profitieren. Damit läßt sich keine Verlagerung des einzelnen Unternehmerrisikos auf den Vermieter begründen. Ebenso wie ein Unternehmer in einer Einzelgeschäftslage möglicherweise, ohne dazu verpflichtet zu sein, in Außenanlagen in der Umgebung seines Geschäfts investiert, um die Lage attraktiver zu gestalten, steigert ein Mieter in einem Einkaufszentrum seine Umsatzchancen, indem er sich an den Kosten der Gesamtgestaltung des Zentrums beteiligt. Der Mieter erwirbt damit einen (durchsetzbaren) Anspruch gegen den Vermieter auf Verwendung der gezahlten Nebenkosten für die vorgesehene Gestaltung des Umfeldes innerhalb und außerhalb des Einkaufszentrums. Auf die Risikoverteilung für den Fall, daß das Zentrum vom Publikum dennoch nicht angenommen wird und die Kunden ausbleiben, hat dies jedoch keinen Einfluß.
Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob der Vermieter durch die Begründung eines Gesamtkonzeptes, in das die einzelnen Mieter finanziell und mit Betriebspflichten vertraglich eingebunden werden, eine Gesamtverkaufsstrategie entwickelt, mit welcher er über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines Einkaufszentrums hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernimmt. Das kann äußerlich etwa durch einheitliche Gestaltung der Geschäfte und unternehmerisch durch ein Gesamtmanagement der Anlage geschehen. Hierfür bieten sich jedoch im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Mietvertrages vom 28. Juni 1994 keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Regelung des § 10 des Vertrages über das Center-Management und die Werbegemeinschaft rechtfertigt nicht die Annahme eines "Gesamtmanagements" mit Risikoübernahme durch die Klägerin in dem vorbeschriebenen Sinn. Zwar ist der Klägerin nach § 10 die "Organisation eines objektbezogenen Center-Managements" als Vermieteraufgabe zugewiesen. Insoweit sollte jedoch ersichtlich die - in erster Linie verwaltungstechnische - Organisation angesprochen sein und nicht zugleich die umfassende unternehmerische Verantwortung für die Vermarktungsstrategie übernommen werden, zumal die Werbung durch eine Werbegemeinschaft gestaltet werden sollte, deren Mitglieder alle Mieter sein sollten. Insoweit ist nach § 10 des Vertrages allenfalls die Aufgabe einer Koordinierung zwischen den einzelnen Mietern im Bereich der Werbung auf die Klägerin übertragen worden. Die in § 10 Abs. 5 des Vertrages geregelte Verpflichtung des Mieters, auf Anforderung des Vermieters Auskunft über seine Umsätze in den Mieträumen zu geben, begründet schließlich ebenfalls keine Verlagerung des Geschäftsrisikos auf den Vermieter. Dabei kann offen bleiben, ob bei regelmäßiger, beispielsweise vierteljährlicher Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit anderen Umständen etwas anderes gelten könnte. Hier handelt es sich jedenfalls nicht um eine regelmäßige Verpflichtung
des Mieters, sondern nur um die dem Vermieter eingeräumte Möglichkeit, sich im Einzelfall einen Überblick über die Geschäftssituation zu verschaffen. Daraus kann nicht auf eine Verlagerung des Unternehmerrisikos auf den Vermieter geschlossen werden. Die in dem Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen halten sich nach alledem sowohl einzeln betrachtet als auch bei einer Gesamtwürdigung insgesamt in dem üblichen Rahmen einer Regelung über die allgemeinen organisatorischen Grundlagen für ein Einkaufszentrum. Eine Verlagerung des typischerweise dem gewerblichen Mieter obliegenden Unternehmerrisikos auf den Vermieter ist ihnen nicht zu entnehmen. dd) Das unternehmerische Risiko kann im Einzelfall auch im Wege einer Garantiezusage bzw. Garantieerklärung - etwa auch für die Sicherstellung der dauerhaften oder jedenfalls langfristigen Vollvermietung (Vollbelegung) eines Einkaufszentrums - von dem Vermieter übernommen werden (vgl. allgemein BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 306 Rdn. 4) mit der Folge, daß bei Nichteintritt des garantierten Erfolges die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eingreifen können. Dafür, daß die Klägerin - durch ihre Mitarbeiter - eine derartige Garantieerklärung abgegeben hätte, bestehen allerdings im vorliegenden Fall nach dem Vortrag des Beklagten keine Anhaltspunkte. 4. a) Nachdem hiernach der Anwendungsbereich der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften nicht betroffen ist und auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus Rechtsgründen nicht zum Zuge kommen, kann dem Beklagten unter Umständen ein Anspruch wegen Verschuldens der Klägerin beim Vertragsschluß zustehen, der Grund für eine fristlose Kündigung - unter Heranziehung des § 554 a BGB - sein kann (vgl. Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 103/95 = NJW E Mietrecht 1997, 150;
Reinstorf in Bub/ Treier aaO II Rdn. 205; BGHZ 111, 75, 82 m.w.N.). Der Anspruch wäre nicht durch die Sonderregelungen der §§ 537 ff. BGB ausgeschlossen, da diese, wie dargelegt, hier nicht eingreifen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 1997 - XII ZR 192/95 - NJW 1997, 2813; BGH Urteil vom 28. November 1979 - VIII ZR 302/78 = NJW 1980, 777, 779 f.; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl. vor §§ 535, 536 BGB Rdn. 63). Der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß setzt voraus, daß die Klägerin dem Beklagten (entweder vorsätzlich falsche Angaben über die Mietsache gemacht oder) unter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht schuldhaft unzutreffende Informationen in Bezug auf das Mietobjekt erteilt hat, die keine zusicherungsfähigen Eigenschaften im Sinne von § 537 Abs. 2 BGB betreffen. Dem Vermieter obliegt grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die - für den Vermieter erkennbar - von besonderer Bedeutung für den Entschluß des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind (vgl. Emmerich/Sonnenschein aaO vor §§ 535, 536 Rdn. 63; BGB-RGRK/Gelhaar 12. Aufl. vor § 535 Rdn. 127; Staudinger/ Emmerich aaO Vorbemerkung zu §§ 535, 536 Rdn. 172). Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nicht zuletzt nach der Person des Mieters, insbesondere nach dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder Unerfahrenheit.
b) Das Berufungsgericht hat hierzu, von seinem Standpunkt aus konsequent , keine Feststellungen getroffen. Diese sind indessen für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich. So bedarf es tatrichterlicher Prüfung und Feststellung, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Mitarbeiter der Klägerin - über die allgemeine Anpreisung der erwarteten Attraktivität des C. - -C. , auch in dem Standortprospekt, hinaus - dem Beklagten kon-
krete Angaben über bestimmte tatsächliche Umstände, insbesondere etwa die angeblich bereits erfolgte "Vollvermietung" des Einkaufszentrums, gemacht und hierdurch, für sie erkennbar, seinen Entschluß zur Eingehung des Mietvertrages maßgeblich beeinflußt haben. Nur allgemeine, eher unverbindliche Angaben, wie sie das Berufungsgericht im Rahmen seiner Prüfung zu § 537 BGB bisher festgestellt hat, reichen hierfür allerdings nicht aus. Darüber hinaus muß ein etwaiges der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihrer Mitarbeiter tatrichterlich festgestellt werden. Zu diesem Zweck ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Blumenröhr Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) § 75 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt nicht für Entscheidungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nach § 27d Absatz 1, 1a und 4 und Entscheidungen der Baugenehmigungsbehörden auf Grund des Baurechts.

(2) Wird der Plan nicht innerhalb von fünf Jahren nach Rechtskraft durchgeführt, so können die vom Plan betroffenen Grundstückseigentümer verlangen, dass der Unternehmer ihre Grundstücke und Rechte insoweit erwirbt, als nach § 28 die Enteignung zulässig ist. Kommt keine Einigung zustande, so können sie die Durchführung des Enteignungsverfahrens bei der Enteignungsbehörde beantragen. Im Übrigen gilt § 28.

(3) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft, es sei denn, er wird vorher auf Antrag des Trägers des Vorhabens von der Planfeststellungsbehörde um höchstens fünf Jahre verlängert.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

Der Planfeststellungsbeschluss für die „Straßenbahn im Neuenheimer Feld“ des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10. Juni 2014 in Gestalt von dessen Änderungsplanfeststellungsbeschluss (1. Planänderung) vom 27. Januar 2016 wird aufgehoben.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin - eine staatliche Hochschule des Landes - wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Neubau der „Straßenbahn im Neuenheimer Feld" („Universitätslinie“ - Jahnstraße, Kirschnerstraße, Hofmeisterweg, Tiergartenstraße und Straße Im Neuenheimer Feld).
Unter dem 03.12.2010 beantragte die beigeladene Vorhabenträgerin beim Regierungspräsidium Karlsruhe die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens und den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses für die „Universitätslinie Straßenbahn Neuenheimer Feld“. Beabsichtigt ist der Bau einer 2,5 km langen, zweigleisigen Straßenbahntrasse durch das Gebiet des Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg vom 28.07.1960 mit fünf Haltestellen. Sie soll an das außerhalb des Bebauungsplangebiets bestehende, in der Berliner Straße verlaufende Straßenbahngleis nördlich der Haltestelle „Jahnstraße“ anschließen und nach Westen in die in Ost-West-Richtung verlaufende Kirschnerstraße abbiegen. Dort soll sie parallel zur Fahrbahn bis in Höhe des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ, Im Neuenheimer Feld 280) verlaufen. Nach Durchfahrung einer Grünfläche vor dem Gästehaus der Universität soll die Trasse in Randlage des Botanischen Gartens verlaufen, sodann vorbei am Zoologischen Garten und an der Kinderklinik. Dann soll sie Richtung Osten in die Straße Im Neuenheimer Feld abbiegen, deren Verlauf sie in südlicher Randlage - am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (INF 460) und der Kopfklinik (INF 400) vorbei - folgen soll. Danach soll sie in Nordlage schwenken und - vorbei an der Pädagogischen Hochschule (INF 560 - 562), dem Max-Planck-Institut (INF 535), dem Rechenzentrum (INF 293), dem Physikalisch-Chemischen-Institut (INF 253) und dem Institut für Geowissenschaften (Mineralogisches Institut, INF 236) - wieder außerhalb des Bebauungsplangebiets die Berliner Straße erreichen, wo sie an das bestehende Straßenbahnnetz anschließen soll.
Der Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ vom 28.07.1960 setzt u. a. ein (Sonder-)Gebiet „Universität“ mit einer „Bauvorbehaltsfläche“ für Zwecke der Universität einschließlich Folgeeinrichtungen für Lehre und Forschung fest. Auf dieser Fläche sind - innerhalb der festgesetzten Baugrenze - sämtliche bauliche Anlagen zulässig, die mittelbar und unmittelbar den Zwecken der Universität und des Studienbetriebs dienen.
Nachdem ihr bestätigt worden war, dass aufgrund der überlassenen Unterlagen das Anhörungsverfahren eingeleitet werden könne, reichte die Beigeladene ihre Planunterlagen bei der Stadt Heidelberg als zuständiger Anhörungsbehörde ein und beantragte die Durchführung des Anhörungsverfahrens.
Mit Schreiben vom 27.04.2011 bat die Anhörungsbehörde die betroffenen Eigentümer, Verbände und Träger öffentlicher Belange, bis einschließlich 30.06. bzw. 29.07.2011 zu dem Planvorhaben umfassend Stellung zu nehmen. Am 04.05.2011 gab sie die Auslegung der Planunterlagen vom 16.05. bis 16.06.2011 öffentlich bekannt. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass jeder, dessen Belange durch die Planung berührt würden, bis einschließlich 30.06.2011 schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt Heidelberg Einwendungen gegen den Plan erheben oder sich zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens äußern könne.
Die Antragsunterlagen lagen vom 16.05. bis 16.06.2011 bei der Stadt Heidelberg öffentlich aus.
Mit - offenbar noch am gleichen Tage per Kurierpost bei der Stadt Heidelberg eingegangenem - Anwaltsschreiben vom 29.06.2011 erhob die Klägerin Einwendungen gegen das Planvorhaben.
Am 20. und 21.03.2012 führte die Anhörungsbehörde den am 29.02.2012 öffentlich bekannt gemachten Erörterungstermin durch.
Aufgrund vorgebrachter Einwendungen und Stellungnahmen änderte die Beigeladene den eingereichten Plan. Die Anhörungsbehörde führte ergänzende Anhörungen durch, indem sie den von der Planänderung Betroffenen bzw. berührten Stellen jeweils Gelegenheit gab, zu den Planänderungen bis zum 06.12.2012 Stellung zu nehmen. Von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit wurde abgesehen.
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Die Klägerin hielt mit Schreiben vom 06.12.2012 ihre bisherigen Einwendungen aufrecht und erhob darüber hinaus weitere Einwendungen.
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Am 28.02.2013 übersandte die Anhörungsbehörde die bis dahin angefallenen Verfahrensunterlagen dem Regierungspräsidium Karlsruhe zur weiteren Veranlassung. Diesen waren ein Protokoll über den Erörterungstermin sowie der unter dem 07.02.2013 erstellte Anhörungsbericht beigefügt.
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In der Folge gab die Anhörungsbehörde den hiervon Betroffenen noch Gelegenheit, zu der von der Beigeladenen beabsichtigten Änderung des Grunderwerbsplans sowie des Grunderwerbsverzeichnisses Stellung zu nehmen.
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Mit Beschluss vom 10.06.2014 stellte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Plan für den Neubau der „Straßenbahn Im Neuenheimer Feld" („Universitätslinie“ - Jahnstraße, Kirschnerstraße, Hofmeisterweg, Tiergartenstraße und Straße Im Neuenheimer Feld) fest (A. I., S. 21). Unter A. III. (S. 30 ff.) fügte die Planfeststellungsbehörde zahlreiche Nebenbestimmungen bei und unter A. IV. (S. 50 ff.) nahm sie zahlreiche Zusagen der Beigeladenen in den Planfeststellungsbeschluss auf. Die vorgebrachten Einwendungen - auch die der Klägerin - wies sie zurück, soweit ihnen nicht Rechnung getragen oder entsprochen wurde (vgl. A. VI., S. 65, 448 ff.). Eine Ausfertigung des Planfeststellungsbeschlusses lag vom 03.07. bis zum 17.07.2014 zur Einsichtnahme aus.
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Bei ihrer abschließenden Gesamtbetrachtung (S. 533 ff.) kam die Planfeststellungsbehörde zum Ergebnis, dass die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele erreicht werden könnten. Nach der Gesamtabwägung aller durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange werde dem Antrag des Vorhabenträgers zum Bau der Straßenbahn nach Maßgabe der getroffenen Entscheidungen, Nebenbestimmungen und Zusagen entsprochen. Durch das Vorhaben würden weder öffentliche noch private Belange in einer Weise beeinträchtigt, dass das Interesse an der Umsetzung des Vorhabens insgesamt zurücktreten müsste. Den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen komme gegenüber den entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen das größere Gewicht zu. Den gegen das Vorhaben sprechenden Belangen sei in großem Umfang durch Zusagen und Nebenbestimmungen Rechnung getragen. Es biete sich gegenüber der beantragten Trassenführung (Variante A2) keine Alternative an, mit der die dargestellten Ziele unter geringerer Inanspruchnahme entgegenstehender Belange erreicht werden könnten. Bei der Betrachtung von Alternativen sei die Planfeststellungsbehörde zur Überzeugung gelangt, dass sich die Antragsvariante aus verkehrlicher Sicht aufdränge, insbesondere weil sie den bisherigen Buslinienverlauf durch das Neuenheimer Feld aufgreife, sich im Sinne einer Bündelungsfunktion an die bestehenden Erschließungsstraßen anlehne, damit hinsichtlich der Erschließungsbereiche, aber insbesondere auch hinsichtlich der Taktfrequenz und der Umsteigebeziehungen günstige Auswirkungen auf die zentralen Bereiche des Neuenheimer Feldes habe und zusätzliche Richtungsänderungen mit engen Kurvenradien und negativen Auswirkungen auf Fahrkomfort und -geschwindigkeit vermeide. Mögliche Vorteile anderer Alternativen überwögen demgegenüber die Vorteile des beantragten und planfestgestellten Neubaus nicht in einer Weise, dass sich diese Alternativen „als - eindeutig - vorzugswürdig“ erwiesen. Dabei werde nicht verkannt, dass durch das Vorhaben auch negative Auswirkungen auf private und auch öffentliche Interessen entstünden. Im Bereich von Erschütterungen seien insbesondere in der Betriebsphase Auswirkungen auf die Umgebung, insbesondere auf erschütterungsempfindliche Geräte nicht ganz auszuschließen. Durch entsprechende Vorkehrungen der Vorhabenträgerin würden mögliche Beeinträchtigungen jedoch im Bereich des Zumutbaren verbleiben. Durch elektromagnetische Phänomene könnten sich zwar beim Betrieb der Straßenbahn nicht unerhebliche Auswirkungen auf gegenwärtig vorhandene und zukünftig noch zu beschaffende (hoch)empfindliche Geräte von im Planungsbereich angesiedelten Einrichtungen ergeben. Durch umfangreiche (Schutz)Maßnahmen, die sich insbesondere auf die Ausgestaltung der Trasse, die Fahrzeugart, die Gerätestandorte und/oder -abschirmungen bezögen, blieben diese Auswirkungen jedoch verträglich und zumutbar.
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Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 30.06.2014 zugestellten Planfeststellungsbeschluss hat die Klägerin am 30.07.2014 Klage zum erkennenden Gerichtshof erhoben. Zur Begründung trägt sie am 10.09.2014 im Wesentlichen vor: Die historisch gewachsene hocheffiziente Campusstruktur dürfe nicht durch verkehrstechnische Veränderungen in ihrem Bestand, ihrer Funktion, ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Entwicklungsmöglichkeiten gefährdet werden. Der Planfeststellungsbeschluss greife tief in ihre Belange, vor allem ihre Funktions-, Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ein und beeinträchtige diese nachhaltig. Sie sei klagebefugt, da sie als Dauernutzungsberechtigte Grundstücke und Baulichkeiten im Universitätsareal nutze, welche von dem Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen und durch Immissionen unzumutbar beeinträchtigt würden. Insofern werde sie in ihrer verfassungsrechtlich garantierten Forschungsfreiheit und in ihrem subjektiv öffentlichen Recht verletzt, von unzumutbaren Lärm- und Erschütterungswirkungen verschont zu bleiben. Durch letztere sowie betriebsbedingte elektromagnetische Felder werde die Funktionsfähigkeit ihrer empfindlichen Forschungseinrichtungen und -geräte unzumutbar gestört. Zuverlässige und geeignete Schutzmaßnahmen stünden noch nicht zur Verfügung. Darüber hinaus werde sie in ihrem subjektiven Recht auf fehlerfreie Abwägung verletzt. Dadurch, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Belange nicht ordnungsgemäß ermittelt und abgewogen habe, habe sie sich bei der Variantenprüfung zu Unrecht für die Variante A2 entschieden. Diese sei auch mit den strikten und auch sie schützenden städtebaulichen Vorgaben im Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet in Heidelberg“ vom 28.07.1960 und in den diesen Bebauungsplan flankierenden Verträgen nicht vereinbar. Denn danach sei das Universitätsgebiet von Anlagen des öffentlichen Verkehrs gerade freizuhalten.
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Ihre Klage sei auch begründet. Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig. und verletze sie dadurch in ihren Rechten. Es stelle bereits einen Rechtsmangel dar, dass die Planfeststellungsbehörde ohne eigene fachliche Prüfung durchgängig den Vorstellungen des Beigeladenen gefolgt sei. Auch habe sie verkannt, dass die fachplanungsrechtlichen Grundsätze im Lichte des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auszulegen und anzuwenden seien. Der Planfeststellungsbeschluss greife substantiell in ihre Wissenschafts- und Forschungsfreiheit ein. An der Straße Im Neuenheimer Feld befänden sich Einrichtungen mit - höchst - empfindlichen Geräten. Der Staat müsse sicherstellen, dass das Grundrecht freier wissenschaftlicher Bestätigung möglichst unangetastet bleibe. Insofern enthalte Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch eine objektive, wertentscheidende Grundsatznorm. Störungen und Behinderungen der universitären Einrichtungen und Veranstaltungen müssten ausgeschlossen werden. Der Planfeststellungsbeschluss beachte nicht hinreichend, dass Wissenschaft und Forschung durch eine starke Entwicklungsoffenheit geprägt seien. Insofern müssten auch künftige und ungewisse Entwicklungsmöglichketen berücksichtigt werden. Die Entscheidung zugunsten der Variante A2 und damit gegen die sich aufdrängende Variante A1 sei abwägungsfehlerhaft. Ihren Belangen komme indes in dem durch den Bebauungsplan geprägten Universitätsgebiet überragende Bedeutung zu. Dieses Plangebiet solle von äußeren störenden Einflüssen, insbesondere von öffentlichem Verkehr verschont bleiben. Die innere Erschließung solle durch nicht festgestellte Privatstraßen erfolgen. Die „nördliche Haupterschließungsstraße“ (Straße Im Neuenheimer Feld) habe auch nur bis zum Ausbau des „Klausenpfads“ zur Verfügung stehen sollen. Dem entsprechend sei letzterer im Flächennutzungsplan als Haupterschließungsstraße, die Straße Im Neuenheimer Feld hingegen als innere Erschließungsstraße dargestellt gewesen. Darüber hinaus werde die festgestellte Planung auch dem Trennungsgrundsatz und dem fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot nicht gerecht. Denn die konkret geplante Variante A2 führe unmittelbar an Universitätsgebäuden mit hochspezialisierten Geräten vorbei, die gegenüber Schwingungen und elektromagnetischen Feldern hochempfindlich seien. Auch lägen an dieser Straße die letzten Entwicklungsflächen der Universität, denen überragende Bedeutung zukomme. Hier müssten ausreichende störungsfreie Flächen vorgehalten und potentielle Entwicklungsmöglichkeiten einbezogen werden. Dynamische elektromagnetische Felder könnten ohnehin nicht kompensiert werden. Besonders empfindlich sei eine für das Institut für Geowissenschaften (INF 236) beantragte und inzwischen auch aufgestellte Ionensonde. Da Verbesserungen und Schutzmaßnahmen an der Emissionsquelle nicht den erforderlichen hohen Schutz gewährleisteten, sei das Vorhaben nur bei einer Trassenführung über den „Klausenpfad“ (Variante A1) mit den universitären Belangen in Einklang zu bringen. Entgegen den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss seien die beiden Varianten A2 und A1 unter dem Gesichtspunkt „Erschütterungen/EMV“ keineswegs gleichwertig. Dies gelte bereits im Hinblick auf das vorhandene Rasterelektronenmikroskop, aber auch auf neu aufzustellende Geräte in den Gebäuden der Physikalischen Chemie (INF 253) und der Geowissenschaften (INF 234). Insofern seien Schutzmaßnahmen ungleich teurer als bei der Variante A1. Auch ein stromloser bzw. stromarmer Betrieb änderte nichts daran, dass die verbleibenden Immissionen eine ungeschmälerte Entwicklung in Trassennähe beeinträchtigten. Hinzukomme, dass die elektromagnetischen Wirkungen der Variante A1 lediglich „hochgerechnet“ und damit überschätzt worden seien. Tatsächlich gebe es in den an die Trasse der Variante A1 angrenzenden Gebäuden des „Technologieparks“ keine gegenüber elektromagnetischen Wirkungen hochempfindlichen Geräte. Auch sei die Zerschneidungswirkung für den Campus unberücksichtigt geblieben. Auch eine höhere Attraktivität der Variante A2 bestehe nicht. So bringe die geplante Haltestelle „Geowissenschaften“, sofern für sie überhaupt ein konkreter Bedarf bestehen sollte, im Vergleich zur bestehenden Haltestelle „Technologiepark“ an der Berliner Straße keine deutliche verkehrliche Verbesserung. Weitere Haltestellen seien bis zur „Kopfklinik“ ohnehin nicht vorgesehen. Die bauzeitlichen Immissionen seien bei der Variante A2 eindeutig stärker. Für mobilitätseingeschränkte Nutzer werde die Erschließung keineswegs verbessert. Auch sei die Wirksamkeit der Schutzvorkehrungen nicht hinreichend gesichert. Zusätzliche Belastungen könnten allenfalls dann, wenn auch nur ansatzweise, bewältigt werden, wenn die bestehenden Belastungen durch den motorisierten Individualverkehr reduziert würden, wovon jedoch derzeit nicht ausgegangen werden könne. Ihre Belange seien insbesondere hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit nicht ausreichend gewürdigt worden. Insoweit sei jedenfalls ein - der natürlichen Schwankung des Erdmagnetfeldes entsprechender - Grenzwert von 50 nT ab Gleismitte einzuhalten. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfordere der störungsfreie Betrieb der derzeit und künftig eingesetzten Elektronenmikroskope allerdings die Einhaltung eines Grenzwerts von 20 nT. Um störungsfreies Arbeiten zu gewährleisten, seien im Gebäude INF 229 unlängst teure bauliche Maßnahmen ergriffen worden, die nun entwertet würden. Der von Prof. Dr. V. prognostizierten magnetischen Gleichfeldänderung liege die unzutreffende Annahme einer Stromstärke von nur 1000 A anstatt 2400 A zugrunde. Die zu erwartenden Belastungen überstiegen mehrfach die Schwelle des Zumutbaren und könnten durch passive Schutzmaßnahmen an den Geräten nicht wirksam kompensiert werden. Dass die vom Gutachter der Beigeladenen vorgeschlagenen Maßnahmen - magnetfeldkompensierte Trassenführung, Reduktion des Betriebsstroms und Verwendung aktiver Magnetfeldkompensationsanlagen - bei Einhaltung der jeweiligen Gerätespezifikationen Beeinträchtigungen verhinderten, sei fraglich. Eine Zunahme äußerer Einflüsse führe auch jenseits der in den jeweiligen Spezifikationen enthaltenen Angaben zu einer negativen Beeinflussung. Magnetfeldänderungen führten generell zu einer Verschlechterung der Standortbedingungen. Die Einhaltung der dargestellten Grenzwerte durch Schutzmaßnahmen sei mit Prognoseunsicherheiten behaftet, zumal eine magnetfeldkompensierte Trassenführung noch nicht dem Stand der Technik entspreche. Aktive Kompensationsanlagen, die zudem die Nutzbarkeit der Geräte und Räume einschränkten, seien nur bedingt geeignet. Bei inhomogenen Magnetfeldern und bei großen zu schützenden Bereichen seien sie ohnehin kaum wirksam. Derartige Einschränkungen seien in einem wissenschaftlichen Betrieb jedoch nicht hinnehmbar, zumal der Betrieb solcher Anlagen einen erhöhten organisatorischen Aufwand und eine erhöhte Aufmerksamkeit bedinge. Im Gutachten von Prof. Dr. V. vom 31.03.2011 werde auch nicht die künftige Nutzungseinschränkung aller Gebäude für magnetfeldempfindliche Geräte erörtert. Auch müsse eine Weiterentwicklung des Baubestands und der hochsensiblen Geräte berücksichtigt werden. Ein störungsfreier Forschungsbetrieb sei freilich auch infolge der prognostizierten Erschütterungswirkungen nicht mehr gewährleistet. So führe die Trasse der planfestgestellten Variante A2 an Gebäuden (INF 234-236, INF 253, INF 293) vorbei, in denen (höchst) schwingungsempfindliche Geräte betrieben würden. Die „Schwingungstechnische Untersuchung“ vom 25.10.2010 sei ohnehin veraltet. Abweichungen ergäben sich vor allem durch die am 31.05.2011 beantragte und inzwischen im Gebäude INF 235 aufgestellte Ionensonde. Bereits ergriffene Schutzmaßnahmen würden entwertet. Das Gutachten der I.B.U. vom 25.10.2010 gehe zu Unrecht davon aus, dass deutlich oberhalb der Gerätespezifikation liegende Einzelmesswerte künftig auch von der Straßenbahn erreicht werden dürften. Frühere, durch Lkw und Busse hervorgerufene Einzelereignisse könnten nicht mit einem regelmäßigen Straßenbahnverkehr gleichgesetzt werden. Die auf massive Bodenunebenheiten zurückzuführende untragbare Situation dürfe nicht als Maßstab für künftige Schwingungen der Straßenbahn herangezogen werden. Zur Vermeidung erheblicher Nutzungseinschränkungen dürften vom Straßenbahnbetrieb keine relevanten Erschütterungen mehr ausgehen. Auch mit einem hochwertigen Schwingungsschutz am Gleis (z. B. einem Masse-Feder-System) sei die Einhaltung der geforderten Grenzwerte nicht sicher zu gewährleisten. Dessen konkrete Realisierbarkeit und Wirksamkeit lasse sich nicht hinreichend sicher prognostizieren. Nur bei Einhaltung eines Sicherheitsabstands von 125 m ließen sich die Erschütterungen in den Gebäuden INF 253 und 234-236 sowie auf den letzten Entwicklungsflächen der Universität auf das erforderliche Maß (Nano-D-Linie) begrenzen. Dies sei nur bei der Variante A1 möglich. Dem Gutachten von Dr. H. vom 22.09.2013 zufolge würden die Erschütterungen an den Standorten der Rasterelektronenmikroskope derart erhöht, dass der für ihre Funktionsfähigkeit maßgebliche Nano-D-Grenzwert erstmals überschritten werde. Die erheblichen Auswirkungen während der Bauzeit seien nicht in den Blick genommen worden. Insoweit zeichneten sich schon jetzt erhebliche Probleme bei der Aufrechterhaltung eines funktionierenden Forschungsbetriebs ab. Eine fachgerechte Prognose der zu erwartenden Beeinträchtigungen sei nicht erstellt worden. Die Trasse im Bereich des Hofmeisterwegs müsse unbedingt geändert und nach Süden verschoben werden. Ein Flächenverlust von 1.500 m2 sei beim Botanischen Garten wegen der Entwertung seiner Funktionalität und seines Charakters als universitäre Forschungs- und Lehreinrichtung nicht hinnehmbar. Insofern sei eine Trassenverschiebung nach Süden über die Flächen des nicht mehr benötigten Gebäudes INF 154 eindeutig vorzugswürdig.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten: Die Klägerin sei schon nicht klagebefugt, da sie als staatliche Einrichtung einen unzulässigen Insichprozess führe bzw. für den nicht klagebefugten Landesbetrieb „Vermögen und Bau Baden-Württemberg“ eine verdeckte Prozessstandschaft übernehme. Nutzungsrechte im Sinne einer subjektiven Rechtsposition stünden ihr nicht zu. In die grundrechtliche Garantie der Einrichtung wissenschaftlicher Hochschulen oder das Recht eines einzelnen Wissenschaftlers werde nicht eingegriffen. Sonstige Rechte, in denen sie als „nichtstaatliche“ Einrichtung verletzt sein könnte, seien nicht ersichtlich. Die Klage sei auch unbegründet. Insoweit werde auf die Erwägungen im Planfeststellungsbeschluss verwiesen.
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Die Beigeladene hat ausgeführt: Es fehle bereits an der erforderlichen Klagebefugnis. Eine subjektive Rechtsverletzung ergebe sich auch nicht aus Art. 5 Abs. 3 GG, der keine Bestandsgarantie und keinen Anspruch auf ungehinderte räumliche Entwicklung begründe. Im Übrigen bleibe der Wissenschaftsbetrieb nicht zuletzt wegen des umfangreichen Schutzkonzepts in seiner bisherigen Qualität erhalten. Die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen würden durch zahlreiche Maßnahmen auf ein verträgliches und zumutbares Maß reduziert. Insbesondere komme es zu keinen unzumutbaren Beeinträchtigungen störungsempfindlicher Forschungseinrichtungen und -geräte. Durch umfangreiche Maßnahmen an der Störquelle werde deren Funktionsfähigkeit gewährleistet. Der angegriffene Beschluss enthalte auch zahlreiche Wirksamkeitsnachweise. Auch aus dem Bebauungsplan und den städtebaulichen Verträgen könne die Klägerin keine subjektiven Rechte herleiten. Die Klage sei auch unbegründet. Die Einwendungen der Klägerin seien ausführlich, sorgfältig und zutreffend abgearbeitet worden. Der Beklagte habe eine eigene Prüfung erheblichen Umfangs vorgenommen. Er habe zu nahezu allen Themenkreisen Fragen aufgeworfen und sie - die Beigeladene - um Stellungnahme gebeten. Auch seien in den Nebenbestimmungen weitergehende Auflagen erteilt worden. Die Planunterlagen seien im Anhörungsverfahren unter Beteiligung von Fachbehörden geprüft worden. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleiste wissenschaftliche Tätigkeit und Forschung in höchster Qualität. Im Übrigen habe auch die Klägerin dafür zu sorgen, dass künftig aufzustellende Geräte störungsfrei betrieben werden könnten. Sie habe ohnehin keinen Anspruch auf die Nutzung bestimmter Flächen. Auch künftigen Entwicklungen sei - etwa durch die vorgesehene elastische Schienenlagerung und eine technisch flexibel ausgelegte Fahrleitung - ausreichend Rechnung getragen. Der Betrieb extrem hochsensibler Technik sei aufgrund der Wechselwirkung mit der Umgebung im städtischen Bereich generell problematisch. Die Klägerin habe den vorbelasteten Standort selbst gewählt. Seit Abschluss der städtebaulichen Verträge zwischen dem Beklagten und der Stadt Heidelberg finde im Einvernehmen mit der Klägerin durchgängig öffentlicher Busverkehr statt. Entlang der Straße Im Neuenheimer Feld würden keine Geräte mit einer Empfindlichkeit von 20 nT verwendet. Aktive Kompensationsanlagen könnten externe Störungen durchaus hinreichend reduzieren. Auch werde die Strecke in einer kompensierten Form gebaut und es werde auf ihr in sensiblen Abschnitten stromreduziert gefahren. Durch eine Kombination dieser Maßnahmen könne der Wert von 50 nT ab einem Abstand von ca. 50 m eingehalten werden. Aktive Kompensationsmaßnahmen funktionierten auch bei Elektronenmikroskopen. Die schwingungstechnische Untersuchung habe gezeigt, dass die prognostizierten Erschütterungen an den Gerätestandorten ohnehin unterhalb der Vorbelastung lägen. Durch Nebenbestimmungen und Zusagen werde auch der Baulärm auf ein Mindestmaß reduziert. Auch im Übrigen werde den Anforderungen an die Verhinderung bauzeitlicher Beeinträchtigungen entsprochen.
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Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 18.12.2014 - 5 S 1444/14 - die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
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Anschließend hat der Beklagte seinen „Vortrag zur bauplanungsrechtlichen Bewertung des planfestgestellten Trassenverlaufs ergänzt“: Es handle sich um ein Vorhaben von überörtlicher Bedeutung. Eine solche komme einer Straßenbahn zu, die ein Gebiet in einem Oberzentrum erschließe, in dem sich ausschließlich oder überwiegend infrastrukturelle Einrichtungen befänden, die zentralörtliche und insoweit überörtliche Bedeutung besäßen. Straßenbahnen seien auch zunehmend Teil eines überörtlichen Verkehrsverbundes. Sollte § 38 BauGB nicht anwendbar sein, wären gleichwohl keine subjektiven Rechte der Klägerin verletzt. Der Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ sei nichtig, da er nicht den Anforderungen des württemberg-badischen Aufbaugesetzes (AufbauG) entspreche. Denn er enthalte keine hinreichend konkretisierte Planungsentscheidung. Er setze letztlich nur ein 70 ha großes Baufenster fest. Das württemberg-badische Aufbaugesetz habe die Möglichkeit eines einfachen Bebauungsplans nicht vorgesehen. Dies erhelle auch aus § 8 Abs. 2 AufbauG. Die wenigsten der dort aufgeführten Mindestfestsetzungen seien hier getroffen worden. Obwohl der Bebauungsplan eine öffentliche Einrichtung vorsehe, setze er keine öffentlichen Straßen fest. Unerheblich sei die Absicht des Satzungsgebers, das Gelände von öffentlichem Verkehr freizuhalten. Bei Anwendung von § 34 BauGB scheide eine Rechtsverletzung der Klägerin aus.
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Die Beigeladene hat sich diesem Vortrag des Beklagten angeschlossen und noch dargelegt: Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für eine am 04.08.2015 ausdrücklich beantragte Befreiung vom Bebauungsplan vor. Die Grundzüge der Planung seien nicht berührt, da die Straßenbahn gebietsverträglich sei. Dem Satzungsgeber sei es seinerzeit nur um den öffentlichen Individualverkehr gegangen. Auch in den städtebaulichen Verträgen finde sich kein Hinweis, dass bei dem für die Tiergartenstraße vorgesehenen Ersatz („Nordtrasse“) vom Bebauungsplan abgewichen würde. Offenbar sei man davon ausgegangen, dass dieser einer öffentlichen Verkehrserschließung des Universitätsgebiets nicht entgegenstehe. Daran ändere nichts, dass die „Nordtrasse“ nur vorübergehend habe genutzt werden sollen. Die Klägerin könne sich zur Abwehr nachteiliger Wirkungen nicht auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen. Der Beklagte könne der Klägerin Grundstücke nur so zur Verfügung stellen, wie ihm dies nach Ausgleich aller Belange möglich sei. Der Beklagte habe sich keineswegs auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt. Denn er habe ihr - der Beigeladenen - eine Vielzahl von Auflagen erteilt. Auch dürfe die Planfeststellungsbehörde die Planunterlagen nachvollziehend abwägen und sich zu eigen machen. Begründungsdefizite rechtfertigten noch nicht den Schluss auf Abwägungsfehler. Das Neuenheimer Feld sei durch die in der Berliner Straße verkehrende Straßenbahn und den Individualverkehr ohnehin schon heute stark vorbelastet.
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Die Klägerin hat erwidert: Der Beklagte könne die fehlerhafte Gewichtung der bauplanungsrechtlichen Situation mit seinem weiteren Sachvortrag nicht heilen. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zwingend zu beachten gewesen; § 38 BauGB sei nicht anwendbar. Der Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ sei wirksam. Die in § 8 Abs. 2 AufbauG aufgeführten Festsetzungen seien nur insoweit, als sie vom Plangeber getroffen würden, in die Lagepläne aufzunehmen. In der Auslegung des Beklagten wäre die Vorschrift überdies verfassungswidrig, da sie das kommunale Selbstverwaltungsrecht verletzte. Auf die Festsetzung öffentlicher Straßen und Wege sei bewusst verzichtet worden, um die Flexibilität der Nutzungsvariation der Bauvorbehaltsfläche zu erhöhen. Die Erschließung sei gleichwohl über die Frankfurter Straße in ausreichendem Umfang gesichert gewesen. Die Planfeststellungsbehörde habe nachteilige Auswirkungen auf die Einrichtungen der Universität schon nicht ermittelt, sodass sie auch nicht beurteilt werden könnten.
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Bereits am 21.04.2015 hatte die Beigeladene beim Regierungspräsidium Karlsruhe - in Anknüpfung an mit der Klägerin geführte Einigungsgespräche - verschiedene Planänderungen beantragt, und zwar im Bereich des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Hofmeisterwegs entlang des Botanischen Gartens (u. a. Verschiebung der Bahntrasse um 6,5 m nach Süden) sowie im Bereich der Straße Im Neuenheimer Feld (flächig gelagertes Masse-Federsystem von Station 1+657 bis 1+888, punktförmig gelagertes Masse-Feder-System von Station 1+913 bis 2+093, Änderung des Mastabstandes auf max. 30 m von Station 2+160 bis 2+413, stromloser Bereich Fahrleitung von Station 2+160 bis 2+439, Entfallen der Kompensationsleitungen unterhalb der Gleistrasse) - 1. Planänderung.
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Unter dem 07.05.2015 bat die Stadt Heidelberg als Anhörungsbehörde die Träger öffentlicher Belange und Verbände, zur 1. Planänderung umfassend Stellung zu nehmen. Der geänderte Plan wurde vom 20.05. bis 22.06.2015 öffentlich ausgelegt, wobei bis einschließlich 06.07.2015 Einwendungen erhoben werden konnten. Darauf war mit öffentlicher Bekanntmachung vom 13.05.2015 hingewiesen worden.
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Mit Schreiben vom 06.07.2015 hielt die Klägerin ihre Einwendungen aufrecht. Die 1. Planänderung sei nicht geeignet, ihre Bedenken auszuräumen und die Fehler des Planfeststellungsbeschlusses zu beheben. Die erschütterungstechnischen Maßnahmen seien nach wie vor unzureichend. Trotz des vorgesehenen weiteren stromlosen Abschnitts komme es zu unzumutbaren elektromagnetischen Auswirkungen auf vorhandene und künftig anzuschaffende Geräte. Auch der Botanische Garten werde weiterhin beeinträchtigt.
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Am 11.08.2015 führte die Anhörungsbehörde den bereits am 13.05.2015 öffentlich bekannt gemachten Erörterungstermin durch.
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Mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 27.01.2016 stellte das Regierungspräsidium Karlsruhe die 1. Planänderung fest. Dabei änderte es im Hinblick auf die erweiterte Zusage der Beigeladenen, dass im Bereich des Deutschen Krebsforschungsinstitutes vor der geplanten Radiologie II nun jedenfalls ca. 200 m stromlos gefahren werde, auch verschiedene Nebenbestimmungen. Die Einwendungen der Klägerin wurden, soweit sie sich nicht erledigt hatten, zurückgewiesen (ÄPFB, S. 14 u. S. 48 ). Im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung wies die Planfeststellungsbehörde unter B. III 2. (S. 27) darauf hin, dass es bei den Festsetzungen und Begründungen des Ausgangs-Planfeststellungsbeschlusses verbleibe, soweit sich nicht gerade durch die beantragten Planänderungen eine modifizierte Bewertung ergebe und soweit nicht die Ausführungen im Ausgangs-Planfeststellungs-beschluss - klarstellend - vertieft würden (auch S. 55). Insofern nahm sie unter B. III. 3 (S. 53) im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung“ das „Gesamtgefüge nochmals in den Blick“ und hielt unter Nr. 3.1.3 (S. 69) „vorsorglich“ nunmehr ausdrücklich fest, „dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen und vom dort eröffneten Ermessen zugunsten der Beigeladenen Gebrauch gemacht werde“.
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Am 15.02.2016 hat die Klägerin den Änderungsplanfeststellungsbeschluss in ihre Klage einbezogen. Hierzu hat sie am 01.03.2016 noch vorgetragen: Die sie in ihren Rechten verletzenden Mängel seien derart schwerwiegend, dass sie zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen müssten. Im Zuge der 1. Planänderung sei eine ordnungsgemäße Vorprüfung des Einzelfalls unterblieben, ob eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Eine Untersuchung und Bewertung der Folgen des Abrisses des Gebäudes INF 154 habe nicht stattgefunden. Die 1. Planänderung hätte auch nicht nach § 76 Abs. 1 LVwVfG zugelassen werden dürfen. Mängel in zentralen Punkten könnten weder in einem Planänderungs- noch in einem ergänzenden Verfahren behoben werden. Auch werde das Planungsziel, die Verkehrsanbindung und damit die Attraktivität des Wissenschaftsbetriebs zu erhöhen, konterkariert. Mit den festgestellten Planänderungen sei sie keineswegs klaglos gestellt worden. Auch wende der Beklagte weiterhin einen falschen Prüfungsmaßstab an. An der Fehlerhaftigkeit der Variantenprüfung habe sich nichts geändert. Mangels Teilbarkeit sei auch der sie betreffende Trassenbereich rechtswidrig.
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Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst -,
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den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2014 in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27.01.2016 (1. Planänderung) aufzuheben,
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hilfsweise dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit festzustellen,
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höchsthilfsweise ihn um folgende weitere Schutzauflagen und -maßnahmen zu ergänzen, dass
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- im Streckenbereich zwischen Station 1+895 und 2+412 (Länge 517 m) für die Schienenlagerung ein punktförmig gelagertes Masse-Feder-System (pMFS) mit einer so niedrig wie möglichen Abstimmungsfrequenz vorzusehen ist,
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- der Klägerin eine Entschädigung in Geld zu leisten ist, wenn durch bau- oder betriebsbedingte Erschütterungswirkungen trotz durchgeführter Schutzmaßnahmen die Vorgaben der DIN 4150-2 und der DIN 4150-3 nicht eingehalten werden und/oder die Funktionsfähigkeit bereits vorhandener oder künftig von ihr angeschaffter Einrichtungen und Forschungsgeräte beeinträchtigt wird,
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- die gesamte Straßenbahnstrecke oberleitungsfrei und stromlos zu betreiben ist,
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- für die gesamte Straßenbahnstrecke eine Kompensationsleitung mit einem Mastabstand von 30 m sowie eine Kompensation an bereits vorhandenen und künftig angeschafften Geräten oder ein Mastabstand von 20 m mit Strombegrenzung vorzusehen ist,
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- der Klägerin eine Entschädigung in Geld zu leisten ist, wenn durch bau- oder betriebsbedingte elektromagnetische Felder trotz durchgeführter Schutzmaßnahmen die Funktionsfähigkeit bereits vorhandener oder von ihr künftig angeschaffter Einrichtungen und Forschungsgeräte beeinträchtigt wird,
38 
- der Klägerin eine Entschädigung in Geld zu leisten ist, wenn durch bau- oder betriebsbedingte sonstige Immissionen oder Behinderungen trotz durchgeführter Schutzmaßnahmen die Funktionsfähigkeit bereits vorhandener oder von ihr künftig angeschaffter Einrichtungen und Forschungsgeräte beeinträchtigt wird.
39 
- die Festsetzung weiterer Schutzmaßnahmen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte der Klägerin vorbehalten wird,
40 
- auf der gesamten Straßenbahnstrecke nur in Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf.
41 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
42 
die Klage abzuweisen.
43 
Der Beklagte hält die Klägerin nach wie vor nicht für klagebefugt. Deren Interesse an der Nutzung bestimmter Standorte sei nicht schutzwürdig. Denn mit entsprechenden Planungen und Entwicklungen habe sie rechnen müssen. Eigentumsrechte und Standortfragen würden durch den „Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg" und das Universitätsbauamt Heidelberg bestimmt. Tatsächlich verkehrten auch seit Jahrzehnten Buslinien, deren Frequenz mit zunehmender Bebauung erhöht worden sei. Die Busse hätten vergleichbare elektromagnetische Auswirkungen. Sei die Klägerin hinsichtlich konkreter Forschungsstandorte vom Land Baden-Württemberg abhängig, könne sie sich auf kein verfestigtes Nutzungsrecht berufen. Die Planfeststellungsbehörde habe die von der Beigeladenen aufgrund ihrer Gestaltungsfreiheit getroffene Planungsentscheidung abwägend nachvollzogen. Zu diesem Zwecke seien im Planfeststellungsverfahren detaillierte und differenzierte Fachgutachten erstellt worden. Bei den elektromagnetischen Emissionen sei eine worst-case-Betrachtung erfolgt, indem im Zweifel der für die Klägerin günstigere Wert angesetzt worden sei. Die Qualität der Fachgutachten sei von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Unabhängig davon seien deren Einwendungen geprüft worden. Die Planung sei durch eine Vielzahl von Nebenbestimmungen und Zusagen ergänzt worden. Dadurch seien auch denkbare, absehbare Entwicklungen und Standortverschiebungen geschützt. Die 50-nT-Linie beruhe auf von der Klägerin selbst genannten Werten. Werde jener Wert eingehalten, sei die elektromagnetische Wirkung nach Aussage des Gutachters V. und den größten Herstellern unproblematisch. Damit komme es zu keinen unzumutbaren Wirkungen. Die nachgefragte Geräteliste sei von der Klägerin erst nach Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ergänzt worden. Dass „nicht überall“ Gerätschaften aufgestellt werden könnten, sei aufgrund der Vorbelastung schon bisher der Fall gewesen. Die „Ausfallquote“ dürfte sich eher verringern. Die Variante „Klausenpfad“ (A1) weise eine schlechtere Erschließung auf, da von Norden kommend jede zweite Straßenbahn in den „Klausenpfad“ abbiegen würde. Aus Süden kommend ermöglichte nur jede zweite Bahn eine Verbindung zum Technologiepark. Von einer Haltestelle „Tennisplatz“ könne nicht ohne Weiteres in das innere Neuenheimer Feld gelangt werden. Zudem verlängerte sich die Fahrzeit, wodurch sich auch die Taktung verschlechterte. Die schlechtere Erschließung sei auch nicht aus Gründen des Geräteschutzes in Kauf zu nehmen, da auch der Technologiepark sensible Nutzungen aufweise. Dort müsse technisch bedingt noch näher an den Gebäuden vorbeigefahren werden, was ähnliche Auswirkungen wie im Neuenheimer Feld hervorriefe. Schließlich werde die 2,5 km lange Trasse auf 680 m stromlos betrieben. Die entsprechenden Abschnitte vor dem MPI und dem DKFZ wiesen auch keine Stromkabel zur Versorgung stromhaltiger Abschnitte auf. Bei der Auslegung des Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ müsse auch der Bebauungsplan „Im Neuenheimer Feld - Frankfurter Straße“ vom 19.05.1956 berücksichtigt werden. 1952 habe es gesamtplanerische - auch verkehrliche - Überlegungen gegeben, die sich auch auf den Bereich westlich der Frankfurter (heute: Berliner) Straße bezogen hätten. Wäre vollkommene Verkehrsfreiheit beabsichtigt gewesen, wären die seinerzeit bestehenden Straßen und Fluchten - ebenso wie die damals im Plangebiet "Neues Universitätsgebiet" noch vorhandene OEG-Güterbahn - als aufzuhebende Straßen- und Baufluchten festzusetzen gewesen. Verkehrliche Überlegungen zu Querstraßenanschlüssen zum westlich gelegenen Universitätsgebiet hätten sich auch noch im Erläuterungsbericht vom 01.10.1955 gefunden.
44 
Die Beigeladene hat noch darauf hingewiesen, dass auf den Privatstraßen im Neuenheimer Feld seit Jahrzehnten öffentlicher Verkehr stattfinde. Insofern stünden dem Vorhaben weder der Bebauungsplan noch die städtebaulichen Verträge entgegen. Auch aus dem "Heidelberger Konzept" von 1994 ergebe sich, dass die innere Erschließung des Neuenheimer Feldes durch öffentlichen Personennahverkehr erfolge. Der Klägerin stehe ohnehin kein Vollüberprüfungsanspruch zu, da ihr die Gebäude lediglich vom Land bereitgestellt worden seien. Ihre Belange seien durch ein umfangreiches Schutzkonzept - teilweise überobligatorisch - berücksichtigt worden. Bezogen auf die 1. Planänderung liege kein Verfahrensverstoß vor. Eine etwa erforderliche Befreiung vom Bebauungsplan sei bereits vom Planfeststellungsbeschluss umfasst gewesen. In den das Vorhaben unterstützenden Gemeinderatsbeschlüssen sei „inzident“ eine Befreiung zu sehen. Mit einem Ausbau des bestehenden Busangebots ließen sich die verkehrlichen Ziele nicht erreichen. Die eingesetzten Busse stießen bereits an ihre Kapazitätsgrenze; die Nachfrage nehme im Prognosezeitraum weiterhin zu. Der entscheidende Unterschied zwischen den Varianten A1 und A2 liege in der geringeren Taktfrequenz der Anbindung der Haltestelle „Geowissenschaften“. Die Variante A1 sei nicht schonender zu realisieren, da im Technologiepark nach dem Bebauungsplan „Langgewann II“ auch Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zulässig seien. Auch erhöhten sich so die elektromagnetischen Auswirkungen auf die Kopfklinik. Die Beeinträchtigungen beim Physikalisch-Chemischen Institut (PCI) und beim Institut für Geowissenschaften seien gleich gering. Bei den Erschütterungen sei entscheidend, dass die Vorbelastung nicht zu Lasten der Klägerin wesentlich erhöht werde. Aufgrund der vorgesehenen hochelastischen Schienenlagerung sei gesichert, dass die Erschütterungsimmissionen unter der Vorbelastung blieben. Im Übrigen seien die von der Klägerin geforderten Nano-D-Werte teilweise schon jetzt nicht eingehalten. Die elektromagnetische Betroffenheit des PCI und des Instituts für Geowissenschaften werde durch den mit der 1. Planänderung vorgesehenen weiteren stromlosen Abschnitt nochmals verringert. Eine aktive Kompensation sei nicht mehr notwendig. Bereits im ursprünglichen Fachgutachten, dem eine worst-case-Betrachtung zugrunde liege, sei festgestellt worden, dass die Messgeräte weiter betrieben werden könnten.
45 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden - auch im vorläufigen Rechtschutzverfahren angefallenen - Gerichtsakten verwiesen. Diese waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die das Planfeststellungsverfahren – einschließlich der Planänderung - betreffenden Verwaltungsakten und die vorgelegten Bebauungsplanakten, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
46 
Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig (I.) und begründet (II.). Über die (höchst-)hilfsweise gestellten Klageanträge ist daher nicht zu entscheiden.
I.
47 
Die Klage ist, soweit sie auf eine Aufhebung des - geänderten - Planfeststellungsbeschlusses gerichtet ist, als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) zulässig.
48 
1. Der erkennende Gerichtshof ist nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO erstinstanzlich zuständig. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen betreffen.
49 
2. Die Klage ist am letzten Tage der mit (Individual-)Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses am 30.06.2014 in Lauf gesetzten einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 29 Abs. 6 Satz 1 PBefG) und damit rechtzeitig erhoben worden. Bei der Einbeziehung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses war diese Frist nicht zu beachten, da die verbleibenden Regelungsbestandteile des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses und die durch den Änderungsbeschluss hinzutretenden Regelungsbestandteile inhaltlich unteilbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 31.07 -, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15).
50 
3. Die Klägerin ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO); insbesondere steht nicht etwa ein unzulässiger „In-sich-Prozess“ in Rede. Die Klägerin macht als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Grundrechtsfähigkeit nach Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG (vgl. BVerfG, Beschl. 16.01.1963 - 1 BvR 316/60 - BVerfGE 15, 256 <261 f.>, juris Rn. 22) ungeachtet dessen, dass sie zugleich eine staatliche Einrichtung des Landes ist (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 LHG), jedenfalls hinreichend geltend, in ihrem Recht auf gerechte Abwägung eines eigenen schutzwürdigen Belangs verletzt zu sein (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG). Denn ihr Interesse, dass ihre im Gebiet „Universität“ des Bebauungsplans "Neues Universitätsgebiet" gelegenen Forschungseinrichtungen und Erweiterungsflächen keinen nachteiligen Wirkungen des planfestgestellte Vorhabens - wie Erschütterungen und elektromagnetischen Feldern - ausgesetzt werden, die ihrer Betätigung auf dem Gebiete der Forschung abträglich wären, stellt einen solchen Belang dar. Dies folgt letztlich aus dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, das den öffentlichen Einrichtungen, die Wissenschafts- und/oder Forschungszwecken dienen, unmittelbar zugeordnet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 10.03.1992 - 1 BvR 454/91 u. a. -, BVerfGE 85, 360, juris Rn. 78; auch § 3 Abs. 1 Satz 1 LHG). Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist nicht nur bei (unmittelbaren) Eingriffen in organisatorische Strukturen, sondern auch dann berührt, wenn, was hier in Betracht kommt, die geschützte Betätigung (mittelbar) faktisch behindert wird. Denn die Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schließt das Einstehen des Staates für die Idee einer freien Wissenschaft und Forschung und seine Mitwirkung an ihrer Verwirklichung ein und verpflichtet den Staat, sein Handeln positiv danach einzurichten, d. h. schützend und fördernd einer Aushöhlung dieser Freiheitsgarantie vorzubeugen (vgl. BVerfG, Urt. v. 29.05.1973 - 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 -, BVerfGE 35, 79 <114>; Urt. v. 10.03.1992, a.a.O.). Dass die Klägerin nicht auch Eigentümerin der für ihre Forschungstätigkeit benötigten Dienstgebäude, -räume und -grundstücke ist, diese ihr vielmehr vom Land Baden-Württemberg lediglich im Wege der Zuweisung bereit gestellt wurden bzw. werden (vgl. VwV Liegenschaften v. 28.12.2011 - Az.: 4-3322.0/23 -, GABl. 2012, 6 ff.), ändert nichts. Dies verdeutlicht nur, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG keinen Bestandsschutz vermittelt. Der Klägerin geht es jedoch nicht um Bestandsschutz, sondern um Funktionsschutz ihrer fortbestehenden Einrichtungen (vgl. Bethge, in Sachs, GG 7. A. 2014, Art. 5 Rn. 216). Dabei ist zu beachten, dass Forschung aufgrund ihrer Eigengesetzlichkeit auf Langfristigkeit und Stetigkeit angelegt ist (vgl. Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte Bd. IV 2011, § 100 Rn. 41).
51 
Ob die Klägerin tatsächlich (noch) in ihrem Recht auf gerechte Abwägung eigenen schutzwürdigen Belangs verletzt wird oder dies aufgrund umfangreicher Schutzmaßnahmen und planfestgestellter Änderungen (inzwischen) ausgeschlossen sein könnte, ist keine Frage der Klagebefugnis, sondern der Begründetheit (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
52 
4. Einer vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 29 Abs. 6 Satz 1 PBefG; vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG, § 70 LVwVfG).
II.
53 
Der Anfechtungsantrag ist auch begründet. Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2014 in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27.01.2016 für die „Straßenbahn im Neuenheimer Feld" ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten. Er verstößt gegen § 30 Abs. 1 oder jedenfalls Abs. 3 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg vom 28.07.1960 und gegen das Abwägungsgebot nach § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG. Da diese erheblichen, die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellenden Mängel bei der Abwägung weder durch Planergänzung noch durch ein ergänzendes verfahren behoben werden können, ist der Planfeststellungsbeschluss insgesamt aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 29 Abs. 8 Satz 2 PBefG).
54 
Rechtsgrundlage für den Planfeststellungsbeschluss in seiner geänderten Gestalt sind §§ 28 und 29 PBefG i.V.m. §§ 72 ff. LVwVfG, insbesondere § 76 Abs. 1 LVwVfG. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge einzustellen war, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Das Abwägungsgebot wird nicht dadurch verletzt, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurücksetzung eines anderen entscheidet. Nach § 29 Abs. 8 PBefG sind Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind; erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.
55 
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt dem Vorhaben allerdings nicht schon die erforderliche Planrechtfertigung. Insofern kann offen bleiben, ob sich die Klägerin als nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung, sondern nur mittelbar in ihrer Forschungsfreiheit Betroffene überhaupt auf ein Fehlen der Planrechtfertigung etwa deshalb berufen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, BVerwGE 127, 95), weil dieses Erfordernis eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116).
56 
Das Erfordernis der Planrechtfertigung ist bereits dann erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - hier des Personenbeförderungsgesetzes - ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich bzw. vernünftigerweise geboten ist. Dies ist hier aufgrund der mit dem Vorhaben verfolgten Zielsetzung, den öffentlichen Personennahverkehr im Neuenheimer Feld zu verbessern (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.04.2005 - 9 A 56.04 -, BVerwGE 123, 286; Senatsurt. v. 03.07.1998 - 5 S 1/98 -, BRS 60 Nr. 13), der Fall. Denn das Personenbeförderungsgesetz verfolgt insbesondere das Ziel einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Leistungen des öffentlichen Personennahverkehrs im Orts- oder Nachbarschaftsbereich (vgl. §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 PBefG; auch § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG; hierzu OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 - 1 D 599/08 -,UPR 2010, 319 m.w.N.; HessVGH, Urt. v. 18.03.2008 - 2 C 1092/06.T -, UPR 2008, 360). Dass ein konkreter Bedarf einer Straßenbahnverbindung ins Neuenheimer Feld im Erläuterungsbericht auch nicht ansatzweise durch nachvollziehbare Angaben belegt wird (a.a.O., S. 14), ist zwar im Rahmen der Abwägung von Bedeutung, stellt aber nicht schon die Planrechtfertigung in Frage; denn von einem "offensichtlichen planerischen Missgriff" (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 237) kann aus diesem Grund noch nicht gesprochen werden.
57 
Zweifel am Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung bestehen auch nicht deshalb, weil das Vorhaben nicht realisierbar wäre. Die Planrechtfertigung bestünde unter diesem Gesichtspunkt nur dann nicht, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses auszuschließen war, weil sie nicht beabsichtigt oder objektiv ausgeschlossen war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010 - 7 VR 4.10 -, NVwZ 2010, 533 m.N.).
58 
Allein der Umstand, dass ein Vorhaben wegen ihm derzeit entgegenstehender, im Wege der Abwägung nicht überwindbarer zwingender Rechtsvorschriften nicht zugelassen werden kann, lässt die Planrechtfertigung allerdings noch nicht entfallen. Insofern ist die Planrechtfertigung nicht schon deshalb zu verneinen, weil der Bebauungsplan "Neues Universitätsgebiet" derzeit einer Zulassung des Vorhabens entgegensteht (dazu unter 2.), zumal dieser aufgehoben oder geändert werden könnte. Dass das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt wegen der mit dem Abriss des Gebäudes INF 154 „im Vorfeld“ verbundenen Wirkungen nicht realisierbar wäre, ist nicht zu erkennen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die für die (zur Entwässerung der Gleisanlage) vorgesehene Abwasserversickerung noch erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung nicht noch - entsprechend den unionsrechtlichen Anforderungen an die Gewässerverträglichkeit - erteilt werden könnte. Abgesehen davon könnte das anfallende Abwasser auch anderweit beseitigt werden.
59 
Dass das Vorhaben bislang möglicherweise nicht derart in das GVFG-Bundesprogramm 2013 bis 2017 aufgenommen ist, dass eine Finanzierung mit GVFG-Mittel zu erwarten ist, stellt die Planrechtfertigung ebenso wenig in Frage (vgl. HessVGH, Urt. v. 18.03.2008 - 2 C 1092/06.T -, UPR 2008, 360; OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 - 1 D 599/08 -,UPR 2010, 319). Denn die Finanzierung eines planfestgestellten Vorhabens ist im Rahmen der Planrechtfertigung nur von Bedeutung, wenn sie von vornherein ausgeschlossen erscheint und damit die Realisierung des Vorhabens eindeutig nicht möglich ist (vgl. Senatsurt., Urt. v. 06.04.2006 – 5 S 847/05 –, UPR 2006, 454; Urt. v. 02.11.2004 – 5 S 1063/04 –, UPR 2005, 118) bzw. dem Vorhaben „unüberwindliche“ finanzielle Schranken entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, BVerwGE 148, 373). Davon kann hier jedoch nicht die Rede sein.
60 
Die erforderliche Planrechtfertigung lässt sich unter dem Gesichtspunkt der Realisierbarkeit auch nicht mit der Erwägung verneinen, die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens sei von den für die Durchführung maßgeblich Verantwortlichen in Wahrheit gar nicht mehr beabsichtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 -, BVerwGE 84, 123). Ausweislich eines Vermerks für die Regierungspräsidentin vom 24.04.2015 (vgl. /41 der Verfahrensakten betreffend die 1. Planänderung) hatte sich der Leiter des Amts für Verkehrsmanagement der Stadt Heidelberg, die immerhin mittelbar mit 27,8 % Gesellschaftsanteilen und unmittelbar mit 25% Stimmanteilen an der Beigeladenen beteiligt ist, allerdings dahin geäußert, dass Oberbürgermeister W. das Verfahren nur weiterbetreibe, um später sagen zu können, dass die Kläger ihnen die Straßenbahn „kaputt gemacht“ hätten. Insofern war nach dem Vermerk auch bei der Planfeststellungsbehörde der Eindruck entstanden, dass vor allem die Stadt Heidelberg nicht mehr an einer Realisierung der Straßenbahn interessiert sei, sondern man die Suche nach einem „Sündenbock“ aufgenommen habe. Zwar beurteilt sich die Frage nach dem Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung für das Vorhaben gerade in seiner geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 69) nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses. Die Beigeladene hat jene Äußerungen jedoch inzwischen relativiert und erklärt, dass sie - und auch die Stadt Heidelberg als ihre Gesellschafterin - nach wie vor an dem Vorhaben festgehalten hätten. Auch der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel mehr geäußert.
61 
2. Die Zulassung des Planvorhabens im Neuenheimer Feld ist jedoch rechtswidrig und verletzt dadurch die Klägerin in ihren Rechten, weil sie zwingenden, auch nicht durch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB überwindbaren Festsetzungen des rechtswirksamen Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg vom 28.07.1960 widerspricht (vgl. § 30 BauGB), die auch dem Schutz der Klägerin dienen.
62 
a) Die planfestgestellte Straßenbahntrasse durchschneidet nicht nur die im Bebauungsplan festgesetzte „Bauvorbehaltsfläche“ für die Universität (vgl. § 8 Abs. 2c AufbauG), sondern verläuft innerhalb der Baugrenzen (vgl. § 8 Abs. 2e AufbauG) für die dort allein zulässigen baulichen Anlagen, die mittelbar und unmittelbar den Zwecken der Universität und des Studienbetriebs dienen (vgl. B. a) Art der Nutzung). Ö f f e n t l i c h e Verkehrsanlagen sind innerhalb dieser Grenzen nicht vorgesehen. Solche sind im Bebauungsplan vielmehr bewusst nicht festgesetzt worden, um das Gebiet, das einem Sondergebiet nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO entspricht („Hochschulgebiet“), künftig - mit allen Vorzügen der Konzentration als vorbildliche Bildungsstätte - in sich geschlossen und vom öffentlichen Verkehr frei zu halten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.10.2004 - 5 S 2586/03 -, BRS 67 Nr. 87); die Tiergartenstraße sollte aus diesem Grunde als öffentlicher Weg eingezogen werden. Insoweit sollte auch eine abschließende Regelung getroffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.03.1998 - 8 S 315/98 -, BRS 60 Nr. 140). Daran ändert nichts, dass sich der Erläuterungsbericht verschiedentlich zur verkehrlichen Erschließung verhält, denn insoweit sollten gerade keine bzw. noch keine Regelungen getroffen werden. Die angesprochenen Verkehrsflächen sollten nach den Vorstellungen des Plangebers zudem außerhalb der Baugrenze vorgesehen werden bzw. - wie die damals noch vorhandene OEG-Güterlinie - dorthin verlegt werden. Aus Rücksicht auf eine künftige Außenerschließung blieben die Baugrenzen auch hinter der Bauvorbehaltsflächengrenze zurück. Dass es, worauf der Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 31.03.2016 hingewiesen hat, bei der Aufstellung älterer Bebauungspläne für die angrenzenden Gebiete - etwa des Bebauungsplans „Neuenheimer Feld - Frankfurter Straße“ vom 19.05.1956 - noch planerische Überlegungen zu einer öffentlichen Erschließung auch von Teilen des Gebiets westlich der Frankfurter (bzw. Berliner) Straße gegeben hat, ist für die Auslegung des später aufgestellten Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ nicht von Bedeutung. Denn weder der Erläuterungsbericht noch der Bebauungsplan selbst knüpft an diese Vorstellungen an. Insbesondere findet sich darin kein „Querstraßenanschluss“ zur Tiergartenstraße mehr, wie er im Bebauungsplan vom 19.05.1956 noch als „geplant, aber nicht festzustellen“ eingetragen war.
63 
Anders als die Planfeststellungsbehörde meint, stellt das planfestgestellte Vorhaben auch keine nach dem Bebauungsplan zulässige „öffentliche Versorgungsanlage“ dar. Damit sind ersichtlich nur der Versorgung des Gebiets dienende Nebenanlagen gemeint (vgl. § 14 Abs. 2 BauNVO).
64 
b) Der entsprechend § 173 Abs. 3 BBauGB 1960 übergeleitete Bebauungsplan ist, jedenfalls was die hier in Rede stehende(n) Festsetzunge(en) angeht, entgegen der Auffassung der Planfeststellungsbehörde, die sich insoweit zudem möglicherweise eine ihr nicht zustehende Normverwerfungskompetenz angemaßt hat (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ. Urt. v. 09.09.2015 - 3 S 276/15 VBlBW 2016, 27 -), wirksam; er ist auch nicht nachträglich funktionslos geworden.
65 
aa) Anhaltspunkte dafür, dass bei der Aufstellung des Plans das Verfahren nach dem Badischen Ortsstraßengesetz (OStG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 30.10.1936 (GVBl S. 179), 19.06.1937 (GVBl S. 245) nicht eingehalten worden wäre (vgl. § 9 AufbauG), sind nicht ersichtlich. Der Planentwurf vom 28.07.1960 war vom Gemeinderat (vgl. § 3 Abs. 1 OStG) der Stadt Heidelberg am 27.04.1961 beschlossen und vom Regierungspräsidium Nordbaden als zuständiger Aufsichtsbehörde (vgl. § 10 AufbauG) genehmigt worden. Er war mit seiner endgültigen Feststellung nach § 3 Abs. 6 OStG wirksam und am 13.10.1961 verkündet worden; der Ausfertigungsvermerk findet sich auf der Gemeinderatsvorlage vom 22.02.1961, auf der auch die Beschlussfassung vom 27.04.1961 dokumentiert ist.
66 
Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Bebauungsplan den nach der Übergangsvorschrift des § 174 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23.06.1960 weiterhin maßgeblichen Vorschriften des § 8 des württembergisch-badischen Aufbaugesetzes vom 18.08.1948 (RegBl S. 127), 16.05.1949 (RegBl S. 87) widerspräche. Die vom Beklagten als Beleg für seine gegenteilige Auffassung aufgestellten Rechtsbehauptungen treffen nicht zu. Das württembergisch-badische Aufbaugesetz erforderte keineswegs eine hinreichend konkretisierte Planung, in der a l l e in § 8 Abs. 1 Satz 2 AufbauG angesprochenen Gesichtspunkte der städtebaulichen Entwicklung zu regeln waren, was die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans ausgeschlossen hätte. So sah § 7 Abs. 1 AufbauG - insoweit mit § 1 Abs. 3 BauGB vergleichbar - vor, dass die Gemeinden n a c h B e d ü r f n i s Bebauungspläne aufzustellen haben, w e n n die Entwicklung dies e r f o r d e r t. § 8 Abs. 1 AufbauG sah auch - vergleichbar mit § 1 Abs. 5 und 6 BauGB - nur die B e r ü c k s i c h t i g u n g verschiedener Bedürfnisse vor. Auch aus § 8 Abs. 2 AufbauG folgt nichts anderes. Dass die Bebauungspläne die dort aufgeführten Festsetzungen in Lageplänen enthalten mussten, kann nur so verstanden werden, dass diese, so sie nach § 7 Abs. 1 AufbauG erforderlich waren, auch in den Lageplänen darzustellen waren (vgl. auch den Ersten Durchführungserlass zum Aufbaugesetz v. 05.02.1949 Nr. 6672/IV zu § 8 Abs. 2); dies ist hier erfolgt. Die gegenteilige Auslegung des Beklagten, die entgegen seiner Ansicht auch nicht durch das von ihm insoweit in Bezug genommenen Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.06.1959 - II 170/58 - gestützt wird, führte zu dem absurden Ergebnis, dass ein Bebauungsplan ungeachtet dessen, dass er zur Gewährleistung des Wiederaufbaus (vgl. § 1 Abs. 1 AufbauG) dringend erforderlich war, nicht hätte aufgestellt werden können, wenn für einzelne Festsetzungen (etwa nach § 8 Abs. 2f AufbauG) überhaupt kein Bedarf bestand. Von einem „Äquivalent zur Planzeichenverordnung“ kann allerdings nicht gesprochen werden. Denn die für die Darstellung zu verwendenden Planzeichen ergaben sich nach wie vor aus dem Runderlass des Ministeriums des Innern vom 06.07.1939 Nr. 56552 (BaVBl S. 787, vgl. hierzu den Ersten Durchführungserlass, a.a.O., zu §§ 7-11 a.E.). Nach alledem kann dahinstehen, ob es sich um einen einfachen Bebauungsplan i.S. des § 30 Abs. 3 BauGB handelt; allein daraus, dass er keine positiven Festsetzungen zu öffentlichen Verkehrsflächen enthält, dürfte sich letzteres aufgrund der beabsichtigten abschließenden Regelung freilich noch nicht ergeben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.03.1998, a.a.O.). Öffentliche Verkehrsflächen waren auch nicht deshalb erforderlich, weil - wie der Beklagte meint - öffentliche Einrichtungen ausschließlich durch öffentliche und nicht durch - tatsächlich öffentlichen Verkehr zulassende - Privatstraßen erschlossen werden könnten. Vielmehr kann die Binnenerschließung zu öffentlichen Zwecken gewidmeter Flächen durchaus durch Privatstraßen erfolgen, wenn diese - wie hier - ihrerseits an öffentliche Straßen angeschlossen sind (Außenerschließung). Sollte die „wenig benutzte“ Güterlinie der OEG - wie die Beigeladene geltend macht - bei Erlass des Bebauungsplans noch betrieben worden sein, führte dies zwar, da der Bebauungsplan deren Bestand unberührt ließ, zu einem gewissen Nutzungskonflikt. Dieser sollte und konnte jedoch durch eine spätere Aufhebung oder Verlegung gelöst werden, da die OEG dem nicht entgegengetreten war, sondern lediglich beanstandet hatte, dass nicht bereits der Bebauungsplan dies vorsah (/169 der Bebauungsplanakten). Insofern kann darin auch kein Verstoß gegen das Konfliktbewältigungsgebot und damit auch nicht gegen das allgemeine Gebot gerechter Abwägung gesehen werden, was eine Überleitung des Bebauungsplans ausgeschlossen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, BVerwGE 41, 67).
67 
bb) Die Festsetzungen des Bebauungsplans sind auch nicht inzwischen dadurch funktionslos geworden, dass auf den vom Land Baden-Württemberg im Zuge der mit der Stadt Heidelberg in den Jahren 1969/70 geschlossenen städtebaulichen Verträge im Universitätsgebiet hergestellten Privatstraßen tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet und die sog. Nordtrasse (heute Straße Im Neuenheimer Feld) seitdem - weil der Kurpfalzring bislang nicht ausgebaut worden ist - nach wie vor für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Die Nordtrasse ist für den öffentlichen Durchgangsverkehr von vornherein nur bis zur Fertigstellung des im Generalverkehrsplan 1969 vorgesehenen Ausbaus des Kurpfalzrings (Klausenpfad) gewidmet worden; nach dessen Fertigstellung soll sie von der Stadt entschädigungslos entwidmet werden (vgl. die dem Vertrag v. 06.11.1969 anliegende, vom Land gewählte Alternative A, Anl. 3 zum Antragsschriftsatz der Klägerin v. 30.03.2014 - 5 S 1444/14 -). Auch wenn damit eine vollständige Verwirklichung des mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziels, das Gebiet insbesondere von Durchgangsverkehr frei zu halten, derzeit teilweise - nämlich im Bereich der vorhandenen Trasse der Straße Im Neuenheimer Feld - auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen erscheinen mag, ist der Bebauungsplan doch nach wie vor geeignet, die Herstellung weiterer Verkehrsflächen, zumal für ein schienengebundenes öffentliches Verkehrsmittel zu verhindern, die das Gebiet weiter zerschneiden und die Möglichkeiten der Klägerin, das Gebiet nach ihren Bedürfnissen zu gestalten, weiter beschneiden würden. Damit würde letztlich die seinerzeit beabsichtigte „Geschlossenheit“ des festgesetzten Universitätsgebiets konterkariert.
68 
c) Auch eine Befreiung von den dem Vorhaben entgegenstehenden Festsetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt nicht in Betracht und konnte daher auch nicht - wie nunmehr ausdrücklich geschehen - rechtmäßig im Planfeststellungsbeschluss erteilt werden, sollte sich die Konzentrationswirkung überhaupt auf eine solche Entscheidung erstrecken. Denn durch das Vorhaben werden bereits die „Grundzüge der Planung“ berührt. Ob diese berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39). Dies ist hier der Fall, da das Planvorhaben dem Grundkonzept, das Gebiet in sich geschlossen und vom - gebietsunverträglichen - öffentlichen (Durchgangs-) Verkehr weitgehend frei zu halten, ungeachtet der bereits Jahrzehnte andauernden Widmung der Straße Im Neuenheimer Feld für den öffentlichen Straßenverkehr diametral zuwiderläuft. Anders als in dem Falle, der dem Senatsurteil vom 15.10.2004 (a.a.O.) zugrunde lag, geht es nicht nur darum, dass das Vorhaben die Bauvorbehaltsfläche innerhalb der Baugrenze für die Universität um die Fläche für eine Straßenbahntrasse vermindert. Darüber hinaus kann aufgrund der defizitären Ermittlung und Bewertung der gegenläufigen Belange - auch derjenigen der Klägerin - derzeit auch nicht vom Vorliegen der übrigen Befreiungsvoraussetzungen (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, § 31 Abs. 2 BauGB a.E.) ausgegangen werden.
69 
d) Das planfestgestellte Vorhaben kann entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen auch nicht das sog. Fachplanungsprivileg nach § 38 BauGB für sich in Anspruch nehmen. Für die Zuerkennung des grundsätzlichen Vorrangs der Fachplanung gegenüber der Planungshoheit der Gemeinde ist nach der Neufassung der Vorschrift durch das Bau- und Raumordnungsgesetz vom 18.08.1997 (BGBl S. 2081) nicht mehr auf die voraussichtliche planerische Kraft der im Einzelfall betroffenen Gemeinde, sondern auf die überörtlichen Bezüge des Vorhabens abzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.07.2000 - 11 VR 5.00 -, UPR 2001, 33). Solche sind bei dem Bau von Straßenbahnen - anders als etwa bei Vorhaben nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 - 11 VR 12.00 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 51) und dem Bundesfernstraßengesetz allerdings nicht schon durch die durch das Fachplanungsgesetz - hier das Personenbeförderungsgesetz - begründete nicht-gemeindliche, überörtliche Planungszuständigkeit indiziert, mögen sie auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein. Denn Straßenbahnen sind - in Abgrenzung zu Eisenbahnen - definitionsgemäß nur solche Schienenbahnen, die ausschließlich oder überwiegend der Beförderung von Personen im O r t s- oder Nachbarschaftsbereich dienen (vgl. § 4 Abs. 1 PBefG; § 8 Abs. 1 PBefG, § 2 Abs. 5 AEG). Dienen sie wie hier der Beförderung von Personen im O r t s verkehr und wird nur das Gebiet einer Gemeinde berührt, kommt dem Vorhaben typischerweise keine überörtliche Bedeutung zu (vgl. Senatsurt. v. 15.10.2004, a.a.O.; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB , § 38 Rn. 37, 152). Daran ändert auch der vom Beklagten und der Beigeladenen angeführte Umstand nichts, dass der Personennahverkehr überwiegend - wie auch hier - in Verkehrsverbünden organisiert ist (vgl. Runkel, a.a.O., § 38 Rn. 152), denn daraus folgt noch nicht die „Einbettung“ eines konkreten Straßenbahnvorhabens in ein überörtliches Verkehrsnetz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.07.2000, a.a.O.). Denn allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem Verkehrsverbund kommt noch nicht jeder Teilstrecke die gleiche, gegebenenfalls überörtliche Bedeutung in diesem Verkehrsnetz zu. Warum es sich deshalb anders verhalten sollte, weil mit der planfestgestellten Straßenbahn auch Einrichtungen von überörtlicher Bedeutung - insbesondere die im Neuenheimer Feld liegenden Universitätskliniken - erschlossen werden sollen, ist nicht zu erkennen. Der Beklagte und die Beigeladene übersehen, dass es um die überörtliche Bedeutung des Planvorhabens und nicht der von ihm erschlossenen öffentlichen Einrichtungen geht. Insofern kann die überörtliche Bedeutung auch nicht schon daraus hergeleitet werden, dass die „Universitätslinie“ Teil einer Straßenbahnverbindung vom bzw. zum Heidelberger Hauptbahnhof ist. Nach ihrer Argumentation käme letztlich jedem noch so unbedeutenden Straßenbahnvorhaben in einem Oberzentrum überörtliche oder gar überregionale Bedeutung zu, was letztlich die Anwendbarkeit des Personenbeförderungsgesetzes in einem solchen Fall in Frage stellte.
70 
e) Auf die Nichtbeachtung jener Festsetzungen des Bebauungsplans kann sich auch die Klägerin ungeachtet dessen berufen, dass nicht sie, sondern das Land Baden-Württemberg Eigentümer der für Zwecke der Universität genutzten Grundstücke ist. Denn die Festsetzung der Bauvorbehaltsfläche des Sondergebiets „Universität“ diente ersichtlich den Interessen und damit auch dem Schutz der Klägerin (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO 11. A. 2008, § 11 Rn. 3). Dies lässt sich ohne weiteres dem beigefügten Erläuterungsbericht vom 28.07.1960 entnehmen. Danach entsprachen die in der Heidelberger Altstadt und im Bergheimer Viertel gelegenen Universitätsgebäude der Naturwissenschaften und der Medizin nicht mehr dem damaligen Stand der technischen Entwicklung und behinderten dadurch Forschung und Lehre. Zur Schaffung neuer, ausreichend bemessener Anlagen musste daher auf entsprechend große Flächen außerhalb des bebauten Stadtgebiets, und zwar auf das größere Gelände am rechten Neckarufer zurückgegriffen werden, das bereits der Wirtschaftsplan von 1935 als Universitätsviertel ausgewiesen hatte. Die dortigen Ansatzpunkte und Ausdehnungsmöglichkeiten ließen es zu, diesen Teil der Universität als geschlossene Anlage mit allen Vorzügen der Konzentration als vorbildliche Bildungsstätte zu schaffen. Zur Bereitstellung des erforderlichen Geländes wurde eine Widmung des zukünftigen Universitätsbereichs einschließlich aller Folgeeinrichtungen als Bauvorbehaltsfläche für die Zwecke der Universität als dringend erforderlich angesehen.
71 
Der Annahme eines ihr durch diese Festsetzung vermittelten subjektiv-rechtlichen Drittschutzes steht auch nicht entgegen, dass bauplanerische Festsetzungen als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) grundsätzlich grundstücks- und nicht personenbezogen sind (Repräsentationsprinzip; vgl. hierzu etwa Mager/Fischer, VBlBW 2015, 313 ff.). Denn bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sind bzw. waren auch sonstige Belange zu berücksichtigen (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB, insbes. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB: „Belange des Bildungswesens“; § 8 Abs. 1 AufbauG: „kulturelle Bedürfnisse“), sodass es dem Plangeber - insbesondere kraft Bundesrechts (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.06.1968 - IV. C 44.66 -, BRS 20 Nr. 174) - nicht verwehrt ist, durch bestimmte, im Hinblick auf solche Belange getroffene Festsetzungen auch sonstigen Nutzungsberechtigten von Grundstücken wehrfähige Nachbarrechte im Ortsrecht zuzuerkennen (vgl. Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB 10. A. 2007 , § 31 Rn. 95 m.w.N.; Schlichter, NVwZ 1983, 641 <646>). Einer solchen Auslegung steht hier auch nicht entgegen, dass „lediglich“ ein entsprechend § 173 Abs. 3 BBauG übergeleiteter Bebauungsplan in Rede steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 - 4 C 13.94 -,BVerwGE 101, 364).
72 
3. Unabhängig davon leidet der Planfeststellungsbeschluss - auch in seiner geänderten Gestalt - noch an beachtlichen Abwägungsmängeln (vgl.§ 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG) zum Nachteil der Klägerin. Denn die Planfeststellungsbehörde hat den schutzwürdigen Belang der Klägerin, von abträglichen Wirkungen des Vorhabens auf die derzeitige und künftige Forschungstätigkeit ihrer Einrichtungen verschont zu bleiben, in der Abwägung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG fehlerhaft behandelt. Denn sie hat sich entgegen ihres gesetzlichen Auftrags ohne eigene Feststellung und Bewertung der insoweit wesentlichen Tatsachen auf eine bloße Evidenzkontrolle der von der Beigeladenen vorgelegten Planung beschränkt (a). Daran hat auch der Änderungsplanfeststellungsbeschluss, insbesondere die darin angestellte „Gesamtbetrachtung“, nichts zu ändern vermocht. Mangels hinreichender eigener Feststellungen und Bewertungen der insoweit für die Abwägung wesentlichen Tatsachen durch die Planfeststellungsbehörde ist die Abwägungserheblichkeit der Belange der Klägerin auch nicht nachträglich entfallen (b). Eine weitere gerichtliche Erforschung des Sachverhalts ist insoweit - entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen - nicht geboten (c).
73 
a) Der Planfeststellungsbeschluss leidet bereits an einem kompletten Abwägungsausfall oder doch einem umfassenden Abwägungsdefizit, weil die Planfeststellungsbehörde sich entgegen ihrer Planungsaufgabe nach dem Personenbeförderungsgesetz, die Planung des Vorhabenträgers einer sachgerechten - wenn auch teilweise nur nachvollziehenden - eigenen Abwägung zu unterziehen, bewusst auf eine bloße Evidenz- bzw. Plausibilitätskontrolle beschränkt hat.
74 
Insofern erweisen sich nicht nur die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Variante A2 - und damit gegen die von der Klägerin favorisierten Varianten, insbesondere die Variante A1 („Klausenpfad“) -, sondern auch die konkrete Trassenführung und -gestaltung und das zum Schutz der Einrichtungen der Klägerin vorgesehene Schutzkonzept als abwägungsfehlerhaft. Diese Mängel sind, da sie sich ohne weiteres aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben, offensichtlich und schon deshalb auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, weil bei einer fehlerfreien Abwägung eine Entscheidung zugunsten der Variante A1 nicht nur konkret in Betracht kam (vgl. auch die undatierte Pressemitteilung www.uni-heidelberg.depresse/news/08/pm280415 -9str.html - der Stadt Heidelberg über eine zunächst gefundene Einigung auf einen Trassenverlauf über den Klausenpfad; § 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG), sondern sich, wenn man den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss folgt, sogar als vorzugswürdig aufdrängte. Darauf, ob die vorgesehenen Schutzmaßnahmen zumindest gewährleisteten, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze zum Nachteil der Klägerin nicht überschritten wird (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG), kommt es nicht mehr an, da die Abwägung es damit nicht bewenden lassen durfte.
75 
Die Planfeststellungsbehörde begründet ihre Entscheidung zugunsten der beantragten Variante A2 im Planfeststellungsbeschluss vom 10.06.2014, soweit sich darin hierzu überhaupt eigenständige Erwägungen der Behörde finden, zusammenfassend damit (S. 335 f.), dass sich bei der Auseinandersetzung mit den angesprochenen Alternativlösungen im Ergebnis keine Alternative als „ e i n d e u t i g v o r z u g s w ü r d i g“ bzw. die Antragsvariante „aus verkehrlicher Sicht“ aufgedrängt habe. Auch wenn bei der Trasse A1 deutlich weniger Einrichtungen den von dem Vorhaben ausgehenden Wirkungen ausgesetzt wären, sei dies nicht der allein ausschlaggebende Gesichtspunkt gewesen. Aufgrund der konkreten Zielsetzungen des Vorhabenträgers und der vorgesehenen Schutzmaßnahmen „d r ä n g e s i c h i h r n i c h t a u f“, dass die Vorteile der Variante A1 die Vorteile des beantragten Neubaus „in einer Weise“ überwögen, dass sie sich als „e i n d e u t i g v o r z u g s w ü r- d i g“ erweise.
76 
Bereits aus diesen Ausführungen erhellt, dass die Planfeststellungsbehörde - auch bei Berücksichtigung ihrer weiteren Ausführungen zu den einzelnen Planungsalternativen - ihre gesetzliche Planungsaufgabe gänzlich verfehlt hat. Ob sie sich ohnehin an die vom Heidelberger Gemeinderat im November 2005 beschlossene Alternativen-Entscheidung („Maßnahmenbeschluss“) gebunden gefühlt hat, mag dahinstehen.
77 
Die von der Planfeststellungsbehörde mehrfach gebrauchte Wendung, dass sich eine andere Alternative „nicht als eindeutig vorzugswürdig aufgedrängt“ habe, vermag eine nachvollziehbare Begründung einer - in eigener Verantwortung für die Planung abwägungsfehlerfrei zu treffenden - Auswahlentscheidung von vornherein nicht zu ersetzen, da damit nur ein für die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Variantenentscheidung geltender Prüfungsmaßstab in Bezug genommen wird (vgl. Nieders. OVG, Beschl. v. 29.06.2011 - 7 MS 72/11 -). Die Prüfung, ob eine Auswahlentscheidung nach diesem Maßstab Bestand haben wird, obliegt nicht der Planfeststellungsbehörde, sondern dem erkennenden Verwaltungsgerichtshof. Die hierbei geltenden Einschränkungen der Kontrolle sind auch nur gerechtfertigt, weil eine demokratisch legitimierte Planfeststellungsbehörde zuvor die rechtliche Verantwortung für die Planung übernommen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, Urt. v. 24.05.2011 - 22 A 10.40049 -, UPR 2011, 449). Dies ist umso mehr erforderlich, als einem Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08 -). Dies gilt erst recht, wenn der Vorhabenträger - wie die Beigeladene - privatrechtlich organisiert ist.
78 
Eine eigene Planungsentscheidung hat der Beklagte aufgrund seines fehlerhaften Ansatzes auch in der Sache nicht getroffen, denn er hat die Planunterlagen der Beigeladenen nicht, wie dies eigentlich erforderlich gewesen wäre, einer e i g e n s t ä n d i g e n rechtlichen Prüfung unterzogen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2011 - 7 A 3.10 -, Buchholz 406.400 § 19 BNatschG 2002 Nr. 7, juris Rn. 85). Einer solchen Prüfung war der Beklagte auch nicht deshalb enthoben, weil eine zur Planfeststellung vorgelegte Planung - aufgrund der Antragsbindung bzw. des Vorhabenbezugs - teilweise nur nachvollziehend abgewogen werden kann (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, Urt. v. 24.11.1994 - 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143, juris Rn. 20 u.21; Urt. v. 17.01.1986 - 4 C 6.84, 4 C 7.84 -, BVerwGE 72, 365; Senatsurt. v. 13.04.2000 - 5 S 1136/98 - u. v. 10.11.2011 - 5 S 2436/10 -; Steinberg/Wickel/Müller, a.a.O., S. 191 Rn. 1; Wickel in: HK-VerwR § 72 Rn. 31, 33 f.; krit. zu diesem Begriff Lieber, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG 2014, § 74 Rn. 34; Vallendar/Wurster, in Beck’scher AEG Komm., 2. A. 2014, § 18 Rn. 140). Insbesondere folgt aus dem Begriff „nachvollziehend“ nicht, dass die Planung für die Planfeststellungsbehörde etwa nur „nachvollzieh b a r“ sein müsste.
79 
Beim Abwägungsgebot im Fachplanungsrecht ist unter „nachvollziehender Abwägung“ - entgegen der offenbar vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vertretenen Auffassung (vgl. Urt. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 -; Urt. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - im Anschluss an Vallendar, in: Beck’scher AEG Komm. 2006, § 18 Rn. 119) - auch nicht eine Abwägung zu verstehen, wie sie im Rahmen einer gebundenen Vorhabenzulassung (vgl. zum Bauplanungsrecht BVerwG, Urt. v. 24.10.2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155), im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung oder bei der Frage der „Beeinträchtigung“ des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 WHG anzunehmen ist und hier einen gerichtlich uneingeschränkt überprüfbaren Vorgang der Rechtsanwendung meint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.06.2014 - 4 B 47.13 -, BRS 82 Nr. 109). Insofern geht auch der Hinweis im Änderungsplanfeststellungsbeschluss (S. 54) auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 29.03.2013 - 3 S 284/11 - (juris Rn. 125) fehl. Auch eine solche „nachvollziehende Abwägung“ hat die Planfeststellungsbehörde freilich nicht vorgenommen, weil sie selbst nicht „nachvollziehend“ abgewogen, sondern die Planung der Vorhabenträgerin lediglich als „nachvollzieh b a r“ und p l a u s i b e l angesehen hat.
80 
Eine sachgerechte - zumindest „nachvollziehende“ - Abwägung der verschiedenen Varianten war ihr aufgrund der unzureichenden Planunterlagen allerdings auch nicht möglich. Denn der im Erläuterungsbericht enthaltene „Vergleich der Varianten“ (a.a.O., S. 15 ff.) besteht im Wesentlichen nur aus einer zusammenfassenden Darstellung des Entscheidungsprozesses im Heidelberger Gemeinderat von 1992 bis zum „Maßnahmenbeschluss“ im November 2005, mit dem dieser sich für die Variante A2 entschieden hatte.
81 
Zwar unterliegt auch die Überprüfung der Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde aufgrund der Antragsbindung gewissen Einschränkungen. Dies gilt aber nur für die eigentliche (endgültige) planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39.07 -,BVerwGE 133, 239). Dies entbindet die Planfeststellungsbehörde jedoch nicht von ihrer Pflicht, zuvor alle ernsthaft in Betracht kommenden Planungsalternativen auch selbst ernsthaft in Betracht zu ziehen und zu prüfen, und zwar - entgegen der Auffassung des Beklagten - unabhängig davon, ob sie sich ihr „aufdrängten“ oder nicht (vgl. Steinberg/Wickel/Müller, Fachplanung, 4. A. 2012, § 3 Rn. 183 f.). Ihre Pflicht zur Ermittlung, Bewertung und Gewichtung einzelner Belange im Rahmen der Variantenprüfung ist damit für die Planfeststellungsbehörde in keiner Weise zurückgenommen (vgl. BVerwG, Gerichtsbesch. v. 21.09.2010 - 7 A 7.10 -, juris, Rn. 17 unter 2.d; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rn. 98; Nieders. OVG, Beschl. v. 29.06.2011, a.a.O.). Erst bei der eigentlichen (endgültigen) Auswahlentscheidung ist sie - im Hinblick auf die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers - auf die Prüfung beschränkt, ob dessen Erwägungen vertretbar und damit geeignet sind, die (endgültige) Variantenwahl zu rechtfertigen u n d ob - und ggf. aus welchen Gründen - sie sich diese zu eigen machen will (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009, a.a.O.). Nach dem auch für sie geltenden Untersuchungsgrundsatz (vgl. § 24 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 24.03.2011 - 7 A 3.10 -, a.a.O.; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 8. A., 2014 § 74 Rn. 8) hat die Planfeststellungsbehörde jedoch zuvor die eine sachgerechte Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange erst ermöglichenden tatsächlichen Feststellungen zu treffen (und zu bewerten) und hierzu erforderlichenfalls auch noch weitere eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.06.1992 - 4 B 1.92 u. a., -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89; Beschl. v. 02.04.2009 - 7 VR 1.09 -; Urt. v. 24.03.2011, a.a.O.).
82 
Diesen Anforderungen des Abwägungsgebots entspricht die von der Planfeststellungsbehörde getroffene Entscheidung aufgrund ihres verfehlten Ansatzes in keiner Weise.
83 
So begnügte sich die Planfeststellungsbehörde - jedenfalls ganz überwiegend - damit, den gegen die Antragsvariante vorgebrachten, durchaus substantiierten Einwendungen - auch der Klägerin - jeweils die gegenteilige Sicht der Beigeladenen gegenüberzustellen, um im Anschluss daran - ohne eigenständige Begründung - auszuführen, dass die Annahmen der Einwender und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen „nicht geteilt“ würden, dass sie „sich die Ausführungen des Vorhabenträgers zu eigen mache“, sie „keine b e - l a s t b a r e n Anhaltspunkte bzw. Erkenntnisse“ dafür habe, dass sich dessen Ausgangsüberlegungen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen „(e i n d e u t i g) unzutreffend oder fehlgewichtet“ darstellen könnten und daher „n a c h v o l l z i e h b a r und p l a u s i b e l“ bzw. „nicht zu beanstanden“ seien. Diese im Beschluss ständig wiederkehrenden Wendungen erweisen, dass sich die Planfeststellungsbehörde von vornherein - jedenfalls ganz überwiegend - auf eine bloße Evidenz- bzw. Plausibilitätskontrolle jeglicher von der Vorhabenträgerin der Planung zugrunde gelegten Annahmen beschränkt hat und dass sie - nach einer ebenfalls nur eingeschränkten Prüfung - auch deren tatsächliche und rechtliche Bewertungen und Gewichtungen der Einzelbelange - auch derjenigen der Klägerin - übernommen hat. Ein solches Vorgehen ist mit der Aufgabe einer Planfeststellungsbehörde, der ungeachtet des Vorhabenbezugs ein Planungsermessen eingeräumt ist und die insofern eine eigenständige, wenn auch teils nur nachvollziehende abwägende Entscheidung zu treffen hat, schlechterdings nicht vereinbar.
84 
Zwar trifft es zu, wie die Beigeladene einwendet, dass allein ein etwaiger Begründungsmangel noch nicht den Schluss auf einen Abwägungsmangel rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2011, a.a.O., Rn. 84). Hier liegt jedoch nicht nur ein bloßer formeller Mangel in der Dokumentation oder Begründung vor, sondern ein im Planfeststellungsbeschluss an zahllosen Stellen dokumentierter grundlegender materieller Abwägungsmangel. Den aufgezeigten Formulierungen - wie „nicht e i n d e u t i g unzutreffend oder fehlgewichtet“, „n a c h v o l l z i e h b a r und p l a u s i b e l“ kommt auch keineswegs nur eine - letztlich unerhebliche - „semantische“ Bedeutung zu, wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf einen dem Verfasser des Planfeststellungsbeschlusses eigenen Stil geltend gemacht hat.
85 
Da auch die Entscheidungen über die der Beigeladenen erteilten „Schutzauflagen“ von dem vorbezeichneten Mangel betroffen sind, lässt sich auch aus deren Beifügung nicht auf eine eigene Abwägung schließen, zumal die Schutzauflagen zu einem großen Teil ohnehin nicht von der Planfeststellungsbehörde, sondern von der Anhörungsbehörde, mithin der Stadt Heidelberg formuliert worden sind, die gleichzeitig Gesellschafterin der Vorhabenträgerin ist.
86 
Der von der Planfeststellungsbehörde gewählte Ansatz einer auf eine bloße Evidenz- und Plausibilitätskontrolle beschränkten Planprüfung wird bereits auf der Ebene der Ermittlung, Bewertung und Gewichtung der für die Trassenwahl besonders bedeutsamen Auswirkungen des Vorhabens deutlich. Dies gilt insbesondere für die von dem Vorhaben ausgehenden Erschütterungen und elektromagnetischen Felder, gegen die sich die Klägerin wegen ihrer von diesen Wirkungen betroffenen Forschungseinrichtungen bzw. dort eingesetzter hochempfindlicher Geräte - vor allem an der Straße Im Neuenheimer Feld, aber auch im Botanischen Garten - hauptsächlich wendet. Gleiches gilt für die weiteren Auswirkungen des Vorhabens, insbesondere für die mit ihm verbundenen Zerschneidungswirkungen bzw. Einschränkungen hinsichtlich einer bedarfsgerechten Nutzung der Bauvorbehaltsfläche durch die Klägerin.
87 
Hinsichtlich der für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Beurteilung der Immissionswirkungen hat die Planfeststellungsbehörde dabei zunächst auf ihre Ausführungen unter Abschnitt B. III. 2.3 „Zwingendes Recht“ verwiesen (S. 326 ff.), wo stereotyp den Einwendungen - auch denen der Klägerin - („… wird geltend macht, …“) jeweils die gegenteilige Sichtweise der Vorhabenträgerin bzw. ihrer Gutachter gegenübergestellt wird („Der Vorhabenträger hat dazu ausgeführt, …“), um dies jeweils mit der Wendung abzuschließen, dass sie „keine b e l a s t b a r e n Anhaltspunkte“ dafür habe, dass sich die gutachterlichen Einschätzungen, Annahmen und Schlussfolgerungen „im Ergebnis als unzutreffend“ oder „u n v e r t r e t b a r“ (!) darstellten bzw. die Überlegungen, Ansätze und Schlussfolgerungen des Fachgutachters „in einer Weise erschüttert“ würden, dass sich daraus ein „z w i n g e n d e r“ weitergehender Handlungsbedarf ergäbe.
88 
Vor diesem Hintergrund entbehrt auch das von der Planfeststellungsbehörde gezogene Fazit jeder tatsächlichen Grundlage, dass die Erschütterungswirkungen der Zulassung des Vorhabens „nicht zwingend“ entgegenstünden und dass mit den von der Vorhabenträgerin aufgrund umfangreicher fachgutachterlicher Expertisen vorgesehenen Schutzmaßnahmen den berechtigten Belangen der betroffenen Einrichtungen im Hinblick auf eine elektro-magnetische Verträglichkeit „angemessen Rechnung“ getragen werde.
89 
Diese Ausführungen lassen darüber hinaus erkennen, dass es der Planfeststellungsbehörde ohnehin nur darauf ankam, zwingendes Recht, und zwar die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) einzuhalten, sie jedoch darüber hinaus für eine sachgerechte Abwägung mit dem Interesse der Klägerin, von weiteren - gerade auch im Hinblick auf künftige Entwicklungen - nachteiligen Einwirkungen auf ihre Forschungseinrichtungen möglichst verschont zu bleiben, tatsächlich nicht offen war. Dies zeigt auch der Umstand, dass sie es dahinstehen ließ, ob bei einer Trassenführung über den von der Klägerin favorisierten „Klausenpfad“ (Variante A1) deutlich weniger empfindliche Einrichtungen betroffen wären, und es nicht für aufklärungsbedürftig ansah, ob in dem dort gelegenen „Technologiepark“ überhaupt in vergleichbaren Entfernungen ebenso empfindliche Nutzungen stattfinden.
90 
Ohne entsprechende „belastbare“ Feststellungen erweist sich die von der Planfeststellungsbehörde wiedergegebene Sichtweise der Vorhabenträgerin, wonach beide Varianten hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit und der Erschütterungen „nahezu vergleichbar“ seien, keineswegs als „nachvollziehbar und plausibel“, sondern als nicht „vertretbar“.
91 
Dies gilt umso mehr, als die Planfeststellungsbehörde auch die bauplanungsrechtliche Situation - und die sie konkretisierenden städtebaulichen Verträge - nicht mit dem ihr zukommenden Gewicht zu Gunsten der Belange der Klägerin berücksichtigt hat, indem sie selbst hier - wiederum ohne erkennbar eigenständige Prüfung - die unzutreffende, rechtliche Sichtweise der Vorhabenträgerin bzw. des Rechtsamts der Stadt Heidelberg zugrunde gelegt hat. Die bestehende bauplanungsrechtliche Situation wäre indes bei der Abwägung nicht nur als wesentlicher städtebaulicher Belang, sondern auch als schutzwürdiges Interesse der betroffenen Einrichtungen an der Beibehaltung des bestehenden Zustandes (vgl. Senatsurt. v. 06.05.2011 - 5 S 1670/09 -, VBlBW 2012, 108) mit besonderem - grundrechtlichen (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) - Gewicht zu berücksichtigen gewesen (vgl. Senatsurt. v. 03.07.1998 - 5 S 1/98 -, BRS 60 Nr. 13). Dies hätte auch dann gegolten, wenn sich die Beigeladene auf das Fachplanungsprivileg des § 38 BauGB n.F. hätte berufen können. Selbst wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre, hätte das Vorliegen eines seit den 1960iger Jahren tatsächlich vorhandenen Universitätsgebiets zugunsten der Klägerin angemessen berücksichtigt werden müssen.
92 
In städtebaulicher Hinsicht hat die Planfeststellungsbehörde zudem übersehen, dass der von ihr in den Vordergrund gerückte „Technologiepark“ jedenfalls ganz überwiegend im Geltungsbereich des „Bebauungsplans Handschuhsheim Langgewann II - Technologiepark Heidelberg“ vom 16.03.2000 liegt. Dieser erklärt aber nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, Geschäfts-, Büro und Verwaltungsgebäude für zulässig. Zwar sollen dabei auch Forschungseinrichtungen, daneben aber auch Entwicklungs- und Produktionseinrichtungen zulässig sein. Bei den danach zulässigen Nutzungsarten kann von einer vergleichbaren Schutzwürdigkeit wie im angrenzenden „Universitätsgebiet“ nicht die Rede sein. Denn auf der durch den Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ für Zwecke der Universität einschließlich Folgeeinrichtungen für Lehre und Forschung festgesetzten Bauvorbehaltsfläche sind lediglich bauliche Anlagen zulässig, die mittelbar und unmittelbar den Zwecken der Universität und des Studienbetriebs dienen (vgl. b) der Besonderen Bauvorschriften).
93 
Schließlich belegt der Hinweis der Planfeststellungsbehörde auf das Fehlen einer - von der Klägerin gar nicht geltend gemachten - Bestandsgarantie und den im Neuenheimer Feld weiterhin möglichen Wissenschaftsbetrieb, dass die Planfeststellungsbehörde das Gewicht des durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG besonders geschützten Belangs der Klägerin unterschätzt hat, ihre Forschungseinrichtungen von möglicherweise die Forschung beeinträchtigenden Auswirkungen des Vorhabens soweit als möglich zu verschonen. Diese unzutreffende Gewichtung kommt auch in den Bemerkungen des Vertreters der Planfeststellungsbehörde in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck, die Universität werde schon „nicht untergehen“, wenn die Straßenbahn durchs Neuenheimer Feld fahre. Zu Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei der Forschungsfreiheit aufgrund ihrer Eigengesetzlichkeiten noch mehr als beim Eigentum auch mögliche künftige Nutzungen - auch auf den „Erweiterungsflächen“ der Universität - in den Blick zu nehmen waren. Der Umstand, dass solche Nutzungen noch nicht unmittelbar angestanden haben oder dass deren Realisierung aufgrund der bereits erreichten Bebauungsdichte möglicherweise zunächst den Abriss anderer Gebäude bedingte, mag für die Gewichtung dieses Belangs von Bedeutung sein, stellt indessen - nicht zuletzt im Hinblick auf den Prognosehorizont - dessen Abwägungserheblichkeit nicht in Frage. Anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Klägerin nicht Eigentümerin jener „Erweiterungsflächen“ ist. Denn auch diese Flächen liegen im festgesetzten „Universitätsgebiet“ und sind nach dem nach wie vor wirksamen Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ grundsätzlich für die universitären Zwecke der Klägerin nutzbar. Insofern leidet die Entscheidung jedenfalls an einer Abwägungsfehlgewichtung, wenn nicht gar an einer Abwägungsdisproportionalität.
94 
Die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss lassen auch nicht annähernd erkennen, dass insbesondere die von der Klägerin als vorzugswürdiger angesehene Variante A1 derartige Abstriche an den verkehrlichen Zielsetzungen der Vorhabenträgerin bedingt hätte, dass sie ungeachtet der betroffenen gegenläufigen Interessen, insbesondere des Interesses der Klägerin, von nachteiligen Auswirkungen auf ihre Forschungseinrichtungen möglichst verschont zu bleiben, und ungeachtet des von der Planfeststellungsbehörde zu beachtenden Trennungsgrundsatzes (vgl. § 50 Satz 2 BImSchG) jedenfalls nicht hinzunehmen wären. Entgegen der Behauptung des Beklagten-Vertreters in der mündlichen Verhandlung war der Variante A2 gegenüber der Variante A1, der die Planfeststellungsbehörde durchaus auch gewisse Vorteile attestiert hat, lediglich aufgrund überwiegender Vorteile der Vorzug gegeben worden (a.a.O., S. 336). Solches ließe sich auch nicht bereits mit den angeführten Nachteilen hinsichtlich der Erschließungswirkung begründen (a.a.O., S. 335), zumal sich die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf das jeweilige Fahrgastaufkommen auf die Wendung zurückgezogen hat (S. 321), dass es sich aus ihrer Sicht „n a c h v o l l z i e h b a r und p l a u s i b e l“ sei, wenn sich d e m V o r h a b e n t r ä g e r, der als Verkehrsunternehmer das stärkste Interesse habe, ein möglichst hohes Fahrgastpotential auszuschöpfen, die Beibehaltung einer bestehenden Linienführung a u f d r ä n g e (sic!). Entsprechende Abstriche wären hier indes umso eher gerechtfertigt gewesen, je gewichtiger die gegenläufigen Belange sind, insbesondere je einschneidender sich die nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens bei der Variante A2 auf die weitere Funktionsfähigkeit der derzeit und künftig betroffenen Forschungseinrichtungen der Klägerin erweisen. Über diese hätte sich die Planfeststellungsbehörde jedoch zunächst selbst Gewissheit verschaffen müssen, auch wenn dies für sie bzw. die hierzu zunächst berufene Anhörungsbehörde mit einem größeren Aufwand verbunden gewesen wäre. Dies gilt umso mehr, als der Erläuterungsbericht der Vorhabenträgerin einen besonderen Bedarf einer Straßenbahnverbindung anstatt einer Busverbindung ins Neuenheimer Feld zwar behauptet, jedoch auch nicht annähernd nachvollziehbar belegt hat. Inwiefern dies unbeachtlich sein sollte, weil die Stadt Heidelberg inzwischen eine - Ende 2011 fertiggestellte - aktuellere Verkehrsprognose in Auftrag gegeben habe (S. 129), erschließt sich nicht.
95 
All diese, sich bereits bei der Variantenentscheidung manifestierenden Mängel, die letztlich auf den falschen Prüfungsmaßstab der Planfeststellungsbehörde zurückzuführen sind, setzen sich bei der Entscheidung über die konkrete Trassenführung- und -gestaltung sowie bei der Entscheidung über das dabei vorzusehende Schutzkonzept (einschließlich der verfügten Nebenbestimmungen) fort. Denn auch hier hat sich die Planfeststellungsbehörde jedenfalls ganz überwiegend auf eine reine Evidenz- und Plausibilitätskontrolle zurückgezogen, ob insbesondere durch die von der Anhörungsbehörde vorgeschlagenen Nebenbestimmungen die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle eingehalten werden wird oder nicht. Ob wenigstens dies hinsichtlich der besonders kritischen Erschütterungswirkungen und elektromagnetischen Wirkungen sowie der weiteren, von der Klägerin beanstandeten Auswirkungen des Vorhabens tatsächlich gewährleistet sein könnte, bedarf - wie ausgeführt - vor dem Hintergrund der aufgezeigten grundlegenden Abwägungsmängel keiner Prüfung mehr.
96 
b) Die Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss sind auch unter Berücksichtigung der mit ihm festgestellten Planänderungen - insbesondere bei Berücksichtigung des im Bereich des Max-Planck-Instituts und der besonders betroffenen Institute der Klägerin vorgesehenen weiteren stromlosen Abschnitts - nicht geeignet, den Abwägungsausfall bzw. das umfassende Abwägungsdefizit und die damit verbundenen weiteren Abwägungsmängel zu beheben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass einzelne, für die Abwägung erhebliche Umstände - etwa die derzeitige konkrete Betroffenheit bestimmter Geräte bzw. Gerätestandorte - aktuell nachermittelt wurden.
97 
Mit der anlässlich der 1. Planänderung von Amts wegen vorgenommenen „Gesamtbetrachtung“ wurde die bisher im Planfeststellungsbeschluss gegebene Begründung ergänzt. Das war ohne Weiteres zulässig (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG; § 114 Satz 2 VwGO). Insofern hätten sogar neue Erwägungen nachgeschoben werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.10.1991 - 7 B 65.91 -, Buchholz 451.22 AbfG Nr. 44). Da nur von „klarstellenden und vertiefenden“ Ausführungen die Rede ist und die Planfeststellungsbehörde Mängel der ursprünglich getroffenen Entscheidung gerade in Abrede gestellt hat, können die Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss allerdings nur so verstanden werden, dass lediglich die im Planfeststellungsbeschluss gegebene Begründung ergänzt, nicht jedoch eine neue Abwägungsentscheidung getroffen werden sollte (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. 20.12.1991 - 4 C 25.90 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4). Auch der Sache nach wurde eine solche nicht getroffen. Abgesehen von der nunmehr ausdrücklich erteilten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB wurde die bereits getroffene Abwägungsentscheidung vielmehr nur im Hinblick auf den zwischenzeitlich ergangenen Senatsbeschluss vom 18.12.2014 „überprüft“ und - teilweise - weiter begründet, um sie im Ergebnis zu rechtfertigen und unberührt zu lassen. Allein diesem Zweck dienten auch die „Aktualisierung“ der Gerätestandorte und die Einholung weiterer Gutachten, mit denen lediglich die bisherigen Gutachten zu den Auswirkungen des Vorhabens ergänzt wurden. Wurden damit aber bestimmte Probleme nicht - zum Zwecke einer erneuten Abwägung - einer Neubewertung unterzogen, ist für die gerichtliche Kontrolle insoweit auch nicht auf den Zeitpunkt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, BVerwGE136, 291). Dass mit dem Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses tatsächlich keine Fehlerbehebung entsprechend § 75 Abs. 1a LVwVfG beabsichtigt war, haben die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung schließlich ausdrücklich bestätigt.
98 
Soweit die Planfeststellungsbehörde ihre Variantenentscheidung „ergänzend“ damit zu rechtfertigen versucht hat, dass die Variante A1 tatsächlich frühzeitig hätte ausgeschieden werden können, da sie schon nicht ernsthaft in Betracht gekommen sei, weil sie offensichtlich „am Bedarf vorbeifahre“ (vgl. S. 95 f.), ist dies jedenfalls aufgrund der im Änderungsplanfeststellungsbeschluss gegebenen Begründung nicht nachvollziehbar. Denn die planfestgestellte Variante sieht zwischen der Haltestelle „Geowissenschaften“, deren Erschließungswirkung - auch nach der vom Planfeststellungsbeschluss für plausibel gehaltenen Sicht der Vorhabenträgerin (vgl. PFB, S. 319 f.) - mit derjenigen der in der Berliner Straße vorhandenen Haltestelle „Technologiepark“ fast vergleichbar ist, bis zur Haltestelle „Kopfklinik“ gar keine weiteren Haltestellen entlang der Straße Im Neuenheimer Feld vor. Soweit der Beklagte und die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren nun maßgeblich darauf abgehoben haben, dass der Einzugsbereich beider Haltestellen bei der Variante A1 nur mit einem geringeren Takt bedient werden könnte, mag dies eventuell auf einen abwägungserheblichen Nachteil dieser Variante führen. Daraus folgt aber nicht, dass diese Variante deshalb schon nicht „zielkonform“ und ungeachtet der mit der Antragsvariante verbundenen Auswirkungen - insbesondere auf die Forschungseinrichtungen der Klägerin - nicht weiter in den Blick zu nehmen gewesen wäre. Soweit der Vertreter des Beklagten dies in der mündlichen Verhandlung mit im (geänderten) Planfeststellungsbeschluss nicht erwähnten Nachteilen - etwa einer notwendigen „Verlegung eines Hubschrauberlandeplatzes“ - zu belegen versucht hat, mag dieser Gesichtspunkt, sollte er zutreffen, gegebenenfalls im Rahmen einer neuen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sein.
99 
Auch der Hinweis, dass bei der Variante A1 - allerdings in nicht kompensierter Form - ebenfalls mit Immissionswirkungen in den „Kernbereich“ des Neuenheimer Felds hinein zu rechnen wäre, lässt nicht erkennen, warum diese Variante nicht gleichwohl vorzugswürdiger sein könnte. Denn ungeachtet auch dann zu erwartender Immissionswirkungen verliefe sie doch in deutlich größerem Abstand zu den besonders schutzbedürftigen Einrichtungen und „Erweiterungsflächen“ der Klägerin, was die Wirksamkeit auch bei der Alternativtrasse vorzusehender Schutzmaßnahmen erhöhte. Soweit die Planfeststellungsbehörde wiederum auf den „Technologiepark“ verweist, lassen ihre Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht erkennen, inwiefern sich aus dem „nochmals abgefragten Gerätebestand“ ergeben sollte, dass gleichermaßen empfindliche Geräte tatsächlich in vergleichbarer Entfernung zu den Gleisen eingesetzt würden. Abgesehen davon bliebe wiederum unberücksichtigt, dass dem Sondergebiet „Technologiepark“ eben eine geringere Schutzwürdigkeit als dem im Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ als Bauvorbehaltsfläche für die Klägerin ausgewiesenen Sondergebiet „Universität“ zukommt.
100 
Die planänderungsbedingten Verbesserungen hinsichtlich der elektromagnetischen Wirkungen im Bereich der besonders empfindlichen Institute der Klägerin - Realisierung eines stromlosen Abschnitts von Station 2+160 bis 2+439 bei Vergrößerung des Mastabstands und Entfallen der Kompensationsleitungen -, waren für sich genommen noch nicht geeignet, den Abwägungsausfall bzw. das umfassende Abwägungsdefizit und die damit verbundene Abwägungsfehleinschätzung zu beheben. Abgesehen davon, dass diese Verbesserungen an den anderen Wirkungen des Planvorhabens - insbesondere den Erschütterungs- und Zerschneidungswirkungen - nichts änderten, lässt der Änderungsplanfeststellungsbeschluss nach wie vor nicht erkennen, von welchen für eine sachgerechte Abwägung erforderlichen Tatsachen und Bewertungen die Planfeststellungsbehörde - nicht deren Gutachter - nunmehr ausgegangen ist. Nach wie vor fehlt es an einer für die gerichtliche Kontrolle nachvollziehbaren und fachlich nachprüfbaren Auseinandersetzung mit den elektromagnetischen Auswirkungen (und Erschütterungen) auf den derzeitigen u n d künftigen Forschungsbetrieb. Auch hat die Planfeststellungsbehörde weiterhin davon abgesehen, in Ermangelung gesetzlicher Regelungen selbst festzulegen, wo s i e jeweils die Zumutbarkeitsgrenze ziehen will, jenseits derer sie „lediglich“ noch abzuwägen hat (a.a.O., S. 60; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 02.10.2014 - 7 A 14.12 -, NuR 2014, 785).
101 
Die Planfeststellungsbehörde hat sich auch im Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht die eingeholten einschlägigen Fachgutachten zur elektromagnetischen Verträglichkeit zu Eigen gemacht. Vielmehr werden deren Ergebnisse im Änderungsplanfeststellungsbeschluss allenfalls (teilweise) referiert und als Arbeitshypothese unterstellt („Geht man, wie es der V o r h a b e n - t r ä g e r vorsorglich getan hat, von diesem Wert aus…; bei einem u n t e r - s t e l l t e n Grenzwert von 50 nT …, a.a.O., S. 50; „nach dem aktuellen fachlichen K e n n t n i s s t a n d d e s v o r h a b e n t r ä g e r i s c h e n Gutachters“, a.a.O., S. 76). Daran ändern auch die bloße Bezugnahme auf den Übersichtslageplan der Beigeladenen („Einflussgrenzen EMV“) und die Aufführung von Fachbeiträgen unter Nr. I.1.2 des verfügenden Teils nichts. Der Umstand, dass die Planfeststellungsbehörde ein ihr bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorliegendes Gutachten von Prof. Dr. V. nunmehr pauschal für überzeugend und „nachvollziehbar“ bezeichnet (a.a.O., S. 79), vermag daran ebenso wenig etwas zu ändern, zumal zahlreiche Einwendungen gegen die elektromagnetische Verträglichkeit im Planfeststellungsbeschluss noch lediglich mit der Begründung zurückgewiesen worden waren, dass "keine b e l a s t b a r e n Anhaltspunkte bestünden, dass sich die Aussagen des Gutachters der Vorhabenträgerin als u n v e r t r e t b a r (sic!) darstellen könnten (vgl. insbes. S. 249 ff.). Inwieweit und aus welchen Gründen die Planfeststellungsbehörde nunmehr eine eigene Überzeugung erlangt haben will, obwohl es gerade bei den bisherigen Begründungen verbleiben sollte, lässt der Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht erkennen.
102 
Soweit der Beklagte maßgeblich darauf verweist, dass bereits der Einflussbereich der Straßenbahn in der Berliner Straße einen Großteil des östlichen Neuenheimer Felds überdecke und weitere Störungen - zumal bei den vorgesehenen Schutzvorkehrungen - keine neue Qualität erreichten, lässt sich solches - mangels Feststellung entsprechender Tatsachen und Bewertungen durch die Planfeststellungsbehörde - anhand ihrer „vertieften“ Begründung nicht nachvollziehen. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, warum bei einer solchen Vorbelastung jede weitere Verschlechterung der Umgebungsbedingungen - auch auf den angrenzenden „Erweiterungsflächen“ der Klägerin, die nach dem Bebauungsplan ebenfalls für universitäre Zwecke nutzbar sind - abwägungsfehlerfrei sein sollte. Ohne ausreichende Tatsachenfeststellungen zu den damit einhergehenden Schwierigkeiten kann die Klägerin auch nicht abwägungsfehlerfrei auf (aktive) Kompensationsmaßnahmen verwiesen werden. Hinzukommt, dass auch nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde im unmittelbar an die Trasse angrenzenden Bereich noch eine Einzelfallbetrachtung erforderlich würde. Auch unterstellt die Planfeststellungsbehörde ohne nähere Begründung, dass die von der vorhandenen Straßenbahnstrecke in der Berliner Straße ausgehenden Beeinträchtigungen ungeachtet der Festsetzungen im Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ im bisherigen Ausmaß hinzunehmen sind. Nicht nachvollziehbar sind auch ihre Ausführungen zur künftigen Überlagerung elektromagnetischer Wirkungen (a.a.O., S. 78). Es liegt auf der Hand, dass es ungeachtet dessen, ob von einer Überlagerung "im klassischen Sinne" ausgegangen werden und dies im Einzelfall auch einmal zu geringeren Belastungen führen kann, durchaus auch eine Überlagerung i. S. einer Verstärkung bereits bestehender elektromagnetischer Felder mit weiteren einschränkenden Wirkungen auf empfindliche Geräte möglich ist. Dennoch hat die Planfeststellungsbehörde dies gar nicht in Betracht gezogen. Darauf, ob hierbei dem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten der M.-BBM GmbH (Dr. Ing. G.) Aussagekraft beizumessen war, kommt es nicht mehr entscheidend an. Letztlich belegt auch der Hinweis der Planfeststellungsbehörde (a.a.O., S. 49 f.), ein anderes Gutachten des Fachbüros M.-BBM zu einem ganz anderen Vorhaben - nämlich zur „Mainzelbahn“ in Würzburg - herangezogen zu haben, weil ein in Bezug genommenes Gutachten dieses Fachbüros (noch) nicht zur Verfügung gestellt worden sei, dass nach wie vor gar keine sachgerechte Auseinandersetzung mit den entsprechenden Belangen der Klägerin vorgenommen wurde.
103 
Ohne eine n a c h v o l l z i e h b a r e Feststellung und Bewertung der derzeitigen und künftigen elektromagnetischen Auswirkungen des Vorhabens kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass von dem geänderten Planvorhaben insoweit auch deshalb keine - abwägungserheblichen - Beeinträchtigungen (mehr) ausgingen, weil es nicht zuletzt aufgrund der gegebenen Vorbelastung zu keinen Verschlechterungen mehr kommen könne.
104 
Nichts anderes gilt für die von der Klägerin beanstandeten Erschütterungswirkungen. Auch hier fehlt es nach wie vor an einer nachvollziehbaren fachlichen Auseinandersetzung mit den von der Klägerin geltend gemachten zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen auf ihren derzeitigen und künftigen Forschungsbetrieb. Der aus sich heraus nicht nachvollziehbare Hinweis, aus den vorliegenden Gutachten ergebe sich, „dass die Vorbelastung bereits teilweise über den Grenzwerten liegt“, vermag eine solche jedenfalls nicht zu ersetzen, zumal sich in dem im Änderungsplanfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen (a.a.O., S. 48, 82) Ausgangsplanfeststellungsbeschluss keine entsprechenden Feststellungen finden. Auch in diesem Zusammenhang genügten die bloße Bezugnahme auf den Übersichtslageplan der Beigeladenen („Standorte erschütterungsempfindlicher Geräte“) und die Aufführung von Fachbeiträgen unter I.1.2 des verfügenden Teils nicht. Weiterhin als bloße Behauptung stellt sich dar, dass es aufgrund der bereits vorhandenen Vorbelastung durch den motorisierten Individualverkehr, welche schon heute situationsbedingt Schutzmaßnahmen erfordert haben mag, bei den vorgesehenen schwingungstechnischen Systemen zu keinen weiteren negativen Erschütterungswirkungen mehr käme (a.a.O., S. 83) bzw. diese jedenfalls auf ein auch für Forschungszwecke zumutbares Maß minimiert würden (a.a.O, S. 86), zumal künftig allenfalls Busse entfallen dürften. Vorgesehen ist im Bereich der besonders empfindlichen Forschungseinrichtungen der Klägerin auch nur eine hochelastische Schienenlagerung und kein punktförmig oder flächig gelagertes Messe-Feder-System. Anderes mag hinsichtlich der Erschütterungswirkungen für die Gewächshäuser des Botanischen Gartens der Klägerin gelten, da sich für diese aufgrund der festgestellten Planänderungen nunmehr tatsächliche Verbesserungen ergaben, da die Trasse von diesen nunmehr weiter entfernt geführt wird. Soweit der Beklagte noch auf die Vorbelastung durch Baustellen mit Baukränen verweist, geht dies schon deshalb fehl, weil solche am jeweiligen Standort nur vorübergehend betrieben werden und insofern nicht die Zumutbarkeit und Abwägungserheblichkeit der von einer dauerhaften Straßenbahntrasse künftig regelmäßig ausgehenden Erschütterungswirkungen herabsetzen bzw. entfallen lassen.
105 
Die Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss erweisen überdies, dass - unabhängig von dem grundlegenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizit hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens - die besondere Bedeutung des festgesetzten (Sonder-)Gebiets „Universität“ gerade für die grundrechtlich geschützten Forschungstätigkeit der Klägerin trotz gegenteiliger Behauptungen mit der Folge einer Abwägungsfehleinschätzung nicht angemessen berücksichtigt wurde. Dies erhellt nicht zuletzt aus dem Hinweis im Änderungsplanfeststellungsbeschluss, dass auch auf dem Universitätsgelände damit zu rechnen sei, dass andere Emittenten vorhanden seien oder hinzukämen und daher von vornherein nicht erwartet werden könne, dass keine elektromagnetischen Felder vorhanden seien oder hinzukämen (S. 51). Auch wenn die in den Universitätskliniken praktizierte „Verknüpfung von Forschung und angewandter Medizin“ eine gewisse Toleranz gegenüber alltäglichen Störquellen bedingen mag (S. 81), führt dies jedenfalls nicht dazu, dass die Auswirkungen des Planvorhabens nicht mehr abwägungserheblich wären. Inwiefern es schließlich ungeachtet dessen, dass die Variante „Mittellage“ verworfen wurde, vorhabenbedingt zu einer erheblichen Verminderung des bisherigen Aufkommens an Individual- und Omnibusverkehr und damit verbundener Störungen käme (S. 82), wird im Änderungsplanfeststellungsbeschluss auch nicht annähernd nachvollziehbar aufgezeigt.
106 
c) Den in der mündlichen Verhandlung gestellten unbedingten Beweisanträgen ist - ganz überwiegend mangels Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen - nicht nachzugehen.
107 
Der Beklagte und die Beigeladene übersehen mit ihren Beweisangeboten bereits, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, sondern der Planfeststellungsbehörde ist, die für eine sachgerechte Abwägung erforderlichen Tatsachen zu ermitteln und zu bewerten. Insofern kann ein von der Planfeststellungsbehörde zu verantwortendes grundlegendes Ermittlungs- und Bewertungsdefizit, an dem die „Abwägung“ im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss leidet, insbesondere nicht durch gerichtlichen Sachverständigenbeweis ausgeglichen und damit gleichsam „geheilt“ werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.02.1988 - 4 C 32.86, 4 C 33.86 -, Buchholz 407.56 NStrG Nr. 2; Urt. v. 22.10.1987 - 7 C 4.85 -, BVerwGE 78, 177; Senatsurt. v. 15.11.1994 - 5 S 1602/93 -, ESVGH 45, 109). Demzufolge brauchte den auf eine solche Beweiserhebung gerichteten Anträgen des Beklagten und der Beigeladenen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachgegangen zu werden. Sie zielen auf die erstmalige Klärung von Sachverhalten, die zwar für eine sachgerechte Abwägung der Planfeststellungsbehörde von Bedeutung gewesen sind, von dieser jedoch - aufgrund ihres falschen Prüfungsmaßstabs - so bislang gar nicht festgestellt und ihrer Entscheidung daher auch nicht zugrunde gelegt worden sind. Dass damit teilweise einzelne Annahmen der Gutachter der Vorhabenträgerin - durch „Sachverständigenkontrollgutachten“ - verifiziert werden sollen, ändert nichts. Denn diese Annahmen hat sich die Planfeststellungsbehörde aufgrund ihrer auf eine bloße Evidenz- und Plausibilitätskontrolle beschränkten Planprüfung nicht zu eigen gemacht.
108 
Im Übrigen sind die unter Beweis gestellten Tatsachen, soweit die Beweisanträge nicht schon auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet sind, auch deshalb nicht entscheidungserheblich, weil entsprechende Beweisergebnisse an den grundlegenden Abwägungsmängeln nichts änderten. Insbesondere verblieben jedenfalls noch abwägungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf schutzwürdige Belange der Klägerin. Tatsächlich ist die Planfeststellungsbehörde auch nur einer möglichen Beeinflussung vorhandener Geräte an ihren derzeitigen Standorten - bei Unterstellung bestimmter, von der Klägerin freilich teilweise in Frage gestellter Grenzwerte - nachgegangen. Zukünftige Entwicklungen konkret zu berücksichtigen, hielt sie demgegenüber für unmöglich, da die künftig anzuschaffenden Geräte ja nicht bekannt seien (a.a.O., S. 49). Dennoch ging sie ohne weiteres und ohne dies ansatzweise zu begründen davon aus, dass der Klägerin noch genügend Entwicklungsflächen verblieben (a.a.O., S. 49). Dabei wären gerade die Unwägbarkeiten hinsichtlich einer Fortführung der bisher ausgeübten Forschungstätigkeit infolge neuer (noch empfindlicherer) Gerätegenerationen und damit möglicherweise einhergehender höherer Anforderungen an den Aufstellort bei der Planung einer Straßenbahntrasse durch das Gebiet „Universität“ des Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ zu berücksichtigen gewesen. Denn ohne Berücksichtigung künftiger - wenn auch noch nicht konkret absehbarer - technischer Entwicklungen ist Forschung kaum vorstellbar. Davon, dass die oben festgestellten Abwägungsfehler unbeachtlich geworden wären, weil die Belange der Klägerin tatsächlich nicht (mehr) abwägungserheblich gewesen wären, kann danach nicht die Rede sein.
109 
Dazu, dass die unter Beweis gestellten Tatsachen, soweit sie nicht schon ohne jede tatsächliche Grundlage behauptet worden sind, an den grundlegenden Abwägungsmängeln nichts änderten und insofern nicht entscheidungserheblich waren, bleibt hinsichtlich der einzelnen Beweisanträge noch das Folgende auszuführen:
110 
Soweit der Beklagte durch Einnahme eines Augenscheins eine „erhebliche Bautätigkeit“ innerhalb des Neuenheimer Felds festgestellt wissen will (Nr. 1), ist nicht ersichtlich, inwiefern damit verbundene - typischerweise vorübergehende - Beeinträchtigungen - dazu führten, dass der Belang der Klägerin, von d a u e r h a f t e n nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens verschont zu bleiben, nicht mehr abwägungserheblich gewesen wäre, sodass letztere von der Planfeststellungsbehörde nicht mehr näher zu ermitteln und zu bewerten gewesen wären.
111 
Inwiefern die ebenfalls durch eine Inaugenscheinnahme unter Beweis gestellte „erhebliche Beeinträchtigung des Verkehrsflusses in „Stoßzeiten“ (Nr. 2) die unterbliebene, jedoch gebotene nachvollziehbare Auseinandersetzung mit einer aktuellen V e r k e h r s p r o g n o s e durch die Planfeststellungsbehörde erübrigte, ist ebenso wenig zu erkennen.
112 
Auch die vom Beklagte beantragten „Sachverständigenkontrollgutachten“ über die fachliche und sachliche Richtigkeit „der“ Gutachten von Prof. Dr. V. und von Dr. Lenz beantragt hat Nr. 3 u. 16) machten die unterbliebene, indes gebotene nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den sachverständigen Annahmen der Gutachter durch die Planfeststellungsbehörde nicht entbehrlich.
113 
Soweit der Beklagte ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache beantragt hat, dass die im Neuenheimer Feld eingesetzten Busse elektromagnetische Auswirkungen bis zu 200 nT erzeugen könnten (Nr. 3), erübrigten solche nicht eine genaue Ermittlung und Bewertung der für die Klägerin nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens durch die Planfeststellungsbehörde.
114 
Soweit der Beklagte ein Sachverständigengutachten über die von den im Neuenheimer Feld eingesetzten Kräne ausgehenden elektromagnetischen Auswirkungen beantragt hat (Nr. 5), welches erweisen solle, dass diese kritischer als eine vorbeifahrende Straßenbahn seien, machten auch solche - vorübergehende - Auswirkungen eine genaue Ermittlung und Bewertung der d a u e r h a f t e n für die Klägerin nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens durch die Planfeststellungsbehörde nicht entbehrlich.
115 
Ähnlich verhält es sich, soweit der Beklagte durch Zeugenbeweis geklärt wissen will, dass „tagtäglich elektromagnetisch und erschütterungstechnisch sensible Geräte neben Straßenbahnen aufgestellt und betrieben“ würden (Nr. 7), bestimmte optische Geräte eines Herstellers auch bei einer regulären Straßenbahn im Abstand von 5 Metern unter aktiver Kompensation funktionsfähig seien (Nr. 8) und bestimmte Geräte eines anderen Herstellers im Abstand von 40 m zu einer regulären Straßenbahn betrieben werden könnten (Nr. 11). Denn der Umstand, dass ganz bestimmte Forschungsgeräte, zu denen die Zeugen Angaben machen könnten, irgendwo in bestimmten Abständen zur Straßenbahn tatsächlich aufgestellt und - irgendwie, nach ganz bestimmten Maßgaben - betrieben werden können, änderte nichts daran, dass eine sachgerechte, auch künftige Entwicklungen berücksichtigende Abwägung die Ermittlung voraussetzte, inwieweit sich die Bedingungen für die Aufstellung für die Spitzenforschung erforderlicher Gerätschaften - auch solche künftiger Generationen - im Bereich der von der Klägerin nutzbaren Flächen durch die von dem Vorhaben ausgehenden elektromagnetischen und Erschütterungswirklungen künftig verschlechtern werden.
116 
Letztlich dasselbe gilt für die vom Beklagten unter Zeugenbeweis gestellte Tatsache (Nr. 12), dass eine passive Kompensation insbesondere bei Elektronenmikroskopen möglich und wirkungsvoll sei und aktive mit passiven Schutzmaßnahmen kombinierbar seien. Denn für eine sachgerechte Abwägung der Belange der Klägerin genügte nicht die Klärung, ob Schutzmaßnahmen - mit welchem Aufwand auch immer - möglich sind, vielmehr setzte eine solche Ermittlungen voraus, inwieweit sich die Forschungsbedingungen auf den dafür nach dem Bebauungsplan vorgesehenen Flächen verschlechterten. Hierbei hätte sich die Planfeststellungsbehörde auch mit den von der Klägerin aufgezeigten Grenzen und nicht ohne weiteres hinzunehmenden abwägungserheblichen Nachteilen solcher Schutzmaßnahmen auseinanderzusetzen.
117 
Für die Beweisanträge der Beigeladenen gilt letztlich nichts anderes:
118 
Soweit die Beigeladene durch Sachverständigengutachten geklärt wissen will, dass durch das planfestgestellte Vorhaben außerhalb der im Lageplan festgestellten roten und grünen Bereiche keine magnetischen Felder mit einer Feldstärke über 50 nT erzeugt würden (Nr. 1), würde dies die unterbliebene, jedoch gebotene Auseinandersetzung mit den entsprechenden - im Planfeststellungsbeschluss lediglich referierten - Annahmen des Gutachters und den von der Klägerin geltend gemachten weitergehenden Anforderungen - teilweise 20 nT - nicht erübrigen.
119 
Soweit sie durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt hat (Nr. 2 u. 3), dass innerhalb der grün dargestellten Bereiche EMV-empfindliche Geräte mit aktiver Kompensation nach einer Einzelfallprüfung und auch in den roten Bereichen nach einer Einzelfallprüfung aufgestellt werden könnten, ist ihr entgegenzuhalten, dass es zur Vermeidung eines Abwägungsmangels nicht entscheidend darauf ankam, ob Geräte derzeit - mit welchem Aufwand auch immer - in Trassennähe aufgestellt werden können, sondern inwieweit sich durch das Vorhaben die Bedingungen für die Spitzenforschung auf den hierfür vorgesehenen Flächen verschlechterten. Dabei hätte sich die Planfeststellungsbehörde auch mit den von der Klägerin geltend gemachten - abwägungserheblichen - Unzuträglichkeiten auseinanderzusetzen gehabt.
120 
Ähnlich verhält es sich bei dem von ihr beantragten Sachverständigen- bzw. Zeugenbeweis, mit dem sie unter Beweis gestellt hat, dass die Klägerin in den im Lageplan rot, grün und blau dargestellten Bereichen bereits heute EMV-empfindliche Geräte betreibe (Nr. 4). Auch hier kam es zur Vermeidung eines Abwägungsmangels nicht entscheidend darauf an, ob derzeit in diesen Bereichen störungsempfindliche Geräte aufgestellt sind und - irgendwie - betrieben werden, sondern darauf, inwieweit sich durch die vom Vorhaben ausgehenden elektromagnetischen und Erschütterungswirklungen die Bedingungen für die Aufstellung für die Spitzenforschung erforderlicher Gerätschaften - auch solche künftiger Generationen - im Bereich der von der Klägerin insgesamt nutzbaren Flächen künftig verschlechtern werden. Auch hier verblieben jedenfalls noch abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Forschungseinrichtungen der Klägerin.
121 
Soweit die Beigeladene die Einholung amtlicher Auskünfte beim Universitätsbauamt und beim Baurechtsamt der Stadt Heidelberg zum Beweis der Tatsache beantragt hat (Nr. 5), dass keine konkreten Planungen der Klägerin für den Einsatz solcher Geräte im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorlägen, welche auch bei aktiver Kompensation nicht betrieben werden könnten, ist ihr bereits entgegenzuhalten, dass es für die Aufstellung von Geräten nicht ohne weiteres eines baurechtlichen Verfahrens bedarf. Schließlich war eine etwaige Verschlechterung der künftigen Standortbedingungen unabhängig davon abwägungserheblich, ob die Klägerin bereits konkrete Planungen für den Einsatz weiterer empfindlicher Geräte verfolgt hat.
122 
Soweit die Beigeladene noch unter Sachverständigenbeweis gestellt hat, dass es für die erschütterungsempfindlichen Geräte - auch hinsichtlich der Nano-D-Anforderungen - planbedingt zu keiner Verschlechterung komme (Nr. 6), kam es tatsächlich nicht nur auf eine Verschlechterung für die bereits derzeit betriebenen Geräte an. Soweit darüber hinaus unter Beweis gestellt wird, es werde noch nicht einmal die bestehende Vorbelastung erhöht, ist dies auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet. Denn für ihre Behauptung fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2010 - 4 BN 25.10 -). Denn konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich für alle für eine Aufstellung solcher Geräte in Betracht kommenden Flächen die (zu berücksichtigende) Vorbelastung planbedingt nicht erhöhte, liegen nicht vor; solche lassen sich insbesondere auch dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht entnehmen.
123 
4. Nach alldem liegen nach wie vor offensichtliche Mängel der Abwägung vor, die - wie ausgeführt - bereits auf die Variantenwahl und damit jedenfalls auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind und auch nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden könnten (vgl. § 29 Abs. 8 PBefG).
124 
Im ergänzenden Verfahren heilbar sind alle Fehler bei der Abwägung, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist, bei denen sie also nicht von vornherein darauf verwiesen ist, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder zu ändern. Hierzu können auch Mängel bei der Variantenprüfung oder Fehler gehören, die darauf beruhen, dass die planende Behörde durch Abwägung nicht überwindbare Schranken des strikten Rechts verletzt hat. Im ergänzenden Verfahren nicht behoben werden können dagegen Mängel bei der Abwägung, die von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2008 - 9 B 28.08 -, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6; Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283 f.>; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <268> u. v. 12.12.1996 - 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <365>). Die Unzulässigkeit eines ergänzenden Verfahrens hängt danach zwar nicht allein von der "Bedeutung und großen Zahl fehlgewichteter Belange" ab. Vielmehr muss von vornherein ausgeschlossen sein, dass die Planfeststellungsbehörde diese Mängel unter Aufrechterhaltung ihres Planfeststellungsbeschlusses beheben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2008, a.a.O.).
125 
Dies ist hier der Fall. Denn der Planfeststellungsbeschluss leidet an schwerwiegenden Abwägungsmängeln, die schon aufgrund der bei der Variantenprüfung unterlaufenen Fehler und des nahezu vollständigen Abwägungsausfalls oder doch umfassenden Abwägungsdefizits die Planung als Ganzes in Frage stellen. Hinzukommt, dass der Planung einer Straßenbahn durch das (Sonder-)Gebiet „Universität“ derzeit ohnehin der Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg entgegensteht, woran sich bei realistischer Betrachtung auch in absehbarer Zeit nichts ändern wird. Zwar wird die Anwendung des § 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass die Fehlerbehebung durch ein ergänzendes Verfahren von zusätzlichen Entscheidungen anderer Organe abhinge (vgl. BVerwG, Urt. 24.11.2010 - 9 A 13.09 -,BVerwGE 138, 226 zur Anpassung eines Flächennutzungsplans; Urt. v. 01.04.2004, a.a.O.). Dies kann freilich nicht gelten, wenn zunächst in einem umfangreichen und zeitaufwändigen Verfahren ein dem Vorhaben entgegenstehender Bebauungsplan in seinen Grundzügen geändert werden müsste, dessen Einleitung und Ergebnis sich auch nicht entfernt absehen lässt. Doch selbst dann, wenn eine Fehlerbehebung durch ein ergänzendes Verfahren auch in einem solchen Fall möglich wäre, käme hier eine Planerhaltung nicht mehr in Betracht. Denn die Planung einer Straßenbahn durch ein (jedenfalls vorhandenes) Universitätsgebiet setzte im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden, einer weiteren Forschungstätigkeit abträglichen Auswirkungen eine sorgfältige Abwägung mit dem grundrechtlich geschützten Belang der Forschungsfreiheit der Universität voraus, die hier - nicht zuletzt aufgrund eines falschen Prüfungsmaßstabs und eines dadurch bedingten nahezu umfassenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizits - nunmehr bezogen auf eine neue Sach- und Rechtslage - erstmals getroffen werden müsste. Zu diesem Zwecke müsste der Planfeststellungsbeschluss zumindest in seinem Begründungsteil gänzlich neugefasst werden, sodass von einer „Aufrechterhaltung“ der ursprünglichen Entscheidung selbst dann nicht mehr gesprochen werden könnte, wenn letzten Endes wieder dieselbe Variante planfestgestellt würde. Hinzukommt, dass die Planunterlagen bislang weder eine nachvollziehbare Variantenuntersuchung noch eine nachvollziehbare Bedarfsprognose enthalten. Ohne entsprechende nachvollziehbare - und aktualisierte - Planunterlagen ist eine sachgerechte Abwägungsentscheidung jedoch nicht möglich. Insofern müsste das Planfeststellungsverfahren zumindest ab dem Anhörungsverfahren wiederholt werden. Sinn und Zweck der Planerhaltungsvorschriften ist jedoch die Vermeidung eines erneuten, umfangreichen und zeitaufwändigen Planfeststellungsverfahrens (vgl. Deutsch, in Mann/Senne-kamp/Uechtritz, VwVfG 2014, § 75 Rn. 121). Dies ist jedoch von vornherein nicht erreichbar, wenn nicht nur punktuelle Nachbesserungen einer ansonsten intakten Gesamtplanung in Rede stehen, sondern - nach einem umfangreichen und zeitaufwendigen Bebauungsplanverfahren - erstmals umfassend neu abzuwägen ist. Die in einem solchen Fall gebotene umfassende Ergebnisoffenheit lässt sich auch nur in einem neuen Planfeststellungsverfahren gewährleisten (vgl. hierzu Deutsch, a.a.O., § 75 Rn. 123).
126 
Ist damit der - auch nicht hinsichtlich einzelner Streckenabschnitte teilbare - Planfeststellungsbeschluss bereits nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 29 Abs. 8 PBefG in vollem Umfang aufzuheben, kann dahinstehen, ob sich auch aus § 4 Abs. 3 u. 1 UmwRG ein Aufhebungsanspruch ergäbe.
127 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 u. 3, 159 Satz 1 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
128 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
129 
Beschluss vom 10. Mai 2016
130 
Der Streitwert wird endgültig auf 60.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 34.2.2 u. 34.3 des Streitwertkatalogs 2013; hierzu bereits den Senatsbeschl. v. 18.12.2014 - 5 S 1444/14 -).
131 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
46 
Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig (I.) und begründet (II.). Über die (höchst-)hilfsweise gestellten Klageanträge ist daher nicht zu entscheiden.
I.
47 
Die Klage ist, soweit sie auf eine Aufhebung des - geänderten - Planfeststellungsbeschlusses gerichtet ist, als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) zulässig.
48 
1. Der erkennende Gerichtshof ist nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO erstinstanzlich zuständig. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen betreffen.
49 
2. Die Klage ist am letzten Tage der mit (Individual-)Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses am 30.06.2014 in Lauf gesetzten einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 29 Abs. 6 Satz 1 PBefG) und damit rechtzeitig erhoben worden. Bei der Einbeziehung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses war diese Frist nicht zu beachten, da die verbleibenden Regelungsbestandteile des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses und die durch den Änderungsbeschluss hinzutretenden Regelungsbestandteile inhaltlich unteilbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 31.07 -, Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15).
50 
3. Die Klägerin ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO); insbesondere steht nicht etwa ein unzulässiger „In-sich-Prozess“ in Rede. Die Klägerin macht als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Grundrechtsfähigkeit nach Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG (vgl. BVerfG, Beschl. 16.01.1963 - 1 BvR 316/60 - BVerfGE 15, 256 <261 f.>, juris Rn. 22) ungeachtet dessen, dass sie zugleich eine staatliche Einrichtung des Landes ist (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 LHG), jedenfalls hinreichend geltend, in ihrem Recht auf gerechte Abwägung eines eigenen schutzwürdigen Belangs verletzt zu sein (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG). Denn ihr Interesse, dass ihre im Gebiet „Universität“ des Bebauungsplans "Neues Universitätsgebiet" gelegenen Forschungseinrichtungen und Erweiterungsflächen keinen nachteiligen Wirkungen des planfestgestellte Vorhabens - wie Erschütterungen und elektromagnetischen Feldern - ausgesetzt werden, die ihrer Betätigung auf dem Gebiete der Forschung abträglich wären, stellt einen solchen Belang dar. Dies folgt letztlich aus dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, das den öffentlichen Einrichtungen, die Wissenschafts- und/oder Forschungszwecken dienen, unmittelbar zugeordnet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 10.03.1992 - 1 BvR 454/91 u. a. -, BVerfGE 85, 360, juris Rn. 78; auch § 3 Abs. 1 Satz 1 LHG). Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist nicht nur bei (unmittelbaren) Eingriffen in organisatorische Strukturen, sondern auch dann berührt, wenn, was hier in Betracht kommt, die geschützte Betätigung (mittelbar) faktisch behindert wird. Denn die Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schließt das Einstehen des Staates für die Idee einer freien Wissenschaft und Forschung und seine Mitwirkung an ihrer Verwirklichung ein und verpflichtet den Staat, sein Handeln positiv danach einzurichten, d. h. schützend und fördernd einer Aushöhlung dieser Freiheitsgarantie vorzubeugen (vgl. BVerfG, Urt. v. 29.05.1973 - 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 -, BVerfGE 35, 79 <114>; Urt. v. 10.03.1992, a.a.O.). Dass die Klägerin nicht auch Eigentümerin der für ihre Forschungstätigkeit benötigten Dienstgebäude, -räume und -grundstücke ist, diese ihr vielmehr vom Land Baden-Württemberg lediglich im Wege der Zuweisung bereit gestellt wurden bzw. werden (vgl. VwV Liegenschaften v. 28.12.2011 - Az.: 4-3322.0/23 -, GABl. 2012, 6 ff.), ändert nichts. Dies verdeutlicht nur, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG keinen Bestandsschutz vermittelt. Der Klägerin geht es jedoch nicht um Bestandsschutz, sondern um Funktionsschutz ihrer fortbestehenden Einrichtungen (vgl. Bethge, in Sachs, GG 7. A. 2014, Art. 5 Rn. 216). Dabei ist zu beachten, dass Forschung aufgrund ihrer Eigengesetzlichkeit auf Langfristigkeit und Stetigkeit angelegt ist (vgl. Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte Bd. IV 2011, § 100 Rn. 41).
51 
Ob die Klägerin tatsächlich (noch) in ihrem Recht auf gerechte Abwägung eigenen schutzwürdigen Belangs verletzt wird oder dies aufgrund umfangreicher Schutzmaßnahmen und planfestgestellter Änderungen (inzwischen) ausgeschlossen sein könnte, ist keine Frage der Klagebefugnis, sondern der Begründetheit (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
52 
4. Einer vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 29 Abs. 6 Satz 1 PBefG; vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG, § 70 LVwVfG).
II.
53 
Der Anfechtungsantrag ist auch begründet. Der Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2014 in der Gestalt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 27.01.2016 für die „Straßenbahn im Neuenheimer Feld" ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten. Er verstößt gegen § 30 Abs. 1 oder jedenfalls Abs. 3 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg vom 28.07.1960 und gegen das Abwägungsgebot nach § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG. Da diese erheblichen, die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellenden Mängel bei der Abwägung weder durch Planergänzung noch durch ein ergänzendes verfahren behoben werden können, ist der Planfeststellungsbeschluss insgesamt aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 29 Abs. 8 Satz 2 PBefG).
54 
Rechtsgrundlage für den Planfeststellungsbeschluss in seiner geänderten Gestalt sind §§ 28 und 29 PBefG i.V.m. §§ 72 ff. LVwVfG, insbesondere § 76 Abs. 1 LVwVfG. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge einzustellen war, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Das Abwägungsgebot wird nicht dadurch verletzt, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurücksetzung eines anderen entscheidet. Nach § 29 Abs. 8 PBefG sind Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind; erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.
55 
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt dem Vorhaben allerdings nicht schon die erforderliche Planrechtfertigung. Insofern kann offen bleiben, ob sich die Klägerin als nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung, sondern nur mittelbar in ihrer Forschungsfreiheit Betroffene überhaupt auf ein Fehlen der Planrechtfertigung etwa deshalb berufen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, BVerwGE 127, 95), weil dieses Erfordernis eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116).
56 
Das Erfordernis der Planrechtfertigung ist bereits dann erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - hier des Personenbeförderungsgesetzes - ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich bzw. vernünftigerweise geboten ist. Dies ist hier aufgrund der mit dem Vorhaben verfolgten Zielsetzung, den öffentlichen Personennahverkehr im Neuenheimer Feld zu verbessern (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.04.2005 - 9 A 56.04 -, BVerwGE 123, 286; Senatsurt. v. 03.07.1998 - 5 S 1/98 -, BRS 60 Nr. 13), der Fall. Denn das Personenbeförderungsgesetz verfolgt insbesondere das Ziel einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Leistungen des öffentlichen Personennahverkehrs im Orts- oder Nachbarschaftsbereich (vgl. §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 PBefG; auch § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG; hierzu OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 - 1 D 599/08 -,UPR 2010, 319 m.w.N.; HessVGH, Urt. v. 18.03.2008 - 2 C 1092/06.T -, UPR 2008, 360). Dass ein konkreter Bedarf einer Straßenbahnverbindung ins Neuenheimer Feld im Erläuterungsbericht auch nicht ansatzweise durch nachvollziehbare Angaben belegt wird (a.a.O., S. 14), ist zwar im Rahmen der Abwägung von Bedeutung, stellt aber nicht schon die Planrechtfertigung in Frage; denn von einem "offensichtlichen planerischen Missgriff" (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 237) kann aus diesem Grund noch nicht gesprochen werden.
57 
Zweifel am Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung bestehen auch nicht deshalb, weil das Vorhaben nicht realisierbar wäre. Die Planrechtfertigung bestünde unter diesem Gesichtspunkt nur dann nicht, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses auszuschließen war, weil sie nicht beabsichtigt oder objektiv ausgeschlossen war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010 - 7 VR 4.10 -, NVwZ 2010, 533 m.N.).
58 
Allein der Umstand, dass ein Vorhaben wegen ihm derzeit entgegenstehender, im Wege der Abwägung nicht überwindbarer zwingender Rechtsvorschriften nicht zugelassen werden kann, lässt die Planrechtfertigung allerdings noch nicht entfallen. Insofern ist die Planrechtfertigung nicht schon deshalb zu verneinen, weil der Bebauungsplan "Neues Universitätsgebiet" derzeit einer Zulassung des Vorhabens entgegensteht (dazu unter 2.), zumal dieser aufgehoben oder geändert werden könnte. Dass das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt wegen der mit dem Abriss des Gebäudes INF 154 „im Vorfeld“ verbundenen Wirkungen nicht realisierbar wäre, ist nicht zu erkennen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die für die (zur Entwässerung der Gleisanlage) vorgesehene Abwasserversickerung noch erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung nicht noch - entsprechend den unionsrechtlichen Anforderungen an die Gewässerverträglichkeit - erteilt werden könnte. Abgesehen davon könnte das anfallende Abwasser auch anderweit beseitigt werden.
59 
Dass das Vorhaben bislang möglicherweise nicht derart in das GVFG-Bundesprogramm 2013 bis 2017 aufgenommen ist, dass eine Finanzierung mit GVFG-Mittel zu erwarten ist, stellt die Planrechtfertigung ebenso wenig in Frage (vgl. HessVGH, Urt. v. 18.03.2008 - 2 C 1092/06.T -, UPR 2008, 360; OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 - 1 D 599/08 -,UPR 2010, 319). Denn die Finanzierung eines planfestgestellten Vorhabens ist im Rahmen der Planrechtfertigung nur von Bedeutung, wenn sie von vornherein ausgeschlossen erscheint und damit die Realisierung des Vorhabens eindeutig nicht möglich ist (vgl. Senatsurt., Urt. v. 06.04.2006 – 5 S 847/05 –, UPR 2006, 454; Urt. v. 02.11.2004 – 5 S 1063/04 –, UPR 2005, 118) bzw. dem Vorhaben „unüberwindliche“ finanzielle Schranken entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, BVerwGE 148, 373). Davon kann hier jedoch nicht die Rede sein.
60 
Die erforderliche Planrechtfertigung lässt sich unter dem Gesichtspunkt der Realisierbarkeit auch nicht mit der Erwägung verneinen, die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens sei von den für die Durchführung maßgeblich Verantwortlichen in Wahrheit gar nicht mehr beabsichtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 -, BVerwGE 84, 123). Ausweislich eines Vermerks für die Regierungspräsidentin vom 24.04.2015 (vgl. /41 der Verfahrensakten betreffend die 1. Planänderung) hatte sich der Leiter des Amts für Verkehrsmanagement der Stadt Heidelberg, die immerhin mittelbar mit 27,8 % Gesellschaftsanteilen und unmittelbar mit 25% Stimmanteilen an der Beigeladenen beteiligt ist, allerdings dahin geäußert, dass Oberbürgermeister W. das Verfahren nur weiterbetreibe, um später sagen zu können, dass die Kläger ihnen die Straßenbahn „kaputt gemacht“ hätten. Insofern war nach dem Vermerk auch bei der Planfeststellungsbehörde der Eindruck entstanden, dass vor allem die Stadt Heidelberg nicht mehr an einer Realisierung der Straßenbahn interessiert sei, sondern man die Suche nach einem „Sündenbock“ aufgenommen habe. Zwar beurteilt sich die Frage nach dem Vorliegen der erforderlichen Planrechtfertigung für das Vorhaben gerade in seiner geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 69) nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses. Die Beigeladene hat jene Äußerungen jedoch inzwischen relativiert und erklärt, dass sie - und auch die Stadt Heidelberg als ihre Gesellschafterin - nach wie vor an dem Vorhaben festgehalten hätten. Auch der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel mehr geäußert.
61 
2. Die Zulassung des Planvorhabens im Neuenheimer Feld ist jedoch rechtswidrig und verletzt dadurch die Klägerin in ihren Rechten, weil sie zwingenden, auch nicht durch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB überwindbaren Festsetzungen des rechtswirksamen Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg vom 28.07.1960 widerspricht (vgl. § 30 BauGB), die auch dem Schutz der Klägerin dienen.
62 
a) Die planfestgestellte Straßenbahntrasse durchschneidet nicht nur die im Bebauungsplan festgesetzte „Bauvorbehaltsfläche“ für die Universität (vgl. § 8 Abs. 2c AufbauG), sondern verläuft innerhalb der Baugrenzen (vgl. § 8 Abs. 2e AufbauG) für die dort allein zulässigen baulichen Anlagen, die mittelbar und unmittelbar den Zwecken der Universität und des Studienbetriebs dienen (vgl. B. a) Art der Nutzung). Ö f f e n t l i c h e Verkehrsanlagen sind innerhalb dieser Grenzen nicht vorgesehen. Solche sind im Bebauungsplan vielmehr bewusst nicht festgesetzt worden, um das Gebiet, das einem Sondergebiet nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO entspricht („Hochschulgebiet“), künftig - mit allen Vorzügen der Konzentration als vorbildliche Bildungsstätte - in sich geschlossen und vom öffentlichen Verkehr frei zu halten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.10.2004 - 5 S 2586/03 -, BRS 67 Nr. 87); die Tiergartenstraße sollte aus diesem Grunde als öffentlicher Weg eingezogen werden. Insoweit sollte auch eine abschließende Regelung getroffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.03.1998 - 8 S 315/98 -, BRS 60 Nr. 140). Daran ändert nichts, dass sich der Erläuterungsbericht verschiedentlich zur verkehrlichen Erschließung verhält, denn insoweit sollten gerade keine bzw. noch keine Regelungen getroffen werden. Die angesprochenen Verkehrsflächen sollten nach den Vorstellungen des Plangebers zudem außerhalb der Baugrenze vorgesehen werden bzw. - wie die damals noch vorhandene OEG-Güterlinie - dorthin verlegt werden. Aus Rücksicht auf eine künftige Außenerschließung blieben die Baugrenzen auch hinter der Bauvorbehaltsflächengrenze zurück. Dass es, worauf der Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 31.03.2016 hingewiesen hat, bei der Aufstellung älterer Bebauungspläne für die angrenzenden Gebiete - etwa des Bebauungsplans „Neuenheimer Feld - Frankfurter Straße“ vom 19.05.1956 - noch planerische Überlegungen zu einer öffentlichen Erschließung auch von Teilen des Gebiets westlich der Frankfurter (bzw. Berliner) Straße gegeben hat, ist für die Auslegung des später aufgestellten Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ nicht von Bedeutung. Denn weder der Erläuterungsbericht noch der Bebauungsplan selbst knüpft an diese Vorstellungen an. Insbesondere findet sich darin kein „Querstraßenanschluss“ zur Tiergartenstraße mehr, wie er im Bebauungsplan vom 19.05.1956 noch als „geplant, aber nicht festzustellen“ eingetragen war.
63 
Anders als die Planfeststellungsbehörde meint, stellt das planfestgestellte Vorhaben auch keine nach dem Bebauungsplan zulässige „öffentliche Versorgungsanlage“ dar. Damit sind ersichtlich nur der Versorgung des Gebiets dienende Nebenanlagen gemeint (vgl. § 14 Abs. 2 BauNVO).
64 
b) Der entsprechend § 173 Abs. 3 BBauGB 1960 übergeleitete Bebauungsplan ist, jedenfalls was die hier in Rede stehende(n) Festsetzunge(en) angeht, entgegen der Auffassung der Planfeststellungsbehörde, die sich insoweit zudem möglicherweise eine ihr nicht zustehende Normverwerfungskompetenz angemaßt hat (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ. Urt. v. 09.09.2015 - 3 S 276/15 VBlBW 2016, 27 -), wirksam; er ist auch nicht nachträglich funktionslos geworden.
65 
aa) Anhaltspunkte dafür, dass bei der Aufstellung des Plans das Verfahren nach dem Badischen Ortsstraßengesetz (OStG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 30.10.1936 (GVBl S. 179), 19.06.1937 (GVBl S. 245) nicht eingehalten worden wäre (vgl. § 9 AufbauG), sind nicht ersichtlich. Der Planentwurf vom 28.07.1960 war vom Gemeinderat (vgl. § 3 Abs. 1 OStG) der Stadt Heidelberg am 27.04.1961 beschlossen und vom Regierungspräsidium Nordbaden als zuständiger Aufsichtsbehörde (vgl. § 10 AufbauG) genehmigt worden. Er war mit seiner endgültigen Feststellung nach § 3 Abs. 6 OStG wirksam und am 13.10.1961 verkündet worden; der Ausfertigungsvermerk findet sich auf der Gemeinderatsvorlage vom 22.02.1961, auf der auch die Beschlussfassung vom 27.04.1961 dokumentiert ist.
66 
Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Bebauungsplan den nach der Übergangsvorschrift des § 174 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23.06.1960 weiterhin maßgeblichen Vorschriften des § 8 des württembergisch-badischen Aufbaugesetzes vom 18.08.1948 (RegBl S. 127), 16.05.1949 (RegBl S. 87) widerspräche. Die vom Beklagten als Beleg für seine gegenteilige Auffassung aufgestellten Rechtsbehauptungen treffen nicht zu. Das württembergisch-badische Aufbaugesetz erforderte keineswegs eine hinreichend konkretisierte Planung, in der a l l e in § 8 Abs. 1 Satz 2 AufbauG angesprochenen Gesichtspunkte der städtebaulichen Entwicklung zu regeln waren, was die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans ausgeschlossen hätte. So sah § 7 Abs. 1 AufbauG - insoweit mit § 1 Abs. 3 BauGB vergleichbar - vor, dass die Gemeinden n a c h B e d ü r f n i s Bebauungspläne aufzustellen haben, w e n n die Entwicklung dies e r f o r d e r t. § 8 Abs. 1 AufbauG sah auch - vergleichbar mit § 1 Abs. 5 und 6 BauGB - nur die B e r ü c k s i c h t i g u n g verschiedener Bedürfnisse vor. Auch aus § 8 Abs. 2 AufbauG folgt nichts anderes. Dass die Bebauungspläne die dort aufgeführten Festsetzungen in Lageplänen enthalten mussten, kann nur so verstanden werden, dass diese, so sie nach § 7 Abs. 1 AufbauG erforderlich waren, auch in den Lageplänen darzustellen waren (vgl. auch den Ersten Durchführungserlass zum Aufbaugesetz v. 05.02.1949 Nr. 6672/IV zu § 8 Abs. 2); dies ist hier erfolgt. Die gegenteilige Auslegung des Beklagten, die entgegen seiner Ansicht auch nicht durch das von ihm insoweit in Bezug genommenen Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.06.1959 - II 170/58 - gestützt wird, führte zu dem absurden Ergebnis, dass ein Bebauungsplan ungeachtet dessen, dass er zur Gewährleistung des Wiederaufbaus (vgl. § 1 Abs. 1 AufbauG) dringend erforderlich war, nicht hätte aufgestellt werden können, wenn für einzelne Festsetzungen (etwa nach § 8 Abs. 2f AufbauG) überhaupt kein Bedarf bestand. Von einem „Äquivalent zur Planzeichenverordnung“ kann allerdings nicht gesprochen werden. Denn die für die Darstellung zu verwendenden Planzeichen ergaben sich nach wie vor aus dem Runderlass des Ministeriums des Innern vom 06.07.1939 Nr. 56552 (BaVBl S. 787, vgl. hierzu den Ersten Durchführungserlass, a.a.O., zu §§ 7-11 a.E.). Nach alledem kann dahinstehen, ob es sich um einen einfachen Bebauungsplan i.S. des § 30 Abs. 3 BauGB handelt; allein daraus, dass er keine positiven Festsetzungen zu öffentlichen Verkehrsflächen enthält, dürfte sich letzteres aufgrund der beabsichtigten abschließenden Regelung freilich noch nicht ergeben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.03.1998, a.a.O.). Öffentliche Verkehrsflächen waren auch nicht deshalb erforderlich, weil - wie der Beklagte meint - öffentliche Einrichtungen ausschließlich durch öffentliche und nicht durch - tatsächlich öffentlichen Verkehr zulassende - Privatstraßen erschlossen werden könnten. Vielmehr kann die Binnenerschließung zu öffentlichen Zwecken gewidmeter Flächen durchaus durch Privatstraßen erfolgen, wenn diese - wie hier - ihrerseits an öffentliche Straßen angeschlossen sind (Außenerschließung). Sollte die „wenig benutzte“ Güterlinie der OEG - wie die Beigeladene geltend macht - bei Erlass des Bebauungsplans noch betrieben worden sein, führte dies zwar, da der Bebauungsplan deren Bestand unberührt ließ, zu einem gewissen Nutzungskonflikt. Dieser sollte und konnte jedoch durch eine spätere Aufhebung oder Verlegung gelöst werden, da die OEG dem nicht entgegengetreten war, sondern lediglich beanstandet hatte, dass nicht bereits der Bebauungsplan dies vorsah (/169 der Bebauungsplanakten). Insofern kann darin auch kein Verstoß gegen das Konfliktbewältigungsgebot und damit auch nicht gegen das allgemeine Gebot gerechter Abwägung gesehen werden, was eine Überleitung des Bebauungsplans ausgeschlossen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.10.1972 - IV C 14.71 -, BVerwGE 41, 67).
67 
bb) Die Festsetzungen des Bebauungsplans sind auch nicht inzwischen dadurch funktionslos geworden, dass auf den vom Land Baden-Württemberg im Zuge der mit der Stadt Heidelberg in den Jahren 1969/70 geschlossenen städtebaulichen Verträge im Universitätsgebiet hergestellten Privatstraßen tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet und die sog. Nordtrasse (heute Straße Im Neuenheimer Feld) seitdem - weil der Kurpfalzring bislang nicht ausgebaut worden ist - nach wie vor für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Die Nordtrasse ist für den öffentlichen Durchgangsverkehr von vornherein nur bis zur Fertigstellung des im Generalverkehrsplan 1969 vorgesehenen Ausbaus des Kurpfalzrings (Klausenpfad) gewidmet worden; nach dessen Fertigstellung soll sie von der Stadt entschädigungslos entwidmet werden (vgl. die dem Vertrag v. 06.11.1969 anliegende, vom Land gewählte Alternative A, Anl. 3 zum Antragsschriftsatz der Klägerin v. 30.03.2014 - 5 S 1444/14 -). Auch wenn damit eine vollständige Verwirklichung des mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziels, das Gebiet insbesondere von Durchgangsverkehr frei zu halten, derzeit teilweise - nämlich im Bereich der vorhandenen Trasse der Straße Im Neuenheimer Feld - auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen erscheinen mag, ist der Bebauungsplan doch nach wie vor geeignet, die Herstellung weiterer Verkehrsflächen, zumal für ein schienengebundenes öffentliches Verkehrsmittel zu verhindern, die das Gebiet weiter zerschneiden und die Möglichkeiten der Klägerin, das Gebiet nach ihren Bedürfnissen zu gestalten, weiter beschneiden würden. Damit würde letztlich die seinerzeit beabsichtigte „Geschlossenheit“ des festgesetzten Universitätsgebiets konterkariert.
68 
c) Auch eine Befreiung von den dem Vorhaben entgegenstehenden Festsetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt nicht in Betracht und konnte daher auch nicht - wie nunmehr ausdrücklich geschehen - rechtmäßig im Planfeststellungsbeschluss erteilt werden, sollte sich die Konzentrationswirkung überhaupt auf eine solche Entscheidung erstrecken. Denn durch das Vorhaben werden bereits die „Grundzüge der Planung“ berührt. Ob diese berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39). Dies ist hier der Fall, da das Planvorhaben dem Grundkonzept, das Gebiet in sich geschlossen und vom - gebietsunverträglichen - öffentlichen (Durchgangs-) Verkehr weitgehend frei zu halten, ungeachtet der bereits Jahrzehnte andauernden Widmung der Straße Im Neuenheimer Feld für den öffentlichen Straßenverkehr diametral zuwiderläuft. Anders als in dem Falle, der dem Senatsurteil vom 15.10.2004 (a.a.O.) zugrunde lag, geht es nicht nur darum, dass das Vorhaben die Bauvorbehaltsfläche innerhalb der Baugrenze für die Universität um die Fläche für eine Straßenbahntrasse vermindert. Darüber hinaus kann aufgrund der defizitären Ermittlung und Bewertung der gegenläufigen Belange - auch derjenigen der Klägerin - derzeit auch nicht vom Vorliegen der übrigen Befreiungsvoraussetzungen (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, § 31 Abs. 2 BauGB a.E.) ausgegangen werden.
69 
d) Das planfestgestellte Vorhaben kann entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen auch nicht das sog. Fachplanungsprivileg nach § 38 BauGB für sich in Anspruch nehmen. Für die Zuerkennung des grundsätzlichen Vorrangs der Fachplanung gegenüber der Planungshoheit der Gemeinde ist nach der Neufassung der Vorschrift durch das Bau- und Raumordnungsgesetz vom 18.08.1997 (BGBl S. 2081) nicht mehr auf die voraussichtliche planerische Kraft der im Einzelfall betroffenen Gemeinde, sondern auf die überörtlichen Bezüge des Vorhabens abzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.07.2000 - 11 VR 5.00 -, UPR 2001, 33). Solche sind bei dem Bau von Straßenbahnen - anders als etwa bei Vorhaben nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.10.2000 - 11 VR 12.00 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 51) und dem Bundesfernstraßengesetz allerdings nicht schon durch die durch das Fachplanungsgesetz - hier das Personenbeförderungsgesetz - begründete nicht-gemeindliche, überörtliche Planungszuständigkeit indiziert, mögen sie auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein. Denn Straßenbahnen sind - in Abgrenzung zu Eisenbahnen - definitionsgemäß nur solche Schienenbahnen, die ausschließlich oder überwiegend der Beförderung von Personen im O r t s- oder Nachbarschaftsbereich dienen (vgl. § 4 Abs. 1 PBefG; § 8 Abs. 1 PBefG, § 2 Abs. 5 AEG). Dienen sie wie hier der Beförderung von Personen im O r t s verkehr und wird nur das Gebiet einer Gemeinde berührt, kommt dem Vorhaben typischerweise keine überörtliche Bedeutung zu (vgl. Senatsurt. v. 15.10.2004, a.a.O.; Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB , § 38 Rn. 37, 152). Daran ändert auch der vom Beklagten und der Beigeladenen angeführte Umstand nichts, dass der Personennahverkehr überwiegend - wie auch hier - in Verkehrsverbünden organisiert ist (vgl. Runkel, a.a.O., § 38 Rn. 152), denn daraus folgt noch nicht die „Einbettung“ eines konkreten Straßenbahnvorhabens in ein überörtliches Verkehrsnetz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.07.2000, a.a.O.). Denn allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem Verkehrsverbund kommt noch nicht jeder Teilstrecke die gleiche, gegebenenfalls überörtliche Bedeutung in diesem Verkehrsnetz zu. Warum es sich deshalb anders verhalten sollte, weil mit der planfestgestellten Straßenbahn auch Einrichtungen von überörtlicher Bedeutung - insbesondere die im Neuenheimer Feld liegenden Universitätskliniken - erschlossen werden sollen, ist nicht zu erkennen. Der Beklagte und die Beigeladene übersehen, dass es um die überörtliche Bedeutung des Planvorhabens und nicht der von ihm erschlossenen öffentlichen Einrichtungen geht. Insofern kann die überörtliche Bedeutung auch nicht schon daraus hergeleitet werden, dass die „Universitätslinie“ Teil einer Straßenbahnverbindung vom bzw. zum Heidelberger Hauptbahnhof ist. Nach ihrer Argumentation käme letztlich jedem noch so unbedeutenden Straßenbahnvorhaben in einem Oberzentrum überörtliche oder gar überregionale Bedeutung zu, was letztlich die Anwendbarkeit des Personenbeförderungsgesetzes in einem solchen Fall in Frage stellte.
70 
e) Auf die Nichtbeachtung jener Festsetzungen des Bebauungsplans kann sich auch die Klägerin ungeachtet dessen berufen, dass nicht sie, sondern das Land Baden-Württemberg Eigentümer der für Zwecke der Universität genutzten Grundstücke ist. Denn die Festsetzung der Bauvorbehaltsfläche des Sondergebiets „Universität“ diente ersichtlich den Interessen und damit auch dem Schutz der Klägerin (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO 11. A. 2008, § 11 Rn. 3). Dies lässt sich ohne weiteres dem beigefügten Erläuterungsbericht vom 28.07.1960 entnehmen. Danach entsprachen die in der Heidelberger Altstadt und im Bergheimer Viertel gelegenen Universitätsgebäude der Naturwissenschaften und der Medizin nicht mehr dem damaligen Stand der technischen Entwicklung und behinderten dadurch Forschung und Lehre. Zur Schaffung neuer, ausreichend bemessener Anlagen musste daher auf entsprechend große Flächen außerhalb des bebauten Stadtgebiets, und zwar auf das größere Gelände am rechten Neckarufer zurückgegriffen werden, das bereits der Wirtschaftsplan von 1935 als Universitätsviertel ausgewiesen hatte. Die dortigen Ansatzpunkte und Ausdehnungsmöglichkeiten ließen es zu, diesen Teil der Universität als geschlossene Anlage mit allen Vorzügen der Konzentration als vorbildliche Bildungsstätte zu schaffen. Zur Bereitstellung des erforderlichen Geländes wurde eine Widmung des zukünftigen Universitätsbereichs einschließlich aller Folgeeinrichtungen als Bauvorbehaltsfläche für die Zwecke der Universität als dringend erforderlich angesehen.
71 
Der Annahme eines ihr durch diese Festsetzung vermittelten subjektiv-rechtlichen Drittschutzes steht auch nicht entgegen, dass bauplanerische Festsetzungen als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) grundsätzlich grundstücks- und nicht personenbezogen sind (Repräsentationsprinzip; vgl. hierzu etwa Mager/Fischer, VBlBW 2015, 313 ff.). Denn bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sind bzw. waren auch sonstige Belange zu berücksichtigen (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB, insbes. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB: „Belange des Bildungswesens“; § 8 Abs. 1 AufbauG: „kulturelle Bedürfnisse“), sodass es dem Plangeber - insbesondere kraft Bundesrechts (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.06.1968 - IV. C 44.66 -, BRS 20 Nr. 174) - nicht verwehrt ist, durch bestimmte, im Hinblick auf solche Belange getroffene Festsetzungen auch sonstigen Nutzungsberechtigten von Grundstücken wehrfähige Nachbarrechte im Ortsrecht zuzuerkennen (vgl. Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB 10. A. 2007 , § 31 Rn. 95 m.w.N.; Schlichter, NVwZ 1983, 641 <646>). Einer solchen Auslegung steht hier auch nicht entgegen, dass „lediglich“ ein entsprechend § 173 Abs. 3 BBauG übergeleiteter Bebauungsplan in Rede steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 - 4 C 13.94 -,BVerwGE 101, 364).
72 
3. Unabhängig davon leidet der Planfeststellungsbeschluss - auch in seiner geänderten Gestalt - noch an beachtlichen Abwägungsmängeln (vgl.§ 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG) zum Nachteil der Klägerin. Denn die Planfeststellungsbehörde hat den schutzwürdigen Belang der Klägerin, von abträglichen Wirkungen des Vorhabens auf die derzeitige und künftige Forschungstätigkeit ihrer Einrichtungen verschont zu bleiben, in der Abwägung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG fehlerhaft behandelt. Denn sie hat sich entgegen ihres gesetzlichen Auftrags ohne eigene Feststellung und Bewertung der insoweit wesentlichen Tatsachen auf eine bloße Evidenzkontrolle der von der Beigeladenen vorgelegten Planung beschränkt (a). Daran hat auch der Änderungsplanfeststellungsbeschluss, insbesondere die darin angestellte „Gesamtbetrachtung“, nichts zu ändern vermocht. Mangels hinreichender eigener Feststellungen und Bewertungen der insoweit für die Abwägung wesentlichen Tatsachen durch die Planfeststellungsbehörde ist die Abwägungserheblichkeit der Belange der Klägerin auch nicht nachträglich entfallen (b). Eine weitere gerichtliche Erforschung des Sachverhalts ist insoweit - entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen - nicht geboten (c).
73 
a) Der Planfeststellungsbeschluss leidet bereits an einem kompletten Abwägungsausfall oder doch einem umfassenden Abwägungsdefizit, weil die Planfeststellungsbehörde sich entgegen ihrer Planungsaufgabe nach dem Personenbeförderungsgesetz, die Planung des Vorhabenträgers einer sachgerechten - wenn auch teilweise nur nachvollziehenden - eigenen Abwägung zu unterziehen, bewusst auf eine bloße Evidenz- bzw. Plausibilitätskontrolle beschränkt hat.
74 
Insofern erweisen sich nicht nur die Entscheidung zugunsten der planfestgestellten Variante A2 - und damit gegen die von der Klägerin favorisierten Varianten, insbesondere die Variante A1 („Klausenpfad“) -, sondern auch die konkrete Trassenführung und -gestaltung und das zum Schutz der Einrichtungen der Klägerin vorgesehene Schutzkonzept als abwägungsfehlerhaft. Diese Mängel sind, da sie sich ohne weiteres aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben, offensichtlich und schon deshalb auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, weil bei einer fehlerfreien Abwägung eine Entscheidung zugunsten der Variante A1 nicht nur konkret in Betracht kam (vgl. auch die undatierte Pressemitteilung www.uni-heidelberg.depresse/news/08/pm280415 -9str.html - der Stadt Heidelberg über eine zunächst gefundene Einigung auf einen Trassenverlauf über den Klausenpfad; § 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG), sondern sich, wenn man den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss folgt, sogar als vorzugswürdig aufdrängte. Darauf, ob die vorgesehenen Schutzmaßnahmen zumindest gewährleisteten, dass die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze zum Nachteil der Klägerin nicht überschritten wird (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG), kommt es nicht mehr an, da die Abwägung es damit nicht bewenden lassen durfte.
75 
Die Planfeststellungsbehörde begründet ihre Entscheidung zugunsten der beantragten Variante A2 im Planfeststellungsbeschluss vom 10.06.2014, soweit sich darin hierzu überhaupt eigenständige Erwägungen der Behörde finden, zusammenfassend damit (S. 335 f.), dass sich bei der Auseinandersetzung mit den angesprochenen Alternativlösungen im Ergebnis keine Alternative als „ e i n d e u t i g v o r z u g s w ü r d i g“ bzw. die Antragsvariante „aus verkehrlicher Sicht“ aufgedrängt habe. Auch wenn bei der Trasse A1 deutlich weniger Einrichtungen den von dem Vorhaben ausgehenden Wirkungen ausgesetzt wären, sei dies nicht der allein ausschlaggebende Gesichtspunkt gewesen. Aufgrund der konkreten Zielsetzungen des Vorhabenträgers und der vorgesehenen Schutzmaßnahmen „d r ä n g e s i c h i h r n i c h t a u f“, dass die Vorteile der Variante A1 die Vorteile des beantragten Neubaus „in einer Weise“ überwögen, dass sie sich als „e i n d e u t i g v o r z u g s w ü r- d i g“ erweise.
76 
Bereits aus diesen Ausführungen erhellt, dass die Planfeststellungsbehörde - auch bei Berücksichtigung ihrer weiteren Ausführungen zu den einzelnen Planungsalternativen - ihre gesetzliche Planungsaufgabe gänzlich verfehlt hat. Ob sie sich ohnehin an die vom Heidelberger Gemeinderat im November 2005 beschlossene Alternativen-Entscheidung („Maßnahmenbeschluss“) gebunden gefühlt hat, mag dahinstehen.
77 
Die von der Planfeststellungsbehörde mehrfach gebrauchte Wendung, dass sich eine andere Alternative „nicht als eindeutig vorzugswürdig aufgedrängt“ habe, vermag eine nachvollziehbare Begründung einer - in eigener Verantwortung für die Planung abwägungsfehlerfrei zu treffenden - Auswahlentscheidung von vornherein nicht zu ersetzen, da damit nur ein für die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Variantenentscheidung geltender Prüfungsmaßstab in Bezug genommen wird (vgl. Nieders. OVG, Beschl. v. 29.06.2011 - 7 MS 72/11 -). Die Prüfung, ob eine Auswahlentscheidung nach diesem Maßstab Bestand haben wird, obliegt nicht der Planfeststellungsbehörde, sondern dem erkennenden Verwaltungsgerichtshof. Die hierbei geltenden Einschränkungen der Kontrolle sind auch nur gerechtfertigt, weil eine demokratisch legitimierte Planfeststellungsbehörde zuvor die rechtliche Verantwortung für die Planung übernommen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, Urt. v. 24.05.2011 - 22 A 10.40049 -, UPR 2011, 449). Dies ist umso mehr erforderlich, als einem Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08 -). Dies gilt erst recht, wenn der Vorhabenträger - wie die Beigeladene - privatrechtlich organisiert ist.
78 
Eine eigene Planungsentscheidung hat der Beklagte aufgrund seines fehlerhaften Ansatzes auch in der Sache nicht getroffen, denn er hat die Planunterlagen der Beigeladenen nicht, wie dies eigentlich erforderlich gewesen wäre, einer e i g e n s t ä n d i g e n rechtlichen Prüfung unterzogen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2011 - 7 A 3.10 -, Buchholz 406.400 § 19 BNatschG 2002 Nr. 7, juris Rn. 85). Einer solchen Prüfung war der Beklagte auch nicht deshalb enthoben, weil eine zur Planfeststellung vorgelegte Planung - aufgrund der Antragsbindung bzw. des Vorhabenbezugs - teilweise nur nachvollziehend abgewogen werden kann (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, Urt. v. 24.11.1994 - 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143, juris Rn. 20 u.21; Urt. v. 17.01.1986 - 4 C 6.84, 4 C 7.84 -, BVerwGE 72, 365; Senatsurt. v. 13.04.2000 - 5 S 1136/98 - u. v. 10.11.2011 - 5 S 2436/10 -; Steinberg/Wickel/Müller, a.a.O., S. 191 Rn. 1; Wickel in: HK-VerwR § 72 Rn. 31, 33 f.; krit. zu diesem Begriff Lieber, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG 2014, § 74 Rn. 34; Vallendar/Wurster, in Beck’scher AEG Komm., 2. A. 2014, § 18 Rn. 140). Insbesondere folgt aus dem Begriff „nachvollziehend“ nicht, dass die Planung für die Planfeststellungsbehörde etwa nur „nachvollzieh b a r“ sein müsste.
79 
Beim Abwägungsgebot im Fachplanungsrecht ist unter „nachvollziehender Abwägung“ - entgegen der offenbar vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vertretenen Auffassung (vgl. Urt. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 -; Urt. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - im Anschluss an Vallendar, in: Beck’scher AEG Komm. 2006, § 18 Rn. 119) - auch nicht eine Abwägung zu verstehen, wie sie im Rahmen einer gebundenen Vorhabenzulassung (vgl. zum Bauplanungsrecht BVerwG, Urt. v. 24.10.2013 - 7 C 36.11 -, BVerwGE 148, 155), im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung oder bei der Frage der „Beeinträchtigung“ des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 WHG anzunehmen ist und hier einen gerichtlich uneingeschränkt überprüfbaren Vorgang der Rechtsanwendung meint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.06.2014 - 4 B 47.13 -, BRS 82 Nr. 109). Insofern geht auch der Hinweis im Änderungsplanfeststellungsbeschluss (S. 54) auf das Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 29.03.2013 - 3 S 284/11 - (juris Rn. 125) fehl. Auch eine solche „nachvollziehende Abwägung“ hat die Planfeststellungsbehörde freilich nicht vorgenommen, weil sie selbst nicht „nachvollziehend“ abgewogen, sondern die Planung der Vorhabenträgerin lediglich als „nachvollzieh b a r“ und p l a u s i b e l angesehen hat.
80 
Eine sachgerechte - zumindest „nachvollziehende“ - Abwägung der verschiedenen Varianten war ihr aufgrund der unzureichenden Planunterlagen allerdings auch nicht möglich. Denn der im Erläuterungsbericht enthaltene „Vergleich der Varianten“ (a.a.O., S. 15 ff.) besteht im Wesentlichen nur aus einer zusammenfassenden Darstellung des Entscheidungsprozesses im Heidelberger Gemeinderat von 1992 bis zum „Maßnahmenbeschluss“ im November 2005, mit dem dieser sich für die Variante A2 entschieden hatte.
81 
Zwar unterliegt auch die Überprüfung der Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde aufgrund der Antragsbindung gewissen Einschränkungen. Dies gilt aber nur für die eigentliche (endgültige) planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39.07 -,BVerwGE 133, 239). Dies entbindet die Planfeststellungsbehörde jedoch nicht von ihrer Pflicht, zuvor alle ernsthaft in Betracht kommenden Planungsalternativen auch selbst ernsthaft in Betracht zu ziehen und zu prüfen, und zwar - entgegen der Auffassung des Beklagten - unabhängig davon, ob sie sich ihr „aufdrängten“ oder nicht (vgl. Steinberg/Wickel/Müller, Fachplanung, 4. A. 2012, § 3 Rn. 183 f.). Ihre Pflicht zur Ermittlung, Bewertung und Gewichtung einzelner Belange im Rahmen der Variantenprüfung ist damit für die Planfeststellungsbehörde in keiner Weise zurückgenommen (vgl. BVerwG, Gerichtsbesch. v. 21.09.2010 - 7 A 7.10 -, juris, Rn. 17 unter 2.d; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rn. 98; Nieders. OVG, Beschl. v. 29.06.2011, a.a.O.). Erst bei der eigentlichen (endgültigen) Auswahlentscheidung ist sie - im Hinblick auf die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers - auf die Prüfung beschränkt, ob dessen Erwägungen vertretbar und damit geeignet sind, die (endgültige) Variantenwahl zu rechtfertigen u n d ob - und ggf. aus welchen Gründen - sie sich diese zu eigen machen will (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009, a.a.O.). Nach dem auch für sie geltenden Untersuchungsgrundsatz (vgl. § 24 LVwVfG; hierzu BVerwG, Urt. v. 24.03.2011 - 7 A 3.10 -, a.a.O.; Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 8. A., 2014 § 74 Rn. 8) hat die Planfeststellungsbehörde jedoch zuvor die eine sachgerechte Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange erst ermöglichenden tatsächlichen Feststellungen zu treffen (und zu bewerten) und hierzu erforderlichenfalls auch noch weitere eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.06.1992 - 4 B 1.92 u. a., -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89; Beschl. v. 02.04.2009 - 7 VR 1.09 -; Urt. v. 24.03.2011, a.a.O.).
82 
Diesen Anforderungen des Abwägungsgebots entspricht die von der Planfeststellungsbehörde getroffene Entscheidung aufgrund ihres verfehlten Ansatzes in keiner Weise.
83 
So begnügte sich die Planfeststellungsbehörde - jedenfalls ganz überwiegend - damit, den gegen die Antragsvariante vorgebrachten, durchaus substantiierten Einwendungen - auch der Klägerin - jeweils die gegenteilige Sicht der Beigeladenen gegenüberzustellen, um im Anschluss daran - ohne eigenständige Begründung - auszuführen, dass die Annahmen der Einwender und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen „nicht geteilt“ würden, dass sie „sich die Ausführungen des Vorhabenträgers zu eigen mache“, sie „keine b e - l a s t b a r e n Anhaltspunkte bzw. Erkenntnisse“ dafür habe, dass sich dessen Ausgangsüberlegungen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen „(e i n d e u t i g) unzutreffend oder fehlgewichtet“ darstellen könnten und daher „n a c h v o l l z i e h b a r und p l a u s i b e l“ bzw. „nicht zu beanstanden“ seien. Diese im Beschluss ständig wiederkehrenden Wendungen erweisen, dass sich die Planfeststellungsbehörde von vornherein - jedenfalls ganz überwiegend - auf eine bloße Evidenz- bzw. Plausibilitätskontrolle jeglicher von der Vorhabenträgerin der Planung zugrunde gelegten Annahmen beschränkt hat und dass sie - nach einer ebenfalls nur eingeschränkten Prüfung - auch deren tatsächliche und rechtliche Bewertungen und Gewichtungen der Einzelbelange - auch derjenigen der Klägerin - übernommen hat. Ein solches Vorgehen ist mit der Aufgabe einer Planfeststellungsbehörde, der ungeachtet des Vorhabenbezugs ein Planungsermessen eingeräumt ist und die insofern eine eigenständige, wenn auch teils nur nachvollziehende abwägende Entscheidung zu treffen hat, schlechterdings nicht vereinbar.
84 
Zwar trifft es zu, wie die Beigeladene einwendet, dass allein ein etwaiger Begründungsmangel noch nicht den Schluss auf einen Abwägungsmangel rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2011, a.a.O., Rn. 84). Hier liegt jedoch nicht nur ein bloßer formeller Mangel in der Dokumentation oder Begründung vor, sondern ein im Planfeststellungsbeschluss an zahllosen Stellen dokumentierter grundlegender materieller Abwägungsmangel. Den aufgezeigten Formulierungen - wie „nicht e i n d e u t i g unzutreffend oder fehlgewichtet“, „n a c h v o l l z i e h b a r und p l a u s i b e l“ kommt auch keineswegs nur eine - letztlich unerhebliche - „semantische“ Bedeutung zu, wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf einen dem Verfasser des Planfeststellungsbeschlusses eigenen Stil geltend gemacht hat.
85 
Da auch die Entscheidungen über die der Beigeladenen erteilten „Schutzauflagen“ von dem vorbezeichneten Mangel betroffen sind, lässt sich auch aus deren Beifügung nicht auf eine eigene Abwägung schließen, zumal die Schutzauflagen zu einem großen Teil ohnehin nicht von der Planfeststellungsbehörde, sondern von der Anhörungsbehörde, mithin der Stadt Heidelberg formuliert worden sind, die gleichzeitig Gesellschafterin der Vorhabenträgerin ist.
86 
Der von der Planfeststellungsbehörde gewählte Ansatz einer auf eine bloße Evidenz- und Plausibilitätskontrolle beschränkten Planprüfung wird bereits auf der Ebene der Ermittlung, Bewertung und Gewichtung der für die Trassenwahl besonders bedeutsamen Auswirkungen des Vorhabens deutlich. Dies gilt insbesondere für die von dem Vorhaben ausgehenden Erschütterungen und elektromagnetischen Felder, gegen die sich die Klägerin wegen ihrer von diesen Wirkungen betroffenen Forschungseinrichtungen bzw. dort eingesetzter hochempfindlicher Geräte - vor allem an der Straße Im Neuenheimer Feld, aber auch im Botanischen Garten - hauptsächlich wendet. Gleiches gilt für die weiteren Auswirkungen des Vorhabens, insbesondere für die mit ihm verbundenen Zerschneidungswirkungen bzw. Einschränkungen hinsichtlich einer bedarfsgerechten Nutzung der Bauvorbehaltsfläche durch die Klägerin.
87 
Hinsichtlich der für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Beurteilung der Immissionswirkungen hat die Planfeststellungsbehörde dabei zunächst auf ihre Ausführungen unter Abschnitt B. III. 2.3 „Zwingendes Recht“ verwiesen (S. 326 ff.), wo stereotyp den Einwendungen - auch denen der Klägerin - („… wird geltend macht, …“) jeweils die gegenteilige Sichtweise der Vorhabenträgerin bzw. ihrer Gutachter gegenübergestellt wird („Der Vorhabenträger hat dazu ausgeführt, …“), um dies jeweils mit der Wendung abzuschließen, dass sie „keine b e l a s t b a r e n Anhaltspunkte“ dafür habe, dass sich die gutachterlichen Einschätzungen, Annahmen und Schlussfolgerungen „im Ergebnis als unzutreffend“ oder „u n v e r t r e t b a r“ (!) darstellten bzw. die Überlegungen, Ansätze und Schlussfolgerungen des Fachgutachters „in einer Weise erschüttert“ würden, dass sich daraus ein „z w i n g e n d e r“ weitergehender Handlungsbedarf ergäbe.
88 
Vor diesem Hintergrund entbehrt auch das von der Planfeststellungsbehörde gezogene Fazit jeder tatsächlichen Grundlage, dass die Erschütterungswirkungen der Zulassung des Vorhabens „nicht zwingend“ entgegenstünden und dass mit den von der Vorhabenträgerin aufgrund umfangreicher fachgutachterlicher Expertisen vorgesehenen Schutzmaßnahmen den berechtigten Belangen der betroffenen Einrichtungen im Hinblick auf eine elektro-magnetische Verträglichkeit „angemessen Rechnung“ getragen werde.
89 
Diese Ausführungen lassen darüber hinaus erkennen, dass es der Planfeststellungsbehörde ohnehin nur darauf ankam, zwingendes Recht, und zwar die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) einzuhalten, sie jedoch darüber hinaus für eine sachgerechte Abwägung mit dem Interesse der Klägerin, von weiteren - gerade auch im Hinblick auf künftige Entwicklungen - nachteiligen Einwirkungen auf ihre Forschungseinrichtungen möglichst verschont zu bleiben, tatsächlich nicht offen war. Dies zeigt auch der Umstand, dass sie es dahinstehen ließ, ob bei einer Trassenführung über den von der Klägerin favorisierten „Klausenpfad“ (Variante A1) deutlich weniger empfindliche Einrichtungen betroffen wären, und es nicht für aufklärungsbedürftig ansah, ob in dem dort gelegenen „Technologiepark“ überhaupt in vergleichbaren Entfernungen ebenso empfindliche Nutzungen stattfinden.
90 
Ohne entsprechende „belastbare“ Feststellungen erweist sich die von der Planfeststellungsbehörde wiedergegebene Sichtweise der Vorhabenträgerin, wonach beide Varianten hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit und der Erschütterungen „nahezu vergleichbar“ seien, keineswegs als „nachvollziehbar und plausibel“, sondern als nicht „vertretbar“.
91 
Dies gilt umso mehr, als die Planfeststellungsbehörde auch die bauplanungsrechtliche Situation - und die sie konkretisierenden städtebaulichen Verträge - nicht mit dem ihr zukommenden Gewicht zu Gunsten der Belange der Klägerin berücksichtigt hat, indem sie selbst hier - wiederum ohne erkennbar eigenständige Prüfung - die unzutreffende, rechtliche Sichtweise der Vorhabenträgerin bzw. des Rechtsamts der Stadt Heidelberg zugrunde gelegt hat. Die bestehende bauplanungsrechtliche Situation wäre indes bei der Abwägung nicht nur als wesentlicher städtebaulicher Belang, sondern auch als schutzwürdiges Interesse der betroffenen Einrichtungen an der Beibehaltung des bestehenden Zustandes (vgl. Senatsurt. v. 06.05.2011 - 5 S 1670/09 -, VBlBW 2012, 108) mit besonderem - grundrechtlichen (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) - Gewicht zu berücksichtigen gewesen (vgl. Senatsurt. v. 03.07.1998 - 5 S 1/98 -, BRS 60 Nr. 13). Dies hätte auch dann gegolten, wenn sich die Beigeladene auf das Fachplanungsprivileg des § 38 BauGB n.F. hätte berufen können. Selbst wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre, hätte das Vorliegen eines seit den 1960iger Jahren tatsächlich vorhandenen Universitätsgebiets zugunsten der Klägerin angemessen berücksichtigt werden müssen.
92 
In städtebaulicher Hinsicht hat die Planfeststellungsbehörde zudem übersehen, dass der von ihr in den Vordergrund gerückte „Technologiepark“ jedenfalls ganz überwiegend im Geltungsbereich des „Bebauungsplans Handschuhsheim Langgewann II - Technologiepark Heidelberg“ vom 16.03.2000 liegt. Dieser erklärt aber nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, Geschäfts-, Büro und Verwaltungsgebäude für zulässig. Zwar sollen dabei auch Forschungseinrichtungen, daneben aber auch Entwicklungs- und Produktionseinrichtungen zulässig sein. Bei den danach zulässigen Nutzungsarten kann von einer vergleichbaren Schutzwürdigkeit wie im angrenzenden „Universitätsgebiet“ nicht die Rede sein. Denn auf der durch den Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ für Zwecke der Universität einschließlich Folgeeinrichtungen für Lehre und Forschung festgesetzten Bauvorbehaltsfläche sind lediglich bauliche Anlagen zulässig, die mittelbar und unmittelbar den Zwecken der Universität und des Studienbetriebs dienen (vgl. b) der Besonderen Bauvorschriften).
93 
Schließlich belegt der Hinweis der Planfeststellungsbehörde auf das Fehlen einer - von der Klägerin gar nicht geltend gemachten - Bestandsgarantie und den im Neuenheimer Feld weiterhin möglichen Wissenschaftsbetrieb, dass die Planfeststellungsbehörde das Gewicht des durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG besonders geschützten Belangs der Klägerin unterschätzt hat, ihre Forschungseinrichtungen von möglicherweise die Forschung beeinträchtigenden Auswirkungen des Vorhabens soweit als möglich zu verschonen. Diese unzutreffende Gewichtung kommt auch in den Bemerkungen des Vertreters der Planfeststellungsbehörde in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck, die Universität werde schon „nicht untergehen“, wenn die Straßenbahn durchs Neuenheimer Feld fahre. Zu Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei der Forschungsfreiheit aufgrund ihrer Eigengesetzlichkeiten noch mehr als beim Eigentum auch mögliche künftige Nutzungen - auch auf den „Erweiterungsflächen“ der Universität - in den Blick zu nehmen waren. Der Umstand, dass solche Nutzungen noch nicht unmittelbar angestanden haben oder dass deren Realisierung aufgrund der bereits erreichten Bebauungsdichte möglicherweise zunächst den Abriss anderer Gebäude bedingte, mag für die Gewichtung dieses Belangs von Bedeutung sein, stellt indessen - nicht zuletzt im Hinblick auf den Prognosehorizont - dessen Abwägungserheblichkeit nicht in Frage. Anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Klägerin nicht Eigentümerin jener „Erweiterungsflächen“ ist. Denn auch diese Flächen liegen im festgesetzten „Universitätsgebiet“ und sind nach dem nach wie vor wirksamen Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ grundsätzlich für die universitären Zwecke der Klägerin nutzbar. Insofern leidet die Entscheidung jedenfalls an einer Abwägungsfehlgewichtung, wenn nicht gar an einer Abwägungsdisproportionalität.
94 
Die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss lassen auch nicht annähernd erkennen, dass insbesondere die von der Klägerin als vorzugswürdiger angesehene Variante A1 derartige Abstriche an den verkehrlichen Zielsetzungen der Vorhabenträgerin bedingt hätte, dass sie ungeachtet der betroffenen gegenläufigen Interessen, insbesondere des Interesses der Klägerin, von nachteiligen Auswirkungen auf ihre Forschungseinrichtungen möglichst verschont zu bleiben, und ungeachtet des von der Planfeststellungsbehörde zu beachtenden Trennungsgrundsatzes (vgl. § 50 Satz 2 BImSchG) jedenfalls nicht hinzunehmen wären. Entgegen der Behauptung des Beklagten-Vertreters in der mündlichen Verhandlung war der Variante A2 gegenüber der Variante A1, der die Planfeststellungsbehörde durchaus auch gewisse Vorteile attestiert hat, lediglich aufgrund überwiegender Vorteile der Vorzug gegeben worden (a.a.O., S. 336). Solches ließe sich auch nicht bereits mit den angeführten Nachteilen hinsichtlich der Erschließungswirkung begründen (a.a.O., S. 335), zumal sich die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf das jeweilige Fahrgastaufkommen auf die Wendung zurückgezogen hat (S. 321), dass es sich aus ihrer Sicht „n a c h v o l l z i e h b a r und p l a u s i b e l“ sei, wenn sich d e m V o r h a b e n t r ä g e r, der als Verkehrsunternehmer das stärkste Interesse habe, ein möglichst hohes Fahrgastpotential auszuschöpfen, die Beibehaltung einer bestehenden Linienführung a u f d r ä n g e (sic!). Entsprechende Abstriche wären hier indes umso eher gerechtfertigt gewesen, je gewichtiger die gegenläufigen Belange sind, insbesondere je einschneidender sich die nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens bei der Variante A2 auf die weitere Funktionsfähigkeit der derzeit und künftig betroffenen Forschungseinrichtungen der Klägerin erweisen. Über diese hätte sich die Planfeststellungsbehörde jedoch zunächst selbst Gewissheit verschaffen müssen, auch wenn dies für sie bzw. die hierzu zunächst berufene Anhörungsbehörde mit einem größeren Aufwand verbunden gewesen wäre. Dies gilt umso mehr, als der Erläuterungsbericht der Vorhabenträgerin einen besonderen Bedarf einer Straßenbahnverbindung anstatt einer Busverbindung ins Neuenheimer Feld zwar behauptet, jedoch auch nicht annähernd nachvollziehbar belegt hat. Inwiefern dies unbeachtlich sein sollte, weil die Stadt Heidelberg inzwischen eine - Ende 2011 fertiggestellte - aktuellere Verkehrsprognose in Auftrag gegeben habe (S. 129), erschließt sich nicht.
95 
All diese, sich bereits bei der Variantenentscheidung manifestierenden Mängel, die letztlich auf den falschen Prüfungsmaßstab der Planfeststellungsbehörde zurückzuführen sind, setzen sich bei der Entscheidung über die konkrete Trassenführung- und -gestaltung sowie bei der Entscheidung über das dabei vorzusehende Schutzkonzept (einschließlich der verfügten Nebenbestimmungen) fort. Denn auch hier hat sich die Planfeststellungsbehörde jedenfalls ganz überwiegend auf eine reine Evidenz- und Plausibilitätskontrolle zurückgezogen, ob insbesondere durch die von der Anhörungsbehörde vorgeschlagenen Nebenbestimmungen die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle eingehalten werden wird oder nicht. Ob wenigstens dies hinsichtlich der besonders kritischen Erschütterungswirkungen und elektromagnetischen Wirkungen sowie der weiteren, von der Klägerin beanstandeten Auswirkungen des Vorhabens tatsächlich gewährleistet sein könnte, bedarf - wie ausgeführt - vor dem Hintergrund der aufgezeigten grundlegenden Abwägungsmängel keiner Prüfung mehr.
96 
b) Die Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss sind auch unter Berücksichtigung der mit ihm festgestellten Planänderungen - insbesondere bei Berücksichtigung des im Bereich des Max-Planck-Instituts und der besonders betroffenen Institute der Klägerin vorgesehenen weiteren stromlosen Abschnitts - nicht geeignet, den Abwägungsausfall bzw. das umfassende Abwägungsdefizit und die damit verbundenen weiteren Abwägungsmängel zu beheben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass einzelne, für die Abwägung erhebliche Umstände - etwa die derzeitige konkrete Betroffenheit bestimmter Geräte bzw. Gerätestandorte - aktuell nachermittelt wurden.
97 
Mit der anlässlich der 1. Planänderung von Amts wegen vorgenommenen „Gesamtbetrachtung“ wurde die bisher im Planfeststellungsbeschluss gegebene Begründung ergänzt. Das war ohne Weiteres zulässig (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG; § 114 Satz 2 VwGO). Insofern hätten sogar neue Erwägungen nachgeschoben werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.10.1991 - 7 B 65.91 -, Buchholz 451.22 AbfG Nr. 44). Da nur von „klarstellenden und vertiefenden“ Ausführungen die Rede ist und die Planfeststellungsbehörde Mängel der ursprünglich getroffenen Entscheidung gerade in Abrede gestellt hat, können die Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss allerdings nur so verstanden werden, dass lediglich die im Planfeststellungsbeschluss gegebene Begründung ergänzt, nicht jedoch eine neue Abwägungsentscheidung getroffen werden sollte (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. 20.12.1991 - 4 C 25.90 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4). Auch der Sache nach wurde eine solche nicht getroffen. Abgesehen von der nunmehr ausdrücklich erteilten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB wurde die bereits getroffene Abwägungsentscheidung vielmehr nur im Hinblick auf den zwischenzeitlich ergangenen Senatsbeschluss vom 18.12.2014 „überprüft“ und - teilweise - weiter begründet, um sie im Ergebnis zu rechtfertigen und unberührt zu lassen. Allein diesem Zweck dienten auch die „Aktualisierung“ der Gerätestandorte und die Einholung weiterer Gutachten, mit denen lediglich die bisherigen Gutachten zu den Auswirkungen des Vorhabens ergänzt wurden. Wurden damit aber bestimmte Probleme nicht - zum Zwecke einer erneuten Abwägung - einer Neubewertung unterzogen, ist für die gerichtliche Kontrolle insoweit auch nicht auf den Zeitpunkt des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, BVerwGE136, 291). Dass mit dem Erlass des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses tatsächlich keine Fehlerbehebung entsprechend § 75 Abs. 1a LVwVfG beabsichtigt war, haben die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung schließlich ausdrücklich bestätigt.
98 
Soweit die Planfeststellungsbehörde ihre Variantenentscheidung „ergänzend“ damit zu rechtfertigen versucht hat, dass die Variante A1 tatsächlich frühzeitig hätte ausgeschieden werden können, da sie schon nicht ernsthaft in Betracht gekommen sei, weil sie offensichtlich „am Bedarf vorbeifahre“ (vgl. S. 95 f.), ist dies jedenfalls aufgrund der im Änderungsplanfeststellungsbeschluss gegebenen Begründung nicht nachvollziehbar. Denn die planfestgestellte Variante sieht zwischen der Haltestelle „Geowissenschaften“, deren Erschließungswirkung - auch nach der vom Planfeststellungsbeschluss für plausibel gehaltenen Sicht der Vorhabenträgerin (vgl. PFB, S. 319 f.) - mit derjenigen der in der Berliner Straße vorhandenen Haltestelle „Technologiepark“ fast vergleichbar ist, bis zur Haltestelle „Kopfklinik“ gar keine weiteren Haltestellen entlang der Straße Im Neuenheimer Feld vor. Soweit der Beklagte und die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren nun maßgeblich darauf abgehoben haben, dass der Einzugsbereich beider Haltestellen bei der Variante A1 nur mit einem geringeren Takt bedient werden könnte, mag dies eventuell auf einen abwägungserheblichen Nachteil dieser Variante führen. Daraus folgt aber nicht, dass diese Variante deshalb schon nicht „zielkonform“ und ungeachtet der mit der Antragsvariante verbundenen Auswirkungen - insbesondere auf die Forschungseinrichtungen der Klägerin - nicht weiter in den Blick zu nehmen gewesen wäre. Soweit der Vertreter des Beklagten dies in der mündlichen Verhandlung mit im (geänderten) Planfeststellungsbeschluss nicht erwähnten Nachteilen - etwa einer notwendigen „Verlegung eines Hubschrauberlandeplatzes“ - zu belegen versucht hat, mag dieser Gesichtspunkt, sollte er zutreffen, gegebenenfalls im Rahmen einer neuen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sein.
99 
Auch der Hinweis, dass bei der Variante A1 - allerdings in nicht kompensierter Form - ebenfalls mit Immissionswirkungen in den „Kernbereich“ des Neuenheimer Felds hinein zu rechnen wäre, lässt nicht erkennen, warum diese Variante nicht gleichwohl vorzugswürdiger sein könnte. Denn ungeachtet auch dann zu erwartender Immissionswirkungen verliefe sie doch in deutlich größerem Abstand zu den besonders schutzbedürftigen Einrichtungen und „Erweiterungsflächen“ der Klägerin, was die Wirksamkeit auch bei der Alternativtrasse vorzusehender Schutzmaßnahmen erhöhte. Soweit die Planfeststellungsbehörde wiederum auf den „Technologiepark“ verweist, lassen ihre Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht erkennen, inwiefern sich aus dem „nochmals abgefragten Gerätebestand“ ergeben sollte, dass gleichermaßen empfindliche Geräte tatsächlich in vergleichbarer Entfernung zu den Gleisen eingesetzt würden. Abgesehen davon bliebe wiederum unberücksichtigt, dass dem Sondergebiet „Technologiepark“ eben eine geringere Schutzwürdigkeit als dem im Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ als Bauvorbehaltsfläche für die Klägerin ausgewiesenen Sondergebiet „Universität“ zukommt.
100 
Die planänderungsbedingten Verbesserungen hinsichtlich der elektromagnetischen Wirkungen im Bereich der besonders empfindlichen Institute der Klägerin - Realisierung eines stromlosen Abschnitts von Station 2+160 bis 2+439 bei Vergrößerung des Mastabstands und Entfallen der Kompensationsleitungen -, waren für sich genommen noch nicht geeignet, den Abwägungsausfall bzw. das umfassende Abwägungsdefizit und die damit verbundene Abwägungsfehleinschätzung zu beheben. Abgesehen davon, dass diese Verbesserungen an den anderen Wirkungen des Planvorhabens - insbesondere den Erschütterungs- und Zerschneidungswirkungen - nichts änderten, lässt der Änderungsplanfeststellungsbeschluss nach wie vor nicht erkennen, von welchen für eine sachgerechte Abwägung erforderlichen Tatsachen und Bewertungen die Planfeststellungsbehörde - nicht deren Gutachter - nunmehr ausgegangen ist. Nach wie vor fehlt es an einer für die gerichtliche Kontrolle nachvollziehbaren und fachlich nachprüfbaren Auseinandersetzung mit den elektromagnetischen Auswirkungen (und Erschütterungen) auf den derzeitigen u n d künftigen Forschungsbetrieb. Auch hat die Planfeststellungsbehörde weiterhin davon abgesehen, in Ermangelung gesetzlicher Regelungen selbst festzulegen, wo s i e jeweils die Zumutbarkeitsgrenze ziehen will, jenseits derer sie „lediglich“ noch abzuwägen hat (a.a.O., S. 60; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 02.10.2014 - 7 A 14.12 -, NuR 2014, 785).
101 
Die Planfeststellungsbehörde hat sich auch im Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht die eingeholten einschlägigen Fachgutachten zur elektromagnetischen Verträglichkeit zu Eigen gemacht. Vielmehr werden deren Ergebnisse im Änderungsplanfeststellungsbeschluss allenfalls (teilweise) referiert und als Arbeitshypothese unterstellt („Geht man, wie es der V o r h a b e n - t r ä g e r vorsorglich getan hat, von diesem Wert aus…; bei einem u n t e r - s t e l l t e n Grenzwert von 50 nT …, a.a.O., S. 50; „nach dem aktuellen fachlichen K e n n t n i s s t a n d d e s v o r h a b e n t r ä g e r i s c h e n Gutachters“, a.a.O., S. 76). Daran ändern auch die bloße Bezugnahme auf den Übersichtslageplan der Beigeladenen („Einflussgrenzen EMV“) und die Aufführung von Fachbeiträgen unter Nr. I.1.2 des verfügenden Teils nichts. Der Umstand, dass die Planfeststellungsbehörde ein ihr bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorliegendes Gutachten von Prof. Dr. V. nunmehr pauschal für überzeugend und „nachvollziehbar“ bezeichnet (a.a.O., S. 79), vermag daran ebenso wenig etwas zu ändern, zumal zahlreiche Einwendungen gegen die elektromagnetische Verträglichkeit im Planfeststellungsbeschluss noch lediglich mit der Begründung zurückgewiesen worden waren, dass "keine b e l a s t b a r e n Anhaltspunkte bestünden, dass sich die Aussagen des Gutachters der Vorhabenträgerin als u n v e r t r e t b a r (sic!) darstellen könnten (vgl. insbes. S. 249 ff.). Inwieweit und aus welchen Gründen die Planfeststellungsbehörde nunmehr eine eigene Überzeugung erlangt haben will, obwohl es gerade bei den bisherigen Begründungen verbleiben sollte, lässt der Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht erkennen.
102 
Soweit der Beklagte maßgeblich darauf verweist, dass bereits der Einflussbereich der Straßenbahn in der Berliner Straße einen Großteil des östlichen Neuenheimer Felds überdecke und weitere Störungen - zumal bei den vorgesehenen Schutzvorkehrungen - keine neue Qualität erreichten, lässt sich solches - mangels Feststellung entsprechender Tatsachen und Bewertungen durch die Planfeststellungsbehörde - anhand ihrer „vertieften“ Begründung nicht nachvollziehen. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, warum bei einer solchen Vorbelastung jede weitere Verschlechterung der Umgebungsbedingungen - auch auf den angrenzenden „Erweiterungsflächen“ der Klägerin, die nach dem Bebauungsplan ebenfalls für universitäre Zwecke nutzbar sind - abwägungsfehlerfrei sein sollte. Ohne ausreichende Tatsachenfeststellungen zu den damit einhergehenden Schwierigkeiten kann die Klägerin auch nicht abwägungsfehlerfrei auf (aktive) Kompensationsmaßnahmen verwiesen werden. Hinzukommt, dass auch nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde im unmittelbar an die Trasse angrenzenden Bereich noch eine Einzelfallbetrachtung erforderlich würde. Auch unterstellt die Planfeststellungsbehörde ohne nähere Begründung, dass die von der vorhandenen Straßenbahnstrecke in der Berliner Straße ausgehenden Beeinträchtigungen ungeachtet der Festsetzungen im Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ im bisherigen Ausmaß hinzunehmen sind. Nicht nachvollziehbar sind auch ihre Ausführungen zur künftigen Überlagerung elektromagnetischer Wirkungen (a.a.O., S. 78). Es liegt auf der Hand, dass es ungeachtet dessen, ob von einer Überlagerung "im klassischen Sinne" ausgegangen werden und dies im Einzelfall auch einmal zu geringeren Belastungen führen kann, durchaus auch eine Überlagerung i. S. einer Verstärkung bereits bestehender elektromagnetischer Felder mit weiteren einschränkenden Wirkungen auf empfindliche Geräte möglich ist. Dennoch hat die Planfeststellungsbehörde dies gar nicht in Betracht gezogen. Darauf, ob hierbei dem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten der M.-BBM GmbH (Dr. Ing. G.) Aussagekraft beizumessen war, kommt es nicht mehr entscheidend an. Letztlich belegt auch der Hinweis der Planfeststellungsbehörde (a.a.O., S. 49 f.), ein anderes Gutachten des Fachbüros M.-BBM zu einem ganz anderen Vorhaben - nämlich zur „Mainzelbahn“ in Würzburg - herangezogen zu haben, weil ein in Bezug genommenes Gutachten dieses Fachbüros (noch) nicht zur Verfügung gestellt worden sei, dass nach wie vor gar keine sachgerechte Auseinandersetzung mit den entsprechenden Belangen der Klägerin vorgenommen wurde.
103 
Ohne eine n a c h v o l l z i e h b a r e Feststellung und Bewertung der derzeitigen und künftigen elektromagnetischen Auswirkungen des Vorhabens kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass von dem geänderten Planvorhaben insoweit auch deshalb keine - abwägungserheblichen - Beeinträchtigungen (mehr) ausgingen, weil es nicht zuletzt aufgrund der gegebenen Vorbelastung zu keinen Verschlechterungen mehr kommen könne.
104 
Nichts anderes gilt für die von der Klägerin beanstandeten Erschütterungswirkungen. Auch hier fehlt es nach wie vor an einer nachvollziehbaren fachlichen Auseinandersetzung mit den von der Klägerin geltend gemachten zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen auf ihren derzeitigen und künftigen Forschungsbetrieb. Der aus sich heraus nicht nachvollziehbare Hinweis, aus den vorliegenden Gutachten ergebe sich, „dass die Vorbelastung bereits teilweise über den Grenzwerten liegt“, vermag eine solche jedenfalls nicht zu ersetzen, zumal sich in dem im Änderungsplanfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen (a.a.O., S. 48, 82) Ausgangsplanfeststellungsbeschluss keine entsprechenden Feststellungen finden. Auch in diesem Zusammenhang genügten die bloße Bezugnahme auf den Übersichtslageplan der Beigeladenen („Standorte erschütterungsempfindlicher Geräte“) und die Aufführung von Fachbeiträgen unter I.1.2 des verfügenden Teils nicht. Weiterhin als bloße Behauptung stellt sich dar, dass es aufgrund der bereits vorhandenen Vorbelastung durch den motorisierten Individualverkehr, welche schon heute situationsbedingt Schutzmaßnahmen erfordert haben mag, bei den vorgesehenen schwingungstechnischen Systemen zu keinen weiteren negativen Erschütterungswirkungen mehr käme (a.a.O., S. 83) bzw. diese jedenfalls auf ein auch für Forschungszwecke zumutbares Maß minimiert würden (a.a.O, S. 86), zumal künftig allenfalls Busse entfallen dürften. Vorgesehen ist im Bereich der besonders empfindlichen Forschungseinrichtungen der Klägerin auch nur eine hochelastische Schienenlagerung und kein punktförmig oder flächig gelagertes Messe-Feder-System. Anderes mag hinsichtlich der Erschütterungswirkungen für die Gewächshäuser des Botanischen Gartens der Klägerin gelten, da sich für diese aufgrund der festgestellten Planänderungen nunmehr tatsächliche Verbesserungen ergaben, da die Trasse von diesen nunmehr weiter entfernt geführt wird. Soweit der Beklagte noch auf die Vorbelastung durch Baustellen mit Baukränen verweist, geht dies schon deshalb fehl, weil solche am jeweiligen Standort nur vorübergehend betrieben werden und insofern nicht die Zumutbarkeit und Abwägungserheblichkeit der von einer dauerhaften Straßenbahntrasse künftig regelmäßig ausgehenden Erschütterungswirkungen herabsetzen bzw. entfallen lassen.
105 
Die Ausführungen im Änderungsplanfeststellungsbeschluss erweisen überdies, dass - unabhängig von dem grundlegenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizit hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens - die besondere Bedeutung des festgesetzten (Sonder-)Gebiets „Universität“ gerade für die grundrechtlich geschützten Forschungstätigkeit der Klägerin trotz gegenteiliger Behauptungen mit der Folge einer Abwägungsfehleinschätzung nicht angemessen berücksichtigt wurde. Dies erhellt nicht zuletzt aus dem Hinweis im Änderungsplanfeststellungsbeschluss, dass auch auf dem Universitätsgelände damit zu rechnen sei, dass andere Emittenten vorhanden seien oder hinzukämen und daher von vornherein nicht erwartet werden könne, dass keine elektromagnetischen Felder vorhanden seien oder hinzukämen (S. 51). Auch wenn die in den Universitätskliniken praktizierte „Verknüpfung von Forschung und angewandter Medizin“ eine gewisse Toleranz gegenüber alltäglichen Störquellen bedingen mag (S. 81), führt dies jedenfalls nicht dazu, dass die Auswirkungen des Planvorhabens nicht mehr abwägungserheblich wären. Inwiefern es schließlich ungeachtet dessen, dass die Variante „Mittellage“ verworfen wurde, vorhabenbedingt zu einer erheblichen Verminderung des bisherigen Aufkommens an Individual- und Omnibusverkehr und damit verbundener Störungen käme (S. 82), wird im Änderungsplanfeststellungsbeschluss auch nicht annähernd nachvollziehbar aufgezeigt.
106 
c) Den in der mündlichen Verhandlung gestellten unbedingten Beweisanträgen ist - ganz überwiegend mangels Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen - nicht nachzugehen.
107 
Der Beklagte und die Beigeladene übersehen mit ihren Beweisangeboten bereits, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, sondern der Planfeststellungsbehörde ist, die für eine sachgerechte Abwägung erforderlichen Tatsachen zu ermitteln und zu bewerten. Insofern kann ein von der Planfeststellungsbehörde zu verantwortendes grundlegendes Ermittlungs- und Bewertungsdefizit, an dem die „Abwägung“ im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss leidet, insbesondere nicht durch gerichtlichen Sachverständigenbeweis ausgeglichen und damit gleichsam „geheilt“ werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.02.1988 - 4 C 32.86, 4 C 33.86 -, Buchholz 407.56 NStrG Nr. 2; Urt. v. 22.10.1987 - 7 C 4.85 -, BVerwGE 78, 177; Senatsurt. v. 15.11.1994 - 5 S 1602/93 -, ESVGH 45, 109). Demzufolge brauchte den auf eine solche Beweiserhebung gerichteten Anträgen des Beklagten und der Beigeladenen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachgegangen zu werden. Sie zielen auf die erstmalige Klärung von Sachverhalten, die zwar für eine sachgerechte Abwägung der Planfeststellungsbehörde von Bedeutung gewesen sind, von dieser jedoch - aufgrund ihres falschen Prüfungsmaßstabs - so bislang gar nicht festgestellt und ihrer Entscheidung daher auch nicht zugrunde gelegt worden sind. Dass damit teilweise einzelne Annahmen der Gutachter der Vorhabenträgerin - durch „Sachverständigenkontrollgutachten“ - verifiziert werden sollen, ändert nichts. Denn diese Annahmen hat sich die Planfeststellungsbehörde aufgrund ihrer auf eine bloße Evidenz- und Plausibilitätskontrolle beschränkten Planprüfung nicht zu eigen gemacht.
108 
Im Übrigen sind die unter Beweis gestellten Tatsachen, soweit die Beweisanträge nicht schon auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet sind, auch deshalb nicht entscheidungserheblich, weil entsprechende Beweisergebnisse an den grundlegenden Abwägungsmängeln nichts änderten. Insbesondere verblieben jedenfalls noch abwägungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf schutzwürdige Belange der Klägerin. Tatsächlich ist die Planfeststellungsbehörde auch nur einer möglichen Beeinflussung vorhandener Geräte an ihren derzeitigen Standorten - bei Unterstellung bestimmter, von der Klägerin freilich teilweise in Frage gestellter Grenzwerte - nachgegangen. Zukünftige Entwicklungen konkret zu berücksichtigen, hielt sie demgegenüber für unmöglich, da die künftig anzuschaffenden Geräte ja nicht bekannt seien (a.a.O., S. 49). Dennoch ging sie ohne weiteres und ohne dies ansatzweise zu begründen davon aus, dass der Klägerin noch genügend Entwicklungsflächen verblieben (a.a.O., S. 49). Dabei wären gerade die Unwägbarkeiten hinsichtlich einer Fortführung der bisher ausgeübten Forschungstätigkeit infolge neuer (noch empfindlicherer) Gerätegenerationen und damit möglicherweise einhergehender höherer Anforderungen an den Aufstellort bei der Planung einer Straßenbahntrasse durch das Gebiet „Universität“ des Bebauungsplans „Neues Universitätsgebiet“ zu berücksichtigen gewesen. Denn ohne Berücksichtigung künftiger - wenn auch noch nicht konkret absehbarer - technischer Entwicklungen ist Forschung kaum vorstellbar. Davon, dass die oben festgestellten Abwägungsfehler unbeachtlich geworden wären, weil die Belange der Klägerin tatsächlich nicht (mehr) abwägungserheblich gewesen wären, kann danach nicht die Rede sein.
109 
Dazu, dass die unter Beweis gestellten Tatsachen, soweit sie nicht schon ohne jede tatsächliche Grundlage behauptet worden sind, an den grundlegenden Abwägungsmängeln nichts änderten und insofern nicht entscheidungserheblich waren, bleibt hinsichtlich der einzelnen Beweisanträge noch das Folgende auszuführen:
110 
Soweit der Beklagte durch Einnahme eines Augenscheins eine „erhebliche Bautätigkeit“ innerhalb des Neuenheimer Felds festgestellt wissen will (Nr. 1), ist nicht ersichtlich, inwiefern damit verbundene - typischerweise vorübergehende - Beeinträchtigungen - dazu führten, dass der Belang der Klägerin, von d a u e r h a f t e n nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens verschont zu bleiben, nicht mehr abwägungserheblich gewesen wäre, sodass letztere von der Planfeststellungsbehörde nicht mehr näher zu ermitteln und zu bewerten gewesen wären.
111 
Inwiefern die ebenfalls durch eine Inaugenscheinnahme unter Beweis gestellte „erhebliche Beeinträchtigung des Verkehrsflusses in „Stoßzeiten“ (Nr. 2) die unterbliebene, jedoch gebotene nachvollziehbare Auseinandersetzung mit einer aktuellen V e r k e h r s p r o g n o s e durch die Planfeststellungsbehörde erübrigte, ist ebenso wenig zu erkennen.
112 
Auch die vom Beklagte beantragten „Sachverständigenkontrollgutachten“ über die fachliche und sachliche Richtigkeit „der“ Gutachten von Prof. Dr. V. und von Dr. Lenz beantragt hat Nr. 3 u. 16) machten die unterbliebene, indes gebotene nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den sachverständigen Annahmen der Gutachter durch die Planfeststellungsbehörde nicht entbehrlich.
113 
Soweit der Beklagte ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache beantragt hat, dass die im Neuenheimer Feld eingesetzten Busse elektromagnetische Auswirkungen bis zu 200 nT erzeugen könnten (Nr. 3), erübrigten solche nicht eine genaue Ermittlung und Bewertung der für die Klägerin nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens durch die Planfeststellungsbehörde.
114 
Soweit der Beklagte ein Sachverständigengutachten über die von den im Neuenheimer Feld eingesetzten Kräne ausgehenden elektromagnetischen Auswirkungen beantragt hat (Nr. 5), welches erweisen solle, dass diese kritischer als eine vorbeifahrende Straßenbahn seien, machten auch solche - vorübergehende - Auswirkungen eine genaue Ermittlung und Bewertung der d a u e r h a f t e n für die Klägerin nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens durch die Planfeststellungsbehörde nicht entbehrlich.
115 
Ähnlich verhält es sich, soweit der Beklagte durch Zeugenbeweis geklärt wissen will, dass „tagtäglich elektromagnetisch und erschütterungstechnisch sensible Geräte neben Straßenbahnen aufgestellt und betrieben“ würden (Nr. 7), bestimmte optische Geräte eines Herstellers auch bei einer regulären Straßenbahn im Abstand von 5 Metern unter aktiver Kompensation funktionsfähig seien (Nr. 8) und bestimmte Geräte eines anderen Herstellers im Abstand von 40 m zu einer regulären Straßenbahn betrieben werden könnten (Nr. 11). Denn der Umstand, dass ganz bestimmte Forschungsgeräte, zu denen die Zeugen Angaben machen könnten, irgendwo in bestimmten Abständen zur Straßenbahn tatsächlich aufgestellt und - irgendwie, nach ganz bestimmten Maßgaben - betrieben werden können, änderte nichts daran, dass eine sachgerechte, auch künftige Entwicklungen berücksichtigende Abwägung die Ermittlung voraussetzte, inwieweit sich die Bedingungen für die Aufstellung für die Spitzenforschung erforderlicher Gerätschaften - auch solche künftiger Generationen - im Bereich der von der Klägerin nutzbaren Flächen durch die von dem Vorhaben ausgehenden elektromagnetischen und Erschütterungswirklungen künftig verschlechtern werden.
116 
Letztlich dasselbe gilt für die vom Beklagten unter Zeugenbeweis gestellte Tatsache (Nr. 12), dass eine passive Kompensation insbesondere bei Elektronenmikroskopen möglich und wirkungsvoll sei und aktive mit passiven Schutzmaßnahmen kombinierbar seien. Denn für eine sachgerechte Abwägung der Belange der Klägerin genügte nicht die Klärung, ob Schutzmaßnahmen - mit welchem Aufwand auch immer - möglich sind, vielmehr setzte eine solche Ermittlungen voraus, inwieweit sich die Forschungsbedingungen auf den dafür nach dem Bebauungsplan vorgesehenen Flächen verschlechterten. Hierbei hätte sich die Planfeststellungsbehörde auch mit den von der Klägerin aufgezeigten Grenzen und nicht ohne weiteres hinzunehmenden abwägungserheblichen Nachteilen solcher Schutzmaßnahmen auseinanderzusetzen.
117 
Für die Beweisanträge der Beigeladenen gilt letztlich nichts anderes:
118 
Soweit die Beigeladene durch Sachverständigengutachten geklärt wissen will, dass durch das planfestgestellte Vorhaben außerhalb der im Lageplan festgestellten roten und grünen Bereiche keine magnetischen Felder mit einer Feldstärke über 50 nT erzeugt würden (Nr. 1), würde dies die unterbliebene, jedoch gebotene Auseinandersetzung mit den entsprechenden - im Planfeststellungsbeschluss lediglich referierten - Annahmen des Gutachters und den von der Klägerin geltend gemachten weitergehenden Anforderungen - teilweise 20 nT - nicht erübrigen.
119 
Soweit sie durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt hat (Nr. 2 u. 3), dass innerhalb der grün dargestellten Bereiche EMV-empfindliche Geräte mit aktiver Kompensation nach einer Einzelfallprüfung und auch in den roten Bereichen nach einer Einzelfallprüfung aufgestellt werden könnten, ist ihr entgegenzuhalten, dass es zur Vermeidung eines Abwägungsmangels nicht entscheidend darauf ankam, ob Geräte derzeit - mit welchem Aufwand auch immer - in Trassennähe aufgestellt werden können, sondern inwieweit sich durch das Vorhaben die Bedingungen für die Spitzenforschung auf den hierfür vorgesehenen Flächen verschlechterten. Dabei hätte sich die Planfeststellungsbehörde auch mit den von der Klägerin geltend gemachten - abwägungserheblichen - Unzuträglichkeiten auseinanderzusetzen gehabt.
120 
Ähnlich verhält es sich bei dem von ihr beantragten Sachverständigen- bzw. Zeugenbeweis, mit dem sie unter Beweis gestellt hat, dass die Klägerin in den im Lageplan rot, grün und blau dargestellten Bereichen bereits heute EMV-empfindliche Geräte betreibe (Nr. 4). Auch hier kam es zur Vermeidung eines Abwägungsmangels nicht entscheidend darauf an, ob derzeit in diesen Bereichen störungsempfindliche Geräte aufgestellt sind und - irgendwie - betrieben werden, sondern darauf, inwieweit sich durch die vom Vorhaben ausgehenden elektromagnetischen und Erschütterungswirklungen die Bedingungen für die Aufstellung für die Spitzenforschung erforderlicher Gerätschaften - auch solche künftiger Generationen - im Bereich der von der Klägerin insgesamt nutzbaren Flächen künftig verschlechtern werden. Auch hier verblieben jedenfalls noch abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Forschungseinrichtungen der Klägerin.
121 
Soweit die Beigeladene die Einholung amtlicher Auskünfte beim Universitätsbauamt und beim Baurechtsamt der Stadt Heidelberg zum Beweis der Tatsache beantragt hat (Nr. 5), dass keine konkreten Planungen der Klägerin für den Einsatz solcher Geräte im Einwirkungsbereich des Vorhabens vorlägen, welche auch bei aktiver Kompensation nicht betrieben werden könnten, ist ihr bereits entgegenzuhalten, dass es für die Aufstellung von Geräten nicht ohne weiteres eines baurechtlichen Verfahrens bedarf. Schließlich war eine etwaige Verschlechterung der künftigen Standortbedingungen unabhängig davon abwägungserheblich, ob die Klägerin bereits konkrete Planungen für den Einsatz weiterer empfindlicher Geräte verfolgt hat.
122 
Soweit die Beigeladene noch unter Sachverständigenbeweis gestellt hat, dass es für die erschütterungsempfindlichen Geräte - auch hinsichtlich der Nano-D-Anforderungen - planbedingt zu keiner Verschlechterung komme (Nr. 6), kam es tatsächlich nicht nur auf eine Verschlechterung für die bereits derzeit betriebenen Geräte an. Soweit darüber hinaus unter Beweis gestellt wird, es werde noch nicht einmal die bestehende Vorbelastung erhöht, ist dies auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet. Denn für ihre Behauptung fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2010 - 4 BN 25.10 -). Denn konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich für alle für eine Aufstellung solcher Geräte in Betracht kommenden Flächen die (zu berücksichtigende) Vorbelastung planbedingt nicht erhöhte, liegen nicht vor; solche lassen sich insbesondere auch dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht entnehmen.
123 
4. Nach alldem liegen nach wie vor offensichtliche Mängel der Abwägung vor, die - wie ausgeführt - bereits auf die Variantenwahl und damit jedenfalls auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind und auch nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden könnten (vgl. § 29 Abs. 8 PBefG).
124 
Im ergänzenden Verfahren heilbar sind alle Fehler bei der Abwägung, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist, bei denen sie also nicht von vornherein darauf verwiesen ist, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder zu ändern. Hierzu können auch Mängel bei der Variantenprüfung oder Fehler gehören, die darauf beruhen, dass die planende Behörde durch Abwägung nicht überwindbare Schranken des strikten Rechts verletzt hat. Im ergänzenden Verfahren nicht behoben werden können dagegen Mängel bei der Abwägung, die von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2008 - 9 B 28.08 -, Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6; Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283 f.>; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <268> u. v. 12.12.1996 - 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <365>). Die Unzulässigkeit eines ergänzenden Verfahrens hängt danach zwar nicht allein von der "Bedeutung und großen Zahl fehlgewichteter Belange" ab. Vielmehr muss von vornherein ausgeschlossen sein, dass die Planfeststellungsbehörde diese Mängel unter Aufrechterhaltung ihres Planfeststellungsbeschlusses beheben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2008, a.a.O.).
125 
Dies ist hier der Fall. Denn der Planfeststellungsbeschluss leidet an schwerwiegenden Abwägungsmängeln, die schon aufgrund der bei der Variantenprüfung unterlaufenen Fehler und des nahezu vollständigen Abwägungsausfalls oder doch umfassenden Abwägungsdefizits die Planung als Ganzes in Frage stellen. Hinzukommt, dass der Planung einer Straßenbahn durch das (Sonder-)Gebiet „Universität“ derzeit ohnehin der Bebauungsplan „Neues Universitätsgebiet“ der Stadt Heidelberg entgegensteht, woran sich bei realistischer Betrachtung auch in absehbarer Zeit nichts ändern wird. Zwar wird die Anwendung des § 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass die Fehlerbehebung durch ein ergänzendes Verfahren von zusätzlichen Entscheidungen anderer Organe abhinge (vgl. BVerwG, Urt. 24.11.2010 - 9 A 13.09 -,BVerwGE 138, 226 zur Anpassung eines Flächennutzungsplans; Urt. v. 01.04.2004, a.a.O.). Dies kann freilich nicht gelten, wenn zunächst in einem umfangreichen und zeitaufwändigen Verfahren ein dem Vorhaben entgegenstehender Bebauungsplan in seinen Grundzügen geändert werden müsste, dessen Einleitung und Ergebnis sich auch nicht entfernt absehen lässt. Doch selbst dann, wenn eine Fehlerbehebung durch ein ergänzendes Verfahren auch in einem solchen Fall möglich wäre, käme hier eine Planerhaltung nicht mehr in Betracht. Denn die Planung einer Straßenbahn durch ein (jedenfalls vorhandenes) Universitätsgebiet setzte im Hinblick auf die von dem Vorhaben ausgehenden, einer weiteren Forschungstätigkeit abträglichen Auswirkungen eine sorgfältige Abwägung mit dem grundrechtlich geschützten Belang der Forschungsfreiheit der Universität voraus, die hier - nicht zuletzt aufgrund eines falschen Prüfungsmaßstabs und eines dadurch bedingten nahezu umfassenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizits - nunmehr bezogen auf eine neue Sach- und Rechtslage - erstmals getroffen werden müsste. Zu diesem Zwecke müsste der Planfeststellungsbeschluss zumindest in seinem Begründungsteil gänzlich neugefasst werden, sodass von einer „Aufrechterhaltung“ der ursprünglichen Entscheidung selbst dann nicht mehr gesprochen werden könnte, wenn letzten Endes wieder dieselbe Variante planfestgestellt würde. Hinzukommt, dass die Planunterlagen bislang weder eine nachvollziehbare Variantenuntersuchung noch eine nachvollziehbare Bedarfsprognose enthalten. Ohne entsprechende nachvollziehbare - und aktualisierte - Planunterlagen ist eine sachgerechte Abwägungsentscheidung jedoch nicht möglich. Insofern müsste das Planfeststellungsverfahren zumindest ab dem Anhörungsverfahren wiederholt werden. Sinn und Zweck der Planerhaltungsvorschriften ist jedoch die Vermeidung eines erneuten, umfangreichen und zeitaufwändigen Planfeststellungsverfahrens (vgl. Deutsch, in Mann/Senne-kamp/Uechtritz, VwVfG 2014, § 75 Rn. 121). Dies ist jedoch von vornherein nicht erreichbar, wenn nicht nur punktuelle Nachbesserungen einer ansonsten intakten Gesamtplanung in Rede stehen, sondern - nach einem umfangreichen und zeitaufwendigen Bebauungsplanverfahren - erstmals umfassend neu abzuwägen ist. Die in einem solchen Fall gebotene umfassende Ergebnisoffenheit lässt sich auch nur in einem neuen Planfeststellungsverfahren gewährleisten (vgl. hierzu Deutsch, a.a.O., § 75 Rn. 123).
126 
Ist damit der - auch nicht hinsichtlich einzelner Streckenabschnitte teilbare - Planfeststellungsbeschluss bereits nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 29 Abs. 8 PBefG in vollem Umfang aufzuheben, kann dahinstehen, ob sich auch aus § 4 Abs. 3 u. 1 UmwRG ein Aufhebungsanspruch ergäbe.
127 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 u. 3, 159 Satz 1 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
128 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
129 
Beschluss vom 10. Mai 2016
130 
Der Streitwert wird endgültig auf 60.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 34.2.2 u. 34.3 des Streitwertkatalogs 2013; hierzu bereits den Senatsbeschl. v. 18.12.2014 - 5 S 1444/14 -).
131 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.